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Die Ampel-Misere ist für den Mittelstand die eine Krise zu viel

Die „Hidden Champions“ im Mittelstand sind der letzte verbliebene Standortvorteil der Bundesrepublik. Doch statt sie mit Bürokratieabbau oder einer realistischen Klimapolitik zu unterstützen, verteilt die Ampel lieber Milliardengeschenke an Großkonzerne. Das droht, das Rückgrat von Wirtschaft und Wohlstand zu brechen.

Der Ampel mangelt es an Einsicht, dass jetzt klassische Standortpolitik erforderlich sei, schreibt WELT-Chefökonomin Dorothea Siems Christoph Soeder/dpa; Claudius Pflug

Der Ampel mangelt es an Einsicht, dass jetzt klassische Standortpolitik erforderlich sei, schreibt WELT-Chefökonomin Dorothea Siems Christoph Soeder/dpa; Claudius Pflug© Bereitgestellt von WELT

Die Ampel-Regierung gibt ein trauriges Bild ab. Seit Wochen ringen SPD, Grüne und FDP mit dem vergleichsweise kleinen Problem, in dem 470 Milliarden Euro umfassenden Etat für das kommende Jahr ein Loch von 17 Milliarden Euro zu schließen.

Auch wenn am Ende irgendein Kompromiss gefunden wird, zeigt das Gezerre: Die Ampel ist heillos überfordert, die gewaltigen Probleme in der Wirtschaft zu lösen. Um die Wachstumskräfte zu entfesseln, mangelt es dieser Regierung nicht an Steuereinnahmen oder neuen, kreativen Möglichkeiten des Schuldenmachens, wie SPD und Grüne propagieren.

Es fehlt vielmehr die Einsicht, dass jetzt dringend eine klassische Standortpolitik erforderlich wäre: vor allem eine Entlastung der Unternehmen von Bürokratie, Steuern und Abgaben sowie eine realistischere Klimapolitik. Also ein Neuanfang – und das mit „Wumms“, wie der Bundeskanzler sagen würde.

Wirtschaftsminister Robert Habeck marschiert derweil auf dem eingeschlagenen Kurs weiter. Trotz Haushaltsstreits hat der Grüne dem nächsten Stahlkonzern gerade wieder Milliardensubventionen zugesagt. Neben den Anteilseignern können auch die Stahlkocher frohlocken, die in der laufenden Tarifrunde bereits für die Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich streiken.

Viel Manna für Habecks Lieblingsprojekte, wenig bis gar nichts für die große Masse der Betriebe, so lautet weiterhin die wirtschaftspolitische Devise der Koalitionäre. Ihr „Wachstumschancengesetz“, das Wachstum und Innovation in der gesamten Wirtschaft fördern soll, wurde derweil schon auf eine symbolische Größenordnung gestutzt.

Wer verhindern will, dass die Deindustrialisierung Deutschlands weiter Tempo aufnimmt, muss rasch umsteuern. Die Energiepreise werden dauerhaft erheblich höher sein als in den meisten anderen Ländern.

Deshalb liegt die Zukunft für die deutsche Wirtschaft auch nicht in der energieintensiven Industrie. Es sind vielmehr die restlichen 85 Prozent des verarbeitenden Gewerbes, auf die es ankommt und die zusammen weitaus weniger Energie benötigen als die wenigen Stahl- und Grundstoffhersteller.

Der agile Mittelstand – Deutschlands vielleicht letzter Standortvorteil

Der Top-Ökonom Clemens Fuest appelliert in seiner diesjährigen Weihnachtsvorlesung an die Regierung, die Rahmenbedingungen für den unter immer neuen Regulierungen und Kosten ächzenden Mittelstand zu verbessern, statt noch mehr fragwürdige Subventionen auszuschütten.

Kein anderes Land kann so viele „Hidden Champions“ vorweisen: Mittelständler, die oft als Familienunternehmen geführt, in ihrer Nische international als Weltmarktführer unterwegs sind und Milliardenumsätze machen.

Der agile Mittelstand ist vielleicht Deutschlands letzter Standortvorteil. Corona und die Energiekrise haben diesen Unternehmen zugesetzt. Die Ampel-Misere droht für viele von ihnen die eine Krise zu viel sein.

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„2024 wird das Jahr der Ernüchterung“: Bei Ökonomen schwindet die Hoffnung auf eine Erholung der deutschen Wirtschaft

Das Weihnachtsgeschäft läuft verhalten. Die Aussichten für 2024 bleiben trübe.

Das Weihnachtsgeschäft läuft verhalten. Die Aussichten für 2024 bleiben trübe.© Picture Alliance
Das Weihnachtsgeschäft läuft verhalten. Die Aussichten für 2024 bleiben trübe.

Das alte Jahr ist abgehakt, gesamtwirtschaftlich war es ein Jahr zum Vergessen. Deutschlands Wirtschaftsleistung schrumpft. Nun schwindet zusehends auch die Hoffnung, dass 2024 viel besser wird. Reihenweise korrigieren Ökonomen ihre Prognosen nach unten. Als jüngstes Beispiel erwartet das IfW Kiel 2024 nur noch magere 0,9 Prozent Wachstum. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) rechnet sogar mit einem weiteren Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 0,2 Prozent. „Das Jahr der Ernüchterung“, schreibt die Deutsche Bank über ihren Ausblick 2024.

Damit dürfte auch die jüngste Prognose der Bundesregierung schon wieder überholt sein. Sie ging zuletzt von 1,3 Prozent Wachstum im kommenden Jahr aus. Der Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen prognostiziert ein Plus von 0,7 Prozent. Auch das alles kein üppiges Wachstum, und kaum eine spürbare Erholung. Nun wird es aber fraglicher, ob Deutschland es 2024 überhaupt über die Nulllinie schafft.

