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News zur Bundesregierung
Zitat von Gast am 6. November 2023, 06:59 Uhr
Warum Deutschland den Glasfaserausbau nicht in den Griff bekommt
Die Umsetzung des schnellen Internets ist verfahren: In Ballungsgebieten werden die teuren Leitungen häufig mehrfach verlegt. Auf dem Land hingegen fehlen Investoren. Die Opposition wirft der Regierung Planlosigkeit vor.
Die Bundesregierung gerät zunehmend unter Druck, das Problem des Überbaus von Glasfasernetzen in Deutschland zu lösen. „Die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zum Glasfaserüberbau verdeutlicht, dass das Digitalministerium weiterhin keinen Plan für das Problem des Glasfaser-Doppelausbaus hat“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete und zuständige Berichterstatter Hansjörg Durz gegenüber WELT.
Zuvor hatte die Unionsfraktion im Bundestag eine Antwort des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) auf eine Kleine Anfrage erhalten. „Die Bundesregierung muss jetzt schnellstmöglich in den Handlungsmodus wechseln, sonst droht auch beim selbstgesetzten Ziel des Glasfaserausbaus bis 2030 der Kontrollverlust.“
Das Problem entsteht, wenn in Gebieten, in denen ein Netzbetreiber bereits Glasfaserleitungen installiert hat oder dies plant, weitere Unternehmen ebenfalls Infrastruktur ausbauen, um Haushalte mit einem zweiten oder dritten Glasfaseranschluss zu versorgen. Dies ist besonders häufig in Großstädten und Ballungsgebieten der Fall, in denen es viele potenzielle Kunden für die Unternehmen gibt.
Nach den Plänen der Bundesregierung soll bis 2030 jeder Haushalt in Deutschland in Reichweite eines Glasfaser-Netzes sein. Tatsächlich verlegen viele Unternehmen derzeit die neuen Kabel, sodass die Kapazitäten im Tiefbau weitgehend ausgeschöpft sind.
Insbesondere Konkurrenten der Deutschen Telekom werfen dem Unternehmen vor, Glasfasernetze von Konkurrenten zu überbauen oder den Überbau anzukündigen. Das führe dazu, dass sich Investoren zurückzögen, weil sich für sie dadurch der Ausbau nicht mehr rechne. „Das strategische Überbauverhalten der Deutschen Telekom gefährdet den schnellen flächendeckenden Glasfaserausbau“, sagte Frederic Ufer, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM).
Ufer verweist zudem auf ein Gutachten von WIK-Consult, das vom Bundesdigitalministerium beauftragt und vor zwei Wochen vorgelegt wurde. Es bestätige, dass vom strategischen Überbau eines marktbeherrschenden Unternehmens eine Bedrohungslage ausgehe. „Dies beeinträchtigt massiv die Investitionsbereitschaft, insbesondere, solange es keinerlei Schutz und Schutzmöglichkeiten durch die Bundesnetzagentur gibt“, sagte der VATM-Geschäftsführer.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage, die WELT exklusiv vorliegt, schreibt das Digitalministerium, dass die Bundesregierung die Entwicklungen um den Glasfaser-Doppelausbau „eng begleiten“ werde. Um das Ausmaß des Problems zu erfassen, arbeitet seit Anfang Juli eine Monitoringstelle bei der Bundesnetzagentur, wo entsprechende Fälle gemeldet werden können.
Nicht nur der Überbau ist ein Problem
Bis zum 15. Oktober seien dort 294 Meldungen eingegangen, schreibt das Digitalministerium. In diesem Zusammenhang werde die Telekom 114-mal genannt. GlasfaserPlus, ein Gemeinschaftsunternehmen der Telekom und des IFM Global Infrastructure Fund, kommt auf 82 Meldungen. Ein weiteres Gemeinschaftsunternehmen von Telekom und EWE mit dem Namen Glasfaser NordWest wird zehnmal genannt.
Bislang werden die Fälle jedoch nur gesammelt. Der Zweck der Monitoringstelle liege nicht in einer weitergehenden Behandlung des Einzelfalls, sondern darin, aus der Vielzahl an Einzelfällen und deren kritischer Begutachtung ein Gesamtbild zu generieren. „Vorgesehen ist, dass die Bundesnetzagentur so bald wie möglich, spätestens aber bis Ende des Jahres, eine Einordnung der ihr vorgetragenen Fälle vornimmt und zur Verfügung stellt“, heißt es in der Antwort.
Die Telekom streitet den Überbau von Glasfasernetzen nicht ab. Sie sieht darin jedoch einen Infrastrukturwettbewerb, der Verbrauchern eine größere Wahl lasse.
