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Zitat von Gast am 28. September 2021, 12:19 UhrStaatsanwaltschaft Köln: Durchsuchungen bei Ex-SPD-Politikern wegen Cum-Ex-Skandal
Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker gilt unter Juristen als äußerst hartnäckig. Wenn es um die strafrechtliche Sicht der Dinge geht, legt sich die Leiterin der Cum-Ex-Schwerpunktabteilung im Kölner Justizzentrum auch schon mal mit ihren Vorgesetzten an. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, hat Brorhilker im Zuge der Aufklärung des größten Steuerraubes der deutschen Finanzgeschichte gegen den Widerstand der Behördenleitung ein politisch äußerst heikles Verfahren eröffnet. Am Dienstagmorgen durchsuchten Kölner Staatsanwälte und Polizeibeamte Büros im Hamburger Finanzamt für Großunternehmen nebst Objekten des 2020 zurückgetretenen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs.
Betroffen von den Ermittlungen ist neben einer Sachgebietsleiterin bei der Finanzbehörde auch der einstige hanseatische SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk. Laut Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer bestehe der „Anfangsverdacht der Begünstigung“ zur Steuerhinterziehung. „Die bisherigen Ermittlungen haben Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten der Beschuldigten im Zusammenhang mit … Cum-Ex-Geschäften eines in Hamburg ansässigen Kreditinstituts ergeben.“ Dabei handelt es sich um die Privatbank M.M. Warburg. Die Tatverdächtigen waren zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Im Kern geht es um die Frage, warum der Hamburger Fiskus 47 Millionen Euro im Jahr 2016 zu Unrecht bewilligte Steuererstattungen an die hanseatische Privatbank M. M. Warburg nicht zurückforderte. Das Geld stammte aus mutmaßlich illegalen Cum-Ex-Geschäften der Banker. Trotz der Warnungen der Kölner Staatsanwaltschaft ließ das Hamburger Finanzamt für Großunternehmen nach Verhandlungen mit dem Geldinstitut seinerzeit die Frist für die Rückforderung der Millionen verstreichen. Im Jahr 2017 drohten weitere 43 Millionen Euro Steuererstattungen durch illegale Cum-Ex-Geschäfte zu verjähren. Gleich zwei Mal musste Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die widerspenstigen Hanseaten anweisen, sich zumindest dieses Geld bei der Warburg Bank zurückzuholen. Inzwischen durchleuchtet ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft die Vorgänge.
Politisch brisante Ermittlungen
Die Kölner Ermittlungen sind politisch besonders brisant. Fallen sie doch mitten in die ohnehin schon schwierigen Koalitionsgespräche kurz nach der Bundestagswahl. Denn die rheinischen Strafverfolger wollen auch klären, ob und inwieweit namhafte SPD-Politiker Einfluss genommen haben, um dem Geldinstitut die Steuergeschenke zu verschaffen. Seinerzeit amtierte Olaf Scholz als Erster Bürgermeister an der Alster. Der spätere Kanzlerkandidat hatte sich gleich mehrfach in jener Zeit mit den Bankeignern Christian Olearius und Max Warburg in der Angelegenheit getroffen. Im Untersuchungsausschuss bestätigte Scholz die Zusammenkünfte, konnte sich aber nicht mehr an Gesprächsinhalte erinnern, zugleich bestritt er jegliche Einflussnahme.
Bei Durchsuchungen im Jahr 2018 stellte die Kölner Staatsanwaltschaft das Tagebuch des damaligen Warburg-Gesellschafters Christian Olearius sicher. Das Dokument gewährt den Ermittlern einen tiefen Einblick in die Versuche der Banker, mit Hilfe der SPD in Hamburg die drohenden Cum-Ex-Rückzahlungen von gut 90 Millionen Euro zu verhindern.
In einem Tagebuch-Eintrag notierte der Warburg-Gesellschafter Olearius nach einem Treffen mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Scholz zuversichtlich, man müsse sich wohl keine Sorgen wegen der Rückzahlung machen.
Bank spendet an SPD-Kreisverband
Auch der damalige Finanzsenator und heutige Stadtchef Peter Tschentscher war offenbar in den Warburg-Fall involviert. Dies legt ein von ihm handschriftlich ergänzter Vermerk in der Causa nahe, der im Untersuchungsausschuss auftauchte. Tschentscher wehrte sich stets gegen den Vorwurf der politischen Einflussnahme: „Die Unterstellung, hier hätten Politiker Einfluss genommen auf die Entscheidung von Finanzämtern, die kann ich ganz eindeutig zurückweisen.“
Zumindest die Opposition in der Hamburger Bürgerschaft hegt ihre Zweifel.
Linken-Obmann Norbert Hackbusch meint, es sei „eindeutig belegt, dass es eine politische Einflussnahme auf die Entscheidungen der Finanzbehörde und des Finanzamts gegeben hat“. Auch der CDU-Parlamentarier Richard Seelmaecker glaubt, dass Tschentscher und Scholz den Beamten „die Richtung für eine Entscheidung“ in Sachen Warburg „vorgegeben“ hätten.
Die Kölner Cum-Ex-Ermittler gehen ferner der Frage nach, warum ein Warburg-Gesellschafter der Hamburger SPD Wahlkampfspenden in Höhe von 45.500 Euro zukommen ließ. Den größten Teil bekam der Kreisverband Hamburg-Mitte, dem auch der SPD-Grande Johannes Kahrs angehört. Pikanterweise erfolgte die Zuwendung den staatsanwaltschaftlichen Nachforschungen zufolge, nachdem der Steuer-Deal mit dem hanseatischen Fiskus geglückt war. Handelte es sich um Dankeschön-Spenden für millionenschwere Steuerpräsente? Die Warburg-Bank hat dies stets zurückgewiesen. Man habe auch andere Parteien mit Spenden bedacht, hieß es. Auch der damalige Chefbanker Olearius widersprach jeglicher politischer Einflussnahme.
Kahrs galt seinerzeit als einer der wichtigsten Strippenzieher der SPD an der Alster genauso wie auf Bundesebene. Erst nach längerem Hin und Her räumte der ehemalige haushaltspolitische Sprecher seiner Partei auf Nachfrage im „Hamburger Abendblatt“ Treffen mit Warburg-Mitinhaber Olearius ein. Dabei habe man über die möglichen Folgen des Cum-Ex-Skandals geredet. Bei den Gesprächen soll laut den Erkenntnissen der Strafverfolger im Jahr 2017 das Thema Spenden an die SPD eine Rolle gespielt haben. Olearius notierte am 7. September, dass Kahrs ein Spender abgesprungen sei. Vier Tage später erfolgte die erste Spende an die SPD in Höhe von 13.000 Euro. Weitere Zahlungen durch die Firma des Warburg-Eigners folgten. Kahrs intervenierte für die Privatbank an etlichen Stellen – etwa beim Bundesamt für Finanzaufsicht (BaFin), im Bundesfinanzministerium als auch laut Tagebuchnotiz des Warburg-Chefbankers bei Olaf Scholz.
Scholz erhielt Memorandum der Bank
Auch der frühere SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk soll sich engagiert haben. Den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft zufolge soll der altgediente Genosse Treffen mit Olaf Scholz arrangiert haben. Dort brachten die Warburg-Lenker ihre Klage vom drohenden Ruin vor, sollten sie insgesamt mehr als 90 Millionen Euro aus den Cum-Ex-Geschäften an den Fiskus zurückzahlen müssen. Ende Oktober 2016 übergaben sie Scholz ein siebenseitiges Memorandum, das die Unrechtmäßigkeit der Steuerrückforderungen belegen sollte.
Scholz soll später telefonisch empfohlen haben, die Verteidigungsschrift an seinen Finanzsenator Tschentscher weiterzuleiten. So steht es zumindest in einem Tagebuch-Vermerk des damaligen Warburg-Chefs Olearius. Aus Sicht von Scholz spricht dieser Eintrag dafür, dass er sich aus Steuerverfahren generell und auch in diesem Fall herausgehalten habe. Er habe sich ausdrücklich nicht die Auffassung von Olearius zu eigen gemacht oder das Papier selbst an die zuständige Behörde weitergeleitet, bekundete der SPD-Politiker auf Nachfrage der „Zeit“, „da dies allein aufgrund der Tatsache der Weiterleitung durch den Ersten Bürgermeister Anlass zu Interpretationen hätte geben können“.
Finanzbehörde änderte ihre Meinung
Anlass zu Interpretationen gab dann das Verhalten der zuständigen Hamburger Finanzbehörden. Binnen kurzer Zeit geschah in jener Phase Erstaunliches: Die für die Warburg-Bank zuständige Sachgebietsleiterin im Finanzamt für Großunternehmen änderte ihre Meinung. Drei Wochen vor dem Treffen der Banker mit Olaf Scholz hatte die Beamtin in einem Vermerk noch die Auffassung vertreten, dass die Finanzbehörde der Hansestadt die 47 Millionen Euro von M. M. Warburg zurückverlangen sollte. Am 17. November 2016, acht Tage nach dem letzten Gespräch zwischen Hamburgs Erstem Bürgermeister und Warburg-Eigner Olearius, teilte sie der Bank dann mit, dass man die Cum-Ex-Steuerauszahlungen nun doch nicht einfordern werde. Oppositionspolitiker vermuten, dass der Sinneswandel auf eine Einflussnahme des damaligen Finanzsenators Tschentscher sowie seines Rathauschefs Scholz zurückgeht. Die SPD-Politiker weisen die Vorwürfe vehement zurück. Im Untersuchungsausschuss hatte auch die Sachgebietsleiterin jegliche politische Einflussnahme verneint.
Die Kölner Staatsanwaltschaft führt die für die Warburg-Bank zuständige Finanzbeamtin als Beschuldigte. Am Dienstag um 8.30 Uhr präsentierten die Strafverfolger einen Durchsuchungsbeschluss, beschlagnahmten Datenträger und Akten. Die Hintergründe der hanseatischen Steuer-Affäre will nun die Kölner Cum-Ex-Chefanklägerin Brorhilker mit ihrem Team strafrechtlich aufhellen. Bereits vor längerer Zeit hatte die Oberstaatsanwältin Ermittlungen gegen die zuständige Finanzbeamtin, den SPD-Politiker Kahrs sowie Pawelczyk angeregt. Nach Recherchen dieser Zeitung stoppte die Behördenleitung nebst dem Kölner Generalsstaatsanwalt den Vorgang. Aus Sicht der Vorgesetzten erschien der Anfangsverdacht zu vage.
NRW-Justizministerium bejaht Anfangsverdacht
Daraufhin bat die streitbare Strafverfolgerin das Justizministerium unter dem CDU-Politiker Peter Biesenbach um eine Entscheidung. Laut dem Gerichtsverfassungsgesetz darf der Justizminister die Staatsanwälte in seinem Bundesland anweisen, entgegen vorheriger Bedenken zu ermitteln. Die Experten im Ministerium bejahten den Anfangsverdacht. Erneut äußerten General- und Leitender Oberstaatsanwalt Vorbehalte. Wie aber diese Zeitung aus Justizkreisen erfuhr, wies das Ministerium die Kölner Behörde unmissverständlich an, die hanseatische Causa strafrechtlich zu verfolgen.
Ein heikler Vorgang. Ein CDU-Minister aus dem NRW-Kabinett des Kanzlerkandidaten Armin Laschet ermuntert die rheinische Justiz die Cum-Ex-Affäre rund um seinen roten Konkurrenten Scholz zu durchleuchten. Die Landesregierung wollte den Vorgang auf Anfrage nicht kommentieren.
Zumindest warteten die Kölner Cum-Ex-Staatsanwälte mit ihrer Aktion solange ab, bis die Bürger über den Ausgang der Bundestagswahl abgestimmt hatten. Offenbar wollten sich weder Ministerium noch Justiz erneut dem Vorwurf durch die SPD-Seite aussetzen, die strafrechtlichen Ermittlungen zum Nachteil führender Genossen als Wahlkampfthema auszunutzen.
Was man unter Cum-Ex-Geschäften versteht
Cum-Ex-Geschäfte beschreiben einen Aktienhandelszirkel mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch, bei dem der Fiskus gleich doppelt Kapitalertragsteuer erstattet, die zuvor nicht abgeführt wurde. Beteiligt an den illegalen Geschäften zwischen 2007 und 2012 waren Dienstleister, Berater und Banken an verschiedenen Schaltstellen, die später den illegalen Gewinn aus dem Dividendenstripping unter sich aufteilten.
Inzwischen ermittelt allein die Schwerpunktabteilung der Kölner Staatsanwaltschaft in dem Komplex gegen mehr als 1000 Beschuldigte, darunter gegen Vertreter 40 namhafter Banken. Die rheinischen Ankläger gehen in mehreren Verfahren gegen die Hamburger M. M. Warburg Bank von dreistelligen Millionenschäden aus.
Anfang Juni erst hatte das Bonner Landgericht einen ehemaligen Generalbevollmächtigten des hanseatischen Geldinstituts zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Ex-Banker besonders schwere Steuerhinterziehung in 13 Fällen vorgeworfen, ein Gesamtschaden von 325 Millionen Euro soll unter seiner Beteiligung entstanden sein.
Die Bank hat wiederholt die Vorwürfe bestritten: „M.M.Warburg & CO hat sich nie Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten oder anrechnen lassen. Die Geschäfte erfolgten unter strikter Beachtung aller Vorschriften“, heißt es in einer Pressemitteilung. Ein gemeinsames „Zusammenwirken mit Dritten hat es nicht gegeben. Intensive Untersuchungen von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Rechtsanwälten bestätigen das genauso wie die hausinternen Überprüfungen“. Später dann teilte die Bank mit, dass man bereits im Jahr 2020 alle Steuernachforderungen im Zusammenhang mit Cum-Ex-Deals beglichen habe.
Warburg-Gesellschafter Christian Olearius betonte immer wieder in der Vergangenheit, dass er keinen Einfluss auf die Politik oder die Verwaltung in Hamburg genommen habe. Es sei „zulässig und üblich, dass relevante Hamburger Unternehmen sich von Zeit zu Zeit mit dem Ersten Bürgermeister und/oder Mitgliedern des Senats über die unterschiedlichsten Themen austauschen".
Staatsanwaltschaft Köln: Durchsuchungen bei Ex-SPD-Politikern wegen Cum-Ex-Skandal
Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker gilt unter Juristen als äußerst hartnäckig. Wenn es um die strafrechtliche Sicht der Dinge geht, legt sich die Leiterin der Cum-Ex-Schwerpunktabteilung im Kölner Justizzentrum auch schon mal mit ihren Vorgesetzten an. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, hat Brorhilker im Zuge der Aufklärung des größten Steuerraubes der deutschen Finanzgeschichte gegen den Widerstand der Behördenleitung ein politisch äußerst heikles Verfahren eröffnet. Am Dienstagmorgen durchsuchten Kölner Staatsanwälte und Polizeibeamte Büros im Hamburger Finanzamt für Großunternehmen nebst Objekten des 2020 zurückgetretenen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs.
