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Konjunktur: Deutsche Maschinenbauer senken ihre Prognose deutlich

 

Die deutschen Maschinenbauer rechnen mit einer Verschärfung der Lieferkettenprobleme. Der VDMA warnt außerdem vor Risiken in China.

Die deutschen Maschinenbauer fürchten gravierende wirtschaftliche Folgen durch den Ukrainekrieg. „Der Krieg wird insbesondere das Lieferkettenproblem noch einmal verschärfen“, sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen. Hinzu kommen Herausforderungen wie die direkten Sanktionen und die drastisch gestiegenen Energiepreise.

Laut einer Blitzumfrage des Branchenverbands VDMA sehen 85 Prozent der Unternehmen den Krieg als gravierendes oder merkliches Risiko für ihre Geschäfte. Als Konsequenz senkte der VDMA seine Prognose für das laufende Jahr. Die Maschinenbauer rechnen nun nur noch mit einem Anstieg der Produktion von vier Prozent. Noch vor wenigen Wochen prognostizierte die Branche einen Zuwachs von sieben Prozent.

„Für den Maschinen- und Anlagenbau ist die Geschäftstätigkeit mit Russland zwar nicht existenziell, aber die Unternehmen werden für den russischen Angriffskrieg, der durch nichts zu rechtfertigen ist, einen Preis zahlen müssen“, sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen.

Die Maschinenbauer waren eigentlich mit einem Rekordauftragsbestand und voller Zuversicht ins neue Jahr gestartet. Viele Unternehmen waren schon für das gesamte Jahr ausgebucht, die durchschnittliche Reichweite der Unternehmen betrug etwa elf Monate. Im vergangenen Jahr war die Produktion im Maschinen- und Anlagenbau um real 6,4 Prozent gestiegen.

Doch hat der Ukrainekrieg die Beurteilung der Situation grundlegend verändert. Zum einen setzen die hohen Energiepreise die gesamte Industrie stark unter Druck. „Die Energiepreise sind nicht mehr tragbar, wir können nicht mehr wirtschaftlich produzieren“, sagte zuletzt etwa Carletta Heinz, Inhaberin des familiengeführten Glasproduzenten Heinz-Glas. Angesichts der zusätzlichen Kosten sinkt die Investitionsbereitschaft in der Industrie.

VDMA-Präsident Haeusgen betonte, dass Energiepreise für die meisten Maschinenbauer – anders als in der Glasindustrie – keine direkte existenzielle Bedeutung hätten. Die Kosten machten für die meisten Unternehmen nur ein bis drei Prozent der Ausgaben aus. „Im Maschinenbau kippt keiner wegen hoher Energiekosten, aber es verhagelt die Rendite in bestimmten Bereichen.“

So bereiten die Probleme in den Lieferketten und die Materialknappheit den Maschinenbauern größere Sorgen. Jede dritte Firma in der Branche sieht sich hier bereits mit gravierenden Schwierigkeiten konfrontiert. 42 Prozent sprechen zudem von merklichen Behinderungen. Die Eskalation des Krieges in den vergangenen Tagen sei noch nicht voll berücksichtigt. Mehr als die Hälfte der Unternehmen erwartet eine weitere Verschärfung der Probleme in den Lieferketten.

Elektronikkomponenten werden knapp

Engpässe bei der Versorgung gibt es derzeit vor allem bei Elektronikkomponenten. Hier sprechen 52 Prozent von gravierenden und 28 Prozent von merklichen Problemen. Die Wartezeiten liegen oft bei mehr als einem halben Jahr. „Es gibt Firmen, die haben Anlagen auf dem Hof, die zu 95 Prozent fertig sind, aber es fehlt ein kleines Elektronikteil“, sagte Haeusgen.

Russland selbst rangiert im Exportranking des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus nur noch auf Platz neun. Die Ukraine liegt auf Platz 31, Belarus auf Platz 53. Das Gesamtvolumen im Export liegt für die drei Länder bei sieben Milliarden Euro. „Unklar sind vor allem die indirekten Auswirkungen“, betont der VDMA-Präsident.

Deutlich größer wären die Probleme der Maschinenbauer, wenn im Zuge der globalen Konflikte auch die Wirtschaftsbeziehungen zu China unter Druck gerieten. „Selbstverständlich haben wir hier ein Klumpenrisiko“, sagte Haeusgen, Aufsichtsratschef und Miteigentümer der Hawe Hydraulik SE. Der Verband könne nur raten, „die globale Umsatzverteilung genau zu prüfen“.

Es gibt in der Branche aber auch einige positive Signale. So ist es bislang kaum zu Stornierungen gekommen. „In der Finanzkrise sah das viel ernster aus“, sagte Haeusgen. Was produziert werden kann, findet auch einen Abnehmer. 84 Prozent der befragten Maschinen- und Anlagenbauer rechnen weiterhin für dieses Jahr mit einem Umsatzplus.

