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Rußland

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Russland droht der wirtschaftliche Absturz in „unvorstellbare Armut“

Anton Siluanow hat den derzeit vermutlich schwersten Job der gesamten Kremlführung. Der 59-Jährige ist russischer Finanzminister und sah sich im abgelaufenen Januar einem Loch im Staatshaushalt in Höhe von 1,77 Billionen Rubel, umgerechnet rund 23,1 Milliarden Euro, gegenüber.

Eine Frau geht in Russland Ende Januar mit ihren Habseligkeiten auf einer Straße.(Symbolbild) Bei vielen Russen wächst die Angst vor Armut.

Eine Frau geht in Russland Ende Januar mit ihren Habseligkeiten auf einer Straße.(Symbolbild) Bei vielen Russen wächst die Angst vor Armut.© picture alliance/dpa/AP

Bereits im ersten Monat des Jahres macht das damit 60 Prozent des Fehlbetrages aus, den Russland eigentlich für das gesamte Jahr eingeplant hat. Was nur bedeuten kann: Es muss eisern gespart oder das Tafelsilber muss verkauft werden.

Russisches Finanzministerium verkauft Devisen und Gold aus der staatlichen Reserve

Weil sich Sparen und das Führen eines Krieges nachgerade ausschließen, hat sich der Kreml dazu entschlossen, an die Ersparnisse zu gehen. Und so vermeldete die russische Nachrichtenagentur Tass unkommentiert unter Berufung auf das russische Finanzministerium, man habe im Januar 2,27 Milliarden chinesische Yuan (umgerechnet rund 309 Millionen Euro) am Devisenmarkt verkauft.

Dazu kämen 3,6 Tonnen Gold aus der staatlichen Reserve. Das entspricht rund 200 Millionen Euro. „Die dadurch erzielten Mittel wurden zur Deckung des Defizits auf das Konto des Staatshaushalts überwiesen“, so die Mitteilung.

Rückgang der Öl- und Gaseinnahmen um 46 Prozent

Die Haushaltslücke war entstanden, weil die Einnahmen aus Erdöl- und Erdgasverkäufen im Vergleich zum Vergleichsmonat des Vorjahres drastisch zurückgegangen sind – und zwar um 46 Prozent. Insgesamt nahm der russische Staat 35 Prozent weniger ein als im letzten Friedensmonat 2022.

Was einerseits bedeutet, dass die Sanktionen greifen und dem russischen Staat allmählich das Wasser abgraben. Was aber andererseits heißt, dass Russlands Militärmaschine weiterläuft, solange sie aus den Reserven geschmiert werden kann. Nach Darstellung des russischen Finanzministeriums verfügt das Land derzeit über Reserven in Höhe von 10,4 Milliarden Euro, 307,4 Milliarden Yuan und 551,2 Tonnen Gold. Das wäre erheblich weniger als noch im November 2022 gemeldet (siehe Grafik).

Ausgaben steigen, während Einnahmen einbrechen

Die finanzielle Situation für den Aggressor wird also zunehmend ungemütlicher. Dabei sollen die Ausgaben für das Militär 2023 noch einmal um 71 Milliarden US-Dollar steigen, wie das russische Wirtschaftsportal RBK berichtet. Auch die Ausgaben für Posten wie „nationale Sicherheit“, zu der unter anderem die Polizei gehört, sollen um dieselbe Summe klettern. Größere Ausgaben werden zudem für Soldaten, ihre Familien, Rentnerinnen und Rentner sowie Mindestlöhne fällig, um so den sozialen Frieden zu wahren. Wie geht das, bei sinkenden Staatseinnahmen?

Glaube nichts, was die Russen sagen, wenn es um Zahlen geht.

Ken Rogoff, Harvard-Ökonom

Der Harvard-Ökonom Ken Rogoff sagte jüngst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, er „glaube nichts, was die Russen sagen, wenn es um Zahlen geht“. Das betrifft zum Beispiel das offiziell nur um knapp über 3 Prozent geschrumpfte Bruttoinlandsprodukt.

Auch die Weltbank geht im laufenden Jahr von einer lediglich um 3,3 Prozent geschrumpften russischen Wirtschaft aus. Doch Stimmen von Ökonomen und detaillierte Wirtschaftsdaten lassen eine andere Bewertung realistisch erscheinen.

Russische Ökonom Sergej Gurijew bezeichnet Sanktionen als effektiv

„Das Bruttoinlandsprodukt ist in Kriegszeiten kein aussagekräftiges Instrument“, erklärte der angesehene russische Ökonom Sergej Gurijew Ende Januar bei der „Global Economy Lecture 2023″ an der österreichischen Nationalbank in Wien laut „Handelsblatt“.

Das BIP habe keine Aussagekraft über die wirkliche wirtschaftliche Lage im Krieg, weil die Rüstungsproduktion drastisch hochgefahren werde, sagt Gurjiew, Vorstand der Pariser Elitehochschule Sciences Po, der 2013 aus Russland geflohen ist. So entstehen zwar zahlreiche Güter, diese landen allerdings nie auf dem für alle zugänglichen Markt. Die westlichen Sanktionen gegen Russland bezeichnete Gurijew als effektiv.

Potemkin-Indikatoren

Der aus Russland geflohene frühere Vizeenergieminister Wladimir Milow nennt die offiziellen Daten über das BIP oder über eine Erholung des Rubel-Kurses „Potemkin-Indikatoren“. Sie wären ein Indikator für die tatsächliche wirtschaftliche Situation. Aussagekräftiger seien dagegen der Rückgang des privaten Konsums 2022 um fast 10 Prozent oder der um 7,5 Prozent geringere Wasserverbrauch im Land. Dieser ist für die Industrieproduktion und Ölförderung wichtig.

Rogoff prophezeit dem Land daher eine Welle „unvorstellbare Armut“, verglichen mit dem jetzigen Lebensstandard: „Schauen Sie sich den Iran an, schauen Sie sich Nordkorea an, schauen Sie sich Venezuela an, schauen Sie sich Kuba an. Darauf steuert Russland zu“, so der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds.

Das wird die Transformation der russischen Wirtschaft: sie gehen zurück vom 21. ins 20. Jahrhundert.