Betroffen von den Ermittlungen ist neben einer Sachgebietsleiterin bei der Finanzbehörde auch der einstige hanseatische SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk. Laut Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer bestehe der „Anfangsverdacht der Begünstigung“ zur Steuerhinterziehung. „Die bisherigen Ermittlungen haben Anhaltspunkte für strafrechtlich relevantes Verhalten der Beschuldigten im Zusammenhang mit … Cum-Ex-Geschäften eines in Hamburg ansässigen Kreditinstituts ergeben.“ Dabei handelt es sich um die Privatbank M.M. Warburg. Die Tatverdächtigen waren zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Im Kern geht es um die Frage, warum der Hamburger Fiskus 47 Millionen Euro im Jahr 2016 zu Unrecht bewilligte Steuererstattungen an die hanseatische Privatbank M. M. Warburg nicht zurückforderte. Das Geld stammte aus mutmaßlich illegalen Cum-Ex-Geschäften der Banker. Trotz der Warnungen der Kölner Staatsanwaltschaft ließ das Hamburger Finanzamt für Großunternehmen nach Verhandlungen mit dem Geldinstitut seinerzeit die Frist für die Rückforderung der Millionen verstreichen. Im Jahr 2017 drohten weitere 43 Millionen Euro Steuererstattungen durch illegale Cum-Ex-Geschäfte zu verjähren. Gleich zwei Mal musste Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble die widerspenstigen Hanseaten anweisen, sich zumindest dieses Geld bei der Warburg Bank zurückzuholen. Inzwischen durchleuchtet ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft die Vorgänge.
Politisch brisante Ermittlungen
Die Kölner Ermittlungen sind politisch besonders brisant. Fallen sie doch mitten in die ohnehin schon schwierigen Koalitionsgespräche kurz nach der Bundestagswahl. Denn die rheinischen Strafverfolger wollen auch klären, ob und inwieweit namhafte SPD-Politiker Einfluss genommen haben, um dem Geldinstitut die Steuergeschenke zu verschaffen. Seinerzeit amtierte Olaf Scholz als Erster Bürgermeister an der Alster. Der spätere Kanzlerkandidat hatte sich gleich mehrfach in jener Zeit mit den Bankeignern Christian Olearius und Max Warburg in der Angelegenheit getroffen. Im Untersuchungsausschuss bestätigte Scholz die Zusammenkünfte, konnte sich aber nicht mehr an Gesprächsinhalte erinnern, zugleich bestritt er jegliche Einflussnahme.
Bei Durchsuchungen im Jahr 2018 stellte die Kölner Staatsanwaltschaft das Tagebuch des damaligen Warburg-Gesellschafters Christian Olearius sicher. Das Dokument gewährt den Ermittlern einen tiefen Einblick in die Versuche der Banker, mit Hilfe der SPD in Hamburg die drohenden Cum-Ex-Rückzahlungen von gut 90 Millionen Euro zu verhindern.
In einem Tagebuch-Eintrag notierte der Warburg-Gesellschafter Olearius nach einem Treffen mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Scholz zuversichtlich, man müsse sich wohl keine Sorgen wegen der Rückzahlung machen.
Bank spendet an SPD-Kreisverband
Auch der damalige Finanzsenator und heutige Stadtchef Peter Tschentscher war offenbar in den Warburg-Fall involviert. Dies legt ein von ihm handschriftlich ergänzter Vermerk in der Causa nahe, der im Untersuchungsausschuss auftauchte. Tschentscher wehrte sich stets gegen den Vorwurf der politischen Einflussnahme: „Die Unterstellung, hier hätten Politiker Einfluss genommen auf die Entscheidung von Finanzämtern, die kann ich ganz eindeutig zurückweisen.“
Zumindest die Opposition in der Hamburger Bürgerschaft hegt ihre Zweifel.
Linken-Obmann Norbert Hackbusch meint, es sei „eindeutig belegt, dass es eine politische Einflussnahme auf die Entscheidungen der Finanzbehörde und des Finanzamts gegeben hat“. Auch der CDU-Parlamentarier Richard Seelmaecker glaubt, dass Tschentscher und Scholz den Beamten „die Richtung für eine Entscheidung“ in Sachen Warburg „vorgegeben“ hätten.
Die Kölner Cum-Ex-Ermittler gehen ferner der Frage nach, warum ein Warburg-Gesellschafter der Hamburger SPD Wahlkampfspenden in Höhe von 45.500 Euro zukommen ließ. Den größten Teil bekam der Kreisverband Hamburg-Mitte, dem auch der SPD-Grande Johannes Kahrs angehört. Pikanterweise erfolgte die Zuwendung den staatsanwaltschaftlichen Nachforschungen zufolge, nachdem der Steuer-Deal mit dem hanseatischen Fiskus geglückt war. Handelte es sich um Dankeschön-Spenden für millionenschwere Steuerpräsente? Die Warburg-Bank hat dies stets zurückgewiesen. Man habe auch andere Parteien mit Spenden bedacht, hieß es. Auch der damalige Chefbanker Olearius widersprach jeglicher politischer Einflussnahme.
Kahrs galt seinerzeit als einer der wichtigsten Strippenzieher der SPD an der Alster genauso wie auf Bundesebene. Erst nach längerem Hin und Her räumte der ehemalige haushaltspolitische Sprecher seiner Partei auf Nachfrage im „Hamburger Abendblatt“ Treffen mit Warburg-Mitinhaber Olearius ein. Dabei habe man über die möglichen Folgen des Cum-Ex-Skandals geredet. Bei den Gesprächen soll laut den Erkenntnissen der Strafverfolger im Jahr 2017 das Thema Spenden an die SPD eine Rolle gespielt haben. Olearius notierte am 7. September, dass Kahrs ein Spender abgesprungen sei. Vier Tage später erfolgte die erste Spende an die SPD in Höhe von 13.000 Euro. Weitere Zahlungen durch die Firma des Warburg-Eigners folgten. Kahrs intervenierte für die Privatbank an etlichen Stellen – etwa beim Bundesamt für Finanzaufsicht (BaFin), im Bundesfinanzministerium als auch laut Tagebuchnotiz des Warburg-Chefbankers bei Olaf Scholz.
Scholz erhielt Memorandum der Bank
Auch der frühere SPD-Innensenator Alfons Pawelczyk soll sich engagiert haben. Den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft zufolge soll der altgediente Genosse Treffen mit Olaf Scholz arrangiert haben. Dort brachten die Warburg-Lenker ihre Klage vom drohenden Ruin vor, sollten sie insgesamt mehr als 90 Millionen Euro aus den Cum-Ex-Geschäften an den Fiskus zurückzahlen müssen. Ende Oktober 2016 übergaben sie Scholz ein siebenseitiges Memorandum, das die Unrechtmäßigkeit der Steuerrückforderungen belegen sollte.
Scholz soll später telefonisch empfohlen haben, die Verteidigungsschrift an seinen Finanzsenator Tschentscher weiterzuleiten. So steht es zumindest in einem Tagebuch-Vermerk des damaligen Warburg-Chefs Olearius. Aus Sicht von Scholz spricht dieser Eintrag dafür, dass er sich aus Steuerverfahren generell und auch in diesem Fall herausgehalten habe. Er habe sich ausdrücklich nicht die Auffassung von Olearius zu eigen gemacht oder das Papier selbst an die zuständige Behörde weitergeleitet, bekundete der SPD-Politiker auf Nachfrage der „Zeit“, „da dies allein aufgrund der Tatsache der Weiterleitung durch den Ersten Bürgermeister Anlass zu Interpretationen hätte geben können“.
Finanzbehörde änderte ihre Meinung
Anlass zu Interpretationen gab dann das Verhalten der zuständigen Hamburger Finanzbehörden. Binnen kurzer Zeit geschah in jener Phase Erstaunliches: Die für die Warburg-Bank zuständige Sachgebietsleiterin im Finanzamt für Großunternehmen änderte ihre Meinung. Drei Wochen vor dem Treffen der Banker mit Olaf Scholz hatte die Beamtin in einem Vermerk noch die Auffassung vertreten, dass die Finanzbehörde der Hansestadt die 47 Millionen Euro von M. M. Warburg zurückverlangen sollte. Am 17. November 2016, acht Tage nach dem letzten Gespräch zwischen Hamburgs Erstem Bürgermeister und Warburg-Eigner Olearius, teilte sie der Bank dann mit, dass man die Cum-Ex-Steuerauszahlungen nun doch nicht einfordern werde. Oppositionspolitiker vermuten, dass der Sinneswandel auf eine Einflussnahme des damaligen Finanzsenators Tschentscher sowie seines Rathauschefs Scholz zurückgeht. Die SPD-Politiker weisen die Vorwürfe vehement zurück. Im Untersuchungsausschuss hatte auch die Sachgebietsleiterin jegliche politische Einflussnahme verneint.
Die Kölner Staatsanwaltschaft führt die für die Warburg-Bank zuständige Finanzbeamtin als Beschuldigte. Am Dienstag um 8.30 Uhr präsentierten die Strafverfolger einen Durchsuchungsbeschluss, beschlagnahmten Datenträger und Akten. Die Hintergründe der hanseatischen Steuer-Affäre will nun die Kölner Cum-Ex-Chefanklägerin Brorhilker mit ihrem Team strafrechtlich aufhellen. Bereits vor längerer Zeit hatte die Oberstaatsanwältin Ermittlungen gegen die zuständige Finanzbeamtin, den SPD-Politiker Kahrs sowie Pawelczyk angeregt. Nach Recherchen dieser Zeitung stoppte die Behördenleitung nebst dem Kölner Generalsstaatsanwalt den Vorgang. Aus Sicht der Vorgesetzten erschien der Anfangsverdacht zu vage.
NRW-Justizministerium bejaht Anfangsverdacht
Daraufhin bat die streitbare Strafverfolgerin das Justizministerium unter dem CDU-Politiker Peter Biesenbach um eine Entscheidung. Laut dem Gerichtsverfassungsgesetz darf der Justizminister die Staatsanwälte in seinem Bundesland anweisen, entgegen vorheriger Bedenken zu ermitteln. Die Experten im Ministerium bejahten den Anfangsverdacht. Erneut äußerten General- und Leitender Oberstaatsanwalt Vorbehalte. Wie aber diese Zeitung aus Justizkreisen erfuhr, wies das Ministerium die Kölner Behörde unmissverständlich an, die hanseatische Causa strafrechtlich zu verfolgen.
Ein heikler Vorgang. Ein CDU-Minister aus dem NRW-Kabinett des Kanzlerkandidaten Armin Laschet ermuntert die rheinische Justiz die Cum-Ex-Affäre rund um seinen roten Konkurrenten Scholz zu durchleuchten. Die Landesregierung wollte den Vorgang auf Anfrage nicht kommentieren.
Zumindest warteten die Kölner Cum-Ex-Staatsanwälte mit ihrer Aktion solange ab, bis die Bürger über den Ausgang der Bundestagswahl abgestimmt hatten. Offenbar wollten sich weder Ministerium noch Justiz erneut dem Vorwurf durch die SPD-Seite aussetzen, die strafrechtlichen Ermittlungen zum Nachteil führender Genossen als Wahlkampfthema auszunutzen.
Was man unter Cum-Ex-Geschäften versteht
Cum-Ex-Geschäfte beschreiben einen Aktienhandelszirkel mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch, bei dem der Fiskus gleich doppelt Kapitalertragsteuer erstattet, die zuvor nicht abgeführt wurde. Beteiligt an den illegalen Geschäften zwischen 2007 und 2012 waren Dienstleister, Berater und Banken an verschiedenen Schaltstellen, die später den illegalen Gewinn aus dem Dividendenstripping unter sich aufteilten.
Inzwischen ermittelt allein die Schwerpunktabteilung der Kölner Staatsanwaltschaft in dem Komplex gegen mehr als 1000 Beschuldigte, darunter gegen Vertreter 40 namhafter Banken. Die rheinischen Ankläger gehen in mehreren Verfahren gegen die Hamburger M. M. Warburg Bank von dreistelligen Millionenschäden aus.
Anfang Juni erst hatte das Bonner Landgericht einen ehemaligen Generalbevollmächtigten des hanseatischen Geldinstituts zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Ex-Banker besonders schwere Steuerhinterziehung in 13 Fällen vorgeworfen, ein Gesamtschaden von 325 Millionen Euro soll unter seiner Beteiligung entstanden sein.
Die Bank hat wiederholt die Vorwürfe bestritten: „M.M.Warburg & CO hat sich nie Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten oder anrechnen lassen. Die Geschäfte erfolgten unter strikter Beachtung aller Vorschriften“, heißt es in einer Pressemitteilung. Ein gemeinsames „Zusammenwirken mit Dritten hat es nicht gegeben. Intensive Untersuchungen von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Rechtsanwälten bestätigen das genauso wie die hausinternen Überprüfungen“. Später dann teilte die Bank mit, dass man bereits im Jahr 2020 alle Steuernachforderungen im Zusammenhang mit Cum-Ex-Deals beglichen habe.
Warburg-Gesellschafter Christian Olearius betonte immer wieder in der Vergangenheit, dass er keinen Einfluss auf die Politik oder die Verwaltung in Hamburg genommen habe. Es sei „zulässig und üblich, dass relevante Hamburger Unternehmen sich von Zeit zu Zeit mit dem Ersten Bürgermeister und/oder Mitgliedern des Senats über die unterschiedlichsten Themen austauschen".
Zitat von Gast am 29. September 2021, 07:55 UhrCum-Ex-Skandal
CDU-Ministerium soll Razzia bei Ex-SPD-Politiker angeordnet haben
Im Zuge des Cum-Ex-Skandals sind die Räume des Ex-SPD-Politikers Johannes Kahrs durchsucht worden. Nun wird bekannt: Die Ermittlungen wurden offenbar von einem CDU-geführten Ministerium angeregt.
Die Hausdurchsuchung bei dem ehemaligen SPD-Politiker Johannes Kahrs sind offenbar vom Justizministerium in Nordrhein-Westfalen angestoßen worden. Das berichtet der "Kölner Stadt-Anzeiger" unter Berufung auf Ermittlerkreise. Das Ministerium wird von CDU-Politiker Peter Biesenbach geführt.
Demnach hatte die Behördenleitung der Kölner Staatsanwaltschaft sowie der Generalstaatsanwalt die Ermittlungen der Cum-Ex-Schwerpunktabteilung zunächst gestoppt. Die Vorgesetzten hätten die Ansicht vertreten, dass der Anfangsverdacht der Begünstigung beziehungsweise der Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu vage sei. Die Experten in Biesenbachs Ministerium hätten dann aber den Anfangsverdacht bestätigt. Demnach wies das Ministerium die Kölner Behörde unmissverständlich an, den Fall strafrechtlich zu verfolgen. Die Landesregierung hat sich dazu bislang nicht geäußert.
Hamburg ließ Steuernachverfolgung verjähren
Am Dienstag war das Haus von Kahrs sowie die Hamburger Finanzbehörde im Kontext des Cum-Ex-Skandals durchsucht wurden. Dabei solle die Rolle Kahrs' im Cum-Ex-Skandal geklärt werden, hieß es. Konkret gehe es darum, dass die Stadt Hamburg mögliche Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro von der Privatbank M. M. Warbug verjähren ließ, eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.