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Prognose zur Wirkung der westlichen Sanktionen: Russische Zentralbank rechnet offenbar mit 20-Prozent-Inflation

Als Reaktion auf den weiter eskalierenden russischen Angriffskrieg in der Ukraine haben die EU, Großbritannien und die USA historisch scharfe Sanktionen gegen Russland verhängt. Diese treffen die Wirtschaft des Landes schon jetzt so schwer, dass immer häufiger von einer anbahnenden Staatspleite die Rede ist. Im Zuge dessen hat die russische Zentralbank nun die Ergebnisse ihrer neuen makroökonomischen Umfrage seit der Verschärfung der westlichen Sanktionen veröffentlicht. Ihre Prognose für 2022 ist verheerend: Demnach soll die Inflation auf 20 Prozent steigen, das Bruttoinlandsprodukt um 8 Prozent sinken. Der Leitzins wird um 18,9 Prozent steigen, der US-Dollar-Wechselkurs wird bei 110 Rubel liegen.

Das berichtete das unabhängige Medienprojekt Nexta am Freitag auf Twitter. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges steigt die Inflation in Russland ohnehin rapide an. Die zuletzt gemeldeten offiziellen Zahlen stammen vom 25. Februar. Schon da lag die Inflationsrate bei einem Rekordwert von etwa 9 Prozent. Die US-Bank JPMorgan geht davon aus, dass sie mittlerweile bei 10 Prozent liegt und rechnet im Gegensatz zur russischen Zentralbank damit, dass das Bruttoinlandsprodukt Russlands im zweiten Quartal um ganze 20 Prozent schrumpfen könnte.

Nachdem der Rubel wegen der westlichen Sanktionen auf ein Rekordtief gefallen war, reagierte die Zentralbank zuletzt mit drastischen Einschränkungen für den Devisenhandel. Demnach können Russen seit Mittwoch kaum noch an Geld aus dem Ausland kommen, da russische Banken bis voraussichtlich 9. September kein ausländisches Bargeld mehr an Bürger verkaufen dürfen. Die sonst hohen Reserven der russischen Notenbank von mehr als 600 Milliarden Dollar sind quasi unzugänglich und der Aktienhandel an der Moskauer Börse ist bereits seit über einer Woche pausiert.

Auch in Deutschland rechnen Wirtschaftsexperten angesichts des Kriegs in der Ukraine mit einer steigenden Inflation weit über fünf Prozent. Wenn es einen Lieferstopp für russisches Gas geben werde, würden die Preise „sehr stark ansteigen“, sagte der Chef des Münchner IFO-Instituts, Clemens Fuest, zuletzt im Bayerischen Rundfunk.

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Teile der Industrie werden nicht überleben: Energie wird mit oder ohne Embargo teurer

Folgen einer Energie-Unabhängigkeit von Russland werden fälschlicherweise immer wieder mit der Diskussion über ein Embargo vermischt. Ein Gastbeitrag.

Veronika Grimm ist Professorin für Volkswirtschaft an der FAU-Universität Erlangen-Nürnberg und seit 2020 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Die Debatte um ein Embargo russischer Energieträger polarisiert: Soll Deutschland Sanktionen zustimmen, die Wladimir Putins hohe Einnahmen aus dem Energieexport schnell stoppen, für uns zugleich aber auch spürbare wirtschaftliche Konsequenzen hätten?

Schon bei der Bewertung des Nutzens scheiden sich die Geister: Die Kampfhandlungen würden nicht sofort enden, meinen Embargo-Gegner. Entscheidend ist aber, dass der Krieg verkürzt und zugunsten der Ukraine beeinflusst werden könnte. Wichtig ist auch, dass ein Energie-Embargo der weiteren Eskalation vorbeugen kann und die Ausweitung auf andere Teile Europas unwahrscheinlicher macht.

Von einem Energie-Embargo ginge eine starke Signalwirkung auf künftige Aggressoren aus. Moskau und Peking werden genau studieren, wie konsequent und einheitlich der Westen auf die Nutzung von Waffengewalt zur Durchsetzung geopolitischer Ziele reagiert.

Russland und China analysieren schon jetzt, wie sie die öffentliche Meinung oder auch wichtige Interessengruppen gerade in den gegnerischen Staaten im Zuge einer modernen Kriegsführung beeinflussen können. Umso mehr geht es darum, das Primat der Politik sicherzustellen.

Wenn ein Energieembargo Wirkung zeigen soll, muss es schnell kommen

Die effektive Eindämmung der Gefahr bewaffneter Konflikte mittels ökonomischer und militärischer Abschreckung wird ein bedeutsamer Baustein der künftigen Weltordnung sein. Je überzeugender die Abschreckung, desto eher lässt sich auch künftig ein regelbasiertes Miteinander stützen und eine weitgehende Abkopplung der Wirtschaftssysteme vermeiden. Letzteres wäre für alle Beteiligten mit drastischen Wohlfahrtsverlusten verbunden.

Entscheidend wird die künftige Beziehung des Westens zu China sein. Peking will zwar nicht Zielscheibe von Wirtschaftssanktionen werden, es dürfte aber ein Interesse haben, Russland den Rücken zu stärken, solange Putins Angriffskrieg in Europa die Kapazitäten des Westens bindet und so dessen Wettbewerbsfähigkeit schwächt.

Umgekehrt gilt: Je geringer Moskaus Handlungsspielräume werden – etwa wegen verschärfter Sanktionen –, desto unattraktiver wird es auch für China sein, Russland den Rücken zu stärken und gute Wirtschaftsbeziehungen zur westlichen Welt aufs Spiel zu setzen.

