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Umweltschutz und Wetter
Zitat von Gast am 7. November 2022, 12:27 UhrVon wegen grüner Strom - So macht Habeck das Elektroauto zum Kohle-Stinker
E-Autos gelten als „Null-Emissionsfahrzeuge“. In Wahrheit steht nur der Auspuff woanders. Deutschlands Energiepolitik verschlechtert die Öko-Bilanz der Autos. In Frankreich verursachen Stromer wegen des hohen Kernenergie-Anteils einen Bruchteil der Emissionen.
Während sich die EU auf ein Aus von Verbrennungsmotoren ab 2035 festgelegt hat, mehren sich die Fragezeichen, ob diese Strategie auch tatsächlich zu den Klima-Zielen der EU beiträgt. Schon bislang waren E-Autos keineswegs sauber und CO2-frei – nicht in Produktion und Entsorgung, aber erst recht nicht im Betrieb. Und das Problem verschärft sich mit dem Ukraine-Konflikt massiv.
Denn jetzt kommen mehrere Negativ-Faktoren für den deutschen Strommix zusammen: Funktionstüchtige Kernkraftwerke werden abgeschaltet und die aus Russland gelieferten Gasmengen werden heruntergefahren. Das bedeutet eine Renaissance der Kohle. Denn Wirtschaftsminister Habeck schließt eine Rückkehr zur Kernkraft aus - mit Unterstützung der Koalitionspartner FDP und SPD. Damit wird Strom nicht nur teurer, sondern auch schmutziger. Auch, wenn Elektroautos damit geladen werden – und natürlich auch dann, wenn auf der Ladesäule das Etikett „Ökostrom“ steht.
Beim Elektroauto steht der Auspuff im Kraftwerk
Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat berechnet, welche Energiemengen für den Betrieb eines durchschnittlichen Elektroautos von der Batterieladung bis zum Rad aufgewendet werden müssen. Er hat dazu bei einem mit 18,4 kWh pro 100 Kilometer angesetzten elektrischen Durchschnittsenergiebedarf einen Gesamtbedarf der Kraftwerke von 23,6 kWh pro 100 Kilometer angesetzt.
Dabei hat das KIT nach eigenen Angaben auch Verluste mit einbezogen, die normalerweise nicht berücksichtigt werden; unter anderem Hochspannungsleitungs- und Transformationsverluste, Verluste in Verteilernetzwerken sowie Verluste beim Laden der Fahrzeuge und weitere nachteilige Effekte. Sonderbedingungen wie besonders niedrige Temperaturen oder auch verlustträchtiges Schnelladen wurden dagegen nicht berücksichtigt.
Wie ist die reale CO2-Bilanz des Elektroautos?
Schon bislang schaute die CO2-Gesamtbilanz von Elektroautos keineswegs so optimistisch aus wie oftmals publiziert. Denn ihr CO2-Ausstoß bemisst sich in einer korrekten Betrachtung an dem überwiegend nicht regenerativen Teil des Energienetzes. - Warum? Weil die regenerativen Energien zur Bedarfsdeckung des Landes nicht ausreichen und alles, was über den Grundbedarf hinaus benötigt wird, typischerweise aus weiteren flexibleren Energiequellen kommen muss. Und das ist der bekannte Mix aus Steinkohle, Braunkohle sowie zunehmend weniger Gas und Nuklearenergie.
Das KIT hat unter dieser Prämisse auf der Basis von Echtzeitdaten des Jahres 2022 den CO2-Ausstoß eines durchschnittlichen Kompakt-Elektroautos für das 1. und 2. Quartal 2022, also in der ersten Jahreshälfte 2022, ermittelt. Eine Jahreshälfte mit einem kälterem Quartal 1 und einem wärmeren Quartal 2 ist repräsentativ für ein Gesamtjahr. Dabei sind die Wissenschaftler zu dem Ergebnis gekommen, dass der CO2-Ausstoß im Mittel bei 175 g CO2 pro km liegt.
175 Gramm CO2 pro Kilometer fürs E-Auto
Dieser Wert wird in Zukunft allerdings nicht mehr erreicht werden können: Im 1. und 2. Quartal 2023, also in der ersten Jahreshälfte 2023, wird die CO2-Emission im Vergleich zum 1. Halbjahr 2022 unter der Annahme identischer Wetterbedingungen deutlich steigen, und zwar vor allem durch den Wegfall der Kernkraft zum 15.04.2023. Es ergäbe sich ein Wert von 184 g CO2/km.
Mit der kompletten Abschaltung der Kernkraftwerke im Jahr 2024 wird dieser Wert laut den Berechnungen dann auf 196 g CO2/km ansteigen. Hierbei hat das KIT für das Jahr 2024 angenommen, dass ein Ausbau von Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen von 10 Prozent im Vergleich zum September 2022 erreicht wird.
10 Prozent Windkraft-Ausbau bis 2024
Tatsächlich könnte es aber noch schlimmer kommen: Wenn durch den Krieg in der Ukraine die Gasversorgung kritisch bleibt und deshalb der elektrische Energiebeitrag der Gaskraftwerke in Teilen ersetzt werden muss, so verbleibt in Deutschland ab 2024 nur Steinkohle und Braunkohle als Alternative. Hierdurch steigen die CO2 Emissionen weiter an: Bei einer Gasreduzierung von 20 Prozent steigt die fahrzeugbedingte CO2 Emission eines Elektrofahrzeuges im Jahr 2024 von 196 gCO2/km auf 201 gCO2/km. Eine 40-prozentige Reduktion des Erdgasbeitrages führt sogar zu einer Emission von 207 gCO2/km. Dann würden Elektroautos in den nächsten Jahren nochmals schmutziger als heute.
Diesel mit Öko-Sprit könnte sauberer sein als E-Auto
Zum Vergleich: Ein moderner Kompaktklasse-Diesel hat in einer ganzheitlichen Betrachtung – über den reinen Verbrauch im Auto hinaus – eine CO2-Emission von 153 g CO2 pro km. Mit dem Öko-Diesel R33 betankt, ergibt sich ein Wert von ca. 115 g CO2 pro km. Als Hybridvariante käme ein solches Fahrzeug auf circa 85 g CO2 pro km - und mit dem reinen Ökodiesel HVO betankt sogar auf nur 11 g CO2 pro km. Zwar stehen regenerative Kraftstoffe derzeit noch nicht in großen Mengen zur Verfügung, so dass das volle Potenzial eher theoretischer Natur ist. Doch schon ein normal betankter Diesel könnte in Deutschland wegen des „Rückalls“ zur Kohle bald einen Emissions-Vorteil haben. In der KIT-Analyse sind übrigens die CO2-Emissionen durch den nötigen Infrastrukturaufbau für E-Autos noch nicht enthalten.
Mit Atomkraft wird das E-Auto tatsächlich zum „Klima-Retter“
Die Zeitschrift „Auto Motor & Sport“ hat im Sommer 2021 ebenfalls untersucht, wie sauber Stromer tatsächlich unterwegs sind. „In einem Land wie Polen stoßen Elektroautos sogar noch mehr CO2 aus als Verbrennerautos, in Deutschland hält sich die Bilanz die Waage. Allein in Frankreich sind Elektroautos wirklich fast CO2-neutral unterwegs“, so die Auto-Experten, die damals den tatsächlich „getankten“ Strommix bei einem VW ID3 verglichen:
- In Frankreich mit seinem hohen Anteil an fast CO2-freiem Atomstrom fährt der ID.3 laut den Daten praktisch ohne Ausstoß von Kohlendioxid. „Nur 11,5 Gramm CO2 emittiert der ID.3, wenn er an einer französischen Ladesäule aufgeladen wird“, so die „Auto Motor & Sport“.
- In Deutschland sah es schon damals anders aus. „Wind und Sonne erzeugen immer noch so wenig Energie, dass Kohle und Gas hohe Stromanteile liefern und der ID.3 deshalb in Deutschland 91,2 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. In Polen ist es aus Klimagründen sogar deutlich besser, mit einem Benziner oder Diesel zu fahren. Denn dort ist der Kohleanteil bei der Stromerzeugung so hoch, dass der ID.3 167,7 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt“, heißt es weiter.
- "Der CO2-Wert hat sich schon 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich verschlechtert – zeitweise wurden fast 500 Gramm CO2 pro kWh ausgestoßen. An solchen Tagen liegt Deutschland nur noch wenig unter dem Ausstoß polnischen Kohlestroms", so die Experten der "Auto Motor & Sport".
Kernenergie ebenso grün wie Wind- oder Solarenergie
Kein Wunder, dass das ebenfalls stark auf Emobilität setzende Frankreich also gar nicht daran denkt, aus der Kernkraft auszusteigen. Im Gegenteil: Sechs neue Kernkraftwerke sollen gebaut werden und die ersten davon schon in den 2030er Jahren ans Netz gehen. Erst vor wenigen Tagen bekräftigte Frankreichs Präsident Macron noch einmal seine Pläne. Dabei hilft, dass die EU - gegen den erbitterten Widerstand der deutschen Ampel-Regierung - die CO2-arme Kernkraft offiziell als grüne Energie eingestuft hat. Das erleichtert Finanzierung und Genehmigungsverfrahren. In Deutschland dagegen erhält nur die Wind- und Solar-Lobby von der Ampel-Regierung Sonderrechte, um Projekte schneller und auch gegen den Widerstand von Anwohnern durchsetzen zu können.
Wind und Solar brauchen Backup aus stabilen Energiequellen
Klar ist: Der Ausbau dieser Energieformen wird zwar den CO2-Ausstoß des Landes senken, aber auch sehr lange dauern- und vor allem mangels Speichertechnologien nichts daran ändern, dass Deutschland weiterhin andere Energiequellen benötigt, wenn die Erneuerbaren Wetter-bedingt zeitweise ausfallen.
