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EU-Handelsvertrag: Der Brexit treibt die Kosten

Neue Zollhürden und drohender Fachkräftemangel: Ein halbes Jahr nach der Trennung vom EU-Binnenmarkt zieht die Wirtschaft ein kritisches Brexit-Fazit.

Die ersten Monate ließen keinen positiven Trend erkennen, sagte York-Alexander von Massenbach von der Britischen Handelskammer in Deutschland (BCCG) der Deutschen Presse-Agentur. Im Gegenteil: «Ich hätte hier mit mehr Pragmatismus gerechnet, jedoch erscheinen beide Seiten wenig kompromissbereit.»

Von «teething problems», Kinderkrankheiten, spricht die britische Regierung oft, die sich schon einruckeln würden. Doch schon nach sechs Monaten ist absehbar, dass es dauerhafte Probleme geben wird.

Wegen neuer Zollanforderungen sind Aufwand und Kosten höher, wie Ulrich Hoppe, Chef der Deutsch-Britischen Handelskammer AHK in London, der dpa sagte. «Wann Lieferketten wieder genauso reibungslos wie vor dem 31. Dezember 2020 operieren werden, ist unklar. Deswegen haben viele Unternehmen unter anderem in längerfristige Lagerkapazitäten investiert», sagte Hoppe. Das treibt die Kosten - und dämpft das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal um ein Prozentpunkt, wie Michal Stelmach von der Beratungsgesellschaft KPMG schätzt.

Großbritannien war zum 1. Januar 2021 nach schwierigen Verhandlungen auch aus der EU-Zollunion und dem Binnenmarkt ausgeschieden. Daraufhin kam es zu Lieferproblemen - Grund waren neue Vorschriften und Formalitäten. In einigen Branchen gelten trotz des Abkommens nun Zölle.

Ein halbes Jahr danach stellen sich die Unternehmen zwar langsam auf die neuen Anforderungen ein. «Die Einschnitte waren auch zuletzt deswegen so drastisch, weil das Abkommen sehr spät kam und Unternehmen sich praktisch über Nacht mit einer Flut von neuen Vorschriften konfrontiert sahen», sagte von Massenbach. Doch gerade kleinere und mittelständische Unternehmen dürften es schwer haben, sich auf dem Markt zu behaupten, zumal viele nicht über das nun notwendige Personal verfügen, um die Bürokratie zu stemmen.

Vor allem britischen Firmen fehlt zudem die Anbindung an die EU. Ein gesteigertes Interesse an einem eigenen Standort in Deutschland hat von Massenbach ausgemacht. Denn jede Lieferung von Großbritannien über den Ärmelkanal muss nun aufwendig deklariert werden. Das merken vor allem Branchen, die stark von internationalen, reibungslos funktionierenden Handelsketten abhängen wie die Autoindustrie, die allein etwa ein Viertel des deutsch-britischen Handels ausmacht.

Die Folgen des EU-Austritts seien schädlich für die Wirtschaft, kommentierte die britische Zeitung «Independent». «Bereits jetzt haben sie zu einem Trauma in Teilen der Landwirtschaft und der Fischerei geführt und einen Verlust an Investitionen in der verarbeitenden Industrie und in der Wirtschaft insgesamt bewirkt.» Um 2,5 Prozent werde das britische Bruttoinlandsprodukt wegen langfristiger Brexit-Folgen niedriger sein, schätzt KPMG-Experte Stelmach.

Erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen 1997 handelte Großbritannien im ersten Quartal mehr mit Nicht-EU-Ländern als mit der Gemeinschaft. Die britischen Lebensmittelexporte in die EU brachen um fast die Hälfte (47 Prozent) auf rund 1,7 Milliarden Pfund (2 Mrd Euro) ein. Der Branchenverband Food and Drink Federation sprach von einem «Desaster» und warnte, dies sei ein klares Anzeichen, was die Zukunft bringe.

Noch sei es aber zu früh, von einer Trendwende zu sprechen, sagte Stelmach. Die britische Wirtschaft habe sich zu Jahresbeginn mit Brexit und der Pandemie in einem «perfekten Sturm» befunden. Vieles ist auch nach sechs Monaten noch unklar - zumal der Vertrag einige Fragen offen gelassen hat, etwa die Rolle der gerade für Großbritannien wichtigen Finanzbranche. Viele kleinere britische Finanzdienstleistungsunternehmen machten sich erst jetzt Gedanken, ob sie für die Beratung deutscher Kunden eine Lizenzierung oder Genehmigung der deutschen Finanzaufsicht Bafin benötigten, sagte von Massenbach, der das Londoner Büros der Wirtschaftskanzlei Luther leitet.

Ein Problem, das sich zudem in seiner ganzen Dimension noch gar nicht ausgewirkt hat, sind die neuen Hürden für Arbeits- und Aufenthaltsrecht sowie für Dienstleistungen. «Manchen Unternehmen wird es schwerer fallen, geeignete Arbeitskräfte zu finden - erste Stimmen äußern sich hier schon deutlich», warnte AHK-Chef Hoppe. Betroffen ist etwa das Gastgewerbe, das wegen der Corona-Krise etliche EU-Kräfte verlor, von denen wohl nach der Pandemie nur ein Teil zurückkehren wird. Die heimischen Angestellten können das Defizit nicht aufwiegen. Landwirtschaft und Pflege sind weitere Bereiche, in denen Fachkräfte aus der EU fehlen.

