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Zitat von Gast am 29. Juni 2023, 13:20 UhrWirtschaft in Deutschland: Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt rapide
Die Zahl der Firmen, die Insolvenz anmelden, hat im Vorjahresvergleich um 16 Prozent zugenommen. Ein Grund neben Inflation und hohen Energiepreisen: die Wirtschaftshilfen der Vorjahre.
Im ersten Halbjahr 2023 meldeten deutlich mehr Unternehmen Insolvenz an als im Vorjahr. Das berichtet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Demnach wurden 8400 Unternehmensinsolvenzen registriert, was einer Steigerung von 16,2 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 entspricht. Dies ist die höchste prozentuale Zunahme seit 2002.
»Die enormen Kostenbelastungen durch zu hohe Energie- und Materialpreise zeigen Wirkung. Nach Jahren sinkender Insolvenzzahlen hat sich der Trend gedreht«, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Hinzu komme das schlechte Konsumklima: »Die Inflation verunsichert Verbraucher und bremst die Kauflaune deutlich«, so Hantzsch.
Außerdem würden die großzügig verteilten Staatsgelder der Vergangenheit jetzt zum »Bumerang«. Inzwischen seien etwa für viele Corona-Übergangshilfen die Rückzahlungen fällig und machten vielen Betrieben zu schaffen. Diese sowie »teils verschleppte Anpassungen des Geschäftsmodells führen bei dauerhaft steigenden Zinsen in die finanzielle und wirtschaftliche Sackgasse«, erläutert der Experte.
Besonders mittlere und große Unternehmen waren von den Insolvenzen betroffen, während die Zahlen bei Kleinunternehmen weniger stark gestiegen sind. »Globale Krisen wie die Pandemie oder die Energiepreisinflation haben auf größere Unternehmen direktere und unmittelbarere Auswirkungen«, erläutert Hantzsch. Daher gebe es im Mittelstand und bei Großunternehmen mittlerweile mehr Insolvenzfälle als vor Corona. Prominente Großinsolvenzen der letzten Monate waren: Galeria Karstadt Kaufhof, der Mode-Händler Peek & Cloppenburg, der Schuh-Filialist Reno und der Pflegeheimbetreiber Convivo.
Die Insolvenzen haben auch Auswirkungen auf die Beschäftigten, wobei schätzungsweise 125.000 Menschen im ersten Halbjahr 2023 von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen waren. Im Verarbeitenden Gewerbe und im Handel gab es den höchsten Anstieg der Insolvenzen, gefolgt vom Dienstleistungssektor und dem Baugewerbe. Trotz der signifikanten Zunahme handelt es sich eher um eine Normalisierung als um eine »Insolvenzwelle«, so die Einschätzung von Creditreform.
Wirtschaft in Deutschland: Zahl der Unternehmensinsolvenzen steigt rapide
Die Zahl der Firmen, die Insolvenz anmelden, hat im Vorjahresvergleich um 16 Prozent zugenommen. Ein Grund neben Inflation und hohen Energiepreisen: die Wirtschaftshilfen der Vorjahre.
Im ersten Halbjahr 2023 meldeten deutlich mehr Unternehmen Insolvenz an als im Vorjahr. Das berichtet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Demnach wurden 8400 Unternehmensinsolvenzen registriert, was einer Steigerung von 16,2 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 entspricht. Dies ist die höchste prozentuale Zunahme seit 2002.
»Die enormen Kostenbelastungen durch zu hohe Energie- und Materialpreise zeigen Wirkung. Nach Jahren sinkender Insolvenzzahlen hat sich der Trend gedreht«, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Hinzu komme das schlechte Konsumklima: »Die Inflation verunsichert Verbraucher und bremst die Kauflaune deutlich«, so Hantzsch.
Außerdem würden die großzügig verteilten Staatsgelder der Vergangenheit jetzt zum »Bumerang«. Inzwischen seien etwa für viele Corona-Übergangshilfen die Rückzahlungen fällig und machten vielen Betrieben zu schaffen. Diese sowie »teils verschleppte Anpassungen des Geschäftsmodells führen bei dauerhaft steigenden Zinsen in die finanzielle und wirtschaftliche Sackgasse«, erläutert der Experte.
Besonders mittlere und große Unternehmen waren von den Insolvenzen betroffen, während die Zahlen bei Kleinunternehmen weniger stark gestiegen sind. »Globale Krisen wie die Pandemie oder die Energiepreisinflation haben auf größere Unternehmen direktere und unmittelbarere Auswirkungen«, erläutert Hantzsch. Daher gebe es im Mittelstand und bei Großunternehmen mittlerweile mehr Insolvenzfälle als vor Corona. Prominente Großinsolvenzen der letzten Monate waren: Galeria Karstadt Kaufhof, der Mode-Händler Peek & Cloppenburg, der Schuh-Filialist Reno und der Pflegeheimbetreiber Convivo.
Die Insolvenzen haben auch Auswirkungen auf die Beschäftigten, wobei schätzungsweise 125.000 Menschen im ersten Halbjahr 2023 von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen waren. Im Verarbeitenden Gewerbe und im Handel gab es den höchsten Anstieg der Insolvenzen, gefolgt vom Dienstleistungssektor und dem Baugewerbe. Trotz der signifikanten Zunahme handelt es sich eher um eine Normalisierung als um eine »Insolvenzwelle«, so die Einschätzung von Creditreform.
Zitat von Gast am 7. Juli 2023, 05:46 UhrWärmepumpen: Vaillant-Chef enthüllt bittere Wahrheit
Um die Wärmepumpe wird heftig gestritten. Hauptargument der Gegner: die Kosten. Im Vergleich zur klassischen Öl- und Gasheizung ist Anschaffung und Installation einer Wärmepumpe deutlich teurer. Die Hoffnung auf sinkende Preise zerschlägt nun ausgerechnet der Chef von Vaillant.
Zwar wird das Heizungsgesetz doch nicht in dieser Woche verabschiedet, doch aufgeschoben heißt nicht aufgehoben. Im September soll das Gebäudeenergiegesetz (GEG) jetzt zur Abstimmung gebracht werden.
Danach stellt sich für Millionen Menschen in Deutschland die Frage: Wie geht’s weiter mit meiner Heizung? Für Wirtschaftsminister Habeck ist klar, wer beim Heizen zukünftig die Hauptrolle spielt: die Wärmepumpe. Neben günstigeren Betriebskosten verweisen Wärmepumpen-Befürworter auf sinkende Preise in der Zukunft. Genau dieser Hoffnung erteilt Vaillant-Chef Norbert Schiedeck eine Absage.
Vaillant-Chef: Wärmepumpen bleiben teurer als Gasheizungen
„Ihre Anschaffungskosten sind in der Tat höher als die einer Gasheizung“, so Schiedeck im Interview mit der Welt. „Und das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht nennenswert ändern.“
Noch dazu kämen Installation einer Außen- und Inneneinheit mit Wanddurchbrüchen, Fundament-Setzung und Verrohung der hydraulischen Komponenten. „Das ist alles aufwendiger als der einfache Tausch eines alten Gasheizgeräts gegen ein Neues“, erklärt der Vaillant-Chef.
Jüngst hat Vaillant eine Wärmepumpen-Fabrik in Polen eröffnet, in der bis zu 300.000 Wärmepumpen pro Jahr produziert werden können. Konkurrent Bosch investiert ebenso viel Geld in die Wärmepumpen-Produktion und chinesische Hersteller machen sich bereit für den Sprung nach Europa.
Das alles hat die Erwartung geweckt, dass die Preise für Wärmepumpen in Zukunft spürbar fallen. Dass nun ausgerechnet der Vaillant-Chef höchstpersönlich diesen Traum beerdigt, ist ein harter Schlag für die Befürworter der klimafreundlichen Heiz-Alternative.
Wärmepumpe wird mit maximal 21.000 Euro gefördert
Die höheren Anschaffungs- und Installationskosten einer Wärmepumpe will die Ampel-Regierung mit einer staatlichen Förderung auffangen. Die Grenze liegt laut aktuellem Gesetzentwurf bei 21.000 Euro.
Wärmepumpen: Vaillant-Chef enthüllt bittere Wahrheit
Um die Wärmepumpe wird heftig gestritten. Hauptargument der Gegner: die Kosten. Im Vergleich zur klassischen Öl- und Gasheizung ist Anschaffung und Installation einer Wärmepumpe deutlich teurer. Die Hoffnung auf sinkende Preise zerschlägt nun ausgerechnet der Chef von Vaillant.
Zwar wird das Heizungsgesetz doch nicht in dieser Woche verabschiedet, doch aufgeschoben heißt nicht aufgehoben. Im September soll das Gebäudeenergiegesetz (GEG) jetzt zur Abstimmung gebracht werden.
Danach stellt sich für Millionen Menschen in Deutschland die Frage: Wie geht’s weiter mit meiner Heizung? Für Wirtschaftsminister Habeck ist klar, wer beim Heizen zukünftig die Hauptrolle spielt: die Wärmepumpe. Neben günstigeren Betriebskosten verweisen Wärmepumpen-Befürworter auf sinkende Preise in der Zukunft. Genau dieser Hoffnung erteilt Vaillant-Chef Norbert Schiedeck eine Absage.
Vaillant-Chef: Wärmepumpen bleiben teurer als Gasheizungen
„Ihre Anschaffungskosten sind in der Tat höher als die einer Gasheizung“, so Schiedeck im Interview mit der Welt. „Und das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht nennenswert ändern.“
Noch dazu kämen Installation einer Außen- und Inneneinheit mit Wanddurchbrüchen, Fundament-Setzung und Verrohung der hydraulischen Komponenten. „Das ist alles aufwendiger als der einfache Tausch eines alten Gasheizgeräts gegen ein Neues“, erklärt der Vaillant-Chef.
Jüngst hat Vaillant eine Wärmepumpen-Fabrik in Polen eröffnet, in der bis zu 300.000 Wärmepumpen pro Jahr produziert werden können. Konkurrent Bosch investiert ebenso viel Geld in die Wärmepumpen-Produktion und chinesische Hersteller machen sich bereit für den Sprung nach Europa.
Das alles hat die Erwartung geweckt, dass die Preise für Wärmepumpen in Zukunft spürbar fallen. Dass nun ausgerechnet der Vaillant-Chef höchstpersönlich diesen Traum beerdigt, ist ein harter Schlag für die Befürworter der klimafreundlichen Heiz-Alternative.
Wärmepumpe wird mit maximal 21.000 Euro gefördert
Die höheren Anschaffungs- und Installationskosten einer Wärmepumpe will die Ampel-Regierung mit einer staatlichen Förderung auffangen. Die Grenze liegt laut aktuellem Gesetzentwurf bei 21.000 Euro.
Zitat von Gast am 19. Juli 2023, 08:36 UhrWas der Kupferabbau der Lausitz bringt
1.000 Arbeitsplätze und einen dringend benötigten Rohstoff. Doch bis 2035 das erste Erz ans Tageslicht kommt, braucht es viele Genehmigungen – auch der Raumordnungsbehörde Sachsen.
Zwischen Spremberg und Schleife schlummert wertvolles Kupfer. Der Kupferschiefer Lausitz. 2035 möchte ein Unternehmen gleichen Namens, die Kupferschiefer Lausitz GmbH (KSL), das erste Kupfererz aus dem Boden holen. Was das bedeutet, war unlängst im Saal des Sorbischen Kulturzentrums Schleife zu erfahren. Gekommen waren vor allem Bürger aus Spremberg. Dort gab es bereits diverse Informationsveranstaltungen, konnten Bürger während des Raumordnungsverfahrens in Brandenburg Unterlagen einsehen und sich äußern. Dennoch nutzten auch sie die Möglichkeit zum Dialog in Schleife.
Neu ist das Kupfervorkommen in der Lausitz nicht. Bereits Anfang des vorigen Jahrhunderts wusste man davon. Ab 1953 wurde zwischen Spremberg und Weißwasser nach dem Kupferschiefer gesucht, dabei stieß man auf die Erzfelder bei Spremberg, Graustein und Schleife. Weiter verfolgt wurde das Vorhaben in den 1970er und 80er Jahren jedoch nicht – weil die Braunkohle absolute Priorität hatte. Seit der Jahrtausendwende ist das Thema wieder aktuell. Um die Daten aus DDR-Zeiten zu bestätigen, erfolgten 2009 bis 2011 Probebohrungen, auch im Raum Schleife.