Professor Thomas Willner von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg gibt zu bedenken: „Während wir den CO2-Aussoß zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels eigentlich sofort senken müssten, führt die E-Mobilität stattdessen zu eine massiven Erhöhung der CO2-Emissionen gegenüber dem Status quo und damit zu einer noch schnelleren Erschöpfung des CO2-Budgets. Die Fokussierung der Politik auf E-Mobilität verhindert zudem, die bestehende Flotte, die zu über 99 % mit Verbrennungsmotoren fährt, schnellstmöglich klimaneutral zu machen.“
Dabei könnte der CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte mit klimaneutralen alternativen Kraftstoffen sofort reduziert werden: „Insbesondere abfallbasierte Kraftstoffe könnten einen schnellen und maßgeblichen Beitrag leisten. Weltweit gibt es einen enormen Überschuss an Abfällen, der dringend einer sinnvollen Nutzung im Sinne einer echten Kreislaufwirtschaft zugeführt werden,“ sagt Willner. Und fügt hinzu: „Die benötigten Technologien sind vorhanden und entsprechende Kraftstoffe mit erhöhten erneuerbaren Anteilen zwischen 10 und 100 % in Europa außerhalb Deutschlands schon an über 8000 Tankstellen erhältlich.“
Elektroauto und PV-Anlage sind das „Dream Team“
Immerhin gibt es einen Lichtblick: „Vor allem für Besitzer von Photovoltaikanlagen könnten Elektroautos interessant werden,“ so Professor Koch. Denn E-Autos könnten überschüssige elektrische Energie speichern und in den Nachtstunden abgeben. Der Ausbau der Solarenergie in Privathäusern und öffentlichen Gebäuden ist daher auch ein wesentlicher und durchaus sinnvoller Aspekt, mit dem die Ampel-Regierung die Emobilität fördern will. In der Gesamtbetrachtung des KIT ist dieses Potential allerdings bereits berücksichtig.
Bilanz kann unterschiedlich berechnet werden
Die Elektroauto-Szene lehnt die Berechnungsmethode des KIT zum CO2-Ausstoß allerdings ab, sondern legt lieber eine Berechnung mit dem duchschnittlichen Strommix zugrunde. Dann ergeben sich für das E-Auto bessere Werte, die freilich immer noch weit von der offiziellen Bezeichnung als "Zero Emission"-Fahrzeug entfernt sind; zudem werden dabei zum Beisiel die Netzwerk-Verluste nicht erfasst.
Professor Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung schrieb im Sommer 2021 in einem Beitrag für das Science Media Center, Professor Koch stelle die Frage, ob für den von E-Autos verbrauchten Strom der CO2-Ausstoß des Strommix insgesamt anzusetzen sei oder aber der CO2-Ausstoß des Grenzstrommix, also zusätzlich nötigen Stroms. Es gebe "Argumente für beide Positionen“. Standard sei aber die Verwendung der Durchschnittsemissionen. Denn Grenzstromemissionen ließen sich nicht klar zuordnen. Zudem könnten E-Autos künftig als flexible Speicher für überschüssige Wind- und Sonnenenergie dienen. Patrick Jochem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt meint: E-Autos könnten die Energiewende in der Stromerzeugung beschleunigen und zu negativen marginalen Emissionen führen, insbesondere, wenn man die E-Pkw als mobile Speicher in das Energiesystem integriere. Pläne für solche Anwendungen gibt es tatsächlich - allerdings bleibt offen, ob und wann sie im nötigen Ausmaß verwirklicht werden.
Auch Professor Lino Guzella, Präsident a.D. der ETH Zürich, hält die Berchnungsmethode des KIT für die bessere: “Meinen Studierenden erkläre ich den in diesem Zusammenhang relevanten Begriff des Grenzstroms mit dem folgenden Gedankenexperiment. Frage: Wenn Sie eine zusätzliche kWh elektrischer Energie benötigen, welches Kraftwerk wird diese Energiemenge ins Netz einspeisen? Antwort: Das wir das CO2-intensivste Kraftwerk sein, weil alle anderen weniger CO2-intensiven Kraftwerke bereits mit voller Kapazität ins Netz liefern. Andernfalls würde man ja unnötig viel CO2 produzieren, um die vorher geforderte Menge an elektrischer Energie zu liefern. Solange also noch Braunkohlekraftwerke im Netz aktiv sind, ist deren CO2-Intensität für die Grenzstrombetrachtung relevant. Ja nach Wirkungsgrad dieser Kraftwerke ist mit einem Wert von 0.9-1.1 kg CO2 pro kWh elektrischer Energie zu rechnen.”
Deutsche Kohle-Stinker gegen grüne Franzosen-Stromer
Egal welches Rechenmodell man anwendet: Fest steht, dass die Energiepolitik der Ampel der CO2-Bilanz des E-Autos durch den Ausstieg aus der Kernenergie bei gleichzeitigem Hochfahren stillgelegter Kohlekraftwerke keinen Gefallen tut. Besonders der deutschen Autoindustrie dürfte das sauer aufstoßen, denn die hat sich in der EU auf Gedeih und Verderb der Emobilität verpflichtet. Da wird es dann etwas peinlich, wenn Habecks Energiepolitik das E-Auto zumindest zeitweise zum Kohle-Stinker macht, während die Auto-Konkurrenz aus Frankreich dank grüner Kernenergie eine nahezu blütenweiße Eimissions-Wetse vorweisen kann.
Von wegen grüner Strom - So macht Habeck das Elektroauto zum Kohle-Stinker
E-Autos gelten als „Null-Emissionsfahrzeuge“. In Wahrheit steht nur der Auspuff woanders. Deutschlands Energiepolitik verschlechtert die Öko-Bilanz der Autos. In Frankreich verursachen Stromer wegen des hohen Kernenergie-Anteils einen Bruchteil der Emissionen.
Während sich die EU auf ein Aus von Verbrennungsmotoren ab 2035 festgelegt hat, mehren sich die Fragezeichen, ob diese Strategie auch tatsächlich zu den Klima-Zielen der EU beiträgt. Schon bislang waren E-Autos keineswegs sauber und CO2-frei – nicht in Produktion und Entsorgung, aber erst recht nicht im Betrieb. Und das Problem verschärft sich mit dem Ukraine-Konflikt massiv.
Denn jetzt kommen mehrere Negativ-Faktoren für den deutschen Strommix zusammen: Funktionstüchtige Kernkraftwerke werden abgeschaltet und die aus Russland gelieferten Gasmengen werden heruntergefahren. Das bedeutet eine Renaissance der Kohle. Denn Wirtschaftsminister Habeck schließt eine Rückkehr zur Kernkraft aus - mit Unterstützung der Koalitionspartner FDP und SPD. Damit wird Strom nicht nur teurer, sondern auch schmutziger. Auch, wenn Elektroautos damit geladen werden – und natürlich auch dann, wenn auf der Ladesäule das Etikett „Ökostrom“ steht.
Beim Elektroauto steht der Auspuff im Kraftwerk
Professor Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat berechnet, welche Energiemengen für den Betrieb eines durchschnittlichen Elektroautos von der Batterieladung bis zum Rad aufgewendet werden müssen. Er hat dazu bei einem mit 18,4 kWh pro 100 Kilometer angesetzten elektrischen Durchschnittsenergiebedarf einen Gesamtbedarf der Kraftwerke von 23,6 kWh pro 100 Kilometer angesetzt.
Dabei hat das KIT nach eigenen Angaben auch Verluste mit einbezogen, die normalerweise nicht berücksichtigt werden; unter anderem Hochspannungsleitungs- und Transformationsverluste, Verluste in Verteilernetzwerken sowie Verluste beim Laden der Fahrzeuge und weitere nachteilige Effekte. Sonderbedingungen wie besonders niedrige Temperaturen oder auch verlustträchtiges Schnelladen wurden dagegen nicht berücksichtigt.
Wie ist die reale CO2-Bilanz des Elektroautos?
Schon bislang schaute die CO2-Gesamtbilanz von Elektroautos keineswegs so optimistisch aus wie oftmals publiziert. Denn ihr CO2-Ausstoß bemisst sich in einer korrekten Betrachtung an dem überwiegend nicht regenerativen Teil des Energienetzes. - Warum? Weil die regenerativen Energien zur Bedarfsdeckung des Landes nicht ausreichen und alles, was über den Grundbedarf hinaus benötigt wird, typischerweise aus weiteren flexibleren Energiequellen kommen muss. Und das ist der bekannte Mix aus Steinkohle, Braunkohle sowie zunehmend weniger Gas und Nuklearenergie.
Das KIT hat unter dieser Prämisse auf der Basis von Echtzeitdaten des Jahres 2022 den CO2-Ausstoß eines durchschnittlichen Kompakt-Elektroautos für das 1. und 2. Quartal 2022, also in der ersten Jahreshälfte 2022, ermittelt. Eine Jahreshälfte mit einem kälterem Quartal 1 und einem wärmeren Quartal 2 ist repräsentativ für ein Gesamtjahr. Dabei sind die Wissenschaftler zu dem Ergebnis gekommen, dass der CO2-Ausstoß im Mittel bei 175 g CO2 pro km liegt.
175 Gramm CO2 pro Kilometer fürs E-Auto
Dieser Wert wird in Zukunft allerdings nicht mehr erreicht werden können: Im 1. und 2. Quartal 2023, also in der ersten Jahreshälfte 2023, wird die CO2-Emission im Vergleich zum 1. Halbjahr 2022 unter der Annahme identischer Wetterbedingungen deutlich steigen, und zwar vor allem durch den Wegfall der Kernkraft zum 15.04.2023. Es ergäbe sich ein Wert von 184 g CO2/km.
Mit der kompletten Abschaltung der Kernkraftwerke im Jahr 2024 wird dieser Wert laut den Berechnungen dann auf 196 g CO2/km ansteigen. Hierbei hat das KIT für das Jahr 2024 angenommen, dass ein Ausbau von Windkraftanlagen und Photovoltaikanlagen von 10 Prozent im Vergleich zum September 2022 erreicht wird.