BCCG-Vertreter von Massenbach warnt in diesem Zusammenhang vor einer weiteren Gefahr. So werde auch der akademische Austausch, etwa in Form von Praktika «faktisch unmöglich gemacht», sagte er. «Die neuen Migrationsbestimmungen sind für mich daher eine der gravierendsten Folgen des Brexits, deren Auswirkungen sich im vollem Umfang noch zeigen werden.»

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Aus für Edekas Discounter-Kette: NP-Märkte werden zu kleinen Edeka- oder Nah&Gut-Märkten

 

Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka sieht keine Zukunft mehr für seine vor allem in Norddeutschland bekannte Discountkette NP. Die rund 330 NP-Märkte sollen bis 2026 in Filialen der Ketten Edeka oder Nah & Gut umgewandelt werden, wie eine Sprecherin der Edeka-Region Minden-Hannover am Dienstag mitteilte. Zuvor hatte die "Lebensmittel Zeitung" darüber berichtet.

So ist etwa der ehemalige NP-Markt in Leer als neu konzipierter Nah&Gut-Markt an den Start gegangen. Das neue Motto: Mehr Nahversorger statt Discounter. "Perspektivisch wird NP damit verschwinden", sagte Bernhard Berger, Vertriebsgeschäftsführer für den Bereich Einzelhandel bei Edeka Minden der "Lebensmittelzeitung". "Discount-Elemente wird es bei uns immer geben, zum Beispiel unsere Preiseinstiegsmarke Gut & Günstig. Aber wir verabschieden uns mit diesem Schritt von einem eigenständigen Discount-orientierten Vertriebsformat."

Zweistellige Umsatzsteigerung nach Umbau

Einige NP-Märkte hatte die Edeka Region Minden-Hannover bereits zu kleinflächigen Edeka-Filialen umgebaut, an diesen Standorten konnten damit zweistellige Umsatzsteigerungen erzielt werden, wie die "Lebensmittelzeitung" berichtet. Der Rollout des neuen Konzepts sei ab 2022 geplant.

Im vergangenen Jahr erzielte der Discounter in seinen durchschnittlich nur 650 Quadratmeter großen Läden noch Umsätze in Höhe von rund 900 Millionen Euro. Durch die Umstellung auf die neuen Konzepte erhoffe sich Edeka größere Akzeptanz bei den Kunden und spürbare Umsatzzuwächse, hieß es in Minden. Neben einigen regionalen Discountern betreibt Edeka auch die bundesweit präsente Discountkette Netto, die immer weiter expandiert. Mit Nettos Wachstum hat die NP-Kette für Edeka langsam an Bedeutung verloren.

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Die SPD will Arbeitnehmern nach Corona einen dauerhaften Rechtsanspruch auf Homeoffice verschaffen

 

In der Corona-Pandemie waren Arbeitgeber dazu verpflichtet aus Infektionsschutzgründen ihren Arbeitnehmern Homeoffice zu ermöglichen. Diese Phase ist jetzt zu Ende gegangen, aber die SPD drängt für die Zeit nach Corona auf einen Rechtsanspruch für Arbeitnehmer auf Homeoffice. Zumindest für einen Teil der jährlichen Arbeitszeit. "Grundsätzlich sollen Beschäftigte bei einer Fünf-Tage-Woche mindestens 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten können, wenn es die Tätigkeit erlaubt", sagte die Partei-Vorsitzende Saskia Esken der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag). Homeoffice habe während der Corona-Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen und die Arbeitswelt vieler Menschen verändert.

"Während einige kaum erwarten können, endlich wieder ins Büro zu kommen, haben andere für sich erkannt, dass sie im Homeoffice effektiver und besser arbeiten können", sagte Esken. Sie betonte, dafür sei eine gesetzliche Regelung notwendig. Auch im Homeoffice müssten Arbeits- und Ruhezeiten gelten und ein Recht auf Nichterreichbarkeitszeiten. "Zu einer flexiblen Arbeitswelt gehören eben auch flexible Arbeitsplatzmodelle", sagte die SPD-Vorsitzende.

Umfrage zeigt: Arbeitnehmer haben Gefallen gefunden

Einer Mitte Mai vorgelegten Umfrage des Beratungsunternehmens EY zufolge wollen die meisten Beschäftigten auch nach der Corona-Krise teils im Homeoffice arbeiten. Demnach wollen 38 Prozent pro Woche nur noch drei- bis viermal, 36 Prozent sogar nur noch ein- bis zweimal ins Büro. Sieben Prozent gaben an, ausschließlich von zu Hause arbeiten zu wollen. Umgekehrt wollen 19 Prozent der Befragten künftig nicht (mehr) aus dem Homeoffice arbeiten, wenn es nach ihnen geht. Insgesamt sehen vier von fünf Befragten weiter an vielen Stellen Nachholbedarf bei der Digitalisierung auch bei Homeoffice-Angeboten. Mehr als ein Drittel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer YouGov-Umfrage sehen diesen Bereich als dringend verbesserungsnötig.

