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Corona-Pandemie: US-Behörde lockert Vorgaben für Geimpfte

 

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Voll geimpfte Personen sollen bei vielen Aktivitäten im Freien keine Maske mehr tragen müssen. Fast 30 Prozent der Bevölkerung sind schon voll geimpft.

Angesichts der rasant wachsenden Zahl von Geimpften in den USA werden die Corona-Vorgaben für das öffentliche Leben weiter gelockert. Die US-Gesundheitsbehörde CDC veröffentlichte am Dienstag neue Empfehlungen, wonach voll geimpfte Personen bei vielen Aktivitäten im Freien nicht mehr unbedingt eine Maske tragen müssen. US-Präsident Joe Biden sprach von „erstaunlichen Fortschritten“ im Kampf gegen das Coronavirus. Er mahnte jedoch, es gebe noch viel zu tun, und betonte, die Lockerungen seien ein Anreiz für alle noch nicht Geimpften, sich die Spritze geben zu lassen.

Laut den neuen CDC-Empfehlungen sind etwa Spazieren gehen, Radfahren, Treffen in kleineren Gruppen oder Restaurantbesuche im Freien für komplett Geimpfte auch ohne Maske sicher. Bei größeren Menschenansammlungen im Freien werde das Maske-Tragen aber auch für Geimpfte weiter empfohlen. Das gelte ebenso für viele Aktivitäten in geschlossenen Räumen, etwa beim Einkaufen oder Friseurbesuchen.

Biden sagte, wer voll geimpft sei, könne mehr Dinge auf sichere Weise unternehmen – etwa sich ohne Maske mit Freunden im Park zum Picknick treffen. Dies sei ein weiterer Grund, sich schnell impfen zu lassen. „Es war nie einfacher.“ Die Impfung sei kostenlos. 90 Prozent der Amerikaner hätten außerdem eine Impf-Stelle im Umkreis von fünf Meilen (rund acht Kilometern) von ihrem Zuhause.

Die CDC-Chefin Rochelle Walensky sagte zur Begründung für die neuen Vorgaben, das Virus werde überwiegend in geschlossenen Räumen übertragen. Sie lobte die Fortschritte beim Impfen und sagte, die Zahl der Neuinfektionen sei im Sieben-Tage-Durchschnitt zuletzt um mehr als 20 Prozent gesunken. Das sei ein „hoffnungsvoller“ Rückgang. Die Behörde hatte mit dem Fortschreiten der Impfkampagne in den USA bereits zuvor schrittweise ihre Empfehlungen für die Beschränkung sozialer Kontakte und Reisen gelockert.

Bereits 30 Prozent voll geimpft

In den USA sind laut CDC bereits rund 29 Prozent der gesamten Bevölkerung voll geimpft: Unter den Erwachsenen sind es 37 Prozent, unter den Älteren ab 65 Jahren mehr als 67 Prozent. Mehr als die Hälfte aller Erwachsenen in den USA hat bislang mindestens eine Impfdosis erhalten, unter den Senioren sind es mehr als 81 Prozent. Rund 230 Millionen Impfdosen wurden insgesamt verabreicht. Inzwischen sind in den USA alle Bürger ab 16 Jahren impfberechtigt – ohne Rangfolge nach Alters- oder Risikogruppen.

Das rasante Tempo der Impfkampagne könnte jedoch bald abnehmen, weil ein signifikanter Teil der Bevölkerung eine Impfung kritisch sieht: Gut 20 Prozent der Bürger sagten einer aktuellen Umfrage zufolge kürzlich, dass sie keine Impfung wollen. Die Regierung will diese Skeptiker von einer Impfspritze überzeugen.

Biden sagte, als er das Präsidentenamt im Januar angetreten habe, seien jede Woche viele Tausend Menschen gestorben, vor allem Ältere. Damals seien weniger als ein Prozent der Senioren voll geimpft gewesen. Inzwischen hätten sich die Zahlen drastisch verändert. Nun würden jeden Tag Tausende Menschenleben gerettet.

In den Vereinigten Staaten sind derzeit drei Impfstoffe erhältlich. Die Impfstoffe der Unternehmen Moderna sowie Pfizer/Biontech werden in je zwei Dosen verabreicht. Beim Stoff der Firma Johnson & Johnson reicht eine Spritze. Als voll geimpft gelten Menschen zwei Wochen nach der letzten erforderlichen Impfung.

Die USA sind in absoluten Zahlen weltweit am stärksten von der Corona-Pandemie betroffen: Mehr als 32 Millionen Infektionen wurden hier bisher gemeldet – und mehr als 572.000 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Biden hatte dem Kampf gegen die Pandemie Priorität eingeräumt und die Impfkampagne durch diverse Schritte extrem beschleunigt.

Zum Amtsantritt hatte er zunächst das Ziel ausgegeben, in seinen ersten 100 Tagen im Amt 100 Millionen Impfdosen zu verabreichen. Dies wurde schon nach knapp 60 Tagen erreicht. Biden verdoppelte das Ziel daraufhin auf 200 Millionen Impfungen, und erreichte auch dies vor Ablauf der 100-Tage-Frist – nach gut 90 Tagen. An diesem Donnerstag ist Biden 100 Tage im Amt.

 

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US-Verteidigungsminister ordnet militärischen Fokus auf China an

 

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat seiner Behörde offiziell angeordnet, sich stärker auf China zu konzentrieren. Seine Initiative reihe sich „in den größeren Ansatz der US-Regierung gegenüber China ein“, sagte Austin am Mittwoch (Ortszeit). Washington hat die Volksrepublik als größten strategischen Rivalen eingestuft.

Die Details der internen Anordnung an das Verteidigungsministerium blieben geheim. Austin sagte, die Richtlinie werde „unser Netzwerk von Verbündeten und Partnern wiederzubeleben, die Abschreckung stärken und die Entwicklung neuer operativer Konzepte, neuer Fähigkeiten, zukünftiger Streitkräfte und einer modernisierten zivilen und militärischen Belegschaft beschleunigen“.

Die Initiative folgte auf einer Bewertung durch eine Experten-Kommission, die unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden im Februar eingerichtet worden war, um die Strategie des Pentagons gegenüber China zu untersuchen.

Ein hochrangiger Beamter des Verteidigungsministeriums sagte, die Experten hätten eine „Lücke“ zwischen den erklärten Prioritäten und dem tatsächlichen Geschehen festgestellt.

Das Pentagon hatte die Volksrepublik in seiner nationalen Verteidigungsstrategie von 2018 bereits als wichtigen strategischen Konkurrenten identifiziert. Die Experten stellten aber fest, dass seitdem nicht viel getan wurde, um den von Peking ausgehenden Problemen zu begegnen.

Fokus weg vom Nahen Osten, hin zum Pazifik

Das US-Verteidigungsministerium hatte sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten maßgeblich auf den Kampf gegen dschihadistische Kräfte im Nahen Osten konzentriert. Der Umgang mit Chinas hochmodernen Streitkräften bringt gänzlich andere Herausforderung mit sich.

Das US-Militär ist derzeit bestrebt, seine Präsenz im Pazifik auszubauen. In der Region tritt auch China zunehmend aggressiv auf, unter anderem gegenüber Taiwan, das Peking als abtrünnige Provinz ansieht.

Die USA halten weiterhin auch eine bedeutende militärische Präsenz im Nahen Osten aufrecht, auch wenn sie mit dem Abzug ihrer verbleibenden 2500 Truppen in Afghanistan begonnen haben

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"Das ist Chinas Schwachstelle"

Die Welt bewundert Chinas Aufstieg – und fürchtet ihn. Aber wie lange können die Kommunisten das Land noch autoritär beherrschen? Experte Klaus Mühlhahn erklärt, wo schwere Konflikte drohen.

t-online: Professor Mühlhahn, die Kommunistische Partei Chinas wird in diesen Tagen 100 Jahre alt. Die meiste Zeit hat sie das Land beherrscht. Werden die Kommunisten auch noch 2121 China dominieren?