10 Prozent Windkraft-Ausbau bis 2024
Tatsächlich könnte es aber noch schlimmer kommen: Wenn durch den Krieg in der Ukraine die Gasversorgung kritisch bleibt und deshalb der elektrische Energiebeitrag der Gaskraftwerke in Teilen ersetzt werden muss, so verbleibt in Deutschland ab 2024 nur Steinkohle und Braunkohle als Alternative. Hierdurch steigen die CO2 Emissionen weiter an: Bei einer Gasreduzierung von 20 Prozent steigt die fahrzeugbedingte CO2 Emission eines Elektrofahrzeuges im Jahr 2024 von 196 gCO2/km auf 201 gCO2/km. Eine 40-prozentige Reduktion des Erdgasbeitrages führt sogar zu einer Emission von 207 gCO2/km. Dann würden Elektroautos in den nächsten Jahren nochmals schmutziger als heute.
Diesel mit Öko-Sprit könnte sauberer sein als E-Auto
Zum Vergleich: Ein moderner Kompaktklasse-Diesel hat in einer ganzheitlichen Betrachtung – über den reinen Verbrauch im Auto hinaus – eine CO2-Emission von 153 g CO2 pro km. Mit dem Öko-Diesel R33 betankt, ergibt sich ein Wert von ca. 115 g CO2 pro km. Als Hybridvariante käme ein solches Fahrzeug auf circa 85 g CO2 pro km - und mit dem reinen Ökodiesel HVO betankt sogar auf nur 11 g CO2 pro km. Zwar stehen regenerative Kraftstoffe derzeit noch nicht in großen Mengen zur Verfügung, so dass das volle Potenzial eher theoretischer Natur ist. Doch schon ein normal betankter Diesel könnte in Deutschland wegen des „Rückalls“ zur Kohle bald einen Emissions-Vorteil haben. In der KIT-Analyse sind übrigens die CO2-Emissionen durch den nötigen Infrastrukturaufbau für E-Autos noch nicht enthalten.
Mit Atomkraft wird das E-Auto tatsächlich zum „Klima-Retter“
Die Zeitschrift „Auto Motor & Sport“ hat im Sommer 2021 ebenfalls untersucht, wie sauber Stromer tatsächlich unterwegs sind. „In einem Land wie Polen stoßen Elektroautos sogar noch mehr CO2 aus als Verbrennerautos, in Deutschland hält sich die Bilanz die Waage. Allein in Frankreich sind Elektroautos wirklich fast CO2-neutral unterwegs“, so die Auto-Experten, die damals den tatsächlich „getankten“ Strommix bei einem VW ID3 verglichen:
- In Frankreich mit seinem hohen Anteil an fast CO2-freiem Atomstrom fährt der ID.3 laut den Daten praktisch ohne Ausstoß von Kohlendioxid. „Nur 11,5 Gramm CO2 emittiert der ID.3, wenn er an einer französischen Ladesäule aufgeladen wird“, so die „Auto Motor & Sport“.
- In Deutschland sah es schon damals anders aus. „Wind und Sonne erzeugen immer noch so wenig Energie, dass Kohle und Gas hohe Stromanteile liefern und der ID.3 deshalb in Deutschland 91,2 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. In Polen ist es aus Klimagründen sogar deutlich besser, mit einem Benziner oder Diesel zu fahren. Denn dort ist der Kohleanteil bei der Stromerzeugung so hoch, dass der ID.3 167,7 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt“, heißt es weiter.
- "Der CO2-Wert hat sich schon 2021 im Vergleich zum Vorjahr deutlich verschlechtert – zeitweise wurden fast 500 Gramm CO2 pro kWh ausgestoßen. An solchen Tagen liegt Deutschland nur noch wenig unter dem Ausstoß polnischen Kohlestroms", so die Experten der "Auto Motor & Sport".
Kernenergie ebenso grün wie Wind- oder Solarenergie
Kein Wunder, dass das ebenfalls stark auf Emobilität setzende Frankreich also gar nicht daran denkt, aus der Kernkraft auszusteigen. Im Gegenteil: Sechs neue Kernkraftwerke sollen gebaut werden und die ersten davon schon in den 2030er Jahren ans Netz gehen. Erst vor wenigen Tagen bekräftigte Frankreichs Präsident Macron noch einmal seine Pläne. Dabei hilft, dass die EU - gegen den erbitterten Widerstand der deutschen Ampel-Regierung - die CO2-arme Kernkraft offiziell als grüne Energie eingestuft hat. Das erleichtert Finanzierung und Genehmigungsverfrahren. In Deutschland dagegen erhält nur die Wind- und Solar-Lobby von der Ampel-Regierung Sonderrechte, um Projekte schneller und auch gegen den Widerstand von Anwohnern durchsetzen zu können.
Wind und Solar brauchen Backup aus stabilen Energiequellen
Klar ist: Der Ausbau dieser Energieformen wird zwar den CO2-Ausstoß des Landes senken, aber auch sehr lange dauern- und vor allem mangels Speichertechnologien nichts daran ändern, dass Deutschland weiterhin andere Energiequellen benötigt, wenn die Erneuerbaren Wetter-bedingt zeitweise ausfallen.
Professor Thomas Willner von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg gibt zu bedenken: „Während wir den CO2-Aussoß zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels eigentlich sofort senken müssten, führt die E-Mobilität stattdessen zu eine massiven Erhöhung der CO2-Emissionen gegenüber dem Status quo und damit zu einer noch schnelleren Erschöpfung des CO2-Budgets. Die Fokussierung der Politik auf E-Mobilität verhindert zudem, die bestehende Flotte, die zu über 99 % mit Verbrennungsmotoren fährt, schnellstmöglich klimaneutral zu machen.“
Dabei könnte der CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte mit klimaneutralen alternativen Kraftstoffen sofort reduziert werden: „Insbesondere abfallbasierte Kraftstoffe könnten einen schnellen und maßgeblichen Beitrag leisten. Weltweit gibt es einen enormen Überschuss an Abfällen, der dringend einer sinnvollen Nutzung im Sinne einer echten Kreislaufwirtschaft zugeführt werden,“ sagt Willner. Und fügt hinzu: „Die benötigten Technologien sind vorhanden und entsprechende Kraftstoffe mit erhöhten erneuerbaren Anteilen zwischen 10 und 100 % in Europa außerhalb Deutschlands schon an über 8000 Tankstellen erhältlich.“
Elektroauto und PV-Anlage sind das „Dream Team“
Immerhin gibt es einen Lichtblick: „Vor allem für Besitzer von Photovoltaikanlagen könnten Elektroautos interessant werden,“ so Professor Koch. Denn E-Autos könnten überschüssige elektrische Energie speichern und in den Nachtstunden abgeben. Der Ausbau der Solarenergie in Privathäusern und öffentlichen Gebäuden ist daher auch ein wesentlicher und durchaus sinnvoller Aspekt, mit dem die Ampel-Regierung die Emobilität fördern will. In der Gesamtbetrachtung des KIT ist dieses Potential allerdings bereits berücksichtig.
Bilanz kann unterschiedlich berechnet werden
Die Elektroauto-Szene lehnt die Berechnungsmethode des KIT zum CO2-Ausstoß allerdings ab, sondern legt lieber eine Berechnung mit dem duchschnittlichen Strommix zugrunde. Dann ergeben sich für das E-Auto bessere Werte, die freilich immer noch weit von der offiziellen Bezeichnung als "Zero Emission"-Fahrzeug entfernt sind; zudem werden dabei zum Beisiel die Netzwerk-Verluste nicht erfasst.
Professor Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung schrieb im Sommer 2021 in einem Beitrag für das Science Media Center, Professor Koch stelle die Frage, ob für den von E-Autos verbrauchten Strom der CO2-Ausstoß des Strommix insgesamt anzusetzen sei oder aber der CO2-Ausstoß des Grenzstrommix, also zusätzlich nötigen Stroms. Es gebe "Argumente für beide Positionen“. Standard sei aber die Verwendung der Durchschnittsemissionen. Denn Grenzstromemissionen ließen sich nicht klar zuordnen. Zudem könnten E-Autos künftig als flexible Speicher für überschüssige Wind- und Sonnenenergie dienen. Patrick Jochem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt meint: E-Autos könnten die Energiewende in der Stromerzeugung beschleunigen und zu negativen marginalen Emissionen führen, insbesondere, wenn man die E-Pkw als mobile Speicher in das Energiesystem integriere. Pläne für solche Anwendungen gibt es tatsächlich - allerdings bleibt offen, ob und wann sie im nötigen Ausmaß verwirklicht werden.
Auch Professor Lino Guzella, Präsident a.D. der ETH Zürich, hält die Berchnungsmethode des KIT für die bessere: “Meinen Studierenden erkläre ich den in diesem Zusammenhang relevanten Begriff des Grenzstroms mit dem folgenden Gedankenexperiment. Frage: Wenn Sie eine zusätzliche kWh elektrischer Energie benötigen, welches Kraftwerk wird diese Energiemenge ins Netz einspeisen? Antwort: Das wir das CO2-intensivste Kraftwerk sein, weil alle anderen weniger CO2-intensiven Kraftwerke bereits mit voller Kapazität ins Netz liefern. Andernfalls würde man ja unnötig viel CO2 produzieren, um die vorher geforderte Menge an elektrischer Energie zu liefern. Solange also noch Braunkohlekraftwerke im Netz aktiv sind, ist deren CO2-Intensität für die Grenzstrombetrachtung relevant. Ja nach Wirkungsgrad dieser Kraftwerke ist mit einem Wert von 0.9-1.1 kg CO2 pro kWh elektrischer Energie zu rechnen.”
Deutsche Kohle-Stinker gegen grüne Franzosen-Stromer
Egal welches Rechenmodell man anwendet: Fest steht, dass die Energiepolitik der Ampel der CO2-Bilanz des E-Autos durch den Ausstieg aus der Kernenergie bei gleichzeitigem Hochfahren stillgelegter Kohlekraftwerke keinen Gefallen tut. Besonders der deutschen Autoindustrie dürfte das sauer aufstoßen, denn die hat sich in der EU auf Gedeih und Verderb der Emobilität verpflichtet. Da wird es dann etwas peinlich, wenn Habecks Energiepolitik das E-Auto zumindest zeitweise zum Kohle-Stinker macht, während die Auto-Konkurrenz aus Frankreich dank grüner Kernenergie eine nahezu blütenweiße Eimissions-Wetse vorweisen kann.
