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Übernahme von Deutsche Wohnen durch Vonovia: Darum polarisiert der Milliarden-Deal der Dax-Unternehmen so

 

Die Nachricht, die den Wohnungsmarkt in Deutschland aller Voraussicht nach umwälzen wird, schlug am späten Abend des Pfingstmontag ein. Vonovia, das Bochumer Dax-Unternehmen und Deutschlands größter Wohnungskonzern, gab bekannt, Deutsche Wohnen, das zweitgrößte Wohnungsunternehmen und ebenfalls Dax-Mitglied, übernehmen zu wollen. Anders als bei den früheren Versuchen konnte sich Vonovia die Unterstützung der Deutsche-Wohnen-Spitze sichern. Beide Konzerne haben eine Grundsatzvereinbarung über den Zusammenschluss vereinbart. Vonovia teilte mit, ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot im Gesamtwert von rund 18 Milliarden Euro oder 53,03 Euro je Deutsche-Wohnen-Aktie abzugeben.

Aus der Fusion der beiden Wohnungsriesen würde Vonovia als absoluter Gigant hervorgehen, mit einem Bestand von mehr als einer halben Million Wohnungen. Der gemeinsame Immobilienportfoliowert wurde auf knapp 90 Milliarden Euro beziffert.

„Das Marktumfeld ist für Vonovia und Deutsche Wohnen in den vergangenen Jahren immer ähnlicher geworden und beide Unternehmen haben die gleichen Herausforderungen. Jetzt ist der richtige Moment, die erwiesene Leistungsfähigkeit und Stärken beider Unternehmen zu vereinen“, sagte der Chef von Deutsche Wohnen, Michael Zahn. Die beiden Unternehmen erwarten laut der Vonovia-Mitteilung „aus der gemeinsamen Bewirtschaftung und der sich regional ergänzenden Portfolios“ Kosteneinsparungen von 105 Millionen Euro pro Jahr.

"Die schiere Unternehmensgröße mag den einen oder anderen beunruhigen"

In einem gemeinsamen Interview der beiden Vorstandsvorsitzenden mit dem „Spiegel“, sagte Zahn, „die schiere Unternehmensgröße“ möge den einen oder anderen beunruhigen. Doch man werde die Größe nutzen, „um wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen besser stemmen zu können“. Vonovia-Chef Rolf Buch sagte dem „Spiegel“, es gebe große Themen wie den Klimawandel, da würde es keinen Sinn ergeben, getrennt zu forschen. Außerdem würden „auch Kostenvorteile aus dem gemeinsamen Einkauf“ erzielt werden.

Vonovia bietet laut eigenen Angaben als größtes Wohnungsunternehmen in Deutschland Wohnungen für rund eine Million Menschen. Das Unternehmen firmiert erst seit 2015 unter dem Namen Vonovia, nachdem die Vorgängerorganisationen Deutsche Annington und die GAGFAH miteinander fusionierten. Viele der Wohnungen waren einst Eisenbahnerwohnungen, Werkswohnungen oder genossenschaftliche Wohnungen, die aufgekauft wurden.

Größter Vermieter Berlins

Deutsche Wohnen wurde 1998 als Tochtergesellschaft der Deutschen Bank gegründet und bündelte zunächst die Wohnungsimmobilien der Bank. Heute ist das Unternehmen unabhängig und an der Börse, seit Juni 2020 im Dax. 2013 übernahm der Konzern die einst landeseigene GSW Immobilien AG und wurde damit zu einem der größten Vermieter in Berlin. Rund 70 Prozent der Immobilien von Deutsche Wohnen liegen heute in Berlin, damit ist das Unternehmen der größte Vermieter der Hauptstadt.

Sowohl Vonovia als auch Deutsche Wohnen standen in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik. Zum einen, weil sie alleine aufgrund ihrer Größe den extremen Entwicklungen des Wohnungsmarkts ein Gesicht geben. Zum anderen, im Falle von Vonovia, weil es immer wieder negative Berichte gab, etwa, als der „Spiegel“ 2018 über fragwürdige Abrechnungen der Nebenkosten berichtete.

An Deutsche Wohnen entlädt sich der Frust Berliner Mieterinnen und Mieter über die explodierenden Preise auf dem Wohnungsmarkt der Hauptstadt. Der Versuch des Landes Berlin, die Mieten über den sogenannten Mietendeckel zu regulieren, war erst kürzlich vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden.

“Deutsche Wohnen und Co. enteignen”

Die Initiative “Deutsche Wohnen und Co. enteignen” sammelt gerade Unterschriften für ein Volksbegehren, mit dem Ziel, Wohnungskonzerne mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin zu enteignen und in den Besitz einer Anstalt des öffentlichen Rechts zu überführen. Diese solle laut der Initiative „demokratisch, transparent und gemeinwohlorientiert verwaltet werden“.