Doch offenbar ist nicht nur der Überbau ein Problem für den Glasfaserausbau in Deutschland. Im Vorfeld eines Bund-Länder-Treffens am 26. Oktober auf Einladung des Digitalministeriums berichteten Landkreistag, Gemeindetag und Städtetag von Baden-Württemberg von Schwierigkeiten in ihrem Bundesland. „Leider müssen wir jedoch seit einigen Monaten beobachten, dass sich die Dynamik des eigenwirtschaftlichen Ausbaus deutlich abschwächt“, heißt es in einem Schreiben der jeweiligen Präsidenten an das Ministerium, das WELT vorliegt.
Ursächlich dafür seien auch nach Aussage der Branchenvertretungen die teils drastisch gestiegenen Baukosten, aber auch die deutlich gestiegenen Zinsen. „Beide Faktoren wirken sich negativ auf die Bereitschaft von Kapitalgebern aus, in den Breitbandausbau zu investieren.“
Vor Ort mache sich das in Verzögerungen von Ausbauprojekten bemerkbar. Außerdem würden neue Ausbauvorhaben nur noch „äußerst spärlich“ angekündigt. Nicht zuletzt deswegen fordern die Präsidenten der Körperschaften eine deutliche Aufstockung der Fördermittel für den Glasfaserausbau.
Derzeit sieht der Bundeshaushalt ein Fördervolumen von drei Milliarden Euro pro Jahr vor. Doch das Geld reicht nicht. Es sind nach Angaben des Digitalministeriums bereits fast 1000 Förderanträge mit mehr als sieben Milliarden Euro beantragten Zuwendungen eingegangen. Ein Großteil wird also gar nicht erst bewilligt.
„Die staatliche Förderung des Glasfaserausbaus ist gescheitert – und dies zum zweiten Mal in Folge“, sagte VATM-Geschäftsführer Ufer nach dem Bund-Länder-Treffen. Bereits im letzten Jahr habe das Bundesdigitalministerium angesichts eines wahren Förder-Tsunamis die Reißleine ziehen und die Förderung stoppen müssen. Das neue Förderregime, das Anfang des Jahres beschlossen wurde, habe keinerlei Verbesserung gebracht, wie die aktuellen Zahlen zeigten. „Stattdessen wird die Dynamik des eigenwirtschaftlichen Ausbaus von ihm sogar verlangsamt.“
Die Branchenverbände fordern weniger öffentliche Zuschüsse, weil durch eine größere Förderung die Baukapazitäten noch mehr verknappt und dadurch noch teurer würden. „Der Glasfaserausbau braucht nicht noch mehr Subventionen, sondern ein kluges Konzept mit einer klaren Priorisierung der Ausbaugebiete“, sagte Ufer.
Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete und Berichterstatter Durz fordert neben Maßnahmen zur Entbürokratisierung einen zielgerichteten Einsatz der vorhandenen Ressourcen. „Angesicht besorgniserregender Branchen- und Investitionsprognosen und dem völlig überzeichneten Breitband-Förderprogramm, wäre die Stärkung des privatwirtschaftlichen Ausbaus jetzt wichtiger denn je“, sagte er.
Warum Deutschland den Glasfaserausbau nicht in den Griff bekommt
Die Umsetzung des schnellen Internets ist verfahren: In Ballungsgebieten werden die teuren Leitungen häufig mehrfach verlegt. Auf dem Land hingegen fehlen Investoren. Die Opposition wirft der Regierung Planlosigkeit vor.
Die Bundesregierung gerät zunehmend unter Druck, das Problem des Überbaus von Glasfasernetzen in Deutschland zu lösen. „Die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zum Glasfaserüberbau verdeutlicht, dass das Digitalministerium weiterhin keinen Plan für das Problem des Glasfaser-Doppelausbaus hat“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete und zuständige Berichterstatter Hansjörg Durz gegenüber WELT.
Zuvor hatte die Unionsfraktion im Bundestag eine Antwort des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) auf eine Kleine Anfrage erhalten. „Die Bundesregierung muss jetzt schnellstmöglich in den Handlungsmodus wechseln, sonst droht auch beim selbstgesetzten Ziel des Glasfaserausbaus bis 2030 der Kontrollverlust.“
Das Problem entsteht, wenn in Gebieten, in denen ein Netzbetreiber bereits Glasfaserleitungen installiert hat oder dies plant, weitere Unternehmen ebenfalls Infrastruktur ausbauen, um Haushalte mit einem zweiten oder dritten Glasfaseranschluss zu versorgen. Dies ist besonders häufig in Großstädten und Ballungsgebieten der Fall, in denen es viele potenzielle Kunden für die Unternehmen gibt.