Kupfer wichtiger denn je
Heute sei das Thema aktueller denn je, erklärt Blas Urioste, Country Manager der KSL, der deutschen Tochtergesellschaft des Bergbauunternehmens Minera S.A. Kupfer wird in Deutschland auch für Windkrafträder und Millionen E-Autos gebraucht. 2021 wurden 1,1 Millionen Tonnen importiert – zumeist aus Brasilien, Peru und Chile, aber auch aus der Türkei, Portugal und Spanien. „Kupfer ist der Rohstoff der Zukunft“, bekräftigt Urioste. Der Bedarf explodiert geradezu. Die KSL allein werde das Rohstoffproblem für Deutschland nicht lösen können, aber verkleinern, sagt er.
In der Lausitz geht es nur unter Tage. Die Lagerstätte sei 15 Kilometer lang und drei Kilometer breit. Der Schiefer ist im Schnitt zweieinhalb Meter dick, an manchen Stellen sogar bis zu acht Meter. Abgebaut werden soll das Erz in einer Tiefe zwischen 900 und 1.500 Metern. Das macht die Errichtung eines Bergwerks samt Schacht- und Tagesanlagen erforderlich. Dafür wird eine Fläche von 45 Hektar benötigt, was in etwa einer mittelgroßen Industrieanlage entspricht. Wenn das Material zutage gefördert ist, wird das Erz gebrochen, gemahlen und zu einem Kupferkonzentrat verarbeitet. Ob es dann in Polen oder in Hamburg verhüttet wird, das sei nach Aussage von Blas Urioste noch nicht entschieden. Per Bahn soll es dorthin gelangen.
Jedenfalls will die KSL 2035 das erste Kupfererz an die Erdoberfläche holen. Der Geschäftsführer spricht von 1.000 Arbeitsplätzen unmittelbar am Standort des Bergwerks und der Aufbereitungsanlage sowie weiteren indirekten Jobs, ebenfalls in einer Größenordnung, wie sie die Lausitz im Kohleausstieg bräuchte. Baubeginn für das Bergwerk soll 2031 sein. Bis dahin wird die KSL 100 Millionen Euro ausgegeben haben. Wenn vier Jahre später das erste Kupfererz an der Oberfläche ist, werden es nach Unternehmensangaben 1,5 Milliarden Euro sein. Dafür braucht es Geldgeber, die den Fortgang der Dinge akribisch beobachten. „Wir werden also nicht nur von den Behörden intensiv geprüft“, betont Urioste.
Beunruhigt über Reststoffe
Seit dem Frühjahr läuft in Brandenburg das Raumordnungsverfahren. Interessengruppen mit etwa 200 Bürgern in Schwarze Pumpe und Spremberg sind mit den Plänen ganz und gar nicht einverstanden. Etliche lehnen das Vorhaben grundsätzlich ab. „Kupferabbau? Wir sagen Nein!“ war auf roten Aufklebern in Schleife zu lesen. Während der Bürgerbeteiligung in Brandenburg hat auch Roger Paulisch seine Bedenken geäußert. „Ich bin total enttäuscht, dass so wenige Leute hier die ausgestreckte Hand nehmen“, erklärt er beim Infomarkt in Schleife angesichts der überschaubaren Menge Einheimischer. In Nachbarschaft seines Hauses sollen die Tagesanlagen errichtet werden. Ihm graust vor dem Lärmpegel. „Das wäre, als ob rund um die Uhr neben dir ein Rasenmäher läuft“, sagt er. Aber er könne ja, so wendet er sich direkt an Urioste, später sein Haus an einen der führenden KSL-Ingenieure vermieten.
Noch viel mehr beunruhigt Paulisch, dass Reststoffe der Erzaufbereitung auf bis zu 55 Meter hohen Halden an der B 156 zwischengelagert werden sollen. Das mehlähnliche feine Gemisch sei doch gar nicht beherrschbar, findet er und macht sich außerdem Sorgen, dass darunter womöglich „hochgiftige Dinge“ sein könnten. Die Reststoffe sollen in den Tagebau Nochten verpumpt werden, wofür man Wasser braucht. Wo das herkommen soll, beschäftigt ihn ebenfalls. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Unternehmen und die Kommunen mit dem beginnenden Kupferbergbau auf Lärm, Staub, den steigenden Bedarf an Grundwasser und die Belastung der Infrastruktur vorbereitet sein werden. Andererseits erklärt er im Hinblick auf die Arbeitsplätze und sprudelnden Steuereinnahmen: „Wir wollen ja nicht der große Verhinderer sein. Wir wollen nicht den Wohlstand in der Region unterdrücken, dass die Leute Arbeit kriegen, in den Urlaub fahren und ihr Bierchen trinken können.“
Blas Urioste kennt die Bedenken und Zweifel. Der gebürtige Bolivier lebt seit 27 Jahren in Deutschland. Während seines Studiums in Potsdam erfuhr er einst von der KSL. „Die Vision hat mich fasziniert“, erinnert er sich. Dass sich jemand im Ausland vorstellen konnte, in Deutschland Bergbau zu betreiben, das wiederum konnte er sich ganz und gar nicht vorstellen. „Viel zu kompliziert und durchreguliert“, begründet er seine damalige Skepsis. Ihn reizte aber „der Nachweis, dass Bergbau trotzdem umweltverträglich geht“.
Konflikte schon vorab erkennen
Solche Gespräche wie zum Infomarkt in Schleife helfen, Fragen zu beantworten. Und auch, sich selber neue Fragen zu stellen. „Das zwingt uns, uns selber immer wieder mit dem Projekt intensiv auseinanderzusetzen und die Pläne zu optimieren“, betont er. Man wolle das Projekt „zusammen und auf Augenhöhe mit den Menschen in der Region entwickeln.“
In Brandenburg ist das Raumordnungsverfahren weitgehend abgeschlossen, in Sachsen ein solches noch nicht einmal eröffnet. „Es ist dem eigentlichen Genehmigungsverfahren vorgeschaltet, um vorab zu erkennen, welche Konflikte es gibt und welche Möglichkeiten zu deren Lösung“, erklärt Sebastian Koppisch aus dem Referat Raumordnungsbehörde der Landesdirektion Sachsen. Auf den Kupferbergbau in der Lausitz bezogen, benennt er als ein Beispiel die Frage, wo die Rückstände der Erzaufbereitung bleiben. „Wir müssten gar nicht hier sein“, fügt er hinzu. Es käme aber super an, wenn man den Bürgern die Vorgehensweise direkt erklärt. Er sei regelrecht „ausgequetscht“ worden.
Jeder kann Bedenken äußern
Für den sächsischen Teil des Vorhabens zur Kupferförderung wurden etwa 250 Seiten eingereicht mit der detaillierten Beschreibung, zugehörigen Karten, naturschutzrechtlichen Belangen und vielem mehr. In einem Monat soll das Raumordnungsverfahren beginnen. Über das Internetportal der Landesdirektion sind dann die Unterlagen online einsehbar oder auch direkt in den Rathäusern der betroffenen Kommunen. Diese wie auch die Bürger können ihre Bedenken vorbringen. „Das kann jeder, der sich in irgendeiner Weise berührt fühlt, man muss auch nicht begründen, wieso“, sagt Koppisch. Der Spremberger Roger Paulisch wird diese Gelegenheit ganz sicher nutzen, wie er selber sagt. Sechs Monate soll die Bürgerbeteiligung dauern. Beim geplanten Eisenbahnneubau zwischen Dresden und Prag habe man für die Bearbeitung der 5.000 Einwendungen etwa acht Monate gebraucht. Mit einem ähnlichen Zeitraum rechnet Sebastian Koppisch auch für das Kupfervorhaben.
Für den Abbau des Erzfeldes Schleife gibt es noch keine Planungen. Damit könne man erst beginnen, wenn die für Graustein steht, sagt Urioste. Mit dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens rechnet die KSL für 2028. Für sämtliche Planungsleistungen gibt sie 1,4 Millionen Euro aus.
Was der Kupferabbau der Lausitz bringt
1.000 Arbeitsplätze und einen dringend benötigten Rohstoff. Doch bis 2035 das erste Erz ans Tageslicht kommt, braucht es viele Genehmigungen – auch der Raumordnungsbehörde Sachsen.
Zwischen Spremberg und Schleife schlummert wertvolles Kupfer. Der Kupferschiefer Lausitz. 2035 möchte ein Unternehmen gleichen Namens, die Kupferschiefer Lausitz GmbH (KSL), das erste Kupfererz aus dem Boden holen. Was das bedeutet, war unlängst im Saal des Sorbischen Kulturzentrums Schleife zu erfahren. Gekommen waren vor allem Bürger aus Spremberg. Dort gab es bereits diverse Informationsveranstaltungen, konnten Bürger während des Raumordnungsverfahrens in Brandenburg Unterlagen einsehen und sich äußern. Dennoch nutzten auch sie die Möglichkeit zum Dialog in Schleife.
Neu ist das Kupfervorkommen in der Lausitz nicht. Bereits Anfang des vorigen Jahrhunderts wusste man davon. Ab 1953 wurde zwischen Spremberg und Weißwasser nach dem Kupferschiefer gesucht, dabei stieß man auf die Erzfelder bei Spremberg, Graustein und Schleife. Weiter verfolgt wurde das Vorhaben in den 1970er und 80er Jahren jedoch nicht – weil die Braunkohle absolute Priorität hatte. Seit der Jahrtausendwende ist das Thema wieder aktuell. Um die Daten aus DDR-Zeiten zu bestätigen, erfolgten 2009 bis 2011 Probebohrungen, auch im Raum Schleife.
Kupfer wichtiger denn je
Heute sei das Thema aktueller denn je, erklärt Blas Urioste, Country Manager der KSL, der deutschen Tochtergesellschaft des Bergbauunternehmens Minera S.A. Kupfer wird in Deutschland auch für Windkrafträder und Millionen E-Autos gebraucht. 2021 wurden 1,1 Millionen Tonnen importiert – zumeist aus Brasilien, Peru und Chile, aber auch aus der Türkei, Portugal und Spanien. „Kupfer ist der Rohstoff der Zukunft“, bekräftigt Urioste. Der Bedarf explodiert geradezu. Die KSL allein werde das Rohstoffproblem für Deutschland nicht lösen können, aber verkleinern, sagt er.
In der Lausitz geht es nur unter Tage. Die Lagerstätte sei 15 Kilometer lang und drei Kilometer breit. Der Schiefer ist im Schnitt zweieinhalb Meter dick, an manchen Stellen sogar bis zu acht Meter. Abgebaut werden soll das Erz in einer Tiefe zwischen 900 und 1.500 Metern. Das macht die Errichtung eines Bergwerks samt Schacht- und Tagesanlagen erforderlich. Dafür wird eine Fläche von 45 Hektar benötigt, was in etwa einer mittelgroßen Industrieanlage entspricht. Wenn das Material zutage gefördert ist, wird das Erz gebrochen, gemahlen und zu einem Kupferkonzentrat verarbeitet. Ob es dann in Polen oder in Hamburg verhüttet wird, das sei nach Aussage von Blas Urioste noch nicht entschieden. Per Bahn soll es dorthin gelangen.
Jedenfalls will die KSL 2035 das erste Kupfererz an die Erdoberfläche holen. Der Geschäftsführer spricht von 1.000 Arbeitsplätzen unmittelbar am Standort des Bergwerks und der Aufbereitungsanlage sowie weiteren indirekten Jobs, ebenfalls in einer Größenordnung, wie sie die Lausitz im Kohleausstieg bräuchte. Baubeginn für das Bergwerk soll 2031 sein. Bis dahin wird die KSL 100 Millionen Euro ausgegeben haben. Wenn vier Jahre später das erste Kupfererz an der Oberfläche ist, werden es nach Unternehmensangaben 1,5 Milliarden Euro sein. Dafür braucht es Geldgeber, die den Fortgang der Dinge akribisch beobachten. „Wir werden also nicht nur von den Behörden intensiv geprüft“, betont Urioste.