Sergej Gurijew

„Das wird die Transformation der russischen Wirtschaft: sie gehen zurück vom 21. ins 20. Jahrhundert. Das ist sehr traurig, aber das ist, was man auch in Kuba, im Iran und in Nordkorea sehen kann“, berichtet auch der russische Ökonom Gurijew in der „Tiroler Tageszeitung“.

Neben dem Verkauf von Devisen- und Goldreserven scheint der Kreml zunehmend Pensionskassen zu plündern. Bereits 2022 soll Siluanow laut Bloomberg etwa 30 Milliarden Dollar entnommen und dem Haushalt zugeführt haben, sodass der sogenannte Wohlfahrtsfonds nur noch 148 Milliarden Dollar stark sei. Der Wohlfahrtsfonds wurde 2008 gegründet und investiert in Aktien und andere Anlagen, um das russische Pensionssystem zu finanzieren.

Zudem werden die Rücklagen der Staatsunternehmen geplündert – in Form höherer Dividenden (mehr als 50 Prozent der Gewinne) und zu leistender Einmalzahlungen.„Danach bleiben noch die Sozialausgaben. Die Armutsquote in Russland wird sicher deutlich steigen. Irgendwann wird Russland wieder so aussehen wie die Sowjetunion, ein graues Land mit autoritärem Militär und einer unterdrückten Bevölkerung“, prophezeite der Militärökonom Marcus Keupp, Dozent an der Militärakademie der ETH Zürich, im Magazin „Capital“.

Gazprom hat als „Cashcow“ ausgedient

So mussten bereits 2022 Aktionäre des Staatskonzerns Gazprom trotz eines Rekordjahres „freiwillig“ auf ihre Dividende in Höhe von 20 Milliarden Euro verzichten. Der Hauptaktionär, der russische Staat, ließ auf der Hauptversammlung abstimmen. Ergebnis: Kraft seiner Mehrheit von 50,3 Prozent der Aktionäre verzichteten alle auf die Auszahlung der Dividende. Der Betrag wurde angesichts der „militärischen Spezialoperation“ dem Staatshaushalt zugeführt. Doch zumindest das wird sich nicht wiederholen: Gazprom hat angesichts des Embargos längst als „Cashcow“ ausgedient.

Ohne diese Plünderungen hätte das russische Staatsdefizit bereits im letzten Jahr 64 Milliarden Dollar betragen – trotz der guten Einnahmen für Öl und Gas aufgrund astronomisch hoher Gaspreise. Dieses Jahr wird es dem Kreml schwerfallen, die Löcher kreativ zu stopfen. Die Ausgaben für einen zunehmend totalitär geführten Krieg werden steigen und die Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft werden kollabieren.

Mangel an Arbeitskräften wird zum Problem für Russland

Ein weiteres, für die russische Wirtschaft elementares Problem ist der Mangel an Arbeitskräften: „Schätzungsweise fehlen der russischen Wirtschaft jetzt eine Million qualifizierte Arbeitskräfte. Neben den Mobilisierten sind auch die 700.000 Menschen eingerechnet, die geflohen sind“, so der Militärökonom Keupp.

„Der Arbeitskräftemangel trifft Moskaus Wirtschaft empfindlich. Gerade der Finanz- und Dienstleistungssektor ist in Russland sehr IT-intensiv. (…) Diese langfristigen Folgen darf man nicht unterschätzen. Sollte Putin eine zweite, dritte oder vierte Mobilisierungswelle starten, wird die Wirtschaft schnell zugrunde gehen“, glaubt Keupp.

Inzwischen bereitet die EU ihr zehntes Sanktionspaket gegen Russland vor – dieses Mal soll es auch um Strafmaßnahmen gegen die mächtige Atomindustrie des Landes gehen. Uran, Brennstäbe und Nukleartechnik durften bislang ungehindert importiert werden. Das soll sich ändern.

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"Verlassen Sie Russland sofort" - Scharfe Warnung an US-Bürger

Die USA haben ihre Bürger und Bürgerinnen dazu aufgefordert, Russland wegen des Krieges in der Ukraine und der Gefahr einer willkürlichen Verfolgung durch die Justzibehörden sofort zu verlassen.

US-Bortschaft in Russland

US-Bortschaft in Russland© Alexander Zemlianichenko/AP

"US-Bürger, die sich in Russland aufhalten oder dorthin reisen, sollten sofort ausreisen", teilte die US-Botschaft in Moskau mit. "Aufgrund des Risikos unrechtmäßiger Verhaftungen ist erhöhte Vorsicht geboten."

"Reisen Sie nicht nach Russland", so die Botschaft.

Die Vereinigten Staaten haben ihre Bürger schon zuvor wiederholt gewarnt, Russland zu verlassen. Die letzte öffentliche Warnung dieser Art erfolgte im September, nachdem Präsident Wladimir Putin eine Teilmobilisierung angeordnet hatte.

"Russische Sicherheitsdienste haben US-Bürger unter fadenscheinigen Anschuldigungen verhaftet, US-Bürger in Russland gezielt inhaftiert und schikaniert, ihnen eine faire und transparente Behandlung verweigert und sie in Geheimprozessen oder ohne Vorlage glaubwürdiger Beweise verurteilt", so die Botschaft.

"Die russischen Behörden haben fragwürdige strafrechtliche Ermittlungen gegen US-Bürger eingeleitet, die religiöse Aktivitäten ausüben."

Russland hat ein Strafverfahren gegen einen US-Bürger wegen des Verdachts auf Spionage eingeleitet, teilte der Föderale Sicherheitsdienst (FSB) im Januar mit.

US-Häftlinge in russischen Gefängnissen

Die bekannteste Amerikanerin, die in einem russischen Gefängnis festgehalten wurde, ist der Basketballstar Brittney Griner.

Sie wurde im Dezember im Rahmen eines Gefangenenaustauschs mit dem russischen Waffenhändler Viktor Bout in die Vereinigten Staaten zurückgebracht, fast 10 Monate nach ihrer Verhaftung.

Griners Status als offen homosexuelle schwarze Frau, ihre Bekanntheit im Frauenbasketball und ihre Inhaftierung in einem Land, in dem die Behörden der LBGTQ-Gemeinschaft feindselig gegenüberstehen, verstärkten die Sorge um sie und brachten dem Fall enorme Aufmerksamkeit.