Eine Sprecherin der Initiative sagte am Dienstag: “Wir kennen die Vermietungspraxis von Vonovia: Ihre Spezialität sind überhöhte Nebenkostenabrechnungen, die über Tochterfirmen in die Tasche des Mutterkonzerns zurückfließen. Vonovia wird den Spekulationspreis, den sie für Deutsche Wohnen bezahlen wird, aus den Mieter:innen rausquetschen wollen. Wenn nicht sofort, dann etwas später.” Den angedachten „Sozialpakt“ mit dem Land Berlin kritisierte die Initiative. Das kurzfristige Begrenzen von Mietpreisen könne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mieten mittel- und langfristig weiter gesteigert werden sollen.

Berlin kann mehr als 20.000 Wohnungen übernehmen

In Folge der geplanten Fusion kann das Land Berlin mehr als 20.000 Wohnungen von dem Mega-Konzern übernehmen. Das kündigten der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Vonovia-Chef Rolf Buch am Dienstag an. "Das ist die Größenordnung einer eigenen Wohnungsgesellschaft", sagte Müller. Nunmehr werde mit allen Beteiligten im Detail besprochen, um welche Bestände es sich handele. "Mir liegen soziale Brennpunkte am Herzen, mir liegen Großsiedlungen am Herzen", sagte Müller. Mehr Wohnungen in kommunaler Hand bedeuteten mehr Einfluss auf sozialverträgliche Mieten und mehr Sicherheit für viele Menschen im Bereich Mieten und Wohnen. Momentan verfügt Berlin über 340.000 kommunale Wohnungen.

Die Mieter, sagte Vonovia-CEO Buch dem „Spiegel“, würden letztlich nicht für die teure Übernahme bezahlen. „Für die Mieter ändert die Übernahme nichts, es wird für sie eher besser“, sagte Buch. Gerade in Berlin werde auf stabile Verhältnisse geachtet, in den kommenden drei Jahren würden die regulären Mieterhöhungen auf ein Prozent jährlich begrenzt. „Unser Bestand ist bezahlbar und bleibt bezahlbar“, sagte Deutsche-Wohnen-Chef Zahn dem „Spiegel“.

Kritik vom Deutschen Mieterbund

Kritik kam prompt vom Deutschen Mieterbund (DMB).  Das seien „Zusagen, die zwar gut klingen, sich aber bei näherem Hinsehen zum Teil als Selbstverständlichkeiten entpuppen, die den Unternehmen wenig abverlangen. Wir können uns des Eindrucks nicht erwehren, dass beide Unternehmen aufgrund der zuletzt sehr starken Mieter:innenproteste gegen ihre Geschäftspraktiken die verbale Flucht nach vorne antreten“, sagte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten.

Die beiden Unternehmen erwirtschaften laut DMB „ihre enormen Gewinne nicht durch Mieterhöhungen im Bestand, sondern durch Mieterhöhungen im hochpreisigen Neuvertragsmietensegment“. Wohnungen würden umfassend saniert und danach an zahlungskräftige Kundschaft vermietet, da so die Mietpreisbremse nicht gelte. „Ein Geschäftsmodell, das beide Unternehmen sogar in den DAX geführt hat. Zur Eindämmung dieser Praktiken und zur sozialen Verantwortung auch bei den Wiedervermietungsmieten kommt aber leider kein Wort von Vonovia“, so Siebenkotten.

Wohnungsmarktexperte: „Eine richtige Marktmacht sehe ich nicht“

Der Wohnungsmarktexperte Reiner Braun, Diplom-Volkswirt und Vorstandsvorsitzender des Forschungsinstituts Empirica, sagte im Gespräch mit Business Insider, es sei schwierig, schon jetzt die konkreten Folgen für den Wohnungsmarkt in Berlin abzusehen. Er glaubt, es werde sich „nicht so viel ändern“, da Vonovia und Deutsche Wohnen im Vergleich zur Masse an privaten und mittelgroßen Vermietern in Berlin immer noch kleine Player sind. „Eine richtige Marktmacht sehe ich nicht“, sagte Braun.

Für die Mieterinnen und Mieter könnte der Zusammenschluss Vor- und Nachteile haben. „Theoretisch muss es zu Effizienzsteigerungen kommen und damit niedrigere Nebenkosten“, sagte Braun. Ob diese allerdings auch an die Mieter weitergegeben werden, sei die Frage. Ein Nachteil sei die wachsende Anonymität bei einem größeren Vermieter. Er fasst zusammen: „Wenn es in der Vergangenheit Probleme mit der Vonovia gab, dann werden die in Zukunft nicht kleiner. Wenn es Vorteile gab, dann werden sie in Zukunft eher größer.“

Ob von den Mietern in Zukunft höhere (Nettokalt-)Mieten verlangt werden, sei vom Zusammenschluss unberührt: "Das hängt vielmehr davon ab, ob in Berlin jetzt endlich und dauerhaft ausreichend viele Wohnungen neu gebaut werden“, sagte Braun.

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Auftragsboom im Maschinenbau

 

Die Nachfrage nach Maschinen aus Deutschland boomt rund ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie. Bei den Unternehmen gingen im April satte 72 Prozent mehr Bestellungen ein als im schwachen Vorjahresmonat, teilt der Branchenverband VDMA in Frankfurt mit.