Es gibt also eine ganze Reihe von Gründen, Stärke zu zeigen und die Sanktionen deutlich zu verschärfen. Sicher ist: Wenn die Einstellung der Zahlungen für Energielieferungen Wirkung entfalten soll, muss sie schnell kommen. Russland verwendet die Milliardenbeträge aus der EU, um den Rubelkurs zu stützen, Importe ins Land zu holen und Söldner zu bezahlen.

Stehen die Einnahmen nicht mehr zur Verfügung, verengen sich Moskaus Spielräume in einer Zeit, in der die Ukraine noch Reserven hat, den Krieg zu ihren Gunsten zu entscheiden.

Eine graduelle Entkoppelung von russischer Energie dürfte Russland nur begrenzt schaden

Ein langsamer Ausstieg aus russischen Energieträgern hingegen würde ganz andere strategische Wirkungen haben. Zunächst einmal erhöht ein mittelfristiger Ausstieg die künftigen Energiekosten in Europa, und man müsste sich weltweit nach anderen, teureren Lieferanten umschauen. Der Kriegsverlauf würde nicht beeinflusst. Wohl aber dürften entsprechende Ankündigungen die Pläne Russlands und Chinas beschleunigen, die sibirischen Yamal-Gasfelder, aus denen Europa beliefert wird, mit Asien zu verbinden.

Die Pipeline „Power of Siberia 2“ ist schließlich bereits in Planung und dürfte nun viel früher fertiggestellt werden als geplant. Der Schaden einer langsamen Abkopplung der EU für Russland dürfte daher sehr begrenzt sein. Die neuen Abnehmer in Asien, insbesondere China, zahlen zwar nicht so gut wie die Europäer. Aber die Nachfrage dürfte auf Jahrzehnte gesichert sein.

Die Energiekosten werden in jedem Fall weiter steigen

Die mittelfristigen wirtschaftlichen Folgen der von Deutschland angestrebten Energie-Unabhängigkeit von Russland werden fälschlicherweise immer wieder mit der Diskussion über ein Embargo vermischt.

Warnungen der Industrie, bei einem Lieferstopp könne die heruntergefahrene Produktion gleich ganz ins Ausland abwandern, sind auch darauf zurückzuführen, dass die Energieversorgung so oder so teurer wird. Teile der Industrie werden bei künftig höheren Gaspreisen nicht mehr wettbewerbsfähig sein – in der Tat eine große Herausforderung, die auf einen beschleunigten Strukturwandel hinausläuft. Relevant für eine Embargo-Entscheidung ist das aber nicht. Denn Preiserhöhungen werden Industrie und Verbraucher unabhängig davon treffen, ob es ein schnelles Embargo gibt oder nicht.

Die Kosten der Vorbereitung auf einen möglichen Lieferstopp werden ebenfalls oft mit den volkswirtschaftlichen Kosten einer Embargo-Entscheidung vermischt. Auch das ist falsch, weil Putin uns ja seinerseits jederzeit den Gashahn zudrehen könnte. Wir müssen uns also ohnehin darauf vorbereiten, um die Kosten eines Lieferstopps so niedrig wie möglich zu halten.

Viele Maßnahmen sind dafür notwendig: Von der Beschaffung zusätzlichen Gases aus aller Welt bis zu Einsparungen, wo immer das möglich ist. Gas kann schließlich gespeichert werden, daher trägt jeder nicht verbrauchte Kubikmeter dazu bei, den Füllstand der Speicher zu erhöhen und einen Puffer für den nächsten Winter aufzubauen. Außerdem muss Gas verstärkt substituiert werden, etwa indem Gasverstromung durch Kohleverstromung ersetzt wird. Auch in puncto Energieeffizienz werden noch längst nicht alle Potenziale gehoben.

Wäre das anders, könnten laut verschiedener Analysen kurzfristig zwischen 15 und 25 Prozent des Gasverbrauchs eingespart werden. Allerdings bräuchte es dazu einen „Aktionsplan Energieeffizienz“, der alle relevanten Akteure erreicht. Leider hat die Bundesregierung noch keine der einschlägigen Einrichtungen beauftragt, einen solchen Plan zu entwickeln und umzusetzen. Das erhöht im Ernstfall die Kosten eines Lieferstopps.

Angesichts der großen Tragweite aktueller Entscheidungen muss die Debatte über weitere, einschneidende Sanktionen gegen Russland dringend über den Aspekt kurzfristiger ökonomischer Kosten hinausgehen. Verantwortliche Politiker sollten den Nutzen eines Embargos nicht länger mit allen Mitteln herunterspielen.

Die Praxis, langfristige Kosten des Strukturwandels und unumgängliche Kosten der Vorbereitung auf einen Lieferstopp mit den Kosten des Embargos zu vermischen, muss beendet werden. Der Ukraine jedenfalls hilft es nicht, vermeintliche Embargo-Kosten weit zu überzeichnen.

Die Nebelkerzen der Debatte verhindern schnelle Regierungsentscheidungen, wodurch Deutschland womöglich die europäische Sicherheitsarchitektur gefährdet, seine Reputation in Europa verspielt und seiner Verantwortung nicht gerecht wird.

Dieser Beitrag ist Teil der Serie "Global Challenges" - eine Marke der DvH Medien. Das Institut möchte die Diskussion geopolitischer Themen durch Veröffentlichungen anerkannter Experten vorantreiben. Regelmäßige AutorInnen sind neben Prof. Veronika Grimm Prof. Dr. Ann-Kristin Achleitner, Sigmar Gabriel, Dr. Werner Hoyer, Günther H. Oettinger, Prof. Jörg Rocholl PhD, Prof. Dr. Bert Rürup und Prof. Dr. Renate Schubert.