Der Mittelstand hatte bereits im Mai eine sofortige Abschaffung der Homeoffice- und Testvorschriften für Unternehmen gefordert. Die mittelständischen Unternehmen hätten in der Corona-Pandemie gezeigt, dass sie verantwortlich handeln. Ebenfalls im Mai hatte der Bundestag Beschäftigten im Homeoffice mehr Rechte und Mitsprache eingeräumt. Betriebsräte sollen demnach bei Geräten und Geld fürs Homeoffice stärker mitreden dürfen. Außerdem werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Unfällen auf dem Weg zur Kita des Kindes auch von der Unfallversicherung geschützt.

Das ist unüberlegter Quatsch und schädigt die deutsche Wirtschaft und die damit einhergehende Wirtschaftsleistung. Ungerechtigkeit würde entstehen und empfunden werden, da es ohnehin nur in bestimmten Aufgabengebieten funktionieren würde.

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Chinesen investieren Milliarden im Saarland: Batteriehersteller Svolt will mit neuer Gigafactory 2.000 Jobs schaffen

 

Bei der Produktion des wichtigsten Bauteils von E-Autos, den Stromspeichern und insbesondere den Batteriezellen, zeichnet sich eine deutliche Trendwende ab. Nachdem die Autobauer ihren Bedarf jahrelang mithilfe von aus Fernost importierten Batteriezellen gedeckt haben, setzen sie mittlerweile verstärkt auf Regionalisierung und holen die Produktion nach Europa.

Während VW seine Zellen etwa zukünftig komplett selbst auf dem Heimatkontinent produzieren und somit unabhängiger von China werden möchte, haben mittlerweile auch fernöstliche Zulieferer Deutschland als Fertigungsstandort für sich entdeckt. Der mit Startschwierigkeiten kämpfende Daimler-Partner Farasis wollte ursprünglich im sachsen-anhaltischen Bitterfeld-Wolfen sein europäisches Werk bauen, was jedoch mittlerweile auf der Kippe steht. Dafür errichtet der chinesische Branchengigant und Weltmarktführer CATL derzeit am Erfurter Kreuz eine Gigafactory, während Tesla in Grünheide zukünftig auch seine Batteriezellen selbst herstellen möchte.

Das Saarland liegt für die Pläne der Chinesen ideal

Während die beiden Großprojekte im Osten Deutschlands mit massiven Verzögerungen auffallen, kommen aus dem äußersten Westen der Republik gute Nachrichten. Svolt, ein Schwesterunternehmen des chinesischen Autogiganten Great Wall Motors, suchte ab dem Herbst 2019 nach einem geeigneten Produktionsstandort in Europa. Letztendlich fiel die Wahl auf das Saarland. Die Chinesen, die ihren europäischen Verwaltungssitz in Frankfurt am Main haben, begründen diese Entscheidung vor allem mit der zentralen Lage im Herzen Europas, sowie einer gut ausgebauten Infrastruktur. Zudem sei es dort einfach, hochqualifizierte Mitarbeiter zu finden.

Ausschlaggebend dürfte jedoch der Umstand gewesen sein, dass Stellantis, der aus der Fusion von PSA und Fiat-Chrysler hervorgegangene und weltweit viertgrößte Autokonzern, ab 2025 der erste und voraussichtlich gewichtigste Großabnehmer der Lithium-Ionen-Stromspeicher aus dem Saarland sein wird. Svolt selbst kommunizierte bereits Anfang 2020, dass ein Auftrag über die Fertigung von Batteriezellen mit einem Energiegehalt von insgesamt sieben Gigawattstunden eingegangen sei. Allerdings wurde damals der Name des zukünftigen Geschäftspartners noch nicht genannt.

Eine alte Laminat-Fabrik wird umgebaut

Die Produktion der Batteriemodule und die Endfertigung der Hochvoltspeicher wird ab Mitte 2022 in der Nähe der Ortschaft Heusweiler vonstattengehen. Svolt plant, dort eine ehemalige Laminat-Fabrik umzubauen. Das Unternehmen rechnet damit, dass die Umbauarbeiten erst Anfang 2023, also rund ein halbes Jahr nach dem Produktionsstart, komplett abgeschlossen sind. Sowohl die beiden elsässischen Peugeot-Fabriken Sochaux und Mulhouse, als auch Opels Stammwerk in Rüsselsheim sind nur wenige Fahrtstunden entfernt. Des Weiteren gibt es in der unmittelbaren Nachbarschaft noch einen weiteren großen Autohersteller, der auf lange Sicht ein potenzieller Svolt-Kunde werden könnte: Das Ford-Werk in Saarlouis ist mit dem Auto in rund 20 Autominuten erreichbar.

Svolt wird auch die Batteriezellen selbst herstellen

Svolt möchte im Saarland nicht nur Endfertigung der Stromspeicher vornehmen, sondern auch die dafür benötigten Batteriezellen herstellen. Dafür möchten die Chinesen bei Überherrn, in der Nähe von der französischen Grenze, auf einer 840.000 Quadratmeter großen und derzeit noch landwirtschaftlich genutzten Fläche ein neues Werk hochziehen. Die Chinesen haben es sich als Ziel gesetzt, die Zellfabrik ausschließlich mit grünem Strom zu betreiben. Zudem sollen keine Produktionsabwässer die Umwelt belasten, da eine werksinterne Kläranlage mit eingeplant ist.