Ein anderer Amerikaner, der nicht vom Gefangenenaustausch im Dezember profitierte, bleibt in Russland inhaftiert.

Paul Whelan ist ein ehemaliger US-Marine, der 2018 wegen des Verdachts der Spionage in Moskau verhaftet und zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde.

US-Präsident Joe Biden sagte, seine Regierung werde "niemals aufgeben", um die Freilassung von Whelan zu erreichen.

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Russische Übernahme von Belarus? Lukaschenko reagiert
Alexander Lukaschenko (l): Moskau plant Berichten zufolge eine Übernahme von Belarus bis 2030.

Alexander Lukaschenko: Moskau plant Berichten zufolge eine Übernahme von Belarus bis 2030. (Quelle: Vladimir Astapkovich/imago images)

Will Russland seinen Nachbarn Belarus unterwandern? Ein geleaktes Papier soll eine Strategie des Kremls dazu enthüllen. Nun hat sich der belarussische Machthaber Lukaschenko erstmals geäußert.

Ein Geheimpapier, das aus dem Kreml stammen soll, sorgte kürzlich für Wellen: Moskau plane eine Übernahme von Belarus bis zum Jahr 2030, heißt es darin. Mehrere europäische Medien, unter anderem die "Süddeutsche Zeitung" (SZ), hatten darüber berichtet. Putins Strategen wollen demnach das Land politisch, wirtschaftlich und militärisch unterwandern. Zu den Berichten hat sich nun der Minsker Diktator Alexander Lukaschenko erstmals öffentlich geäußert.

Laut Lukaschenko sind die europäischen Berichte ein Versuch, einen Keil zwischen die Nachbarländer zu treiben: "Haben wir unsere eigene Strategie? Ja. Hat Russland (eine große Nuklearmacht) seine eigene Strategie? Ja. Und Russland hat auch seine eigene Strategie gegenüber Belarus – mit seinen Brüdern in Frieden und Freundschaft zu leben", wird er von der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zitiert.

Auch betonte er mehrfach die Unabhängigkeit und Souveränität seines Landes. Da sei er sich mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einig. "Beim letzten Treffen haben wir diese Themen lange diskutiert", so Lukaschenko.

Experten halten Papiere für glaubwürdig

Er tat die Berichte über eine zukünftige russische Strategie, sein Land zu übernehmen, als Unfug ab. Allerdings schloss Lukaschenko nicht aus, dass es vor drei Jahren ein derartiges Dokument gegeben haben könnte. Im Herbst 2021 hatte er mit Putin einen gemeinsamen Wirtschaftsraum der beiden Länder und eine stärkere militärische Zusammenarbeit der Staaten vereinbart.

Auch den Medienberichten zufolge sollen die geleakten Kreml-Papiere mit dem Titel "Strategische Ziele der Russischen Föderation in Belarus" aus dem Jahr 2021 stammen. Sie beschreiben demnach anhand von kurz-, mittel- und langfristigen Zielen, wie sich Moskau Belarus bis zum Jahr 2030 einverleiben will. Geheimdienstexperten halten die Papiere für glaubwürdig.

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„Maßnahmen zur Kampfbereitschaft“: Belarus bereitet Raketen für den russischen Kampf vor

Kreml Chef Putin und Belarus Präsident Lukaschenko und russische Soldaten aufgereiht

Kreml Chef Putin und Belarus Präsident Lukaschenko und russische Soldaten aufgereiht© Vladimir Astapkovich/Irek Doro¿añski/Dwot/dpa

„Maßnahmen zur Kampfbereitschaft“: Belarus bereitet Raketen für den russischen Kampf vor

Während der Ukraine-Krieg ins zweite Jahr geht, leitet Lukaschenkos Regierung in Belarus „Maßnahmen zur Kampfbereitschaft“ ein.

Minsk – Das Verteidigungsministerium der Republik Belarus teilt am Freitag (24. Februar) über Telegram ein Video von mehreren Fahrzeugen, die Raketen transportieren. Das Ministerium schreibt dazu, dass „eine Raketeneinheit im Rahmen der Maßnahmen zur Kampfbereitschaft“ in das für sie „vorgesehene Gebiet“ fahre.

Am Freitag jährte sich der Einmarsch Russlands in die Ukraine, den Präsident Wladimir Putin zuvor als „besondere Militäroperation“ angekündigt hatte. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges sind russische Truppen in Belarus stationiert, das an Russland und die Ukraine grenzt. Die belarussischen Truppen haben bisher jedoch einen direkten militärischen Konflikt mit den ukrainischen Streitkräften vermieden.

Belarus wird nur „unter einem einzigen Umstand“ in Ukraine-Krieg eintreten

Wenige Tage vor dem Update des ukrainischen Verteidigungsministeriums hielt der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko eine Pressekonferenz ab, in der er über den Krieg in der Ukraine sprach und darüber, ob er sich seinem Verbündeten Putin in diesem Krieg anschließen würde:

„Ich bin nur unter einem einzigen Umstand bereit, mit den Russen vom belarussischen Territorium aus zu kämpfen, nämlich dann, wenn mindestens ein Soldat von dort [der Ukraine] auf das belarussische Territorium kommt, um mein Volk zu töten“, sagte er laut der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. Er fügte hinzu, dass er zwar keinen Krieg wolle, Russland aber ein „rechtlicher, moralischer und politischer Verbündeter“ sei.

Belarus könnte gezwungen sein, gegen Ukraine zu kämpfen

Lukaschenko gilt als enger Verbündeter Putins – und Belarus ist finanziell und politisch stark von Russland abhängig. Nach der Pressekonferenz erklärte Hanna Liubakova von der Denkfabrik Atlantic Council gegenüber der Online-Zeitung Newsweek, seine Äußerungen seien „ein Versuch, dem Westen zu signalisieren, dass er mit einer Eskalation an der Front und einer weiteren Verwicklung von Belarus in den Krieg nichts zu tun hat“.