Ein ähnlich starker Zuwachs liegt Jahrzehnte zurück. «Im Jahr 1981 hatten wir ein Plus von 100 Prozent, seitdem nie wieder so hohe Werte», sagte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers.

Vor einem Jahr lag alles pandemiebedingt darnieder

Eine Rolle spielte in diesem April allerdings auch der Basiseffekt, denn vor einem Jahr «lag wirkliches alles pandemiebedingt darnieder», erläuterte Wiechers. Das habe die exportorientierte deutsche Schlüsselindustrie beim Auftragseingang zu spüren bekommen. Die Bestellungen waren im April 2020 um 31 Prozent eingebrochen. Die Branche profitiere aktuell aber auch von dem Konjunkturaufschwung, der an Stärke gewinne, berichtete der Chefvolkswirt.

Die Bestellungen aus dem Inland legten im April um 60 Prozent zu, aus dem Ausland gingen 78 Prozent mehr Orders ein. Dennoch ist das Bild nicht ungetrübt. «Sorgen bereiten uns die aktuell sehr angespannten Lieferketten», sagte Wiechers. «Knapp ist letztlich alles, ob nun Stahl, Elektrikkomponenten oder sogar Lacke und Verpackungsmaterial.» Hinzu komme nach und nach ein Fachkräftemangel. Probleme bei der Versorgung mit Materialien und Teilen belasten derzeit die Industrie weltweit.

Branche schaut optimistisch in die Zukunft

Im weniger schwankungsanfälligen Drei-Monats-Zeitraum Februar bis April legten die Bestellungen im Vergleich zum Vorjahr um 34 Prozent zu. Im Corona-Jahr 2020 hatte die deutschen Maschinenbauer den heftigsten Auftragsrückgang seit der Finanzkrise verzeichnet.

Die Branche geht davon aus, im laufenden Jahr den massiven Corona-Rückschlag zumindest teilweise wieder aufzuholen. Der VDMA rechnete zuletzt mit einem preisbereinigten Wachstum der Produktion von 7 Prozent, nach einem Einbruch von rund 12 Prozent im Jahr 2020.

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Bosch eröffnet Fabrik – Sachsen als Halbleiter-Standort im Aufwind

 

Am Montag eröffnet Bosch seine neue Halbleiterfabrik in Dresden. Mitte des nächsten Jahres sollen die ersten Chips verkauft werden.

Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) sieht Sachsen als Mikroelektronikstandort weiter im Aufwind. Die weltweite Nachfrage nach Chips sei sehr hoch und wachse weiter, so der Minister am Sonntag. Mit der Eröffnung der neuen Halbleiterfabrik von Bosch am Montag (7. Juni) komme nun ein „neuer wichtiger Player“ hinzu. Dulig verwies auf Globalfoundries, Infineon und X-Fab mit ihren großen Chipwerken, aber auch zahlreiche kleine und mittelständische Technologieunternehmen, die das „Silicon Saxony“ ausmachten. Mit Blick auf die Konkurrenz aus den USA und Ostasien müsse Europa digitale Souveränität erreichen. „Sachsen als europäisches Zentrum der Mikroelektronik kann hier einen wichtigen Beitrag leisten“, so Dulig.

Laut Branchenverband Silicon Saxony gibt es in Sachsen derzeit rund 2.500 Unternehmen mit mehr als 70.000 Beschäftigten in der Branche. Allein in den vergangenen drei Jahren sind demnach knapp 5.000 Beschäftigte hinzugekommen – nicht nur in der Mikroelektronik, sondern auch im Bereich Software.

Beihilfe-Programm IPCEI soll fortgesetzt werden

Unterdessen hat sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) für eine Fortführung des europäischen Beihilfe-Programms IPCEI (Important Project of Common European Interest) ausgesprochen. Mit seiner Hilfe habe in den vergangenen Jahren ein Wachstumsschub in der Mikroelektronik ausgelöst werden können, sagte Kretschmer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Eröffnung des neuen Bosch-Werks in Dresden sei einer der sichtbarsten Erfolge des Programms. Vor dem Hintergrund, dass die Fortführung auf europäischer Ebene neu verhandelt werden muss, sei eine schnelle Einigung auf ein zweites IPCEI für die Mikroelektronik dringend nötig, so Kretschmer.

Am Montag eröffnet Bosch seine neue Halbleiterfabrik in Dresden und will künftig auf 300-Millimeter-Wafern Chips für das Internet der Dinge und die Automobilindustrie fertigen. Mitte des nächsten Jahres sollen die ersten Chips verkauft werden.

Der Branchenverband Silicon Saxony sieht darin auch eine Signalwirkung für andere Unternehmen: So hatte jüngst der Telekommunikationskonzern Vodafone angekündigt, in Dresden ein Mobilfunk-Entwicklungszentrum zu errichten. Die sächsische Landeshauptstadt konnte sich gegen mehrere europäische Mitbewerber durchsetzen. Auch Jenoptik will im nächsten Jahr mit dem Bau einer Fabrik für Optiken und Sensoren am Standort beginnen, Anfang 2025 soll die Produktion starten. „Das Zusammenspiel zahlreicher Unternehmen, Institute und Startups macht Dresden zu einem der führenden Hochtechnologiestandorte Europas“, sagte Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) am Sonntag

 

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Bundesbank erwartet kräftigen Aufschwung

 

Die Bundesbank sieht Deutschland am Beginn eines starken Aufschwungs. «Die deutsche Wirtschaft überwindet die pandemiebedingte Krise», prognostizierte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am Freitag. «Schon in diesem Sommer könnte die Wirtschaftsleistung wieder das Vorkrisenniveau erreichen.»