Klaus Mühlhahn: Vorhersagen über China erweisen sich in der Regel als falsch. Schon in den Fünfziger- und Sechzigerjahren wurden etwa in den USA häufig das Scheitern und der Zerfall Chinas beschworen, aber die Realität sieht gegenwärtig anders aus.

Gleichwohl sind die aktuellen Herausforderungen für die Führung in Peking gewaltig, wie Sie in Ihrem neuen Buch beschreiben – in politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht.

China ist mit gewaltigen Gegensätzen konfrontiert: Auf der einen Seite befindet sich eine leninistische Einparteienstruktur, der auf der anderen eine extrem diverse Gesellschaft gegenübersteht. Nehmen wir allein die stetig steigende Zahl von Milliardären in China. Diese Superreichen sind eine enorme Herausforderung für die Kommunistische Partei. Politische Reformen sind eigentlich unumgänglich, aber Ansätze dazu lassen sich derzeit nicht erkennen. Ich bin auch eher pessimistisch in dieser Hinsicht.

Viel Kommunismus scheint jedenfalls nicht mehr in der Partei zu stecken.

Von ihren Gründungsprinzipien hat sich die Kommunistische Partei sehr weit entfernt. Im Gegenteil, im Land herrscht heute eine riesige soziale Ungleichheit. In wenigen anderen Staaten der Erde sind Arbeitnehmerrechte so schwach ausgeprägt wie in China.

Andererseits hat die Kommunistische Partei sich zumindest teilweise wegen ihrer Wandlungsfähigkeit behaupten können: Während der frühere Parteiführer Deng Xiaoping die Demokratiebewegung 1989 blutig niederschlagen ließ, liberalisierte er das Land zugleich in wirtschaftlicher Hinsicht.

Die Partei ist fraglos lernfähig, bis auf einen Bereich allerdings: Die Kommunisten haben unglaubliche Angst davor, das politische System zu verändern. Sie fürchten, dadurch an Macht einzubüßen – und später den Zugang zu Geld und Privilegien zu verlieren.

Eine hypothetische Frage: Wie würde Mao Zedong als Mitbegründer der Kommunistischen Partei 1921 und erster Staatspräsident der Volksrepublik über das gegenwärtige China urteilen?

Mao wäre mit dem heutigen China sehr unzufrieden. Das ist ziemlich sicher etwa angesichts der gerade beschriebenen sozialen Konflikte.

Wie ist Xi Jinping als derzeitiger starker Mann Chinas einzuschätzen?

Xi Jinping vertritt eine harte Linie. Im Westen wird oft unterschätzt, was 2012 geschehen ist, als er die Macht übernahm. Sein hartnäckigster Konkurrent Bo Xilai wurde damals unter anderem der Korruption angeklagt und verurteilt. Diesen Angriff auf ein Mitglied des Politbüros hatte es seit der Kulturrevolution während der Sechziger- und Siebzigerjahre unter Mao nicht mehr gegeben. Xi Jinping nahm damals an, dass Bo Xilai ihm überhaupt nur derart gefährlich werden konnte, weil er die Unterstützung reicher Unternehmer genossen hatte. Entsprechend verhält er sich heute.

Der schwerreiche Unternehmer Jack Ma hatte sich im letzten Jahr kritisch über die chinesische Wirtschaftspolitik geäußert.

Und ist bald darauf aus der Öffentlichkeit verschwunden. In China kann sich jedermann wirtschaftlich frei betätigen, aber politische Kritik ist tabu.

Entsprechend existiert ein engmaschiges Netz der Kontrolle seitens der Behörden.

Richtig. Der Staat greift in immer mehr Bereiche ein, die Überwachung ist dicht und die Zensur streng. Die Frage ist, wie lange dies funktionieren kann.

Dies ist nicht die einzige Entwicklung, für die China kritisiert wird. In der Provinz Xinjiang werden die Uiguren unterdrückt, Tibet und Hongkong sind weitere Konfliktregionen. In Ihrem Buch beschreiben Sie, dass das 1911 untergegangene chinesische Kaiserreich einen ganz anderen Umgang mit Minderheiten angewandt hat.

Das Kaiserreich ist enorm erfolgreich gewesen in der Verwaltung eines multiethnischen Staates, der China immer gewesen ist. Viele Dutzend Völker lebten bis 1911 friedlich zusammen, auch weil es keinerlei religiöse Doktrin gab. Die Kaiser waren etwa tiefgläubige Anhänger des tibetischen Lamaismus. Der Friede endete erst mit dem Aufkommen des Nationalismus und der "Erfindung" des modernen China. Die Führung hat vergessen oder absichtlich verlernt, wie sie der Vielfalt Rechnung tragen und jedem Volk die gebührende Freiheit garantieren kann.

Heute hingegen setzt Peking auf Assimilation – zur Not auch mit Gewalt. Was im Westen mit großer Sorge beobachtet wird. Aber welches Ziel verfolgt China auf dem internationalen Parkett? Muss sich der Westen Sorgen machen?

Der Westen hat China lange Zeit unterschätzt. Auch weil man in Europa und den USA nicht wahrhaben wollte, dass uns ein Land aus Asien derart überflügeln könnte. Welche Ziele verfolgt Peking aber? China weiß selbst nicht, was es will. Die Regierung betont, dass sie einen friedlichen Aufstieg und eine harmonische Weltordnung anstrebt. Was aber soll Harmonie bedeuten? Und Konflikte gibt es jetzt schon, ohne dass der Klimawandel bereits seine vollen Auswirkungen zeitigt.

 

Geschichte des modernen China: Von der Qing-Dynastie bis zur Gegenwart (Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung)

 

Stichwort Konflikte: Im 19. und 20. Jahrhundert wurde China durch die imperialistischen Mächte, darunter etwa Großbritannien und Deutschland, immer wieder gedemütigt. Wie spiegelt sich diese historische Erfahrung in der heutigen chinesischen Politik wider?

Sie spielt weiterhin eine große Rolle in der heutigen Zeit. Xi Jinping hat in seiner Rede zu den Feierlichkeiten anlässlich des 100. Geburtstages der Kommunistischen Partei eine Warnung ausgesprochen. Sinngemäß lautete sie: China wird sich nicht herumschubsen und keine Eingriffe in seine innere Souveränität gefallen lassen. Diese dauernde Beschäftigung mit der Schmach der Vergangenheit sorgt nicht nur für ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis, sondern auch für ein hohes Prestigeverlangen. Das nicht immer nur defensiver Natur ist.

Anzeichen dafür lassen sich im Südchinesischen Meer ausmachen, wo China Militärbasen auf künstlichen Inseln anlegt. Wie groß ist die Gefahr für die Nachbarstaaten?

Die Situation im Südchinesischen Meer macht mir große Sorgen, für Chinas Nachbarstaaten hat sich die Bedrohungslage in den letzten Jahren verschärft. In einem besonderen Maße gilt das für Taiwan, das Peking als abtrünnige Provinz betrachtet. In der schon erwähnten Rede hat Xi Jinping ja auch eine Warnung an die taiwanesische Regierung gerichtet. Das war keine leere Drohung.

Welches genaue Ziel verfolgt der chinesische Präsident mit diesen Drohungen?

Seit seinem Amtsantritt 2013 ringt Xi Jinping mit innerparteilichen Widersachern und einer Gesellschaft, in der die Partei die Kontrolle zu verlieren drohte. Deshalb heizt er außenpolitische Konflikte an. Mit seinem aggressiven Vorgehen will er Stärke demonstrieren, dadurch wird China unberechenbar.

Wie bewerten Sie die Rolle der USA? Sie scheinen das einzige Gegengewicht im Pazifik zu bilden.

Unter Donald Trump haben sich die USA zurückgezogen und damit überhaupt erst das Machtvakuum im Pazifikraum geschaffen.

Trumps Nachfolger Joe Biden hat jedoch deutliche rote Linien gezogen. Werden diese von China respektiert?

Peking ist sich sehr bewusst, dass die Sicherheitsversprechen Bidens an die Nachbarstaaten Chinas ernst zu nehmen sind. Es ist kaum vorstellbar, dass die USA ihre Zusagen an Taiwan unter dem derzeitigen US-Präsidenten nicht einhalten werden. Trump war hingegen ein unsicherer Kantonist.