Mit Cum-Ex-Deals hatten Investoren, Banken und Aktienhändler den deutschen Staat über Jahre um Milliarden Euro geprellt. Dabei wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch hin- und hergeschoben. Für diese Transaktionen ließen sich die Beteiligten Kapitalertragssteuer erstatten, die sie nie gezahlt hatten. Dem Staat ist ein Milliardenschaden entstanden.
Cum-Ex-Skandal
CDU-Ministerium soll Razzia bei Ex-SPD-Politiker angeordnet haben
Im Zuge des Cum-Ex-Skandals sind die Räume des Ex-SPD-Politikers Johannes Kahrs durchsucht worden. Nun wird bekannt: Die Ermittlungen wurden offenbar von einem CDU-geführten Ministerium angeregt.
Die Hausdurchsuchung bei dem ehemaligen SPD-Politiker Johannes Kahrs sind offenbar vom Justizministerium in Nordrhein-Westfalen angestoßen worden. Das berichtet der "Kölner Stadt-Anzeiger" unter Berufung auf Ermittlerkreise. Das Ministerium wird von CDU-Politiker Peter Biesenbach geführt.
Demnach hatte die Behördenleitung der Kölner Staatsanwaltschaft sowie der Generalstaatsanwalt die Ermittlungen der Cum-Ex-Schwerpunktabteilung zunächst gestoppt. Die Vorgesetzten hätten die Ansicht vertreten, dass der Anfangsverdacht der Begünstigung beziehungsweise der Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu vage sei. Die Experten in Biesenbachs Ministerium hätten dann aber den Anfangsverdacht bestätigt. Demnach wies das Ministerium die Kölner Behörde unmissverständlich an, den Fall strafrechtlich zu verfolgen. Die Landesregierung hat sich dazu bislang nicht geäußert.
Hamburg ließ Steuernachverfolgung verjähren
Am Dienstag war das Haus von Kahrs sowie die Hamburger Finanzbehörde im Kontext des Cum-Ex-Skandals durchsucht wurden. Dabei solle die Rolle Kahrs' im Cum-Ex-Skandal geklärt werden, hieß es. Konkret gehe es darum, dass die Stadt Hamburg mögliche Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro von der Privatbank M. M. Warbug verjähren ließ, eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.
Mit Cum-Ex-Deals hatten Investoren, Banken und Aktienhändler den deutschen Staat über Jahre um Milliarden Euro geprellt. Dabei wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch hin- und hergeschoben. Für diese Transaktionen ließen sich die Beteiligten Kapitalertragssteuer erstatten, die sie nie gezahlt hatten. Dem Staat ist ein Milliardenschaden entstanden.
Zitat von Gast am 29. September 2021, 10:57 UhrWahl-Blog: Kölner Mützenich mit großer Mehrheit als SPD-Fraktionschef bestätigt
Nach der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag stehen in dieser Woche Beratungen innerhalb der Parteien und Fraktionen auf dem Programm. Erste Sondierungsgespräche zwischen Wahlsieger SPD, den Grünen und der FDP über eine mögliche Ampel-Koalition sollen noch in dieser Woche aufgenommen werden.
Die Union, die am Wahlsonntag ein historisches Debakel erlebt hatte, spekuliert weiterhin mit einer möglichen Jamaika-Koalition. Der Druck auf CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet nimmt derweil zu: Erste Stimmen aus den eigenen Reihen fordern seinen Rücktritt.
Wahl-Blog: Kölner Mützenich mit großer Mehrheit als SPD-Fraktionschef bestätigt
Nach der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag stehen in dieser Woche Beratungen innerhalb der Parteien und Fraktionen auf dem Programm. Erste Sondierungsgespräche zwischen Wahlsieger SPD, den Grünen und der FDP über eine mögliche Ampel-Koalition sollen noch in dieser Woche aufgenommen werden.
Die Union, die am Wahlsonntag ein historisches Debakel erlebt hatte, spekuliert weiterhin mit einer möglichen Jamaika-Koalition. Der Druck auf CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet nimmt derweil zu: Erste Stimmen aus den eigenen Reihen fordern seinen Rücktritt.
Zitat von Gast am 30. September 2021, 09:17 UhrDiesem Startup ist gelungen, woran alle Ladesäulenbetreiber bislang gescheitert sind
Um sich halbwegs komfortabel und zu fairen Preisen mit einem E-Auto durch Deutschland bewegen zu können, brauchte es bislang eine Handvoll Ladekarten und Apps regionaler Energieversorger und Ladesäulenbetreiber. Hinzu kommt das Gerangel um freie und funktionstüchtige Stationen. Damit soll jetzt Schluss sein. Das verspricht das Berliner Startup Elvah und hat eine Flatrate für alle Ladestationen aufgesetzt.
Update vom 30. September 2021: Fünf Monate nach dem offiziellen Start schließt Elvah eine Angel-Investment-Runde ab. Friedrich Neuman, Partner bei Norrsken VC, Rolf Hansen, Gründer von Simyo, und Fabian Paul, Co-Founder der Yoovee Mobility Group, sind mit 3,2 Millionen Euro eingestiegen. Mit dem Geld will das Startup die Plattform sowie das Geschäftskunden-Angebot weiter ausbauen.
Im Stealth-Modus hat ein 15-köpfiges Team Ende 2020 seine App für die ersten fünfzig Testkunden gelauncht. Mittlerweile sollen europaweit 150.000 Lademöglichkeiten integriert sein. Mit dabei sind auch Hypercharger, Schnelllader und Stationen von lokalen Anbietern. Seit etwa vier Monaten ist die Flatrate von Elvah nun auf dem Markt. Wie viele Kunden das Angebot bereits nutzen, will das Startup nicht verraten. „Wir verdoppeln uns jeden Monat und liegen schon jetzt weit über unserem Business Plan“, sagt Mitgründer Sören Ziems zu Gründerszene. Ihnen ist etwas gelungen, woran Roaming-Anbieter und Ladesäulenbetreiber bisher gescheitert sind: Eine App für alle Ladesäulen zum einheitlichen Preis.
Von Sport-Events aufs E-Auto gekommen
„Wir hatten das Glück, sofort mit einem vollständigen Team aus Design-, App-, Backend- und Produktexperten in die Problemlösung einsteigen zu können“, sagt Ziems. Zuvor hat die Gruppe für die Software-Agentur Kreait mit dem Schwerpunkt Sportveranstaltungen gearbeitet. Die Corona-Pandemie ließ die Aufträge Anfang 2020 massiv einbrechen, erzählt Ziems.
Seine Mitgründer Gowrynath Sivaganeshamoorthy und Wilfried Roeper witterten ihre Chance, machten sich noch im Frühjahr 2020 selbstständig und nahmen Ziems und das alte Team wenig später mit ins neue Unternehmen auf. Das Startkapital stammt aus dem alten Unternehmen, der Rest wurde gebootstrapped. Sivaganeshamoorthy hält laut Handelsregister über die DharmaLingam UG seit Ende Januar 2020 die Mehrheit der Anteile, Ziems ist im November 2020 als Anteilseigner mit eingestiegen. „Wir sind die Einzigen auf dem Markt, die die Herausforderungen mit den Ladesäulen datengetrieben und von der Kundenseite aus angehen“, so der Gründer. Viele der heute 19 Mitarbeiter seien selbst Halter eines E-Autos und würden die Probleme kennen, sagt er.
Win-Win für Kunden und Ladesäulenbetreiber?
Das Startup bietet seinen Nutzern je nach Fahrzeugtyp einen Flatrate-Preis an: Für einen BMW i3 fallen beispielsweise 129 Euro im Monat an, für einen Citroen C-Zero 89 Euro, ein Tesla Model S kostet 199 Euro. Dafür können Fahrerinnen und Fahrer an jeder Ladesäule so viel Strom beziehen, wie sie benötigen. Und sollte doch mal eine Station darunter sein, die noch nicht integriert wurde, so verspricht das Startup, die Kosten zu erstatten. Die Flat kann jeden Monat gekündigt werden.
Die Flatrate-Preise lohnen sich vor allem für Vielfahrer. Darum hat das Startup auch ein Flex-Tarif mit 25-Kilowattstunden-Limit für neun Euro im Monat aufgesetzt, der je nach Verbrauch zum Aufpreis erweitert werden kann. Über die App können Fahrzeughalterinnen einsehen, welche Ladesäule gerade im Betrieb und für den eigenen Fahrzeugtyp geeignet ist. Die Informationen bezieht das Startup direkt von den Betreibern und ergänzt sie mit den Erfahrungsberichten seiner Kunden. Dass es das Berliner Startup geschafft hat, fast alle deutschen Anbieter auf eine Plattform zu holen, liegt auch an diesem Daten-Pool. Durch das Kunden-Feedback weiß Elvah, welche Ladestation Zicken machen: Gibt es Probleme mit der Nutzung, wird die Information in der App geteilt. Auch die Auslastung der Ladepunkte wird getrackt, so dass es zu keinen Staus vor den Säulen kommen soll. Diese Informationen teilt das Startup mit seinen Geschäftskunden.
Ein ähnliches Business Modell wie das von Urban Sports Club
Details darüber, wie und zu welchen Konditionen die Verträge mit den Ladesäulen-Anbietern verhandelt werden, möchte das Unternehmen nicht verraten. Ziems räumt hinsichtlich des Businessmodells jedoch Ähnlichkeiten zum Fitness-Flatrate-Startup Urban Sports Club ein. Die Berliner Sportfirma bindet Studios dadurch, dass sie die Auslastung durch die Vermittlung von Kunden erhöhen. Im Gegenzug dafür bekommen die Studios einen geringeren Preis als von ihren regulären Kunden ausgeschüttet, wenn eine erfolgreiche Vermittlung stattfindet. Die Verträge werden mit jedem Geschäftskunden einzeln verhandelt.
Bevor Elvah auf den Markt kam, gab es bereits viele verschiedene Anbieter und einige wenige Plattformen, die diese miteinander Anbieter verbanden, Hubject zum Beispiel. In Zusammenarbeit habe man so vergleichsweise schnell alle Ladesäulen in Deutschland zusammenführen können, so Ziems. Hubject wird von den großen Ladesäulenbetreibern wie Innogy und EnBw mitfinanziert und hat dadurch bereits ein recht umfängliches E-Roaming aufgebaut.
Derzeit befinde sich das Unternehmen in den Verhandlungen für eine vergleichsweise „hohe“ Seedrunde. Genauer möchte Ziems noch nicht werden. Im nächsten Schritt will die Firma nicht nur das europäische Netzwerk weiter ausbauen, sondern auch neue Kundengruppen erschließen. Bisher dürfen nur Privatkunden die Flatrates nutzen. Gewerbekunden wie Lieferdienste sind davon bisher ausgeschlossen, weil das Startup dann Gefahr laufen könnte, dass sich das Geschäftsmodell aufgrund des höheren Ladeaufkommens nicht mehr lohnt. Stattdessen werden zunächst die Flex-Tarife für B2B-Kunden geöffnet. Anschließend sollen auch Verträge mit Flottenbetreibern und anderen Gewerbekunden angegangen werden, kündigt Ziems an.
Diesem Startup ist gelungen, woran alle Ladesäulenbetreiber bislang gescheitert sind
Um sich halbwegs komfortabel und zu fairen Preisen mit einem E-Auto durch Deutschland bewegen zu können, brauchte es bislang eine Handvoll Ladekarten und Apps regionaler Energieversorger und Ladesäulenbetreiber. Hinzu kommt das Gerangel um freie und funktionstüchtige Stationen. Damit soll jetzt Schluss sein. Das verspricht das Berliner Startup Elvah und hat eine Flatrate für alle Ladestationen aufgesetzt.
Update vom 30. September 2021: Fünf Monate nach dem offiziellen Start schließt Elvah eine Angel-Investment-Runde ab. Friedrich Neuman, Partner bei Norrsken VC, Rolf Hansen, Gründer von Simyo, und Fabian Paul, Co-Founder der Yoovee Mobility Group, sind mit 3,2 Millionen Euro eingestiegen. Mit dem Geld will das Startup die Plattform sowie das Geschäftskunden-Angebot weiter ausbauen.
Im Stealth-Modus hat ein 15-köpfiges Team Ende 2020 seine App für die ersten fünfzig Testkunden gelauncht. Mittlerweile sollen europaweit 150.000 Lademöglichkeiten integriert sein. Mit dabei sind auch Hypercharger, Schnelllader und Stationen von lokalen Anbietern. Seit etwa vier Monaten ist die Flatrate von Elvah nun auf dem Markt. Wie viele Kunden das Angebot bereits nutzen, will das Startup nicht verraten. „Wir verdoppeln uns jeden Monat und liegen schon jetzt weit über unserem Business Plan“, sagt Mitgründer Sören Ziems zu Gründerszene. Ihnen ist etwas gelungen, woran Roaming-Anbieter und Ladesäulenbetreiber bisher gescheitert sind: Eine App für alle Ladesäulen zum einheitlichen Preis.
Von Sport-Events aufs E-Auto gekommen
„Wir hatten das Glück, sofort mit einem vollständigen Team aus Design-, App-, Backend- und Produktexperten in die Problemlösung einsteigen zu können“, sagt Ziems. Zuvor hat die Gruppe für die Software-Agentur Kreait mit dem Schwerpunkt Sportveranstaltungen gearbeitet. Die Corona-Pandemie ließ die Aufträge Anfang 2020 massiv einbrechen, erzählt Ziems.
Seine Mitgründer Gowrynath Sivaganeshamoorthy und Wilfried Roeper witterten ihre Chance, machten sich noch im Frühjahr 2020 selbstständig und nahmen Ziems und das alte Team wenig später mit ins neue Unternehmen auf. Das Startkapital stammt aus dem alten Unternehmen, der Rest wurde gebootstrapped. Sivaganeshamoorthy hält laut Handelsregister über die DharmaLingam UG seit Ende Januar 2020 die Mehrheit der Anteile, Ziems ist im November 2020 als Anteilseigner mit eingestiegen. „Wir sind die Einzigen auf dem Markt, die die Herausforderungen mit den Ladesäulen datengetrieben und von der Kundenseite aus angehen“, so der Gründer. Viele der heute 19 Mitarbeiter seien selbst Halter eines E-Autos und würden die Probleme kennen, sagt er.
Win-Win für Kunden und Ladesäulenbetreiber?
Das Startup bietet seinen Nutzern je nach Fahrzeugtyp einen Flatrate-Preis an: Für einen BMW i3 fallen beispielsweise 129 Euro im Monat an, für einen Citroen C-Zero 89 Euro, ein Tesla Model S kostet 199 Euro. Dafür können Fahrerinnen und Fahrer an jeder Ladesäule so viel Strom beziehen, wie sie benötigen. Und sollte doch mal eine Station darunter sein, die noch nicht integriert wurde, so verspricht das Startup, die Kosten zu erstatten. Die Flat kann jeden Monat gekündigt werden.