2.000 Arbeitsplätze sollen entstehen

Insgesamt möchte Svolt im Saarland zwei Milliarden Euro investieren und auf lange Sicht tausende Arbeitsplätze schaffen. Da das Unternehmen seinen Europa-Sitz in Frankfurt am Main hat, ist es in Deutschland gewerbesteuerpflichtig. Die beiden Produktionsorte Überherrn und Heusweiler bekommen jeweils die Hälfte davon, der Rest geht an die Metropole am Main. Kein Wunder also, dass Svolt von der Landesregierung mit zehn Prozent des unternehmenseigenen Investitionsvolumens bezuschusst wird. Zudem übernimmt das Land die notwendigen Bürgschaften. Anfangs wird das chinesische Unternehmen bei einer Produktionskapazität von sechs Gigawattstunden etwa 555 Mitarbeiter beschäftigen. Diese Kapazität soll aber in vier Schritten gesteigert werden. Letztendlich soll die Beschäftigtenzahl auf 2.000 steigen, was bei einem Output von 24 Gigawattstunden und mit einer Jahresproduktion von 500.000 Elektroauto-Batterien gleichzusetzen wäre.

Stellantis plant eigene Gigafactories

Svolt wird den Stellantis-Konzern aus dem Saarland mit zwei grundlegend verschiedenen Arten von Batteriezellen versorgen. Zum einen wären da eine selbst entwickelte und innovative Zelle, die ohne Kobalt auskommen und noch dieses Jahr marktreif sein sollen. Der Nickelanteil in deren Zellchemie wurde derart erhöht, dass komplett auf das seltene Metall verzichtet werden kann. Die damit ausgestatteten Lithium-Ionen-Batterien sollen trotzdem langlebig sein und mittelfristig Reichweiten von bis zu 900 Kilometern bieten können. Der Hersteller spricht davon, dass die Zellen über eine Lebensdauer von 15 Jahren und 1,2 Millionen Kilometer verfügen. Außerdem beliefern die Chinesen Stellantis zukünftig mit konventionell aufgebauten Zellen, die eine hohe Energiedichte haben sollen.

Allerdings können die saarländischen Fabriken nicht Stellantis gesamten Jahresbedarf an Batterien in Höhe von 130 Gigawattstunden abdecken. Deshalb werden ein Teil der Zellen und Batterien aus den chinesischen Svolt-Werken kommen. Zudem hat der Mutterkonzern von Opel gemeinsam mit der Total-Tochter Saft das Joint Venture „Automotive Cells Company“ ins Leben gerufen. Ab 2025 sollen zwei neue, konzerneigene Gigafactories Batteriezellen herstellen. Eine Fabrik soll im nordfranzösischen Douvrin entstehen, während die andere in Kaiserslautern, also ebenfalls unweit vom Saarland, geplant ist

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Zwei Drittel der Industrie leidet unter Materialmangel

 

 

Materialmangel wird für die deutsche Industrie zu einem immer ernsteren Problem. 64 Prozent der vom Ifo-Institut befragten Unternehmen beklagen Engpässe und Probleme bei Vorlieferungen als Hindernis für ihre Produktion.

Bereits im Vorquartal hätten die Unternehmen einen Rekordwert gemeldet, der nun deutlich übertroffen worden sei, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe in München. «Das könnte zu einer Gefahr für den Aufschwung werden.»

Derzeit bedienten die Hersteller die Nachfrage noch aus ihren Lagern, die sich aber zusehends leerten, sagte Wohlrabe. «Problematisch sind auch die teilweise stark gestiegenen Einkaufspreise.» 83 Prozent der Autohersteller und -zulieferer und 84 Prozent der Hersteller elektrischer Ausrüstungen spürten die Knappheit bei Halbleitern und Chips. Die stark gestiegenen Preise für Kunststoff-Granulate machten den Herstellern von Gummi- und Kunststoffwaren deutlich zu schaffen (79 Prozent). Bei den Herstellern elektronischer Geräte beklagten 72 Prozent Materialmangel. Das Ifo-Institut hatte im Juli rund 2700 Industrieunternehmen befragt.

Maschinenbau: Materialmangel erschwert Produktion

Materialengpässe bereiten auch Deutschlands Maschinenbauern immer größere Sorgen. «Bereits 70 Prozent der Unternehmen im Maschinenbau sehen ihre Produktion durch einen Materialmangel deutlich erschwert», sagte Ralph Wiechers, Chefvolkswirt des Branchenverbandes VDMA mit Blick auf die Ifo-Umfrage. Das sei der höchste Wert seit Veröffentlichung des gesamtdeutschen Indikators.

Betroffen vom Materialmangel sind Wiechers zufolge alle Teilbranchen des Maschinenbaus. Besonders knapp seien Elektronikkomponenten und Stahl. Die schlechte Versorgungslage dürfte auch ein Grund für die weniger euphorische Stimmung der Unternehmer sein, erläuterte Wiechers. «Die Knappheit bei den Vorprodukten dämpft die Produktionspläne der Unternehmen.» Zudem setzten wieder steigende Infektionszahlen in vielen für den Maschinenbau wichtigen Märkten die Lieferketten weiter unter Druck.