Nach den Plänen der Bundesregierung soll bis 2030 jeder Haushalt in Deutschland in Reichweite eines Glasfaser-Netzes sein. Tatsächlich verlegen viele Unternehmen derzeit die neuen Kabel, sodass die Kapazitäten im Tiefbau weitgehend ausgeschöpft sind.
Insbesondere Konkurrenten der Deutschen Telekom werfen dem Unternehmen vor, Glasfasernetze von Konkurrenten zu überbauen oder den Überbau anzukündigen. Das führe dazu, dass sich Investoren zurückzögen, weil sich für sie dadurch der Ausbau nicht mehr rechne. „Das strategische Überbauverhalten der Deutschen Telekom gefährdet den schnellen flächendeckenden Glasfaserausbau“, sagte Frederic Ufer, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM).
Ufer verweist zudem auf ein Gutachten von WIK-Consult, das vom Bundesdigitalministerium beauftragt und vor zwei Wochen vorgelegt wurde. Es bestätige, dass vom strategischen Überbau eines marktbeherrschenden Unternehmens eine Bedrohungslage ausgehe. „Dies beeinträchtigt massiv die Investitionsbereitschaft, insbesondere, solange es keinerlei Schutz und Schutzmöglichkeiten durch die Bundesnetzagentur gibt“, sagte der VATM-Geschäftsführer.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage, die WELT exklusiv vorliegt, schreibt das Digitalministerium, dass die Bundesregierung die Entwicklungen um den Glasfaser-Doppelausbau „eng begleiten“ werde. Um das Ausmaß des Problems zu erfassen, arbeitet seit Anfang Juli eine Monitoringstelle bei der Bundesnetzagentur, wo entsprechende Fälle gemeldet werden können.
Nicht nur der Überbau ist ein Problem
Bis zum 15. Oktober seien dort 294 Meldungen eingegangen, schreibt das Digitalministerium. In diesem Zusammenhang werde die Telekom 114-mal genannt. GlasfaserPlus, ein Gemeinschaftsunternehmen der Telekom und des IFM Global Infrastructure Fund, kommt auf 82 Meldungen. Ein weiteres Gemeinschaftsunternehmen von Telekom und EWE mit dem Namen Glasfaser NordWest wird zehnmal genannt.
Bislang werden die Fälle jedoch nur gesammelt. Der Zweck der Monitoringstelle liege nicht in einer weitergehenden Behandlung des Einzelfalls, sondern darin, aus der Vielzahl an Einzelfällen und deren kritischer Begutachtung ein Gesamtbild zu generieren. „Vorgesehen ist, dass die Bundesnetzagentur so bald wie möglich, spätestens aber bis Ende des Jahres, eine Einordnung der ihr vorgetragenen Fälle vornimmt und zur Verfügung stellt“, heißt es in der Antwort.
Die Telekom streitet den Überbau von Glasfasernetzen nicht ab. Sie sieht darin jedoch einen Infrastrukturwettbewerb, der Verbrauchern eine größere Wahl lasse.
Doch offenbar ist nicht nur der Überbau ein Problem für den Glasfaserausbau in Deutschland. Im Vorfeld eines Bund-Länder-Treffens am 26. Oktober auf Einladung des Digitalministeriums berichteten Landkreistag, Gemeindetag und Städtetag von Baden-Württemberg von Schwierigkeiten in ihrem Bundesland. „Leider müssen wir jedoch seit einigen Monaten beobachten, dass sich die Dynamik des eigenwirtschaftlichen Ausbaus deutlich abschwächt“, heißt es in einem Schreiben der jeweiligen Präsidenten an das Ministerium, das WELT vorliegt.
Ursächlich dafür seien auch nach Aussage der Branchenvertretungen die teils drastisch gestiegenen Baukosten, aber auch die deutlich gestiegenen Zinsen. „Beide Faktoren wirken sich negativ auf die Bereitschaft von Kapitalgebern aus, in den Breitbandausbau zu investieren.“
Vor Ort mache sich das in Verzögerungen von Ausbauprojekten bemerkbar. Außerdem würden neue Ausbauvorhaben nur noch „äußerst spärlich“ angekündigt. Nicht zuletzt deswegen fordern die Präsidenten der Körperschaften eine deutliche Aufstockung der Fördermittel für den Glasfaserausbau.
Derzeit sieht der Bundeshaushalt ein Fördervolumen von drei Milliarden Euro pro Jahr vor. Doch das Geld reicht nicht. Es sind nach Angaben des Digitalministeriums bereits fast 1000 Förderanträge mit mehr als sieben Milliarden Euro beantragten Zuwendungen eingegangen. Ein Großteil wird also gar nicht erst bewilligt.
