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Wirtschaftsnews

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Einfuhren aus Russland wertmäßig um Hälfte gestiegen

Die deutschen Exporte nach Russland sind im ersten Halbjahr infolge der Sanktionen wegen des Ukraine-Krieges deutlich gesunken. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verringerten sich die Warenausfuhren gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 34,5 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro. Die Einfuhren aus Russland stiegen - auch aufgrund höherer Energiepreise - wertmäßig um 51,3 Prozent auf 22,6 Milliarden Euro. Mengenmäßig sanken die Importe jedoch um 24,0 Prozent, wie die Wiesbadener Behörde am Freitag mitteilte.

Ein Containerschiff liegt im Waltershofer Hafen am Container Terminal im Hamburger Hafen.

© Julian Weber/dpaEin Containerschiff liegt im Waltershofer Hafen am Container Terminal im Hamburger Hafen.

Deutschland ist abhängig von Energieimporten aus dem Ausland. Die Preise für Öl und Gas sind seit Beginn des Ukraine-Krieges deutlich gestiegen. Russland liefert vor allem Rohstoffe und Energie.

Insgesamt lieferte Deutschland nach den jüngsten Daten in den ersten sechs Monaten Waren im Wert von 763,9 Milliarden Euro ins Ausland. Das waren 13,4 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Einfuhren stiegen um 26,5 Prozent auf 729,6 Milliarden Euro.

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Exporte: Deutsche Ausfuhren in Drittstaaten brechen ein

Die deutsche Industrie warnt bereits vor schweren Monaten für exportorientierte Unternehmen. Nun zeigen aktuelle Daten: Zu Beginn des zweiten Halbjahres sind die Ausfuhren in Nicht-EU-Länder deutlich zurückgegangen.

Exporte: Deutsche Ausfuhren in Drittstaaten brechen ein

© Julian Weber / dpaExporte: Deutsche Ausfuhren in Drittstaaten brechen ein

Wenn deutsche Exportzahlen verkündet wurden, waren es meist Erfolgsmeldungen. Doch nun stellen sich viele Firmen auf schwerere Zeiten ein. So sind Deutschlands Exporte in Drittstaaten wie China und die USA im Juli eingebrochen. Die Ausfuhren in die Länder, die nicht zur EU zählen, gingen im Juli um 7,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat zurück, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

Das war der erste Rückgang nach zuvor drei Anstiegen in Folge. Insgesamt summierten sich die Ausfuhren in die Länder außerhalb der EU – die knapp die Hälfte aller deutschen Exporte abdecken – kalender- und saisonbereinigt auf 56,8 Milliarden Euro.

Besser sieht die Bilanz im Vergleich mit dem Vorjahresmonat aus. Hier gab es ein Exportwachstum von 5,5 Prozent gemessen am Juli 2021. »Dieser wertmäßige Anstieg ist auch vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Außenhandelspreise zu sehen«, erklärten die Statistiker die Zahlen. Besonders die hohen Energiekosten verteuern derzeit weltweit viele Waren.

USA und China als wichtige Kunden

Wichtigster Kunde für die deutschen Exporteure bleiben die USA. Dorthin wurden im vergangenen Monat Waren im Wert von 12,5 Milliarden Euro geliefert – ein Plus von 14,9 Prozent zum Vorjahresmonat. Die Ausfuhren in die Volksrepublik China summierten sich auf 8,9 Milliarden Euro, was einer Zunahme von 6,1 Prozent entspricht. Die Exporte nach Großbritannien schrumpften hingegen um 2,2 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro.

Derweil verliert Russland nach den westlichen Sanktionen infolge des Krieges gegen die Ukraine an Gewicht. Die Exporte dorthin brachen im Juli um 56,0 Prozent auf 1,0 Milliarden Euro ein. Damit liegt Russland nur noch auf Rang zwölf der wichtigsten Bestimmungsländer für deutsche Exporte außerhalb der EU. Im Februar, als der Krieg begann, lag Russland noch auf Rang fünf.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) warnt vor einer schwierigen zweiten Jahreshälfte für die heimische Exportwirtschaft. »Lieferkettenstörungen und hohe Kosten für Energie, Rohstoffe und importierte Vorleistungen behindern weiterhin die Produktion, auch in der exportorientierten deutschen Industrie«, sagte DIHK-Expertin Carolin Herweg kürzlich. »Die sich abkühlende Konjunktur bei wichtigen Exportpartnern, wie den USA, China oder der Eurozone, dämpft zudem die Nachfrage nach Produkten ›Made in Germany‹.«

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„Wir müssen den Schiffbau nach Europa zurückholen“

Zweitakt-Testmotor im Research Center Copenhagen von MAN Energy Solutions Quelle: MAN ES/Niels Busch

Zweitakt-Testmotor im Research Center Copenhagen von MAN Energy Solutions Quelle: MAN ES/Niels Busch© MAN ES/Niels Busch