Beunruhigt über Reststoffe
Seit dem Frühjahr läuft in Brandenburg das Raumordnungsverfahren. Interessengruppen mit etwa 200 Bürgern in Schwarze Pumpe und Spremberg sind mit den Plänen ganz und gar nicht einverstanden. Etliche lehnen das Vorhaben grundsätzlich ab. „Kupferabbau? Wir sagen Nein!“ war auf roten Aufklebern in Schleife zu lesen. Während der Bürgerbeteiligung in Brandenburg hat auch Roger Paulisch seine Bedenken geäußert. „Ich bin total enttäuscht, dass so wenige Leute hier die ausgestreckte Hand nehmen“, erklärt er beim Infomarkt in Schleife angesichts der überschaubaren Menge Einheimischer. In Nachbarschaft seines Hauses sollen die Tagesanlagen errichtet werden. Ihm graust vor dem Lärmpegel. „Das wäre, als ob rund um die Uhr neben dir ein Rasenmäher läuft“, sagt er. Aber er könne ja, so wendet er sich direkt an Urioste, später sein Haus an einen der führenden KSL-Ingenieure vermieten.
Noch viel mehr beunruhigt Paulisch, dass Reststoffe der Erzaufbereitung auf bis zu 55 Meter hohen Halden an der B 156 zwischengelagert werden sollen. Das mehlähnliche feine Gemisch sei doch gar nicht beherrschbar, findet er und macht sich außerdem Sorgen, dass darunter womöglich „hochgiftige Dinge“ sein könnten. Die Reststoffe sollen in den Tagebau Nochten verpumpt werden, wofür man Wasser braucht. Wo das herkommen soll, beschäftigt ihn ebenfalls. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Unternehmen und die Kommunen mit dem beginnenden Kupferbergbau auf Lärm, Staub, den steigenden Bedarf an Grundwasser und die Belastung der Infrastruktur vorbereitet sein werden. Andererseits erklärt er im Hinblick auf die Arbeitsplätze und sprudelnden Steuereinnahmen: „Wir wollen ja nicht der große Verhinderer sein. Wir wollen nicht den Wohlstand in der Region unterdrücken, dass die Leute Arbeit kriegen, in den Urlaub fahren und ihr Bierchen trinken können.“
Blas Urioste kennt die Bedenken und Zweifel. Der gebürtige Bolivier lebt seit 27 Jahren in Deutschland. Während seines Studiums in Potsdam erfuhr er einst von der KSL. „Die Vision hat mich fasziniert“, erinnert er sich. Dass sich jemand im Ausland vorstellen konnte, in Deutschland Bergbau zu betreiben, das wiederum konnte er sich ganz und gar nicht vorstellen. „Viel zu kompliziert und durchreguliert“, begründet er seine damalige Skepsis. Ihn reizte aber „der Nachweis, dass Bergbau trotzdem umweltverträglich geht“.
Konflikte schon vorab erkennen
Solche Gespräche wie zum Infomarkt in Schleife helfen, Fragen zu beantworten. Und auch, sich selber neue Fragen zu stellen. „Das zwingt uns, uns selber immer wieder mit dem Projekt intensiv auseinanderzusetzen und die Pläne zu optimieren“, betont er. Man wolle das Projekt „zusammen und auf Augenhöhe mit den Menschen in der Region entwickeln.“
In Brandenburg ist das Raumordnungsverfahren weitgehend abgeschlossen, in Sachsen ein solches noch nicht einmal eröffnet. „Es ist dem eigentlichen Genehmigungsverfahren vorgeschaltet, um vorab zu erkennen, welche Konflikte es gibt und welche Möglichkeiten zu deren Lösung“, erklärt Sebastian Koppisch aus dem Referat Raumordnungsbehörde der Landesdirektion Sachsen. Auf den Kupferbergbau in der Lausitz bezogen, benennt er als ein Beispiel die Frage, wo die Rückstände der Erzaufbereitung bleiben. „Wir müssten gar nicht hier sein“, fügt er hinzu. Es käme aber super an, wenn man den Bürgern die Vorgehensweise direkt erklärt. Er sei regelrecht „ausgequetscht“ worden.
Jeder kann Bedenken äußern
Für den sächsischen Teil des Vorhabens zur Kupferförderung wurden etwa 250 Seiten eingereicht mit der detaillierten Beschreibung, zugehörigen Karten, naturschutzrechtlichen Belangen und vielem mehr. In einem Monat soll das Raumordnungsverfahren beginnen. Über das Internetportal der Landesdirektion sind dann die Unterlagen online einsehbar oder auch direkt in den Rathäusern der betroffenen Kommunen. Diese wie auch die Bürger können ihre Bedenken vorbringen. „Das kann jeder, der sich in irgendeiner Weise berührt fühlt, man muss auch nicht begründen, wieso“, sagt Koppisch. Der Spremberger Roger Paulisch wird diese Gelegenheit ganz sicher nutzen, wie er selber sagt. Sechs Monate soll die Bürgerbeteiligung dauern. Beim geplanten Eisenbahnneubau zwischen Dresden und Prag habe man für die Bearbeitung der 5.000 Einwendungen etwa acht Monate gebraucht. Mit einem ähnlichen Zeitraum rechnet Sebastian Koppisch auch für das Kupfervorhaben.
Für den Abbau des Erzfeldes Schleife gibt es noch keine Planungen. Damit könne man erst beginnen, wenn die für Graustein steht, sagt Urioste. Mit dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens rechnet die KSL für 2028. Für sämtliche Planungsleistungen gibt sie 1,4 Millionen Euro aus.
Zitat von Gast am 19. Juli 2023, 12:34 UhrAuftragsstau der Industrie wird immer kürzer
Auftragsstau der Industrie wird immer kürzer
ba Frankfurt
Der Auftragsbestand der deutschen Industrie schwindet immer weiter. Die sukzessiv nachlassenden Lieferkettenprobleme sorgen dafür, dass liegen gebliebene Bestellungen abgearbeitet werden – angesichts der schwächelnden Weltkonjunktur läuft der Bestellnachschub aber nur spärlich, wenn auch Sonderfaktoren im Mai für ein unerwartetes Plus gesorgt hatten. Wegen der jüngsten Stabilisierung der zuletzt kräftig schwankenden Auftragseingänge und steigender Umsätze deutet sich für das Bundeswirtschaftsministerium trotz des eingetrübten Geschäftsklimas im verarbeitenden Gewerbe “eine leichte, wenn auch verhaltene Ausweitung der Industrieproduktion im weiteren Verlauf an“. Bankvolkswirte sind allerdings weniger zuversichtlich und erwarten, dass neben den schwachen Privatkonsum eine schwache Industrieproduktion rückt und die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr leicht schrumpft.
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) ist der Auftragsbestand im Mai preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,5% gefallen. Das war der dritte Rückgang in Folge. Im Vorjahresmonat war das Niveau kalenderbereinigt 3,3% höher. “Der Speckgürtel wird erneut enger”, kommentierte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Gefahr nehme zu, dass weitere Produktion heruntergefahren werde. Krüger verweist auf die schwache Weltwirtschaft als auch Wettbewerbsnachteile durch hohe Energiekosten. Letztere wirken höher auf die Standortattraktivität in Deutschland und Europa für die Industrie als der Inflation Reduction Act (IRA) der USA, wie der Sachverständigenrat für Wirtschaft kürzlich in einem Policy Briefing darlegte. Auch wenn die Subventionen des 370 Mrd. Dollar schweren IRA für einzelne, zur Erreichung der Klimaziele relevante Industriezweige eine Investition in den USA attraktiver als eine in der EU macht, werde es nicht, wie oft befürchtet, zu einer massiven Abwanderung von Unternehmen in die USA kommen. Um aber die schon bestehenden Energiepreisunterschiede zwischen Europa und den USA zu verringern, sollten das Energieangebot und die Energieinfrastruktur ausgebaut werden, empfehlen die sogenannten Wirtschaftsweisen.
Minus in den beiden wichtigsten Branchen
Den Rückgang des Auftragsbestands erklären die Wiesbadener Statistiker insbesondere mit der negativen Entwicklung im Bereich der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (–2,6%). Auch der gleichfalls gewichtige Maschinenbau habe mit einem Minus von 0,5% das Gesamtergebnis negativ beeinflusst. Im Bereich der Herstellung von Metallerzeugnissen ergab sich ein Plus von 2,1%. Die offenen Aufträge aus dem Inland stiegen dabei um 0,3% im Monatsvergleich. Der Bestand an Aufträgen aus dem Ausland fiel hingegen um 1,0% zurück.
Die dünner werdenden Auftragsbücher führen auch im Mai zu einer geringeren Reichweite, also der Zeit, die die Unternehmen bei gleichbleibendem Umsatz theoretisch produzieren müssten, um die bereits vorhandenen Aufträge abzuarbeiten. Destatis vermeldet eine Reichweite des Auftragsbestands von nun 7,2 Monaten, im April waren es noch 7,3 Monate und im März 7,4 Monate.
Dass Aufträge zwar schneller abgearbeitet werden könnten, im Moment aber zu wenige neu hereinkämen, konstatierte jüngst auch Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen, mit Blick auf die weitere Entspannung bei den Lieferkettenproblemen: So berichteten im Juni 31,9% der befragten Firmen von Engpässen. Im Mai waren es noch 35,3%.
Auftragsstau der Industrie wird immer kürzer
Auftragsstau der Industrie wird immer kürzer
ba Frankfurt
Der Auftragsbestand der deutschen Industrie schwindet immer weiter. Die sukzessiv nachlassenden Lieferkettenprobleme sorgen dafür, dass liegen gebliebene Bestellungen abgearbeitet werden – angesichts der schwächelnden Weltkonjunktur läuft der Bestellnachschub aber nur spärlich, wenn auch Sonderfaktoren im Mai für ein unerwartetes Plus gesorgt hatten. Wegen der jüngsten Stabilisierung der zuletzt kräftig schwankenden Auftragseingänge und steigender Umsätze deutet sich für das Bundeswirtschaftsministerium trotz des eingetrübten Geschäftsklimas im verarbeitenden Gewerbe “eine leichte, wenn auch verhaltene Ausweitung der Industrieproduktion im weiteren Verlauf an“. Bankvolkswirte sind allerdings weniger zuversichtlich und erwarten, dass neben den schwachen Privatkonsum eine schwache Industrieproduktion rückt und die deutsche Wirtschaft im Gesamtjahr leicht schrumpft.
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) ist der Auftragsbestand im Mai preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,5% gefallen. Das war der dritte Rückgang in Folge. Im Vorjahresmonat war das Niveau kalenderbereinigt 3,3% höher. “Der Speckgürtel wird erneut enger”, kommentierte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Gefahr nehme zu, dass weitere Produktion heruntergefahren werde. Krüger verweist auf die schwache Weltwirtschaft als auch Wettbewerbsnachteile durch hohe Energiekosten. Letztere wirken höher auf die Standortattraktivität in Deutschland und Europa für die Industrie als der Inflation Reduction Act (IRA) der USA, wie der Sachverständigenrat für Wirtschaft kürzlich in einem Policy Briefing darlegte. Auch wenn die Subventionen des 370 Mrd. Dollar schweren IRA für einzelne, zur Erreichung der Klimaziele relevante Industriezweige eine Investition in den USA attraktiver als eine in der EU macht, werde es nicht, wie oft befürchtet, zu einer massiven Abwanderung von Unternehmen in die USA kommen. Um aber die schon bestehenden Energiepreisunterschiede zwischen Europa und den USA zu verringern, sollten das Energieangebot und die Energieinfrastruktur ausgebaut werden, empfehlen die sogenannten Wirtschaftsweisen.
Minus in den beiden wichtigsten Branchen
Den Rückgang des Auftragsbestands erklären die Wiesbadener Statistiker insbesondere mit der negativen Entwicklung im Bereich der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen (–2,6%). Auch der gleichfalls gewichtige Maschinenbau habe mit einem Minus von 0,5% das Gesamtergebnis negativ beeinflusst. Im Bereich der Herstellung von Metallerzeugnissen ergab sich ein Plus von 2,1%. Die offenen Aufträge aus dem Inland stiegen dabei um 0,3% im Monatsvergleich. Der Bestand an Aufträgen aus dem Ausland fiel hingegen um 1,0% zurück.
Die dünner werdenden Auftragsbücher führen auch im Mai zu einer geringeren Reichweite, also der Zeit, die die Unternehmen bei gleichbleibendem Umsatz theoretisch produzieren müssten, um die bereits vorhandenen Aufträge abzuarbeiten. Destatis vermeldet eine Reichweite des Auftragsbestands von nun 7,2 Monaten, im April waren es noch 7,3 Monate und im März 7,4 Monate.
Dass Aufträge zwar schneller abgearbeitet werden könnten, im Moment aber zu wenige neu hereinkämen, konstatierte jüngst auch Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen, mit Blick auf die weitere Entspannung bei den Lieferkettenproblemen: So berichteten im Juni 31,9% der befragten Firmen von Engpässen. Im Mai waren es noch 35,3%.