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Schifffahrt: Containerschiffe stauen sich vor Helgoland

Weltweite Schiffsverspätungen führen zu logistischen Problemen in den Häfen. In Hamburg stapeln sich bereits die Container, vor Helgoland stauen sich die Frachter – und die Situation könnte sich weiter zuspitzen.

Störungen in den globalen Lieferketten führen zu Problemen in den Häfen – das bekommt nun auch Hamburg deutlich zu spüren. Infolge großer Schiffsverspätungen stauen sich die Container auf den Terminals, was zu einer Überlastung der Lager führt, so Hans-Jörg Heims, Sprecher des Hamburger Hafenlogistikers HHLA.

Eine ganze Reihe von Schiffen müsse daher derzeit vor Helgoland warten, bis ein Platz in ihrem Zielhafen frei werde. Laut Heims sind es zehn Frachter, die zurzeit nach Hamburg wollen. "Das kann von ein paar Tagen bis zu einigen Wochen dauern." Trotz aller Bemühungen und einem Großeinsatz von Personal und Technik komme es zu Verzögerungen bei der Abfertigung.

"Ausgelöst durch die Corona-Pandemie gibt es seit zwei Jahren weltweit Störungen in den Lieferketten", sagt Heims. In Folge von Lockdowns in großen chinesischen Städten ist der Betrieb in den dortigen Häfen immer wieder unterbrochen worden. Und dann stauen sich dort die Schiffe, wie derzeit vor dem größten Containerhafen der Welt in Shanghai – diese Folgen werden sich in europäischen Häfen erst in einigen Wochen bemerkbar machen. Die Situation dürfte sich also im Laufe des Frühjahrs noch weiter zuspitzen.

Bislang habe die HHLA solche Situationen immer wieder gut gemanagt. Doch die Fahrpläne der Schiffe seien durch weitere Ereignisse wie die tagelange Blockade des Suezkanals durch das Großcontainerschiff "Ever Given" im März 2021, schlechte Witterung und zuletzt durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine außer Kontrolle geraten.

"Wir kommen an Grenzen"

Die HHLA habe bereits zusätzliche Flächen mit Containern belegt. "Aber wir kommen an Grenzen, je länger die Situation in den Lieferketten so angespannt bleibt", berichtet Heims. Je mehr Container in einem Lager stehen, umso größer sei der Aufwand beim Umschlag und desto länger dauere die Abfertigung.

Früher habe man 500 Meter gebraucht, um einen Container vom Lager zum Schiff zu bringen. Heute seien das manchmal 1,5 Kilometer – je nachdem, wo der Container stehe. Erschwert werde die Situation auf einem Terminal im Hamburger Hafen durch Bauarbeiten für Landstrom. Dadurch habe ein Liegeplatz zeitweise nicht genutzt werden können.

Von Rotterdam nach Hamburg in drei Wochen

So stauen sich die Schiffe vor Helgoland derzeit bis in den Mai hinein. Das 15.000-TEU-Schiff "Brussels Express" der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd hat jetzt beispielsweise die Erlaubnis bekommen, am 4. Mai seinen Liegeplatz im Hamburger Hafen anzufahren – seinen vorherigen Hafen in Rotterdam hatte das Schiff bereits am 13. April verlassen.

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Aufträge für Industrie deutlich gesunken

Die deutsche Industrie hat im März die Verunsicherung der Kunden durch den Ukraine-Krieg deutlich zu spüren bekommen. Die Bestellungen brachen gegenüber dem Vormonat um 4,7 Prozent ein, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag anhand vorläufiger Daten mitteilte.

«Große Verunsicherung aufgrund des Krieges in der Ukraine, steigende Energie- und Rohstoffpreise und eine sich eintrübende Weltkonjunktur führen zur Zurückhaltung bei den Bestellungen», erläuterte Jupp Zenzen, Konjunkturexperte des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Hinzu kämen akute Lieferkettenprobleme aufgrund der Corona-Lockdowns in China. Vor allem Hersteller von Investitionsgütern wie zum Beispiel Maschinen oder technische Anlagen bekamen die Zurückhaltung bei den Bestellungen deutlich zu spüren. Der Auftragseingang brach gegenüber dem Vormonat um 8,3 Prozent ein. Der Konsumgüterbereich verzeichnete dagegen ein Plus von 6,4 Prozent.

Besonders schlecht lief das Geschäft in Ländern außerhalb des Euroraumes mit minus 13,2 Prozent. Die Bestellungen aus dem gemeinsamen Währungsraum stiegen dagegen gegenüber dem Vormonat um 5,6 Prozent. Insgesamt verringerte sich das Volumen der Auslandsorders um 6,7 Prozent. Die Inlandsaufträge sanken um 1,8 Prozent.

Der Rückgang der gesamten Bestellungen fiel stärker aus als von Experten erwartet, die im Schnitt mit einem Minus gegenüber dem Vormonat von 1,1 Prozent gerechnet hatten. Im Vergleich zum Vorjahresmonat März 2021 lag der Auftragseingang kalenderbereinigt 3,1 Prozent niedriger.