Die deutsche Schiffbau-Zulieferindustrie boomt, so wie auch der Schiffbau, vor allem in Asien und dort speziell in China und Südkorea. Das zeigt dieser Tage die Welt-Leitmesse der Schiffbau-Industrie, die SMM in Hamburg. Im heimische Bau von Zivilschiffen allerdings verliert Deutschland eine Werft nach der anderen – Fosen Yard in Emden gibt aus der Insolvenz heraus endgültig auf, die frühere MV Werft in Wismar baut künftig U-Boote, ihre ehemalige Schwesterwerft in Rostock-Warnemünde repariert demnächst Marineschiffe. Uwe Lauber (55), Vorstandvorsitzender von MAN Energy Solutions, sieht im deutschen Werftensterben auch ein Risiko für die international erfolgreiche Zulieferindustrie, sagte er WELT. Mit einem Marktanteil von 80 Prozent bei den Zweitakt Dieselmotoren – die etwa Containerschiffe, Massengutfrachter oder Tanker antreiben – und 25 Prozent bei den kleineren Viertaktmotoren ist MAN Energy Solutions der weltweit führende Hersteller von Schiffsantrieben. In nächster Zeit führt das Unternehmen auch neue Motoren für alternative Kraftstoffe wie Ammoniak und Methanol ein. Auch für tief gekühltes, verflüssigtes Erdgas (LNG) als Alternative zum Schweröl sind Motoren von MAN Energy Solutions bereits ausgelegt.

WELT: Herr Lauber, die deutsche maritime Zulieferindustrie mit Unternehmen wie MAN Energy Solutions boomt, die deutschen Werften sterben, eine nach der anderen, zuletzt Fosen Yard in Emden. Warum bekommt die Industrie in Deutschland beides nicht mehr zusammen?

Lauber: Für die Industrie in Asien, und speziell auch in China, ist der Schiffbau Kerngeschäft, auch, um den eigenen Anteil am Welthandel immer weiter auszubauen. Das macht es für die Werften in Deutschland und in Europa sehr schwierig. Unsere heimische Schifffahrtsindustrie würde heutzutage schon den Stahl gar nicht zu den Preisen bekommen, zu denen chinesische Werften ihn verbauen können, mit Unterstützung des Staates.

WELT: Das bedeutet, deutsche Werften und deutsche Zulieferindustrie driften immer weiter auseinander.

Lauber: Nicht unbedingt. Je mehr die heimischen Werften in die Defensive geraten, desto mehr leidet darunter auch die deutsche Schiffbau-Zulieferindustrie. Deutschland baut ja nach wie vor Schiffe, die weltweit technologisch an der Spitze stehen, vom Kreuzfahrtschiff über die Superyacht bis zum U-Boot. Die deutschen und die europäischen Werften und die Zulieferindustrie entwickeln und realisieren nach wie vor gemeinsam solche Projekte, zum Beispiel Schiffe mit LNG-Antrieben oder mit Brennstoffzellen an Bord.

WELT: Mittlerweile sind die deutschen Werften aber auf nur noch wenige Segmente im Spezialschiffbau zurückgedrängt.

Lauber: Das ist ein großes Problem. Auch chinesische Werften werden künftig Kreuzfahrtschiffe bauen, bislang eine Domäne der Meyer Werft oder von Fincantieri in Italien. Wir müssen in der Europäischen Union eine gemeinsame Antwort finden, einen Rechtsrahmen schaffen, um der Subventionierung des chinesischen Schiffbaus etwas entgegenzusetzen. Der Klima- und Umweltschutz kann für die deutschen und europäischen Werften eine große Chance sein.

WELT: Inwiefern kann das so sein?

Lauber: Europäische Werften können Schiffe mit weniger Ausstoß von Treibhausgasen bauen als asiatische Werften – das wäre ein Kriterium, um einen Rahmen für den europäischen Schiffbau zu schaffen. Ein anderes wäre dies: Europa muss in großem Umfang auch auf die Absorbierung und Speicherung von Kohlendioxid setzen. Viele übersehen, dass CO2 auch ein Rohstoff ist, den wir auch künftig brauchen werden – zum Beispiel, um gemeinsam mit regenerativ erzeugtem, ,grünem‘ Wasserstoff in Raffinerien synthetische Kraftstoffe herzustellen. Um das hinzubekommen, muss das CO2 künftig zirkulieren wie eine Pfandflasche, und wir brauchen eine Infrastruktur für den Transport, zum Beispiel mit speziellen Tankern, die in Europa gebaut werden könnten.

Uwe Lauber, Chef von MAN Energy Solutions Quelle: MAN Energy SolutionsSebastian Vollmert

Uwe Lauber, Chef von MAN Energy Solutions Quelle: MAN Energy SolutionsSebastian Vollmert© MAN Energy SolutionsSebastian Vollmert

WELT: Welche neuen Märkte könnte sich die europäische Werftindustrie noch erschließen?