„Die staatliche Förderung des Glasfaserausbaus ist gescheitert – und dies zum zweiten Mal in Folge“, sagte VATM-Geschäftsführer Ufer nach dem Bund-Länder-Treffen. Bereits im letzten Jahr habe das Bundesdigitalministerium angesichts eines wahren Förder-Tsunamis die Reißleine ziehen und die Förderung stoppen müssen. Das neue Förderregime, das Anfang des Jahres beschlossen wurde, habe keinerlei Verbesserung gebracht, wie die aktuellen Zahlen zeigten. „Stattdessen wird die Dynamik des eigenwirtschaftlichen Ausbaus von ihm sogar verlangsamt.“
Die Branchenverbände fordern weniger öffentliche Zuschüsse, weil durch eine größere Förderung die Baukapazitäten noch mehr verknappt und dadurch noch teurer würden. „Der Glasfaserausbau braucht nicht noch mehr Subventionen, sondern ein kluges Konzept mit einer klaren Priorisierung der Ausbaugebiete“, sagte Ufer.
Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete und Berichterstatter Durz fordert neben Maßnahmen zur Entbürokratisierung einen zielgerichteten Einsatz der vorhandenen Ressourcen. „Angesicht besorgniserregender Branchen- und Investitionsprognosen und dem völlig überzeichneten Breitband-Förderprogramm, wäre die Stärkung des privatwirtschaftlichen Ausbaus jetzt wichtiger denn je“, sagte er.
Zitat von Gast am 6. November 2023, 10:50 UhrVor wichtiger Anhörung
„Drogenpolitische Bankrotterklärung“: Verbände machen Cannabis-Druck auf Ampel
In weniger als zwei Monaten soll das Cannabis-Gesetz stehen. Vorab lädt der Gesundheitsausschuss zur großen Diskussionsrunde. Die Fronten sind verhärtet.
Berlin – Zwei Stunden will der Gesundheitsausschuss am Montag über die geplante Cannabis-Legalisierung debattieren. Dazu eingeladen sind 46 Verbände und Privatpersonen, die die Bundesregierung beraten sollen. Für die Sitzung im Deutschen Bundestag sind Vertreter aus der Cannabisbranche, der Medizin und Suchtprävention sowie Polizei und Justiz geladen. Angesichts der teils extrem unterschiedlichen Positionen zeichnet sich eine schwierige Diskussionsrunde ab. Während es für die eine Seite nicht weit genug geht, warnt die andere vor weitreichenden Folgen. Bei IPPEN.MEDIA beziehen vorab mehrere Sachverständige Position.
Aus behördlicher Perspektive gibt es Kritik an der offenbar steigenden Belastung durch Kontrollen. So sehen der Deutsche Richterbund und die neue Richtervereinigung einen Mehraufwand auf die Justiz zukommen, weil neue Regeln kontrolliert und durchgesetzt werden müssen. Auch die Polizei befürchtet zusätzliche Kontrollen.
Bundesärztkammer warnt: „Drogenpolitische Bankrotterklärung“
Die Bundesärztekammer argumentiert vorrangig mit den gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums, vor allem bei jungen Menschen. „Das ist kein ernstzunehmender Jugendschutz, sondern eine drogenpolitische Bankrotterklärung“, sagt Ärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt unserer Redaktion. Die Bundesregierung versuche sich „an der Quadratur des Kreises“. Konkret: „Sie will den Eigenanbau erlauben und Cannabis-Clubs einführen, gleichzeitig soll die Zahl der Konsumenten sinken. Es liegt auf der Hand, dass das nicht funktionieren kann.“
Die Bundesärztekammer unterstützt einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die die Legalisierung stoppen will. Auch die Bundespsychotherapeutenkammer ist skeptisch. Sie fordert auf Anfrage eine verstärkte Aufklärung über die Gefahren des Cannabiskonsums, eine leichtere ambulante psychotherapeutische Versorgung sowie einen verbesserten Jugendschutz.
Auch Cannabisbranche ist unzufrieden: „Verfassungswidrig, überstreng und vermeidbar kompliziert“
Ganz anders sieht es bei der Cannabisbranche aus. Der gehen die bisher geplanten Regelungen nicht weit genug. So fordert der Branchenverband Cannabiswirtschaft liberalere Anbaubedingungen für die deutsche Industriehanf-Wirtschaft. Das Eindämmen des Schwarzmarkts – ein Hauptziel der Ampel – sei „nur mit Akteuren der Wirtschaft“ möglich.