Zitat von Gast am 28. Juli 2023, 06:27 UhrInflation: 27 Prozent höhere Preise, nur zehn Prozent höhere Kosten: Welche Branchen ordentlich draufgeschlagen haben
Einer Studie zufolge haben einige Branchen ihre Preise deutlich stärker erhöht als ihre Kosten bei Vorleistungen gestiegen sind. Ein Beweis für das „Gierflation“-Phänomen?
2022 war ein Jahr der Kostenschocks. Die Energiekrise und die Teuerung bei Nahrungsmitteln haben dafür gesorgt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich tiefer in die Tasche greifen mussten.
Auch die Wirtschaft trifft die stark gestiegenen Preise. Die Unternehmen haben aber die Möglichkeit, die erhöhten Kosten in Form von eigenen höheren Preisen an ihre Kunden weiterzugeben – und die Preise vielleicht noch stärker anzuheben als nötig. Haben die Unternehmen 2022 also unter dem Kostenschock gelitten oder vielmehr daran verdient?
Antworten darauf gibt eine neue Studie von Ökonomen des Verbands der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA), die zuvor in leitenden Positionen beim Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) tätig waren. Demnach hat der Großteil der Unternehmen die höheren Kosten eins zu eins weitergegeben. Doch es gibt durchaus Sektoren mit auffälligen Abweichungen – insbesondere in Richtung überbordender Preiserhöhungen.
Um herauszufinden, wie groß die Preisanpassung hätten sein können, wenn die Branche die Preisanstiege im vergangenen Jahr eins zu eins weitergegeben hätte, haben die VFA-Forscher zwei Datensätze verglichen.
Der eine Datensatz zeigt, wie sehr sich die Vorleistungen verteuert haben, die in die Produktion des jeweiligen Sektors eingehen. Diese Zahlen verglichen die Ökonomen mit einem Datensatz zu den tatsächlichen Preisanpassungen der Branche.
Preise unterproportional erhöht: Wasserversorger, Pharma
18 der 23 untersuchten Branchen haben ihre Preise in ähnlicher Höhe wie die gestiegenen Kosten angepasst. In einigen Sektoren ist es den Unternehmen hingegen nicht gelungen, die erhöhten Kosten zu überwälzen.
Die Wasserversorger etwa mussten mit elf Prozent höheren Kosten klarkommen, erhöhten ihre Preise aber nur um etwa drei Prozent an. In der Pharmabranche hätte eine vollständige Überwälzung Preissteigerungen in Höhe von sechs Prozent bedeutet. Geworden sind es 2,3 Prozent, auch, weil es für viele Arzneimittel Preisbindungen gelten.
Preise überproportional erhöht: Landwirtschaft, Holz- und Papierindustrie
Es gibt allerdings einige Branchen, die mehr als die für die Unternehmen höheren Kosten auf die Preise draufgeschlagen haben. Dazu gehört die Landwirtschaft. Dort verteuerten sich die Vorleistungen um zehn Prozent, die Branche steigerte ihre Preise aber um 27 Prozent.
Bei der Papierindustrie wurden aus 19 Prozent höheren Kosten fast 30 Prozent höhere Preise. Unternehmen aus der Holzverarbeitung erhöhten ihre Preise nicht wie bei den Vorleistungen um 13 Prozent, sondern um 21 Prozent.
Mit Blick auf diese Zahlen drängt sich eine Frage auf: Ist das der Beweis, dass es eine „Gierflation“ gibt? In den vergangenen Monaten ist unter Ökonomen eine intensive Debatte entbrannt, welchen Ursprung die hohe Inflation hat. Bis dahin wurde ausschließlich auf die importierten hohen Energiepreise Bezug genommen.
Manche Ökonominnen und Ökonomen sehen inzwischen aber vielmehr die Unternehmen als Hauptschuldigen für die Inflation. Diese hätten die schwierig durchschaubaren Preisentwicklung genutzt, um ihre Gewinne zu steigern und die Preise noch stärker als nötig erhöht.
Erkenntnisgewinn, aber kein Beweis für „Gierflation“
Die Frage, wie die Preissetzung der Unternehmen die Inflation beeinflusst, ist von großer Bedeutung. Vor allem für die Notenbanken ist es entscheidend zu wissen, wo die Inflation herkommt.
Die Präsidentin der Europäische Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat das Thema zuletzt in den Fokus gerückt. Während einige Sektoren „den Vorteil genutzt haben, die Kosten voll weiterzugeben, ohne die Gewinnspannen zu schmälern“, sagte Lagarde kürzlich, seien andere noch weiter gegangen und hätten „die Preise über den reinen Kostenanstieg hinaus erhöht“.
Die VFA-Berechnungen zeigen nun, dass es diese Verhaltensweisen in einigen Branchen durchaus gegeben hat. „Das ist eine wichtige Erkenntnis für die weitere Diskussion“, sagt Sebastian Dullien, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Ob sich von einer Gierflation sprechen lasse, sei aber „noch völlig unklar“.
Ähnlich sieht es VFA-Chefökonom Claus Michelsen. „Die Diskussion um Gierflation ist an dieser Stelle zumindest irreführend – es gibt keine über alle Wirtschaftszweige hinweg koordinierte Preisdynamik“, sagt er.
Die Ökonomen sehen eine Reihe von offenen Fragen, die zuvor noch beantwortet werden müssten:Ob die Unternehmen die Preissteigerungen überwälzen können, hängt nicht bloß von den Kosten ab. „Wahrscheinlicher ist es, dass unterschiedliche Preissetzungsspielräume für Unternehmen bestehen“, erklärt Michelsen. Das liegt an unterschiedlich stark ausgeprägtem Wettbewerb je nach Branche. Je mehr Marktmacht ein Unternehmen hat, desto leichter fällt es, Preise zu erhöhen.
Überproportionale Preiserhöhungen können zudem auch durch eine erhöhte Nachfrage ausgelöst sein. Preise sind kein Kosten-, sondern ein Knappheitssignal. Das könnte für die Holzindustrie gelten. Durch die Coronabeschränkungen gaben viele Leute ihr Geld für Möbel statt im Einzelhandel oder für Kultur aus. Das Werken daheim boomte, der Umsatz bei Holzwaren in Baumärkten legte 2022 um 25 Prozent zu. Außerdem ließen Konjunkturprogramme die Nachfrage nach Bauholz stark ansteigen. Der bloße Blick auf Kosten und Preise „blendet die anderen preisbestimmenden Faktoren völlig aus“, sagt Denny Ohnesorge, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Holzindustrie (HDH)
Auch bilden die VFA-Berechnungen nur einen Ausschnitt ab. Preisanpassungen von Unternehmen können dauern. Kostensteigerungen, die Ende 2021 für die Unternehmen aufkamen, aber erst 2022 in Preissteigerungen umgesetzt wurden, würden zum Beispiel in der Studie fehlen.
Neben den Vorprodukten kann es weitere Faktoren geben, die die Kosten der Unternehmen möglicherweise gesteigert haben, die Löhne etwa.
Oder die Unternehmen haben sich mit der Entwicklung der Rohstoffpreise verschätzt, erklärt IMK-Direktor Dullien, und haben deshalb ihre Preise mehr erhöht.Mehr: Auch „Gierflation“ läge in der Verantwortung der Notenbanken
Inflation: 27 Prozent höhere Preise, nur zehn Prozent höhere Kosten: Welche Branchen ordentlich draufgeschlagen haben
Einer Studie zufolge haben einige Branchen ihre Preise deutlich stärker erhöht als ihre Kosten bei Vorleistungen gestiegen sind. Ein Beweis für das „Gierflation“-Phänomen?
2022 war ein Jahr der Kostenschocks. Die Energiekrise und die Teuerung bei Nahrungsmitteln haben dafür gesorgt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich tiefer in die Tasche greifen mussten.
Auch die Wirtschaft trifft die stark gestiegenen Preise. Die Unternehmen haben aber die Möglichkeit, die erhöhten Kosten in Form von eigenen höheren Preisen an ihre Kunden weiterzugeben – und die Preise vielleicht noch stärker anzuheben als nötig. Haben die Unternehmen 2022 also unter dem Kostenschock gelitten oder vielmehr daran verdient?
Antworten darauf gibt eine neue Studie von Ökonomen des Verbands der forschenden Arzneimittelhersteller (VFA), die zuvor in leitenden Positionen beim Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) tätig waren. Demnach hat der Großteil der Unternehmen die höheren Kosten eins zu eins weitergegeben. Doch es gibt durchaus Sektoren mit auffälligen Abweichungen – insbesondere in Richtung überbordender Preiserhöhungen.
Um herauszufinden, wie groß die Preisanpassung hätten sein können, wenn die Branche die Preisanstiege im vergangenen Jahr eins zu eins weitergegeben hätte, haben die VFA-Forscher zwei Datensätze verglichen.
Der eine Datensatz zeigt, wie sehr sich die Vorleistungen verteuert haben, die in die Produktion des jeweiligen Sektors eingehen. Diese Zahlen verglichen die Ökonomen mit einem Datensatz zu den tatsächlichen Preisanpassungen der Branche.
Preise unterproportional erhöht: Wasserversorger, Pharma
18 der 23 untersuchten Branchen haben ihre Preise in ähnlicher Höhe wie die gestiegenen Kosten angepasst. In einigen Sektoren ist es den Unternehmen hingegen nicht gelungen, die erhöhten Kosten zu überwälzen.
Die Wasserversorger etwa mussten mit elf Prozent höheren Kosten klarkommen, erhöhten ihre Preise aber nur um etwa drei Prozent an. In der Pharmabranche hätte eine vollständige Überwälzung Preissteigerungen in Höhe von sechs Prozent bedeutet. Geworden sind es 2,3 Prozent, auch, weil es für viele Arzneimittel Preisbindungen gelten.
Preise überproportional erhöht: Landwirtschaft, Holz- und Papierindustrie
Es gibt allerdings einige Branchen, die mehr als die für die Unternehmen höheren Kosten auf die Preise draufgeschlagen haben. Dazu gehört die Landwirtschaft. Dort verteuerten sich die Vorleistungen um zehn Prozent, die Branche steigerte ihre Preise aber um 27 Prozent.
Bei der Papierindustrie wurden aus 19 Prozent höheren Kosten fast 30 Prozent höhere Preise. Unternehmen aus der Holzverarbeitung erhöhten ihre Preise nicht wie bei den Vorleistungen um 13 Prozent, sondern um 21 Prozent.
Mit Blick auf diese Zahlen drängt sich eine Frage auf: Ist das der Beweis, dass es eine „Gierflation“ gibt? In den vergangenen Monaten ist unter Ökonomen eine intensive Debatte entbrannt, welchen Ursprung die hohe Inflation hat. Bis dahin wurde ausschließlich auf die importierten hohen Energiepreise Bezug genommen.
Manche Ökonominnen und Ökonomen sehen inzwischen aber vielmehr die Unternehmen als Hauptschuldigen für die Inflation. Diese hätten die schwierig durchschaubaren Preisentwicklung genutzt, um ihre Gewinne zu steigern und die Preise noch stärker als nötig erhöht.
Erkenntnisgewinn, aber kein Beweis für „Gierflation“
Die Frage, wie die Preissetzung der Unternehmen die Inflation beeinflusst, ist von großer Bedeutung. Vor allem für die Notenbanken ist es entscheidend zu wissen, wo die Inflation herkommt.
Die Präsidentin der Europäische Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat das Thema zuletzt in den Fokus gerückt. Während einige Sektoren „den Vorteil genutzt haben, die Kosten voll weiterzugeben, ohne die Gewinnspannen zu schmälern“, sagte Lagarde kürzlich, seien andere noch weiter gegangen und hätten „die Preise über den reinen Kostenanstieg hinaus erhöht“.
Die VFA-Berechnungen zeigen nun, dass es diese Verhaltensweisen in einigen Branchen durchaus gegeben hat. „Das ist eine wichtige Erkenntnis für die weitere Diskussion“, sagt Sebastian Dullien, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Ob sich von einer Gierflation sprechen lasse, sei aber „noch völlig unklar“.
Ähnlich sieht es VFA-Chefökonom Claus Michelsen. „Die Diskussion um Gierflation ist an dieser Stelle zumindest irreführend – es gibt keine über alle Wirtschaftszweige hinweg koordinierte Preisdynamik“, sagt er.