Lieferengpässe und Materialmangel

Bereits im Februar war der Ordereingang im Verarbeitenden Gewerbe nach den jüngsten Daten gegenüber dem Vormonat um 0,8 Prozent gesunken. Die Auftragsbücher vieler Unternehmen sind bislang zwar gut gefüllt. Wegen Lieferengpässen und Materialmangels können die Bestellungen aber oft nicht in dem gewohnten Tempo abgearbeitet werden.

Nach Einschätzung von Commerzbank-Konjunkturexperte Marco Wagner müssen sich die Unternehmen angesichts der Auftragspolster über die zuletzt schwächeren Bestellungen aktuell keine Sorgen machen. «Aber der Zufluss neuer Aufträge dürfte allmählich abebben.»

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, rechnet damit, dass die Sommermonate «für die deutsche Volkswirtschaft vermutlich zu einer Durststrecke werden.» Die Belastungen seien angesichts des Ukraine-Krieges, hoher Inflationsraten und Lieferkettenproblemen gegenwärtig groß.

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Mehr Großpleiten erwartet: „Wenn es kracht, dann richtig“

Dank staatlicher Hilfen haben deutsche Unternehmen die Coronakrise bislang weitgehend glimpflich überstanden.

Nach Einschätzung des Kreditversicherers Allianz Trade muss in den kommenden Jahren aber mit wieder anziehenden Pleitenzahlen und dabei vor allem auch mit mehr Großpleiten gerechnet werden.

Dieser Trend sei eine Folge eines ganzen Bündels von Problemen wie dem Krieg in der Ukraine, den Lockdowns in China, unterbrochenen Lieferketten, Lieferengpässen, gestiegenen Arbeitskosten sowie Preisen, insbesondere bei Energie und Rohstoffen, heißt es in einer Studie der Allianz-Tochter. Trotz zuletzt stetig sinkender Fallzahlen gibt es nach Einschätzung der Volkswirte des Kreditversicherers zudem bereits seit einigen Jahren einen Trend zu größeren Insolvenzen.

„Unternehmen sollten sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Wenn es kracht, dann richtig“, sagte der Deutschland-Chef von Allianz Trade, Milo Bogaerts. „Insolvenzen in Deutschland sind 2021 zwar zum zwölften Mal in Folge gesunken – aber die Verschuldung der insolventen Unternehmen und die Schäden, die dadurch entstanden sind, sind auf ein Rekordniveau gestiegen“, so Bogaerts. „Das heißt: Es gab weniger Insolvenzen, dafür aber besonders große.“

So sei die Gesamtverschuldung aller insolventen Unternehmen gegenüber ihren Gläubigern 2021 bereits das dritte Jahr in Folge um 10,5 Prozent auf 48,1 Milliarden Euro gestiegen, ein neuer Höchststand seit dem Allzeithoch von 73 Milliarden Euro im Jahr 2009. „Schon zuvor war die Gesamtverschuldung rasant gestiegen: um 25,7 Prozent im Jahr 2019 und um 65,3 Prozent im Jahr 2020.“

Die Zahl der pleitebedrohten Unternehmen ist nach Einschätzung von Allianz Trade (früher Euler Hermes) gleichwohl gesunken. „Trotz der vielen Herausforderungen sind die Finanzen vieler deutscher Unternehmen aktuell sehr robust und damit auch deren Widerstandsfähigkeit“, sagte Bogaerts. „Der Anteil der gefährdeten Unternehmen in Deutschland hat sich 2021 von sieben auf sechs Prozent reduziert und staatliche Unterstützungsmaßnahmen laufen weiter.“

Daher rechnen die Volkswirte von Allianz Trade im laufenden Jahr mit einem moderaten Anstieg der Firmeninsolvenzen um 4 Prozent auf rund 14.600; im kommenden Jahr erwarten sie allerdings eine Zunahme 10 Prozent auf dann 16.130. „Dennoch dürften die Fallzahlen auch Ende 2023 noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau liegen.“ Im Zusammenhang mit den staatlichen Coronahilfen sprechen sie allerdings für die zurückliegenden Jahre auch von einem „künstlich niedrigen Niveau“ und einer weitgehenden Abkopplung des Insolvenzgeschehens von der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung. Neben verschiedenen finanziellen Stützen gab es während der Pandemie auch Sonderregeln bei der Insolvenzantragspflicht, die eine Pleitewelle verhindern sollten.

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Deutsche Industrie: Aufträge gehen überraschend zurück

Im April sind die Aufträge der deutschen Industrie zum dritten Mal in Folge eingebrochen – obwohl Analysten eine Zunahme erwartet hatten. Vor allem im Ausland wird weniger bestellt.

Überraschenderweise hat die deutsche Industrie im April deutlich weniger Aufträge erhalten. Gegenüber dem Vormonat gingen die Bestellungen um 2,7 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Damit schrumpft die Auftragsmenge zum dritten Mal in Folge. Analysten hatten dagegen mit einem Anstieg um 0,4 Prozent gerechnet.

Weniger Aufträge aus dem Ausland

Der Rückgang im April folgt auf einen noch deutlicheren Rücksetzer im März. Damals waren die Aufträge um immerhin 4,2 Prozent zurückgegangen. Im Februar war die Nachfrage um 1,3 Prozent gefallen. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte die schwache Entwicklung vor allem mit Russlands Krieg in der Ukraine.