Zitat von Gast am 20. Dezember 2022, 07:09 UhrAutofahrer müssen künftig für Emissionen bezahlen: Die EU einigt sich auf das «grösste Klimagesetz aller Zeiten»
Es habe viel Drama gegeben im Raum, sagte der deutsche Europaabgeordnete Peter Liese von der CDU am Montag. Er und seine Kollegen haben sich mit den Unterhändlern der Kommission und des Rates der EU-Mitgliedstaaten in der Nacht auf Sonntag in Brüssel vorläufig auf das Kernstück der Klimagesetzgebung «Fit for 55» geeinigt. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, hatte das Paket im Juli 2021 präsentiert, und die Institutionen haben es nun in für die EU-Maschinerie geringer Zeit durchgewinkt.
Kosten einer Ölheizung werden ohne Anpassungen steigen
Liese schrieb in einer Mitteilung gar vom «grössten Klimagesetz aller Zeiten». «Damit stehen wir bei der Bekämpfung des Klimawandels weltweit an vorderster Front», so kommentierte Marian Jurecka, der tschechische Umweltminister, der mit seinem Land derzeit die alle sechs Monate rotierende Präsidentschaft des EU-Rates innehat.
Von der Leyen will Europa zum ersten Kontinent machen, der 2050 nur noch so viel CO2 ausstösst, wie mit technischen und natürlichen Mitteln aus der Atmosphäre absorbiert werden kann. Dafür wird der Begriff «Klimaneutralität» verwendet. Das Klimapaket «Fit for 55» definiert als Zwischenziel auf diesem Weg, dass die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich mit 1990 reduziert werden sollen, und gibt vor, welche konkreten Massnahmen dafür nötig sind.Das wichtigste Instrument, das ist auch aus ökonomischer Sicht zu begrüssen, ist der Emissionshandel (EU-ETS). Dieser existiert schon heute. Wer CO2 ausstösst, so die Idee, muss jedes Jahr ein Zertifikat für diese Emission erwerben. Die Gesamtmenge der verfügbaren «Verschmutzungserlaubnisse» wird sodann jährlich verringert. Dadurch entsteht der Anreiz, dort einzusparen, wo es am günstigsten ist. Dieser Handel soll nun ausgeweitet und die Verringerung der Emissionen beschleunigt werden.
Energieintensive und vom «alten» EU-ETS erfasste Industrien, darunter Zement- und Aluminiumfabriken, aber auch Kohle- und Erdgaskraftwerke, müssen bis 2030 neu die Emissionen im Vergleich mit dem Niveau von 2005 um 62 Prozent verringern. Das ist deutlich mehr als die bisher vorgesehene Reduktion von 43 Prozent. Die Kommission hatte 61 Prozent vorgeschlagen. Die betroffenen Bereiche der Wirtschaft sind in der EU für rund 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.
Nun soll das Instrument auch auf den Strassenverkehr und Gebäude, sprich: Heizungen, ausgeweitet werden. Diese Bereiche sind die zweit- und drittgrössten Verursacher von Treibhausgasemissionen in der EU.
Konkret müssen künftig Autofahrer und Ölheizungsbesitzer für die von ihnen ausgestossenen Treibhausgase zahlen. Es bedeutet allerdings nicht, dass nun jedem eine CO2-Rechnung ins Haus flattert. Abgerechnet wird über die Vertriebsunternehmen, also Firmen wie Shell, Total und Esso, die etwa Treibstoffe an die Endkunden verkaufen.
Ein Schönheitsfehler dieser Lösung ist, dass die EU nicht allein auf den Emissionshandel für den Verkehr setzt. Vielmehr reguliert sie zusätzlich auch die maximalen Emissionen, die neu zugelassene Autos in der EU ausstossen dürfen. Im Oktober haben sich Kommission, Parlament und Rat darauf geeinigt, dass faktisch ab 2035 neue Autos mit Verbrennermotoren nicht mehr in der EU verkauft werden dürfen.
Liese schrieb dazu aber auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, dass das EU-ETS für den Verkehr 25-mal so viel zu den Klimazielen beitragen werde wie die Regulierung der CO2-Abgas-Standards für Fahrzeuge. Marktwirtschaft sei deshalb besser als Regulierungsrecht, folgerte er.
Das EU-ETS 2 wird 2027 eingeführt. Die Zertifikate können dann in einem separaten Handelssystem ge- und verkauft werden.
Ferner schliesst die EU ab 2026 auch die Schifffahrt vollständig in das ETS ein. Und ferner werden ab dann neben CO2 auch die Treibhausgase Methan und Distickstoffmonoxid, Lachgas genannt, gehandelt.
Auch ein Teil des Luftfahrtsektors ist im EU-ETS berücksichtigt. Anfang Dezember haben sich die Unterhändler der EU-Institutionen auf eine Verschärfung dieser Vorgaben geeinigt. Sie betreffen innereuropäische Flüge, darunter auch diejenigen in das Vereinigte Königreich und in die Schweiz. Die bisher zugeteilten Gratiszertifikate sollen schrittweise bis Ende 2026 eingestellt werden.
Für Flüge in und aus Drittländern gilt grundsätzlich Corsia, ein globales System zur Verrechnung der Emissionen. Es wurde 2018 von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (Icao) gegründet und geht aber weniger weit als das EU-ETS.
Die Kommission will deshalb 2025 prüfen, ob die Corsia-Vorgaben streng genug sind, um die Verschmutzung durch Flugzeuge ausreichend zu verringern. Ist das nicht der Fall, wird Brüssel einen Vorschlag präsentieren, der die Ausweitung des EU-ETS auf alle Flüge mit Start in der EU und im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) vorsieht.Derartige unilaterale Regulierungen des Luftverkehrs hatte die EU-Kommission schon bei der Einführung des EU-ETS für Airlines vorgesehen. Doch wegen Druck aus Drittstaaten wie den USA und China hat sie diese Pläne sistiert.
Klimazoll gegen Flucht der Industrie aus der EU
Insgesamt dürften die Kosten für viele Industriebetriebe in der EU weiter steigen. Dies nachdem bereits der Krieg in der Ukraine zu deutlich höheren Energiepreisen und Inflation geführt hat.
Damit die Firmen nun nicht einfach ihre Fabriken in andere, in Klimafragen nachsichtigere Regionen der Welt zügeln, gab es bisher im ETS 1 Gratiszertifikate. Damit sollte berücksichtigt werden, dass Unternehmen von ausserhalb der EU mit laxeren Klimavorschriften geringere Produktionskosten als die Konkurrenz in Europa haben.
Dieses System wird nun schrittweise durch einen Klimazoll, einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM, Carbon Border Adjustment Mechanism), ersetzt. Vereinfacht gesagt werden Unternehmen von ausserhalb der EU bei der Einfuhr in den europäischen Binnenmarkt eine Abgabe entrichten müssen, die von den Kosten her die strikten Klimavorgaben für ihre Konkurrenten innerhalb der EU ausgleicht. Somit soll verunmöglicht werden, dass das Problem einfach aus der EU hinaus verschoben wird.
Das mag zwar nachvollziehbar klingen, doch die praktische Umsetzung ist alles andere als einfach. Sie bedingt zum Beispiel, dass der für die Herstellung eines Produktes benötigte CO2-Ausstoss bestimmt wird. Die EU-Unterhändler haben sich nun vorläufig darauf verständigt, das System der Gratiszertifikate schrittweise von 2026 bis 2034 zu beenden. Gleichzeitig wird der Klimazoll nach und nach eingeführt. Betroffen sind zunächst nur bestimmte Industrien, nämlich im Wesentlichen Zement, Aluminium, Dünger, Strom, Wasserstoff, Eisen und Stahl.
Von diesem Zoll ausgenommen werden Länder, welche vergleichbare Klimavorschriften haben. Die Schweiz hat 2020 ihr eigenes Emissionshandelssystem mit demjenigen der EU zusammengeschlossen und sollte somit grundsätzlich von dem Klimazoll ausgenommen werden. Allerdings bedingt das implizit, dass Bern die Veränderungen des EU-ETS nachvollzieht. Zudem prüft offenbar eine Arbeitsgruppe in der Bundesverwaltung in Bern, welche Auswirkungen ein EU-Grenzausgleich auf die Schweiz hätte und ob die Schweiz einen solchen Klimazoll einführen sollte. Resultate sind Mitte 2023 zu erwarten.
Die EU setzt sich unabhängig davon dem Vorwurf aus, protektionistisch zu handeln. Das ist insofern ironisch, als die Europäer derzeit rote Köpfe wegen der amerikanischen Klimaschutzmassnahmen in der Inflation Reduction Act (IRA) haben. Diese sieht Steuernachlässe etwa für Elektroautos vor, allerdings nur, wenn sie aus Nordamerika stammen. Der französische Präsident Emmanuel Macron und Vertreter der EU-Kommission haben sich in Washington darüber beklagt, ohne jedoch tatsächliche Zugeständnisse der Regierung von Präsident Joe Biden zu erwirken.
Gelder aus Emissionshandel (auch) für soziale Zwecke
Ein weiterer Pferdefuss des EU-ETS 2 ist, dass die Einnahmen nicht direkt und gleichmässig an die Bevölkerung verteilt werden. Vielmehr will die EU damit verschiedenste Fonds äufnen. Der wichtigste, der Klimasozialfonds (Social Climate Fund), wird bis zu 65 Milliarden Euro enthalten und durch die Versteigerung von Zertifikaten des EU-ETS 2 finanziert. Weitere 21,7 Milliarden Euro können die Mitgliedstaaten zu dem Fonds beisteuern, was in der Summe fast 87 Milliarden Euro ergibt.
Daneben sind beispielsweise ein Innovations-Fonds und ein Modernisierungs-Fonds geplant. Beide erhalten Einnahmen aus dem Emissionshandel der EU. Letztlich will man dadurch wohl die Akzeptanz dieser doch weitreichenden Massnahmen erhöhen.