Lauber: Ein riesiger Markt ist das sogenannte ,Retrofit‘, die Modernisierung bereits fahrender Schiffe, um deren Energieverbrauch und Emissionen zu senken. Warum sollten die europäischen Reedereien das in Asien tun lassen? Das können europäische Werften ebenso gut. Dafür brauche ich vor allem ein gutes Projektmanagement und eine gute Logistik. Das können wir hierzulande sehr gut. Abgesehen davon, sind asiatische Werften im Zweifel mit Neubauten für Jahre ausgebucht.

WELT: Sollten deutsche Werften dabei auch die sehr großen Containerschiffe und Massengutfrachter bearbeiten, die sie längst nicht mehr selbst bauen?

Lauber: Auf jeden Fall dort, wo die entsprechenden Docks zur Verfügung stehen. Das kann ein Neustart für den heimischen Schiffbau sein – und es wäre allemal besser, als den Werften Subventionen zu zahlen, die in kurzer Zeit verpuffen.

WELT: Müsste die Europäische Union einen strengeren, klaren Rahmen für die Emissionen von Treibhausgasen auch in der Schifffahrt setzen?

Lauber: Wir brauchen – auch in der Schifffahrt – einen klaren Fahrplan dafür, wie der Ausstoß von Treibhausgasen bepreist werden soll. Das ist unter den gegebenen Bedingungen des Ukraine-Krieges und der Energiekrise zwar schwierig. Trotzdem muss die Europäische Union hier deutlicher vorangehen.

WELT: Mangelt es den zumeist mittelständischen deutschen Werften nicht einfach an Kapital, um gegen die Übermacht in Asien überhaupt noch bestehen zu können?

Lauber: Das ist sicher so, und auch das müsste auf EU-Ebene durchdacht und diskutiert werden, wenn die Europäische Union den Schiffbau und die Schifffahrt als strategisch wichtige Branche erhalten will. Wir sehen ja vor dem Hintergrund der Pandemie und des Ukraine-Krieges in aller Deutlichkeit, wie wichtig eine sichere Containerschifffahrt ist, aber auch eine sichere Versorgung durch Massengutfrachter und Tanker mit Kohle, Erz, LNG-Gas und Rohöl. Warum bauen wir uns nicht unsere eigenen Tanker für LNG-Gas? Und später auch Tanker für Methanol, Ammoniak und eben für Kohlendioxid.

WELT: Wird es in den kommenden Jahren genügend ,grünen‘ Wasserstoff geben, der mithilfe von Ökostrom per Elektrolyse erzeugt werden soll?

Lauber: Von 2030 an bin ich zuversichtlich, dass es in vielen sonnen- und windreichen Ländern – auch in Europa – ausreichend Kapazitäten dafür geben wird. Zuvor wird ,grüner‘ Wasserstoff wohl eher nur in homöopathischen Dosen erzeugt werden. Wir müssen aber in Europa und speziell auch in Deutschland solche Projekte viel schneller vorantreiben. Die Initiative H2Global ist ein guter Ansatz, damit sich Deutschland zur Herstellung von ,grünem‘ Wasserstoff international mit Regionen vernetzt, die gute geografische Bedingungen dafür haben. Und solche Länder gibt es auch in Europa – die sonnenreichen Länder im Süden und die windreichen im Norden.

WELT: Hat der Schiffbau in Deutschland für all diese Herausforderungen genügend Nachwuchs?

Lauber: Jedenfalls nicht mehr in dem Ausmaß wie vor 20 oder 30 Jahren, als Schiffbau ein hoch angesehener Beruf in Deutschland war. Mittlerweile sind Schiffbau und auch Schifffahrt in Deutschland viel zu wenig sichtbar.

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Energiepreise: Ein Drittel der Betriebe fürchtet laut BDI um ihre Existenz

Angesichts der hohen Energiekosten trommeln die Verbände von Industrie und Handwerk für direkte Hilfen an die Unternehmen. Sie fürchten eine bislang nicht gekannte Pleitewelle. Wirtschaftsforscher bleiben da gelassener.

Energiepreise: Ein Drittel der Betriebe fürchtet laut BDI um ihre Existenz

Energiepreise: Ein Drittel der Betriebe fürchtet laut BDI um ihre Existenz© Bernd Weißbrod / dpa

Wirtschaft und Politik warnen angesichts explodierender Energiekosten vor einer Pleitewelle in Deutschland. In einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Industrieverbandes BDI heißt es, für 58 Prozent der Betriebe sei dies eine starke Herausforderung, für 34 Prozent gehe es um die Existenz. Letzteres hatten im Februar erst 23 Prozent gesagt. Fast jedes zehnte Unternehmen hat die Produktion schon gedrosselt oder sogar unterbrochen. Fast jede vierte Firma denke darüber nach oder sei bereits dabei, Unternehmensanteile oder Teile der Produktion sowie Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. "Die Bundesregierung muss schleunigst ein Entlastungsprogramm für die Wirtschaft auf den Weg bringen", forderte BDI-Präsident Siegfried Russwurm (59).