Besonders schwach war die Auftragslage aus dem Ausland. Von dort wurden 4,0 Prozent weniger Bestellungen aufgegeben. Im Inland wurden 0,9 Prozent weniger Orders abgesetzt. Besonders deutlich fiel die Nachfrage nach Investitionsgütern wie Maschinen. Sie ging um 4,3 Prozent zurück. Konsumgüter wurden 2,6 Prozent weniger bestellt, die Bestellungen von Vorleistungsgütern sanken um 0,3 Prozent.

Ökonomen erwarten keine schnelle Wende

Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es, dass die erhöhte Unsicherheit durch die russische Invasion in der Ukraine zu einer schwachen Nachfrage führe, vor allem aus dem Ausland. Die Unternehmen verfügten aber weiterhin über gut gefüllte Auftragsbücher. »Insgesamt fällt der Ausblick für die Industriekonjunktur in den nächsten Monaten gedämpft aus.«

Ähnlich äußerten sich Bankvolkswirte. Der zwischenzeitliche Auftragsboom sei deutlich abgeebbt, erklärte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Gründe für die Abschwächung seien eine geringere Nachfrage etwa aus China und die anhaltenden Lieferengpässe bei vielen Gütern. Eine schnelle Wende sei nicht zu erwarten.

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Embargo gegen Russland: Wissenschaftler halten Zölle auf Energie für sinnvoller

EU-Sonderzölle auf Energieimporte aus Russland sind für die Mehrheit der deutschen Ökonomen das richtige Mittel, um Russland für den Angriff auf die Ukraine zu bestrafen. Von einem Embargo halten sie dagegen weniger, auch das Lieferkettengesetz fällt bei den Experten durch.

Viele Volkswirte an deutschen Universitäten plädieren einer Umfrage zufolge für EU-Zölle auf Energie aus Russland. Damit könnten Zahlungen an Russland ohne schwere Folgen für die Energieversorgung verringert werden, sagten 70 Prozent der 158 teilnehmenden Professoren, ergab eine am am Dienstag veröffentlichte Erhebung des Ifo-Instituts und der "FAZ". Sie hielten Zölle für besser als Embargos und effektiver als Mengenbeschränkungen.

Russland würde durch Zölle gezwungen, den Exportpreis zu senken. In Europa sorgten die höheren Preise über den Markt für eine Anpassung der knappen Ressourcen. "Das könnte eine effektive Methode sein, Druck auf Russland auszuüben", sagt die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach.

23 Prozent der befragten Professoren sehen einen EU-Zoll mit Blick auf noch höhere Verbraucherpreise skeptisch. Russland habe beim Gas eine große Verhandlungsmacht, sodass der Zoll hauptsächlich von der EU getragen würde. Einige Befragte lehnen einen Zoll ab, weil er nicht weit genug gehe. Sie fordern den Stopp aller Zahlungen an Russland.

Deutschland sollte Handel mit Autokratien einschränken

57 Prozent der Volkswirte meinen, die deutsche Politik sollte die Handelsbeziehungen mit Autokratien einschränken. Die geopolitischen Risiken seien groß. Es habe sich gezeigt, dass Autokratien oft keine verlässlichen Handelspartner seien. Deutschland habe Verantwortung für Menschenrechte auch in anderen Ländern.

Kritisch sieht der Umfrage zufolge die große Mehrheit der Volkswirte aber das 2023 in Kraft tretende Lieferkettengesetz, das deutsche Firmen verpflichtet, ihre Lieferketten auf Umwelt- und Menschrechtsverletzungen zu kontrollieren. 78 Prozent sagten, das werde das Auslandsgeschäft deutscher Firmen erschweren. Der bürokratische Aufwand sei hoch. Die im Gesetz geforderten Informationen zu beschaffen sei schwer. Es bestehe das Risiko, dass Firmen ihre Vorprodukte künftig von weniger Lieferanten beziehen müssten. Um Lieferketten widerstandsfähiger zu machen, seien mehr Bezugsquellen der richtige Weg, sagten 88 Prozent der
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Heckler & Koch, Rheinmetall & Co: Deutsche Banken wollen Rüstungskonzernen nach Russlands Überfall auf Ukraine besseren Zugang zu Geld verschaffen

Bei der Messe „Enforce Tac“ ist am Stand der Firma Heckler & Koch das Maschinengewehr MG4 KA3 ausgestellt. picture alliance/dpa | Nicolas Armer

Das Leid der Vorstände von deutschen Rüstungsfirmen wie Rheinmetall oder Heckler & Koch (H&K) war in den vergangenen Monaten groß. Die Top-Manager beschwerten sich öffentlichkeitswirksam darüber, dass sie zur Finanzierung ihrer Geschäfte keine Kredite von deutschen Banken bekämen. Bodo Koch, CEO von H&K, klagte gerade erst im März darüber, dass sein Unternehmen nicht einmal Geld von den Landesbanken bekomme.

„Wieso geben Landesbanken keine Kredite an Rüstungsunternehmen?“, fragte Koch damals im Gespräch mit der „Zeit“. Im Gespräch mit Business Insider weisen die Manager der Rüstungsfirmen dabei auf einen aus ihrer Sicht ungerechten Widerspruch hin: Sie seien es doch, die die Bundeswehr und die landeseigene Polizei und Sicherheitsbehörden ausrüsteten. Die Landesbanken desselben Bundeslandes, das die Waffen der Rüstungsschmieden einkaufe, verweigere ihnen aber die Finanzierung. Spätestens nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine müsse doch bei den Banken ein Umdenken stattfinden, fordern die Manager der Waffen-Hersteller.