Das Geld können die Mitgliedstaaten an «sozial schwache Haushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer» verteilen, welche unter den höheren Kosten für Auto und Heizung besonders leiden. Um an die entsprechenden Summen zu kommen, müssen die EU-Länder einen Klimasozialplan in Brüssel bei der Kommission einreichen und erklären, was sie genau unterstützen wollen. Die Unterhändler haben sich darauf verständigt, dass bis zu 37,5 Prozent der im Plan zusammengefassten Kosten direkte Einkommenszuschüsse sein dürfen.
Die nächtliche Übereinkunft stellt im Prinzip das inhaltliche Ende des Gesetzgebungsprozesses dar. In der Regel ist die noch benötigte Zustimmung von Rat und Parlament eine Formalität. Doch gerade bei umstrittenen und grossen Dossiers kann es auch bei diesem Schritt nochmals zu Diskussionen kommen.
Durchmischte Reaktionen
An den Verhandlungen beteiligte Politiker wie Liese zeigten sich erfreut über das Resultat. Auch der klimapolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Tiemo Wölken, schrieb von einer «wichtigen Reform». Dank dem Parlament müssten die Mitgliedstaaten alle Einnahmen für Klimaschutz einsetzen. Über ETS 2 war Wölken aber weniger erfreut. Immerhin federe man die Neuerung sozial ab.
Applaus gab es auch aus dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Wilfried Rickels schrieb von einem «grossen Wurf für effiziente Klimapolitik». Er forderte, dass nicht nur Einfuhren mit einem Zoll belastet werden sollen, sondern auch Ausfuhren Entlastung brauchten. Rickels sprach sich ferner dafür aus, künftig auch Zertifikate für die Speicherung von CO2 in den EU-ETS zu integrieren.
Kritik gab es dagegen vom WWF. Vor zehn oder zwanzig Jahren wäre dies ein gutes Ergebnis gewesen, schrieb die Umweltschutzorganisation. Nun sei es zu wenig und zu spät. WWF kritisiert die weiterhin verteilten kostenlosen Emissionszertifikate und hätte die im Emissionshandel geregelte Menge bis 2030 statt um 62 Prozent um 70 Prozent reduziert.
Die Organisation bemängelte weiter, dass die EU-Staaten zwar versprochen hätten, das Geld aus dem ETS 2 für die «richtigen Dinge», als etwa für «schutzbedürftige» Haushalte, auszugeben. Doch einen Grossteil der Mittel behielten die Länder dennoch für sich.
Der Verband der europäischen Zementindustrie (Cembureau), eine der stark betroffenen Branchen, begrüsste die Einigung. Man bedauerte allerdings, dass CBAM keine Lösung für Exporte enthält. Und Cembureau verwies auf die andernorts ausgeschütteten Subventionen und verlangte durch die Blume, dass die EU nun aufgrund der hohen Energiepreise ebenfalls Zuschüsse im Rahmen einer Industriepolitik verteile.
Autofahrer müssen künftig für Emissionen bezahlen: Die EU einigt sich auf das «grösste Klimagesetz aller Zeiten»
Es habe viel Drama gegeben im Raum, sagte der deutsche Europaabgeordnete Peter Liese von der CDU am Montag. Er und seine Kollegen haben sich mit den Unterhändlern der Kommission und des Rates der EU-Mitgliedstaaten in der Nacht auf Sonntag in Brüssel vorläufig auf das Kernstück der Klimagesetzgebung «Fit for 55» geeinigt. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, hatte das Paket im Juli 2021 präsentiert, und die Institutionen haben es nun in für die EU-Maschinerie geringer Zeit durchgewinkt.
Kosten einer Ölheizung werden ohne Anpassungen steigen
Liese schrieb in einer Mitteilung gar vom «grössten Klimagesetz aller Zeiten». «Damit stehen wir bei der Bekämpfung des Klimawandels weltweit an vorderster Front», so kommentierte Marian Jurecka, der tschechische Umweltminister, der mit seinem Land derzeit die alle sechs Monate rotierende Präsidentschaft des EU-Rates innehat.
Das wichtigste Instrument, das ist auch aus ökonomischer Sicht zu begrüssen, ist der Emissionshandel (EU-ETS). Dieser existiert schon heute. Wer CO2 ausstösst, so die Idee, muss jedes Jahr ein Zertifikat für diese Emission erwerben. Die Gesamtmenge der verfügbaren «Verschmutzungserlaubnisse» wird sodann jährlich verringert. Dadurch entsteht der Anreiz, dort einzusparen, wo es am günstigsten ist. Dieser Handel soll nun ausgeweitet und die Verringerung der Emissionen beschleunigt werden.
Energieintensive und vom «alten» EU-ETS erfasste Industrien, darunter Zement- und Aluminiumfabriken, aber auch Kohle- und Erdgaskraftwerke, müssen bis 2030 neu die Emissionen im Vergleich mit dem Niveau von 2005 um 62 Prozent verringern. Das ist deutlich mehr als die bisher vorgesehene Reduktion von 43 Prozent. Die Kommission hatte 61 Prozent vorgeschlagen. Die betroffenen Bereiche der Wirtschaft sind in der EU für rund 40 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.
Nun soll das Instrument auch auf den Strassenverkehr und Gebäude, sprich: Heizungen, ausgeweitet werden. Diese Bereiche sind die zweit- und drittgrössten Verursacher von Treibhausgasemissionen in der EU.
Konkret müssen künftig Autofahrer und Ölheizungsbesitzer für die von ihnen ausgestossenen Treibhausgase zahlen. Es bedeutet allerdings nicht, dass nun jedem eine CO2-Rechnung ins Haus flattert. Abgerechnet wird über die Vertriebsunternehmen, also Firmen wie Shell, Total und Esso, die etwa Treibstoffe an die Endkunden verkaufen.
Ein Schönheitsfehler dieser Lösung ist, dass die EU nicht allein auf den Emissionshandel für den Verkehr setzt. Vielmehr reguliert sie zusätzlich auch die maximalen Emissionen, die neu zugelassene Autos in der EU ausstossen dürfen. Im Oktober haben sich Kommission, Parlament und Rat darauf geeinigt, dass faktisch ab 2035 neue Autos mit Verbrennermotoren nicht mehr in der EU verkauft werden dürfen.
Liese schrieb dazu aber auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, dass das EU-ETS für den Verkehr 25-mal so viel zu den Klimazielen beitragen werde wie die Regulierung der CO2-Abgas-Standards für Fahrzeuge. Marktwirtschaft sei deshalb besser als Regulierungsrecht, folgerte er.
Das EU-ETS 2 wird 2027 eingeführt. Die Zertifikate können dann in einem separaten Handelssystem ge- und verkauft werden.
Ferner schliesst die EU ab 2026 auch die Schifffahrt vollständig in das ETS ein. Und ferner werden ab dann neben CO2 auch die Treibhausgase Methan und Distickstoffmonoxid, Lachgas genannt, gehandelt.
Auch ein Teil des Luftfahrtsektors ist im EU-ETS berücksichtigt. Anfang Dezember haben sich die Unterhändler der EU-Institutionen auf eine Verschärfung dieser Vorgaben geeinigt. Sie betreffen innereuropäische Flüge, darunter auch diejenigen in das Vereinigte Königreich und in die Schweiz. Die bisher zugeteilten Gratiszertifikate sollen schrittweise bis Ende 2026 eingestellt werden.
Für Flüge in und aus Drittländern gilt grundsätzlich Corsia, ein globales System zur Verrechnung der Emissionen. Es wurde 2018 von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (Icao) gegründet und geht aber weniger weit als das EU-ETS.
Derartige unilaterale Regulierungen des Luftverkehrs hatte die EU-Kommission schon bei der Einführung des EU-ETS für Airlines vorgesehen. Doch wegen Druck aus Drittstaaten wie den USA und China hat sie diese Pläne sistiert.
Klimazoll gegen Flucht der Industrie aus der EU
Insgesamt dürften die Kosten für viele Industriebetriebe in der EU weiter steigen. Dies nachdem bereits der Krieg in der Ukraine zu deutlich höheren Energiepreisen und Inflation geführt hat.
Damit die Firmen nun nicht einfach ihre Fabriken in andere, in Klimafragen nachsichtigere Regionen der Welt zügeln, gab es bisher im ETS 1 Gratiszertifikate. Damit sollte berücksichtigt werden, dass Unternehmen von ausserhalb der EU mit laxeren Klimavorschriften geringere Produktionskosten als die Konkurrenz in Europa haben.
Dieses System wird nun schrittweise durch einen Klimazoll, einen CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM, Carbon Border Adjustment Mechanism), ersetzt. Vereinfacht gesagt werden Unternehmen von ausserhalb der EU bei der Einfuhr in den europäischen Binnenmarkt eine Abgabe entrichten müssen, die von den Kosten her die strikten Klimavorgaben für ihre Konkurrenten innerhalb der EU ausgleicht. Somit soll verunmöglicht werden, dass das Problem einfach aus der EU hinaus verschoben wird.
Das mag zwar nachvollziehbar klingen, doch die praktische Umsetzung ist alles andere als einfach. Sie bedingt zum Beispiel, dass der für die Herstellung eines Produktes benötigte CO2-Ausstoss bestimmt wird. Die EU-Unterhändler haben sich nun vorläufig darauf verständigt, das System der Gratiszertifikate schrittweise von 2026 bis 2034 zu beenden. Gleichzeitig wird der Klimazoll nach und nach eingeführt. Betroffen sind zunächst nur bestimmte Industrien, nämlich im Wesentlichen Zement, Aluminium, Dünger, Strom, Wasserstoff, Eisen und Stahl.
Von diesem Zoll ausgenommen werden Länder, welche vergleichbare Klimavorschriften haben. Die Schweiz hat 2020 ihr eigenes Emissionshandelssystem mit demjenigen der EU zusammengeschlossen und sollte somit grundsätzlich von dem Klimazoll ausgenommen werden. Allerdings bedingt das implizit, dass Bern die Veränderungen des EU-ETS nachvollzieht. Zudem prüft offenbar eine Arbeitsgruppe in der Bundesverwaltung in Bern, welche Auswirkungen ein EU-Grenzausgleich auf die Schweiz hätte und ob die Schweiz einen solchen Klimazoll einführen sollte. Resultate sind Mitte 2023 zu erwarten.