Auch im Handwerk spitzt sich die wirtschaftliche Lage dem Branchenverband ZDH zufolge dramatisch zu. "Im Handwerk rollt auf uns wegen der Energiekrise eine Insolvenzwelle zu", sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer (67) der "Rheinischen Post". "Jeden Tag erreichen uns Notrufe von Betrieben, die kurz davor sind, ihre Produktion einzustellen, weil sie die enorm gestiegenen Energierechnungen nicht mehr bezahlen können." Die Dynamik bei Pleiten sei "viel schlimmer als in den Hochphasen der Corona-Pandemie". Nach seinem Eindruck habe die Bundesregierung dies noch gar nicht auf dem Schirm. Der Staat müsste jetzt besonders betroffene, energieintensive Betriebe direkt mit Härtefallhilfen unterstützen.

Vor allem hohe Energiepreise haben die Inflation in Deutschland im August zuletzt auf 7,9 Prozent getrieben. Viele Ökonomen erwarten zweistellige Inflationsraten in den nächsten Monaten. Eine hohe Inflation schwächt die Kaufkraft der Menschen. Die Kaufzurückhaltung der Verbraucher und zugleich steigende Kosten setzen Unternehmen massiv zu. Etwa die Hälfte der Unternehmen wolle die gestiegenen Kosten weiterreichen und die Preise erhöhen, berichtet das Ifo-Institut. Doch immer öfter hilft auch das nicht, sehen Firmen offenbar keinen anderen Ausweg, als die Insolvenz: Zuletzt hatten der bekannte Schuhhändler Görtz und der Toilettenpapierhersteller Hakle sich ins Insolvenzverfahren begeben.

Verbände fordern direkte Hilfen für die Betriebe

Das Wirtschaftsministerium wiederum warnt vor der Gefahr von "stillen Betriebsaufgaben". Insolvenzen seien nicht das alleinige Maß – diese Verfahren dienten gerade dem Ziel, Betriebe zu erhalten. Es könnten aber auch Geschäfte einfach geschlossen werden, ohne einen Insolvenzantrag zu stellen, weil sie sich wegen zu hoher Kosten nicht mehr lohnten. Das sei vor allem für kleine und mittelgroße Firmen ein ernstes Problem. Das Ministerium reagierte damit auf Äußerungen von Ressortchef Robert Habeck am späten Dienstagabend, die vielfach kritisiert wurden.

Forscher erwarten keine signifikante Zunahme der Insolvenzen

Dem Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zufolge ist die Zahl der Firmenpleiten derzeit noch stabil. "Das Insolvenzgeschehen zeigt sich trotz Energiekrise, Lieferkettenproblemen und dem schrittweisen Auslaufen der Corona-Hilfen noch immer erfreulich robust", sagte IWH-Fachmann Steffen Müller. Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften liege im Juni bei 709 und damit etwas unter den Vormonaten und nahezu exakt auf dem Vorjahresniveau.

Auch für Juli und August sei mit keinen starken Veränderungen zu rechnen. Doch die Belastungen für die Firmen würden nochmals deutlich zulegen. Dazu gehörten die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro im Oktober, die seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeleitete Zinswende und weiter zu erwartende Preissteigerungen bei der Energie.

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„Kein AdBlue bedeutet keine Brummis. Und das bedeutet keine Versorgung für Deutschland“

Die Lager bei einem der wichtigsten Produzenten des Diesel-Reinigers AdBlue sind so gut wie leer. „Wir laufen trocken“, sagte ein Sprecher des Chemieunternehmens SKW Piesteritz der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. „Da wir nichts mehr produzieren, leeren sich unsere Lager.“

Der Diesel-Reinigungsstoff AdBlue wird knapp. Der Verband für Gütertransport und Logistik warnt vor massiven Auswirkungen auf die Branche und Versorgungsengpässen. Mithilfe von AdBlue werden schädliche Stoffe aus den Dieselabgasen in harmlose gespalten. Quelle: WELT

Der Diesel-Reinigungsstoff AdBlue wird knapp. Der Verband für Gütertransport und Logistik warnt vor massiven Auswirkungen auf die Branche und Versorgungsengpässen. Mithilfe von AdBlue werden schädliche Stoffe aus den Dieselabgasen in harmlose gespalten. Quelle: WELT© WELT

Das Unternehmen aus der Lutherstadt Wittenberg gehört mit BASF und Yara zu den größten Herstellern von AdBlue in Deutschland. Ohne den Abgasreiniger fährt kaum ein Lkw. Doch wegen der drastisch gestiegenen Gaspreise steht die Produktion bei SKW Piesteritz seit bereits zwei bis drei Wochen vollständig still, da sie für das Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich ist.

Der Bundesverband Gütertransport und Logistik (BGL) warnte vor Versorgungsengpässen in Deutschland. „Kein AdBlue bedeutet keine Brummis. Und das bedeutet keine Versorgung für Deutschland“, sagte der BGL-Hauptgeschäftsführer Dirk Engelhardt der „Bild“-Zeitung und verwies auch auf den Produktionsstillstand bei SKW. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warf Engelhardt vor, er fahre „Deutschland sehenden Auges an die Wand“.