Zeitenwende in der Bankenbranche

Nach Informationen von Business Insider findet nun tatsächlich bei einigen Landes- und Privatbanken ein Umdenken statt, dort nimmt man die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufene Zeitenwende ernst. Bei der baden-württembergischen Landesbank LBBW diskutieren die Top-Manager etwa, ob es denn angesichts des Krieges in der Ukraine wirklich noch zeitgemäß sei, dass die Bank sich selbst härtere Kriterien zur Finanzierung von Rüstungsfirmen auferlegt, als es der Gesetzgeber vorschreibt, berichten Insider. Es geht bei der LBBW konkret um die Vorgabe im aktuellen Nachhaltigkeitsbericht, dass "die Lieferung von Kriegswaffen in das Ausland" nicht von der LBBW finanziert wird, "auch dann nicht, wenn das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Ausfuhr genehmigt hat".

Gerade für die LBBW ist dies eine Kehrtwende, sie ist nämlich die Landesbank, die Heckler & Koch keine Kredite ausgestellt hat, erfuhr Business Insider. Jedenfalls bisher.

Ein Sprecher der Bank antwortet auf einen entsprechenden Fragenkatalog von Business Insider: „Wir halten eine wettbewerbsfähige Rüstungsindustrie in Europa aus Sicherheitsinteressen für unverzichtbar und stehen deshalb auch als Finanzierungspartner für Rüstungsunternehmen grundsätzlich zur Verfügung. Aber natürlich ist jede Finanzierungsentscheidung ein Einzelfall, in die neben der Branche weitere Parameter wie die Bonität des Kreditnehmers einfließen.“

Putin warnt Kanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron vor schweren Waffenlieferungen

© Bereitgestellt von Business Insider DeutschlandPutin warnt Kanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron vor schweren Waffenlieferungen

Weiter sagt der Sprecher: „Die LBBW hat darüber hinaus für eine Reihe sensibler Branchen, zu denen auch die Rüstungsindustrie gehört, spezielle Richtlinien formuliert. Das heißt, dass Geschäfte in diesen Branchen bestimmte, konkret definierte Voraussetzungen erfüllen müssen.“

Nun gäbe es aber den eisernen Grundsatz, dass Waffenlieferungen in Krisen- und Kriegsgebiete nicht finanziert werden. Was passiert aber, wenn die ukrainische Regierung bei Heckler & Koch, Rheinmetall oder anderen deutschen Rüstungskonzernen Großbestellungen aufgibt und diese eine Finanzierung bei dem Geldinstitut anfragen? Die Ukraine ist ein Kriegsgebiet, die Bundesregierung liefert Waffen und schweres Gerät. Eine rechtliche und politische Klarheit gibt es für die Banken derzeit nicht. Die Überzeugung bei den Bankern der LBBW, aber auch in der ganzen Branche wächst, dass Demokratien Mittel zur Wehrhaftigkeit bräuchten. Im Fall der Ukraine wären es die besagten Kriegswaffen, die ins Ausland geliefert und von der LBBW finanziert werden könnten. So würden die Banker ihre Finanzierungsentscheidung wohl auch in der Öffentlichkeit vertreten, erfuhr Business Insider.

Brechen mit dem Vorsatz, keine Waffen in Krisenregionen zu finanzieren?

Diese Frage treibt derzeit auch Manager der Commerzbank um. Die zweitgrößte deutsche Bank ist bei der Finanzierung von Rüstungsgeschäften etwas weniger restriktiv als die LBBW, sie orientiert sich am festgelegten gesetzlichen Rahmen und den Kriterien der Bundesregierung. Auch bei der Bank mit dem gelben Logo gilt aber: keine Finanzierung von Rüstungsgeschäften in Konflikt- und Krisenregionen. In Frankfurt diskutiert man also auch darüber, wie man künftig umgehen sollte mit der theoretischen Möglichkeit, wenn die Ukraine Waffen und Rüstung bei deutschen Herstellern anfragt und diese Finanzspritzen brauchen, berichten Insider. Die gleiche Frage stellt sich auch die Deutsche Bank. Außerdem soll auch dort im Hintergrund darüber diskutiert werden, ob Kriterien, die über die Anforderungen der Bundesregierung hinausgehen, wirklich noch zeitgemäß sind.

Ein Sprecher der Deutschen Bank antwortet auf eine Anfrage von Business Insider: „Bei Transaktionen mit Bezug zum Verteidigungssektor gilt für uns weiterhin entsprechend unseren Richtlinien, dass wir für alle Transaktionen mit Bezug zum Verteidigungssektor wird eine strikte Einzelfallbetrachtung durchführen. Insbesondere wird sichergestellt, dass keine Exportbeschränkungen oder -verbote seitens der Regierungen der Europäischen Union, des Vereinigten Königreiches, der USA oder Deutschlands vorliegen.“

Weiter sagt der Sprecher: „Im Rahmen dieser Einzelfallbetrachtung berücksichtigen wir auch die geopolitische Lage des Empfängerlandes, wobei Länder, die in Konflikte involviert sind, besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Falls wir Bedenken in Bezug auf bestimmte Transaktionen oder Konfliktgebiete haben, lehnen wir diese in Zweifelsfällen ab.“