In den Vereinigten Staaten wird von demokratischen und republikanischen Politikern diskutiert, ob Japan nuklear bewaffnet werden sollte. Was wären die Folgen für das Kräftegleichgewicht in der Region?

Es gäbe ein neues atomares Wettrüsten mit China. Doch es gibt einen großen Unterschied zum Kalten Krieg zwischen der Sowjetunion und dem Westen früher: Der damalige Ostblock konnte bei dem Wettrüsten nicht mithalten. Das wird bei China nicht der Fall sein, weil die Volksrepublik über weit größere Ressourcen verfügt.

Will man in Peking überhaupt ein Wettrüsten mit den USA?

Das ist schwer zu sagen. China ist unter Xi unberechenbar geworden. Vor seinem Machtantritt 2012 hätte die Volksrepublik dieses militärische Kräftemessen mit den Vereinigten Staaten nicht riskiert.

In der Nato und den G7-Staaten wird mittlerweile vor einem Szenario gewarnt: einem engen Bündnis zwischen China und Russland. Ist diese Befürchtung gerechtfertigt?

Es existieren zahlreiche Konflikte zwischen den beiden Ländern. So hat Russland beispielsweise seine Grenze in Sibirien gegenüber chinesischer Einwanderung abgeriegelt. Für China sind die Landstriche ein riesiger, ungenutzter Raum. Russland hingegen fürchtet die Einflussnahme Chinas und die Wirtschaftsmacht seines großen Nachbarstaates.

Also ist die stets beschworene Freundschaft zwischen Wladimir Putin und Xi nur Propaganda?

Ja. Historisch haben sich Russland und China immer misstraut. Ich sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass sich das ändert.

Was wäre andererseits für Europa eine richtige Strategie im Umgang mit China?

Es ist erstaunlich: Peking ist relativ isoliert in der Welt, die Volksrepublik ist umgeben von Staaten, zu denen sie keine sonderlich guten Beziehungen pflegt. Das ist Chinas Schwachstelle. Für Europa wäre es entsprechend die richtige Strategie, Koalitionen in der Region zu bilden. Um Chinas Politik entsprechend begegnen zu können.

Wie viel Vertrauen in der Welt hat China durch seinen Umgang mit der Corona-Krise verloren? Immerhin fand sie dort ihren Ursprung.

Groß ist das Problem mit dem Coronavirus erst geworden, weil die chinesischen Behörden die Verbreitung der Krankheit nicht ernst genommen haben und Ärzte mundtot gemacht worden sind. Das muss man sich bewusst machen.

Transparenz wäre nun geboten: Warum aber verweigert Peking diese weitgehend?

Mit der fehlenden Transparenz möchte man vor allem das Versagen zu Beginn der Pandemie unter den Teppich kehren: Die gegenwärtige Krise zeigt ziemlich genau die Defizite des chinesischen Einparteiensystems auf. Deshalb gibt es auch überhaupt kein Interesse, die Geschehnisse öffentlich aufzuarbeiten. Im Gegenteil: Es wird verdrängt, um die eigenen Interessen und Machtprivilegien zu schützen.

Das bringt auch globale Gefahren mit sich, so etwas wie die Corona-Pandemie könnte sich wiederholen. Ist China nun besser gewappnet?

Im Endeffekt war China damals besser vorbereitet als Europa später, die Pläne für einen derartigen Fall lagen in der Schublade. Als man das Problem politisch anerkannt hatte, wurden im Eiltempo ganze Städte abgeriegelt. Ehrlicherweise müssen wir eingestehen, dass auch in Europa die seit Langem erhobenen Warnungen von Wissenschaftlern vor einer Pandemie nicht ernst genug genommen worden sind. Nicht nur China muss lernen, sondern auch Europa. Denn ich bin sicher: So eine Pandemie wird wiederkommen.

Sprechen wir noch einmal über die offensichtlichen Widersprüche innerhalb Chinas: Kommunismus auf der einen Seite, Turbokapitalismus auf der anderen. Wie gehen chinesische Kommunisten damit um?

Die heutige Kommunistische Partei ist nicht so homogen, wie es scheinen mag. Es existieren beispielsweise linke Strömungen in der Partei, die die Ausbeutung der Arbeiter kritisieren. Und auch in der Gesellschaft gibt es viele Stimmen, die die aktuelle Entwicklung kritisch sehen.

Welchen Einfluss können diese unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen auf die tatsächliche Politik ausüben?

Wer in China offensiv Demokratie einfordert, wird sehr schnell weggesperrt. Gegen manche Gruppierungen ist die Regierung aber relativ machtlos. Die Familie genießt in China höchsten Stellenwert: So kann Peking gegen den Protest der sogenannten Tian'anmen-Mütter, die etwa ihre Kinder bei der Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 verloren haben, wenig unternehmen. Oder auch gegen junge Frauen, die sich für ihre Rechte und den Schutz vor sexuellen Übergriffen einsetzen. So hat auch eine Diktatur ihre Grenzen.

Professor Mühlhahn, wir danken für das Gespräch.

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USA: Biden warnt vor "echtem Krieg" als Folge von Cyberangriffen

 

Die Wahrscheinlichkeit für einen Krieg mit einer Großmacht nehme exponentiell zu. Der US-Präsident sieht eine wachsende Bedrohung durch Russland und China.

Vor dem Hintergrund zunehmender Cyber-Angriffe auf die Vereinigten Staaten warnt US-Präsident Joe Biden, als Folge wachse die Bedrohung durch einen echten Krieg. "Ich denke, es ist mehr als wahrscheinlich, dass wir in einem Krieg enden werden - einem echten Krieg mit einer Großmacht - als Folge eines Cyberangriffs von großer Tragweite, und die Wahrscheinlichkeit nimmt exponentiell zu", sagte Biden bei einem Besuch des Büros des Leiters des nationalen Nachrichtendienstes (ODNI).

Die Regierung in Washington sehe eine wachsende Bedrohung durch China und Russland. Biden sagte, der chinesische Präsident Xi Jinping sei "todernst", wenn es darum gehe, die mächtigste Militärmacht der Welt sowie die größte und bedeutendste Volkswirtschaft der Welt bis Mitte der 40er-Jahre, also bis 2040, zu werden".

Das Thema Cybersicherheit hat für die Biden-Regierung Priorität, nachdem eine Reihe öffentlichkeitswirksamer Angriffe auf Unternehmen wie die Netzwerkmanagementfirma Solar Winds, die Firma Colonial Pipeline, den Fleischverarbeitungsbetrieb JBS und die Softwarefirma Kaseya den USA weit mehr geschadet haben als nur den gehackten Unternehmen. Einige der Angriffe wirkten sich in Teilen des Landes auf die Kraftstoff- und Lebensmittelversorgung aus.

Biden betonte zudem, dass er auf den Nachrichtendienst, der 17 Geheimdienste beaufsichtigt, keinerlei politischen Druck ausüben werde. Seine Äußerung stellt eine klare Abkehr von der Politik seines Vorgängers Donald Trump dar, der wiederholt mit den US- Geheimdiensten aneinander geriet, wie beispielsweise in Bezug auf Russlands Rolle bei Trumps Wahlsieg 2016 oder auch bei der Enthüllung, dass Trump Druck auf die Ukraine ausgeübt hat, gegen Biden Ermittlungen einzuleiten. Trump wechselte innerhalb seiner vierjährigen Amtszeit vier Direktoren der nationalen Geheimdienste aus.

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Nordkorea macht der IAEA Sorgen

 

Eine "zutiefst beunruhigende" Entwicklung: Nordkorea treibt nach Erkenntnissen der Internationalen Atomenergiebehörde sein Vorhaben voran, Plutonium für Atomwaffen zu gewinnen.