SKW Piesteritz hat mit dem BGL zwar eine Notfallreserve vereinbart. Von dieser waren aber zuletzt nur noch rund eine Million Liter AdBlue übrig, wie der SKW-Sprecher zu Reuters sagte. Doch nach Angaben des Konzerns benötigt die Logistik in Deutschland 2,5 Millionen Liter AdBlue pro Tag, alle Pkw alleine fünf Millionen Liter pro Tag.

Der Konzern ist massiv auf Gas angewiesen, da es dieses als Rohstoff in der Produktion einsetzt und nicht ersetzen kann. Jährlich benötigt das Unternehmen 14 Terrawattstunden Gas, die explodierten Preise treffen SKW daher ins Mark. Zudem müsse der Konzern monatlich voraussichtlich 30 Millionen Euro Gasumlage zahlen. Das sei finanziell nicht zu stemmen. Eigentlich sei SKW ein „kerngesundes“ Unternehmen, sagte der Sprecher.

Von der Politik fordert SKW Piesteritz – das nach eigenen Angaben Deutschlands größter Ammoniak- und Harnstoffproduzent ist und auch Stickstoff-Düngemittel herstellt – eine Deckelung des Gaspreises und eine Ausnahme bei der Gasumlage für Unternehmen, die Gas als Rohstoff einsetzen. „Wenn nichts passiert, müssen wir zum 1. Oktober Kurzarbeit anmelden.“ SKW Piesteritz beschäftigt 850 Mitarbeiter, den Großteil davon in der Produktion.

Bei AdBlue handelt es sich um Harnstoff, den Katalysatoren für Dieselmotoren brauchen, um schädliche Stickoxide aus den Abgasen in harmlosen Wasserstoff und in Stickstoff zu spalten.

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Aufträge der deutschen Industrie erreichen neuen Höchstwert

Die Auftragsbücher der deutschen Industriebetriebe sind trotz der sich abzeichnenden Rezession so prall gefüllt wie noch nie. Der Bestand an Bestellungen sei im Juli um 0,7 Prozent zum Vormonat gewachsen, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es einen Zuwachs von 12,6 Prozent. „Damit hat der Auftragsbestand des Verarbeitenden Gewerbes einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung im Jahr 2015 erreicht“, wie die Statistiker betonten, die auch einen Grund für den Auftragsstau hinterher schoben: „Neben hohen Energiekosten für die Industriebetriebe führt die anhaltende Knappheit an Vorprodukten nach wie vor zu Problemen beim Abarbeiten der Aufträge“, hieß es.

Trotz drohender Rezession hat der „Auftragsbestand des Verarbeitenden Gewerbes einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung“ erreicht, erklärt das Statistische Bundesamt. (Symbolbild) Quelle: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Trotz drohender Rezession hat der „Auftragsbestand des Verarbeitenden Gewerbes einen neuen Höchststand seit Beginn der Erfassung“ erreicht, erklärt das Statistische Bundesamt. (Symbolbild) Quelle: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Die offenen Aufträge aus dem Inland erhöhten sich im Juli um 0,3 Prozent zum Vormonat, die aus dem Ausland um 0,8 Prozent. Besonders bei den Herstellern von Investitionsgütern wie Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge stapelten sich die Bestellungen: Hier gab es ein Plus von 0,7 Prozent. Verlassen sollte sich die Industrie auf ihre dicken Auftragsbücher allerdings nicht: Ökonomen warnen davor, dass in einer wegen der Energiekrise drohenden Rezession bereits erteilte Aufträge auch wieder storniert werden könnten.

Die Reichweite des Auftragsbestands stagnierte den Angaben zufolge bei 8,0 Monaten. Diese gibt an, wie viele Monate die Betriebe bei gleichbleibendem Umsatz ohne neue Auftragseingänge theoretisch produzieren müssten, um die vorhandenen Aufträge abzuarbeiten. Bei den Herstellern von Investitionsgütern ist die Reichweite mit 11,9 Monaten überdurchschnittlich hoch.

Einer Umfrage des Ifo-Instituts zufolge nahmen die Klagen in der Industrie über fehlende Vorprodukte und Materialien zuletzt merklich ab: Im August berichteten 62 Prozent der Firmen über Engpässe, im Juli waren es noch mehr als 73 Prozent. Das spricht dafür, dass Bestellungen künftig etwas schneller bedient werden können.

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Oettinger: Wirtschaftliches «Klumpenrisiko» gegenüber China

Deutschland muss aus Sicht des ehemaligen EU-Kommissars Günther Oettinger unbedingt wirtschaftlich unabhängiger von China werden. Wenn China Taiwan attackieren sollte und die USA militärisch eingreifen würden, werde Deutschland zu Sanktionen gegen China genötigt, gegen die die Sanktionen gegen Russland «Peanuts» seien, warnte Oettinger am Dienstag beim Kongress Bodensee Business Forum der «Schwäbischen Zeitung» in Friedrichshafen. Der VW-Konzern verkaufe 40 Prozent aller Autos in China, sagte Oettinger. «Wir haben ein Klumpenrisiko.» Politik und Industrie müssten nun eine gemeinsame Perspektive entwickeln. «Ansonsten knallt uns das deutsche Modell - Gas aus Russland und S-Klasse nach China - voll auf die Füße.» Es brauche Handelsabkommen mit anderen Teilen der Welt.