Die Ökonomen sehen eine Reihe von offenen Fragen, die zuvor noch beantwortet werden müssten:Ob die Unternehmen die Preissteigerungen überwälzen können, hängt nicht bloß von den Kosten ab. „Wahrscheinlicher ist es, dass unterschiedliche Preissetzungsspielräume für Unternehmen bestehen“, erklärt Michelsen. Das liegt an unterschiedlich stark ausgeprägtem Wettbewerb je nach Branche. Je mehr Marktmacht ein Unternehmen hat, desto leichter fällt es, Preise zu erhöhen.
Überproportionale Preiserhöhungen können zudem auch durch eine erhöhte Nachfrage ausgelöst sein. Preise sind kein Kosten-, sondern ein Knappheitssignal. Das könnte für die Holzindustrie gelten. Durch die Coronabeschränkungen gaben viele Leute ihr Geld für Möbel statt im Einzelhandel oder für Kultur aus. Das Werken daheim boomte, der Umsatz bei Holzwaren in Baumärkten legte 2022 um 25 Prozent zu. Außerdem ließen Konjunkturprogramme die Nachfrage nach Bauholz stark ansteigen. Der bloße Blick auf Kosten und Preise „blendet die anderen preisbestimmenden Faktoren völlig aus“, sagt Denny Ohnesorge, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Holzindustrie (HDH)
Auch bilden die VFA-Berechnungen nur einen Ausschnitt ab. Preisanpassungen von Unternehmen können dauern. Kostensteigerungen, die Ende 2021 für die Unternehmen aufkamen, aber erst 2022 in Preissteigerungen umgesetzt wurden, würden zum Beispiel in der Studie fehlen.
Neben den Vorprodukten kann es weitere Faktoren geben, die die Kosten der Unternehmen möglicherweise gesteigert haben, die Löhne etwa.
Oder die Unternehmen haben sich mit der Entwicklung der Rohstoffpreise verschätzt, erklärt IMK-Direktor Dullien, und haben deshalb ihre Preise mehr erhöht.Mehr: Auch „Gierflation“ läge in der Verantwortung der Notenbanken
Zitat von Gast am 2. August 2023, 06:48 UhrWirtschaftskrise in Deutschland nimmt Fahrt auf – „schwerer Abschwung“
Die Prophezeiung des IWF scheint sich zu bewahrheiten: Der Internationale Währungsfonds prognostiziert Deutschland als einzigem Mitglied der G7 einen konjunkturellen Abstieg bis zum Jahresende. Am Dienstag wurde der Trend offiziell bestätigt.
Besonders der Auftragseinbruch in einer der Kernbranchen sollte der Bundesregierung weitere Kopfschmerzen bereiten. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Bestellungen bei den deutschen Maschinenbauunternehmen um 15 Prozent eingebrochen. Die Luft werde langsam dünn, sagte der Chefvolkswirt des Verbandes deutscher Maschinenbauer (VDMA), Ralph Wiechers. „Eine Trendwende ist bisher nicht in Sicht.“ Die Branche bekomme die zögerliche Investitionsneigung in praktisch allen Absatzregionen nun voll zu spüren. Als Hauptgrund für den Abschwung nannte Wiechers die gestiegenen Leitzinsen. Denn hierdurch würden Kredite verteuert und dementsprechend weniger nachgefragt.
„Die Zentralbanken müssen die Zinsen senken – das ist das Mindeste“, sagt der Ökonom Heiner Flassbeck der Berliner Zeitung. Die konjunkturelle Lage sei ähnlich wie in den 1970ern zu Zeiten der Ölkrise. „Wir haben einen globalen Nachfragerückgang.“ Länder wie Saudi-Arabien hätten von der hohen Öl- und Gasnachfrage profitiert. Nun sei es wichtig, dass Investitionen und Konsum in den anderen Teilen der Welt angekurbelt würden. Wenn die Bundesregierung und die EZB Kurs hielten, drohe ein schwerer ökonomischer Schaden: „Die Kombination aus Nachfrageschock und hohen Zinsen führt in Deutschland wahrscheinlich zu einem schweren Abschwung“, erklärt Flassbeck, der früher Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Chefvolkswirt der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) war. „Eine sanfte Landung, wie es die EZB vorsieht, wird es dann nicht geben.“
Auch der Jahreswirtschaftsbericht aus dem von Robert Habeck geführten Wirtschaftsministerium spreche Bände, denn dort werde von einem Szenario ausgegangen, in dem die Investitionen weiter steigen. „Davon kann nicht die Rede sein“, sagt Flassbeck. Das verdeutlichten der drastische Einbruch beim Maschinenbau und im Bausektor.
In der Bundesregierung haben sich SPD und Grüne für mehr Investitionen ausgesprochen. „Der Umbau unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität, der digitale Wandel, aber auch die Bewältigung des Fach- und Arbeitskräftemangels machen es notwendig, dass in die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland investiert wird“, sagte die Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, der Süddeutschen Zeitung. Notwendig sei etwa „ein Comeback der aktiven Infrastrukturpolitik“. Ähnlich hatte sich zuvor Grünen-Chefin Ricarda Lang geäußert. Sie forderte in der ARD eine „neue Investitionsagenda für Deutschland“. Dazu gehörten ein Industriestrompreis sowie Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Im Bundeskabinett ist die Forderung nicht aufgenommen worden. Regierungswille ist es, die Schuldenbremse einzuhalten.
Der Abschwung der deutschen Wirtschaft macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Zwar teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag mit, der Arbeitsmarkt sei im Juli trotz der schlechten wirtschaftlichen Aussichten weitgehend stabil geblieben und die Arbeitslosenquote lediglich um 0,2 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent gestiegen. Doch die Vorsitzende der BA, Andrea Nahles, warnte: „Die Beschäftigung nimmt zu, das Wachstum verliert aber zusehends an Schwung. Die Arbeitskräftenachfrage der Betriebe ist weiterhin zurückhaltend.“ Die Zahl der Arbeitsuchenden hat sich im Vergleich zum Vormonat um 62.000 auf 2,6 Millionen erhöht. Verglichen mit Juli 2022 stieg die Zahl der Arbeitslosen um 147.000.
Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA), Rainer Dulger, mahnte am Dienstag als Grund für die wirtschaftliche Flaute zu hohe Steuern und Lohnzusatzkosten an.
Die Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, Katja Karger, widerspricht. Wichtig sei nun, dass die Regierung nicht spare und auf die für den Umbau der Wirtschaft nötigen Investitionen verzichte. Dabei sei man sich mit den Arbeitgebern einig – das sei aber auch der einzige Punkt, sagte Karger im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Forderungen, Sozialabgaben zu senken, seien hingegen „albern“. Dies würde als Brandbeschleuniger in der Rezession wirken. Stattdessen müsse der Konsum auf dem Binnenmarkt gestärkt werden. Nur so könne der Einbruch der Exportwirtschaft aufgefangen werden. Wenn die Beschäftigten den Gürtel enger schnallen müssen, werde die Abwärtsspirale verstärkt. „Als Land des Lohndumpings ist Deutschland nicht zukunftsfähig.“
Karger hält den Abgesang auf die Industrie für falsch. „Ich wäre sehr vorsichtig, eine solche Hysterie zu erzeugen“, sagte sie. „Im Gegenteil, wir haben einen ausgewachsenen Fachkräftemangel.“ Die wirtschaftliche Situation sei auch nicht neu. Die Transformation der Wirtschaft, die Dekarbonisierung der Industrie, die Digitalisierung und die Alterung der Gesellschaft seien schon lange Herausforderungen, die angegangen werden müssten. Der Ukraine-Krieg habe die Notwendigkeit des Umbruchs beschleunigt.
Wirtschaftskrise in Deutschland nimmt Fahrt auf – „schwerer Abschwung“
Die Prophezeiung des IWF scheint sich zu bewahrheiten: Der Internationale Währungsfonds prognostiziert Deutschland als einzigem Mitglied der G7 einen konjunkturellen Abstieg bis zum Jahresende. Am Dienstag wurde der Trend offiziell bestätigt.
Besonders der Auftragseinbruch in einer der Kernbranchen sollte der Bundesregierung weitere Kopfschmerzen bereiten. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Bestellungen bei den deutschen Maschinenbauunternehmen um 15 Prozent eingebrochen. Die Luft werde langsam dünn, sagte der Chefvolkswirt des Verbandes deutscher Maschinenbauer (VDMA), Ralph Wiechers. „Eine Trendwende ist bisher nicht in Sicht.“ Die Branche bekomme die zögerliche Investitionsneigung in praktisch allen Absatzregionen nun voll zu spüren. Als Hauptgrund für den Abschwung nannte Wiechers die gestiegenen Leitzinsen. Denn hierdurch würden Kredite verteuert und dementsprechend weniger nachgefragt.
„Die Zentralbanken müssen die Zinsen senken – das ist das Mindeste“, sagt der Ökonom Heiner Flassbeck der Berliner Zeitung. Die konjunkturelle Lage sei ähnlich wie in den 1970ern zu Zeiten der Ölkrise. „Wir haben einen globalen Nachfragerückgang.“ Länder wie Saudi-Arabien hätten von der hohen Öl- und Gasnachfrage profitiert. Nun sei es wichtig, dass Investitionen und Konsum in den anderen Teilen der Welt angekurbelt würden. Wenn die Bundesregierung und die EZB Kurs hielten, drohe ein schwerer ökonomischer Schaden: „Die Kombination aus Nachfrageschock und hohen Zinsen führt in Deutschland wahrscheinlich zu einem schweren Abschwung“, erklärt Flassbeck, der früher Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und Chefvolkswirt der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) war. „Eine sanfte Landung, wie es die EZB vorsieht, wird es dann nicht geben.“
Auch der Jahreswirtschaftsbericht aus dem von Robert Habeck geführten Wirtschaftsministerium spreche Bände, denn dort werde von einem Szenario ausgegangen, in dem die Investitionen weiter steigen. „Davon kann nicht die Rede sein“, sagt Flassbeck. Das verdeutlichten der drastische Einbruch beim Maschinenbau und im Bausektor.
In der Bundesregierung haben sich SPD und Grüne für mehr Investitionen ausgesprochen. „Der Umbau unserer Wirtschaft hin zur Klimaneutralität, der digitale Wandel, aber auch die Bewältigung des Fach- und Arbeitskräftemangels machen es notwendig, dass in die Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland investiert wird“, sagte die Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, der Süddeutschen Zeitung. Notwendig sei etwa „ein Comeback der aktiven Infrastrukturpolitik“. Ähnlich hatte sich zuvor Grünen-Chefin Ricarda Lang geäußert. Sie forderte in der ARD eine „neue Investitionsagenda für Deutschland“. Dazu gehörten ein Industriestrompreis sowie Investitionen in die öffentliche Infrastruktur. Im Bundeskabinett ist die Forderung nicht aufgenommen worden. Regierungswille ist es, die Schuldenbremse einzuhalten.
Der Abschwung der deutschen Wirtschaft macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Zwar teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag mit, der Arbeitsmarkt sei im Juli trotz der schlechten wirtschaftlichen Aussichten weitgehend stabil geblieben und die Arbeitslosenquote lediglich um 0,2 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent gestiegen. Doch die Vorsitzende der BA, Andrea Nahles, warnte: „Die Beschäftigung nimmt zu, das Wachstum verliert aber zusehends an Schwung. Die Arbeitskräftenachfrage der Betriebe ist weiterhin zurückhaltend.“ Die Zahl der Arbeitsuchenden hat sich im Vergleich zum Vormonat um 62.000 auf 2,6 Millionen erhöht. Verglichen mit Juli 2022 stieg die Zahl der Arbeitslosen um 147.000.
Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA), Rainer Dulger, mahnte am Dienstag als Grund für die wirtschaftliche Flaute zu hohe Steuern und Lohnzusatzkosten an.
Die Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg, Katja Karger, widerspricht. Wichtig sei nun, dass die Regierung nicht spare und auf die für den Umbau der Wirtschaft nötigen Investitionen verzichte. Dabei sei man sich mit den Arbeitgebern einig – das sei aber auch der einzige Punkt, sagte Karger im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Forderungen, Sozialabgaben zu senken, seien hingegen „albern“. Dies würde als Brandbeschleuniger in der Rezession wirken. Stattdessen müsse der Konsum auf dem Binnenmarkt gestärkt werden. Nur so könne der Einbruch der Exportwirtschaft aufgefangen werden. Wenn die Beschäftigten den Gürtel enger schnallen müssen, werde die Abwärtsspirale verstärkt. „Als Land des Lohndumpings ist Deutschland nicht zukunftsfähig.“
Karger hält den Abgesang auf die Industrie für falsch. „Ich wäre sehr vorsichtig, eine solche Hysterie zu erzeugen“, sagte sie. „Im Gegenteil, wir haben einen ausgewachsenen Fachkräftemangel.“ Die wirtschaftliche Situation sei auch nicht neu. Die Transformation der Wirtschaft, die Dekarbonisierung der Industrie, die Digitalisierung und die Alterung der Gesellschaft seien schon lange Herausforderungen, die angegangen werden müssten. Der Ukraine-Krieg habe die Notwendigkeit des Umbruchs beschleunigt.