Die EU setzt sich unabhängig davon dem Vorwurf aus, protektionistisch zu handeln. Das ist insofern ironisch, als die Europäer derzeit rote Köpfe wegen der amerikanischen Klimaschutzmassnahmen in der Inflation Reduction Act (IRA) haben. Diese sieht Steuernachlässe etwa für Elektroautos vor, allerdings nur, wenn sie aus Nordamerika stammen. Der französische Präsident Emmanuel Macron und Vertreter der EU-Kommission haben sich in Washington darüber beklagt, ohne jedoch tatsächliche Zugeständnisse der Regierung von Präsident Joe Biden zu erwirken.
Gelder aus Emissionshandel (auch) für soziale Zwecke
Ein weiterer Pferdefuss des EU-ETS 2 ist, dass die Einnahmen nicht direkt und gleichmässig an die Bevölkerung verteilt werden. Vielmehr will die EU damit verschiedenste Fonds äufnen. Der wichtigste, der Klimasozialfonds (Social Climate Fund), wird bis zu 65 Milliarden Euro enthalten und durch die Versteigerung von Zertifikaten des EU-ETS 2 finanziert. Weitere 21,7 Milliarden Euro können die Mitgliedstaaten zu dem Fonds beisteuern, was in der Summe fast 87 Milliarden Euro ergibt.
Daneben sind beispielsweise ein Innovations-Fonds und ein Modernisierungs-Fonds geplant. Beide erhalten Einnahmen aus dem Emissionshandel der EU. Letztlich will man dadurch wohl die Akzeptanz dieser doch weitreichenden Massnahmen erhöhen.
Das Geld können die Mitgliedstaaten an «sozial schwache Haushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer» verteilen, welche unter den höheren Kosten für Auto und Heizung besonders leiden. Um an die entsprechenden Summen zu kommen, müssen die EU-Länder einen Klimasozialplan in Brüssel bei der Kommission einreichen und erklären, was sie genau unterstützen wollen. Die Unterhändler haben sich darauf verständigt, dass bis zu 37,5 Prozent der im Plan zusammengefassten Kosten direkte Einkommenszuschüsse sein dürfen.
Die nächtliche Übereinkunft stellt im Prinzip das inhaltliche Ende des Gesetzgebungsprozesses dar. In der Regel ist die noch benötigte Zustimmung von Rat und Parlament eine Formalität. Doch gerade bei umstrittenen und grossen Dossiers kann es auch bei diesem Schritt nochmals zu Diskussionen kommen.
Durchmischte Reaktionen
An den Verhandlungen beteiligte Politiker wie Liese zeigten sich erfreut über das Resultat. Auch der klimapolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Tiemo Wölken, schrieb von einer «wichtigen Reform». Dank dem Parlament müssten die Mitgliedstaaten alle Einnahmen für Klimaschutz einsetzen. Über ETS 2 war Wölken aber weniger erfreut. Immerhin federe man die Neuerung sozial ab.
Applaus gab es auch aus dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Wilfried Rickels schrieb von einem «grossen Wurf für effiziente Klimapolitik». Er forderte, dass nicht nur Einfuhren mit einem Zoll belastet werden sollen, sondern auch Ausfuhren Entlastung brauchten. Rickels sprach sich ferner dafür aus, künftig auch Zertifikate für die Speicherung von CO2 in den EU-ETS zu integrieren.
Kritik gab es dagegen vom WWF. Vor zehn oder zwanzig Jahren wäre dies ein gutes Ergebnis gewesen, schrieb die Umweltschutzorganisation. Nun sei es zu wenig und zu spät. WWF kritisiert die weiterhin verteilten kostenlosen Emissionszertifikate und hätte die im Emissionshandel geregelte Menge bis 2030 statt um 62 Prozent um 70 Prozent reduziert.
Die Organisation bemängelte weiter, dass die EU-Staaten zwar versprochen hätten, das Geld aus dem ETS 2 für die «richtigen Dinge», als etwa für «schutzbedürftige» Haushalte, auszugeben. Doch einen Grossteil der Mittel behielten die Länder dennoch für sich.
Der Verband der europäischen Zementindustrie (Cembureau), eine der stark betroffenen Branchen, begrüsste die Einigung. Man bedauerte allerdings, dass CBAM keine Lösung für Exporte enthält. Und Cembureau verwies auf die andernorts ausgeschütteten Subventionen und verlangte durch die Blume, dass die EU nun aufgrund der hohen Energiepreise ebenfalls Zuschüsse im Rahmen einer Industriepolitik verteile.
Zitat von Gast am 21. Dezember 2022, 07:48 UhrNitrat im Grundwasser: „Es ist eine Katastrophe“
Nitrat im Grundwasser: „Es ist eine Katastrophe“
Mit großer Mehrheit hat nach dem Kreisausschuss auch der Kreistag von Erding eine Resolution beschlossen, die sich gegen die Ausweitung weiter Teile des östlichen Landkreises als „rotes Gebiet“ mit zu hoher Nitratbelastung des Trinkwassers wendet.
Erding - Die Hauptkritik: Die Messungen waren ungeeignet, die Ergebnisse dürften verfälscht sein. Für die Landwirte in den betroffenen Gebieten heißt das vorerst dennoch: Sie müssen deutlich weniger düngen und damit Ertragseinbußen hinnehmen. Dem 52:8-Beschluss – die Grünen-Fraktion lehnte die Resolution ab – war eine hitzige Debatte vorausgegangen. Einigkeit bestand darin, dass Trinkwasser das schützenswertestes Gut sei. Die Kritik entzündete sich am Verfahren durch das Landesamt für Umwelt und das Wasserwirtschaftsamt.
Wie berichtet, haben die Behörden weite Teile des östlichen Landkreises sowie einen Streifen von Lengdorf bis Wartenberg als rote Gebiete ausgewiesen – auf der Basis von nur zwei Messstellen bei Lengdorf und Fraunberg. Und selbst bei denen hat das WWA laut Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) zugegeben, dass sie dafür nicht gedacht gewesen seien.
Peter Stadick von der Kreisverwaltung berichtete, dass man in den betroffenen Gebieten Trinkwasserbrunnen als Messstellen angeboten habe. Er musste allerdings einräumen, dass die als ungeeignet eingestuft worden seien, weil sie zu tief reichen. Die oberste Grundwasserschicht sei relevant. „Nun bieten wir Brauchwasserbrunnen an.“ Erneut erinnerte Stadick daran, dass die vom WWA herangezogenen Messstellen in der Nähe von Kiesgruben sowie einem Lagerhaus lägen, der Nitrateintrag also gar nicht von der Landwirtschaft herrühren müsse. „Das finden wir nur heraus, wenn engmaschiger beprobt wird“, so Stadick. Er gehe davon aus, dass die roten Gebiete dann bedeutend kleiner ausfallen würden – nun habe man eine Fläche, die von Lengdorf bis in den Kreis Altötting reiche. „Niemand weiß, ob hier überall der Nitratgehalt zu hoch ist. Wir glauben das nicht.“
Sabine Berger (CSU) äußerte dieselben Bedenken und wies daraufhin, dass die Flächen um die Messstellen überhaupt nicht intensiv landwirtschaftlich genutzt würden. Zudem warnte die praktizierende Landwirtin vor den gravierenden Folgen für ihren Berufsstand. „Das trifft die Bio-Landwirte in gleicher Weise“, sagte sie. Der Bauernstand werde wieder einmal pauschal für alles verantwortlich gemacht. Dabei seien die Rinder- und Schweinebestände im Erdinger Land in den vergangenen Jahren um 25 Prozent zurückgegangen.
Helga Stieglmeier und Stephan Glaubitz (Grüne) erklärten, gegen die Resolution zu stimmen. Das Verfahren der EU habe 1991 begonnen. Anfang 2021 sei die Düngemittelverordnung in Kraft getreten. „Es kann niemand sagen, dass er überrumpelt wurde“, meinte Stieglmeier. Bayerstorfer konterte: „Wir haben bis zum Schluss nichts über die Messstellen gewusst.“
Wolfgang Reiter (ÖDP) teilte die Kritik und sah die gleichen Fehler im Verfahren – die Schuld aber nicht bei den Ämtern, sondern bei der Staatsregierung. „Sie hat versagt“, erklärte Reiter. Thomas Bauer (CSU) hingegen sah das Vorgehen des WWA als fragwürdig an. „Wo es mehr Messstellen gibt, gibt es auch differenziertere Ergebnisse.“ Ludwig Kirmair (CSU) drehte den Spieß um: „Wenn genauer gemessen wird, wissen wir auch, woher die Nitrateinträge kommen.“ Hans Wiesmaier (CSU) verwahrte sich dagegen, „dass die Landwirtschaft in Sippenhaft genommen wird“. Es sei fatal, nun auf so fragwürdiger Basis die Bewirtschaftung derart drastisch einzuschränken – „in einer Zeit, in der wir die regionale Lebensmittelproduktion dringender denn je brauchen“.
Auch 3. Landrat Rainer Mehringer äußerte Skepsis, dass die Landwirtschaft der alleine Verursacher sei. „In großen Lichtungen in den Wäldern durch Windbruch oder Borkenkäfer werden große Mengen Nitrat ausgewaschen, weil die Bäume fehlen“, berichtete der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung. Bayerstorfer sprach diesbezüglich von „einer Katastrophe, genauso wie die Verordnung selbst“.
Diese ist übrigens ungeachtet des Protests aus Erding Anfang Dezember in Kraft getreten. Georg Els (FW) meinte daher: „Wir können sie hier und heute nicht aushebeln, sondern uns für eine Verfeinerung.“ Offen ist noch, ob Klage erhoben wird.
Nitrat im Grundwasser: „Es ist eine Katastrophe“
Nitrat im Grundwasser: „Es ist eine Katastrophe“
Mit großer Mehrheit hat nach dem Kreisausschuss auch der Kreistag von Erding eine Resolution beschlossen, die sich gegen die Ausweitung weiter Teile des östlichen Landkreises als „rotes Gebiet“ mit zu hoher Nitratbelastung des Trinkwassers wendet.