Nordkorea hat allem Anschein nach den Reaktor der Atomanlage in Yongbyon zur Herstellung von atomwaffentauglichem Material wieder in Betrieb genommen. "Seit Anfang Juli 2021 gibt es Anzeichen, einschließlich des Abflusses von Kühlwasser, die mit dem Betrieb des Reaktors in Einklang stehen", heißt es in einem aktuellen Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde zu Nordkorea.

"Die jüngsten Anhaltspunkte sind zutiefst beunruhigend", so das Fazit der IAEA in Wien. Bereits im Juni hatte die Atomenergiebehörde erklärt, dass es in Yongbyon Hinweise auf ein Wiederanfahren des Reaktors zur Abtrennung von Plutonium aus verbrauchtem Reaktorbrennstoff gebe, das für Atomwaffen verwendet werden könnte.

Sanktionen ohne erhoffte Wirkung

Nordkorea ist wegen seines umstrittenen Atomprogramms internationalen Sanktionen unterworfen. Auch wenn in jüngster Zeit keine Atomtests gemeldet worden seien, produziere das kommunistische Land weiter spaltbares Material, unterhalte Kernanlagen und verbessere seine Infrastruktur für ballistische Raketen, stand im Februar in einem internen UN-Bericht.

Eine unabhängige Überprüfung der Nuklearaktivitäten Nordkoreas ist allerdings nicht möglich. Schon 2009 hatte die Regierung in Pjöngjang internationale Inspektoren des Landes verwiesen. Die IAEA beobachtet Nordkorea aus der Ferne, hauptsächlich mithilfe von Satellitenbildern.

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Signal an China : US-Atom-U-Boote für Australien

 

Es ist eine Botschaft an China. Angesichts von Pekings Machtanspruch wollen die USA ihren Einsatz für Sicherheit und Frieden im Indopazifik-Raum verstärken.

Die US-Regierung will Australien den Erwerb von U-Booten mit Nuklearantrieb ermöglichen, um die Sicherheit und die militärische Abschreckung im Indopazifik-Raum zu stärken. US-Präsident Joe Biden sprach am Mittwochnachmittag (Ortszeit) in Washington von sich „rasch entwickelnden Bedrohungen“.

Gemeinsam mit Großbritannien solle in den kommenden 18 Monaten ein optimaler Weg gefunden werden, damit Australien solche modernen U-Boote erhalten werde, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Biden, dem australischen Regierungschef Scott Morrison sowie dem britischen Premier Boris Johnson. Die USA und Großbritannien würden dabei ihr Fachwissen mit Australien teilen.

Die US-Regierung habe zuvor erst einmal eingewilligt, diese „extrem vertrauliche“ Technologie zu teilen - und das sei vor rund 70 Jahren mit Großbritannien der Fall gewesen, sagte zuvor ein ranghoher Beamter des Weißen Hauses. Die Initiative ist Teil einer neuen „Sicherheitspartnerschaft“ der drei Staaten für Frieden und Stabilität im Indopazifik-Raum.

Sie soll in Anlehnung an die englischen Abkürzungen der beteiligten Länder „AUKUS“ heißen. Die US-Regierung und auch Australien betrachten Chinas zunehmendem Machtanspruch im Indopazifik-Raum mit Sorge.

Biden, Morrison und Johnson stellten die Initiative am Mittwoch bei einer gemeinsamen Videoschalte vor - China selbst erwähnten sie dabei aber nicht. „Die Vereinigten Staaten, Australien und das Vereinigte Königreich sind seit langem treue und fähige Partner. Heute sind wir sogar noch näher“, sagte Biden. Die Initiative sei ein „historischer Schritt“.

U-Boote sind nicht nuklear bewaffnet, sondern werden nuklear angetrieben

Er betonte allerdings, dass es dabei nicht um nuklear bewaffnete U-Boote für Australien gehe. „Das sind konventionelle U-Boote, die nuklear angetrieben werden“, sagte Biden.

„Wir müssen in der Lage sein, uns sowohl mit dem derzeitigen strategischen Umfeld in der Region als auch mit dessen möglichen Entwicklungen auseinanderzusetzen“, sagte Biden. Ein offener und freier Indopazifik-Raum sei entscheidend für die Zukunft und müsse Bestand haben.

Es gehe nun darum, die Verbündeten der USA auf neue Weise zu verbinden und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit zu stärken. Dabei müsse den „Bedrohungen von heute und morgen“ begegnet werden. Der australische Regierungschef Morrison kündigte an, dass die U-Boote in Adelaide gebaut werden sollten. „Seit mehr als einem Jahrhundert stehen wir gemeinsam für den Weg des Friedens und der Freiheit zusammen“, sagte er.

Es handele sich um eines der komplexesten und technisch anspruchsvollsten Projekte der Welt, das sich über Jahrzehnte erstrecken und die fortschrittlichste Technologie erfordern werde, betonte der britische Premier Johnson. Die Initiative zeige, wie tief die Freundschaft und wie groß das Vertrauen zwischen den drei Ländern sei. „Nur eine Handvoll Länder verfügt über nuklear angetriebene U-Boote, und es ist eine bedeutsame Entscheidung für jede Nation, sich diese gewaltige Fähigkeit anzueignen“, sagte Johnson.

Von einem Nuklearreaktor angetriebene U-Boote würden es Australien ermöglichen, U-Boote länger ununterbrochen zu betreiben, sie seien zudem leiser und hätten mehr Fähigkeiten als jene herkömmlicher Bauart, hatte es zuvor aus dem Weißen Haus geheißen.

Australien ist kein Nato-Mitglied

Australien hatte 2016 einen milliardenschweren Vertrag mit Frankreich zum Bau von zwölf neuen U-Booten unterschrieben. Das französische Angebot, wonach die U-Boote ab 2030 ausgeliefert werden sollen, setzte sich damals gegen eines des deutschen Konkurrenten ThyssenKrupp durch. Der Deal muss jetzt der neuen Initiative weichen. Morrison erklärte, er habe bereits den französischen Rüstungskonzern Naval Group und Präsident Emmanuel Macron über die Entscheidung informiert.

„Ich möchte betonen, dass Frankreich ein unglaublich wichtiger Partner im Pazifik bleibt“, sagte er. „Aber als Premierminister muss ich Entscheidungen treffen, die der nationalen Sicherheit Australiens dienen, und ich weiß, dass Frankreich dasselbe tun würde. Und ich weiß, dass das letztendlich verstanden wird.“ Die U-Boot-Flotte vom Typ Shortfin Barracuda, die in Australien gebaut werden sollte, war die größte militärische Anschaffung in der Geschichte des Landes.

Anders als Großbritannien ist Australien nicht Mitglied des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato, gilt aber als enger Partner der Organisation. Australien hat sich etwa an Nato-Militäreinsätzen in Afghanistan und im Irak beteiligt. Die USA und Australien sind neben dem bilateralen Verhältnis auch über die sogenannte „five eyes“ (fünf Augen) Partnerschaft der Geheimdienste verbunden. Zu dem Bündnis gehören Australien, Neuseeland, Kanada, Großbritannien und die USA.

Biden setzt für Sicherheit und Kooperation im Indopazifik zudem auf ein „Quad“ genanntes Bündnis. Das Quartett umfasst Australien, Indien, Japan und die USA. Biden will die Regierungschefs des Bündnisses in der nächsten Woche im Weißen Haus empfangen. An diesem Donnerstag wollten sich außerdem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und US-Außenminister Antony Blinken mit ihren australischen Kollegen bei einem gemeinsamen Treffen austauschen.

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Droht neue Eiszeit?  

Hinter vorgehaltener Hand befürchtet Europa das Schlimmste

Der U-Boot-Streit überschattet die UN-Vollversammlung in New York. Frankreich lässt ein Treffen platzen. In der EU wachsen die Zweifel an der Verlässlichkeit von Joe Biden, Diplomaten zeigen sich besorgt.

Wenn US-Präsident Joe Biden in der Stadt ist, bedeutet das für die New Yorker vor allem eines: Chaos. An jeder Straßenecke stehen Polizisten, überall Blaulicht, laute Sirenen und Absperrgitter. Regelmäßig werden Straßen und Bürgersteige mehrerer Blocks gesperrt.