Die internen Gespräche bei den Geldhäusern haben bis jetzt noch zu keinen Ergebnissen geführt, berichten Banker übereinstimmend. Es ist eine Diskussion, die allerdings nicht nur in den Geldinstituten stattfindet, sondern auch in Brüssel. Der gesetzliche Rahmen für das Thema Rüstungsfinanzierung wird nämlich nicht nur in Berlin gestrickt, sondern vor allem in der belgischen EU-Metropole. Dort entscheidet die EU-Kommission zusammen mit dem Rat und EU-Parlament über die sogenannten ESG-Kriterien für die Geldhäuser. ESG steht für Enviroment (Umwelt), Social und Governance. Sie entscheiden darüber, ob eine Anlage als nachhaltig, sozial und gut organisiert und geführt gilt. Wenn nicht, dann gilt sie als schlechtes Investment – das ESG fungiert als Gütesiegel.

In Brüssel wird schon seit vielen Monaten um das E gerungen, bis 2024 soll es dann verbindliche Kriterien für Banken geben, was als grün und nachhaltig gilt, und was nicht. Beim S ist man in Brüssel noch gar nicht richtig angekommen, dabei würde die Rüstungsindustrie unter die Kategorie Sozial fallen, erfuhr Business Insider aus der EU-Kommission.

In Brüssel gab es ein erstes Aufblitzen des Themas Rüstungsfinanzierung im Kontext der ESG-Kriterien – wenige Wochen vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Demnach sollte die Rüstungsindustrie grundsätzlich als nicht nachhaltig gelten und wäre dadurch als schlechtes Investment gekennzeichnet gewesen. Seit Russlands Überfall auf die Ukraine ist diese Debatte weitgehend beendet. Im EU-Rat, dort wo die Repräsentanten der EU-Länder sitzen, gibt es stattdessen erste Gespräche darüber, ob die europäische Rüstungsindustrie nicht doch besser als nachhaltig gekennzeichnet werden sollte. Das Hauptargument, das man dabei in der Öffentlichkeit verwenden will: Wehrhafte Demokratien bräuchten Mittel, um sich gegen Aggressoren zu verteidigen. Gleiche Argumente werden auch in der deutschen Bankenbranche diskutiert. In Brüssel mahlen die Mühlen langsam, EU-Kommission, die Mitgliedsstaaten und das Parlament müssen sich erst einigen. Und das E, die Nachhaltigkeit ist ohnehin zuerst auf der Tagesordnung.

Für Tempo könnten jetzt die Banken sorgen, und die selbstauferlegten Kriterien zur Finanzierung der Rüstungsbranche abbauen. Vielleicht sogar noch vor 2024.

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Deutschland: Erstes Handelsbilanzdefizit seit über 30 Jahren

Deutschland: Erstes Handelsbilanzdefizit seit über 30 Jahren

© ReutersDeutschland: Erstes Handelsbilanzdefizit seit über 30 Jahren

Investing.com -- Im Zuge der steigenden Preise von Öl- und Gasimporte im Sog des russischen Krieges in der Ukraine wies Deutschland im Mai erstmals seit über 30 Jahren ein monatliches Handelsdefizit auf.

Europas größtes Land, dessen Wirtschaftsmodell seit dem Zweiten Weltkrieg im Wesentlichen auf beträchtlichen Handelsüberschüssen beruht, verzeichnete im Mai ein Defizit von 1,0 Milliarden Euro (1,04 Milliarden Dollar). Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg die Importrechnung um fast 28 %. Gegenüber April erhöhten sich die Importe um 2,7%.

Gleichzeitig sanken die Ausfuhren zum dritten Mal in den letzten fünf Monaten. Sie gingen kalender- und saisonbereinigt um 0,5 % zurück, lagen aber im Jahresvergleich immer noch um 11,7 % höher.

Die Daten spiegeln deutlich die Probleme wider, mit denen Deutschland aufgrund seiner Abhängigkeit von russischer Energie konfrontiert ist, die durch den Krieg brutal offengelegt wurde. Im Juni dürfte sich das Defizit aufgrund der um 60 % gedrosselten russischen Gaslieferungen, wodurch die Importeure gezwungen waren, ihre Verpflichtungen durch Käufe auf dem Spotmarkt zu wesentlich höheren Preisen zu erfüllen, noch vergrößern. Viele deutsche Analysten befürchten einen vollständigen Stopp der russischen Lieferungen in der zweiten Jahreshälfte.

Die Meldung kommt zu Beginn eines Tages, an dem Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin Krisengespräche mit Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern über die Lage der Wirtschaft führen wird.

"Wegen der Gas-Engpässe drohen ganze Industriezweige dauerhaft wegzubrechen", sagte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi am Wochenende in einem Interview mit der "Bild am Sonntag" und nannte die Chemie-, Glas- und Aluminiumindustrie, die allesamt wichtige Zulieferer für den zentralen Automobilsektor sind. "Ein solcher Kollaps hätte massive Folgen für die komplette Wirtschaft und die Arbeitsplätze in Deutschland", fügte sie hinzu.

Der Euro ist seit Kriegsausbruch um rund 7,4 % gegenüber dem Dollar gefallen und erreichte im Mai ein Fünfjahrestief. Bis 09.10 Uhr MEZ notierte er unverändert bei 1,0434 Dollar.