Erding - Die Hauptkritik: Die Messungen waren ungeeignet, die Ergebnisse dürften verfälscht sein. Für die Landwirte in den betroffenen Gebieten heißt das vorerst dennoch: Sie müssen deutlich weniger düngen und damit Ertragseinbußen hinnehmen. Dem 52:8-Beschluss – die Grünen-Fraktion lehnte die Resolution ab – war eine hitzige Debatte vorausgegangen. Einigkeit bestand darin, dass Trinkwasser das schützenswertestes Gut sei. Die Kritik entzündete sich am Verfahren durch das Landesamt für Umwelt und das Wasserwirtschaftsamt.
Wie berichtet, haben die Behörden weite Teile des östlichen Landkreises sowie einen Streifen von Lengdorf bis Wartenberg als rote Gebiete ausgewiesen – auf der Basis von nur zwei Messstellen bei Lengdorf und Fraunberg. Und selbst bei denen hat das WWA laut Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) zugegeben, dass sie dafür nicht gedacht gewesen seien.
Peter Stadick von der Kreisverwaltung berichtete, dass man in den betroffenen Gebieten Trinkwasserbrunnen als Messstellen angeboten habe. Er musste allerdings einräumen, dass die als ungeeignet eingestuft worden seien, weil sie zu tief reichen. Die oberste Grundwasserschicht sei relevant. „Nun bieten wir Brauchwasserbrunnen an.“ Erneut erinnerte Stadick daran, dass die vom WWA herangezogenen Messstellen in der Nähe von Kiesgruben sowie einem Lagerhaus lägen, der Nitrateintrag also gar nicht von der Landwirtschaft herrühren müsse. „Das finden wir nur heraus, wenn engmaschiger beprobt wird“, so Stadick. Er gehe davon aus, dass die roten Gebiete dann bedeutend kleiner ausfallen würden – nun habe man eine Fläche, die von Lengdorf bis in den Kreis Altötting reiche. „Niemand weiß, ob hier überall der Nitratgehalt zu hoch ist. Wir glauben das nicht.“
Sabine Berger (CSU) äußerte dieselben Bedenken und wies daraufhin, dass die Flächen um die Messstellen überhaupt nicht intensiv landwirtschaftlich genutzt würden. Zudem warnte die praktizierende Landwirtin vor den gravierenden Folgen für ihren Berufsstand. „Das trifft die Bio-Landwirte in gleicher Weise“, sagte sie. Der Bauernstand werde wieder einmal pauschal für alles verantwortlich gemacht. Dabei seien die Rinder- und Schweinebestände im Erdinger Land in den vergangenen Jahren um 25 Prozent zurückgegangen.
Helga Stieglmeier und Stephan Glaubitz (Grüne) erklärten, gegen die Resolution zu stimmen. Das Verfahren der EU habe 1991 begonnen. Anfang 2021 sei die Düngemittelverordnung in Kraft getreten. „Es kann niemand sagen, dass er überrumpelt wurde“, meinte Stieglmeier. Bayerstorfer konterte: „Wir haben bis zum Schluss nichts über die Messstellen gewusst.“
Wolfgang Reiter (ÖDP) teilte die Kritik und sah die gleichen Fehler im Verfahren – die Schuld aber nicht bei den Ämtern, sondern bei der Staatsregierung. „Sie hat versagt“, erklärte Reiter. Thomas Bauer (CSU) hingegen sah das Vorgehen des WWA als fragwürdig an. „Wo es mehr Messstellen gibt, gibt es auch differenziertere Ergebnisse.“ Ludwig Kirmair (CSU) drehte den Spieß um: „Wenn genauer gemessen wird, wissen wir auch, woher die Nitrateinträge kommen.“ Hans Wiesmaier (CSU) verwahrte sich dagegen, „dass die Landwirtschaft in Sippenhaft genommen wird“. Es sei fatal, nun auf so fragwürdiger Basis die Bewirtschaftung derart drastisch einzuschränken – „in einer Zeit, in der wir die regionale Lebensmittelproduktion dringender denn je brauchen“.
Auch 3. Landrat Rainer Mehringer äußerte Skepsis, dass die Landwirtschaft der alleine Verursacher sei. „In großen Lichtungen in den Wäldern durch Windbruch oder Borkenkäfer werden große Mengen Nitrat ausgewaschen, weil die Bäume fehlen“, berichtete der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung. Bayerstorfer sprach diesbezüglich von „einer Katastrophe, genauso wie die Verordnung selbst“.
Diese ist übrigens ungeachtet des Protests aus Erding Anfang Dezember in Kraft getreten. Georg Els (FW) meinte daher: „Wir können sie hier und heute nicht aushebeln, sondern uns für eine Verfeinerung.“ Offen ist noch, ob Klage erhoben wird.
Zitat von Gast am 27. Januar 2023, 08:08 UhrDeutschland holt viel aus seinem CO2-Ausstoß
Deutschland gehört zu den zehn Ländern mit dem höchsten CO2-Ausstoß der Welt – was es nach populärer Auffassung als besonders klimaschädlich qualifiziert. Zwar ist China der mit Abstand größte Emittent, denn von dort kommen fast ein Drittel aller Kohlendioxidemissionen. Deutschland steht dagegen mit einem Anteil von 1,8 Prozent „nur“ auf Platz 7 dieser Weltrangliste – dies aber mit einer Bevölkerungszahl, die kaum mehr als ein Zwanzigstel der chinesischen beträgt. Wie der „Global Carbon Atlas“ ausweist, wurden 2021 hier wie dort rund 8 Tonnen CO2 je Einwohner in die Luft gesetzt.
Dies ist allerdings noch nicht das ganze Bild. Denn es sieht für Deutschland viel günstiger aus, wenn man die Emissionen stattdessen auf die jeweilige Wirtschaftsleistung bezieht. Dazu hat nun das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) in Düsseldorf eine Auswertung vorgelegt: In Anlehnung an die in seinem Aufgabenfeld geläufige Kenngröße der Arbeitsproduktivität betrachtet es die sogenannte CO2-Produktivität. Diese Größe gibt an, wie viel Wirtschaftsleistung je Tonne Kohlendioxidausstoß in einem Land erzeugt wird. Und damit sortiert sich die Rangliste völlig neu.
Wie die der F.A.Z. vorliegende Auswertung verdeutlicht, erzielt Deutschland in dieser Disziplin das bei Weitem beste Ergebnis unter den zehn größten Emittenten, zu denen neben China und den Vereinigten Staaten auch etwa Japan und Südkorea zählen: Hierzulande werden rechnerisch mit jeder Tonne CO2-Ausstoß 5100 US-Dollar Wirtschaftsleistung erzeugt. Japan erreicht mit 4200 Dollar den zweiten Platz. Dann folgen die USA mit 4000 und Südkorea mit 2500 Dollar. Die anderen Mitglieder des „Klubs“ der größten Emittenten erreichen weniger als 1800 Dollar je Tonne: Indonesien, China, Iran, Indien, Russland und Saudi-Arabien.
Frank Lennings, Fachbereichsleiter des von den Metall-Arbeitgeberverbänden getragenen Instituts, sieht in den Berechnungen weit mehr als mathematische Spielerei. Denn diese zeigten eine zentrale Bedingung für den Erfolg von Klimaschutzpolitik: Würden Regulierungen und teure Energie hiesigen Industrieunternehmen das Produzieren schwer machen (oder geriete Deutschland gar auf den von Aktivisten erhofften Pfad einer Deindustrialisierung), so wäre für das Klima nichts gewonnen. Vielleicht würden dann die deutschen Emissionen sinken – aber: „Die unausweichliche Verlagerung in Wachstumsländer würde das Emissionswachstum dort noch beschleunigen und die Entwicklung und Erprobung ressourcenschonender Technologien in den Industrieländern verzögern oder behindern.“
Der „Produktivitätschampion“
Zur Illustration hat Lennings berechnet, was es für die globalen Emissionen hieße, falls alle Länder unter den hier betrachteten zehn größten Emittenten die hohe deutsche CO2-Produktivität hätten: Dann wäre die Gesamtmenge ihrer Emissionen – bei gleicher Wirtschaftsleistung – um 55 Prozent geringer. Statt 23,5 Gigatonnen Kohlendioxid hätten sie 2021 zusammen nur 10,5 Gigatonnen emittiert. Und der Gesamtausstoß aller Länder dieser Welt wäre unter dieser Annahme um 40 Prozent geringer.
Dies sei natürlich Theorie, gesteht der Forscher zu. Die CO2-Produktivität eines Landes hänge schließlich stark von der bestehenden Wirtschaftsstruktur ab, und die lasse sich nicht sprunghaft ändern. Umso mehr spreche insofern aber dafür, die Industrie vor allem dort zu halten, wo sie ohnehin schon recht klimaschonend produziert. Dass Länder längerfristig dennoch Fortschritte machen können, zeigt indes auch Deutschland: Während sein Bruttoinlandsprodukt seit 1991 real um mehr als 40 Prozent gewachsen ist, sind seine jährlichen Kohlendioxid-Emissionen um fast 40 Prozent auf 770 Millionen Tonnen gesunken (das sind 0,77 Gigatonnen); die Emissionen der Industrie sanken prozentual sogar noch stärker.
In Lennings’ Produktivitätsberechnung ist schon berücksichtigt, dass Länder wie Deutschland eigentlich mehr Ausstoß verantworten, als auf ihrem Staatsgebiet zu Buche schlägt: Die weltweit vernetzte Industrie verarbeitet viele Vorprodukte aus dem Ausland, die dort für Emissionen sorgen. Der „Global Carbon Atlas“ weist aber auch darauf angepasste Werte aus. Damit erhöht sich der Deutschland zugerechnete Ausstoß um rund 20 Prozent – seine Rolle als „Produktivitätschampion“ unter den größten Emittenten gefährdet das aber nicht.