Die Flatrate-Preise lohnen sich vor allem für Vielfahrer. Darum hat das Startup auch ein Flex-Tarif mit 25-Kilowattstunden-Limit für neun Euro im Monat aufgesetzt, der je nach Verbrauch zum Aufpreis erweitert werden kann. Über die App können Fahrzeughalterinnen einsehen, welche Ladesäule gerade im Betrieb und für den eigenen Fahrzeugtyp geeignet ist. Die Informationen bezieht das Startup direkt von den Betreibern und ergänzt sie mit den Erfahrungsberichten seiner Kunden. Dass es das Berliner Startup geschafft hat, fast alle deutschen Anbieter auf eine Plattform zu holen, liegt auch an diesem Daten-Pool. Durch das Kunden-Feedback weiß Elvah, welche Ladestation Zicken machen: Gibt es Probleme mit der Nutzung, wird die Information in der App geteilt. Auch die Auslastung der Ladepunkte wird getrackt, so dass es zu keinen Staus vor den Säulen kommen soll. Diese Informationen teilt das Startup mit seinen Geschäftskunden.
Ein ähnliches Business Modell wie das von Urban Sports Club
Details darüber, wie und zu welchen Konditionen die Verträge mit den Ladesäulen-Anbietern verhandelt werden, möchte das Unternehmen nicht verraten. Ziems räumt hinsichtlich des Businessmodells jedoch Ähnlichkeiten zum Fitness-Flatrate-Startup Urban Sports Club ein. Die Berliner Sportfirma bindet Studios dadurch, dass sie die Auslastung durch die Vermittlung von Kunden erhöhen. Im Gegenzug dafür bekommen die Studios einen geringeren Preis als von ihren regulären Kunden ausgeschüttet, wenn eine erfolgreiche Vermittlung stattfindet. Die Verträge werden mit jedem Geschäftskunden einzeln verhandelt.
Bevor Elvah auf den Markt kam, gab es bereits viele verschiedene Anbieter und einige wenige Plattformen, die diese miteinander Anbieter verbanden, Hubject zum Beispiel. In Zusammenarbeit habe man so vergleichsweise schnell alle Ladesäulen in Deutschland zusammenführen können, so Ziems. Hubject wird von den großen Ladesäulenbetreibern wie Innogy und EnBw mitfinanziert und hat dadurch bereits ein recht umfängliches E-Roaming aufgebaut.
Derzeit befinde sich das Unternehmen in den Verhandlungen für eine vergleichsweise „hohe“ Seedrunde. Genauer möchte Ziems noch nicht werden. Im nächsten Schritt will die Firma nicht nur das europäische Netzwerk weiter ausbauen, sondern auch neue Kundengruppen erschließen. Bisher dürfen nur Privatkunden die Flatrates nutzen. Gewerbekunden wie Lieferdienste sind davon bisher ausgeschlossen, weil das Startup dann Gefahr laufen könnte, dass sich das Geschäftsmodell aufgrund des höheren Ladeaufkommens nicht mehr lohnt. Stattdessen werden zunächst die Flex-Tarife für B2B-Kunden geöffnet. Anschließend sollen auch Verträge mit Flottenbetreibern und anderen Gewerbekunden angegangen werden, kündigt Ziems an.
Zitat von Gast am 20. Oktober 2021, 10:20 UhrSPD will Bärbel Bas als neue Bundestagspräsidentin nominieren
Die SPD spricht sich nach SPIEGEL-Informationen für Bärbel Bas als künftige Bundestagspräsidentin aus. Auch Rolf Mützenich war für den Posten gehandelt worden – er bleibt nun Fraktionschef der Sozialdemokraten.
Die SPD-Politikerin Bärbel Bas soll künftig an der Spitze des Bundestagspräsidiums stehen. Darauf hat sich die Partei nach SPIEGEL-Informationen geeinigt. Als stärkster Fraktion im neu gewählten Bundestag steht den Sozialdemokraten der Posten zu.
Demnach wird Fraktionschef Rolf Mützenich dem Fraktionsvorstand empfehlen, Bas als Bundestagspräsidentin und Aydan Özoğuz als Bundestagsvizepräsidentin zu nominieren. Der Fraktionsvorstand tagt um 18 Uhr.
Mit der Entscheidung ist klar, dass Mützenich SPD-Fraktionschef bleibt. In der Partei hatte es geheißen, er habe die Wahl, ob er als Bundestagspräsident antreten wolle. Bislang ist Wolfgang Schäuble (CDU) an der Spitze des sechsköpfigen Gremiums.
SPD will Bärbel Bas als neue Bundestagspräsidentin nominieren
Die SPD spricht sich nach SPIEGEL-Informationen für Bärbel Bas als künftige Bundestagspräsidentin aus. Auch Rolf Mützenich war für den Posten gehandelt worden – er bleibt nun Fraktionschef der Sozialdemokraten.
Die SPD-Politikerin Bärbel Bas soll künftig an der Spitze des Bundestagspräsidiums stehen. Darauf hat sich die Partei nach SPIEGEL-Informationen geeinigt. Als stärkster Fraktion im neu gewählten Bundestag steht den Sozialdemokraten der Posten zu.
Demnach wird Fraktionschef Rolf Mützenich dem Fraktionsvorstand empfehlen, Bas als Bundestagspräsidentin und Aydan Özoğuz als Bundestagsvizepräsidentin zu nominieren. Der Fraktionsvorstand tagt um 18 Uhr.
Mit der Entscheidung ist klar, dass Mützenich SPD-Fraktionschef bleibt. In der Partei hatte es geheißen, er habe die Wahl, ob er als Bundestagspräsident antreten wolle. Bislang ist Wolfgang Schäuble (CDU) an der Spitze des sechsköpfigen Gremiums.
Zitat von Gast am 3. November 2021, 08:19 UhrNachfolge von Walter-Borjans: Neuer SPD-Chef: Alles läuft auf Lars Klingbeil hinaus
Für den Wechsel an der SPD-Spitze zeichnet sich eine Lösung ab: Bei den Sozialdemokraten wird damit gerechnet, dass Generalsekretär Lars Klingbeil für den Parteivorsitz kandidiert.
In der SPD dreht sich das Personalkarussell. Die Partei ist nicht nur auf der Suche nach Bundesministerinnen, sie braucht nach dem Rückzug von Norbert Walter-Borjans auch einen neuen Co-Parteichef.
Während die Besetzung der Ministerien noch unklar ist beziehungsweise ein Staatsgeheimnis daraus gemacht wird, zeichnet sich für die Parteispitze bereits eine Lösung ab: In der SPD wird fest damit gerechnet, dass Generalsekretär Lars Klingbeil in Kürze seine Kandidatur für den Parteivorsitz erklärt.
„Er ist der logische Kandidat“, sagte ein Spitzengenosse dem Handelsblatt. „Jeder andere als Lars Klingbeil als Parteichef würde mich überraschen“, ein anderer. Offiziell heißt es aus der Partei, eine Entscheidung sei nicht gefallen. Die Wahl der neuen Parteiführung steht auf dem Parteitag im Dezember an. Walter-Borjans hatte vergangenen Freitag erklärt, nicht wieder als Parteichef antreten zu wollen.
Als noch völlig offen gilt, welche Frau an der Seite von Klingbeil die SPD führen könnte. 2019 hatte die Partei erstmals eine Doppelspitze installiert. Derzeit ist neben Walter-Borjans Saskia Esken Parteichefin, beide waren 2019 als Team angetreten. Esken könnte Parteichefin bleiben, ihr werden aber auch Ambitionen auf ein Ministeramt nachgesagt.
Sollte Esken tatsächlich ins Bundeskabinett wechseln, müssten sie den Parteivorsitz wohl aufgeben. So hatte sich Fraktionschef Rolf Mützenich vor einigen Tagen dafür ausgesprochen, Parteivorsitz und Ministeramt weiterhin voneinander zu trennen.
Eine Meinung, die in der SPD von vielen geteilt wird, etwa von der Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe: „Ich halte es für zielführend, wenn die Parteiführung von der Regierung getrennt ist und mit etwas Distanz darauf achten kann, dass sozialdemokratische Politik gemacht wird.“
Der linke Parteiflügel würde an Einfluss verlieren
Bei einem Wechsel von Esken ins Kabinett gilt die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, als mögliche Nachfolgerin. Sollte Schwesig tatsächlich Interesse haben, wäre ihr der Parteivorsitz kaum streitig zu machen. Schwesig hatte bei der Landtagswahl Ende September mit 40 Prozent einen fulminanten Wahlsieg eingefahren.
Mit Schwesig und Klingbeil an der Spitze würde der linke Parteiflügel an der Parteispitze allerdings erheblich an Einfluss verlieren. Klingbeil ist Mitglied des wirtschaftsfreundlichen Seeheimer Kreises, auch Schwesig gilt eher als pragmatisch.
Mit Olaf Scholz wäre zudem ein äußerst pragmatischer Politiker Bundeskanzler. Viele in der SPD fürchten, unter ihm könnte das gerade wieder sichtbarere soziale Profil der Partei wieder verloren gehen, weil alles dem Regierungshandeln untergeordnet wird.
Die Frage ist deshalb, wie der linke SPD-Flügel glücklich gemacht werden kann. Die neue Parteiführung sollte „die unterschiedlichen Strömungen in der SPD zusammenbringen können und eine kooperative, aber auch kritische Beziehung zum Regierungshandeln haben“, fordert Cansel Kiziltepe, Mitglied im Vorstand des SPD-Forums Demokratische Linke 21.
In der SPD wird spekuliert, Parteivize Kevin Kühnert könnte Klingbeil als Generalsekretär folgen. Harmonieren würden die beiden, sie bezeichnen sich als Freunde. Und auch davon unabhängig können sich viele in der Partei den wortgewaltigen früheren Juso-Chef gut auf dem Posten vorstellen.
Auch einen Ministerposten für Michael Miersch könnte die Parteilinke rausschlagen, sollte Klingbeil Parteichef werden. Miersch ist Chef des linken Flügels in der SPD-Bundestagsfraktion. Er gilt auch als erster Anwärter auf den Fraktionsvorsitz, sollte Mützenich noch ins Kabinett wechseln.
Während Klingbeil als Parteichef also ein Problem mit dem linken Parteiflügel schaffen würde, würde ein anderes gelöst: das des Männerüberschusses aus Niedersachsen. Mit Miersch, Arbeitsminister Hubertus Heil und Klingbeil kommen gleich drei mittelalte Männer mit Kabinettsambitionen aus Niedersachsen. So wurde Klingbeil bis zum Rückzug von Walter-Borjans auch als möglicher Verteidigungsminister gehandelt. Klingbeils Vater war Soldat, in seinem Wahlkreis liegt einer der größten Bundeswehr-Standorte.
Klingbeil könnte mit einer breiten Zustimmung rechnen
Drei Männer aus Niedersachsen kann die SPD aber nicht im Bundeskabinett unterbringen. Dagegen spricht der Regionalproporz, nach dessen Logik nicht zu viele Minister aus einem Landesverband dem Kabinett angehören dürfen. Außerdem hat Scholz gesagt, er wolle die Ministerposten der SPD paritätisch mit Männern und Frauen besetzen. Dies schränkt Klingbeils Chancen auf einen Ministerposten ein. Als Parteichef aber hätte Klingbeil auch ohne Platz am Kabinettstisch erheblichen Einfluss, er säße etwa in jedem Koalitionsausschuss.
Im Falle einer Kandidatur für den Parteivorsitz könnte Klingbeil nach Einschätzung aus der Partei mit einer breiten Zustimmung rechnen. Allerdings gab es in seiner Zeit als Generalsekretär auch Kritik an seiner Arbeit. So müsse Klingbeil den politischen Gegner härter angehen, wurde intern moniert. Auch die ewiglange Suche nach einer neuen Parteiführung 2019 wurde ihm angelastet. Noch heute verdrehen Genossen genervt die Augen, wenn sie an die 23 Regionalkonferenzen zurückdenken, auf denen sich die Kandidaten vorstellen mussten.
Doch nach der erfolgreichen Bundestagswahl ist das alles Schnee von gestern. Als Organisator der erfolgreichen Wahlkampagne kann Klingbeil eine Beförderung einfordern. Außerdem steht der 43-Jährige für den Generationenwechsel, den Walter-Borjans mit seinem Rückzug einleiten wollte.
Als Generalsekretär hat Klingbeil zudem schon bewiesen, die Partei in schwierigen Zeiten zusammenhalten zu können. Seit er den Job Ende 2017 auf Vorschlag des damaligen SPD-Chefs Martin Schulz übernahm, hat Klingbeil insgesamt acht Parteivorsitzenden gedient. Er blieb auch auf dem Posten, als nach Schulz Andrea Nahles und später Esken und Walter-Borjans die Partei führten.
Obwohl Klingbeil Mitglied des wirtschaftsfreundlichen Flügels ist, verfügt er über gute Drähte in den linken Parteiflügel und als früherer Digitalpolitiker zu jüngeren SPD-Politikern, aber auch zu den Altvorderen: Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist Klingbeils Förderer.
Herausragendes Erststimmenergebnis im Wahlkreis
Schröder machte immer wieder auch Wahlkampfauftritte mit Klingbeil in dessen Heimatwahlkreis. 2017 luchste Klingbeil den Wahlkreis der CDU ab, bei der Bundestagwahl in diesem Jahr verteidigte er ihn mit 47 Prozent der Stimmen, ein herausragendes Erststimmenergebnis. Auch dieser kleine Erfolg spreche für Klingbeil als Parteichef, heißt es intern. Klingbeil komme auch beim Wähler an.
Beim Mitgliederentscheid 2019 war Klingbeil nicht für den Parteivorsitz angetreten. Er hatte zwar schon damals Interesse an der Aufgabe, fand aber nicht rechtzeitig die passende Frau für eine gemeinsame Kandidatur.
Wie vor zwei Jahren ist die SPD zwar derzeit wieder auf Suche nach einer neuen Parteispitze, aber heute ist die Situation eine völlig andere als damals. Es gab die Befürchtung, die neue Parteispitze könnte die Große Koalition platzen lassen. „Dieses Mal verfällt niemand in Panik“, sagt ein Spitzengenosse. „Wir gehen das ganz entspannt an.“ Der Rückzug von Walter-Borjans bietet der SPD vielmehr den Luxus, noch weitere Spitzenposten verteilen zu können. Der Profiteur dürfte Klingbeil sein.
Nachfolge von Walter-Borjans: Neuer SPD-Chef: Alles läuft auf Lars Klingbeil hinaus
Für den Wechsel an der SPD-Spitze zeichnet sich eine Lösung ab: Bei den Sozialdemokraten wird damit gerechnet, dass Generalsekretär Lars Klingbeil für den Parteivorsitz kandidiert.
In der SPD dreht sich das Personalkarussell. Die Partei ist nicht nur auf der Suche nach Bundesministerinnen, sie braucht nach dem Rückzug von Norbert Walter-Borjans auch einen neuen Co-Parteichef.
Während die Besetzung der Ministerien noch unklar ist beziehungsweise ein Staatsgeheimnis daraus gemacht wird, zeichnet sich für die Parteispitze bereits eine Lösung ab: In der SPD wird fest damit gerechnet, dass Generalsekretär Lars Klingbeil in Kürze seine Kandidatur für den Parteivorsitz erklärt.