In einem Gespräch mit ITV News in Großbritannien sagte Andrii Cherniak, ein Vertreter des Verteidigungsnachrichtendienstes der Ukraine: „Wir sehen, dass Belarus Russland zu unterstützen scheint und gleichzeitig versucht, sich mit allen Mitteln vom Krieg fernzuhalten. Wir sehen auch, wie sehr Russland sie unter Druck setzt.“ In einer Mitteilung des Nachrichtendienstes heißt es, dass das belarussische Militär gezwungen sein könnte, die Befehle des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko zu befolgen.

Lukaschenko soll wegen Ukraine-Krieg nach China reisen

Bei der kürzlich durchgeführten Abstimmung der UN-Vollversammlung über eine Resolution zum Rückzug der russischen Truppen aus der Ukraine hatte Belarus mit seiner Gegenstimme an der Seite Russlands gestanden. China hingegen, das ebenfalls als mit Russland verbündet gilt, hatte sich lediglich enthalten.

Auch Belarus unterhält gute Beziehungen zu China, das in der vergangenen Woche seinerseits einen Friedensplan für den Ukraine-Krieg vorlegte. Chinesischen Angaben zufolge wird Lukaschenko am kommenden Dienstag zu einem Staatsbesuch in China erwartet. Die Einladung erfolgte Medienberichten zufolge nur wenige Stunden nachdem der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj angekündigt hatte, den chinesischen Friedensplan besprechen zu wollen.

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80 Jahre alte Schiffsgeschütze auf Fahrzeugen und Spaten im Nahkampf: Russland leidet unter Materialmangel

80 Jahre alte Schiffsgeschütze auf Fahrzeugen und Spaten im Nahkampf: Russland leidet unter Materialmangel

Ein Jahr Krieg und viele Verluste: Russland kämpft wohl mit einer handfesten Materialkrise. Es kursieren Berichte von Uralt-Modifikationen auf Fahrzeugen und Handspaten als Angriffswaffen.

München / Kiew - Gibt es eine große Materialkrise beim russischen Militär? Was nun über die Ausrüstung der Armee von Wladimir Putin bekannt wurde, klingt schwer danach: Es ist die Rede von alten Schiffsgeschützen auf Panzern und Klappspaten, die die Soldaten im Nahkampf benutzen.

Ukraine-Krieg: Russland baut alte Truppentransporter mit Schiffsgeschützen um

Das US-Magainz Forbes meldet, dass ein „verzweifeltes“ Russland alte Truppentransporter des Typs MT-LB mit 80 Jahre alten Geschütztürmen ausstattet. Ursprünglich waren diese für Patrouillenboote gebaut worden. Demnach erbeuteten ukrainische Soldaten ein solches umgerüstetes Fahrzeug mit einem 2M-7-Geschütz, mit zwei 14,5-Millimeter-Maschinengewehren und einem Stahlschild als Deckung erstmals Anfang Februar. Fundort war der Umkreis der Stadt Wuhdelar in der Region Donezk. Die Kleinstadt hat internationale Bekanntheit erlangt, nachdem die russischen Truppen dort bei der „größte Panzerschlacht des Krieges“ herbe Verluste einstecken mussten. Ein Panzerfriedhof aus 130 zerstörten Maschinen zeugt davon.

Auch Anfang März kursierten Bilder von MT-LBs mit einer 2M-3-Kanone inklusive Dach-Geschützturm, bei dem es sich um zwei übereinander angeordnete 25-Millimeter-Kanonen in einer Stahlwanne handelt. In Serie gefertigt wurde dieser von 1950 bis 1984 - als Flugabwehrkanone auf über 30 Schiffsklassen.

80 Jahre alte Schiffsgeschütze auf Fahrzeugen und Spaten im Nahkampf: Russland leidet unter Materialmangel

80 Jahre alte Schiffsgeschütze auf Fahrzeugen und Spaten im Nahkampf: Russland leidet unter Materialmangel© Bereitgestellt von Merkur

Foto © Fadel Senna/afp

Auch Ukraine nutzt altes Equipment und Modifikationen

Für Forbes ist der Fall klar: Nachdem die Russen im ersten Jahr ihres umfassenderen Krieges gegen die Ukraine „mehr als 9.000 Panzer, Kampffahrzeuge, Lastwagen und Haubitzen verloren haben“, gehen dem Aggressor die modernen gepanzerten Fahrzeuge zur Neige – und sie können nicht schnell genug neue bauen, um dies auszugleichen.

Laut dem Magazin sind die Russen aber nicht die einzigen, die sich im Ukraine-Krieg auf altes Equipment und Modifikationen verlassen. Auch die Ukrainer bauen alte MT-LBs um, indem sie ihnen 100-Millimeter-Panzerabwehrkanonen verpassen. So werde die Reichweite deutlich gesteigert, von 2.700 Meter auf 9.000 Meter.

Spaten als Angriffswaffe: Wie gravierend ist der russische Materialmangel?

Russische MT-LBs können auch als Flugabwehrgeschütz verwendet werden, schreibt Forbes weiter. Ohne Radar gibt es aber keine zentrale Steuereinheit, die die Raketen lenkt. Das wiederum verhärtet den Verdacht, dass Russland die Umbauten schlicht aus Mangel an Alternativen anordnet. Auch alte Transportpanzer vom Typ BRT-50 sollen an der Front fotografiert worden sein.

Britische Militärexperten sprachen ebenfalls zuletzt von Waffen- und Munitionsengpässen auf russischer Seite, die bizarre Konsequenzen nach sich ziehen sollen. In seinem täglichen Kurzbericht schrieb das britische Verteidigungsministerium am Sonntag, Moskau setze im Nahkampf auch gewöhnliche Feldspaten ein.

Hintergrund sind Äußerungen russischer Reservisten, die angegeben haben sollen, nur mit „Schusswaffen und Schaufeln“ zum Angriff auf einen einbetonierten ukrainischen Stützpunkt geschickt worden zu sein. Laut Großbritannien rankt sich um den gängigen Feldspaten des Typs MPL-50 der russischen Streitkräfte - eigentlich ein Schanzwerkzeug - ein Mythos. Dieser erhebt den Spaten zur tödlichen Waffe, dabei sei er seit seiner Einführung im Jahr 1869 kaum weiterentwickelt worden.

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Russland schickt "neuartige" Waffe in den Kampf – und erntet Spott
Russischer Truppentransporter mit aufmontierter Schiffskanone: "Das spricht Bände über den armseligen Zustand der russischen Rüstungsindustrie."

Russischer Truppentransporter mit aufmontierter Schiffskanone: "Das spricht Bände über den armseligen Zustand der russischen Rüstungsindustrie." (Quelle: Screenshot/Twitter@Tendar)

Die russische Armee hat einen Großteil ihres Fuhrparks in der Ukraine verloren. Jetzt ist offenbar Improvisationstalent gefragt.

Ihre gewaltigen Verluste in der Ukraine zwingen die russische Armee offenbar zum Improvisieren: Wie auf Bildern in sozialen Medien zu sehen sein soll, schickt der Kreml jetzt ausrangierte Schiffskanonen aus den 1940er-Jahren in den Kampf – montiert auf Fahrgestelle sowjetischer Truppentransporter aus den 1970er-Jahren. Bei Kriegsbeobachtern lösen die Bilder der "neuartigen" Flugabwehrkanone Spott aus.

"Russland hat behauptet, die zweitstärkste Armee der Welt zu haben", heißt es beispielsweise vom Twitter-Account "Tendar", der regelmäßig Aufnahmen vom Krieg in der Ukraine analysiert. "Jetzt schrauben sie ihre Jahrzehnte alten Schiffskanonen auf Truppentransporter, als wären sie eine Terrorzelle des 'Islamischen Staats' in der syrischen Wüste. Das spricht Bände über den armseligen Zustand der russischen Rüstungsindustrie." Diese Bilder sollen die improvisierten Fahrzeuge zeigen:

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Bei den Kanonen soll es sich um Exemplare vom Typ 2M-3 handeln, ein doppelläufiges Geschütz vom Kaliber 25 Millimeter, das nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurde. Unklar ist, wo die Bilder entstanden sind und ob die improvisierten Fahrzeuge in der Ukraine im Einsatz sind. Angeblich hat die ukrainische Armee ein ähnliches Modell erobern können, berichtet der Rechercheverbund "Oryx", der seit Kriegsbeginn die Verluste an Panzerfahrzeugen beider Seiten dokumentiert:

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"Oryx" zufolge hat die russische Armee seit Kriegsbeginn einen Großteil ihrer Fahrzeuge verloren – fast 9.500 Stück, darunter 1.787 Kampfpanzer sowie knapp 3.250 Schützenpanzer und gepanzerte Truppentransporter. Dabei zählt der Rechercheverbund nur solche Verluste, die bildlich dokumentiert und lokalisiert wurden. Zuletzt sollen Putins Truppen allein bei Angriffen auf die Stadt Wuhledar fast 140 Fahrzeuge innerhalb weniger Wochen verloren haben.

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Russland wird weiterhin billiges Öl an Indien verkaufen – aus diesem Grund sind beide Seiten langfristig im Geschäft, erklärt ein Top-Analyst

Russland hat seine Ölexporte von Europa weg nach Asien umgeleitet.

Die gestiegenen Ölexporte Russlands nach Indien werden auf Dauer Bestand haben, da die beiden Länder eine langfristige Beziehung aufbauen, die auf günstigen Preisen beruhe, so ein Top-Kpler-Analyst. Die Verlagerung der Moskauer Rohölexporte in das asiatische Land wird anhalten, da sie für beide Seiten von Vorteil sei, so Viktor Katona zu Business Insider.

"Die ganze Indien-Russland-Geschichte ist eine langfristige Geschichte, die nicht plötzlich aufhören wird. Es wird ein neues Merkmal des Marktes sein", sagte Katona, der leitende Rohölanalyst beim Rohstoffanalyseunternehmen Kpler.

Während China der wichtigste Importeur von russischem Rohöl ist, hat Moskau ein großes Interesse daran, den Fuß in der Tür zu Indien zu behalten. Die Raffinerien des Landes sind für Moskau zu einem immer wichtigeren Markt geworden, nachdem die G-7-Länder eine Preisobergrenze und andere Sanktionen verhängt hatten. Diese wurden eingeführt, um Russlands Energieeinnahmen zur Finanzierung seines Krieges in der Ukraine zu verringern.

Preise sollen voraussichtlich bestehen bleiben – auch nach Ende des Krieges

Selbst wenn der Krieg in der Ukraine zu Ende geht, werden die Preisnachlässe nach Ansicht von Katona mit ziemlicher Sicherheit bestehen bleiben. Die Preise könnten sogar noch billiger werden als sie jetzt sind. Er schätzt, dass Indien etwa zehn bis zwölf US-Dollar unter dem Preis für die globale Rohöl-Benchmark Brent-Futures zahle.

"Russisches Öl ist jetzt auf lange Sicht billiger. Sollte der Krieg zu Ende gehen, würde Indien also immer noch kaufen, denn die Preisnachlässe machen es für das Land interessant", sagte er. Vor einem Jahr kaufte Indien so gut wie kein russisches Rohöl, hat aber in diesem Jahr Rekordmengen an Rohöl mit Preisnachlässen gekauft. Der Grund: andere Länder zogen sich von Moskau zurück.

Das Land kauft auch nach und nach neue Energieprodukte - wie Diesel - aus Russland, die es in der Vergangenheit nicht gekauft hat. Dies ist ein Zeichen für eine noch engere Handelsbeziehung zwischen den beiden Ländern. "Indien kauft nicht nur russisches Öl, sondern auch russische Produkte. Es weitet die Palette seiner Einkäufe aus, sodass es nicht mehr nur eine Sache kauft, sondern nach und nach neue Dinge hinzukommt", sagte Katona.

"Die Interaktion zwischen diesen beiden Ländern wird viel länger dauern, als die 'Neinsager' annehmen, denn es besteht ein gegenseitiges Interesse daran", fügte er hinzu. Moskau verkauft sein Rohöl lieber an Indien als an China - und das nicht nur, weil die Umleitung von Fässern, die früher nach Europa geliefert wurden, viel weiter ist.

Ein wichtiger Grund dafür sei, dass indische Unternehmen auf Lieferbasis zahlen, das heißt, sie müssen sich nicht um den Transport und die Versicherung kümmern. Russland kann seine Gewinne für die gesamte Transaktion maximieren, indem es diese Extras in Rechnung stellt. Chinesische Käufer hingegen könnten darauf bestehen, ihre eigenen Flotten einzusetzen, so Katona.

Außerdem wies er darauf hin, dass große russische Unternehmen in China kein Eigenkapital besitzen, während sie an indischen Raffinerien beteiligt sind.

Nach Angaben von Kpler lieferte Russland im Januar fast zwei Millionen Barrel Rohöl pro Tag nach Indien, nicht weit hinter China mit fast 2,5 Millionen. Der drittgrößte Importeur liegt am Rande des asiatischen Marktes - die Türkei, die mit rund 400.000 Barrel pro Tag weit abgeschlagen ist.

Das Gesamtvolumen des Rohöls, das über die Meere fließt, ist den Daten zufolge jedoch mehr oder weniger gleich geblieben. "In gewissem Sinne ist es keine große Veränderung, denn es ist nur eine Umschichtung dessen, was ursprünglich wohin geflossen ist. Europa hat dies gekauft. Jetzt kauft es Indien. Es ist ein längerer Weg, aber es ist auch günstiger", sagte Katona.

"Es ist eher ein Spiel der Reise nach Jerusalem - Russland verdrängt Saudi-Arabien aus Indien, sodass Saudi-Arabien mehr an China verkauft", sagte er.

Anstieg des Anteils der Rohöllieferungen aus Russland (in blau) nach Indien, der sich nach Angaben von Vortexa wahrscheinlich fortsetzen wird.

Dennoch ist die Umstellung Teil einer größeren Erzählung, nämlich dass Asien einen Wettbewerbsvorteil auf dem globalen Ölmarkt erhalten hat. Indien und China, die Wirtschaftsmächte, kaufen beide Rohöl unter dem Marktniveau. Währenddessen müssen die Importeure in Europa und den USA den vollen Preis zahlen.

Das bedeutet, dass der "atlantische Markt für Rohöltransporte nachlässt", so Katona. In der Zwischenzeit ist das starke Asien, wo China seine Wirtschaft durch die Aufhebung der strengen Pandemie-Beschränkungen wieder geöffnet hat, bestrebt, seine Gewinne zu maximieren. Sie gehen aggressiver in den Markt.

Ob China nun mit dem vollständig sanktionierten Iran und Venezuela handelt oder Indien von dem halbwegs sanktionierten Russland kauft – beide Akteure sind bereit, Risiken einzugehen, so Katona.

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Enorme Kriegskosten, einbrechende Öl- und Gas-Einnahmen: Russlands Staatsdefizit gerät außer Kontrolle

Ein Jahr nach dem Angriff auf die Ukraine läuft Russlands Staatsdefizit aus dem Ruder.

Ein Jahr nach dem Angriff auf die Ukraine läuft Russlands Staatsdefizit aus dem Ruder.© Mikhail Metzel, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP/PICTURE ALLIANCE
Ein Jahr nach dem Angriff auf die Ukraine läuft Russlands Staatsdefizit aus dem Ruder.

Russland steht vor einem gigantischen Defizit im Staatshaushalt. Der Grund sind die hohen Kosten des Krieges gegen die Ukraine und drastisch gesunkene Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas, auch infolge westlicher Sanktionen. Bereits in den ersten beiden Monaten des Jahres weise der russische Staatshaushalt ein Defizit von 2,58 Billionen Rubel (32,3 Milliarden Euro) auf, teilte das Finanzministerium am Montag in Moskau mit. Vor einem Jahr hatte Russland im Januar und Februar noch einen Haushaltsüberschuss von 415 Milliarden Rubel (5,2 Milliarden Euro) erzielt. Doch das war vor dem Krieg und den westlichen Sanktionen.

Russlands Regierung unter Präsident Wladimir Putin hatte für 2022 bereits ein Defizit von knapp drei Milliarden Euro eingeplant. Davon sind nun bereits in den ersten beiden Monaten fast 90 Prozent erreicht.

Die russischen Staatsfinanzen stehen von zwei Seiten unter Druck. Auf der einen Seite verursacht der Angriffskrieg auf die Ukraine enorme Kosten. Auf der anderen Seite treffen die westlichen Sanktionen die staatlich kontrollierte russische Wirtschaft hart. Die Einnahmen aus Öl- und Gasexporten brachen ersten Berechnungen des Finanzministeriums zufolge um fast die Hälfte ein. Dies hänge vor allem mit dem niedrigeren Ölpreis und dem gesunkenen Export von Erdgas zusammen, teilte das Finanzministerium mit.

Viele westliche Länder haben die Import von russischem Öl stark eingeschränkt oder – wie Deutschland völlig eingestellt. Die westlichen Industriestaaten haben zudem einen Preisdeckel für russisches Rohöl und Ölprodukte aus Russland verhängt.

Zwar kaufen China und Indien Russland Öl ab, allerdings nur zu niedrigeren Preisen. Öl der russischen Marke Urals wird daher mit einem deutlichen Abschlag gehandelt. Medienberichten zufolge wird Russlands Urals-Öl nur zu einem Preis von etwa 50 Dollar pro Barrel los. Auf dem Weltmarkt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent gut 85 US-Dollar. Russland selbst hat zudem seine Gaslieferungen an Deutschland und viele andere europäische Länder eingestellt.

Defizit: Russland hatte für den Krieg vorgesorgt

Aufgrund der westlichen Sanktionen ist die russische Wirtschaft zudem im Kern in eine Rezession gestürzt. Sie wird zum Teil durch hohe Ausgaben des Staates für die Rüstungsindustrie gemildert. Zusätzlich gibt der russische Staat viel Geld aus, um soziale Folgen abzufedern und die Akzeptanz für die Politik Putins zu stabilisieren.

Im Januar waren zudem die Steuereinnahmen des russischen Staates dramatisch um 28 Prozent zurückgegangen. Das Finanzministerium hatte diese auf eine Änderung der Mehrwertsteuer zurückgeführt. Russland hat im Januar begonnen, Gold- und Währungsreserven zu verkaufen. Das Finanzministerium hatte dafür einen Umfang von 500 Millionen Euro genannt. Russland hatte auch zur Vorbereitung des Angriffs auf die Ukraine erhebliche Währungsreserven aufgebaut. Putin hatte die seit 2021 stark gestiegenen Energiepreise zudem dafür genutzt, dem Staatsfonds hohe Geldmittel zuzuführen. Auch unmittelbar nach dem Angriff auf die Ukraine hatte Russland zunächst von den steigenden Energiepreisen sogar profitiert. Das Land war also vorbereitet. Experten gehen aber davon aus, dass Putin weder damit gerechnet hat, dass der Krieg gegen die Ukraine lange andauert, noch dass der Westen seine Energieimporte aus Russland so schnell und weitgehend reduziert.

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Russland wurde von der Nato provoziert, oder etwa nicht?

Russland wurde von der Nato provoziert, oder etwa nicht?

Russland wurde von der Nato provoziert, oder etwa nicht?© Bereitgestellt von Berliner Zeitung

Dies ist der vierte Teil der humoristischen Kolumne „Finde den Fehler“ von Anselm Neft.

„Russland ist ein friedliebendes Land. Aber wir brauchen keinen Frieden um jeden Preis.“ Besser hätte OSZE-Botschafter Alexander Lukaschewitsch im Januar 2022 die russische Seele nicht auf den Punkt bringen können. Ähnlich langmütig äußerte sich der russische Außenminister Sergej Lawrow kurz vor Beginn der Spezialoperation in der Ukraine: „Wir haben unsere Schlitten sehr lange vorbereitet, es ist endlich Zeit, loszufahren.“

Generell gutmütig wie ein vom Wodka gewärmter Tanzbär lässt sich der Russe viel gefallen, aber eben nicht alles. Ständiges Nölen und gen Ost erweitern kann auch den behäbigsten Reußen aus der Datscha treiben. Ja, mag sein, dass man völkerrechtlich über die Wiedereingliederung der Krim ins Zarenreich verschiedene Auffassungen haben kann. Vor allem, wenn man sich Tag und Nacht von Nato-Propaganda das Hirn waschen lässt. Und ja, die rund 300 Menschen im abgeschossenen Malaysia-Airlines-Flug 17 waren unter Umständen gar keine anti-russischen Spione, zumindest nicht die 80 Kinder, die vermutlich noch gar keine komplette Geheimdienstausbildung durchlaufen konnten.

Aber muss man deswegen gleich wieder mit „dem Iwan“ schimpfen, als wäre er ein bockiges Kind? Hätte man Russland nicht lieber den Rest der Ukraine anbieten sollen, anstatt auf stur zu stellen und am Maidan Rabatz zu machen? Überhaupt: Was soll diese Unterscheidung von Russland und der Ukraine? Leben nicht hier wie dort Russen, wie Präsident Putin in einem vielbeachteten wissenschaftlichen Aufsatz verkündete?

Ein Aufsatz, der derart bahnbrechend war, dass er am 12. Juli 2021 sogar auf der Website der russischen Regierung publiziert wurde. Lückenlos konnte das historisch bewanderte Staatsoberhaupt in seiner Arbeit nachweisen, dass die Ukraine gar keine eigene Nation und ihre Regierung eine Rasselbande westlicher Verschwörer gegen alles Gute, Wahre und Schöne ist.

Was aber tat der Westen, anstatt einfach die Fakten zu akzeptieren? Er wollte mal wieder „drüber reden“, was nichts anderes bedeutet als zersetzendes Infragestellen gottgegebener Gewissheiten aus eigenen niederen Motiven. Überhaupt ist mit dem Westen kein Staat zu machen, wird er doch beherrscht von verweichlichten Schwulen und Pussy-Riot-Fans, die zugleich eiskalte Nazi-Eroberer und durchtriebene hakennasige Verschwörer sind. Auch dem zutraulichsten Russen fällt da das Vertrauen verständlicherweise schwer.

Dennoch hat der Kreml wieder und wieder Verhandlungen angeboten und dabei doch nicht mehr verlangt, als dass der Westen mit seiner heimtückischen Einkreisung des gut 17.000.000 Quadratkilometer großen Landes endlich aufhört und Russland wieder zu der Supermacht werden lässt, die es vielleicht mal vor den 1990ern gewesen sein könnte! So was macht man nicht mit einer Weltmacht, deren Bruttoinlandsprodukt nur knapp hinter dem von Frankreich, Italien oder Südkorea liegt!

Dass Russland sich gegen westliche Truppen in der Ukraine zur Wehr setzen muss, versteht sich von selbst. Dass diese Truppen dort sind, um die Ukraine vor Russland zu schützen, ergibt hingegen keinen Sinn, da die Ukraine ja eigentlich ein Teil Russlands ist.

Genau genommen töten in der „Ukraine“ Russen andere Russen, nämlich Russen, die noch nicht kapiert haben, dass sie Russen sind. Aber ist das denn wirklich so schwer? Geduldig versuchen Lawrow, Putin oder Kremlsprecher Dimitry Peskow es den halsstarrigen Westlern sinngemäß zu erklären: Wir verhandeln sehr gerne, wir mögen keinen Krieg. Lasst uns doch einfach die Ukraine und Schwamm drüber.

Der Westen in seiner Paranoia – eine Projektion der eigenen Eroberungsabsichten! – spinnt sich aber zusammen, die russische Regierung würde dann ihre ach so gierigen Griffel auch noch ins Baltikum oder nach Polen ausstrecken. Wie irgendjemand, der klar bei Verstand ist und etwas Geschichtskenntnis besitzt, darauf kommen kann, wird wohl das Geheimnis der Echsenmenschen aus der Nato bleiben.

Zum Glück gibt es auch im Westen vernünftige Menschen, denen Frieden wichtiger ist als Eskalation und Beharren auf einem eigenen, undurchdachten Standpunkt. Sie wissen, dass Putin und der gesamte Kreml vernünftige und im Kern sensible Menschen sind, die nur mit Augenmaß und Realitätssinn verhandeln wollen. Oder eben einen Atomkrieg anfangen, wenn man sie weiter reizt. Aber auch das hat sich der Westen dann selbst zuzuschreiben.

Im Juni 2014 beklagte der UNHCHR in den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten eine von den dortigen Milizen geschaffene Atmosphäre der Angst mit Tötungen, Folterungen und anderen Menschenrechtsverletzungen sowie den totalen Zusammenbruch von Recht und Ordnung und sprach von einer Terrorherrschaft der bewaffneten Gruppen über die Bevölkerung mit Freiheitsberaubungen, Entführungen, Folterungen und Exekutionen.

Hunderttausende Menschen flüchteten aus den betroffenen Gebieten. Beim Abschuss des zivilen Malaysia-Airlines-Flugs 17 über den von den dortigen Milizen kontrollierten Gebieten der Oblast Donezk durch eine aus Russland stammende Flugabwehrrakete im Juli 2014 wurden 298 Zivilisten getötet, darunter 80 Kinder. Anfang August 2014 konnte die Ukraine Donezk und Luhansk zu großen Teilen blockieren. Es folgte eine erheblich verstärkte Unterstützung aus Russland, die es den prorussischen Kräften nicht nur erlaubte, Ende August die Belagerungsringe zu sprengen, sondern auch Gebiete im Süden einzunehmen, in denen kaum Bestrebungen zur Abspaltung bekannt waren.

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Russland kollabiert in Zeitlupe

Sortierung von Rubelnoten: Russland hat die Geldmenge im vergangenen Jahr schon um 24 Prozent erhöht.

Sortierung von Rubelnoten: Russland hat die Geldmenge im vergangenen Jahr schon um 24 Prozent erhöht.© IMAGO/ITAR-TASS

Russland kollabiert in Zeitlupe

Moskaus Propaganda suggeriert, es sei alles nicht so schlimm. Doch es wird immer klarer, dass die Rohstoffexportwirtschaft und damit der Staatshaushalt in Schieflage geraten.

Nichts habe sich geändert, versicherte ein Gazprom-Mitarbeiter im westsibirischen Nowy Urengoj der Agentur Reuters. „Wir hatten vergangenes Jahr zwei Lohnerhöhungen.“ Aber nach einem Jahr Wirtschaftskrieg gegen den Westen ist Gazprom wie auch der russische Staatshaushalt in Schwierigkeiten geraten. Russlands Rohstoffexportwirtschaft droht langsam aber sicher in die Schräglage zu rutschen.

Wladimir Putins Versuch, Europa in diesem Winter „weich zu frieren“, hatte schon bis Ende 2022 einen Einbruch der Gasexporte in die EU um 80 Prozent zur Folge. Russlands Gasproduktion sank vergangenes Jahr um zwölf Prozent. Und im Januar sind laut Reuters die Gewinne des Staatskonzerns Gazprom gegenüber dem ersten Monat 2022 von 6,3 Milliarden Dollar auf 3,4 Milliarden Dollar gefallen.

Insgesamt sanken im Januar nach Angaben des russischen Finanzministeriums die Staatseinnahmen durch Gas- und Ölexporte gegenüber dem Vorjahresjanuar um 46 Prozent auf 426 Milliarden Rubel (5,3 Milliarden Euro). Auch deshalb entstand schon im ersten Monat 2023 ein Haushaltsdefizit von 1,76 Billionen Rubel (knapp 22 Milliarden Euro).

„Man kann ein Wettbüro für die Ökonomen aufmachen“

Und die Zeitung Iswestija schreibt unter Berufung auf das staatliche Portal Elektronny Bjudschet, das Defizit sei bis Ende Februar auf 3,96 Billionen Rubel (49,4 Milliarden Euro) gewachsen. Es hat damit die für das gesamte Jahr kalkulierte Maximalfehlsumme schon um über 1,1 Billionen Rubel (13,7 Milliarden Euro) überschritten.

Finanzminister Anton Siluanow versicherte dieser Tage dem Sender Russia Today, man habe im Januar und Februar insgesamt fünf Billionen Rubel (62,3 Milliarden Euro) Steuern eingenommen. Aber viele Experten glauben dem amtlichen Verlautbarungsoptimismus nicht mehr. „Man kann ein Wettbüro für die Ökonomen aufmachen, die auf das Defizit am Ende des Jahres wetten wollen“, sagt der Moskauer Wirtschaftswissenschaftler Igor Lipsiz. „Die einen reden von vier, die anderen von fünf Billionen. Russland hat seine Haushaltsstabilität verloren, Armut droht.“ 60 Prozent der Bevölkerung ernähre der Staatshaushalt, 2023 gäbe es noch Reserven, aber 2024 müsse man mangels Geld die Ausgaben für Bildung, Medizin und Sozialhilfe kürzen.

Laut Lipsiz hat der Staat die Geldmasse schon vergangenes Jahr klammheimlich um 24 Prozent erhöht. Noch ohne sichtbare negative Folgen. Aber um eine Inflation zu verhindern, muss die Wirtschaft wieder Öl- und Gas zu hohen Preisen exportieren, also die westlichen Sanktionen umgehen. Das ist bisher nicht gelungen. Zwar gilt es als offenes Geheimnis, dass vor allem asiatische Kunden trotz des westlichen Preisdeckels von 60 Dollar russisches Rohöl auch für 70 bis 80 Dollar pro Barrel kaufen. Aber offenbar lassen viele Exportfirmen einen Großteil dieser Marge auf eigene Konten verschwinden, so dass der Staat leer ausgeht.

Neue Kundschaft im Kongo und in Afghanistan

Dazu kommt der seit Februar geltende Preisdeckel für Benzin und andere Ölprodukte. Er ist noch unangenehmer, weil China und Indien, die jetzt viel russisches Rohöl kaufen, selbst Benzin exportieren. Das finnische Zentrum für Energieforschung CREA sagt Russland deshalb tägliche Verluste von 280 Millionen Euro voraus. Moskau selbst will ab März seine Ölförderung um 500 000 Barrel täglich drosseln.

Gazprom hofft auf China als Großabnehmer. Aber um das weggebrochene Europageschäft zu kompensieren, bräuchte es eine zusätzliche, jahrelang zu bauende Pipeline quer durch Sibirien. Und nach Ansicht von Analytikern zahlten die Chinesen Gazprom 2022 nur 270 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas, ein Bruchteil der EU-Marktpreise, die zeitweise weit über 1000 Dollar lagen. Immerhin, nach russischen Presseangaben finden sich neue Kunden. So wird Moskau im Kongo eine neue Ölpipeline verlegen und den Taliban in Afghanistan Benzin verkaufen. Obwohl diese anfangs mit Trockenfrüchten bezahlen wollten.