Grundsätzlich hatte sich die Branche mehr erhofft, als es die Cannabis-Legalisierung nach der Bundestagswahl in den Koalitionsvertrag geschafft hatte. Ursprünglich war damals noch von lizenzierten Fachgeschäften die Rede. Damit könnte die Industrie aktiv an der Legalisierung verdienen. Eine enorme finanzielle Chance für die in den letzten Jahren stetig wachsende Hanfindustrie. Allerdings sieht die aktuelle Planung neben dem Eigenanbau vorerst nur die sogenannten Anbauvereinigungen vor. In diesen „Cannabis-Social-Clubs“ soll es erlaubt werden, gemeinschaftlich Pflanzen anzubauen und Cannabis an Mitglieder abzugeben – pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied, bei 18- bis 21-Jährigen maximal 30 Gramm. Diese Vereinigungen agieren nicht-kommerziell zur Selbstkostenabdeckung. Das heißt, sie dürfen keinen Gewinn machen. Für die Wirtschaft eine vertane Chance.
Der Weg zur Legalisierung
Die Bundesregierung plant in Säule 1 des Cannabis-Gesetzes, Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Für Erwachsene ab 18 Jahren soll der Besitz von 25 Gramm erlaubt werden, ebenso der private Anbau von maximal drei Pflanzen. Hinzu kommen die „Social Clubs“. In einer zweiten Säule soll es dann Modellregionen für den Konsum in Deutschland geben. In der aktuellen Debatte geht es um Säule 1.
Das Cannabis-Gesetz stand am 18. Oktober erstmals im Bundestag zur Beratung auf der Tagesordnung. Es folgen mehrere Ausschusssitzungen, ehe final über das Gesetz abgestimmt wird. Beschlossen werden müsste es in den verbleibenden viereinhalb Sitzungswochen bis Mitte Dezember, wenn es wie vom Bundesgesundheitsministerium geplant Anfang 2024 in Kraft treten soll. Voraussichtlich geschieht dies noch im November. Der Bundesrat muss demnach nicht zustimmen.
Obendrein kämpfen viele Clubs mit bürokratischen Hürden wie Auflagen zur Gründung oder den Abstandsregeln zu Schulen und Kitas, sagt Ulrich Walter, Geschäftsführer des Informationsangebots für Naturprodukte yippy Green. „Die Clubs als legale Bezugsquelle sind so strikt reguliert, dass sie es gegen den illegalen Markt schwer haben werden.“ Das sieht auch der Dachverband deutscher Cannabis-Social-Clubs so, der die Pläne als „verfassungswidrig, überstreng und vermeidbar kompliziert“ in einem Positionspapier ablehnt.
Vor wichtiger Anhörung
„Drogenpolitische Bankrotterklärung“: Verbände machen Cannabis-Druck auf Ampel
In weniger als zwei Monaten soll das Cannabis-Gesetz stehen. Vorab lädt der Gesundheitsausschuss zur großen Diskussionsrunde. Die Fronten sind verhärtet.
Berlin – Zwei Stunden will der Gesundheitsausschuss am Montag über die geplante Cannabis-Legalisierung debattieren. Dazu eingeladen sind 46 Verbände und Privatpersonen, die die Bundesregierung beraten sollen. Für die Sitzung im Deutschen Bundestag sind Vertreter aus der Cannabisbranche, der Medizin und Suchtprävention sowie Polizei und Justiz geladen. Angesichts der teils extrem unterschiedlichen Positionen zeichnet sich eine schwierige Diskussionsrunde ab. Während es für die eine Seite nicht weit genug geht, warnt die andere vor weitreichenden Folgen. Bei IPPEN.MEDIA beziehen vorab mehrere Sachverständige Position.
Aus behördlicher Perspektive gibt es Kritik an der offenbar steigenden Belastung durch Kontrollen. So sehen der Deutsche Richterbund und die neue Richtervereinigung einen Mehraufwand auf die Justiz zukommen, weil neue Regeln kontrolliert und durchgesetzt werden müssen. Auch die Polizei befürchtet zusätzliche Kontrollen.
Bundesärztkammer warnt: „Drogenpolitische Bankrotterklärung“
Die Bundesärztekammer argumentiert vorrangig mit den gesundheitlichen Risiken des Cannabiskonsums, vor allem bei jungen Menschen. „Das ist kein ernstzunehmender Jugendschutz, sondern eine drogenpolitische Bankrotterklärung“, sagt Ärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt unserer Redaktion. Die Bundesregierung versuche sich „an der Quadratur des Kreises“. Konkret: „Sie will den Eigenanbau erlauben und Cannabis-Clubs einführen, gleichzeitig soll die Zahl der Konsumenten sinken. Es liegt auf der Hand, dass das nicht funktionieren kann.“
Die Bundesärztekammer unterstützt einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die die Legalisierung stoppen will. Auch die Bundespsychotherapeutenkammer ist skeptisch. Sie fordert auf Anfrage eine verstärkte Aufklärung über die Gefahren des Cannabiskonsums, eine leichtere ambulante psychotherapeutische Versorgung sowie einen verbesserten Jugendschutz.