Die Menschen müssen warten, manchmal 15, manchmal 30 Minuten. Viele reagieren genervt. "Das ist New York", entgegnet ein Polizist, der eine Straßenkreuzung am Hauptquartier der Vereinten Nationen in Manhattan bewacht. "Wir sind den Ausnahmezustand doch gewohnt."

So ganz stimmt das nicht mehr. Auch die Menschen in der Millionenmetropole müssen sich erst wieder an das Chaos einer UN-Vollversammlung gewöhnen. Erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie kommen die Vereinten Nationen in dieser Woche wieder physisch zusammen. Auf der Tagesordnung stehen diverse Krisen und Konflikte. Für Beobachter wird schnell klar: Im UN-Hauptquartier gibt es momentan ähnlich viel Irritationen und Ärger wie außerhalb des Gebäudes.

U-Boot-Zoff überschattet UN-Treffen

Vor allem der U-Boot-Streit zwischen Frankreich und den USA überschattet das Treffen. Die Einigung über ein indopazifisches Abkommen schlug in den Reihen der Nato-Staaten ein wie eine Bombe. Der Ärger darüber ist in Frankreich und der Europäischen Union so groß, dass es nun die nächste transatlantische Vertrauenskrise gibt. Diplomaten in New York sprechen bereits von einer neuen Eiszeit, die die internationalen Beziehungen massiv beeinflussen könnte – und lange anhalten wird.

In Geheimgesprächen hatten die USA, Australien und Großbritannien einen Sicherheitspakt ausgehandelt. Dieser beinhaltet einen Mega-Deal über den Kauf atomarer U-Boote. Nach der Einigung zog sich Australien aus einem bereits ausgehandelten U-Boot-Geschäft mit Frankreich zurück. Die 2016 mit dem Reedereikonzern Naval vereinbarte Lieferung von U-Booten im Volumen von 40 Milliarden Dollar ist nun hinfällig.

Die Franzosen fühlen sich von den USA verraten. Auch Präsident Emmanuel Macron ist schwer getroffen. Während er um seine Wiederwahl als Präsident im kommenden Jahr bangt, haben ihm seine Verbündeten eine außenpolitische Niederlage zugefügt. Ein Diplomat sagt in New York hinter vorgehaltener Hand gar, die USA würden Wahlkampf für die rechtsextreme Marine Le Pen machen.

"Glaube nicht, dass Frankreich überreagiert"

Frankreichs erste Reaktion fiel dementsprechend deutlich aus: Die französische Regierung rief ihre Botschafter aus Canberra und Washington zu Beratungen zurück – ein deutliches Signal in der diplomatischen Blase. Darüber hinaus droht Frankreich damit, ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Australien zu blockieren.

Aber dabei bleibt es nun in New York nicht. Frankreich ließ auch ein geplantes Treffen im sogenannten Quad-Format zwischen Frankreich, Deutschland, den USA und Großbritannien platzen. Grund dafür sind "die Verstimmungen auf französischer Seite", wie Außenminister Heiko Maas bestätigte. Auch der SPD-Politiker sagte daraufhin seine Teilnahme an dem Treffen ab. Außerdem dringt nach Angaben von EU-Diplomaten die französische Seite darauf, den ersten gemeinsamen Technologie- und Handelsrat der EU mit den USA kommende Woche Mittwoch in Pittsburgh zu verschieben – auf unbestimmte Zeit.

So steuern die transatlantischen Beziehungen zwischen der EU und den USA einem neuen Sturm entgegen. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian bekräftigte in New York noch einmal seinen Vorwurf eines "schweren Vertrauensbruchs". Die Europäer müssten sich nun "gut überlegen", wie sie darauf reagieren. Frankreichs Europaminister Clément Beaune stellte klar: "Ich glaube nicht, dass Frankreich überreagiert." Es gehe um eine "europäische Frage".

Deutschland steht zu Frankreich

Der U-Boot-Zoff entwickelt sich somit zur Prüfung für die Solidarität innerhalb der EU – bislang stärkt die Staatengemeinschaft Frankreich den Rücken. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bezeichnete den U-Boot-Deal als "nicht akzeptabel". Die Außenminister der anderen 26 EU-Staaten sichern Paris ihre "Solidarität" zu, wie der Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande der UN-Vollversammlung erklärte.

Die Bundesregierung steht ebenfalls an der Seite Frankreichs, auch wenn sie gleichzeitig verhindern möchte, dass sich die Beziehungen zu den USA nach dem Horror der Trump-Jahre wieder verschlechtern.

"Das, was wir dort sehen, hat vieles schwieriger gemacht. Und ich befürchte, dass es doch auch eine Zeit lang noch schwieriger bleiben wird", meinte Außenminister Maas in New York. "Was dort entschieden worden ist und die Art und Weise, wie diese Entscheidung zustande gekommen ist, ist irritierend. Und es ist ernüchternd nicht nur für Frankreich." Die Frage, ob nun wieder eine Eiszeit für die transatlantische Beziehungen wie zuletzt unter Trump drohe, beantwortet der deutsche Außenminister jedoch mit einem klaren "Nein".

Das Problem für die EU geht allerdings über den geplatzten U-Boot-Deal hinaus. Die europäische Gemeinschaft verliert in sicherheitspolitischen Fragen immer mehr Einfluss. Natürlich wussten die USA, dass Frankreich empört reagieren würde, deshalb waren die Gespräche mit Australien geheim. Doch Washington nahm den Ärger in Kauf, weil sich die US-Regierung einen größeren Gewinn von dem indopazifischen Bündnis verspricht.

USA setzen auf weitere Bündnisse

"Die Vereinigten Staaten haben keinen engeren und zuverlässigeren Verbündeten", sagte US-Präsident Joe Biden am Dienstag bei einem Treffen mit dem australischen Premierminister Scott Morrison am Rande der UN-Generaldebatte. Die USA und Australien arbeiteten "im Gleichschritt", fügte Biden hinzu. Auf die Empörung Frankreichs gingen Biden und Morrison nicht ein.

Später rief Biden einem Reporter auf Nachfrage zwar zu, seine Beziehungen zu Frankreichs Präsident Macron seien "genial". In der Sache bleibt er aber hart. Ihm geht es darum, ein Gegengewicht zu China im Pazifikraum aufzubauen. Auf die EU setzt Biden dabei nicht. Für Europa ist der Pazifik nicht nur geografisch weit entfernt, viele europäischen Länder wehren sich auch mit Händen und Füßen gegen zusätzliche Investitionen in Rüstungsgüter.

Für Obama und Trump war das schon ein Problem, Biden schmiedet nun andere Bündnisse. Denn die USA wissen, dass China bereits von der Schiffanzahl eine größere Marine als die Vereinigten Staaten hat. Eines hat Peking aber nicht: enge Verbündete. Da setzt nun die Strategie der USA an, ein wirtschaftlich lohnenswerter U-Boot-Deal kommt hinzu.

Welche Rolle spielt Großbritannien? 

Dass auch Großbritannien beteiligt ist, wird in den Gesprächen in New York über den indopazifischen Pakt unterdessen oft vernachlässigt. In diplomatischen Kreisen wird der britische Beitrag als wenig bedeutend eingestuft und eher als symbolisch gesehen. Der französische Außenminister Le Drian erklärt sogar, dass die Briten das "opportunistische fünfte Rad am Wagen" seien. Deshalb habe man sich nicht einmal die Mühe gemacht, den französischen Botschafter in London zurückzurufen. Wenig schmeichelhaft für Premierminister Boris Johnson.

In Großbritannien wird er für das Zerwürfnis mit Frankreich scharf kritisiert. Außerdem würde das Vereinigte Königreich so Gefahr laufen, in einen militärischen Konflikt mit China hineingezogen zu werden, merkte die ehemalige Premierministerin Theresa May an.

Der britische Bahnfahrer

Für Johnson ist die Situation riskant. Schlechte Beziehungen zu Frankreich und der EU kann sich Großbritannien nicht leisten. Doch der britische Premier malte in vielen Reden seine Vision von einem "Global Britain" nach dem Brexit – also einem global agierendem Königreich. In einem Bündnis mit den USA den Indopazifik gegen China zu verteidigen – das klingt nach alter imperialer Größe und passt in seine Erzählung.