Trotz der Probleme geht der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) weiter davon aus, dass die exportorientierte deutsche Schlüsselindustrie die Produktion in diesem Jahr um 10 Prozent steigert. Die Auftragsbücher haben sich nach dem Corona-Jahr 2020 kräftig gefüllt. Die Auslastung der Kapazitäten lag im Juli bei 88,3 Prozent und damit deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von 85,9 Prozent.

 

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Deutschlands Exporte auf Vor-Corona-Niveau

 

Exporte der deutschen Wirtschaft haben wieder das Niveau vor Beginn der Coronakrise erreicht und im Juni sogar übertroffen. Auch der vielfach beklagte Materialmangel bremst die Erfolgsserie nicht wirklich.

In diesem Juni wuchsen die Ausfuhren aus Deutschland bereits zum 14. Mal in Folge: Das Plus lag bei 1,3 Prozent zum Vormonat. Die Importe stiegen diesmal um 0,6 Prozent. Damit lagen die Exporte um 1,1 Prozent und die Importe sogar 10,0 Prozent höher als im Februar 2020, dem Monat vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland.

Im Juni verkauften die Unternehmen Waren im Wert von 118,7 Milliarden Euro ins Ausland. Verglichen mit Juni 2020 ist das eine Zunahme von 23,6 Prozent.

Vor allem Ausfuhren zum wichtigsten Exportkunden USA entwickelten sich rasant. Sie nahmen um fast 40 Prozent auf 10,3 Milliarden Euro zu. Die Exporte nach China legten um 16,0 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro zu und die nach Großbritannien 11,0 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. Das Auslandsgeschäft mit den EU-Ländern wuchs um 26,1 Prozent auf 64,5 Milliarden Euro.

Problem Materialmangel

Im vergangenen Jahr hatte die Corona-Krise tiefe Löcher in der deutschen Exportbilanz hinterlassen. Für das laufende Jahr rechnet der Außenhandelsverband BGA mit einem deutlichen Plus. Auch der deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erwartet, dass deutsche Firmen 2021 alles in allem acht Prozent mehr exportieren. Sorgen bereiten allerdings Materialmangel und knappe Rohstoffe.

Einer Umfrage des ifo-Instituts zufolge beklagen inzwischen 64 Prozent der befragten Industrieunternehmen Engpässe und Probleme bei Vorlieferungen als Hindernis für ihre Produktion. Derzeit bedienten die Hersteller die Nachfrage noch aus ihren Lagern, "aber die leeren sich nun auch zusehends", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Wird wegen fehlender Teile weniger produziert, kann nicht so viel exportiert werden.

Trotzdem sehen Experten die Lage eher optimistisch: "Auch wenn die gut gefüllten Auftragsbücher sich in Anbetracht fehlender Vorprodukte nicht in einer entsprechend hohen Produktion niederschlagen, die Exporte können von der guten Auftragslage profitieren", sagte etwa der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Den Unternehmen gelänge es immerhin, so viele Produkte in den Versand zu geben, dass es für das Plus bei den Exporten reiche.

 

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EY-Analyse: Starker Rückgang ausländischer Investitionen in Europa

 

Während Europa im Jahr 2020 insgesamt viele ausländische Investoren verlor, kann sich der Standort Deutschland trotz Coronakrise und Lockdowns im vergangenen Jahr weiterhin behaupten.

• Die Zahl der ausländischen Investitionsprojekte in Europa sank 2020

• Deutschland kann viele Investoren halten

• Chinesische Unternehmen stellen zweitwichtigste Investoren in Deutschland dar

Leichte Rückgänge im Vergleich zum Vorjahr

Deutschland konnte sich im vergangenen Jahr trotz der Coronakrise und mehrfachen Lockdowns als Investitionsstandort behaupten und viele ausländische Investoren halten oder neue für sich gewinnen. Das zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Analyse des britischen Beratungsdienstleisters Ernst & Young, kurz EY. Demnach sank die Zahl der von ausländischen Unternehmen in Deutschland mit 930 angekündigten Investitionsprojekten im Vergleich zum Vorjahr nur um vier Prozent. Andere europäische Länder verbuchten hingegen deutlich stärkere Rückgänge, wie der Studie zu entnehmen ist. So sank in Frankreich die Zahl der ausländischen Investitionen um 18 Prozent auf 985, während in Großbritannien mit 975 angekündigten Investitionsprojekten die Anzahl im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozent sank. Damit ist jedoch die Projektanzahl weiterhin deutlich höher als in Deutschland, was den beiden Ländern im europäischen Standortranking die beiden vordersten Plätze einbringt.