„Er ist der logische Kandidat“, sagte ein Spitzengenosse dem Handelsblatt. „Jeder andere als Lars Klingbeil als Parteichef würde mich überraschen“, ein anderer. Offiziell heißt es aus der Partei, eine Entscheidung sei nicht gefallen. Die Wahl der neuen Parteiführung steht auf dem Parteitag im Dezember an. Walter-Borjans hatte vergangenen Freitag erklärt, nicht wieder als Parteichef antreten zu wollen.
Als noch völlig offen gilt, welche Frau an der Seite von Klingbeil die SPD führen könnte. 2019 hatte die Partei erstmals eine Doppelspitze installiert. Derzeit ist neben Walter-Borjans Saskia Esken Parteichefin, beide waren 2019 als Team angetreten. Esken könnte Parteichefin bleiben, ihr werden aber auch Ambitionen auf ein Ministeramt nachgesagt.
Sollte Esken tatsächlich ins Bundeskabinett wechseln, müssten sie den Parteivorsitz wohl aufgeben. So hatte sich Fraktionschef Rolf Mützenich vor einigen Tagen dafür ausgesprochen, Parteivorsitz und Ministeramt weiterhin voneinander zu trennen.
Eine Meinung, die in der SPD von vielen geteilt wird, etwa von der Finanzpolitikerin Cansel Kiziltepe: „Ich halte es für zielführend, wenn die Parteiführung von der Regierung getrennt ist und mit etwas Distanz darauf achten kann, dass sozialdemokratische Politik gemacht wird.“
Der linke Parteiflügel würde an Einfluss verlieren
Bei einem Wechsel von Esken ins Kabinett gilt die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, als mögliche Nachfolgerin. Sollte Schwesig tatsächlich Interesse haben, wäre ihr der Parteivorsitz kaum streitig zu machen. Schwesig hatte bei der Landtagswahl Ende September mit 40 Prozent einen fulminanten Wahlsieg eingefahren.
Mit Schwesig und Klingbeil an der Spitze würde der linke Parteiflügel an der Parteispitze allerdings erheblich an Einfluss verlieren. Klingbeil ist Mitglied des wirtschaftsfreundlichen Seeheimer Kreises, auch Schwesig gilt eher als pragmatisch.
Mit Olaf Scholz wäre zudem ein äußerst pragmatischer Politiker Bundeskanzler. Viele in der SPD fürchten, unter ihm könnte das gerade wieder sichtbarere soziale Profil der Partei wieder verloren gehen, weil alles dem Regierungshandeln untergeordnet wird.
Die Frage ist deshalb, wie der linke SPD-Flügel glücklich gemacht werden kann. Die neue Parteiführung sollte „die unterschiedlichen Strömungen in der SPD zusammenbringen können und eine kooperative, aber auch kritische Beziehung zum Regierungshandeln haben“, fordert Cansel Kiziltepe, Mitglied im Vorstand des SPD-Forums Demokratische Linke 21.
In der SPD wird spekuliert, Parteivize Kevin Kühnert könnte Klingbeil als Generalsekretär folgen. Harmonieren würden die beiden, sie bezeichnen sich als Freunde. Und auch davon unabhängig können sich viele in der Partei den wortgewaltigen früheren Juso-Chef gut auf dem Posten vorstellen.
Auch einen Ministerposten für Michael Miersch könnte die Parteilinke rausschlagen, sollte Klingbeil Parteichef werden. Miersch ist Chef des linken Flügels in der SPD-Bundestagsfraktion. Er gilt auch als erster Anwärter auf den Fraktionsvorsitz, sollte Mützenich noch ins Kabinett wechseln.
Während Klingbeil als Parteichef also ein Problem mit dem linken Parteiflügel schaffen würde, würde ein anderes gelöst: das des Männerüberschusses aus Niedersachsen. Mit Miersch, Arbeitsminister Hubertus Heil und Klingbeil kommen gleich drei mittelalte Männer mit Kabinettsambitionen aus Niedersachsen. So wurde Klingbeil bis zum Rückzug von Walter-Borjans auch als möglicher Verteidigungsminister gehandelt. Klingbeils Vater war Soldat, in seinem Wahlkreis liegt einer der größten Bundeswehr-Standorte.
Klingbeil könnte mit einer breiten Zustimmung rechnen
Drei Männer aus Niedersachsen kann die SPD aber nicht im Bundeskabinett unterbringen. Dagegen spricht der Regionalproporz, nach dessen Logik nicht zu viele Minister aus einem Landesverband dem Kabinett angehören dürfen. Außerdem hat Scholz gesagt, er wolle die Ministerposten der SPD paritätisch mit Männern und Frauen besetzen. Dies schränkt Klingbeils Chancen auf einen Ministerposten ein. Als Parteichef aber hätte Klingbeil auch ohne Platz am Kabinettstisch erheblichen Einfluss, er säße etwa in jedem Koalitionsausschuss.
Im Falle einer Kandidatur für den Parteivorsitz könnte Klingbeil nach Einschätzung aus der Partei mit einer breiten Zustimmung rechnen. Allerdings gab es in seiner Zeit als Generalsekretär auch Kritik an seiner Arbeit. So müsse Klingbeil den politischen Gegner härter angehen, wurde intern moniert. Auch die ewiglange Suche nach einer neuen Parteiführung 2019 wurde ihm angelastet. Noch heute verdrehen Genossen genervt die Augen, wenn sie an die 23 Regionalkonferenzen zurückdenken, auf denen sich die Kandidaten vorstellen mussten.
Doch nach der erfolgreichen Bundestagswahl ist das alles Schnee von gestern. Als Organisator der erfolgreichen Wahlkampagne kann Klingbeil eine Beförderung einfordern. Außerdem steht der 43-Jährige für den Generationenwechsel, den Walter-Borjans mit seinem Rückzug einleiten wollte.
Als Generalsekretär hat Klingbeil zudem schon bewiesen, die Partei in schwierigen Zeiten zusammenhalten zu können. Seit er den Job Ende 2017 auf Vorschlag des damaligen SPD-Chefs Martin Schulz übernahm, hat Klingbeil insgesamt acht Parteivorsitzenden gedient. Er blieb auch auf dem Posten, als nach Schulz Andrea Nahles und später Esken und Walter-Borjans die Partei führten.
Obwohl Klingbeil Mitglied des wirtschaftsfreundlichen Flügels ist, verfügt er über gute Drähte in den linken Parteiflügel und als früherer Digitalpolitiker zu jüngeren SPD-Politikern, aber auch zu den Altvorderen: Ex-Kanzler Gerhard Schröder ist Klingbeils Förderer.
Herausragendes Erststimmenergebnis im Wahlkreis
Schröder machte immer wieder auch Wahlkampfauftritte mit Klingbeil in dessen Heimatwahlkreis. 2017 luchste Klingbeil den Wahlkreis der CDU ab, bei der Bundestagwahl in diesem Jahr verteidigte er ihn mit 47 Prozent der Stimmen, ein herausragendes Erststimmenergebnis. Auch dieser kleine Erfolg spreche für Klingbeil als Parteichef, heißt es intern. Klingbeil komme auch beim Wähler an.
Beim Mitgliederentscheid 2019 war Klingbeil nicht für den Parteivorsitz angetreten. Er hatte zwar schon damals Interesse an der Aufgabe, fand aber nicht rechtzeitig die passende Frau für eine gemeinsame Kandidatur.
Wie vor zwei Jahren ist die SPD zwar derzeit wieder auf Suche nach einer neuen Parteispitze, aber heute ist die Situation eine völlig andere als damals. Es gab die Befürchtung, die neue Parteispitze könnte die Große Koalition platzen lassen. „Dieses Mal verfällt niemand in Panik“, sagt ein Spitzengenosse. „Wir gehen das ganz entspannt an.“ Der Rückzug von Walter-Borjans bietet der SPD vielmehr den Luxus, noch weitere Spitzenposten verteilen zu können. Der Profiteur dürfte Klingbeil sein.
Zitat von Gast am 4. November 2021, 12:33 UhrArbeitsminister Heil kandidiert erneut als SPD-Bundesvize
Berlin. Die SPD-Spitze sortiert sich neu. Generalsekretär Klingbeil läuft sich für den Vorsitz warm, könnte dann ein Duo mit Saskia Esken bilden. Jetzt meldet sich ein weiteres Schwergewicht. Arbeitsminister und „Mr. Grundrente“ Hubertus Heil will weiter ganz oben mitmischen.
Nach dem angekündigten Rückzug von Norbert Walter-Borjans sortiert sich das Bewerberfeld für die künftigen Spitzenposten in der SPD. Der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will sich beim Parteitag im Dezember erneut um den Posten als stellvertretender Bundesvorsitzender bewerben. „Ich werde erneut als stellvertretender Parteivorsitzender der SPD kandidieren und bin dankbar, dass mein Bezirk mich dafür nominiert hat“, sagte Heil unserer Redaktion.
Der 49-Jährige aus dem niedersächsischen Peine betonte, er sei sehr zuversichtlich, „dass es uns erneut gelingen wird, die Parteispitze als schlagkräftiges Team aufzustellen, das Kompetenzen bündelt, um dem Anspruch der SPD als Volkspartei gerecht zu werden“. Heil unterstützt außerdem eine Kandidatur von Generalsekretär Lars Klingbeil für den SPD-Vorsitz. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Lars Klingbeil als einer von zwei Parteivorsitzenden antritt. Er wäre eine ausgezeichnet Wahl für diese wichtige Aufgabe“, sagte Heil.
Beide Politiker, Heil und Klingbeil, kommen aus Niedersachsen. Heil werden in der SPD sehr gute Chancen eingeräumt, in einem künftigen Kabinett eines Kanzlers Olaf Scholz wieder vertreten zu sein. Als Arbeitsminister setzte Heil die Grundrente durch, in der Corona-Pandemie verantwortete er das Kurzarbeitergeld, das Millionen Jobs sicherte.
Für zwei Niedersachsen würde es aus Proporzgründen im Kabinett aber eng werden. Auch deshalb dürfte es Klingbeil, der zwischenzeitlich mit dem Amt des Verteidigungsministers liebäugelte, an die Parteispitze ziehen. Klingbeil gilt als einer der Architekten des SPD-Wahlsieges. Er leitete die „Respekt“-Kampagne, mit der Olaf Scholz gewann.
Die SPD wird seit 2019 von einer Doppelspitze geführt. Für Walter-Borjans soll Klingbeil nachrücken. Jetzt richten sich alle Augen in der Partei auf Sasia Esken. Sie will am Montag in Präsidium und Vorstand bekanntgeben, ob sie als SPD-Chefin weitermacht oder zurückzieht, um ein mögliches Ministeramt in einer Ampel-Koalition zu übernehmen. Esken werden Ambitionen nachgesagt, Bildungs- oder Digitalministerin zu werden. Führende Sozialdemokraten gehen derzeit aber davon aus, dass Esken dazu tendiert, an der Parteispitze zu bleiben. Da Esken und Klingbeil seit zwei Jahren gut zusammenarbeiten, könnte die SPD ohne größere Umbauarbeiten im Willy-Brandt-Haus in die Regierungszeit starten. Außerdem würde Esken garantieren, dass die Parteibasis und der starke linke Flügel weiter ganz oben repräsentiert sind. Mit dem Versprechen, die SPD zu erneuern und basisdemokratischer aufzustellen, hatten Esken und Walter-Borjans es als Gegenmodell vor zwei Jahren geschafft, den Favoriten Scholz im Mitgliederentscheid zu besiegen.
Der ebenfalls für den Parteivorsitz gehandelte Schweriner Ministerpräsidentin Manuela Schwesig käme es ebenfalls zupass, wenn Esken bleiben würde. Schwesig ist zwar enorm machtbewusst und seit ihrem 40-Prozent-Wahlsieg bei der Landtagswahl noch einflussreicher in der SPD. Für eine ganz starke Einbindung in Berlin sei jetzt aber nicht der ideale Zeitpunkt, heißt es. Schwesig steckt mitten in Koalitionsverhandlungen und will mit der Linken eine Landesregierung bilden.
Heil ist seit 2019 einer von fünf Parteivizes. Um eine Kampfkandidatur zwischen ihm und Kevin Kühnert zu verhindern, war die Zahl der Stellvertreter beim damaligen Parteitag eigens erhöht worden. Neben Heil hat auch Serpil Midyatli aus Schleswig-Holstein inzwischen angekündigt, wieder für einen Vizeposten zu kandidieren. Die übrigen Stellvertreter sind derzeit Kühnert, die Brandenburgerin Klara Geywitz und die stellvertretende saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. In SPD-Kreisen wird Kühnert auch als möglicher Generalsekretär gehandelt.
Arbeitsminister Heil kandidiert erneut als SPD-Bundesvize
Berlin. Die SPD-Spitze sortiert sich neu. Generalsekretär Klingbeil läuft sich für den Vorsitz warm, könnte dann ein Duo mit Saskia Esken bilden. Jetzt meldet sich ein weiteres Schwergewicht. Arbeitsminister und „Mr. Grundrente“ Hubertus Heil will weiter ganz oben mitmischen.
Nach dem angekündigten Rückzug von Norbert Walter-Borjans sortiert sich das Bewerberfeld für die künftigen Spitzenposten in der SPD. Der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will sich beim Parteitag im Dezember erneut um den Posten als stellvertretender Bundesvorsitzender bewerben. „Ich werde erneut als stellvertretender Parteivorsitzender der SPD kandidieren und bin dankbar, dass mein Bezirk mich dafür nominiert hat“, sagte Heil unserer Redaktion.
Der 49-Jährige aus dem niedersächsischen Peine betonte, er sei sehr zuversichtlich, „dass es uns erneut gelingen wird, die Parteispitze als schlagkräftiges Team aufzustellen, das Kompetenzen bündelt, um dem Anspruch der SPD als Volkspartei gerecht zu werden“. Heil unterstützt außerdem eine Kandidatur von Generalsekretär Lars Klingbeil für den SPD-Vorsitz. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Lars Klingbeil als einer von zwei Parteivorsitzenden antritt. Er wäre eine ausgezeichnet Wahl für diese wichtige Aufgabe“, sagte Heil.
Beide Politiker, Heil und Klingbeil, kommen aus Niedersachsen. Heil werden in der SPD sehr gute Chancen eingeräumt, in einem künftigen Kabinett eines Kanzlers Olaf Scholz wieder vertreten zu sein. Als Arbeitsminister setzte Heil die Grundrente durch, in der Corona-Pandemie verantwortete er das Kurzarbeitergeld, das Millionen Jobs sicherte.
Für zwei Niedersachsen würde es aus Proporzgründen im Kabinett aber eng werden. Auch deshalb dürfte es Klingbeil, der zwischenzeitlich mit dem Amt des Verteidigungsministers liebäugelte, an die Parteispitze ziehen. Klingbeil gilt als einer der Architekten des SPD-Wahlsieges. Er leitete die „Respekt“-Kampagne, mit der Olaf Scholz gewann.