3,7 Prozent Wirtschaftswachstum sagt die Notenbank nun für das laufende Jahr voraus. Im Dezember waren die Bundesbank-Ökonomen mit 3,0 Prozent noch nicht ganz so optimistisch. Inzwischen gehe die Bundesbank davon aus, dass durch das Fortschreiten der Impfungen die Corona-Pandemie «rasch und nachhaltig zurückgedrängt» werden könne und deswegen Einschränkungen für Wirtschaft und Bevölkerung «zügig gelockert» würden, erläuterte Weidmann.

Vor allem der private Konsum dürfte dann nach einhelliger Ansicht vieler Volkswirte anziehen. Zudem mehrten sich angesichts der Erholung des Welthandels zuletzt in der exportorientierten deutschen Industrie die positiven Einschätzungen. Wichtige Branchen wie Maschinenbau, Chemie und Pharma sowie Elektro schraubten jüngst ihre Prognosen für das laufende Jahr nach oben - und das obwohl Lieferengpässe etlichen Herstellern gerade das Geschäft erschweren.

Der Aufschwung im laufenden Jahr wird nach Einschätzung vieler Ökonomen kein Strohfeuer bleiben. Für 2022 ist auch die Bundesbank noch deutlich zuversichtlicher als vor sechs Monaten: Statt 4,5 Prozent Wachstum trauen die Ökonomen der Notenbank Europas größer Volkswirtschaft im nächsten Jahr nun ein Plus von 5,2 Prozent zu. Im Jahr 2023 schwächt sich der Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) demnach ab, beträgt aber immer noch 1,7 Prozent.

Im vergangenen Jahr hatte die Corona-Pandemie die deutsche Wirtschaft in die tiefste Rezession seit der globalen Finanzkrise 2009 gerissen. Das Bruttoinlandsprodukt brach 2020 nach neuester Berechnung des Statistischen Bundesamtes um 4,8 Prozent ein. Auch der Start ins neue Jahr war holprig, weil neue Einschränkungen im Zuge der Bekämpfung des Coronavirus unter anderem Gastgewerbe und Teile des Handels ausbremsten. Im ersten Quartal 2021 schrumpfte das BIP zum Vorquartal um 1,8 Prozent.

Etliche Volkswirte gehen davon aus, dass sich die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr zunehmend erholen wird - auch dank weiterhin fließender staatlicher Hilfsmilliarden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erwartet nach jüngsten Angaben in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von bis zu vier Prozent hierzulande. Deutschland habe die Rezession besser überstanden als von vielen erwartet, bilanzierte Altmaier.

Die Verbraucher hierzulande müssen sich allerdings auch auf eine deutlich anziehende Teuerung einstellen. Vorübergehend seien Inflationsraten um vier Prozent möglich, bekräftigte Bundesbank-Präsident Weidmann frühere Aussagen der Notenbank. Zwei Sonderfaktoren treiben die Teuerung: Die in der Corona-Krise für ein halbes Jahr gesenkte Mehrwertsteuer ist seit Januar wieder auf ihrem alten Niveau. Zudem ist seit Anfang 2021 eine Abgabe von 25 Euro je Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid (CO2) fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht. Diese Sondereffekte werden nach Einschätzung der Bundesbank-Fachleute im kommenden Jahr auslaufen, sie rechnen dann mit Inflationsraten von 1,8 Prozent

 

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Der Daimler-Konzern macht seit Anfang vergangenen Jahres Tempo und trifft wegweisende Entscheidungen schnell. Nach dem Beschluss, Daimler in zwei zu teilen, das gesamte Autoportfolio zu elektrifizieren, folgt nun der nächste große Schritt. In den Vorstandsetagen in Stuttgart-Untertürkheim hat man beschlossen, die Investitionen in das autonome Fahren zu drosseln, das Thema ist bis auf Weiteres keine Top-Priorität mehr im Konzern. Das erfuhr Business Insider aus Unternehmenskreisen.

Stattdessen konzentrieren sich die Daimler-Spitze um CEO Ola Källenius voll auf die Bereiche Elektrifizierung und Software. „Wir wirtschaften mit begrenzten Mitteln, da müssen wir schlicht Prioritäten setzen“, so ein Top-Manager zu Business Insider.

Die Neujustierung sollte bei den Stuttgartern allerdings keinesfalls als Eingeständnis des eigenen Scheiterns aufgefasst werden. Im Gegenteil: Mercedes hat derzeit die Nase vor der Konkurrenz in Sachen autonomes Fahren. Die S-Klasse wird ab diesem Herbst ihre Level-3–Fähigkeit unter Beweis stellen können – ab dann ist diese von Gesetzes wegen nämlich freigegeben. Die Luxuslimousine und ihr elektrisches Pendant EQS sind sogar beim Parken Level 4 fähig und können ohne Fahrer in Parkhäusern manövrieren oder in die häusliche Garage rein- und wieder rausfahren. So jedenfalls die Unternehmensangaben.