Zitat von Gast am 8. August 2023, 05:53 UhrDeutsche Unternehmen fahren Produktion im Juni unerwartet stark herunter
Die Industrieproduktion ist in Deutschland im Juni gesunken. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ging die Produktion um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat zurück. Ökonomen hatten mit einem geringeren Rückgang gerechnet.
Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im Juni überraschend stark gedrosselt. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen saison- und kalenderbereinigt 1,5 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Minus von 0,5 Prozent gerechnet. Im Mai ergab sich ein Rückgang um revidiert 0,1 Prozent.
Die Industrie allein stellte im Juni 1,3 Prozent weniger her als im Vormonat. „Der Ausblick für die Industriekonjunktur bleibt trotz der zuletzt wieder zunehmenden Nachfrage eingetrübt, weil diese stark durch Schwankungen bei Großaufträgen geprägt war“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung. „Angesichts der gedämpften Geschäfts- und Exporterwartungen der Unternehmen ist eine spürbare Erholung derzeit noch nicht absehbar.“
Die angeschlagene Industrie hat sich zuletzt mit einer überraschend hohen Zahl an Bestellungen etwas erholt – auch wegen Großaufträgen aus der Luft- und Raumfahrtbranche. Ihre Aufträge legten im Juni um 7,0 Prozent zum Vormonat zu und damit so stark wie seit drei Jahren nicht mehr. Schon im Mai hatte es mit 6,2 Prozent einen ungewöhnlich kräftigen Zuwachs gegeben.
Allerdings deuten Frühindikatoren wie der Ifo-Geschäftsklimaindex darauf hin, dass die drei Quartale in Folge nicht mehr gewachsene deutsche Wirtschaft nach wie vor in einer Konjunkturflaute steckt.
Deutsche Unternehmen fahren Produktion im Juni unerwartet stark herunter
Die Industrieproduktion ist in Deutschland im Juni gesunken. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ging die Produktion um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat zurück. Ökonomen hatten mit einem geringeren Rückgang gerechnet.
Die deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im Juni überraschend stark gedrosselt. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen saison- und kalenderbereinigt 1,5 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Minus von 0,5 Prozent gerechnet. Im Mai ergab sich ein Rückgang um revidiert 0,1 Prozent.
Die Industrie allein stellte im Juni 1,3 Prozent weniger her als im Vormonat. „Der Ausblick für die Industriekonjunktur bleibt trotz der zuletzt wieder zunehmenden Nachfrage eingetrübt, weil diese stark durch Schwankungen bei Großaufträgen geprägt war“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung. „Angesichts der gedämpften Geschäfts- und Exporterwartungen der Unternehmen ist eine spürbare Erholung derzeit noch nicht absehbar.“
Die angeschlagene Industrie hat sich zuletzt mit einer überraschend hohen Zahl an Bestellungen etwas erholt – auch wegen Großaufträgen aus der Luft- und Raumfahrtbranche. Ihre Aufträge legten im Juni um 7,0 Prozent zum Vormonat zu und damit so stark wie seit drei Jahren nicht mehr. Schon im Mai hatte es mit 6,2 Prozent einen ungewöhnlich kräftigen Zuwachs gegeben.
Allerdings deuten Frühindikatoren wie der Ifo-Geschäftsklimaindex darauf hin, dass die drei Quartale in Folge nicht mehr gewachsene deutsche Wirtschaft nach wie vor in einer Konjunkturflaute steckt.
Zitat von Gast am 23. August 2023, 11:35 UhrHamburger Hafen: Containerumschlag bricht ein
Der Hamburger Hafen hat im ersten Halbjahr deutlich weniger Waren umgeschlagen. Auch Bremen und Bremerhaven melden Rückgänge. Die Hafenlobby fordert Investitionen und sieht die Exportfähigkeit in Gefahr.
Deutschlands größter Hafen bekommt den schwächelnden Handel mit China und die maue Konjunktur in Deutschland zu spüren. Der Container-Umschlag im Hamburger Hafen ist zuletzt stark geschrumpft. Im ersten Halbjahr wurden mit 3,8 Millionen Standardcontainern (TEU) 11,7 Prozent weniger Stahlboxen über die Kaimauern gehievt als im Vorjahr, wie der Verein Hafen Hamburg Marketing mitteilte.
Damit ging der Containerumschlag stärker zurück als in den führenden Nordseehäfen Rotterdam und Antwerpen. Die Häfen in Bremen und Bremerhaven schlugen sogar gut 15 Prozent weniger Container um.
Am stärksten war der Rückgang im Verkehr mit China, dem größten Handelspartner des Hamburger Hafens. Hier schrumpfte die Containerzahl um fast ein Fünftel auf 1,1 Millionen TEU. Als Gründe für den Rückgang wurden unter anderem die geringere Nachfrage, Coronafolgen und die politische Lage in China genannt.
Auf Platz zwei folgten unverändert die USA mit einer Zunahme des Containerumschlags um 7,4 Prozent auf 313.000 Einheiten. Der Handel mit Indien legte in der ersten Jahreshälfte um 9,3 Prozent zu, war mit 99.000 Einheiten aber noch vergleichsweise gering. Auch der Handel mit Japan und Thailand stieg.
Ebenfalls bemerkbar macht sich der Einbruch beim Containerumschlag mit Russland. Das Land war einst Handelspartner Nummer vier. Nun sei der Umschlag wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine von 79.000 Einheiten im ersten Halbjahr vergangenen Jahres auf null Container in diesem Jahr gefallen. Im ersten Halbjahr 2021 seien es noch 162.000 Einheiten gewesen.
Insgesamt sank der Seegüterumschlag in Hamburg im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,8 Prozent auf 58,2 Millionen Tonnen. Eine Prognose für 2023 traut sich der Verein Hafen Hamburg Marketing weiterhin nicht zu. Die herausfordernden wirtschaftlichen und geopolitischen Rahmenbedingungen ließen konkrete Voraussagen nicht zu. »Wir gehen davon aus, dass zumindest der leicht positive Trend des zweiten Quartals weiter anhält«, erklärte Vorstand Axel Mattern.
»Wir brauchen eine Zeitenwende für unsere Häfen«
Die Hafenlobby sieht den Standort Deutschland nicht nur wegen der Konjunkturflaute unter Druck. Die Chefin des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), Angela Titzrath, fordert von der Bundesregierung massive Hilfen für die deutschen Häfen. »Wir müssen in den kommenden Jahren große Summen investieren, um die Häfen zu modernisieren und auszubauen«, sagte die ZDS-Präsidentin der »Süddeutschen Zeitung«. »Da erwarten wir substanzielle Investitionen des Bundes in sämtliche marode Infrastrukturen.«
Wenn die Bundesregierung im September ihren Plan für eine nationale Hafenstrategie präsentiere, gehe es »um die Versorgungssicherheit des Landes und um unsere Exportfähigkeit«, so Titzrath. »Also ganz klar um nationale Interessen.«Im Ringen um Gelder für die deutschen Nord- und Ostseehäfen fordern die betroffenen Bundesländer eine Verzehnfachung der bisher veranschlagten 38 Millionen Euro pro Jahr. Dies werde »bei Weitem nicht reichen«, so Titzrath, die auch Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG ist. »Es geht um Milliardeninvestitionen.«
Die Managerin forderte: »Wir brauchen eine Zeitenwende für unsere Häfen.« Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hätten erkannt, dass »Häfen eine Schlüsselfunktion haben«. Sie erwarte von der Bundesregierung daher »nicht nur Geld, sondern auch weniger Bürokratie«. Man habe in Deutschland »große Wettbewerbsnachteile« gegenüber anderen Häfen.
Hamburger Hafen: Containerumschlag bricht ein
Der Hamburger Hafen hat im ersten Halbjahr deutlich weniger Waren umgeschlagen. Auch Bremen und Bremerhaven melden Rückgänge. Die Hafenlobby fordert Investitionen und sieht die Exportfähigkeit in Gefahr.
Deutschlands größter Hafen bekommt den schwächelnden Handel mit China und die maue Konjunktur in Deutschland zu spüren. Der Container-Umschlag im Hamburger Hafen ist zuletzt stark geschrumpft. Im ersten Halbjahr wurden mit 3,8 Millionen Standardcontainern (TEU) 11,7 Prozent weniger Stahlboxen über die Kaimauern gehievt als im Vorjahr, wie der Verein Hafen Hamburg Marketing mitteilte.
Damit ging der Containerumschlag stärker zurück als in den führenden Nordseehäfen Rotterdam und Antwerpen. Die Häfen in Bremen und Bremerhaven schlugen sogar gut 15 Prozent weniger Container um.
Am stärksten war der Rückgang im Verkehr mit China, dem größten Handelspartner des Hamburger Hafens. Hier schrumpfte die Containerzahl um fast ein Fünftel auf 1,1 Millionen TEU. Als Gründe für den Rückgang wurden unter anderem die geringere Nachfrage, Coronafolgen und die politische Lage in China genannt.
Auf Platz zwei folgten unverändert die USA mit einer Zunahme des Containerumschlags um 7,4 Prozent auf 313.000 Einheiten. Der Handel mit Indien legte in der ersten Jahreshälfte um 9,3 Prozent zu, war mit 99.000 Einheiten aber noch vergleichsweise gering. Auch der Handel mit Japan und Thailand stieg.
Ebenfalls bemerkbar macht sich der Einbruch beim Containerumschlag mit Russland. Das Land war einst Handelspartner Nummer vier. Nun sei der Umschlag wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine von 79.000 Einheiten im ersten Halbjahr vergangenen Jahres auf null Container in diesem Jahr gefallen. Im ersten Halbjahr 2021 seien es noch 162.000 Einheiten gewesen.
Insgesamt sank der Seegüterumschlag in Hamburg im ersten Halbjahr gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,8 Prozent auf 58,2 Millionen Tonnen. Eine Prognose für 2023 traut sich der Verein Hafen Hamburg Marketing weiterhin nicht zu. Die herausfordernden wirtschaftlichen und geopolitischen Rahmenbedingungen ließen konkrete Voraussagen nicht zu. »Wir gehen davon aus, dass zumindest der leicht positive Trend des zweiten Quartals weiter anhält«, erklärte Vorstand Axel Mattern.
»Wir brauchen eine Zeitenwende für unsere Häfen«
Die Hafenlobby sieht den Standort Deutschland nicht nur wegen der Konjunkturflaute unter Druck. Die Chefin des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), Angela Titzrath, fordert von der Bundesregierung massive Hilfen für die deutschen Häfen. »Wir müssen in den kommenden Jahren große Summen investieren, um die Häfen zu modernisieren und auszubauen«, sagte die ZDS-Präsidentin der »Süddeutschen Zeitung«. »Da erwarten wir substanzielle Investitionen des Bundes in sämtliche marode Infrastrukturen.«
Im Ringen um Gelder für die deutschen Nord- und Ostseehäfen fordern die betroffenen Bundesländer eine Verzehnfachung der bisher veranschlagten 38 Millionen Euro pro Jahr. Dies werde »bei Weitem nicht reichen«, so Titzrath, die auch Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG ist. »Es geht um Milliardeninvestitionen.«
Die Managerin forderte: »Wir brauchen eine Zeitenwende für unsere Häfen.« Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hätten erkannt, dass »Häfen eine Schlüsselfunktion haben«. Sie erwarte von der Bundesregierung daher »nicht nur Geld, sondern auch weniger Bürokratie«. Man habe in Deutschland »große Wettbewerbsnachteile« gegenüber anderen Häfen.