Die SPD wird seit 2019 von einer Doppelspitze geführt. Für Walter-Borjans soll Klingbeil nachrücken. Jetzt richten sich alle Augen in der Partei auf Sasia Esken. Sie will am Montag in Präsidium und Vorstand bekanntgeben, ob sie als SPD-Chefin weitermacht oder zurückzieht, um ein mögliches Ministeramt in einer Ampel-Koalition zu übernehmen. Esken werden Ambitionen nachgesagt, Bildungs- oder Digitalministerin zu werden. Führende Sozialdemokraten gehen derzeit aber davon aus, dass Esken dazu tendiert, an der Parteispitze zu bleiben. Da Esken und Klingbeil seit zwei Jahren gut zusammenarbeiten, könnte die SPD ohne größere Umbauarbeiten im Willy-Brandt-Haus in die Regierungszeit starten. Außerdem würde Esken garantieren, dass die Parteibasis und der starke linke Flügel weiter ganz oben repräsentiert sind. Mit dem Versprechen, die SPD zu erneuern und basisdemokratischer aufzustellen, hatten Esken und Walter-Borjans es als Gegenmodell vor zwei Jahren geschafft, den Favoriten Scholz im Mitgliederentscheid zu besiegen.
Der ebenfalls für den Parteivorsitz gehandelte Schweriner Ministerpräsidentin Manuela Schwesig käme es ebenfalls zupass, wenn Esken bleiben würde. Schwesig ist zwar enorm machtbewusst und seit ihrem 40-Prozent-Wahlsieg bei der Landtagswahl noch einflussreicher in der SPD. Für eine ganz starke Einbindung in Berlin sei jetzt aber nicht der ideale Zeitpunkt, heißt es. Schwesig steckt mitten in Koalitionsverhandlungen und will mit der Linken eine Landesregierung bilden.
Heil ist seit 2019 einer von fünf Parteivizes. Um eine Kampfkandidatur zwischen ihm und Kevin Kühnert zu verhindern, war die Zahl der Stellvertreter beim damaligen Parteitag eigens erhöht worden. Neben Heil hat auch Serpil Midyatli aus Schleswig-Holstein inzwischen angekündigt, wieder für einen Vizeposten zu kandidieren. Die übrigen Stellvertreter sind derzeit Kühnert, die Brandenburgerin Klara Geywitz und die stellvertretende saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. In SPD-Kreisen wird Kühnert auch als möglicher Generalsekretär gehandelt.
Zitat von Gast am 4. November 2021, 12:33 UhrArbeitsminister Heil kandidiert erneut als SPD-Bundesvize
Berlin. Die SPD-Spitze sortiert sich neu. Generalsekretär Klingbeil läuft sich für den Vorsitz warm, könnte dann ein Duo mit Saskia Esken bilden. Jetzt meldet sich ein weiteres Schwergewicht. Arbeitsminister und „Mr. Grundrente“ Hubertus Heil will weiter ganz oben mitmischen.
Nach dem angekündigten Rückzug von Norbert Walter-Borjans sortiert sich das Bewerberfeld für die künftigen Spitzenposten in der SPD. Der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will sich beim Parteitag im Dezember erneut um den Posten als stellvertretender Bundesvorsitzender bewerben. „Ich werde erneut als stellvertretender Parteivorsitzender der SPD kandidieren und bin dankbar, dass mein Bezirk mich dafür nominiert hat“, sagte Heil unserer Redaktion.
Der 49-Jährige aus dem niedersächsischen Peine betonte, er sei sehr zuversichtlich, „dass es uns erneut gelingen wird, die Parteispitze als schlagkräftiges Team aufzustellen, das Kompetenzen bündelt, um dem Anspruch der SPD als Volkspartei gerecht zu werden“. Heil unterstützt außerdem eine Kandidatur von Generalsekretär Lars Klingbeil für den SPD-Vorsitz. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Lars Klingbeil als einer von zwei Parteivorsitzenden antritt. Er wäre eine ausgezeichnet Wahl für diese wichtige Aufgabe“, sagte Heil.
Beide Politiker, Heil und Klingbeil, kommen aus Niedersachsen. Heil werden in der SPD sehr gute Chancen eingeräumt, in einem künftigen Kabinett eines Kanzlers Olaf Scholz wieder vertreten zu sein. Als Arbeitsminister setzte Heil die Grundrente durch, in der Corona-Pandemie verantwortete er das Kurzarbeitergeld, das Millionen Jobs sicherte.
Für zwei Niedersachsen würde es aus Proporzgründen im Kabinett aber eng werden. Auch deshalb dürfte es Klingbeil, der zwischenzeitlich mit dem Amt des Verteidigungsministers liebäugelte, an die Parteispitze ziehen. Klingbeil gilt als einer der Architekten des SPD-Wahlsieges. Er leitete die „Respekt“-Kampagne, mit der Olaf Scholz gewann.
Die SPD wird seit 2019 von einer Doppelspitze geführt. Für Walter-Borjans soll Klingbeil nachrücken. Jetzt richten sich alle Augen in der Partei auf Sasia Esken. Sie will am Montag in Präsidium und Vorstand bekanntgeben, ob sie als SPD-Chefin weitermacht oder zurückzieht, um ein mögliches Ministeramt in einer Ampel-Koalition zu übernehmen. Esken werden Ambitionen nachgesagt, Bildungs- oder Digitalministerin zu werden. Führende Sozialdemokraten gehen derzeit aber davon aus, dass Esken dazu tendiert, an der Parteispitze zu bleiben. Da Esken und Klingbeil seit zwei Jahren gut zusammenarbeiten, könnte die SPD ohne größere Umbauarbeiten im Willy-Brandt-Haus in die Regierungszeit starten. Außerdem würde Esken garantieren, dass die Parteibasis und der starke linke Flügel weiter ganz oben repräsentiert sind. Mit dem Versprechen, die SPD zu erneuern und basisdemokratischer aufzustellen, hatten Esken und Walter-Borjans es als Gegenmodell vor zwei Jahren geschafft, den Favoriten Scholz im Mitgliederentscheid zu besiegen.
Der ebenfalls für den Parteivorsitz gehandelte Schweriner Ministerpräsidentin Manuela Schwesig käme es ebenfalls zupass, wenn Esken bleiben würde. Schwesig ist zwar enorm machtbewusst und seit ihrem 40-Prozent-Wahlsieg bei der Landtagswahl noch einflussreicher in der SPD. Für eine ganz starke Einbindung in Berlin sei jetzt aber nicht der ideale Zeitpunkt, heißt es. Schwesig steckt mitten in Koalitionsverhandlungen und will mit der Linken eine Landesregierung bilden.
Heil ist seit 2019 einer von fünf Parteivizes. Um eine Kampfkandidatur zwischen ihm und Kevin Kühnert zu verhindern, war die Zahl der Stellvertreter beim damaligen Parteitag eigens erhöht worden. Neben Heil hat auch Serpil Midyatli aus Schleswig-Holstein inzwischen angekündigt, wieder für einen Vizeposten zu kandidieren. Die übrigen Stellvertreter sind derzeit Kühnert, die Brandenburgerin Klara Geywitz und die stellvertretende saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. In SPD-Kreisen wird Kühnert auch als möglicher Generalsekretär gehandelt.
Arbeitsminister Heil kandidiert erneut als SPD-Bundesvize
Berlin. Die SPD-Spitze sortiert sich neu. Generalsekretär Klingbeil läuft sich für den Vorsitz warm, könnte dann ein Duo mit Saskia Esken bilden. Jetzt meldet sich ein weiteres Schwergewicht. Arbeitsminister und „Mr. Grundrente“ Hubertus Heil will weiter ganz oben mitmischen.
Nach dem angekündigten Rückzug von Norbert Walter-Borjans sortiert sich das Bewerberfeld für die künftigen Spitzenposten in der SPD. Der geschäftsführende Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will sich beim Parteitag im Dezember erneut um den Posten als stellvertretender Bundesvorsitzender bewerben. „Ich werde erneut als stellvertretender Parteivorsitzender der SPD kandidieren und bin dankbar, dass mein Bezirk mich dafür nominiert hat“, sagte Heil unserer Redaktion.
Der 49-Jährige aus dem niedersächsischen Peine betonte, er sei sehr zuversichtlich, „dass es uns erneut gelingen wird, die Parteispitze als schlagkräftiges Team aufzustellen, das Kompetenzen bündelt, um dem Anspruch der SPD als Volkspartei gerecht zu werden“. Heil unterstützt außerdem eine Kandidatur von Generalsekretär Lars Klingbeil für den SPD-Vorsitz. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Lars Klingbeil als einer von zwei Parteivorsitzenden antritt. Er wäre eine ausgezeichnet Wahl für diese wichtige Aufgabe“, sagte Heil.
Beide Politiker, Heil und Klingbeil, kommen aus Niedersachsen. Heil werden in der SPD sehr gute Chancen eingeräumt, in einem künftigen Kabinett eines Kanzlers Olaf Scholz wieder vertreten zu sein. Als Arbeitsminister setzte Heil die Grundrente durch, in der Corona-Pandemie verantwortete er das Kurzarbeitergeld, das Millionen Jobs sicherte.
Für zwei Niedersachsen würde es aus Proporzgründen im Kabinett aber eng werden. Auch deshalb dürfte es Klingbeil, der zwischenzeitlich mit dem Amt des Verteidigungsministers liebäugelte, an die Parteispitze ziehen. Klingbeil gilt als einer der Architekten des SPD-Wahlsieges. Er leitete die „Respekt“-Kampagne, mit der Olaf Scholz gewann.
Die SPD wird seit 2019 von einer Doppelspitze geführt. Für Walter-Borjans soll Klingbeil nachrücken. Jetzt richten sich alle Augen in der Partei auf Sasia Esken. Sie will am Montag in Präsidium und Vorstand bekanntgeben, ob sie als SPD-Chefin weitermacht oder zurückzieht, um ein mögliches Ministeramt in einer Ampel-Koalition zu übernehmen. Esken werden Ambitionen nachgesagt, Bildungs- oder Digitalministerin zu werden. Führende Sozialdemokraten gehen derzeit aber davon aus, dass Esken dazu tendiert, an der Parteispitze zu bleiben. Da Esken und Klingbeil seit zwei Jahren gut zusammenarbeiten, könnte die SPD ohne größere Umbauarbeiten im Willy-Brandt-Haus in die Regierungszeit starten. Außerdem würde Esken garantieren, dass die Parteibasis und der starke linke Flügel weiter ganz oben repräsentiert sind. Mit dem Versprechen, die SPD zu erneuern und basisdemokratischer aufzustellen, hatten Esken und Walter-Borjans es als Gegenmodell vor zwei Jahren geschafft, den Favoriten Scholz im Mitgliederentscheid zu besiegen.
Der ebenfalls für den Parteivorsitz gehandelte Schweriner Ministerpräsidentin Manuela Schwesig käme es ebenfalls zupass, wenn Esken bleiben würde. Schwesig ist zwar enorm machtbewusst und seit ihrem 40-Prozent-Wahlsieg bei der Landtagswahl noch einflussreicher in der SPD. Für eine ganz starke Einbindung in Berlin sei jetzt aber nicht der ideale Zeitpunkt, heißt es. Schwesig steckt mitten in Koalitionsverhandlungen und will mit der Linken eine Landesregierung bilden.
Heil ist seit 2019 einer von fünf Parteivizes. Um eine Kampfkandidatur zwischen ihm und Kevin Kühnert zu verhindern, war die Zahl der Stellvertreter beim damaligen Parteitag eigens erhöht worden. Neben Heil hat auch Serpil Midyatli aus Schleswig-Holstein inzwischen angekündigt, wieder für einen Vizeposten zu kandidieren. Die übrigen Stellvertreter sind derzeit Kühnert, die Brandenburgerin Klara Geywitz und die stellvertretende saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. In SPD-Kreisen wird Kühnert auch als möglicher Generalsekretär gehandelt.
Zitat von Gast am 5. November 2021, 07:35 UhrSPD-Frauenorganisation fordert Generalsekretärin
Wer folgt Lars Klingbeil auf einen der wichtigsten Posten in der SPD? Auch in dieser Job-Debatte der Partei sagen Frauen nun: Es soll eine Frau sein.
Die Frauen in der SPD fordern, den Generalsekretärsposten mit einer Frau zu besetzen, wenn der jetzige Amtsinhaber Lars Klingbeil für den Parteivorsitz kandidieren sollte. Klingbeil könnte mit Parteichefin Saskia Esken »eine sehr gute Doppelspitze bilden«, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Maria Noichl, der »Rheinischen Post« (Freitag).
»Sein Amt als Generalsekretär sollte dann aber wieder an eine Frau gehen. Parität fängt in der Spitze an, und es gibt viele talentierte Frauen, die die SPD als Generalsekretärin gut nach außen vertreten könnten«, sagte Noichl.
Zuletzt hatten sich die Frauen in der Partei zu Wort gemeldet, als es um die Besetzung des Amtes des Bundestagspräsidenten ging. Sie forderten eine Frau für das zweithöchste Amt im Staat. Mit Erfolg: Die SPD nominierte Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas.
Esken will wieder als Parteivorsitzende kandidieren
Das Postengeschacher in der SPD hatte weiter an Fahrt aufgenommen, als Esken zuletzt überraschend ankündigte, erneut für den Parteivorsitz zu kandidieren. Der bisherige Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans tritt nicht mehr an. Klingbeil hatte sich offen für den SPD-Vorsitz gezeigt. Esken sagte der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«, sie würde sich freuen, wenn Klingbeil für den Vorsitz kandidieren würde. Esken und Walter-Borjans hatten einen Vorschlag im Parteivorstand für den kommenden Montag angekündigt. Gewählt werden soll die SPD-Führung auf einem Parteitag vom 10. bis 12. Dezember.
Juso-Chefin Jessica Rosenthal mahnte, die künftige SPD-Führung müsse »die Partei programmatisch auch abseits vom Regierungshandeln entwickeln«. Dafür brauche es Mut, sagte Rosenthal den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Das schaffe man nicht allein oder zu zweit, sondern nur im Team. Sie forderte zugleich eine angemessene Vertretung der jungen Generation in der Parteiführung. »Unabhängig von der Besetzung der Parteivorsitzenden habe ich als Juso-Vorsitzende eine klare Anforderung: Wir wollen als Jusos in der engsten Parteispitze vertreten sein«, betonte Rosenthal.
SPD-Frauenorganisation fordert Generalsekretärin
Wer folgt Lars Klingbeil auf einen der wichtigsten Posten in der SPD? Auch in dieser Job-Debatte der Partei sagen Frauen nun: Es soll eine Frau sein.
Die Frauen in der SPD fordern, den Generalsekretärsposten mit einer Frau zu besetzen, wenn der jetzige Amtsinhaber Lars Klingbeil für den Parteivorsitz kandidieren sollte. Klingbeil könnte mit Parteichefin Saskia Esken »eine sehr gute Doppelspitze bilden«, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), Maria Noichl, der »Rheinischen Post« (Freitag).
»Sein Amt als Generalsekretär sollte dann aber wieder an eine Frau gehen. Parität fängt in der Spitze an, und es gibt viele talentierte Frauen, die die SPD als Generalsekretärin gut nach außen vertreten könnten«, sagte Noichl.