Allerdings lassen sich die Emissionen technisch noch viel stärker senken, wie sich etwa an Frankreich zeigt. In Lennings’ Analyse der zehn Großemittenten blieb es außen vor, weil es „nur“ auf Platz 17 der Rangliste steht. Aber mit 4,7 Tonnen je Einwohner emittiert Frankreich auch größenbereinigt noch einmal deutlich weniger als Deutschland, und das bei sehr ähnlicher Wirtschaftsstruktur. Es liegt an seiner Stromversorgung, die auf Kernkraft baut. Vor diesem Weg, Emissionen ohne neue Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu mindern, scheut Deutschland aber bekanntlich zurück.
Deutschland holt viel aus seinem CO2-Ausstoß
Deutschland gehört zu den zehn Ländern mit dem höchsten CO2-Ausstoß der Welt – was es nach populärer Auffassung als besonders klimaschädlich qualifiziert. Zwar ist China der mit Abstand größte Emittent, denn von dort kommen fast ein Drittel aller Kohlendioxidemissionen. Deutschland steht dagegen mit einem Anteil von 1,8 Prozent „nur“ auf Platz 7 dieser Weltrangliste – dies aber mit einer Bevölkerungszahl, die kaum mehr als ein Zwanzigstel der chinesischen beträgt. Wie der „Global Carbon Atlas“ ausweist, wurden 2021 hier wie dort rund 8 Tonnen CO2 je Einwohner in die Luft gesetzt.
Dies ist allerdings noch nicht das ganze Bild. Denn es sieht für Deutschland viel günstiger aus, wenn man die Emissionen stattdessen auf die jeweilige Wirtschaftsleistung bezieht. Dazu hat nun das Institut für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) in Düsseldorf eine Auswertung vorgelegt: In Anlehnung an die in seinem Aufgabenfeld geläufige Kenngröße der Arbeitsproduktivität betrachtet es die sogenannte CO2-Produktivität. Diese Größe gibt an, wie viel Wirtschaftsleistung je Tonne Kohlendioxidausstoß in einem Land erzeugt wird. Und damit sortiert sich die Rangliste völlig neu.
Wie die der F.A.Z. vorliegende Auswertung verdeutlicht, erzielt Deutschland in dieser Disziplin das bei Weitem beste Ergebnis unter den zehn größten Emittenten, zu denen neben China und den Vereinigten Staaten auch etwa Japan und Südkorea zählen: Hierzulande werden rechnerisch mit jeder Tonne CO2-Ausstoß 5100 US-Dollar Wirtschaftsleistung erzeugt. Japan erreicht mit 4200 Dollar den zweiten Platz. Dann folgen die USA mit 4000 und Südkorea mit 2500 Dollar. Die anderen Mitglieder des „Klubs“ der größten Emittenten erreichen weniger als 1800 Dollar je Tonne: Indonesien, China, Iran, Indien, Russland und Saudi-Arabien.
Frank Lennings, Fachbereichsleiter des von den Metall-Arbeitgeberverbänden getragenen Instituts, sieht in den Berechnungen weit mehr als mathematische Spielerei. Denn diese zeigten eine zentrale Bedingung für den Erfolg von Klimaschutzpolitik: Würden Regulierungen und teure Energie hiesigen Industrieunternehmen das Produzieren schwer machen (oder geriete Deutschland gar auf den von Aktivisten erhofften Pfad einer Deindustrialisierung), so wäre für das Klima nichts gewonnen. Vielleicht würden dann die deutschen Emissionen sinken – aber: „Die unausweichliche Verlagerung in Wachstumsländer würde das Emissionswachstum dort noch beschleunigen und die Entwicklung und Erprobung ressourcenschonender Technologien in den Industrieländern verzögern oder behindern.“
Der „Produktivitätschampion“
Zur Illustration hat Lennings berechnet, was es für die globalen Emissionen hieße, falls alle Länder unter den hier betrachteten zehn größten Emittenten die hohe deutsche CO2-Produktivität hätten: Dann wäre die Gesamtmenge ihrer Emissionen – bei gleicher Wirtschaftsleistung – um 55 Prozent geringer. Statt 23,5 Gigatonnen Kohlendioxid hätten sie 2021 zusammen nur 10,5 Gigatonnen emittiert. Und der Gesamtausstoß aller Länder dieser Welt wäre unter dieser Annahme um 40 Prozent geringer.
Dies sei natürlich Theorie, gesteht der Forscher zu. Die CO2-Produktivität eines Landes hänge schließlich stark von der bestehenden Wirtschaftsstruktur ab, und die lasse sich nicht sprunghaft ändern. Umso mehr spreche insofern aber dafür, die Industrie vor allem dort zu halten, wo sie ohnehin schon recht klimaschonend produziert. Dass Länder längerfristig dennoch Fortschritte machen können, zeigt indes auch Deutschland: Während sein Bruttoinlandsprodukt seit 1991 real um mehr als 40 Prozent gewachsen ist, sind seine jährlichen Kohlendioxid-Emissionen um fast 40 Prozent auf 770 Millionen Tonnen gesunken (das sind 0,77 Gigatonnen); die Emissionen der Industrie sanken prozentual sogar noch stärker.
In Lennings’ Produktivitätsberechnung ist schon berücksichtigt, dass Länder wie Deutschland eigentlich mehr Ausstoß verantworten, als auf ihrem Staatsgebiet zu Buche schlägt: Die weltweit vernetzte Industrie verarbeitet viele Vorprodukte aus dem Ausland, die dort für Emissionen sorgen. Der „Global Carbon Atlas“ weist aber auch darauf angepasste Werte aus. Damit erhöht sich der Deutschland zugerechnete Ausstoß um rund 20 Prozent – seine Rolle als „Produktivitätschampion“ unter den größten Emittenten gefährdet das aber nicht.
Allerdings lassen sich die Emissionen technisch noch viel stärker senken, wie sich etwa an Frankreich zeigt. In Lennings’ Analyse der zehn Großemittenten blieb es außen vor, weil es „nur“ auf Platz 17 der Rangliste steht. Aber mit 4,7 Tonnen je Einwohner emittiert Frankreich auch größenbereinigt noch einmal deutlich weniger als Deutschland, und das bei sehr ähnlicher Wirtschaftsstruktur. Es liegt an seiner Stromversorgung, die auf Kernkraft baut. Vor diesem Weg, Emissionen ohne neue Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu mindern, scheut Deutschland aber bekanntlich zurück.
Zitat von Gast am 10. März 2023, 10:57 UhrFriedrich Merz prangert Klimaschützer an: „Die meisten von denen sind keine Aktivisten“
Der Fraktionsvorsitzende der CSU/CDU hat in einem Interview mit der Westfalenpost seinen Unmut über die Praktiken mancher Klimaaktivisten kund getan.
Vor allem die Aktivisten der „Letzten Generation“ hatten in den vergangenen Wochen immer wieder mit Protestaktionen für Aufsehen gesorgt. Viele Politiker haben sich nach der Aktion am Grundgesetz-Denkmal in Berlin in die Diskussion rund um „richtigen Klima-Aktivismus“ eingeschaltet. Jetzt hat sich auch Friedrich Merz zu Wort gemeldet. „Die meisten von denen sind keine Aktivisten, diese Leute haben doch mit Klimaschutz nichts am Hut. Das sind Straftäter, wie man am Wochenende beim Anschlag auf die Grundgesetztafeln am Reichstag in Berlin wieder gesehen hat“, so der CDU-Chef.
Merz will konstruktive Gespräche
Auf Twitter gab Merz zudem an, dass es mit diesen Personen „keine Gemeinsamkeiten und kein Dialog“ gibt. Der Münchner Merkur zitierte ihn zudem wie folgt: „Mit allen anderen, die ernsthaft um dieses wichtige Thema ringen, bemühen wir uns um konstruktive Gespräche.“ Mit seiner Meinung steht Friedrich Merz in der politischen Landschaft nicht alleine da. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion sagte laut tagesschau.de: „Jetzt haben sie auch ihre Missachtung gegenüber unserem Grundgesetz deutlich gemacht. Die Bundesregierung muss hier endlich handeln und die Strafvorschriften für diese Taten verschärfen.“ Auch Innenministerin Nancy Faeser hatte sich nach der Aktion am Bundestag für mehr strafrechtliche Konsequenzen ausgesprochen und die Aktion scharf kritisiert.
Friedrich Merz prangert Klimaschützer an: „Die meisten von denen sind keine Aktivisten“
Der Fraktionsvorsitzende der CSU/CDU hat in einem Interview mit der Westfalenpost seinen Unmut über die Praktiken mancher Klimaaktivisten kund getan.
Vor allem die Aktivisten der „Letzten Generation“ hatten in den vergangenen Wochen immer wieder mit Protestaktionen für Aufsehen gesorgt. Viele Politiker haben sich nach der Aktion am Grundgesetz-Denkmal in Berlin in die Diskussion rund um „richtigen Klima-Aktivismus“ eingeschaltet. Jetzt hat sich auch Friedrich Merz zu Wort gemeldet. „Die meisten von denen sind keine Aktivisten, diese Leute haben doch mit Klimaschutz nichts am Hut. Das sind Straftäter, wie man am Wochenende beim Anschlag auf die Grundgesetztafeln am Reichstag in Berlin wieder gesehen hat“, so der CDU-Chef.
Merz will konstruktive Gespräche
Auf Twitter gab Merz zudem an, dass es mit diesen Personen „keine Gemeinsamkeiten und kein Dialog“ gibt. Der Münchner Merkur zitierte ihn zudem wie folgt: „Mit allen anderen, die ernsthaft um dieses wichtige Thema ringen, bemühen wir uns um konstruktive Gespräche.“ Mit seiner Meinung steht Friedrich Merz in der politischen Landschaft nicht alleine da. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion sagte laut tagesschau.de: „Jetzt haben sie auch ihre Missachtung gegenüber unserem Grundgesetz deutlich gemacht. Die Bundesregierung muss hier endlich handeln und die Strafvorschriften für diese Taten verschärfen.“ Auch Innenministerin Nancy Faeser hatte sich nach der Aktion am Bundestag für mehr strafrechtliche Konsequenzen ausgesprochen und die Aktion scharf kritisiert.