Zugleich will die britische Regierung die vorbelasteten Beziehungen zu der Biden-Administration verbessern. Die Verhandlungen über ein Handelsabkommen stocken. Zuletzt hatten britische Regierungskreise Biden im Zuge des Afghanistan-Debakels zudem als "Verlierer" und als "gaga" bezeichnet – britische Medien machten die Äußerungen öffentlich. Das hat den US-Präsidenten verärgert, erfuhr die britische "Times" von einem Mitarbeiter des Biden-Stabs. In Washington entschied man sich im Ringen mit China trotzdem für den pragmatischen Weg und lud Johnson nun als Dankeschön für den britischen Beitritt in das indopazifische Bündnis in die US-Hauptstadt ein.

In New York lässt sich derzeit unter dem Brennglas der UN-Vollversammlung beobachten, wie sich Rivalitäten und Bündnisse weltweit verändern. Die USA haben durch ihren Indopazifik-Pakt den derzeit größten Schritt gewagt, den Druck auf den Rivalen China erhöht und den engen Verbündeten Frankreich düpiert. Das macht die internationale Zusammenarbeit beim ersten Gipfel seit dem Corona-Ausbruch vieles, aber nicht einfacher. An das Chaos wird sich nicht nur die Bevölkerung wieder gewöhnen müssen

 

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Chinas Sicherheitsgesetz: Amnesty International schließt Büros in Hongkong

 

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International schließt eigenen Angaben zufolge ihre Büros in Hongkong. Wie die Organisation am Montag mitteilte, erfolgte der Schritt aufgrund des von Peking erlassenen sogenannten Sicherheitsgesetzes.

Das Gesetz mache es Menschenrechtsorganisationen in Hongkong „praktisch unmöglich, frei und ohne Angst vor ernsthaften Vergeltungsmaßnahmen seitens der Regierung zu arbeiten“, erklärte die Vorstandsvorsitzende Anjhula Mya Singh Bais.

Amnesty kritisiert Chinas Vorgehen

Amnesty habe die Entscheidung „schweren Herzens“ getroffen. Das sogenannte Sicherheitsgesetz trat im Juli 2020 in Kraft. Es erlaubt den Behörden ein drakonisches Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen.

Mehr als 150 Menschen wurden auf der Grundlage des Sicherheitsgesetzes bislang festgenommen, darunter Journalisten, Studenten und auch ehemalige Abgeordnete. In Hongkong hatte es 2019 monatelang Massenproteste gegen den wachsenden Einfluss Pekings gegeben. Seitdem gehen die Behörden mit zunehmender Härte gegen Kritiker in der Sonderverwaltungszone vor. (afp)

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Streit um Investitionen: Das verkümmerte Billionenpaket: Biden reist mit einem Schein-Durchbruch nach Europa

 

Der US-Präsident verkündet einen Durchbruch im Streit über Ausgabenpakete. Doch die fallen nun deutlich kleiner aus. Wird die Wirtschaft an Schwung verlieren?

Kurz vor seinem Abflug nach Europa kämpfte der US-Präsident um die wichtigste Mission seiner Amtszeit. Joe Biden fuhr noch am Donnerstagmorgen persönlich auf den Capitol Hill, um über billionenschwere Investitionen in Infrastruktur, Klimaschutz und Soziales zu verhandeln. Nur wenige Stunden später bestieg er die Air Force One in Richtung Rom.

Zumindest konnte er zu diesem Zeitpunkt einen Durchbruch auf dem Papier verkünden: Das Weiße Haus veröffentlichte den Rahmen für ein 1,85 Billionen Dollar schweres Haushaltspaket. Kombiniert mit einer 1,2 Billionen schweren Infrastrukturreform handelt es sich um die größten Investitionen der USA, die fast alle Lebensbereiche der US-Bürgerinnen und -Bürger verbessern sollen.

„Heute ist ein guter Tag“, sagte Biden, als er durch die Flure des Kongresses eilte. Doch das große Erfolgserlebnis, das der Präsident nach Monaten des Stillstands in Washington dringend braucht, ist die Einigung nur bedingt.

Von Bidens ursprünglicher Vision einer Umverteilung des Wohlstands ist unterm Strich deutlich weniger übrig geblieben. So sollte das Haushaltspaket ursprünglich doppelt so umfangreich sein und die Steuern für Konzerne und Reiche signifikant erhöhen. Stattdessen musste Biden viele Kernziele begraben, auch die Gegenfinanzierung ist unklar.

Parallel treffen ihn schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft: Der globale Wachstumsmotor USA scheint an Schwung zu verlieren. Hohe Covid-Infektionsraten und Probleme bei den Lieferketten trugen dazu bei, dass das Wachstum im dritten Quartal auf ein halbes Prozent schrumpfte.

„America is back“-Mantra hat sich abgenutzt

Die Krise in Washington könnte auch Bidens Position im Ausland schwächen. In der Nacht zum Freitag soll Biden in Rom landen. Dort trifft er den Papst und nimmt am G20-Gipfel teil, anschließend reist er zur UN-Klimakonferenz nach Glasgow. Immerhin kann er dort üppige Investitionen in den Klimaschutz verkünden.

Doch das „America is back“-Mantra habe sich schnell abgenutzt, sagt Heather Conley, Transatlantik-Expertin der Denkfabrik CSIS. „In Europa verfolgt man sehr genau, dass Biden in seiner innenpolitischen Agenda blockiert ist.“ Die Reise werde „sehr anders als Bidens erster Europabesuch zum G7-Gipfel“. Konflikte belasten die transatlantischen Beziehungen, unter anderem der U-Boot-Streit mit Frankreich. „Die Biden-Administration muss den angerichteten Schaden erst mal beheben“, so Conley.

In den vergangenen Monaten hatte Bidens eigene Partei ein Vorankommen bei den Billionenpaketen verhindert. Linke und Moderate stritten über jeden Posten – und noch immer sind zentrale Fragen ungeklärt. Es existiert weder ein finaler Gesetzestext für das 1,85 Billionen Dollar schwere Haushaltspaket, noch ist eine Mehrheit im Kongress per Abstimmung besiegelt.

Die 1,2 Billionen teure Infrastrukturreform hätte eigentlich schon im Sommer beschlossen werden können, doch der linke Flügel besteht auf einer Kombination mit dem größeren Haushaltspaket. Weil die Mehrheitsverhältnisse im Kongress sehr knapp sind, kann Biden auf fast keine Stimme verzichten.

Diese Posten werden voraussichtlich gekippt

Klimaschutz: Die Demokraten wollten einen nationalen Standard für sauberen Strom einführen – und Energieversorger bestrafen, die auf fossile Brennstoffe setzen. Diese Regel ist raus, auch wegen des Widerstands des Chefs des Energie-Ausschusses, Joe Manchin. Der Demokrat vertritt den Kohlestaat West Virginia im Senat.

Fraglich ist, wie der Turbo-Umstieg auf erneuerbare Energien allein mit Anreizen gelingen soll, denn aktuell werden zwei Drittel des Stroms in den USA aus fossilen Ressourcen gewonnen. Auch eine Gebühr für Methanemissionen kommt wohl nicht zustande. Sogar bislang konsensfähige Anreize scheinen in Gefahr: Manchin hadert mit der Förderung von E-Autos. Hohe Investitionen in Ladestationen, damit tue er sich schwer, sagte Manchin.

Soziales und Gesundheit: Die USA sind weltweit die einzige Industrienation, die kaum oder gar keinen gesetzlichen Mutterschutz anbietet – dabei bleibt es wohl auch. 500 Milliarden Dollar hätte eine bundesweite bezahlte Familienzeit gekostet, für Zentristen wie Manchin war das zu teuer.