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Inflationswelle oder Massenpleite – ein Szenario wird Deutschland erwischen

Eine einzige Zahl zeigt das Dilemma, das Deutschland in diesem Herbst bevorsteht: 45,8. Um so viel Prozent sind die Erzeugerpreise im August gestiegen. Für die heimischen Produzenten ist das nicht nur die heftigste Kostensteigerung seit Beginn der Statistik im Jahr 1949.

„Es ist etwas spät, um sich mit den Ländern zusammenzusetzen“, sagt Thorsten Jungholt, politischer Korrespondent bei WELT. Im Streit um die Finanzierung des Entlastungspakets sei es verständlich, dass die Bundesländer nicht ganz zufrieden mit der Vorgangsweise des Bundes seien. Quelle: WELT

„Es ist etwas spät, um sich mit den Ländern zusammenzusetzen“, sagt Thorsten Jungholt, politischer Korrespondent bei WELT. Im Streit um die Finanzierung des Entlastungspakets sei es verständlich, dass die Bundesländer nicht ganz zufrieden mit der Vorgangsweise des Bundes seien. Quelle: WELT© WELT

Die Zahl birgt auch politischen und sozialen Sprengstoff für die kommenden Monate. Denn geben die Erzeuger, also die Firmen, diese Preissteigerungen an die Endverbraucher weiter, steht das Land vor einer Inflationsexplosion. Sollten die Firmen dagegen die Preise nicht auf die Konsumenten abwälzen können, droht Deutschland womöglich eine Pleitewelle.

Allein gegenüber dem Vormonat betrug die Kostensteigerung für die Erzeuger 7,9 Prozent. Auch das war der höchste jemals gemessene Wert, wie aus der Zeitreihe des Statistischen Bundesamts (Destatis) hervorgeht.

Der größte Kostentreiber war der Bereich Energie. Die Preise für Öl, Gas, Strom und andere Energieformen haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt, der Anstieg lag bei historisch einmaligen 139 Prozent. Dramatisch für die Betriebe war die Verteuerung von Elektrizität. Gegenüber 2021 schossen die Strompreise um 174,9 Prozent nach oben.

Doch auch außerhalb des Energiekomplexes ist der Inflationsdruck enorm: Der Produzentenpreisindex ohne Energie kletterte laut Destatis im Jahresvergleich ebenfalls um 14 Prozent. Auch wenn hier der Trend leicht rückläufig ist, offenbart diese Zahl, dass die Teuerung bereits zahlreiche andere Wirtschaftsbereiche erfasst hat.

Ökonomen zeigten sich überrascht von der Stärke der Inflation auf Erzeugerebene. „Ein unfassbarer Preishammer“, kommentierte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch die Entwicklung. „Das alles verheißt nichts Gutes für die Inflation. Sie ist gekommen, um zu bleiben.“ Die Produzentenpreise gelten als Vorläufer für die Entwicklung der allgemeinen Inflation.

Firmen scheuen teurere Preise für Kunden

In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt – noch bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Im August hatte Destatis den Anstieg der Verbraucherpreise auf 7,9 Prozent zum Vorjahr beziffert.

Mit Auslaufen des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts sei im September mit weiterem Schub zu rechnen, erwarten mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute wie auch die Deutsche Bundesbank. Die Inflationsrate dürfte „in den nächsten Monaten in den zweistelligen Bereich vorrücken“, schrieben die Notenbanker in ihrem Monatsbericht.

Produzentenpreise in der Wirtschaft lassen sich nicht eins zu eins auf die Konsumentenpreise übertragen, doch besteht zwischen beiden Größen eine Wechselwirkung. Die Preise für die Erzeugung gewerblicher Produkte schwanken traditionell stärker als die Preise, die Verbraucher zum Beispiel an der Ladenkasse bezahlen.

Viele Betriebe scheuen sich, höhere Kosten direkt weiterzureichen, weil sie unter anderem befürchten, dann Kunden zu vergraulen. Manchmal hindern auch langfristige Verträge Firmen daran, die Kostensteigerungen abzuwälzen. Doch auf Dauer können die Betriebe dem Druck schwer standhalten, den die Produzentenpreise auf sie ausüben.

Nach einer Umfrage des Ifo-Instituts äußerten zuletzt rund die Hälfte der deutschen Unternehmen die Absicht, die Preise zu erhöhen. Dieser Wert liegt nahe am historischen Höchstwert: Laut Ifo kündigten im August 47,5 Prozent der Firmen Verteuerungen an, im Juli waren es 47,6 Prozent.