Weniger ausländische Investitionsprojekte angekündigt

Mit insgesamt 5.578 Investitionsprojekten ausländischer Investoren wurden europaweit 13 Prozent weniger Projekte geplant als noch im Vorjahr. Der aktuellen Analyse des britischen Beratungsdienstleisters Ernst & Young zufolge ist die Anzahl besonders vor dem Hintergrund der erheblichen Einschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens zurückgegangen. Es wird jedoch vermerkt, dass die Experten anfänglich von einem noch stärkeren Rückgang der Investitionstätigkeit ausgegangen waren. Dabei ist es einigen Ländern, wie Polen, der Türkei, Österreich und der Schweiz sogar gelungen mehr Investitionsprojekte ausländischer Unternehmen für sich zu gewinnen als noch im Vorjahr. Deutsche Unternehmen führten insgesamt 603 Investitionen im europäischen Ausland durch und zeigen sich mit einem Rückgang von elf Prozent damit deutlich weniger investitionsfreudig als noch im Jahr zuvor. Dennoch belegen deutsche Unternehmen damit hinter US-amerikanischen und weit vor britischen Unternehmen den zweiten Platz im Investorenranking.

Ein Zeichen großen Vertrauens

Die Gesamtauswertung der Studie zeigt, dass trotz negativer Erwartungshaltung der Rückgang bei der Zahl der angekündigten Investitionsprojekten in einem überschaubaren Rahmen blieb. Nicht nur Deutschland, auch viele weitere europäische Länder konnten trotz Krisenzeiten viele ausländische Investoren überzeugen und für sich gewinnen. Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung von EY Deutschland, wertet die Ergebnisse der Studie größtenteils als ein Zeichen großen Vertrauens in die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften in Europa: "Die Corona-Krise führte zwar im Frühjahr zu einer Art Schockstarre in ganz Europa, zu massiven Sparmaßnahmen und zu einem vorübergehenden Stopp vieler Investitionsprojekte. Aber schon in der zweiten Jahreshälfte kam die Wirtschaft vielerorts wieder in Gang und das Investitionsumfeld verbesserte sich erheblich. Unterm Strich fiel der Rückgang erheblich geringer aus als zunächst befürchtet."

Diese Länder investierten am meisten Geld in Europa

Zwar ermittelte EY in seiner Studie einen Rückgang von 18 Prozent, dennoch bleiben die Vereinigten Staaten mit 1.213 Projekten auch während der Pandemie der mit Abstand größte Investor in Europa. Damit liefern die USA auf dem ersten Platz doppelt so viele Investoren wie deutsche Unternehmen auf Platz zwei. "Auch deutsche Konzerne - traditionell die zweitgrößte Investorengruppe in Europa - waren zurückhaltender als 2019 und reduzierten ihr Engagement um elf Prozent", lautet es in der EY-Studie. Demnach gab es mit 603 Projekten 72 weniger als noch im Vorjahr. "Die wichtigsten Investitionsziele deutscher Unternehmen in Europa waren: Frankreich (159 Projekte, plus elf Prozent), Großbritannien (64 Projekte, minus 15 Prozent) und Spanien (60 Projekte; minus zehn Prozent)", heißt es in dem Bericht. Während sich die USA und Deutschland weiterhin investitionsfreudig präsentierten, drosselte das Vereinigte Königreich hingegen sein Engagement in Europa 2020 stark. Demnach wurde laut EY aus dem leichten Zuwachs in Höhe von drei Prozent aus dem Vorjahr am Ende ein Absturz um 24 Prozent. Die Zahl der Investitionen fiel von 493 auf 375. Französische Investoren fuhren ihr Engagement laut dem Bericht in Europa um 15 Prozent zurück und investierten in nur noch 307 Projekte. Während China 2019 die Investitionen noch um 23 Prozent gesteigert hatte, nahm das Interesse chinesischer Geldgeber an Firmen in Europa während der Corona-Pandemie stark ab. Die Analysten meldeten 261 Projekte und damit einen Rückgang um stolze 16 Prozent.

Für die Studie wurden Investitionsprojekte erfasst, die zur Schaffung neuer Standorte und neuer Arbeitsplätze führen, während Portfolio- und M&A-Investitionen hingegen nicht berücksichtigt wurden.

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Homeoffice-Urteil: Firma darf Rückkehr an den Arbeitsplatz anordnen

Ein Münchner Gericht hält es für gerechtfertigt, dass Angestellte zurück an den Arbeitsplatz beordert werden dürfen, obwohl die Pandemie noch nicht vorbei ist. Das gilt allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen.

Ein Recht auf immerwährendes Homeoffice gibt es nicht. Das hat das Landesarbeitsgericht München entschieden. Im konkreten Fall ging es um einen Grafiker, der seit Dezember 2020 von zu Hause aus gearbeitet hatte. Als er Ende Februar wieder ins Büro beordert wurde, zog der Grafiker dagegen vor Gericht. Der Mann wollte damit erreichen, dass ihm das Arbeiten aus dem Homeoffice während der Pandemie grundsätzlich gestattet wird und ihm der Gang ins Büro nur in Ausnahmefällen aufgebürdet werden kann. Das Gericht sah das anders.

Nach Ansicht des Gerichts ergebe sich weder aus dem Arbeitsvertrag des Grafikers noch aus der Sars-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung ein Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz. „Die allgemeine Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit Covid-19 anzustecken und das allgemeine Infektionsrisiko am Arbeitsort und in der Mittagspause würden einer Verpflichtung zum Erscheinen im Büro nicht entgegenstehen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts.