Auch Cannabisbranche ist unzufrieden: „Verfassungswidrig, überstreng und vermeidbar kompliziert“
Ganz anders sieht es bei der Cannabisbranche aus. Der gehen die bisher geplanten Regelungen nicht weit genug. So fordert der Branchenverband Cannabiswirtschaft liberalere Anbaubedingungen für die deutsche Industriehanf-Wirtschaft. Das Eindämmen des Schwarzmarkts – ein Hauptziel der Ampel – sei „nur mit Akteuren der Wirtschaft“ möglich.
Grundsätzlich hatte sich die Branche mehr erhofft, als es die Cannabis-Legalisierung nach der Bundestagswahl in den Koalitionsvertrag geschafft hatte. Ursprünglich war damals noch von lizenzierten Fachgeschäften die Rede. Damit könnte die Industrie aktiv an der Legalisierung verdienen. Eine enorme finanzielle Chance für die in den letzten Jahren stetig wachsende Hanfindustrie. Allerdings sieht die aktuelle Planung neben dem Eigenanbau vorerst nur die sogenannten Anbauvereinigungen vor. In diesen „Cannabis-Social-Clubs“ soll es erlaubt werden, gemeinschaftlich Pflanzen anzubauen und Cannabis an Mitglieder abzugeben – pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied, bei 18- bis 21-Jährigen maximal 30 Gramm. Diese Vereinigungen agieren nicht-kommerziell zur Selbstkostenabdeckung. Das heißt, sie dürfen keinen Gewinn machen. Für die Wirtschaft eine vertane Chance.
Der Weg zur Legalisierung
Die Bundesregierung plant in Säule 1 des Cannabis-Gesetzes, Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Für Erwachsene ab 18 Jahren soll der Besitz von 25 Gramm erlaubt werden, ebenso der private Anbau von maximal drei Pflanzen. Hinzu kommen die „Social Clubs“. In einer zweiten Säule soll es dann Modellregionen für den Konsum in Deutschland geben. In der aktuellen Debatte geht es um Säule 1.
Das Cannabis-Gesetz stand am 18. Oktober erstmals im Bundestag zur Beratung auf der Tagesordnung. Es folgen mehrere Ausschusssitzungen, ehe final über das Gesetz abgestimmt wird. Beschlossen werden müsste es in den verbleibenden viereinhalb Sitzungswochen bis Mitte Dezember, wenn es wie vom Bundesgesundheitsministerium geplant Anfang 2024 in Kraft treten soll. Voraussichtlich geschieht dies noch im November. Der Bundesrat muss demnach nicht zustimmen.
Obendrein kämpfen viele Clubs mit bürokratischen Hürden wie Auflagen zur Gründung oder den Abstandsregeln zu Schulen und Kitas, sagt Ulrich Walter, Geschäftsführer des Informationsangebots für Naturprodukte yippy Green. „Die Clubs als legale Bezugsquelle sind so strikt reguliert, dass sie es gegen den illegalen Markt schwer haben werden.“ Das sieht auch der Dachverband deutscher Cannabis-Social-Clubs so, der die Pläne als „verfassungswidrig, überstreng und vermeidbar kompliziert“ in einem Positionspapier ablehnt.
Zitat von Gast am 8. November 2023, 07:18 UhrDie Gespräche zwischen Regierung und Opposition über einen „Deutschlandpakt Migration“ sind aus Sicht des Unions-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (CDU) vorerst gescheitert. Weitere Treffen mit Bundeskanzler Scholz (SPD) erteilte der Oppositionsführer eine Absage. Merz kritisierte die Ergebnisse des Ministerpräsidentenkonferenz mit Scholz und sagte: „Die Einordnung als historisch teile ich ausdrücklich nicht, auch nicht Zeitenwende. Ob es ein Erfolg ist, werden wir erst im nächsten Jahr sehen.“
Nach dem letzten Treffen vor einer Woche habe er vorgeschlagen, eine gemeinsame Arbeitseinheit von Kanzleramt und Unions-Fraktion einzurichten, das sei abgelehnt worden. Merz sagt: „Ich erkenne keine Bereitschaft, die Gespräche mit uns substanziell fortzusetzen.“ Und weiter: „Damit ist das Thema Deutschlandpakt aus meiner Sicht erledigt“.