Warum also die Abkehr?

Zum einen ist da die besagte Problematik der begrenzten Mittel – die bei einem Konzern wie Daimler bei Investitionen in hoher zweistelliger Milliardenhöhe liegt. Auf Anfrage von Business Insider teilte ein Sprecher des Unternehmens mit, dass man von 2021 bis 2025 70 Milliarden Euro in Elektrifizierung und Digitalisierung investieren will. Die Elektrifizierung aller Automodelle, einschließlich der AMG-Sparte, ist eine große und teure Aufgabe – auch die Weiterentwicklung der Fahrzeugsoftware.

Der zweite Aspekt ist aber genauso wichtig: Die Entwicklung des autonomen Fahrens ist teuer, rechnet sich bisher aber nicht. Außerdem stellen sich ungewisse Fragen: Wie reagieren die Kunden auf die Technologie? Vertrauen sie ihr schnell? Wie geht es voran mit der Regulierung? Wann werden die nächsten Runden im autonomen Fahren von der Bundesregierung freigegeben? Im Spätsommer ist Bundestagswahl, das Verkehrsministerium könnte einen neuen Chef bekommen – mit ungewissen Prioritäten.

Schmallippig bei der genauen Investitionssumme

Auf Anfrage von Business Insider sagt ein Sprecher des Konzerns, dass das automatisierte Fahren „eine Schlüsseltechnologie für den gesamten Daimler-Konzern bleibt, sowohl für den PKW, als auch für den Nutzfahrzeug-Bereich“. Und der Sprecher betont die Fortschritte des Konzerns in dem Bereich. Er führt aus, dass das autonome Fahren auch Mittel aus dem 70 Milliarden Euro großen Investitionstopf erhalten werde. Der Sprecher zeigt sich dann aber doch wieder auffällig schmallippig, wenn es darum geht, wie hoch denn der Anteil für das automatisierte Fahren ausfallen wird. Ein klares Bekenntnis zum autonomen Fahren als wichtigstes Geschäftsfeld der Zukunft sieht anders aus.

Die Konkurrenz verfolgt eine dezidiert andere Strategie. In den Vorstandsetagen in Wolfsburg sieht man das autonome Fahren als die Top-Priorität für Volkswagen an, erfuhr Business Insider aus Unternehmenskreisen. Die Manager argumentieren, dass der hohe Börsenwert vom US-Konkurrenten Tesla eng mit dessen Fähigkeiten und Fortschritten beim automatisierten Fahren zusammenhänge. Besonders die Kapitalmärkte goutieren Investitionen in diesen Bereich.

Daimler wiederum hat sich eine Mammutaufgabe andere gestellt: Der Konzern will noch deutlich vor 2039 klimaneutral werden. Die schnelle Elektrifizierung der Modelle ist dafür elementar, die Priorisierung erscheint vor dem Hintergrund pragmatisch. Außerdem betonen die Stuttgarter zurecht, dass sie beim automatisierten Fahren vorne sind. Weiter als Volkswagen, BMW und wohl auch Tesla. Die Betonung liegt hier auf dem Wort „noch“.

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Besonders Volkswagen legt zu: Automarkt in der EU erholt sich weiter von Corona-Einbruch

Ein Jahr nach dem Corona-Einbruch erholt sich der Automarkt in der EU weiter deutlich. Die Zahl der Neuzulassungen bei Personenkraftwagen ist im Mai im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte gestiegen, wie der europäische Herstellerverband Acea am Donnerstag in Brüssel mitteilte. Insgesamt wurden damit fast 900.000 Autos registriert. Damit liegt die Zahl aber immer noch deutlich unter dem Vorkrisen-Niveau: Im Mai 2019 wurden in der EU mehr als 1,2 Millionen Autos zugelassen.

Besonders deutlich war der Anstieg im Mai in Spanien, gefolgt von Frankreich, Italien und Deutschland. Mit Blick auf den bisherigen Jahresverlauf war die Zahl der Neuzulassungen zu Beginn des Jahres noch rückläufig, ab März ging es dann steil bergauf. Insgesamt wurden auf den Straßen der EU damit in den ersten fünf Monaten des Jahres knapp ein Drittel mehr neue Autos zugelassen als noch vor einem Jahr.

Bei den Herstellern legten die Neuzulassungen von Volkswagen im Mai besonders rasant um knapp 73 Prozent auf gut 251.000 zu.

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Toniebox-Hersteller will über einen Spac an die Börse

 

Die Arbeit in der Digitalszene.

Die Top-Themen:

Der Düsseldorfer Spielzeughersteller Boxine will mit einem Spac an die Frankfurter Börse gehen. Der Hersteller des Tonie-Audiosystems für Kinder verhandelt derzeit über einen möglichen Zusammenschluss mit 468 Spac, hinter dem etwa Ex-Rocket Alexander Kudlich steckt. Damit würde eine Marktkapitalisierung von rund einer Milliarde Euro angestrebt.