Auch werden Community Colleges, das sind weit verbreitete Ausbildungsstätten, weiterhin Gebühren kosten. In der Gesundheit wird ebenfalls gespart: Aus der geplanten Kostenübernahme für Zahnersatz oder Hörgeräte werden wahrscheinlich einmalige Zuschüsse. Parteilinke wie Bernie Sanders kündigten an, sie würden „bis zuletzt“ für Mutterschutz und niedrigere Medikamentenpreise kämpfen.

Diese Investitionen bleiben

Rund drei Billionen Dollar sollen investiert werden: Die 1,2 Billionen schwere Infrastrukturreform für Straßen, Brücken oder Breitband ist unstrittig. Das 1,85 Billionen schwere Haushaltspaket will darüber hinaus Familien in der Kinderbetreuung entlasten, Pflegegeld zahlen, Wohnungsbauprogramme finanzieren und Mietzuschüsse für sozial Schwache auf den Weg bringen. Größter Einzelposten sind 500 Milliarden Dollar für den Klimaschutz, unter anderem für E-Mobilität, Windkraft und andere grüne Energien.

Das größte Problem bleibt allerdings die Gegenfinanzierung. „Wir werden das Haushaltsdefizit um keinen Cent erhöhen“, hatte Biden versprochen, doch in der Realität tun sich die Demokraten schwer, eine adäquate Finanzierung auf die Beine zu stellen. Biden hatte fest mit einer höheren Unternehmensteuer gerechnet, doch die ist seit vergangener Woche vom Tisch.

Amtsvorgänger Donald Trump hatte die Unternehmensteuern von ursprünglich 35 auf 21 Prozent abgesenkt. Die Demokraten wollten sie wieder anheben, doch eine einzelne Senatorin, Kyrsten Sinema aus dem Bundesstaat Arizona, wehrte sich dagegen. Eine Vermögensteuer für Wohlhabende wurde im Ringen um Konsens zermahlen.

Zuletzt wurde eine Sondersteuer auf die Aktiengewinne der 800 reichsten Amerikaner diskutiert. Derzeit können Superreiche von enormen Wertsteigerungen ihres Vermögens profitieren, ohne auf diese zusätzlichen Summen Steuern zu zahlen. Gewinne werden nur dann besteuert, wenn ein Vermögenswert verkauft wird. Eine Steuer auf Wertzuwächse von Billionären würde das ändern. Allerdings könnte der Widerstand des Demokraten Manchin auch diese Pläne zum Kippen bringen.

Aus der Wirtschaft kommt Unmut

Parallel setzt die Biden-Regierung mehr denn je auf eine globale Mindeststeuer, die auch von Deutschland unterstützt wird. Viele Firmen zahlen in Wirklichkeit einen viel niedrigeren Satz, da sie Abzüge und andere Gutschriften geltend machen können. Eine Untergrenze würde damit Schluss machen.

Laut eines neuen Entwurfs der Demokraten sollen künftig 200 US-Unternehmen mit Gewinnen ab einer Milliarde Dollar mindestens 15 Prozent Steuern zahlen, ohne Chance auf Ausnahmen. Eine Mehrheit im Kongress ist aber noch nicht besiegelt.

Dass in den vergangenen Tagen hektisch Steuerpläne entwickelt und verworfen wurden, zeigt den Druck, unter dem die Biden-Regierung steht. Aus der Wirtschaft kommt bereits massive Kritik: „Wir sind besorgt, dass der Kongress in sehr kurzer Zeit wirklich grundlegende Veränderungen in der Steuerpolitik vornimmt, ohne die Konsequenzen zu prüfen“, sagte die US-Handelskammer, größte Wirtschaftslobbygruppe der USA.

Andere Experten warnen davor, dass Teile der Gegenfinanzierung den Weg zur CO2-Neutralität bremsen würden. Sollte tatsächlich eine Mindeststeuer von 15 Prozent für Unternehmen kommen, würden deutlich weniger Firmen Abschreibungen für Investitionen in grüne Energien nutzen wollen, warnte die Lobbygruppe American Council on Renewable Energy. „Viele Firmen werden es sich zweimal überlegen, ob sie in erneuerbare Energien investieren.“

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Deutsche Doppelmoral: Nicht nur Putin, auch der Westen ignoriert das Völkerrecht

Eine dominante Attitüde in der aktuellen Debatte über den Krieg in der Ukraine ist die Wahlpflicht zwischen Gut und Böse: auf der einen Seite die Ukraine mitsamt der sie unterstützenden Fraktion liberal-demokratischer Staaten des Westens und auf der anderen Seite Russland. Von der dortigen Staatsführung, das ist nicht nur Leitfiguren wie Baerbock, Habeck und Hofreiter, sondern auch jedem selbstbewussten Influencer aus der Generation Z bewusst, kann nur das Schlimmste befürchtet werden. Erst die Vernichtung der Ukraine, dann ein ausgedehnter Feldzug gegen die Staaten in der Region Osteuropas, danach der Angriff auf Kerneuropa, schließlich die Eroberung der übrigen Teile Westeuropas, in letzter Konsequenz auch ein völlig irrer Atomschlag gegen diejenigen, die sich noch gegen den russischen Imperialismus wehren können. Und warum? Weil die russische Führung den „demokratischen Aufbruch“ in ihrer Nachbarschaft fürchtet!

Und wegen dieser Demokratiefeindlichkeit des russischen Regimes dürfte sich der gute Westen aus Angst nicht einfach wegducken und die Dinge in der Ukraine geschehen lassen. Dem Bösen müsste mit immer schwereren Waffen begegnet werden. Russland sollte wirtschaftlich und militärisch in die Knie gezwungen werden. Im Idealfall wäre die russische Führung unter Putin auszuwechseln, um so der Hydra den Kopf abzuschlagen.

Wenn es erforderlich werden sollte, einen Nuklearkrieg zu riskieren, dann würde das nach dem Autor der Berliner Zeitung Klaus Bachmann oder Ralf Fücks nicht unbedingt das Ende der Welt bedeuten. Stärker als die Sorge um die Konsequenzen eines Nuklearkriegs wiegt allenthalben die moralische Pflicht, das Gute zu schützen. Zudem handelt der Westen völlig im Einklang mit dem Völkerrecht, das es ausdrücklich erlaubt, einem angegriffenen Staat bei der Verteidigung seiner territorialen Unversehrtheit und Unabhängigkeit militärischen Beistand zu leisten. Warum also nicht beherzt einen groß angelegten Kreuzzug gegen das Böse führen?

Harald Welzer und andere „Intellektuelle“ trauten sich, in einem offenen Brief nicht nur die Dichotomie zwischen Gut und Böse zu hinterfragen, sondern auch eine Prüfung der Rolle des Westens bzw. der Nato im Vorfeld des Krieges anzuregen. Solche Vorschläge kommen trotz der so oft beschworenen Meinungsfreiheit im Land überhaupt nicht mehr gut an. Der Kampf um das richtige Narrativ scheint schon längst entschieden zu sein.

Den Ton der öffentlichen Kriegsdebatte geben die Streiter für das Gute an: Psychologen, Philosophen, Biologinnen, Theologen, Autoritarismusforscher, Neurowissenschaftler, Journalistinnen mit und ohne Jurastudium sowie natürlich die diversen Expertinnen aus den regierungsnahen und/oder transatlantischen Denkfabriken. In der öffentlichen Debatte sind nur diejenigen noch kaum zu Wort gekommen, die sich grundlagenorientiert und mit einem eher kritischen Blick für das Gesamtbild der internationalen Beziehungen interessieren. Aber man hat das bislang auch nicht als Mangel empfunden. Offensichtlich kann sich jede/r einigermaßen Gebildete, zumal mit Hochschulabschluss, durch einen Blick auf die zweifellos schrecklichen Bilder und Fakten des Krieges ein eigenes Urteil von den aktuellen Vorkommnissen machen.