Nach Ansicht des Gerichts hat der Arbeitgeber zudem auch überzeugend dargelegt, warum die Anwesenheit des Grafikers im Büro notwendig sei. Denn er habe im Homeoffice nicht auf dieselbe technische Ausstattung zurückgreifen können. Außerdem habe er keinen Nachweis dafür erbringen können, dass die Firmendaten bei ihm zu Hause ausreichend vor dem Zugriff von Dritten geschützt sind. Zumal die Ehefrau des Grafikers für ein Konkurrenzunternehmen tätig war.

Im Februar bestand noch kein Anrecht auf Homeoffice

Nach Auffassung von Rechtsexperten kann die Homeoffice-Pflicht, die zwischen April und Juli 2021 bestanden hat, durchaus in einigen Fällen dazu führen, dass Angestellte dauerhaft von zu Hause aus arbeiten dürfen. Zumindest wenn vorab keine Absprachen über die Rückkehr ins Büro getroffen wurden. Darum ging es im vorliegenden Fall allerdings nicht, weil die Homeoffice-Pflicht im Februar noch gar nicht in Kraft getreten war.

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Interview: IfW-Chef Gabriel Felbermayr: „Wir erleben eine neue Globalisierung“

 

Das Handelsvolumen werde langsamer wachsen als das Produktionsvolumen, sagt der Chef des Instituts für Weltwirtschaft. Doch es werde eine neue Globalisierung der Dienstleistungen geben.

Gabriel Felbermayr ist als Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) so etwas wie der oberste Handelsbeauftragte Deutschlands. Der Ökonom sieht eine große Trendwende in der Globalisierung. Die internationale Arbeitsteilung bei der Herstellung von Gütern, der zentrale Produktivitätstreiber der vergangenen Jahrzehnte, werde zurückgehen.

„Die Handelsvolumen werden im Trend langsamer wachsen als das Produktionsvolumen“, so Felbermayr. Sofern die Politik es zulasse, könne die Weltwirtschaft aber von einer neuen Globalisierungswelle im Dienstleistungsbereich profitieren.

Der Kieler Ökonom warnt insgesamt vor einer großen Verunsicherung wegen der anhaltenden Handelskonflikte und der Schwächung der Lieferketten. Das habe auch langfristige Folgen für die Preisentwicklung. „Die Zeiten ganz niedriger Inflationsraten sind vorüber.“ Die Notenbanken müssten dem „kommunikativ und handwerklich jetzt gegensteuern, um die Inflationserwartungen zu stabilisieren“.

Hier lesen Sie das vollständige Interview:

Herr Felbermayr, Handelskonflikte, Naturkatastrophen und jetzt eine Pandemie – die arbeitsteilige Weltwirtschaft hat in den letzten Jahren große Rückschläge erlebt. Sehen Sie eine Trendwende in der Globalisierung, vielleicht sogar den Beginn der Deglobalisierung?

So pauschal kann man das nicht sagen. Im Güterhandel sieht es in der Tat so aus, als ob das Handelsvolumen im Trend langsamer wächst als das Produktionsvolumen. In China ist das schon seit einigen Jahren stark sichtbar, und das Phänomen verallgemeinert sich. Wir haben es hier mit einem relativen Decoupling zu tun, das politisch gewollt ist.

Was heißt hier relativ?

Im Dienstleistungsbereich könnten wir eine neue Globalisierungswelle erleben. Mit neuen digitalen Technologien lassen sich Dienstleistungen über Landes- und Sprachgrenzen handeln. In Summe muss man dann eher sagen, dass sich die Globalisierung wandeln könnte, weg von physischen Gütern, hin zu digitalen Dienstleistungen. Die große Unsicherheit ist aber politisch: Lassen die Regierungen diese Veränderungen zu?

Was aber würde ein Rückgang der Globalisierung im Warenverkehr bedeuten? Was bedeutet das für die Produktivität?

Die internationale Arbeitsteilung bei der Herstellung von Gütern war ein zentraler Produktivitätstreiber. Sie erlaubt, dass die Länder jene Güter oder Dienstleistungen herstellen, bei denen sie besonders produktiv sind, und jene Dinge importieren, bei denen sie das nicht sind. Geht die Arbeitsteilung zurück, dann ist das ein Problem, weil wir in Zeiten der demografischen Alterung und der Energiewende mit weniger Ressourcen einen wenigstens konstanten Lebensstandard sicherstellen wollen. Das geht nur mit Produktivitätswachstum.

Jetzt heißt es immer, wir müssten die Resilienz der Lieferketten stärken. Ist das ein neues Wort für Protektionismus?

Wir beobachten seit etwa 2011, dass sich die Lieferketten in den meisten Industriebranchen verkürzen: Der Anteil ausländischer Komponenten im Produktionswert geht zurück. Das ist ein sehr breites Phänomen, das etwa im Bereich der verarbeiteten Lebensmittel, aber auch im Maschinen- oder Autobau besonders stark auftritt. China oder die USA sind den Weg schon deutlich weiter gegangen als Europa. Der Handel und die Industrieproduktion sind nach dem Corona-Crash sehr schnell zurückgekommen. Das spricht eigentlich für ein relativ hohes Ausmaß an Resilienz. Wenn es in der Autobranche Knappheiten bei manchen Vorprodukten gibt, dann ist das kein Zeichen fehlender Resilienz, sondern ein Ausdruck eines starken Aufschwungs, der von der Industrie so nicht erwartet wurde.