Merz forderte die Ampel-Koalition auf, die aus seiner Perspektive wenigen konkreten Resultate des nächtlichen Treffens der Ministerpräsidenten mit Kanzler Scholz nun rasch als Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen. Das betrifft vor allem die Verlängerung der geringer dotierten Sozialgeldzahlungen an Asylbewerber von 18 auf 36 Monate, ehe sie ins höhere Bürgergeld und weitere damit verbundenen soziale Leistungen wechseln könne. Diesen Vorschlag habe die Union bereits in der letzten Wahlperiode gemacht, schon deswegen werde man sich einem solchen Gesetzentwurf nicht verschließen. Es sei damals von der SPD abgelehnt worden.
Merz forderte die Scholz und die Ampel-Koalition auf: „Wenn die Bundesregierung es ernst meint, muss sie rasch Gesetzentwürfe im Bundestag einbringen. Damit das zum Jahresanfang in Kraft tritt, muss es spätestens am 15. Dezember bei der letzten Sitzung des Jahres durch den Bundesrat.“ Nach Darstellung von Merz hat die Ampel-Koalition seit Monaten Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz vom Mai „einfach ignoriert“, die jetzt vereinbarte Prüfung eines Asyl-Prüfverfahrens in Drittstaaten „steht bereits im Koalitionsvertrag der Ampel, da ist nichts passiert.“ Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) lobte die Voraussetzungen, die den Zuzug nach Deutschland nun begrenzen sollen. „Jetzt geht es darum, dass der Bund und die Länder schnell in die Umsetzung der Maßnahmen kommen.“
Städtetag hofft auf unbürokratische Lösung für Bezahlkarte
Der Deutsche Städtetag sah Licht und Schatten bei den Bund-Länder-Beschlüssen. Positiv zu bewerten sei die geplante Pro-Kopf-Pauschale des Bundes pro Asylerstantragsteller, sagte Vizepräsident Burkhard Jung am Dienstag im Deutschlandfunk. Allerdings seien die verabredeten 7500 Euro „deutlich zu wenig“. Die Bundesländer hatten zunächst 10.500 Euro pro Flüchtling und Jahr gefordert, der Bund wollte nur 5000 Euro geben. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg warnte jedoch in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe davor, „den jetzt notwendigen Umsetzungsprozess zu verzögern und die richtigen Ziele wieder klein zu reden“. Auch dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, dass kurzfristig ein deutlicher Rückgang der Einwanderungszahlen zu erwarten sei.
Verständigt hatten sich die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch darauf, dass Asylbewerber mindestens einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf eine Bezahlkarte bekommen sollen. Jung, der auch Leipziger Oberbürgermeister ist, hofft hier auf eine unbürokratische Lösung. Noch nicht zu beurteilen sei, wie die anderen geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der irregulären Migration wirken würden.
Auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) würdigte die Ergebnisse als „vernünftigen Kompromiss“. „Wichtig ist, dass wir endlich ein atmendes System haben“, teilte Rehlinger am Dienstag in Saarbrücken mit. Dies werde „Ländern und Kommunen auch helfen können“. Insgesamt seien wesentliche Verbesserungen erzielt worden. „Es ist der Wille aller erkennbar, dass wir ein neues Kapitel von Humanität und Ordnung in der Migrationspolitik aufschlagen“, sagte Rehlinger. „Wir tun alles, was humanitär vertretbar und rechtlich machbar ist, um irreguläre Migration zu begrenzen.“
Linnemann: „Das ist alles zu weich“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann beurteilte die Vereinbarungen dagegen als unzureichend. „Es ist ein kleiner Schritt“, sagte Linnemann am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Das Papier reiche aber „bei weitem nicht aus“, um die illegale Migration in Deutschland einzudämmen. „Wir können jetzt nicht jahrelang warten, bis die europäische Außengrenze wirklich geschützt wird, sondern da müssen wir auch an unseren Grenzen Kontroll- und Transitzentren einführen“, forderte Linnemann. Asylbewerber sollten erst dann auf die Kommunen verteilt werden, wenn ein Bleiberecht bestehe. Zudem sollten der Familiennachzug eingeschränkt und Asylverfahren in Drittstaaten durchgeführt werden. „In dem Papier heute Nacht steht drin, wir wollen das alles prüfen“, sagte der CDU-Politiker. „Das ist alles zu weich.“
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, bezeichnete die Bund-Länder-Einigung als einen „rabenschwarzen Tag“ für Kommunen, Bürgermeister und Landräte. Bartsch forderte höhere Steuern von Superreichen. „Deutschland ist zweifellos am Limit. Daher brauchen die Kommunen maximale Unterstützung. Die Kosten sollten nicht länger vom normalen Steuerzahler getragen werden“, sagte Bartsch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Nach Einschätzung der CDU in Mecklenburg-Vorpommern gehen die Beschlüsse an einem wesentlichen Ziel vorbei. „Es geht doch nicht darum, ob der Bund die Kosten der Migration trägt oder ob die Länder dies tun. Es geht darum, dass die Zahl der Menschen, die zu uns kommt, spürbar und dauerhaft sinkt. Das wird infolge der Beschlüsse kaum passieren“, erklärte der CDU-Landesvorsitzende Franz-Robert Liskow am Dienstag.Die SPD erkenne die Zeichen der Zeit nicht, so Liskow weiter. „Vereinbart wurden im Wesentlichen Absichtserklärungen zu Verfahrensbeschleunigungen, eine leichte Absenkung der staatlichen Leistungen sowie ein anderes Finanzierungssystem zwischen Bund und Ländern.“ Darüber hinaus gebe es „vage Prüfaufträge“. Dies sei kein großer Wurf, kritisierte der CDU-Landesvorsitzende.