Die Fusion von 468 Spac mit einem Zielunternehmen ist die dritte derartige Transaktion in Deutschland nach dem Deal des deutschen Flugtaxi-Startups Lilium mit Qell im März und der Fusion von Signa Sports United mit Yucaipa vorige Woche. Seit 2016 stellt Boxine die Toniebox, ein würfelförmiges Tonabspielgerät, her. Das derzeitige Angebot der rund 300 Tonies beinhaltet Hörbücher und Musik, und umfasst Lizenzen für „Frozen“, „Peppa Pig“ und „Paw Patrol“.

Auf Gründerszene lest ihr heute: Kommt bald der Taxfix-Börsengang? Gründer Mathis Büchi machte im Gespräch mit Gründerszene zumindest ein paar Andeutungen, die als Indizien für einen bevorstehenden IPO gelesen werden können. Laut des Taxfix-CEO holt die App jede Woche durchschnittlich 20 Millionen Euro Steuergelder für seine Nutzerinnen und Nutzer zurück.

Und hier die weiteren Schlagzeilen der Nacht:

Mynaric, ein bayerisches Weltraum-Startup, hat mit der Serienproduktion begonnen und peilt laut „Handelsblatt“ angeblich eine Notierung an der Nasdaq an. Gestern eröffnete das Unternehmen aus Oberpfaffenhofen bei München seine erste Serienproduktionsanlage für seine Datenübertragungsgeräte via Laser, mit denen Daten im Weltall zwischen Satelliten übertragen werden. Seine Kunden sucht das Startup hauptsächlich in den USA.

Bytedance hat seinen Umsatz im letzten Jahr um 111 Prozent auf 34,4 Milliarden US-Dollar gesteigert. Das schnelle Wachstum unterstreicht die Aufregung um den Tiktok-Besitzer, dessen Bewertung angeblich bei über 100 Milliarden Dollar liegt. Der Bruttogewinn stieg um 93 Prozent auf 19 Milliarden Dollar. Bytedance hatte bis Ende 2020 1,9 Milliarden aktive Nutzer pro Monat auf all seinen Plattformen.

Ein Waymo-Fahrer ist in San Francisco mit einem Motorroller zusammengestoßen. Schwere Verletzungen wurden nicht gemeldet. Der Hersteller für autonome Fahrzeuge sagte, eine Person habe das Auto zu diesem Zeitpunkt im „manuellen Modus“ gefahren. Der Vorfall ereignete sich Stunden, nachdem Waymo bekannt gegeben hatte, dass es eine neue Kapitalrunde in Höhe von 2,5 Milliarden US-Dollar aufgebracht hatte. Der Unfall zeigt die Risiken und Herausforderungen, wenn Fahrzeugbetreiber versuchen, ihren Betrieb in Großstädten auszuweiten, in denen Fußgänger, Radfahrer und viel Verkehr chaotische Bedingungen schaffen.

23andme, der Pionier im Geschäft mit personalisierten Gentest-Kits, ist am Donnerstag durch eine Fusion mit einem Richard Branson Spac, an die Börse gegangen. Die Notierung brachte dem Unternehmen fast 600 Millionen US-Dollar ein, damit wird es mit 3,5 Milliarden Dollar bewertet. Die 23andme-Aktie stieg an der Nasdaq an ihrem ersten Handelstag um 21 Prozent. 23andme wurde von Anne Wojcicki – der ehemaligen Ehefrau des Google-Gründers Sergey Brin – vor 15 Jahren gegründet. Seine Testkits ermöglichen es Menschen, ihre genetischen Profile zu erfahren.

InvestitionenAnduril, ein Tech-Startup für Verteidigung, hat 450 Millionen US-Dollar gesammelt. Damit steigt die Bewertung des von Palmer Luckey gegründeten KI-Unternehmens auf 4,6 Milliarden Dollar. Die neue Series-D-Runde wurde von Angel Investor und Serial Entrepreneur Elad Gil geleitet. Anduril startete 2017, wuchs schnell und schloss während der Trump-Administration Verträge mit Zoll- und Grenzschutz ab. Gopuff, ein Liefer-Startup, kauft das Softwareunternehmen Rideos, das von Sequoia Capital und Siemens unterstützt wird. Gopuff zahlt laut einem Bericht von „Bloomberg“ 115 Millionen Dollar in bar und in Aktien. Rideos wurde in seiner letzten Finanzierungsrunde mit 180 Millionen Dollar bewertet. Keeptruckin, ein Hardware- und Softwareentwickler, der Lkw-Flotten bei der Verwaltung von Fahrzeug-, Fracht- und Fahrersicherheit unterstützt, hat 190 Millionen Dollar in einer Finanzierungsrunde gesammelt. Damit kommt das Unternehmen auf eine Bewertung von zwei Milliarden Dollar. Zu den Geldgebern gehören G2 Venture Partners, Greenoaks Capital und Index Ventures.