Zuletzt hatten sich die Frauen in der Partei zu Wort gemeldet, als es um die Besetzung des Amtes des Bundestagspräsidenten ging. Sie forderten eine Frau für das zweithöchste Amt im Staat. Mit Erfolg: Die SPD nominierte Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas.
Esken will wieder als Parteivorsitzende kandidieren
Das Postengeschacher in der SPD hatte weiter an Fahrt aufgenommen, als Esken zuletzt überraschend ankündigte, erneut für den Parteivorsitz zu kandidieren. Der bisherige Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans tritt nicht mehr an. Klingbeil hatte sich offen für den SPD-Vorsitz gezeigt. Esken sagte der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«, sie würde sich freuen, wenn Klingbeil für den Vorsitz kandidieren würde. Esken und Walter-Borjans hatten einen Vorschlag im Parteivorstand für den kommenden Montag angekündigt. Gewählt werden soll die SPD-Führung auf einem Parteitag vom 10. bis 12. Dezember.
Juso-Chefin Jessica Rosenthal mahnte, die künftige SPD-Führung müsse »die Partei programmatisch auch abseits vom Regierungshandeln entwickeln«. Dafür brauche es Mut, sagte Rosenthal den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag). Das schaffe man nicht allein oder zu zweit, sondern nur im Team. Sie forderte zugleich eine angemessene Vertretung der jungen Generation in der Parteiführung. »Unabhängig von der Besetzung der Parteivorsitzenden habe ich als Juso-Vorsitzende eine klare Anforderung: Wir wollen als Jusos in der engsten Parteispitze vertreten sein«, betonte Rosenthal.
Zitat von Gast am 5. November 2021, 13:17 Uhr"Das ist viel zu gefährlich"
Zur Weltklimakonferenz in Glasgow wird Svenja Schulze erst verspätet dazustoßen. Vorher will sie noch schnell in Deutschland die Weichen für die Klimarettung stellen. Mit vielen Windrädern – und null Atomenergie.
Es geht nicht nur um die Zukunft des Planeten, sondern auch um ihre eigene: Während die Weltklimakonferenz in Glasgow in vollem Gange ist, verhandelt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) die Klimapolitik der neuen Regierung mit Grünen und FDP in Berlin. Am Ende wird es dabei auch darum gehen, ob sie ihren Job im Ministerium behalten kann.
Im Interview mit t-online erklärt Schulze, weshalb Länder wie Indien und China auf die deutsche Klimapolitik schauen und warum die Energiewende keine einzige Kilowattstunde Atomstrom braucht.
t-online: Frau Schulze, nach 26 Klimakonferenzen ist immer noch nicht sicher, ob die Welt einer globalen Klimakatastrophe entgehen kann. Wie erklären Sie dieses enorme politische Versagen?
Svenja Schulze: Das ist nicht meine Bewertung. Die Aufgabe ist gewaltig, es geht um nicht weniger als einen kompletten Umbau der Wirtschaft, und das weltweit. Man sollte nicht den Fehler machen, die Abschaffung der Klimakonferenzen zu fordern, denn es gibt keine bessere Alternative. Ohne die Klimakonferenzen wäre die Erderhitzung noch viel schlimmer. Der ganze Prozess ist produktiver, als viele glauben. Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt mussten in den ersten Tagen der Konferenz klar sagen, was ihr Land zum Klimaschutz beiträgt. Wir reden längst nicht mehr nur über Ziele, sondern zunehmend auch über die nötigen Maßnahmen wie den Ausstieg aus der Kohle.
Bisher halten sie aber viele ihrer Versprechen nicht. So lässt sich die globale Erderwärmung nicht auf eineinhalb Grad beschränken.
Es ist unglaublich schwierig, aber es gibt auch Gründe zur Hoffnung, dass das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar ist. Neben den Maßnahmen, die einzelne Länder zum Klimaschutz beitragen, gibt es jetzt zusätzliche gemeinsame Vereinbarungen verschiedener Staatengruppen, die dabei helfen werden.
Welche denn?
Mehr als 100 Länder haben diese Woche zugesagt, ihre Methan-Emissionen deutlich zu reduzieren. Auch gegen die Abholzung der Wälder gibt es eine neue Abmachung. Und Deutschland hat sich mit einigen Partnern zusammengetan, um Südafrika beim Kohleausstieg zu helfen. Um nur einige Beispiele zu nennen.
Svenja Schulze (SPD) ist geschäftsführende Bundesumweltministerin. Seit März 2018 leitet sie die Behörde, der in der Klimapolitik bisher die bedeutendste Rolle zukam. Zuvor führte sie sieben Jahre lang das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen. Aktuell beteiligt Schulze sich für die SPD an den Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP – vor allem beim Thema Klima. Ab 10. November nimmt sie persönlich an der Weltklimakonferenz in Glasgow teil.
Sie selbst haben aber zu Beginn des Glasgower Gipfels vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Wie lange können wir es uns noch leisten, beim Klimaschutz Kompromisse zu machen?
Ich warne nur davor, eine Erlösungserwartung an eine einzelne Konferenz zu haben, bei der 197 Vertragsstaaten einen Konsens finden müssen. So funktioniert internationale Politik nicht. Es gibt beim Klimaschutz nicht diesen einen Hurra-Moment, an dem sich alles zum Guten wendet und die Arbeit getan ist. Die Staaten gehen Schritt für Schritt, und alles zusammen kann eine wirklich große Summe ergeben.
Aber doch nicht groß genug – wie die Regierungen jetzt auch wieder von Wissenschaftlern bescheinigt bekommen. Saudi-Arabien und Indien haben zwar verkündet, dass sie bis 2060 beziehungsweise 2070 klimaneutral werden wollen. Das ist aber viel zu spät.
Wir müssen immer besser werden, klar. Aber ich kann auch den Fortschritt würdigen. Noch vor Kurzem hat mir die indische Regierung erklärt, warum das Ziel der Klimaneutralität für Indien in absehbarer Zeit nicht infrage kommen kann. Jetzt ist das Ziel erstmals konkret zugesagt und das wird das Denken und Planen in Indien verändern. Es gibt dort schon heute sehr gute Ausbaupläne für Wind- und Solarenergie. Ein anderes Beispiel ist Chinas Ankündigung, keine Kohlekraftwerke außerhalb des eigenen Landes mehr zu finanzieren. Diese Zusage macht Mut, weil sie zeigt, dass unsere Klimadiplomatie wirkt.
Ihr Optimismus passt nicht zu den drastischen Warnungen, die man gerade auf der Klimakonferenz hört. UN-Generalsekretär António Guterres sagt: "Wir graben unser eigenes Grab!" Wenn jetzt nicht die Zeit für radikales Handeln ist, wann dann?
Ja, wir müssen dringend handeln. Ich teile diese Dringlichkeit. Der Sinn der Klimakonferenzen ist es gerade auch, das zu unterstreichen und diejenigen sichtbar zu machen, die versuchen, sich darum herumzudrücken. Diese Debatte würde ohne die Klimakonferenz weltweit nicht mit dieser enormen Aufmerksamkeit stattfinden.
Immer wieder wird Deutschlands Vorbildfunktion beim Klimaschutz beschworen. Kümmert es Länder wie Brasilien oder Indien wirklich, was wir tun?
Ja, es wird sehr stark darauf geschaut, dass wir als Industrieland sagen, wir werden bis 2045 klimaneutral – ganz ohne Kohle und auch ohne Atomenergie. Und Deutschland gilt vielen Schwellen- und Entwicklungsländern als verlässlicher Brückenbauer. Wir genießen deshalb weltweit hohes Vertrauen.
Viele Menschen in Deutschland fragen sich dennoch, wieso sie weniger Fleisch essen und das Auto stehenlassen sollen, solange die Chinesen, Inder und Brasilianer im großen Stil das Klima verschmutzen. Was sagen Sie diesen Menschen?
Alle müssen mithelfen und jeder kann etwas tun. Aber es ist auch klar, dass wir die Welt nicht allein retten können, selbst wenn alle Menschen in Deutschland jetzt nur noch vegetarisch essen würden. Trotzdem trägt es etwas zum gemeinsamen Ziel bei, wenn wir weniger Fleisch essen, ein E-Auto fahren oder mit Bus, Bahn oder Fahrrad unterwegs sind. Was mich wirklich freut, ist, dass wir beim Klimaschutz inzwischen darüber reden, wie wir es machen und nicht mehr darüber, ob es sich lohnt. Bei den Koalitionsverhandlungen 2017 durfte auf Drängen der CDU nicht einmal das Wort Klimaschutzgesetz im Koalitionsvertrag stehen. Nun aber haben wir ein solches Gesetz, und es geht darum, wie wir es schnellstmöglich umsetzen.
Bei den aktuellen Koalitionsverhandlungen sitzen Sie selbst mit am Tisch. Ganz so fix und ambitioniert geht es da beim Thema Klima aber nicht zu.
Jetzt warten Sie doch mal das Ergebnis ab. Wir haben Vertraulichkeit vereinbart, daran halte ich mich. Aber schon das Sondierungsergebnis zeigt: SPD, Grüne und FDP sind sich einig, dass wir das Tempo beim Klimaschutz erhöhen müssen. Klimaschutz wird nicht mehr wie früher an die Umweltpolitiker delegiert, sondern auch in anderen Bereichen mitgedacht. Vom Verkehr über die Landwirtschaft bis zum Sozialen ist das in allen Verhandlungsgruppen ganz selbstverständlich ein Thema. Das ist neu, und das finde ich wirklich klasse.
Naja, die FDP hält an der Pendlerpauschale fest, das Tempolimit ist begraben, und für einen früheren Ausstieg aus der Kohle gibt es auch kein starkes Signal. Wie sehr wird auch beim deutschen Klimaschutz auf die Bremse getreten?
Klar wäre ein Tempolimit ein schöner Beitrag gewesen, das ist aber jetzt vom Tisch. Bei drei verschiedenen Parteien ist es logisch, dass wir uns über einzelne Maßnahmen auseinandersetzen. Meinungsunterschiede gehören zur Demokratie nun mal dazu! Aber es geht beim Klimaschutz nicht mehr um das Ob. Bei den großen Punkten ist eine große Einigkeit da: Wir müssen schneller vorankommen, vor allem beim Ausbau der erneuerbaren Energien.
An vielen Küchentischen in Deutschland klingt das aber noch anders. Ein großer Teil der Menschen ist immer noch nicht davon überzeugt, dass es sich lohnt, viel Zeit und Geld in Klimaschutz zu investieren. Warum hat die Bundesregierung die Menschen nicht stärker für die Dringlichkeit sensibilisiert?
Natürlich ist noch viel Überzeugungsarbeit notwendig. Deshalb werbe ich auch immer so dafür, mehr über konkrete Veränderungen zu sprechen, also über Windräder, Solardächer oder Elektroautos – und weniger über abstrakte Prozentzahlen. Aus meiner Sicht sind wir aber vorangekommen. Übrigens auch, weil so viele junge Leute auf die Straße gegangen sind. Da hat sich in den vergangenen drei, vier Jahren enorm viel verschoben. Klimaschutz schafft es inzwischen auf die erste Seite der Zeitungen und auf die größten Plattformen im Internet.
Am Widerstand gegen neue Windparks hat das nicht viel geändert. Kaum jemand möchte ein Windrad vor der Haustür haben. Muss Klimaschutz wehtun?
Was heißt wehtun? Die Formulierung finde ich seltsam. Wir wollen doch alle eine sichere Energieversorgung haben und jederzeit auf Strom zugreifen können. Wenn man das ohne Kohlekraftwerke und Atomenergie machen will, und das wollen wir, funktioniert das eben nicht ohne erneuerbare Energien in Deutschland. Deswegen ist es so wichtig, dass man auch dafür sorgt, dass die Regionen, die erneuerbare Energien ausbauen, viel stärker davon profitieren. Erste Schritte dafür gibt es schon, aber das kann man sicherlich noch verstärken.
Was heißt das konkret?
Die Regionen müssen selbst mehr Geld aus den erneuerbaren Energien bekommen. Ich wohne zum Beispiel im Münsterland; da hat mir ein Bürgermeister das mal so erklärt: Als es bei ihm das erste Windrad gab, habe ihn das jeden Tag geärgert. Damals gehörte die Anlage einem großen Energieunternehmen. Seitdem das Windrad der Kommune gehört, freut er sich darüber und hat noch drei weitere Räder finanziert. Statt "wusch, wusch, wusch" hört er jetzt "pling, pling, pling" und sieht das Geld, das für seine Kommune reinkommt. Diese Erfolgsgeschichten muss man weitererzählen, damit sich der Blick auf Windparks verändert.
Das stärkste Zeichen für mehr Tempo bei den Erneuerbaren kam gerade aber nicht aus ihrer Koalitionsrunde, sondern aus NRW. Da will der neue Ministerpräsident Hendrik Wüst den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen – während die Ampelparteien ein klares Signal scheuen. Ist Ihnen das nicht peinlich?
Die CDU hätte in NRW und auch im Bund längst mehr machen können – sie war schließlich jahrelang in der Regierung. SPD, Grüne und FDP haben in ihrer Sondierung vereinbart, idealerweise schon bis 2030 aus der Kohle auszusteigen. Das gelingt aber nur mit einem beherzten Ausbau der erneuerbaren Energien. Wer aus Kohle und Atom aussteigt, muss in etwas Neues einsteigen. Dieser Zusammenhang muss auch in der CDU endlich mal ankommen. Bisher blockieren sie in Nordrhein-Westfalen mit ihren Abstandsregeln für Windräder.
Mit dem Atomausstieg geht Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern einen Sonderweg – und hat sich damit von russischem Erdgas und hohen Gaspreisen abhängig gemacht. Brauchen wir zumindest vorübergehend noch mal Atomkraft, um die Klimaziele erreichen zu können?
Ich kann mir kein Szenario vorstellen, bei dem es in Deutschland eine Mehrheit für den Wiedereinstieg in die Atomenergie gäbe. Viele Staaten in Europa sind gar nicht erst in die Atomenergie eingestiegen, andere sind auch schon wieder ausgestiegen. Wir sind da in guter Gesellschaft. Atomenergie ist die teuerste aller Energieformen. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, in etwas einzusteigen, das viel zu gefährlich, viel zu teuer und viel zu langsam ist, um beim Klimaschutz auch nur irgendwas zur Lösung beizutragen. Es wird keine Renaissance der Atomenergie in Deutschland geben. Bei mir stehen auch noch keine Bürgermeister vor der Tür, die den ganzen Atommüll haben wollen. Wir haben drei Generationen lang Atomenergie genutzt und zwingen jetzt schon 30.000 Generationen, sich mit den Resten zu beschäftigen. Ich kenne niemanden, der davon noch mehr haben will.
Die Grünen haben im Wahlkampf ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht gefordert. Ihre Partei lehnt das ab – warum eigentlich?
Meine Erwartung ist, dass der Klimaschutz eine der zentralen Aufgaben der gesamten Regierung sein wird.
Eine Behörde, die alle Gesetze und Reformen auf ihre Klimawirkung prüft und in kritischen Fällen ihr Veto einlegen kann, ist doch aber etwas anderes.