Zitat von Gast am 28. August 2023, 12:41 UhrReichster Deutscher lässt KI-Zentrum neben seiner Heimatstadt bauen — ChatGPT-Alternative Aleph Alpha als Partner eingestiegen
Das Heidelberger KI-Startup Aleph Alpha steckt eigentlich gerade mitten in einer Finanzierungsrunde und hat dafür jüngst den Walldorfer Software-Riesen SAP als Investor gewonnen. Doch ganz nebenbei kam an diesem Donnerstag noch ein weiterer Partner hinzu. In Heilbronn verkündete CEO Jonas Andrulis eine strategische Partnerschaft mit dem Ipai, dem sogenannten Innovationspark Artificial Intelligence – noch bevor der in physischer Form überhaupt gebaut ist.
Der Ipai ist ein Mammut-Investitionsprojekt in der Stadt Heilbronn und soll ausgerechnet die kleine Stadt am Neckar zu "Europas relevantester Plattform für angewandte KI" machen. Soweit zumindest das selbstgesteckte Ziel. Unternehmen sollen hier neben Forschungsinstituten und Startups sitzen, neben Wagniskapitalgebern und Dienstleistern. Und genau dieses Zusammenkommen aus Forschung, Gründern und Unternehmen soll nun auch Aleph Alpha unterstützen: anwendungsnahe Spitzenforschung made im Ländle sozusagen.
50 Millionen Euro schoss das Land Baden-Württemberg zu. Eine nicht genannte Summe kam von der Dieter Schwarz-Stiftung. Die wiederum speist sich aus dem Vermögen des reichsten Deutschen: Multimilliardär Dieter Schwarz – geschätztes Nettovermögen laut „Forbes“ 47,7 Milliarden US-Dollar (rund 44 Milliarden Euro) – gehören über die Schwarz-Gruppe unter anderem Lidl und Kaufland. Die Vision des fast 84-Jährigen für seine Heimatstadt: eine Art schwäbisches Silicon Valley.
"The Global Home of Human AI"
Entsprechend lockte die Verkündung der Partnerschaft mit Aleph Alpha direkt Politikprominenz an: Neben Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gab sich auch Digitalminister Volker Wissing (FDP) die Ehre. Beide lobten die Partnerschaft: "Künstliche Intelligenz ist eine der wesentlichen Schlüsseltechnologien der Zukunft", so Wissing. Die Partnerschaft in Heilbronn sichere "führende Expertise" in der KI-Landschaft und stärke "die Position Deutschlands als aufstrebendem Innovationsstandort in der globalen KI-Entwicklung". Sowohl Kretschmann als auch Wissing betonten dabei die Notwendigkeit, eine sichere, transparente KI in der öffentlichen Verwaltung einzusetzen. Stichwort Bürokratieabbau.
In diesem Kontext ist immer wieder zu hören: Hier geht es auch um digitale Souveränität. Um eine europäische KI, die vertrauensvoll und erklärbar sein soll. Egal, welche KI man benutze, man bekomme aktuell "eine sehr kalifornische Antworte", so Andrulis bei der Pressekonferenz. Das müsse sich ändern. Oder wie es Kretschmann formuliert: "Wenn ich nicht Koch bin, stehe ich am Ende auf der Speisekarte."
Transparenz ist demnach das Versprechen des 2019 gegründeten Startups Aleph Alpha. Im Gegensatz zu Konkurrenten wie OpenAI mit seinem Chatbot Chat GPT sei KI mit Aleph Alphas Modell Luminous für Unternehmen transparent und sicher einsetzbar, so der Claim. Passend dazu das Motto des künftigen KI-Zentrums Ipai: "The Global Home of Human AI".
Ganz ähnlich formuliert es auch Jonas Andrulis: „Unsere Partnerschaft mit Ipai bekräftigt unser gemeinsames Ziel, KI im Einklang mit ethischen Prinzipien zu entwickeln.“ Deutsche beziehungsweise europäische Technologien sollen dafür neue Standards beim Vertrauen und Transparenz setzen. Partnerschaften gibt es bereits mit SAP, Bosch – und natürlich der Schwarz-Gruppe.
Ipai: Ein Forschungs- und Gründerpark mit Erfolgs-Vorbild
Dabei ist für den physischen Ipai bisher nur der Grundstein gelegt. Einige Kilometer Luftlinie von der Schwarz-Stiftung entfernt, etwas außerhalb vom Stadtzentrum, soll das kreisrunde KI-Forschungs- und Unternehmerzentrum entstehen – ein "kleines smartes Dorf", wie Stiftungspräsident Reinhold Geilsdörfer erklärte. Bis 2027 soll ein erster Abschnitt bezugsfertig sein. Etwas spät, wenn man bedenkt, dass der KI-Boom bis dahin wohl keine Pause einlegen dürfte. Daher hat das Unternehmen schonmal ein Gebäude im Heilbronner Bildungscampus bezogen.
Der Ipai orientiert sich an einem ähnlichen Erfolgsmodell: das Gründerzentrum UnternehmerTUM an der Technischen Universität München. Wie dort soll auch der Ipai als profitgetriebenes Unternehmen fungieren. Entsprechend hat sich die Schwarz-Stiftung in Heilbronn auch direkt das passende Beiwerk eingekauft. Eine Außenstelle der TU München beispielsweise – mit mehr als 40 Professuren und aktuell 525 Studierenden. In Zukunft sollen es 4000 werden. Außerdem eine Zweigestelle der Coding-Akademie 42, deren Hauptfinancier Volkswagen gute Erfahrungen mit der IT-Nachwuchsschmiede gemacht hatte. Stiftungsprofessuren unter anderem in Oxford, Stanford und der Pariser HEC.
Das Vorgehen von Dieter Schwarz und seiner Stiftung stieß allerdings nicht nur auf Gegenliebe. Der Milliardär kaufe sich die Stadt vorbei an der demokratischen Kontrolle, so ein Vorwurf. Laut der „FAZ“ werde Schwarz von manchen auch als „Oligarch von Heilbronn“ bezeichnet. Unternehmen scheint das nicht zu stören: Laut dem „Manager Magazin“ sind bereits erste Partner in das aktuelle Bürogebäude gezogen. Darunter Porsche, Würth und Robotikspezialist Schunk. Künftig könnte also die angehende internationale KI-Elite nach Deutschland kommen – und ausgerechnet in Heilbronn landen. Immerhin hätten sie dann ein Ufo, in das sie sich zurückziehen können.
Reichster Deutscher lässt KI-Zentrum neben seiner Heimatstadt bauen — ChatGPT-Alternative Aleph Alpha als Partner eingestiegen
Das Heidelberger KI-Startup Aleph Alpha steckt eigentlich gerade mitten in einer Finanzierungsrunde und hat dafür jüngst den Walldorfer Software-Riesen SAP als Investor gewonnen. Doch ganz nebenbei kam an diesem Donnerstag noch ein weiterer Partner hinzu. In Heilbronn verkündete CEO Jonas Andrulis eine strategische Partnerschaft mit dem Ipai, dem sogenannten Innovationspark Artificial Intelligence – noch bevor der in physischer Form überhaupt gebaut ist.
Der Ipai ist ein Mammut-Investitionsprojekt in der Stadt Heilbronn und soll ausgerechnet die kleine Stadt am Neckar zu "Europas relevantester Plattform für angewandte KI" machen. Soweit zumindest das selbstgesteckte Ziel. Unternehmen sollen hier neben Forschungsinstituten und Startups sitzen, neben Wagniskapitalgebern und Dienstleistern. Und genau dieses Zusammenkommen aus Forschung, Gründern und Unternehmen soll nun auch Aleph Alpha unterstützen: anwendungsnahe Spitzenforschung made im Ländle sozusagen.
50 Millionen Euro schoss das Land Baden-Württemberg zu. Eine nicht genannte Summe kam von der Dieter Schwarz-Stiftung. Die wiederum speist sich aus dem Vermögen des reichsten Deutschen: Multimilliardär Dieter Schwarz – geschätztes Nettovermögen laut „Forbes“ 47,7 Milliarden US-Dollar (rund 44 Milliarden Euro) – gehören über die Schwarz-Gruppe unter anderem Lidl und Kaufland. Die Vision des fast 84-Jährigen für seine Heimatstadt: eine Art schwäbisches Silicon Valley.
"The Global Home of Human AI"
Entsprechend lockte die Verkündung der Partnerschaft mit Aleph Alpha direkt Politikprominenz an: Neben Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gab sich auch Digitalminister Volker Wissing (FDP) die Ehre. Beide lobten die Partnerschaft: "Künstliche Intelligenz ist eine der wesentlichen Schlüsseltechnologien der Zukunft", so Wissing. Die Partnerschaft in Heilbronn sichere "führende Expertise" in der KI-Landschaft und stärke "die Position Deutschlands als aufstrebendem Innovationsstandort in der globalen KI-Entwicklung". Sowohl Kretschmann als auch Wissing betonten dabei die Notwendigkeit, eine sichere, transparente KI in der öffentlichen Verwaltung einzusetzen. Stichwort Bürokratieabbau.
In diesem Kontext ist immer wieder zu hören: Hier geht es auch um digitale Souveränität. Um eine europäische KI, die vertrauensvoll und erklärbar sein soll. Egal, welche KI man benutze, man bekomme aktuell "eine sehr kalifornische Antworte", so Andrulis bei der Pressekonferenz. Das müsse sich ändern. Oder wie es Kretschmann formuliert: "Wenn ich nicht Koch bin, stehe ich am Ende auf der Speisekarte."
Transparenz ist demnach das Versprechen des 2019 gegründeten Startups Aleph Alpha. Im Gegensatz zu Konkurrenten wie OpenAI mit seinem Chatbot Chat GPT sei KI mit Aleph Alphas Modell Luminous für Unternehmen transparent und sicher einsetzbar, so der Claim. Passend dazu das Motto des künftigen KI-Zentrums Ipai: "The Global Home of Human AI".
Ganz ähnlich formuliert es auch Jonas Andrulis: „Unsere Partnerschaft mit Ipai bekräftigt unser gemeinsames Ziel, KI im Einklang mit ethischen Prinzipien zu entwickeln.“ Deutsche beziehungsweise europäische Technologien sollen dafür neue Standards beim Vertrauen und Transparenz setzen. Partnerschaften gibt es bereits mit SAP, Bosch – und natürlich der Schwarz-Gruppe.
Ipai: Ein Forschungs- und Gründerpark mit Erfolgs-Vorbild
Dabei ist für den physischen Ipai bisher nur der Grundstein gelegt. Einige Kilometer Luftlinie von der Schwarz-Stiftung entfernt, etwas außerhalb vom Stadtzentrum, soll das kreisrunde KI-Forschungs- und Unternehmerzentrum entstehen – ein "kleines smartes Dorf", wie Stiftungspräsident Reinhold Geilsdörfer erklärte. Bis 2027 soll ein erster Abschnitt bezugsfertig sein. Etwas spät, wenn man bedenkt, dass der KI-Boom bis dahin wohl keine Pause einlegen dürfte. Daher hat das Unternehmen schonmal ein Gebäude im Heilbronner Bildungscampus bezogen.
Der Ipai orientiert sich an einem ähnlichen Erfolgsmodell: das Gründerzentrum UnternehmerTUM an der Technischen Universität München. Wie dort soll auch der Ipai als profitgetriebenes Unternehmen fungieren. Entsprechend hat sich die Schwarz-Stiftung in Heilbronn auch direkt das passende Beiwerk eingekauft. Eine Außenstelle der TU München beispielsweise – mit mehr als 40 Professuren und aktuell 525 Studierenden. In Zukunft sollen es 4000 werden. Außerdem eine Zweigestelle der Coding-Akademie 42, deren Hauptfinancier Volkswagen gute Erfahrungen mit der IT-Nachwuchsschmiede gemacht hatte. Stiftungsprofessuren unter anderem in Oxford, Stanford und der Pariser HEC.
Das Vorgehen von Dieter Schwarz und seiner Stiftung stieß allerdings nicht nur auf Gegenliebe. Der Milliardär kaufe sich die Stadt vorbei an der demokratischen Kontrolle, so ein Vorwurf. Laut der „FAZ“ werde Schwarz von manchen auch als „Oligarch von Heilbronn“ bezeichnet. Unternehmen scheint das nicht zu stören: Laut dem „Manager Magazin“ sind bereits erste Partner in das aktuelle Bürogebäude gezogen. Darunter Porsche, Würth und Robotikspezialist Schunk. Künftig könnte also die angehende internationale KI-Elite nach Deutschland kommen – und ausgerechnet in Heilbronn landen. Immerhin hätten sie dann ein Ufo, in das sie sich zurückziehen können.