 

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Industrie fordert Richtungsentscheidungen beim Klimaschutz

 

Die deutsche Industrie hat die Politik aufgefordert, die Rahmenbedingungen für mehr Klimaschutz in den Unternehmen deutlich zu verbessern.

Dringend notwendige Richtungsentscheidungen seien bisher ausgeblieben, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Dienstag beim Tag der Industrie in Berlin. «Es reicht nicht, Klimaneutralität per Gesetz vorzuschreiben.»

Der Staat müsse schneller werden, zum Beispiel beim Ausbau der Infrastruktur. Derzeit dauern Planungs- und Genehmigungsverfahren oft viele Jahre. In der öffentlichen Verwaltung gebe es «haarsträubende» Defizite bei der Digitalisierung, sagte Russwurm. Grundlegende Standortschwächen müssten beseitigt werden. Bereits heute würden in Unternehmen Entscheidungen über Produktionsanlagen 2045 getroffen - bis dahin soll Deutschland nach den Plänen der Bundesregierung klimaneutral produzieren. Russwurm forderte außerdem mehr öffentliche Investitionen. «Deutschland ist hier unter den Schlusslichtern in Europa.»

Die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland bewertet der BDI optimistischer. Er rechnet nun damit, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 3,5 Prozent zulegt. Bisher war man von einem Plus von 3,0 Prozent ausgegangen. Der BDI erwartet eine Belebung der Binnenkonjunktur aufgrund von Nachholeffekten im privaten Konsum sowie ein stärkeres Auslandsgeschäft, getrieben von Asien und den USA. Lieferengpässe und Rohstoffknappheiten gefährdeten die wirtschaftliche Erholung aber. Risiko Nummer eins bleibe allerdings die weitere Entwicklung in der Pandemie. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaftsleistung in Deutschland eingebrochen.

Am Dienstag werden beim Tag der Industrie unter anderem Reden von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie der Kanzlerkandidaten von CDU, SPD und Grünen erwartet - Finanzminister Olaf Scholz, CDU-Chef Armin Laschet und Grünen-Chefin Annalena Baerbock.

 

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Handel, Gastgewerbe, Freiberufler: So viele Pleiten wie seit Jahren nicht

 

 

Gut 65 000 Privatleute und Firmen haben bundesweit im ersten Halbjahr Insolvenz angemeldet. Die Corona-Krise und Reformen des Insolvenzrechts haben dies verursacht.

So viele Pleiten wie seit Jahren nicht

Die Corona-Krise hat vielen Selbständigen und Betrieben vor Augen geführt, wie nahe der wirtschaftliche Abgrund liegen kann: dem Kneipier, der monatelang keine Gäste bewirten durfte. Der Boutique, die entweder gar nicht oder nur mit Einzelterminen öffnen durfte. Oder der Künstlerin, die nirgendwo auftreten konnte. Viele Unternehmer hangelten sich mit staatlicher Hilfe von Shutdown zu Shutdown - oder lösten private Ersparnisse auf, um ihr Geschäft zu retten. Doch zuweilen bleibt nur der schmerzliche Gang zum Insolvenzgericht.

In der ersten Hälfte dieses Jahres werden gut 65 000 Privatleute und Firmen in Deutschland Insolvenz angemeldet haben, schätzt die Auskunftei Creditreform anhand ihrer Datenbank. Es wäre der höchste Wert seit sieben Jahren - allerdings nicht nur infolge der Pandemie. Ganz maßgeblich sei auch, wie der Staat das Insolvenzrecht zuletzt umgekrempelt hat.

Beispielsweise hatte der Bund die Pflicht zum Insolvenzantrag für überschuldete Unternehmen einige Monate lang ausgesetzt, um eine Pleitewelle zu verhindern. Zudem unterstützt der Staat krisengeplagte Branchen mit vielen Milliarden, in manche Konzerne ist er gar als Aktionär eingestiegen. All das zeigt sich durchaus in der Statistik: Creditreform zählt im ersten Halbjahr 2021 etwas weniger Firmenpleiten als im Vorjahreszeitraum.

Vor allem Einzelunternehmen und Freiberufler sind betroffen

Dennoch macht sich die Krise bemerkbar: Vor allem Einzelunternehmen und Freiberufler haben in den vergangenen Monaten Insolvenz angemeldet, heißt es in der Untersuchung. Und die Mehrheit dieser Betriebe sei schon zehn Jahre oder länger im Markt gewesen, mithin durchaus altgestanden. Man denke etwa an die Adler-Modemärkte mit mehr als 3000 Beschäftigten, die Anfang des Jahres Überschuldung meldeten. An die Deutsche Confiserie Holding mit Marken wie Arko, Eilles oder Hussel mit etwa 300 Süßwarenläden, die Insolvenz in Eigenregie beantragten. Oder gar an die Profiabteilung des KFC Uerdingen 05 aus der dritten Fußball-Liga, dessen finanzielle Rettung scheiterte.

So meldeten vor allem der Handel, das Gast- und das Dienstleistungsgewerbe in diesem Jahr mehr Pleiten - Branchen, die schon vor der Pandemie mit geringen Gewinnspannen oder gar Verlusten zu kämpfen hatten. Im Gegensatz dazu hätten in der Industrie und im Bau im ersten Halbjahr weniger Betriebe Insolvenz angemeldet, so Creditreform.