Dazu trägt auch die Haushaltsführung der Bundesregierung bei. Weil das Verfassungsgericht die hohe Verschuldung über Sondervermögen verworfen hatte, musste die Ampel viele Ausgaben jetzt schnell anpassen. Das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) geht davon aus, dass das Wirtschaftswachstum durch diesen Bremseffekt 2024 und 2025 um jeweils 0,3 Prozentpunkte geringer ausfällt. Wirtschaftsminister Robert Habeck geht sogar von einem Bremseffekt von 0,5 Prozentpunkten aus. Das sieht auch das arbeitgebernahe IW so und legt noch einen drauf: „Im schlimmsten Fall ist sogar ein Rückgang von einem Prozent möglich.“

Prognosen für die Konjunktur 2024 drehen nach unten

Die Kieler Konjunkturforscher rechnen für 2024 jetzt nur noch mit einem Wachstum des BIP von 0,9 Prozent und im Folgejahr von 1,2 Prozent. Sollten die Einsparungen stärker auf die Konjunktur durchschlagen oder stärker ausfallen, wäre auch eine noch schwächere Entwicklung möglich. Eine Rezession sei 2024 unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.

Diese Rezession hält das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft für wahrscheinlich. Das IW sagt einen Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent voraus. Dies ist bisher die pessimistischste Prognose. Es wäre das zweite Jahr mit schrumpfender Wirtschaft in Folge.

Die Prognosen der wichtigsten Institutionen, Banken und Forscher für 2024 findet ihr in der folgenden Tabelle.

Die Ökonomen der Deutsche Bank Research hatten ihre Prognose für 2024 als erste in den roten Bereich gedreht. Sie erwarten, dass das BIP um 0,2 Prozent schrumpft. Dafür führen die Volkswirte eine Reihe von Gründen auf.

  • Das außenwirtschaftliche Umfeld sowie die Geldpolitik der Zentralbanken und die Haushaltspolitik in Deutschland sorgen „für starken Gegenwind“.
  • Die Stimmung dürfte insgesamt gedrückt bleiben, weil auch die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft immer stärker ins Bewusstsein rückten.
  • Einziger Lichtblick könnte der private Konsum sein, weil die Einkommen deutlich steigen, die Inflation aber zurückgeht. Dadurch steigt endlich auch wieder die Kaufkraft. Doch weil vielen Verbrauchern das Vertrauen fehle, dürften sie eher mehr sparen als zu konsumieren.
  • Die Arbeitslosenquote könnte auf sechs Prozent steigen, die Zunahme der Beschäftigung zu Ende gehen.

„Für die grüne Transformation war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein Realitätscheck“, schreiben die Ökonomen der DB Research. „Insgesamt gerät das deutsche Geschäftsmodell unter Druck.“

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China und Deutschland: Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen wäre wohl verkraftbar

Wie wichtig ist China für Deutschland? Das Institut für Weltwirtschaft sagt: Die Bundesrepublik könnte einen Bruch mit der Volksrepublik überstehen – für die andere Seite wäre die Sache schmerzhafter.

China und Deutschland: Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen wäre wohl verkraftbar

China und Deutschland: Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen wäre wohl verkraftbar© Fabrizio Bensch / REUTERS

Ein abrupter Handelsstopp mit China käme die deutsche Wirtschaft einer Studie zufolge teuer zu stehen, wäre aber dennoch mittelfristig verkraftbar. Laut einer am Donnerstag veröffentlichten Simulation des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) würde Deutschlands Wirtschaft bei einer solchen Abkopplung um rund fünf Prozent einbrechen. Ein solcher Schock sei »vergleichbar mit dem nach der Finanzkrise oder der Coronakrise«, erklärte das IfW.

Den Simulationsberechnungen zufolge würde sich der mittel- und langfristige Verlust auf jährlich rund 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einpendeln. Bei einem schrittweisen, behutsamen Zurückfahren der Handelsbeziehungen würden demnach die hohen Anfangskosten vermieden (die vollständige Studie finden Sie hier).

Der seit Sommer amtierende IfW-Präsident Moritz Schularick sagte zu den Ergebnissen, der Handel mit China bringe Wohlstand und sei »kurzfristig praktisch nicht zu ersetzen«. Ein Bruch hätte »hohe Kosten für Deutschland«. Dennoch besitze das Land »gesamtwirtschaftlich genug Widerstandskraft, um selbst solch ein extremes Szenario zu überstehen«.

Höherer Schaden für China?

Die Analyse »Was wäre wenn? Die Auswirkungen einer harten Abkopplung von China auf die deutsche Wirtschaft« simuliert einen Zerfall der Weltwirtschaft in zwei verfeindete Blöcke, die jegliche Handelsbeziehungen gekappt haben: Die G7-Staaten und die EU auf der einen, China und Verbündete wie Russland auf der anderen Seite. Hinzu kommen einige neutrale Länder wie Brasilien, die mit beiden Blöcken Handel treiben.

Den IfW-Forschern zufolge würde ein solches Szenario China allerdings deutlich härter treffen als Deutschland. In allen simulierten Prognosen seien die Kosten für China in Relation zur Wirtschaftskraft höher, »nämlich um rund 60 Prozent«, hieß es.

Methodisch orientieren sich die Berechnungen laut dem Institut an einer viel diskutierten Studie zur Abkoppelung Deutschlands von russischem Gas, auf deren Grundlage einige der Autoren frühzeitig vorausgesagt hatten, Deutschland könne ein Ende russischer Gaslieferungen überstehen.

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