Auf Preissteigerungen auf breiter Front müssen sich Verbraucher einstellen, wenn sie Lebensmittel kaufen. In dem Bereich wollen fast alle Firmen höhere Kosten abwälzen. „Ein Auslaufen der Inflationswelle ist leider nicht in Sicht“, sagte dazu Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

„Bislang ist von den Energieversorgern nur ein geringer Teil der kräftigen Anstiege der Börsenpreise für Strom und Erdgas an die Kunden weitergegeben worden. Das dürfte sich in den kommenden Monaten ändern und zu zweistelligen Inflationsraten führen. Die Verbraucher werden daher ihren Konsum einschränken und die gesamte Wirtschaftsleistung wird in der zweiten Jahreshälfte schrumpfen“, sagt Wollmershäuser.

Besonders viele Bekleidungshersteller wollen ihre Preise erhöhen; der Wert stieg auf 89,2 nach 84,6 im Juli. Sehr hoch liegen die Zahlen auch in der Gastronomie (76,4), in der Betreuung von Gebäuden (76,5), bei den Herstellern von Schuhen und Lederwaren (71,2), den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (71,3) und in den Reisebüros (69,3).

Auch Unternehmensberater empfehlen den Firmen, ihre Kosten weiterzugeben. Nach einer Erhebung der Boston Consulting Group haben sich in den vergangenen Monaten noch viele Betriebe mit Preisanpassungen zurückgehalten: „Unternehmen sollten trotz der beispiellosen Unsicherheit noch im vierten Quartal handeln, um Wachstum und Margen zu schützen“, sagte Jochen Schönfelder, Partner bei BCG.

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Inflationswelle oder Massenpleite – ein Szenario wird Deutschland erwischen

Eine einzige Zahl zeigt das Dilemma, das Deutschland in diesem Herbst bevorsteht: 45,8. Um so viel Prozent sind die Erzeugerpreise im August gestiegen. Für die heimischen Produzenten ist das nicht nur die heftigste Kostensteigerung seit Beginn der Statistik im Jahr 1949.

„Es ist etwas spät, um sich mit den Ländern zusammenzusetzen“, sagt Thorsten Jungholt, politischer Korrespondent bei WELT. Im Streit um die Finanzierung des Entlastungspakets sei es verständlich, dass die Bundesländer nicht ganz zufrieden mit der Vorgangsweise des Bundes seien. Quelle: WELT

„Es ist etwas spät, um sich mit den Ländern zusammenzusetzen“, sagt Thorsten Jungholt, politischer Korrespondent bei WELT. Im Streit um die Finanzierung des Entlastungspakets sei es verständlich, dass die Bundesländer nicht ganz zufrieden mit der Vorgangsweise des Bundes seien. Quelle: WELT© WELT

Die Zahl birgt auch politischen und sozialen Sprengstoff für die kommenden Monate. Denn geben die Erzeuger, also die Firmen, diese Preissteigerungen an die Endverbraucher weiter, steht das Land vor einer Inflationsexplosion. Sollten die Firmen dagegen die Preise nicht auf die Konsumenten abwälzen können, droht Deutschland womöglich eine Pleitewelle.

Allein gegenüber dem Vormonat betrug die Kostensteigerung für die Erzeuger 7,9 Prozent. Auch das war der höchste jemals gemessene Wert, wie aus der Zeitreihe des Statistischen Bundesamts (Destatis) hervorgeht.

Der größte Kostentreiber war der Bereich Energie. Die Preise für Öl, Gas, Strom und andere Energieformen haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt, der Anstieg lag bei historisch einmaligen 139 Prozent. Dramatisch für die Betriebe war die Verteuerung von Elektrizität. Gegenüber 2021 schossen die Strompreise um 174,9 Prozent nach oben.

Doch auch außerhalb des Energiekomplexes ist der Inflationsdruck enorm: Der Produzentenpreisindex ohne Energie kletterte laut Destatis im Jahresvergleich ebenfalls um 14 Prozent. Auch wenn hier der Trend leicht rückläufig ist, offenbart diese Zahl, dass die Teuerung bereits zahlreiche andere Wirtschaftsbereiche erfasst hat.

Ökonomen zeigten sich überrascht von der Stärke der Inflation auf Erzeugerebene. „Ein unfassbarer Preishammer“, kommentierte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch die Entwicklung. „Das alles verheißt nichts Gutes für die Inflation. Sie ist gekommen, um zu bleiben.“ Die Produzentenpreise gelten als Vorläufer für die Entwicklung der allgemeinen Inflation.

Firmen scheuen teurere Preise für Kunden

In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt – noch bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Im August hatte Destatis den Anstieg der Verbraucherpreise auf 7,9 Prozent zum Vorjahr beziffert.

Mit Auslaufen des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts sei im September mit weiterem Schub zu rechnen, erwarten mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute wie auch die Deutsche Bundesbank. Die Inflationsrate dürfte „in den nächsten Monaten in den zweistelligen Bereich vorrücken“, schrieben die Notenbanker in ihrem Monatsbericht.