Und keine Frage: Wenn Firmen pleitegehen, dann sorgen sich die Beschäftigten in aller Regel zu Recht um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze. Etwa 90 000 Mitarbeiter waren in der ersten Hälfte dieses Jahres von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen, meldet die Auskunftei. Zudem müssen Gläubiger meistens viel Geld abschreiben, wenn Unternehmen pleitegehen. So sei Geldgebern im ersten Halbjahr hierzulande ein Schaden von etwa zwölf Milliarden Euro entstanden.

Creditreform verzeichnet bei Privatleuten einen "Run auf die Amtsgerichte"

Während der Staat also zumindest eine Welle riesiger Firmeninsolvenzen abgewendet hat, verzeichnet Creditreform unter Privatleuten neuerdings einen "Run auf die Amtsgerichte": Etwa 46 000 Menschen in Deutschland werden in der ersten Hälfte dieses Jahres ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt haben, meldet die Auskunftei, so viele wie im gesamten Jahr 2020. Dies habe freilich weniger mit der Pandemie zu tun als vielmehr mit einer Reform des Insolvenzrechts, die der Bundestag Ende 2020 beschlossen hat. Seither können sich "ehrliche, zuverlässige, pflichtbewusste Schuldner" bereits nach drei Jahren von ihren Restschulden befreien lassen, wie das Bundesjustizministerium erklärt; bislang hatte die Frist bei sechs Jahren gelegen. Das Haus von SPD-Politikerin Christine Lambrecht verweist darauf, wie viele Menschen ohne eigene Verantwortung in eine Überschuldung geraten seien, etwa infolge einer Scheidung, Krankheit oder Arbeitslosigkeit.

In der Folge hätten viele Privatleute voriges Jahr noch mit einem Insolvenzantrag gewartet, berichtet Creditreform, da die Reform bereits im Gange war. "Aktuell löst sich dieser Stau", heißt es in der Untersuchung, "und die Zahl der Verbraucherinsolvenzen steigt zeitweise stark."

Insgesamt blickt die Auskunftei mit gemischten Gefühlen in die Zukunft. Einerseits melden die Gesundheitsämter seit einigen Wochen deutlich weniger Corona-Neuinfektionen in Deutschland, die Impfkampagne schreitet voran. Der Staat hat viele Einschränkungen gelockert, mehrere Wirtschaftszweige können sich allmählich von der Krise erholen. Andererseits haben die Shutdowns nun einmal große Lücken aufgerissen. "Zu erwarten ist damit eine Häufung von Gewerbeabmeldungen und Insolvenzen", prognostiziert Creditreform. Die weitere Entwicklung der Pleitezahlen dürfte daher nur eine Richtung kennen, so die Autoren: "nach oben".

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Ifo-Geschäftsklima steigt kräftig

 

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juni erneut deutlich verbessert. Der Index für das Geschäftsklima stieg um 2,6 Punkte auf 101,8 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Donnerstag bekanntgab.

Dies ist der höchste Stand seit November 2018. An der monatlichen Umfrage für das Geschäftsklima haben rund 9000 Unternehmen teilgenommen.

Analysten hatten mit einem schwächeren Zuwachs auf 100,7 Punkte gerechnet. Sowohl die Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen als auch die Beurteilung der aktuellen Lage hellten sich deutlich auf. «Die deutsche Wirtschaft schüttelt die Coronakrise ab», kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Vor allem im Bereich Dienstleistungen machte der Geschäftsklimaindex einen deutlichen Sprung nach oben. Wie das Ifo-Institut mitteilte, hätten die Logistikbranche und die IT-Dienstleister von «sehr gut laufenden Geschäften berichtet».

Auch im verarbeitenden Gewerbe hat sich das Geschäftsklima weiter aufgehellt. Der entsprechende Unterindex erreichte den höchsten Wert seit April 2018. Allerdings fielen hier die Erwartungen etwas weniger optimistisch aus. «Sorgen bereiten vielen Unternehmen die zunehmenden Engpässe bei Vorprodukten», hieß es seitens des Ifo.

Nach Einschätzung des Analysten Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg ist der erneute Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas mit den Lockerungen der Corona-Maßnahmen und den sinkenden Infektionszahlen zu erklären, die dem Einzelhandel zugutekommen.

«Die Konjunktur startet jetzt durch», kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP-Bank. Im zweiten und dritten Quartal sei mit hohen Wachstumsraten zu rechnen. Auch wenn viele Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe derzeit über Materialengpässe klagen, sieht Experte Gitzel hier keine ernste Gefahr für den Aufschwung. «Die Knappheit an Materialien scheint die deutschen Industrie nicht besonders in Mitleidenschaft zu ziehen», sagte Gitzel.

Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, sieht in der Materialknappheit hingegen eine Bremse für den Aufschwung. «Wegen eines Mangels an Vorprodukten dürften die Unternehmen die boomende Nachfrage bis weit in das zweite Halbjahr hinein nicht in eine steigende Produktion ummünzen können», kommentierte Krämer.