Aus meiner Erfahrung als Umweltministerin ist etwas anderes wichtiger: Wir müssen vorankommen, statt zu behindern. Und genau das machen wir in den Koalitionsgesprächen.
Welche konkreten Beschlüsse können wir von der Klimakonferenz in Glasgow noch erwarten?
Ich hoffe, dass es uns in der verbleibenden Zeit gelingt, das Regelbuch für das UN-Klimaabkommen abzuschließen. Das ist quasi die Gebrauchsanleitung für das, was 2015 in Paris beschlossen wurde. Dabei geht es um einheitliche Regeln dafür, wie Fortschritte der einzelnen Länder gemessen und festgehalten werden. Auch das zeigt: Wir sind jetzt im Jahrzehnt der Umsetzung. Und das ist gut für den Klimaschutz.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Schulze.
"Das ist viel zu gefährlich"
Zur Weltklimakonferenz in Glasgow wird Svenja Schulze erst verspätet dazustoßen. Vorher will sie noch schnell in Deutschland die Weichen für die Klimarettung stellen. Mit vielen Windrädern – und null Atomenergie.
Es geht nicht nur um die Zukunft des Planeten, sondern auch um ihre eigene: Während die Weltklimakonferenz in Glasgow in vollem Gange ist, verhandelt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) die Klimapolitik der neuen Regierung mit Grünen und FDP in Berlin. Am Ende wird es dabei auch darum gehen, ob sie ihren Job im Ministerium behalten kann.
Im Interview mit t-online erklärt Schulze, weshalb Länder wie Indien und China auf die deutsche Klimapolitik schauen und warum die Energiewende keine einzige Kilowattstunde Atomstrom braucht.
t-online: Frau Schulze, nach 26 Klimakonferenzen ist immer noch nicht sicher, ob die Welt einer globalen Klimakatastrophe entgehen kann. Wie erklären Sie dieses enorme politische Versagen?
Svenja Schulze: Das ist nicht meine Bewertung. Die Aufgabe ist gewaltig, es geht um nicht weniger als einen kompletten Umbau der Wirtschaft, und das weltweit. Man sollte nicht den Fehler machen, die Abschaffung der Klimakonferenzen zu fordern, denn es gibt keine bessere Alternative. Ohne die Klimakonferenzen wäre die Erderhitzung noch viel schlimmer. Der ganze Prozess ist produktiver, als viele glauben. Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt mussten in den ersten Tagen der Konferenz klar sagen, was ihr Land zum Klimaschutz beiträgt. Wir reden längst nicht mehr nur über Ziele, sondern zunehmend auch über die nötigen Maßnahmen wie den Ausstieg aus der Kohle.
Bisher halten sie aber viele ihrer Versprechen nicht. So lässt sich die globale Erderwärmung nicht auf eineinhalb Grad beschränken.
Es ist unglaublich schwierig, aber es gibt auch Gründe zur Hoffnung, dass das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar ist. Neben den Maßnahmen, die einzelne Länder zum Klimaschutz beitragen, gibt es jetzt zusätzliche gemeinsame Vereinbarungen verschiedener Staatengruppen, die dabei helfen werden.
Welche denn?
Mehr als 100 Länder haben diese Woche zugesagt, ihre Methan-Emissionen deutlich zu reduzieren. Auch gegen die Abholzung der Wälder gibt es eine neue Abmachung. Und Deutschland hat sich mit einigen Partnern zusammengetan, um Südafrika beim Kohleausstieg zu helfen. Um nur einige Beispiele zu nennen.
Svenja Schulze (SPD) ist geschäftsführende Bundesumweltministerin. Seit März 2018 leitet sie die Behörde, der in der Klimapolitik bisher die bedeutendste Rolle zukam. Zuvor führte sie sieben Jahre lang das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen. Aktuell beteiligt Schulze sich für die SPD an den Koalitionsverhandlungen mit Grünen und FDP – vor allem beim Thema Klima. Ab 10. November nimmt sie persönlich an der Weltklimakonferenz in Glasgow teil.
Sie selbst haben aber zu Beginn des Glasgower Gipfels vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Wie lange können wir es uns noch leisten, beim Klimaschutz Kompromisse zu machen?
Ich warne nur davor, eine Erlösungserwartung an eine einzelne Konferenz zu haben, bei der 197 Vertragsstaaten einen Konsens finden müssen. So funktioniert internationale Politik nicht. Es gibt beim Klimaschutz nicht diesen einen Hurra-Moment, an dem sich alles zum Guten wendet und die Arbeit getan ist. Die Staaten gehen Schritt für Schritt, und alles zusammen kann eine wirklich große Summe ergeben.
Aber doch nicht groß genug – wie die Regierungen jetzt auch wieder von Wissenschaftlern bescheinigt bekommen. Saudi-Arabien und Indien haben zwar verkündet, dass sie bis 2060 beziehungsweise 2070 klimaneutral werden wollen. Das ist aber viel zu spät.
Wir müssen immer besser werden, klar. Aber ich kann auch den Fortschritt würdigen. Noch vor Kurzem hat mir die indische Regierung erklärt, warum das Ziel der Klimaneutralität für Indien in absehbarer Zeit nicht infrage kommen kann. Jetzt ist das Ziel erstmals konkret zugesagt und das wird das Denken und Planen in Indien verändern. Es gibt dort schon heute sehr gute Ausbaupläne für Wind- und Solarenergie. Ein anderes Beispiel ist Chinas Ankündigung, keine Kohlekraftwerke außerhalb des eigenen Landes mehr zu finanzieren. Diese Zusage macht Mut, weil sie zeigt, dass unsere Klimadiplomatie wirkt.
Ihr Optimismus passt nicht zu den drastischen Warnungen, die man gerade auf der Klimakonferenz hört. UN-Generalsekretär António Guterres sagt: "Wir graben unser eigenes Grab!" Wenn jetzt nicht die Zeit für radikales Handeln ist, wann dann?
Ja, wir müssen dringend handeln. Ich teile diese Dringlichkeit. Der Sinn der Klimakonferenzen ist es gerade auch, das zu unterstreichen und diejenigen sichtbar zu machen, die versuchen, sich darum herumzudrücken. Diese Debatte würde ohne die Klimakonferenz weltweit nicht mit dieser enormen Aufmerksamkeit stattfinden.
Immer wieder wird Deutschlands Vorbildfunktion beim Klimaschutz beschworen. Kümmert es Länder wie Brasilien oder Indien wirklich, was wir tun?
Ja, es wird sehr stark darauf geschaut, dass wir als Industrieland sagen, wir werden bis 2045 klimaneutral – ganz ohne Kohle und auch ohne Atomenergie. Und Deutschland gilt vielen Schwellen- und Entwicklungsländern als verlässlicher Brückenbauer. Wir genießen deshalb weltweit hohes Vertrauen.
Viele Menschen in Deutschland fragen sich dennoch, wieso sie weniger Fleisch essen und das Auto stehenlassen sollen, solange die Chinesen, Inder und Brasilianer im großen Stil das Klima verschmutzen. Was sagen Sie diesen Menschen?
Alle müssen mithelfen und jeder kann etwas tun. Aber es ist auch klar, dass wir die Welt nicht allein retten können, selbst wenn alle Menschen in Deutschland jetzt nur noch vegetarisch essen würden. Trotzdem trägt es etwas zum gemeinsamen Ziel bei, wenn wir weniger Fleisch essen, ein E-Auto fahren oder mit Bus, Bahn oder Fahrrad unterwegs sind. Was mich wirklich freut, ist, dass wir beim Klimaschutz inzwischen darüber reden, wie wir es machen und nicht mehr darüber, ob es sich lohnt. Bei den Koalitionsverhandlungen 2017 durfte auf Drängen der CDU nicht einmal das Wort Klimaschutzgesetz im Koalitionsvertrag stehen. Nun aber haben wir ein solches Gesetz, und es geht darum, wie wir es schnellstmöglich umsetzen.
Bei den aktuellen Koalitionsverhandlungen sitzen Sie selbst mit am Tisch. Ganz so fix und ambitioniert geht es da beim Thema Klima aber nicht zu.
Jetzt warten Sie doch mal das Ergebnis ab. Wir haben Vertraulichkeit vereinbart, daran halte ich mich. Aber schon das Sondierungsergebnis zeigt: SPD, Grüne und FDP sind sich einig, dass wir das Tempo beim Klimaschutz erhöhen müssen. Klimaschutz wird nicht mehr wie früher an die Umweltpolitiker delegiert, sondern auch in anderen Bereichen mitgedacht. Vom Verkehr über die Landwirtschaft bis zum Sozialen ist das in allen Verhandlungsgruppen ganz selbstverständlich ein Thema. Das ist neu, und das finde ich wirklich klasse.
Naja, die FDP hält an der Pendlerpauschale fest, das Tempolimit ist begraben, und für einen früheren Ausstieg aus der Kohle gibt es auch kein starkes Signal. Wie sehr wird auch beim deutschen Klimaschutz auf die Bremse getreten?
Klar wäre ein Tempolimit ein schöner Beitrag gewesen, das ist aber jetzt vom Tisch. Bei drei verschiedenen Parteien ist es logisch, dass wir uns über einzelne Maßnahmen auseinandersetzen. Meinungsunterschiede gehören zur Demokratie nun mal dazu! Aber es geht beim Klimaschutz nicht mehr um das Ob. Bei den großen Punkten ist eine große Einigkeit da: Wir müssen schneller vorankommen, vor allem beim Ausbau der erneuerbaren Energien.
An vielen Küchentischen in Deutschland klingt das aber noch anders. Ein großer Teil der Menschen ist immer noch nicht davon überzeugt, dass es sich lohnt, viel Zeit und Geld in Klimaschutz zu investieren. Warum hat die Bundesregierung die Menschen nicht stärker für die Dringlichkeit sensibilisiert?
Natürlich ist noch viel Überzeugungsarbeit notwendig. Deshalb werbe ich auch immer so dafür, mehr über konkrete Veränderungen zu sprechen, also über Windräder, Solardächer oder Elektroautos – und weniger über abstrakte Prozentzahlen. Aus meiner Sicht sind wir aber vorangekommen. Übrigens auch, weil so viele junge Leute auf die Straße gegangen sind. Da hat sich in den vergangenen drei, vier Jahren enorm viel verschoben. Klimaschutz schafft es inzwischen auf die erste Seite der Zeitungen und auf die größten Plattformen im Internet.
Am Widerstand gegen neue Windparks hat das nicht viel geändert. Kaum jemand möchte ein Windrad vor der Haustür haben. Muss Klimaschutz wehtun?
Was heißt wehtun? Die Formulierung finde ich seltsam. Wir wollen doch alle eine sichere Energieversorgung haben und jederzeit auf Strom zugreifen können. Wenn man das ohne Kohlekraftwerke und Atomenergie machen will, und das wollen wir, funktioniert das eben nicht ohne erneuerbare Energien in Deutschland. Deswegen ist es so wichtig, dass man auch dafür sorgt, dass die Regionen, die erneuerbare Energien ausbauen, viel stärker davon profitieren. Erste Schritte dafür gibt es schon, aber das kann man sicherlich noch verstärken.
Was heißt das konkret?
Die Regionen müssen selbst mehr Geld aus den erneuerbaren Energien bekommen. Ich wohne zum Beispiel im Münsterland; da hat mir ein Bürgermeister das mal so erklärt: Als es bei ihm das erste Windrad gab, habe ihn das jeden Tag geärgert. Damals gehörte die Anlage einem großen Energieunternehmen. Seitdem das Windrad der Kommune gehört, freut er sich darüber und hat noch drei weitere Räder finanziert. Statt "wusch, wusch, wusch" hört er jetzt "pling, pling, pling" und sieht das Geld, das für seine Kommune reinkommt. Diese Erfolgsgeschichten muss man weitererzählen, damit sich der Blick auf Windparks verändert.
Das stärkste Zeichen für mehr Tempo bei den Erneuerbaren kam gerade aber nicht aus ihrer Koalitionsrunde, sondern aus NRW. Da will der neue Ministerpräsident Hendrik Wüst den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen – während die Ampelparteien ein klares Signal scheuen. Ist Ihnen das nicht peinlich?
Die CDU hätte in NRW und auch im Bund längst mehr machen können – sie war schließlich jahrelang in der Regierung. SPD, Grüne und FDP haben in ihrer Sondierung vereinbart, idealerweise schon bis 2030 aus der Kohle auszusteigen. Das gelingt aber nur mit einem beherzten Ausbau der erneuerbaren Energien. Wer aus Kohle und Atom aussteigt, muss in etwas Neues einsteigen. Dieser Zusammenhang muss auch in der CDU endlich mal ankommen. Bisher blockieren sie in Nordrhein-Westfalen mit ihren Abstandsregeln für Windräder.
Mit dem Atomausstieg geht Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen Ländern einen Sonderweg – und hat sich damit von russischem Erdgas und hohen Gaspreisen abhängig gemacht. Brauchen wir zumindest vorübergehend noch mal Atomkraft, um die Klimaziele erreichen zu können?
Ich kann mir kein Szenario vorstellen, bei dem es in Deutschland eine Mehrheit für den Wiedereinstieg in die Atomenergie gäbe. Viele Staaten in Europa sind gar nicht erst in die Atomenergie eingestiegen, andere sind auch schon wieder ausgestiegen. Wir sind da in guter Gesellschaft. Atomenergie ist die teuerste aller Energieformen. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, in etwas einzusteigen, das viel zu gefährlich, viel zu teuer und viel zu langsam ist, um beim Klimaschutz auch nur irgendwas zur Lösung beizutragen. Es wird keine Renaissance der Atomenergie in Deutschland geben. Bei mir stehen auch noch keine Bürgermeister vor der Tür, die den ganzen Atommüll haben wollen. Wir haben drei Generationen lang Atomenergie genutzt und zwingen jetzt schon 30.000 Generationen, sich mit den Resten zu beschäftigen. Ich kenne niemanden, der davon noch mehr haben will.
Die Grünen haben im Wahlkampf ein Klimaschutzministerium mit Vetorecht gefordert. Ihre Partei lehnt das ab – warum eigentlich?
Meine Erwartung ist, dass der Klimaschutz eine der zentralen Aufgaben der gesamten Regierung sein wird.
Eine Behörde, die alle Gesetze und Reformen auf ihre Klimawirkung prüft und in kritischen Fällen ihr Veto einlegen kann, ist doch aber etwas anderes.
Aus meiner Erfahrung als Umweltministerin ist etwas anderes wichtiger: Wir müssen vorankommen, statt zu behindern. Und genau das machen wir in den Koalitionsgesprächen.
Welche konkreten Beschlüsse können wir von der Klimakonferenz in Glasgow noch erwarten?
Ich hoffe, dass es uns in der verbleibenden Zeit gelingt, das Regelbuch für das UN-Klimaabkommen abzuschließen. Das ist quasi die Gebrauchsanleitung für das, was 2015 in Paris beschlossen wurde. Dabei geht es um einheitliche Regeln dafür, wie Fortschritte der einzelnen Länder gemessen und festgehalten werden. Auch das zeigt: Wir sind jetzt im Jahrzehnt der Umsetzung. Und das ist gut für den Klimaschutz.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Schulze.