Produzentenpreise in der Wirtschaft lassen sich nicht eins zu eins auf die Konsumentenpreise übertragen, doch besteht zwischen beiden Größen eine Wechselwirkung. Die Preise für die Erzeugung gewerblicher Produkte schwanken traditionell stärker als die Preise, die Verbraucher zum Beispiel an der Ladenkasse bezahlen.

Viele Betriebe scheuen sich, höhere Kosten direkt weiterzureichen, weil sie unter anderem befürchten, dann Kunden zu vergraulen. Manchmal hindern auch langfristige Verträge Firmen daran, die Kostensteigerungen abzuwälzen. Doch auf Dauer können die Betriebe dem Druck schwer standhalten, den die Produzentenpreise auf sie ausüben.

Nach einer Umfrage des Ifo-Instituts äußerten zuletzt rund die Hälfte der deutschen Unternehmen die Absicht, die Preise zu erhöhen. Dieser Wert liegt nahe am historischen Höchstwert: Laut Ifo kündigten im August 47,5 Prozent der Firmen Verteuerungen an, im Juli waren es 47,6 Prozent.

Auf Preissteigerungen auf breiter Front müssen sich Verbraucher einstellen, wenn sie Lebensmittel kaufen. In dem Bereich wollen fast alle Firmen höhere Kosten abwälzen. „Ein Auslaufen der Inflationswelle ist leider nicht in Sicht“, sagte dazu Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

„Bislang ist von den Energieversorgern nur ein geringer Teil der kräftigen Anstiege der Börsenpreise für Strom und Erdgas an die Kunden weitergegeben worden. Das dürfte sich in den kommenden Monaten ändern und zu zweistelligen Inflationsraten führen. Die Verbraucher werden daher ihren Konsum einschränken und die gesamte Wirtschaftsleistung wird in der zweiten Jahreshälfte schrumpfen“, sagt Wollmershäuser.

Besonders viele Bekleidungshersteller wollen ihre Preise erhöhen; der Wert stieg auf 89,2 nach 84,6 im Juli. Sehr hoch liegen die Zahlen auch in der Gastronomie (76,4), in der Betreuung von Gebäuden (76,5), bei den Herstellern von Schuhen und Lederwaren (71,2), den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (71,3) und in den Reisebüros (69,3).

Auch Unternehmensberater empfehlen den Firmen, ihre Kosten weiterzugeben. Nach einer Erhebung der Boston Consulting Group haben sich in den vergangenen Monaten noch viele Betriebe mit Preisanpassungen zurückgehalten: „Unternehmen sollten trotz der beispiellosen Unsicherheit noch im vierten Quartal handeln, um Wachstum und Margen zu schützen“, sagte Jochen Schönfelder, Partner bei BCG.

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Deutlich mehr Firmenpleiten im September

Auf Corona folgt die Energiekrise: Viele Unternehmen setzt das massiv unter Druck.

Auf Corona folgt die Energiekrise: Viele Unternehmen setzt das massiv unter Druck.© dpa

Die Firmenpleiten haben nach Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) im September deutlich zugenommen. Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften ist um 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 762 gestiegen, wie aus dem am Montag veröffentlichten IWH-Insolvenztrend hervorgeht. „Die Zahl der Insolvenzen wird in den nächsten Monaten weiter spürbar ansteigen“, sagte IWH-Experte Steffen Müller voraus.

Verantwortlich dafür sind den Angaben nach neben der sich eintrübenden konjunkturellen Lage in erster Linie stark steigende Preise bei wichtigen Produktionsfaktoren. Neben den Kosten für Energie klettern derzeit auch Löhne und Kreditzinsen nach oben. „Nach langer Zeit sehr niedrigen Insolvenzzahlen werden diese im November 2022 voraussichtlich wieder den Stand von vor der Corona-Pandemie erreichen“, sagte Müller. Für das Gesamtjahr sei trotz der schnell steigenden Zahlen lediglich ein Zuwachs zwischen 12 bis 14 Prozent zu erwarten, da die Insolvenzzahlen in der ersten Jahreshälfte noch leicht unter dem Vorjahresniveau lagen.

„Im Handwerk rollt auf uns eine Insolvenzwelle zu“

Dem IWH zufolge wird das Bruttoinlandsprodukt im kommenden Jahr um 1,4 Prozent sinken, nachdem es in diesem Jahr noch um 1,1 Prozent wachsen soll. „Die deutsche Wirtschaft steht vor einer Rezession“, fasste das IWH seine kürzlich veröffentlichte Herbstprognose zusammen. „Grund ist der enorme Anstieg der Preise für fossile Energieträger.“

Wegen explodierender Energiekosten haben die Warnungen aus Politik und Wirtschaft vor einer Pleitewelle zuletzt zugenommen. Dem Industrieverband BDI zufolge ist dies für 58 Prozent der Betriebe eine starke Herausforderung, für 34 Prozent geht es um die Existenz. Auch im Handwerk spitzt sich die wirtschaftliche Lage laut dem Branchenverband ZDH dramatisch zu. „Im Handwerk rollt auf uns wegen der Energiekrise eine Insolvenzwelle zu“, sagte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer.