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Rußland

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"Russland steht unter Schock": Russen fliehen vor Putins Krieg

 

Seit Mittwoch befindet sich auch Russland offiziell im Kriegszustand: Putin ordnete eine Teilmobilmachung an und lässt 300.000 zusätzliche Soldaten einziehen.

Seit Mittwoch befindet sich auch Russland offiziell im Kriegszustand: Putin ordnete eine Teilmobilmachung an und lässt 300.000 zusätzliche Soldaten einziehen.© KIRILL KUDRYAVTSEV
Seit Mittwoch befindet sich auch Russland offiziell im Kriegszustand: Putin ordnete eine Teilmobilmachung an und lässt 300.000 zusätzliche Soldaten einziehen.

Mit seiner Fernsehansprache läutete Wladimir Putin am Mittwoch eine neue Phase des Krieges ein: Der Kemlchef befahl die Teilmobilmachung der russischen Streitkräfte. Demnach sollen 300.000 Reservisten in den Krieg in die Ukraine geschickt werden. Darunter vor allem Männer, deren Militärdienst noch nicht lange zurückliegt. Beobachter werten diesen Schritt als Reaktion Putins auf die dramatischen Niederlagen imn Osten der Ukraine.

"Russland steht unter Schock. Der gestrige Tag, der 21. September, war für die Bevölkerung vergleichbar erschütternd wie der 24. Februar, als die Ukraine überfallen wurde”, sagte Alexey Yusupov, Leiter des Russland-Programms der Friedrich-Ebert-Stiftung, im Gespräch mit Business Insider. Es herrsche Panik - viele Menschen würden nun versuchen, das Land zu verlassen.

Flüge ins Ausland waren offenbar in kürzester Zeit ausgebucht. Wie die "Welt" berichtet, waren bevorzugte Ziele Istanbul und Eriwan in Armenien. In beide Länder können Russinnen und Russen ohne Visum einreisen. Außerdem stiegen die Ticketpreise rasant: Am günstigsten seien noch die Flüge von Moskau nach Dubai, die bei umgerechnet 5.000 Euro liegen. Das entspräche dem Fünffachen des durchschnittlichen russischen Monatslohns, berichtet die Zeitung.

Auch die Ausreise mit dem Auto scheint sich schwierig zu gestalten. In den sozialen Netzwerken kursieren zahlreiche Videos überfüllter Straße an den Grenzübergängen zu Russlands Nachbarländern. „Die Menschen wollen nach Finnland fliehen, sodass die finnische Regierung aus Sorge vor einem Massenansturm bereits an einer vollständigen Einreisesperre arbeitet, die Grenzübergänge in Richtung Mongolei sind überfüllt, auch Georgien, Armenien und Kasachstan erwarten einen massenhaften Anstieg an fliehenden Russen”, sagte Yusupov Business Insider.

Dass die Teilmobilmachung nur der Anfang sein und eine Generalmobilmachung drohen könnte, schließt Yusupov nicht aus. Allerdings wäre das nur dann eine realistische Option, wenn die 300.000 Reservisten nicht ausreichen und sich Russland entscheiden würde, noch stärker in den Krieg einzugreifen.

Aber: "Wenn Russland wirklich voll in den Krieg einsteigen will, brauchen sie einen größeren Anlass, möglicherweise auch einen selbst inszenierten, um die Bevölkerung hinter sich 'zur Verteidigung' des Landes zu vereinen. Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich das aber noch nicht”, sagte Yusupov.

Wie sich die Proteste gegen die Teilmobilisierung auswirken und ob sie der Beginn größerer, sozialer Unruhen sein könnten, könne man nach der Einschätzung des Russland-Experten bisher auch noch nicht sagen. Die Proteste am Mittwoch seien noch klein und die Repressionen hoch gewesen. Trotzdem greift Putins Regime hart durch und versucht die Proteste im Keim zu ersticken. Yusupov: "Besonders perfide ist, dass es gestern unter den Demonstranten etwa 1.000 Männer gab, die verhaftet wurden und in Haft ihren Front-Bescheid ausgestellt bekommen haben.”

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Mobilisierung in Russland: Angeblich sollen 1 Millionen Soldaten einberufen werden

Offiziell sollen 300.000 Soldaten mobilisiert werden, aber ein geleaktes Dokument aus dem Kreml dürfte die Angst vor einer Einberufung unter den russischen Männern weiter verstärken. Die Bekanntmachung der "Teil-Mobilisierung" hat jetzt bereits zu massiven Protesten geführt und viele zur Flucht ins Ausland getrieben.

Russische Soldaten in der Warteschlange zur Mobilisierung

Russische Soldaten in der Warteschlange zur Mobilisierung© Bereitgestellt von Gentside

In Moskau brodelt die Gerüchteküche

Um genau zu sein, geht es um den geschwärzten Abschnitt 7 von Putins Proklamation, welcher laut Novaya Gazeta besagt, dass bis zu einer Million Männer mobilisiert werden könnten. Angeblich stammt die Information von einer zuverlässigen Quelle im Kreml.

Dazu kommen unbestätigte Behauptungen darüber, dass auch Männer ohne militärische Erfahrung einberufen werden, doch der Kreml dementiert diese Gerüchte . Es gibt auch Berichte über verhaftete Kriegsgegner, denen damit gedroht wird, an die Front geschickt zu werden.

Wie der russische Nachrichtendienst RIA berichtet, räumt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow ein, dass die geschwärzte Zahl das Mobilisierungsziel enthalte, sagt aber auf Nachfrage, dass nirgendwo in dem Papier etwas von einer Millionen Reservisten stünde.

Der Kreml ist bereits jetzt mit der Situation überfordert

Das britische Verteidigungsministerium stellt derweil fest, dass Russland selbst Schwierigkeiten damit haben wird, 300.000 neue Soldaten aufzustellen. In seinem jüngsten Militärbericht steht:

Russland wird wahrscheinlich mit logistischen und administrativen Herausforderungen zu kämpfen haben, um überhaupt 300.000 Mann zu mobilisieren zu können. Man wird versuchen, mit vielen dieser Truppen neue Formationen aufzustellen, die wahrscheinlich monatelang nicht kampffähig sein werden.

Putin nimmt, in der Hoffnung, die dringend benötigte Kampfkraft für seinen Krieg in der Ukraine zu erhalten, ohnehin ein erhebliches politisches Risiko in Kauf. Doch selbst die begrenzte Mobilisierung ist bei weiten Teilen der russischen Bevölkerung höchst unpopulär.

Angesichts einer Reihe demütigender Rückschläge in der Ukraine erklärte der russische Präsident auch, dass Moskau die dort eroberten Gebiete bald per Referendum annektieren wird.

Putin versucht die Leute zu überzeugen

Putin rechtfertigt seine jüngste Entscheidung mit der Behauptung, dass der Westen Russland zerstören wolle und dass die teilweise Mobilisierung nötig sei, um die Grenzen des Landes zu schützen. In einer von der Manila Times veröffentlichten Ansprache an sein Volk, sagt er:

Der Westen hat sich auf eine nukleare Erpressung eingelassen, aber Russland verfügt über genügend Waffen, um Vergeltung zu üben. Wir spielen keine Spielchen.

Russland betrachtet Luhansk und Donezk bereits als separate Staaten, die zusammen das Donbass-Gebiet bilden. Die Ukraine beansprucht das Gebiet für sich. Seit Ende Juli kontrolliert Russland rund 60 % von Donezk und praktisch das gesamte Gebiet von Luhansk.

Diese Errungenschaften sind nun in Gefahr, da die russischen Streitkräfte kürzlich aus der nahe gelegenen Provinz Charkiw vertrieben wurden, wodurch sie ihre wichtigsten Nachschubwege für einen großen Teil der Frontlinien in Donezk und Luhansk verloren haben.

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So schnell könnte Russland seine Annexionspläne umsetzen

Die Abstimmungen in Teilen der Ukraine über einen Beitritt zu Russland sollen in Kürze enden. Der Westen und Kiew bezeichnen sie als Scheinreferenden, deren Ergebnis sie nicht akzeptieren werden. Es folgen Details zu den Abstimmungen in den Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja.

„260.000 Russen im wehrfähigen Alter sollen das Land bislang verlassen haben“, berichtet WELT-Reporter Christoph Wanner aus Moskau. Immer wieder gibt es auch Berichte über Brandstiftungen in den Rekrutierungsbüros. Die Männer hoffen, der Einberufung so entgehen zu können. Quelle: WELT

„260.000 Russen im wehrfähigen Alter sollen das Land bislang verlassen haben“, berichtet WELT-Reporter Christoph Wanner aus Moskau. Immer wieder gibt es auch Berichte über Brandstiftungen in den Rekrutierungsbüros. Die Männer hoffen, der Einberufung so entgehen zu können. Quelle: WELT© WELT

Welches Gebiet soll annektiert werden?

Es geht um Gebiete in der Größe von insgesamt etwa 15 Prozent der Ukraine, die derzeit von russischen Streitkräften besetzt sind. Zusätzlich sollen in die Russische Föderation etwa drei Prozent des ukrainischen Territoriums aufgenommen werden, das die russischen Soldaten derzeit nicht kontrollieren. Dazu zählen Frontverläufe, an denen immer noch gekämpft wird, etwa in der Region Donezk.

Scheinreferenden über den Beitritt zu Russland Quelle: dpa/dpa-infografik GmbH

Scheinreferenden über den Beitritt zu Russland Quelle: dpa/dpa-infografik GmbH© dpa/dpa-infografik GmbH

Insgesamt würde sich Russland somit mindestens 90.000 Quadratkilometer ukrainisches Gebiet einverleiben. Das entspricht in etwa der Größe Portugals. Rechnet man die bereits 2014 annektierte Halbinsel Krim hinzu, würde Russland dann mindestens ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets aufgenommen haben.

In Russland kommt Kritik an Putin auf

Wie schnell könnte eine Annexion vollzogen werden?

Der Prozess könnte schnell ablaufen. Nach den Referenden könnten die betroffenen Gebiete um ihre Aufnahme in die Russische Föderation bitten. Putin und das russische Parlament könnten dann schnell grünes Licht geben. Der britische Militärgeheimdienst schließt nicht aus, dass Putin bereits diesen Freitag formell die Aufnahme in die Russische Föderation bekanntgeben könnte, da an diesem Tag eine Ansprache vor beiden Kammern des Parlaments angesetzt sei.

Die aktuelle Situation in der Ukraine Quelle: Infografik WELT

Die aktuelle Situation in der Ukraine Quelle: Infografik WELT© Infografik WELT

Wie war das im Fall der Krim?

Im Fall der Krim dauerte das Verfahren nur wenige Wochen: Am 27. Februar 2014 übernahmen russische Truppen die Kontrolle über die Halbinsel. Das Referendum über den Beitritt zu Russland wurde am 16. März abgehalten. Am 21. März wurde die Krim formell in die Russische Föderation aufgenommen. Die Annexion der Krim war völkerrechtswidrig und wurde von der Bundesregierung, der EU und der UN-Vollversammlung verurteilt.

Was genau hat Russland mit den annektierten Gebieten vor?

Russland hat einem Zeitungsbericht zufolge schon konkrete Pläne für die Einverleibung der Gebiete. Geplant sei die Bildung eines neuen föderalen „Krimbezirks“, berichtete die russische Zeitung „Wedomosti“ am Dienstag unter Berufung auf Quellen im Föderationsrat. Dieser Bezirk solle neben den Gebieten, in denen die Scheinreferenden stattfinden, auch die Halbinsel Krim umfassen. Neuer Verwaltungschef solle Dmitri Rogosin werden, der im Juli als Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos abgelöst worden war, hieß es weiter.

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Petition will Putin aus dem Kreml schmeißen: „Dann endet der Krieg sofort“

Bild: Kremlin.ru, Vladimir Putin (2022-09-21), CC BY 4.0, via Wikimedia Commons (Bildgröße geändert)

Bild: Kremlin.ru, Vladimir Putin (2022-09-21), CC BY 4.0, via Wikimedia Commons (Bildgröße geändert)© Bereitgestellt von Z-LiVE NEWS

In Russland zeigt sich seit Tagen der Widerstand gegen die Teilmobilmachung des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf den Straßen in Form von Demonstrationen. Der Kreml reagiert mit hunderten Festnahmen. 

Aber auch an anderer Front regt sich Widerstand: Der russische Abgeordnete Dmitry Palyugan hat eine Petition gestartet, mit der er Wladimir Putin von der Macht verdrängen will. Das berichtet der britische Express. „Wir wollen Menschen aus verschiedenen Gruppen vereinen, denn wir haben drei große Gruppen von Menschen“, so Palyugan. „Die eine kleine Gruppe ist für den Krieg. Eine andere kleine Gruppe ist gegen den Krieg. Die größte Gruppe sind die Leute, die nur darauf warten, wer gewinnen wird.“

Palyugan weiter: „Ich habe unseren Appell an die Staatsduma so geschrieben, dass sie Kriegsbefürworter und Kriegsgegner vereint. Sie müssen verstehen, dass Putin nicht gut für ihre Ziele ist.“

Palyugan selbst gibt sich bis jetzt erfreut über die Unterstützung, die seine Petition erfährt. Er betont: „Ich bin gegen diese Militäroperation und denke, wenn wir Putin loswerden, wird sie sofort enden.“

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Ukraine – Russland warnt, dass Kiew versucht, Moldawien zum Angriff auf die pro-russische Region Transnistrien zu bewegen

Ein Beamter des russischen Außenministeriums, Alexej Polischtschuk, warnte am Sonntag, dass die Ukraine versuche, die Republik Moldau zu einem Angriff auf die pro-russische Region Transnistrien zu zwingen.

Archiv - Poster mit der Flagge der selbsternannten Republik Transnistrien in Tiraspol - JERZY DABROWSKI / ZUMA PRESS / CONTACTOFOTO

Archiv - Poster mit der Flagge der selbsternannten Republik Transnistrien in Tiraspol - JERZY DABROWSKI / ZUMA PRESS / CONTACTOFOTO© Bereitgestellt von News 360

"Zwischen April und Juni wurde eine Reihe von Terroranschlägen in Transnistrien verübt, und die Spuren führen nach Tiraspol, der Hauptstadt der selbsternannten Republik Transnistrien, in die Ukraine", sagte Polischtschuk in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur TASS.

"Unterdessen verurteilt Kiew eine Bedrohung durch das russische Militärkontingent am linken Ufer des Dnjestr. Das Ziel liegt auf der Hand: Es soll versucht werden, die moldauischen Behörden zur Anwendung von Gewalt in Transnistrien zu provozieren", sagte Polischtschuk und warnte vor der Gefahr einer Eskalation der Gewalt in Transnistrien.

"Dies hat mit den Versuchen externer Kräfte und vor allem Kiews zu tun, die Lage in der Region zu destabilisieren", erklärte er. Es ist erfreulich, dass Chisinau die Folgen einer "Entfesselung" des Konflikts in Dnjestr versteht und nicht auf Provokationen reagiert", fügte er hinzu.

In Bezug auf den Transnistrien-Konflikt, eine de facto unabhängige Region, die nur von Russland anerkannt wird, verteidigte Polischtschuk den derzeitigen Rahmen mit der Ukraine und der EU als Vermittler und Transnistrien und Moldawien als Gesprächspartner.

Daraufhin erklärte das ukrainische Außenministerium, dass "Polischtschuks Äußerungen, wie wir in Kiew sagen, nicht von einem großen Gehirn stammen".

"Die einzige Kraft, die terroristische Angriffe, aggressive Militäraktionen und Versuche zur Destabilisierung der politischen Lage in den Ländern unserer Region durchführt, ist Russland, und die Ukraine hat sich immer für Frieden und Wohlstand in der Region eingesetzt und respektiert die Souveränität und territoriale Integrität der Republik Moldau", wurde ein Sprecher des Ministeriums, Oleg Nikolenko, von der ukrainischen Presse zitiert.

US-KRÄFTE VERBÜNDET Polischtschuk prangerte an, dass die Vereinigten Staaten einen Stellvertreterkrieg in der Ukraine führen, und behauptete, Washington zwinge seine Verbündeten, Waffen nach Kiew zu schicken.

"Es ist kein Geheimnis, dass Washington seine Verbündeten einbezieht und sie zwingt, Waffen an die Ukraine zu liefern. Frankreich und Deutschland werden ihre militärisch-technische Hilfe aufstocken. Das Vereinigte Königreich beteiligt sich an der militärischen Ausbildung von Ukrainern mit Ausbildern aus Polen, Kanada, Neuseeland und anderen westlichen Ländern", sagte er.

"Die EU wird eine Mission einrichten, um der Ukraine militärische Unterstützung zu leisten. Dies wird dazu führen, dass sie sich noch stärker in den Konflikt einmischt", warnte er.

Polischtschuk verwies auf die "roten Linien" bei dieser Hilfe, "die Lieferung von Langstrecken- oder stärkeren Waffen". "Konkrete Maßnahmen als Antwort auf die Aktionen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten werden nach Analyse der aktuellen Situation beschlossen. Unser Land verfügt über ausreichende Mittel dafür", sagte er.

Transnistrien ist ein nicht anerkannter Separatistenstaat zwischen dem Fluss Dnjestr und der moldauisch-ukrainischen Grenze, dem es gelungen ist, sich der Kontrolle der Regierung in Chisinau zu entziehen und die Merkmale eines Staates zu erlangen, einschließlich einer eigenen Währung, Polizei, Armee und Postdienst.

Nach dem Zusammenbruch und der anschließenden Auflösung der Sowjetunion und der Möglichkeit, dass die Republik Moldau Teil Rumäniens wird, riefen mehrere Bezirke am Ostufer des Dnjestr mit einer mehrheitlich russischsprachigen Bevölkerung Anfang der 1990er Jahre die Transnistrische Moldauische Republik aus.

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«Kriegserklärung von Putin an Westen»: Geheimdienst befürchtet Mordanschläge in Deutschland

Seit Monaten wehrt sich die Ukraine gegen Putins Truppen. Laut deutschen Geheimdienst-Chefs wird der Krieg auch nächstes Jahr weitergehen. Zudem seien politische Mordanschläge in Deutschland denkbar.

Geheimdienst befürchtet Mordanschläge in Deutschland

Geheimdienst befürchtet Mordanschläge in Deutschland© Bereitgestellt von Blick

Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) rechnet auch im kommenden Jahr mit einer Fortsetzung des Ukraine-Krieges. «Beide Konfliktparteien im Ukraine-Krieg suchen weiterhin die Entscheidung auf dem Schlachtfeld», sagte BND-Präsident Bruno Kahl (60) am Montag bei einer öffentlichen Anhörung im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags. «Nahezu sicher werden die Kampfhandlungen auch im nächsten Jahr fortgeführt.»

Russlands Präsident Wladimir Putin (70) gehe es um die Wahrnehmung Russlands als Supermacht, sagte Kahl. In einer «Kosten-Nutzen-Kalkulation» sei er dabei bereit, «militärische, wirtschaftliche und politische Kosten eines Angriffskriegs gegen die Ukraine in Kauf zu nehmen». Denn ihm erschienen «die Kosten für Russland in der Zukunft deutlich höher (...), die durch eine weitere Annäherung der Ukraine an den Westen und die Nato entstehen würden.»

Dabei behalte sich Russland auch den Ersteinsatz von Kernwaffen vor. In einem regional begrenzten Szenario könnten diese zum Einsatz kommen, «um eine konventionelle Überlegenheit des Gegners zu kompensieren und um die militärische Eskalation dominieren zu können», sagte Kahl. Ziel wäre es dabei, «den Gegner durch einen eskalierten Einsatz strategischer Kernwaffen zurück an den Verhandlungstisch zu zwingen und diesen dann dazu zu bringen, einem Diktatfrieden zuzustimmen».

«Kriegserklärung gegen die gesamte westliche Welt»

Interesse Putins an einer wirklichen Verhandlungslösung in Gesprächen mit dem Westen sah Kahl aber nicht. Denn für ihn bestehe die «Hauptbedrohung» in der Verbreitung «des westlichen Gesellschaftsmodells von Freiheit und Demokratie». Denn dieses gefährde aus seiner Sicht seine Herrschaft «existenziell». Letztlich gehe es Putin damit in dem Konflikt «in erster Linie also nicht um das Staatsgebiet der Ukraine (...) Es geht ihm um eine Kriegserklärung gegen die gesamte westliche freiheitliche und demokratische Welt».

Im Parlamentarischen Kontrollgremium findet einmal im Jahr eine öffentliche Anhörung der Präsidenten der deutschen Nachrichtendienste statt. Neben BND-Chef Kahl stehen am Montag auch Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang (62) sowie die Präsidentin des Militärischen Abschirmdiensts, Martina Rosenberg (52), den Abgeordneten Rede und Antwort.

Auswirkungen auf innere Sicherheit Deutschlands

Der russische Angriff in der Ukraine sei «ein Gamechanger» in allen sicherheitsrelevanten Politikfeldern, sagte der Verfassungsschutz-Präsident. Er habe unmittelbare Auswirkungen auf die innere Sicherheit Deutschlands. Die Hemmschwelle für Operationen russischer Geheimdienste in Deutschland sei gesunken. Der Verfassungsschutz habe Szenarien entwickelt, die bis zu Morden in Deutschland reichten.

2019 hatte der Mord an einem Exil-Georgier in Berlin für Aufsehen gesorgt. Die Tat erfolgte mutmasslich im Auftrag des russischen Geheimdienstes FSB.

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Ukraine – Moldawien warnt vor «Schutzmaßnahmen», falls Russland seine Souveränität in irgendeiner Weise bedroht

Die moldawische Präsidentin Maia Sandu hat davor gewarnt, dass ihr Land "Schutzmaßnahmen" ergreifen wird, wenn Russland in irgendeiner Weise seine Souveränität und territoriale Integrität bedroht, nachdem letzte Woche drei russische Raketen über den moldawischen Luftraum geflogen sind.

Archivo - Maia Sandu, Präsidentin von Moldawien - NICOLAS MAETERLINCK / ZUMA PRESS / CONTACTOPHOTO

Archivo - Maia Sandu, Präsidentin von Moldawien - NICOLAS MAETERLINCK / ZUMA PRESS / CONTACTOPHOTO© Bereitgestellt von News 360

"Die Sicherheit unserer Bürger ist seit dem ersten Tag des Krieges unser Hauptanliegen (...) seit den ersten Wochen der Feindseligkeiten haben wir uns an unsere Partner gewandt mit der Bitte, uns bei der Verbesserung unserer Verteidigungsfähigkeiten zu helfen", sagte er.

Sandu sagte, dass die moldawischen Behörden noch immer mit ihren Verbündeten über die Stärkung der nationalen Verteidigung "verhandeln", und merkte an, dass sie "konkretere Ergebnisse" bekannt geben werden, sobald diese vorliegen, so das Portal News Maker.

Letzte Woche überflogen drei russische Raketen den moldauischen Luftraum, bevor sie an mehreren Stellen in der Westukraine einschlugen. Das Verteidigungsministerium von Rumänien, dem Nachbarland Moldaus, erklärte, die Raketen könnten von russischen Militärstützpunkten auf der Halbinsel Krim stammen.

Sandu verurteilte den Vorfall damals als "schwere Verletzung des Luftraums" und der "Neutralität" der Republik Moldau. "Die Republik Moldau ist ein friedliches Land, das haben wir schon oft gesagt", sagte sie seinerzeit.

Sandu wies auch auf die moldauischen Grenzkontrollen hin, mit denen bestimmte russische Staatsbürger an der Einreise gehindert werden, und erklärte, dass die innere Sicherheit unter Kontrolle sei.

"Die Sicherheitsrisiken sind heute höher als sonst. Unsere Behörden wenden einen Filter an, der sicherstellt, dass Menschen mit schlechten Absichten und dem Ziel, die Lage zu destabilisieren, nicht ins Land kommen", sagte der moldauische Präsident.

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Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt

Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt

Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt© Bereitgestellt von Business Insider Deutschland

Russische Friedenssoldaten an einem Kontrollpunkt in Berg-Karabach im November 2020. Foto: KAREN MINASYAN/AFP via Getty Images

Mit dem Überfall auf die Ukraine wollte Wladimir Putin Russlands Macht und Einfluss im Gebiet der früheren Sowjetunion stärken. Doch je härter der Widerstand der Ukrainer und größer die Probleme Russlands werden, umso mehr schwindet Russlands Einfluss auch in anderen Regionen. Putin droht sogar die Kontrolle in seinem zentralasiatischen Hinterland zu entgleiten.

In mehreren Ländern, die einst Teil der Sowjetunion waren, schwelen Konflikte. Lange haben russische Truppen dafür gesorgt, dass sie nicht zu Kriegen eskalierten. Doch je mehr Truppen und Aufmerksamkeit Russland in die Ukraine verlegt, um so heftiger flammen die Konflikte nun auf.

"Russland zieht bereits Truppen aus Zentralasien ab", sagte Jeff Markoff vom Center for Strategic and International Studies zu Business Insider. "Die Möglichkeiten Russlands, die Region unter Kontrolle zu halten, werden dadurch eingeschränkt."

Jüngste Zeichen der wachsenden Unruhe waren die Kämpfe zwischen Kirgisistan und Tadschikistan um eine umstrittene Grenzregion, bei der beide Länder Panzer und Artillerie einsetzten. Neben hunderten militärischen und zivilen Opfern wurden mehr als 100.000 Menschen vertrieben.

Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt

Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt© Bereitgestellt von Business Insider Deutschland

Kirgisische Truppen suchen am 20. September in einem Dorf nahe der kirgisisch-tadschikischen Grenze nach nicht explodierten Granaten. Foto: VYACHESLAV OSELEDKO/AFP via Getty Images

Auch der größte Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach ist im September erneut ausgebrochen.

In einem sechswöchigen Krieg im Herbst 2020 hatte Aserbaidschan die Region erobert, nachdem aserbaidschanische Streitkräfte mithilfe von Drohnen die armenischen Kräfte dezimiert hatten.

Das Problem für Moskau ist, dass mehrere der kriegführenden Länder Mitglied in der "Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit" (OVKS) sind, einer Art russisch geführter Version der NATO. Der OVKS waren zunächst neun der 15 Nachfolgestaaten der Sowjetunion beigetreten. Heute sind es noch sechs Mitglieder. Neben Russland sind dies Armenien, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan und Belarus.

Anfang 2022 wurden 2.500 OVKS-Truppen - die meisten von ihnen Russen - in das ölreiche Kasachstan entsandt, wo sie der Regierung halfen, Proteste gegen Korruption und Unterdrückung niederzuschlagen. Russische Truppen wurden auch in Berg-Karabach stationiert, um Armenier in der Region nach dem Krieg von 2020 zu schützen.

Schwächung des russischen Einflusses

Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt

Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt© Bereitgestellt von Business Insider Deutschland

Putin bei einer Sitzung der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit als Reaktion auf die Unruhen in Kasachstan am 10. Januar. Foto: Pressestelle des Kremls/Handout/Anadolu Agency via Getty Images

Die komplizierte Geschichte Russlands mit Zentralasien

Im Westen steht der Begriff "Pax Russica" eher für die russische Herrschaft über große Teile Osteuropas. Doch zaristische Entdecker und Armeen eroberten im 18. und 19. Jahrhundert auch den Flickenteppich meist muslimischer Königreiche in Zentralasien.

Nach dem Zusammenbruch des Zarenreichs in der Folge des Ersten Weltkrieg brach die Region auseinander. Die Sowjetunion führte dann blutige Feldzüge zur Wiedereingliederung Zentralasiens, wo viele Länder traditionalistisch und antikommunistisch geprägt waren.

Russlands Führung und besonders Wladimir Putin übernahmen diese koloniale Denkweise und betrachtete Zentralasien (wie auch die Ukraine) als Teil der russischen Sphäre. Die ehemaligen Sowjetstaaten Zentralasiens waren auch daran gewöhnt, dass Moskau in der Region den Ton angibt.

Russland wird in weiten Teilen der Region als der wichtigste "Sicherheitsgarant" wahrgenommen, so Markoff. "Es ist zum Teil ein Reflex von Führern, die selbst Produkte des sowjetischen Systems sind, nach Moskau zu schauen, um interne und zwischenstaatliche Probleme zu lösen."

Bis zu einem gewissen Grad konnte die Stationierung russischer Truppen oder auch nur die Drohung damit solche Konflikte in Innern und zwischen Nachbarn eindämmen.

"Die Präsenz der russischen Streitkräfte - und diese fast instinktive Ehrerbietung gegenüber Russland - hat beispielsweise dazu geführt, dass der kirgisisch-tadschikische Konflikt weniger explosiv war, als er es sonst gewesen wäre", sagt Markoff. "Mit der Schwächung des russischen Einflusses droht sich dieser Konflikt nun zu verschärfen"

Dabei begann Russlands Einfluss in der Region bereits vor dem Ukraine-Krieg auf dem Rückzug: Aserbaidschan löste sich Schritt für Schritt von Moskaus, trat bereits 1999 aus der OVKS aus und knüpfte enge Beziehungen zur Türkei. Moskau will Zentralasien aber als Pufferzone gegen Terrorismus, Drogenhandel und andere Gefahren zu Ländern wie Afghanistan in seinem Einfluss behalten.

"Für Russland ist Zentralasien seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ein wichtiger Puffer gegen Gefahren aus dem Süden", so Markoff.

Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges werden Moskaus Probleme vergrößern. So sind seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar mehr als 200.000 Russen nach Kasachstan geflohen, vor allem Männer, die der Einberufung in einen unpopulären Krieg entgehen wollten.

Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt

Russland verliert Einfluss: Zwei Grenzkriege im Kaukasus und Zentralasien zeigen, wie der Ukraine-Krieg Putins Macht schwächt© Bereitgestellt von Business Insider Deutschland

Ein Freiwilliger heißt am 27. September an einem Grenzübergang Russen in Kasachstan willkommen. Foto: STRINGER/AFP via Getty Images

Der Zustrom relativ wohlhabender Russen in die armen Länder Zentralasiens hat dort bereits die Immobilienpreise in die Höhe schnellen lassen. Für Spannungen könnte es auch sorgen, wenn nun russische Flüchtlinge, die es gewohnt waren, Zentralasien als koloniales Hinterland zu betrachten, auf die lokalen Bevölkerung angewiesen sind.

Im Hintergrund lauert zudem China, das seinen Einfluss von Osten in Zentralasien ausbreitet - zunehmend auf Kosten Russlands.

"Vor allem bei jüngeren Menschen, die Zugang zu mehr Informationen haben oder die gereist sind, wird sich die Wahrnehmung Russlands und seiner Fähigkeiten verändern", meint Markoff. "Das wird auch Auswirkungen darauf haben, wie bereit sie sind, sich gegen Russland zu wehren."

Markoff sagte, dass im Moment der Konflikt zwischen Tadschikistan und Kirgisistan am wichtigsten sei. Es könnten aber auch andere Konflikte entstehen, etwa durch die Präsenz der Terrormiliz Islamischer Staat in Afghanistan.

Markoff erwartet zunehmende Unruhen in der Region, denn: "Verschiedenen Akteure, die daran interessiert sind, den Status quo zu verändern, sehen in den russischen Rückschlägen in der Ukraine und dem Abzug der russischen Streitkräfte nun ihre Chance".

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Afghanische Soldaten, iranische Drohnen, nordkoreanische Granaten: Russland kauft, was noch zu bekommen ist

 

Ukrainische Polizisten machen Selfies auf einem zerstörten russischen Panzer nahe der Stadt Isjum. Mehr als tausend Panzer hat Russland in der Ukraine bereits verloren. Gleb Garanich / Reuters

Ukrainische Polizisten machen Selfies auf einem zerstörten russischen Panzer nahe der Stadt Isjum. Mehr als tausend Panzer hat Russland in der Ukraine bereits verloren. Gleb Garanich / Reuters© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung Deutschland

4 Tage – so lange würde Russland brauchen, um Kiew einzunehmen. Das war zumindest noch im Februar die Meinung vieler Experten und Geheimdienste. 258 Tage – so lange dauert der Krieg mittlerweile schon an. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass Moskau einen Krieg führt, der nicht zu gewinnen ist. Der Preis, den Russland an Menschen und Material zahlt, ist immens. Nun zeigt sich, dass der Kreml zunehmend auf ausländische Hilfe angewiesen ist, um seinen Krieg fortführen zu können.

Bei seinen wenigen verbliebenen Partnern kauft, rekrutiert oder leiht sich Russland alles, was an Rüstungs- und Personalbeständen noch verfügbar ist. Was sagen diese Beschaffungen über den Kriegsverlauf aus? Und inwiefern können sie diesen noch beeinflussen?

I. Kampfpanzer aus Weissrussland

Kürzlich hat der britische Militärgeheimdienst bekanntgegeben, dass Russland mindestens 100 zusätzliche Kampf- und Schützenpanzer aus dem benachbarten Weissrussland erstanden habe. Unabhängige Rechercheure gehen von einer noch höheren Zahl aus: Mindestens 94 Kampfpanzer und 20 Schützenpanzer sollen geliefert worden sein. Minsk soll zudem rund 65 000 Tonnen Munition zur Verfügung gestellt haben.

Das Regime von Alexander Lukaschenko gehört zwar zu den engsten Verbündeten Putins – im Februar liess es zu, dass russische Truppen von weissrussischem Gebiet aus in die Ukraine einfielen. Dennoch erstaunt es, dass sich Russland nun wegen einiger Panzer an den kleinen Nachbarn wendet. Vor der Invasion hatte Moskau gemäss der Datenbank Military Balance über ein Arsenal von 10 000 Kampfpanzern verfügt.

Davon waren allerdings nur rund 3300 wirklich einsatzbereit. Zudem erlebten die russischen Panzer in der Ukraine ein Fiasko: Öffentliche Bildquellen zeigen, dass Russland seit Februar mindestens 1445 Kampfpanzer, also rund 45 Prozent des verfügbaren Arsenals, verloren hat. Die ukrainische Militärführung spricht gar von 2786 verlorenen Kampfpanzern, was einem Verlust von 85 Prozent entspräche.

Russland ist also dringend auf weitere Panzer angewiesen, doch die eigenen Bestände helfen nur bedingt weiter: Jahrzehntelange Misswirtschaft, Korruption und Fahrlässigkeit haben dazu geführt, dass zahlreiche Fahrzeuge nicht mehr einsatzfähig sind. Niemand weiss genau, wie viele Panzer Russland wieder auf Vordermann bringen kann. Die Tatsache, dass nun die kleine weissrussische Armee Nachschub liefern muss, lässt darauf schliessen, dass Russland seinen Vorrat an kurzfristig einsatzbereiten Panzern weitgehend erschöpft hat.

Wladimir Putin und der weissrussische Machthaber Alexander Lukaschenko ;– hier bei einem Treffen im russischen Sotschi im September – sind enge Verbündete. Nun schickt Lukaschenko Panzer nach Russland. Gavriil Grigorov / Imago

Wladimir Putin und der weissrussische Machthaber Alexander Lukaschenko ;– hier bei einem Treffen im russischen Sotschi im September – sind enge Verbündete. Nun schickt Lukaschenko Panzer nach Russland. Gavriil Grigorov / Imago© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung Deutschland

II. Artilleriegranaten aus Nordkorea

Bereits im September veröffentlichten amerikanische Geheimdienste Erkenntnisse, wonach Russland Millionen von Artilleriegranaten und Kurzstreckenraketen in Nordkorea kaufen will. Vergangene Woche hat nun ein Sprecher des Weissen Hauses Pjongjang vorgeworfen, heimlich eine «beträchtliche Anzahl» von Granaten über Drittstaaten im Nahen Osten und in Nordafrika nach Russland zu schleusen. Um welche Länder es sich handelt, bleibt unklar. Manche Beobachter vermuten, dass Iran eine zentrale Rolle spielt, zumal es Russland ebenfalls mit Waffen beliefert und mit Nordkorea bei der Entwicklung von Raketen zusammenspannt.

Nordkorea streitet die Lieferungen ab. Doch für die beiden international isolierten und mit Sanktionen belegten Länder ergibt eine Kooperation durchaus Sinn: Nordkorea, das über riesige Munitionsvorräte verfügt, dürfte dringend benötigte Devisen erhalten. Moskau kommt entgegen, dass die nordkoreanische Munition kompatibel ist mit den sowjetischen Waffensystemen, die in der Ukraine zum Einsatz kommen.

Experten gehen davon aus, dass Russland aufgrund der Sanktionen derzeit grosse Mühe hat, eigene Artilleriegranaten in ausreichenden Mengen zu produzieren. Es dürfte deshalb versuchen, die heimische Produktion im kommenden Winter zu stabilisieren, indem es die Versorgungsengpässe mit nordkoreanischer Munition überbrückt.

Am Kriegsverlauf werden die Granaten aus Pjongjang kaum etwas ändern – die russischen Truppen setzen schon seit Kriegsbeginn auf unablässigen Artilleriebeschuss entlang der Front. Vielmehr lassen die mutmasslichen Lieferungen aus Nordkorea darauf schliessen, dass sich der Kreml darauf einstellt, den Krieg noch monatelang weiterzuführen.

III. Spezialkräfte aus Afghanistan

Der Kreml braucht nicht nur Waffen, sondern auch Soldaten. Zwar ist nach offiziellen Angaben die Teilmobilmachung von 300 000 Reservisten mittlerweile abgeschlossen, rund 50 000 von ihnen sind bereits in der Ukraine. Doch die Auswirkungen auf dem Schlachtfeld sind bis jetzt kaum bemerkbar. Die Reservisten sind in vielen Fällen nur mangelhaft ausgebildet und schlecht ausgerüstet. Seit längerer Zeit setzt Russland deshalb auch paramilitärische Kräfte ein, wie etwa jene der berüchtigten Wagner-Gruppe.

Kürzlich wurde bekannt, dass Russland zudem versucht, ehemalige afghanische Spezialkräfte zu rekrutieren. Das bestätigten mehrere Ex-Soldaten und -Generäle gegenüber britischen und amerikanischen Medien. So will Russland eine Art Fremdenlegion aus afghanischen Soldaten zusammenstellen, die sich seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 im Exil befinden oder sich in Afghanistan verstecken. Offenbar ist auch hier die Wagner-Gruppe für die Rekrutierung zuständig.

Viele dieser Männer, die während Jahren von den Amerikanern ausgebildet worden waren, leben heute als Flüchtlinge in Ländern wie Iran, Pakistan oder der Türkei. Zahlreiche sind arbeitslos, bei einer Rückkehr in die Heimat droht ihnen die Verfolgung durch die Taliban. Nun biete ihnen Russland 1500 Dollar pro Monat sowie Zuflucht für ihre Familien, berichtet etwa der «Guardian». Das ist ein attraktives Angebot: Die britische Zeitung zitiert Quellen aus afghanischen Militärkreisen, wonach bis zu 10 000 ehemalige Soldaten für solche Angebote empfänglich sein könnten.

Doch selbst wenn Tausende gut ausgebildete Afghanen in den Sold Moskaus träten, wäre ihr Effekt auf dem Schlachtfeld derzeit wohl gering, sagt der Militär-Analyst Niklas Masuhr vom Center for Security Studies der ETH Zürich. «Die Probleme der Russen sind strukturell – insofern ist mehr Personal nicht zwingend erfolgversprechend.» Zusätzliche Truppen würden die logistischen, organisatorischen und taktischen Schwachpunkte der russischen Kriegsführung nicht wettmachen. Ähnlich verhalte es sich mit den 300 000 mobilisierten Männern, sagt Masuhr: «Mehr Körper in den Schützengräben steigern im besten Fall Russlands Defensivpotenzial. Mehr nicht.»

IV. Drohnen aus Iran

Russland könne sich gegenwärtig nur verteidigen, sagt der Militärexperte. «Die Bodentruppen sind komplett immobilisiert. Ihr Offensivpotenzial ist weitgehend gebrochen.» Aus diesem Grund sei Russland Anfang Oktober dazu übergegangen, die zivile Infrastruktur und Stromversorgung der Ukraine ins Visier zu nehmen, erklärt Masuhr. «Es ist derzeit die einzige erfolgversprechende Strategie.»

Für diese Angriffe setzt Russland in vielen Fällen sogenannte Kamikaze-Drohnen vom Typ Shahed-136 aus iranischer Produktion ein. Russland soll bis zu 2400 Stück beschafft haben. Obwohl die ukrainische Flugabwehr laut Angaben aus Kiew die Mehrheit der Drohnen vom Himmel holen kann, waren bisher zahlreiche Angriffe erfolgreich. So ist derzeit ein Drittel der ukrainischen Stromversorgung ausser Betrieb.

Insofern haben die iranischen Drohnen den grössten militärischen Wert für Putins Krieg – in der Ukraine schüren ihre Angriffe die Angst vor einem kalten Winter, in Europa vor einer neuen Flüchtlingswelle. Es ist eine Taktik der Einschüchterung.

Die Beschaffung der Shahed-Drohnen zeigt aber, dass Russlands Vorrat an Präzisionswaffen knapp geworden ist. Die russischen Prestige-Raketen Iskander und Kalibr sind nur noch selten am ukrainischen Himmel zu sehen. Die Sanktionen gegen Russland haben dafür gesorgt, dass die ohnehin schon zeitintensive Produktion präziser Geschosse fast unmöglich geworden ist, da Mikro-Elektronik und Halbleiter aus dem Ausland fehlen. Doch die iranischen Drohnen taugen nur bedingt als Ersatz: Sie sind zwar sehr günstig, haben aber eine geringere Sprengkraft.

Russlands Einkaufstour im Ausland zeigt vor allem eines: Putin hält verbissen an seinem verlustreichen Krieg fest – doch eine Wende auf dem Schlachtfeld kann er sich nicht erkaufen.

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innahmen auf Jahrestief - Russische Tanker fahren ziellos Öl über die Ozeane

Fast 20 Prozent aller Öltanker, die dieser Tage Russland vollbeladen verlassen, haben kein Ziel. Erst auf der Reise klärt sich für sie, wo sie anlanden werden. Das führt zu kuriosen Situationen auf den Ozeanen und lässt Russlands Öleinnahmen schwinden.

Russische Öltanker suchen immer häufiger Abnehmer auf hoher See. Juan Carlos Hernandez/ZUMA Wire/dpa/Archivbild

Russische Öltanker suchen immer häufiger Abnehmer auf hoher See. Juan Carlos Hernandez/ZUMA Wire/dpa/Archivbild© Juan Carlos Hernandez/ZUMA Wire/dpa/Archivbild

Die „Beijing Spirit“ verließ den Nordmeerhafen Murmansk am 6. März, vollbeladen mit Öl, Ziel Philadelphia. 16 Tage lang fuhr der Tanker an der Küste der skandinavischen Länder hinab, durch den Ärmelkanal und hinaus auf den Atlantik. Dann, auf halbem Wege zwischen Europa und den USA, machte die „Beijing Spirit“ am 22. März abrupt eine 180-Grad-Wende. Der US-Käufer des russischen Öl war kurz nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs abgesprungen. Weitere zehn Tage später landete die „Beijing Spirit“ im Sizilien im Mittelmeer an – und suchte dann erst einmal einen neuen Käufer.

Solche Irrfahrten von russischen Tankern gibt es seit Beginn des Ukraine-Krieges immer öfter. In den vergangenen Wochen ist ihr Anteil aber deutlich gestiegen. Nach Daten der Finanznachrichtenagentur Bloomberg wurden seit Mitte Oktober pro Tag im Schnitt 410.000 Barrel Öl mit ungewissem Ziel auf die Reise geschickt. Meist haben die Tanker – weil sie einen Zielhafen angeben müssen – nur sehr vage Destinationen. Sie laufen etwa erst einmal nur den Suez-Kanal oder den Hafen von Port Said in Ägypten an.

So sucht Russland nach Käufern

Die Hoffnung ist, auf dem Weg dorthin Käufer zu finden. In der Regel finden die sich aktuell in Asien, besonders in Indien. Schon die regulären Lieferungen auf den Subkontinent haben sich dieses Jahr von nahezu null auf 750.000 Barrel pro Tag erhöht. Der Anteil des Öls, das nach China geliefert wird, stieg hingegen nur leicht von 670.000 auf 880.000 Barrel pro Tag. Das liegt auch daran, dass China zumeist von Tankern über den Pazifik beliefert wird und sich daran durch den Ukraine-Krieg wenig geändert hat.

Eine zweite Möglichkeit für Russland sind so genannte Ship-to-Ship-Transfers. Dabei treffen sich zwei Öltanker auf hoher See, wobei das russische Öl in ein anderes Schiff verladen wird. Das kann dann – unter nicht-russischer Flagge – das Öl auch nach Europa oder in die USA liefern. Die japanische Tageszeitung Nikkei Asia meldete, dass auf diese Weise zwischen März und September 175 Schiffsladungen im Mittelmeer umgeladen wurden, von denen 89 Tanker später in Europa das Öl ablieferten. Die auf Seefahrt spezialisierte Analysefirma Windward meldete im August, dass auch im Atlantik immer häufiger russische Tanker Öl auf andere Schiffe verladen würden, wobei die Zahlen aber geringer ausfallen als im Mittelmeer. Im Atlantik ausgetauschtes Öl wird dann meistens in die USA oder nach China geliefert.

Russlands Öl-Einnahmen sinken

Während die Fahrten mit vagem Ziel legal sind, sind Ship-to-Ship-Transfers eine Form von Ölschmuggel. Beide haben aber auf Russland denselben Effekt: Das Land muss sein Öl mit Rabatt anbieten, weil Käufer eben auch darum wissen, dass aufgrund von Sanktionen Russland kaum einen Absatzmarkt hat. Die USA haben russische Öllieferungen schon im März gestoppt, in der EU und Großbritannien tritt in drei Wochen, am 5. Dezember, ein Öl-Embargo in Kraft. Erlaubt sind dann nur noch Lieferungen unter einem noch nicht festgesetzten Maximalpreis.

Weil auch der globale Ölpreis in den vergangenen Monaten rückläufig ist, sinken entsprechend jetzt die russischen Einnahmen aus dem Geschäft. In der vergangenen Woche lag der Umsatz nur noch bei 118,1 Millionen Dollar, der tiefste Stand seit Februar. Der Vier-Wochen-Durchschnitt sank auf 130,3 Millionen Dollar, was wiederum ein Jahrestiefststand ist. Beide Werte hat Bloomberg aus Daten des russischen Finanzministeriums und den Tracking-Daten von Tankern errechnet. Bekannt war auch vorher schon, dass sich Russland seine steigenden Marktanteile in Indien etwa mit hohen Rabatten erkaufen musste. Zudem steigen die Kosten. Russisches Öl, das zuvor über die baltischen Häfen oder Murmansk nach Europa verschifft wurde, muss jetzt einen wesentlich längeren Weg nach Indien oder China nehmen. Die Reise nach Westindien dauert etwa 28 Tage, nach Ostindien 35 Tage, nach Südchina 42 Tage und nach Ostchina sogar 49 Tage. Lieferungen aus den pazifischen Ölfeldern nach China kommen hingegen schon nach wenigen Tagen an.

Insofern dürfte das Öl-Embargo die russischen Einnahmen auch 2023 weiter schmälern. Ebenso gewichtig könnte sich die sich abzeichnende globale Rezession auswirken. Aus Erfahrungen vorheriger Wirtschaftskrisen ist bekannt, dass dies die Einnahmen aus dem Ölgeschäft wegen sinkender Nachfrage schlimmstenfalls halbieren kann.

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