Zitat von Gast am 29. August 2023, 06:31 Uhr38 von 334 Vorhaben abgeschlossen – „Verwaltung wächst sich zum Standortnachteil aus“
Halbzeit für die Ampel-Regierung – doch fast 90 Prozent ihrer Digitalvorhaben sind immer noch offen, wie eine aktuelle Analyse des Digitalverbands Bitkom zeigt. Eine ernüchternde Bilanz. Die anhaltende Bürokratie schwäche die deutsche Wirtschaft erheblich, kritisiert der Verband.
Der „digitale Neuanfang für Deutschland“ sollte es werden. So waren zumindest die Ambitionen, als die Ampel 2021 den Koalitionsvertrag unterschrieben hat. Das Ziel: die Digitalisierung von Schulen und Verwaltung und die Entbürokratisierung für Bürger und Unternehmen.
Die Bundesrepublik als Technologie- und Innovationsstandort auch wirtschaftlich voranbringen, so stellten sich die Koalitionäre das vor. Zweifel, ob die Ziele tatsächlich erreicht würden, zeichneten sich schon in den vergangenen Monaten ab. Für Aufregung sorgte zuletzt, dass der Posten „Digitalisierung der Verwaltung“ des Innenministeriums von 377 Millionen Euro in diesem auf nur noch gut drei Millionen Euro im nächsten Jahr zusammengekürzt wird.
Was dabei unterging: Dank bislang nicht ausgegebener Mittel werden auch 2024 hierfür rund 300 Millionen Euro zur Verfügung stehen – fehlendes Geld scheint also nicht das Problem bei der Umsetzung zu sein.
Zur Halbzeit der Ampel-Legislatur hat der Digitalverband Bitkom nun im Detail analysiert, wie die Koalition bei ihren Digital-Vorhaben vorankommt. Das Ergebnis ist ernüchternd: Lediglich 38 der insgesamt 334 digitalpolitischen Vorhaben sind abgeschlossen, also nur 11 Prozent. 219 Vorhaben (66 Prozent) befinden sich in Umsetzung. 77 Vorhaben – und damit knapp jedes vierte – wurden nicht begonnen. Für den „Monitor Digitalpolitik“ hat Bitkom 139 Projekte aus der Digitalstrategie, 193 Projekte aus dem Koalitionsvertrag sowie zwei weitere digitalpolitische Vorhaben, die die Ampel nachträglich aufgegriffen hat, untersucht. Diese in Summe 334 Digitalprojekte wurden den federführenden Ministerien zugeordnet und dann auf ihren Umsetzungsstand hin geprüft
„Die Bundesregierung muss ihre Digitalpolitik mit sehr viel mehr Nachdruck betreiben, wenn sie ihre selbstgesteckten Ziele vor den nächsten Wahlen noch erreichen will“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. „Eine zögerliche Digitalpolitik belastet die Wirtschaft und sorgt für Verdruss.“ Es brauche einen Zeitplan bis Jahresende.
Der „Minister für Digitales und Verkehr“, Volker Wissing (FDP), ist der Mann in der Ampel, der für Digitalisierung zuständig ist – theoretisch. In der Praxis zeigt sich immer mehr, dass der Titel eher bloß auf dem Papier existiert. Insbesondere bei der Verwaltungsdigitalisierung ist Wissing eher Zuschauer als Akteur, die Hoheit liegt bei den Bundesländern. Im Vorhaben-Ranking der Bundesministerien liegt Wissings Haus immerhin auf Platz vier. 45 Projekte sind geplant, umgesetzt hat der FDP-Minister bislang fünf davon, 33 sind in Arbeit.
Am meisten vorgenommen hat sich Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit 80 zu erledigenden Digitalprojekten – also fast jedes Vierte. Abgeschlossen sind bislang aber lediglich neun, 20 wurden nicht begonnen, in Umsetzung sind immerhin 51. Es folgt auf Rang zwei das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter der Leitung von Bettina Stark-Watzinger (FDP) mit 57 Projekten: Sieben sind abgeschlossen, 28 in Umsetzung. Auf Rang drei steht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 46 Vorhaben: drei davon sind bereits Realität, an 35 wird im Haus von Robert Habeck (Grüne) noch gearbeitet.
Als eines der wichtigsten digitalpolitischen Projekte der Bundesregierung gilt das Onlinezugangsgesetz (OZG) 2.0. Ursprünglich sollten bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen online abgewickelt werden können. „Dieses Ziel wurde weit verfehlt“, konstatiert Wintergerst. Nun soll der Rückstand aufgeholt werden, die Finanzierung der Maßnahmen ist laut Bitkom jedoch ungewiss und auf Fristen sei diesmal ganz verzichtet worden.
„Die rückständige deutsche Verwaltung wächst sich zu einem veritablen Standortnachteil aus“, kritisiert Wintergerst. Es gehe nicht nur um den Gang aufs Amt, sondern auch darum, Genehmigungsverfahren und Berichtspflichten für Unternehmen zu digitalisieren und zu vereinfachen. „Die Bürokratie ist aktuell der größte Bremsklotz für das digitale Deutschland“, betont der Bitkom-Präsident. „Wenn das Onlinezugangsgesetz scheitert, wird es peinlich für Deutschland“, warnt er.
Kritisch ist die Lage auch beim sogenannten Digitalpakt 2.0. Der Digitalpakt 1.0 war 2019 gestartet und läuft bis Mai 2024, um Schulen mit digitaler Technik auszustatten. Kostenpunkt: 6,5 Milliarden Euro.
Doch ein Großteil der Mittel ist bis heute nicht abgerufen worden. „Es gibt bislang keinen ersichtlichen Ansatz, wie ein Digitalpakt 2.0 überhaupt ausgestaltet sein könnte“, sagt Wintergerst. „Inzwischen hinken unsere Schulen Ländern wie Dänemark 20 Jahre hinterher.“ Dabei seien Bildungsinvestitionen mit Blick auf den Fachkräftemangel immer auch Zukunftsinvestitionen.
Immerhin: „Große Fortschritte“ sieht Bitkom im Gesundheitswesen. So soll die elektronische Patientenakte bis 2025 von mindestens 80 Prozent der Versicherten genutzt werden. Auch beim Ausbau der Mobilfunk- und Breitbandnetze geht es voran. Deutschland steht im europäischen Vergleich inzwischen auf Rang vier, was die Versorgung mit Telekommunikationsleistungen angeht.
38 von 334 Vorhaben abgeschlossen – „Verwaltung wächst sich zum Standortnachteil aus“
Halbzeit für die Ampel-Regierung – doch fast 90 Prozent ihrer Digitalvorhaben sind immer noch offen, wie eine aktuelle Analyse des Digitalverbands Bitkom zeigt. Eine ernüchternde Bilanz. Die anhaltende Bürokratie schwäche die deutsche Wirtschaft erheblich, kritisiert der Verband.
Der „digitale Neuanfang für Deutschland“ sollte es werden. So waren zumindest die Ambitionen, als die Ampel 2021 den Koalitionsvertrag unterschrieben hat. Das Ziel: die Digitalisierung von Schulen und Verwaltung und die Entbürokratisierung für Bürger und Unternehmen.
Die Bundesrepublik als Technologie- und Innovationsstandort auch wirtschaftlich voranbringen, so stellten sich die Koalitionäre das vor. Zweifel, ob die Ziele tatsächlich erreicht würden, zeichneten sich schon in den vergangenen Monaten ab. Für Aufregung sorgte zuletzt, dass der Posten „Digitalisierung der Verwaltung“ des Innenministeriums von 377 Millionen Euro in diesem auf nur noch gut drei Millionen Euro im nächsten Jahr zusammengekürzt wird.
Was dabei unterging: Dank bislang nicht ausgegebener Mittel werden auch 2024 hierfür rund 300 Millionen Euro zur Verfügung stehen – fehlendes Geld scheint also nicht das Problem bei der Umsetzung zu sein.
Zur Halbzeit der Ampel-Legislatur hat der Digitalverband Bitkom nun im Detail analysiert, wie die Koalition bei ihren Digital-Vorhaben vorankommt. Das Ergebnis ist ernüchternd: Lediglich 38 der insgesamt 334 digitalpolitischen Vorhaben sind abgeschlossen, also nur 11 Prozent. 219 Vorhaben (66 Prozent) befinden sich in Umsetzung. 77 Vorhaben – und damit knapp jedes vierte – wurden nicht begonnen. Für den „Monitor Digitalpolitik“ hat Bitkom 139 Projekte aus der Digitalstrategie, 193 Projekte aus dem Koalitionsvertrag sowie zwei weitere digitalpolitische Vorhaben, die die Ampel nachträglich aufgegriffen hat, untersucht. Diese in Summe 334 Digitalprojekte wurden den federführenden Ministerien zugeordnet und dann auf ihren Umsetzungsstand hin geprüft
„Die Bundesregierung muss ihre Digitalpolitik mit sehr viel mehr Nachdruck betreiben, wenn sie ihre selbstgesteckten Ziele vor den nächsten Wahlen noch erreichen will“, sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. „Eine zögerliche Digitalpolitik belastet die Wirtschaft und sorgt für Verdruss.“ Es brauche einen Zeitplan bis Jahresende.
Der „Minister für Digitales und Verkehr“, Volker Wissing (FDP), ist der Mann in der Ampel, der für Digitalisierung zuständig ist – theoretisch. In der Praxis zeigt sich immer mehr, dass der Titel eher bloß auf dem Papier existiert. Insbesondere bei der Verwaltungsdigitalisierung ist Wissing eher Zuschauer als Akteur, die Hoheit liegt bei den Bundesländern. Im Vorhaben-Ranking der Bundesministerien liegt Wissings Haus immerhin auf Platz vier. 45 Projekte sind geplant, umgesetzt hat der FDP-Minister bislang fünf davon, 33 sind in Arbeit.
Am meisten vorgenommen hat sich Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit 80 zu erledigenden Digitalprojekten – also fast jedes Vierte. Abgeschlossen sind bislang aber lediglich neun, 20 wurden nicht begonnen, in Umsetzung sind immerhin 51. Es folgt auf Rang zwei das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter der Leitung von Bettina Stark-Watzinger (FDP) mit 57 Projekten: Sieben sind abgeschlossen, 28 in Umsetzung. Auf Rang drei steht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit 46 Vorhaben: drei davon sind bereits Realität, an 35 wird im Haus von Robert Habeck (Grüne) noch gearbeitet.
Als eines der wichtigsten digitalpolitischen Projekte der Bundesregierung gilt das Onlinezugangsgesetz (OZG) 2.0. Ursprünglich sollten bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen online abgewickelt werden können. „Dieses Ziel wurde weit verfehlt“, konstatiert Wintergerst. Nun soll der Rückstand aufgeholt werden, die Finanzierung der Maßnahmen ist laut Bitkom jedoch ungewiss und auf Fristen sei diesmal ganz verzichtet worden.
„Die rückständige deutsche Verwaltung wächst sich zu einem veritablen Standortnachteil aus“, kritisiert Wintergerst. Es gehe nicht nur um den Gang aufs Amt, sondern auch darum, Genehmigungsverfahren und Berichtspflichten für Unternehmen zu digitalisieren und zu vereinfachen. „Die Bürokratie ist aktuell der größte Bremsklotz für das digitale Deutschland“, betont der Bitkom-Präsident. „Wenn das Onlinezugangsgesetz scheitert, wird es peinlich für Deutschland“, warnt er.
Kritisch ist die Lage auch beim sogenannten Digitalpakt 2.0. Der Digitalpakt 1.0 war 2019 gestartet und läuft bis Mai 2024, um Schulen mit digitaler Technik auszustatten. Kostenpunkt: 6,5 Milliarden Euro.
Doch ein Großteil der Mittel ist bis heute nicht abgerufen worden. „Es gibt bislang keinen ersichtlichen Ansatz, wie ein Digitalpakt 2.0 überhaupt ausgestaltet sein könnte“, sagt Wintergerst. „Inzwischen hinken unsere Schulen Ländern wie Dänemark 20 Jahre hinterher.“ Dabei seien Bildungsinvestitionen mit Blick auf den Fachkräftemangel immer auch Zukunftsinvestitionen.
Immerhin: „Große Fortschritte“ sieht Bitkom im Gesundheitswesen. So soll die elektronische Patientenakte bis 2025 von mindestens 80 Prozent der Versicherten genutzt werden. Auch beim Ausbau der Mobilfunk- und Breitbandnetze geht es voran. Deutschland steht im europäischen Vergleich inzwischen auf Rang vier, was die Versorgung mit Telekommunikationsleistungen angeht.