Das Problem dabei ist nur, dass es niemals gelingt, sich ohne eine fundierte Wissensbasis und nur mit einem Blick auf Bilder und die sogenannten Fakten ein klares Urteil von Kriegsgeschehnissen zu bilden, geschweige denn Verantwortliche zu identifizieren. Es sollte heute allen Diskutanten und Diskutantinnen zu denken geben, dass die vorübergehende gemischte Abrüstungskommission des Völkerbunds vor fast genau hundert Jahren feststellte, dass die Lobbyisten der Rüstungsfirmen während des Ersten Weltkriegs, einem vierjährigen industrialisierten Vernichtungskrieg, treibende Kräfte hinter groß angelegten Desinformationskampagnen waren und versuchten, politische Entscheidungsträger durch Bestechung für militärische Eskalationsspiralen zu gewinnen, um an der fortschreitenden Intensivierung des staatlich betriebenen Bellizismus zu verdienen.

Es ist noch nicht so lange her, um sich an entsprechende Entwicklungen in der jüngsten Vergangenheit nicht erinnern zu können: etwa als sich der deutsche Verteidigungsminister zusammen mit dem BND anno 1999 bei der Präsentation des sogenannten Hufeisenplans serbischer Milizen im Kosovo blamierte, auf die dann der berüchtigte Nato-Militäreinsatz gegen Serbien folgte; unvergessen auch der bühnenreife Auftritt des US-Außenministers anno 2003 im UN-Sicherheitsrat, in dem es um „Beweise“ für den Besitz und den Bau von Massenvernichtungswaffen im Irak ging, der einen langjährigen (Drohnen-)Krieg mit Hunderttausenden Toten nach sich zog; ähnlich geartet liegen die vermeintlichen „Beweise“ der US-Regierung für den Einsatz von Giftgas anno 2013 durch die syrische Regierung, die umgehend von amerikanischen Wissenschaftlern des MIT in Boston als fabricated evidence angezweifelt wurden.

Die Informationsgewinnung der westlichen Geheimdienste ist nicht nur intransparent, sondern den politischen Interessen ihrer Regierungen verpflichtet und wirkt vor allem deswegen suspekt, weil sie zu einem ganz erheblichen Teil auf der Mitarbeit von Subunternehmen beruht, die bei ihrer Arbeit ganz eigene Interessen verfolgen: den Aufbau einer dauerhaften Geschäftsbeziehung mit einem Krieg führenden Überwachungsstaat. Die Booz Allen Hamilton Corporation aus der Carlyle Group, die International Renaissance Foundation aus dem Soros-Netzwerk oder auch das englische Recherchenetzwerk Bellingcat haben mit ihren sogenannten Enthüllungen vor allem dazu beigetragen, dass sich emotionalisierte Öffentlichkeiten mit „Herz und Verstand“ dem Feind entgegenstellen und die von Regierungsseite geplanten Militärausgaben begrüßen.

Widersprüchliche Informationen über die Gründe und den Verlauf von Kriegen stören natürlich das Geschäft der im Regierungsauftrag Ermittelnden, zudem erschüttern sie leicht den „Moral high ground“ aller selbst ernannten Kreuzritter. Freilich ist es zumindest für das politische Personal, das sich qua Schwur auf die Verfassung dem Schutz des deutschen Volkes verpflichtet hat, eine ausgesprochene Pflicht, sich vor Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen so gut wie möglich über relevante faktische Zusammenhänge zu informieren.

Und hier eröffnet sich insofern ein Dilemma, als eine ganze Fülle sensibler Fakten existiert, die es fraglich erscheinen lassen, ob der Westen während der letzten 20 Jahre im Zeichen des Völkerrechts agiert und ob nur Putin das Völkerrecht vom Tisch gewischt hat, ob zudem der angedrohte Atombombeneinsatz ein verrücktes persönliches Projekt ist – und ob „die“ USA bisher wirklich alles richtig machen, da sie vornehmlich auf Provokationen gegenüber Russland verzichtet haben.

Selbst im traditionell regierungsnahen amerikanisierten Mainstream der akademischen Internationalen Beziehungen wird die anhaltende Ignoranz des Westens gegenüber den Sicherheitsinteressen Russlands als der schwerwiegendste strategische Fehler seit dem Ende des Ost-West-Konflikts eingeschätzt. Nicht die Ausweitung der liberalen Demokratie, sondern die Ausweitung der Nato mitsamt ihren beträchtlichen nuklearen Erstschlagsfähigkeiten gilt hier als der wesentliche Grund für die assertive russische Außenpolitik seit 2008.

In Ergänzung dazu könnte es sinnvoll sein, ein paar Entwicklungen zu berücksichtigen, die in der Fachliteratur kritisch kommentiert worden sind und die aus einer distanzierten Haltung heraus durchaus als Präzedenzfälle für die Missachtung des UN-Völkerrechts durch den Westen angesehen werden können bzw. müssen.

1) Der geopolitisch motivierte Austritt der USA aus dem ABM-Vertrag anno 2002, die anschließende Entwicklung von offensiv einsetzbaren Raketenabwehrsystemen sowie ihre Stationierung in Bulgarien anno 2016 und Polen anno 2018.

2) Der völkerrechtswidrige Krieg der USA und Großbritanniens gegen den Irak sowie der dadurch herbeigeführte Regimewechsel anno 2003.

3) Die völkerrechtlich umstrittene Sezession des Kosovos von Restjugoslawien anno 2008 sowie die anschließende Anerkennung vor allem durch den Westen und seine Verbündeten.

4) Die Vorbereitung und Initiierung der Militäroffensive Georgiens in Südossetien durch die USA anno 2008.

5) Der Militäreinsatz der Nato gegen Libyen anno 2011 unter Geltendmachung falscher Tatsachen und der dadurch bewirkte Regimewechsel in Überschreitung der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates.

6) Der von hohen amerikanischen Funktionären orchestrierte Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung Janukowytsch in der Ukraine anno 2014 sowie die sich daran anschließende (verdeckte) militärische Unterstützung ultranationalistischer ukrainischer Antiterroreinheiten durch die USA im Kampf gegen die oppositionellen Kräfte im Südosten der Ukraine.

Die Annexion der Krim durch Russland anno 2014 steht genauso wie der im Februar begonnene Angriffskrieg in einem eklatanten Widerspruch zum völkerrechtlichen Gebot der Unterlassung jedweder Gewalt gegen die territoriale Unversehrtheit der Ukraine. Aber diese Verletzungen des Völkerrechts nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem fragwürdigen Gebaren der USA und dem von ihr gelenkten Westen seit Anfang des Jahrtausends zu sehen, kommt einer unverantwortlichen Realitätsflucht gleich.

Und dass die atomare Drohung Russlands nicht leichtfertig abgetan werden sollte, hat vor allem damit zu tun, dass sich die internationale Konstellation für Staaten wie Russland weniger wie eine völkerrechtlich fundierte internationale Ordnung präsentiert, sondern eher einem bedrohlichen Ausnahmezustand gleicht, in dem demokratische Angriffskriege und Regimewechsel normale Vorgänge geworden sind.

Dazu gehört auch, dass die USA ihrer äußerst provokativen Freund-Feind-Rhetorik gegenüber Russland (und China) seit ca. 2006 erkennbar antagonistische Strategien haben folgen lassen, die im Zusammenhang mit ihrem eigenen imperialen Projekt der „Grand Strategy“ stehen: Verhinderung einer wirtschaftlichen Annäherung über vertiefte Energiepartnerschaften zwischen den Staaten der EU und Russland durch Bullying der betreffenden Regierungen, wie im Falle Bulgariens und Österreichs anno 2014; Vereitelung der von Russland nach der Finanzkrise von 2007/2008 forcierten Eurasischen Union u. a. mit der Ukraine und ihren wertvollen Gasvorkommen und landwirtschaftlichen Flächen; Verhängung immer neuer Wirtschaftssanktionen zur Schwächung Russlands als treibender Kraft hinter der Kooperation zwischen den BRICS-Staaten; Sabotage der bereits getroffenen Vereinbarung zwischen Putin und dem damaligen ukrainischen Regierungschef Poroschenko anno 2014 zur Befriedung der Situation in der Ostukraine im Zusammenhang mit geplanten Kompensationszahlungen über 1 Milliarde US-Dollar an die Ukraine für die Annexion der Krim.

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