Welche Rolle spielt bei diesem Prozess die Digitalisierung?

Der Digitalisierung kommt eine große Rolle zu. Im Logistikbereich, gerade im maritimen Bereich, und in der Exportfinanzierung gibt es noch sehr viel Papier und viele beteiligte Parteien. Hier können die Blockchain-Technologie und digitale Plattformen für mehr Sicherheit, schnellere Abläufe und weniger Kosten in grenzüberschreitenden Transaktionen sorgen. Das könnte mittelfristig zu einem neuen Globalisierungsschub führen, wenn die Politik dies zulässt.

Sollte der Trend zu einer Entschleunigung der Globalisierung nachhaltig sein, was bedeutet das langfristig für eine Volkswirtschaft wie die deutsche, deren Geschäftsmodell auf dem Export beruht?

Für die deutsche Volkswirtschaft ist das keine gute Nachricht. Sie ist nicht nur stark auf den Export fokussiert, sondern vor allem auf den Export klassischer Industriegüter. Die deutschen Unternehmen hingegen können durch Verlagerung von Produktion in die Zielmärkte ihre Positionen verteidigen oder gar ausbauen.

Welche der drei Aspekte – Pandemie, Handelskonflikte, Natur-/Klima-Katastrophen – stellen die größte Gefahr für die Globalisierung dar?

Es ist vor allem die Handelspolitik, die in einem Kontext erodierenden Vertrauens zwischen den großen Blöcken – China, USA und Europa – den Rückzug auf den eigenen Markt als sichere Option sieht, gerade um vermeintlich besser mit den großen Krisen unserer Zeit – Pandemie, Klimawandel, technologische Veränderungen – umgehen zu können.

Hoffnungen für den Welthandel waren mit der Abwahl des großen Handelskriegers Donald Trumps verbunden. Wirkliche Besserung kam aber auch mit dem neuen Präsidenten Joe Biden nicht. Hat Sie das enttäuscht?

Ja, ganz eindeutig. Es ist eine Enttäuschung, dass die Stahl- und Aluzölle von Trump immer noch in Kraft sind, obwohl sie die Beziehungen der EU mit den USA belasten und die Marktpreise für die betroffenen Produkte aktuell sehr viel höher sind als noch vor ein paar Jahren. Auch bei der Reform der Welthandelsorganisation WTO geht mit Biden immer noch nicht viel voran.

Zurück zu den Lieferketten: Auch die rapide steigenden Inflationsraten hängen damit einhergehenden Lieferengpässen zusammen. Sehen Sie hier einen nachhaltigen Trend?

Ja, da gibt es einen Zusammenhang. Wir schätzen, dass circa 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte der aktuellen Inflationsraten allein auf die Verteuerung der Seefracht zurückzuführen sind. Lieferengpässe treiben natürlich auch die Preise nach oben. Wenn man die marktwirtschaftlichen Kräfte politisch nicht aushebelt, dann wird aber bei steigenden Preisen das Angebot zunehmen und der Preisdruck geht zurück.

Das heißt, die hohen Inflationsraten sind nur ein vorübergehendes Phänomen?

Nein, die Zeiten der ganz niedrigen Inflation sind wohl vorbei, vor allem weil China nicht mehr zu sehr niedrigen Preisen beliebige Mengen liefern kann.

Sollten die Notenbanken in den USA und Europa schon jetzt gegensteuern?

Die Notenbanken müssen die langfristigen Inflationstreiber – langsamere Globalisierung, höhere Lohnabschlüsse durch Alterung der Gesellschaften – im Blick haben. Um Erwartungen zu stabilisieren, ist es jetzt sicher sinnvoll, das Gegensteuern handwerklich und kommunikativ vorzubereiten.

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Deutsche Elektroexporte auch im Juli mit Zuwächsen

 

Die deutsche Elektroindustrie macht nach dem Tiefschlag in der Corona-Krise 2020 weiter Boden gut.

Im Juli des laufenden Jahres lagen die Exporte der Branche mit 18,0 Milliarden Euro um 6,8 Prozent über dem Wert des Vorjahresmonats, wie der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) am Dienstag in Frankfurt mitteilte. «Damit fiel der jüngste Zuwachs geringer aus als in den vier vorangegangenen Monaten, in denen - nicht zuletzt aufgrund von Basiseffekten - jeweils zweistellige Steigerungsraten erzielt worden waren», erläuterte ZVEI-Chefvolkswirt Andreas Gontermann.

In den ersten sieben Monaten insgesamt summierten sich die Ausfuhren der Branche den Angaben zufolge auf 126,7 Milliarden Euro - ein Plus von 12,0 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Die deutsche Elektroindustrie hatte sich im Juni vorgenommen, die minus sechs Prozent Produktionseinbußen des Jahres 2020 bereits im laufenden Jahr wieder aufzuholen. Der ZVEI setzte seinerzeit die Prognose für das Produktionsplus im Gesamtjahr 2021 von fünf auf acht Prozent herauf.