FDP und Grüne zufrieden
Die FDP dagegen äußerte sich zufrieden. Allein die geplante Einschränkung bei den Leistungen für Asylbewerber könne zu Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro führen, schrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner am Dienstagmorgen auf der Plattform X. Dadurch würden nicht nur Länder und Kommunen entlastet. „Durch diese Maßnahme wird auch die Anziehungskraft des deutschen Sozialstaats reduziert“, so der FDP-Vorsitzende.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Christian Dürr, bezeichnete es auf X als „Meilenstein“ in der deutschen Migrationspolitik, dass ein Teil der Leistungen für Asylbewerber künftig als Guthaben auf einer Bezahlkarte gewährt werden solle. Bundesjustizminister Marco Buschmann sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist ein wichtiges Zeichen, dass Bund und Länder gemeinsam verabredet haben, Fehlanreize bei der Migration senken zu wollen.“ Es gebe Spielräume bei der Höhe und Dauer des Bezugs nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Mit dem Beschluss von Bund und Ländern sei klar, dass es Konsens sei, diese zu nutzen. „Wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren, sondern müssen zügig daran arbeiten, durch weniger Pull-Faktoren zu einer Migrationswende zu kommen“, mahnte Buschmann.
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte im ARD-„Morgenmagazin“, für die Kommunen gebe es nun „deutlich mehr Planungssicherheit und deutlich mehr Geld“. „Es braucht Hilfe für die belasteten Kommunen, und die bringen wir jetzt auf den Weg, und dann wird es am Ende für alle besser.“ Die vereinbarten dreieinhalb Milliarden Euro für die Kommunen seien „ein großer Schritt nach vorne“. Man müsse aber schauen, dass „das Ganze jetzt nicht einfach nur auf dem Papier steht, sondern, dass wir jetzt auch dazu kommen, all diese Maßnahmen in Angriff zu nehmen“. Anstatt über weitere Ideen in der Migrationspolitik zu sprechen, sei es wichtig, sich nun mit der Realisierung der Beschlüsse zu beschäftigen. „Ruhe reinbringen und umsetzen“ sei jetzt das Gebot.
AfD: Unser Wirken
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte die Verständigung. „Der Deutschland-Pakt Migration legt wichtige Grundlagen, um angesichts der großen Herausforderungen der Migration handeln und konkrete Probleme lösen zu können“, erklärte er nach der Ministerpräsidentenkonferenz. „Es ist wichtig, dass hier alle demokratischen Parteien zusammenarbeiten. Das ist keine Selbstverständlichkeit und hart erarbeitet, aber mit dem Migrations-Pakt sind wesentliche Entscheidungen dafür getroffen.“
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Bundestag, Bernd Baumann, führte die Beschlüsse auf das Wirken seiner Partei zurück. Die „fast panikhaften Versuche“ von Union und SPD, sich bei der Migration auf öffentlicher Bühne zu einigen, sei den Wahlerfolgen der AfD geschuldet, sagte er am Dienstag in Berlin. „Wir sind das, die sie zwingen, endlich etwas zu versuchen wenigstens.“ Der AfD-Innenpolitiker Martin Hess sagte, die Beschlüsse seien nicht mehr als Absichtserklärungen.
Die Gespräche zwischen Regierung und Opposition über einen „Deutschlandpakt Migration“ sind aus Sicht des Unions-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (CDU) vorerst gescheitert. Weitere Treffen mit Bundeskanzler Scholz (SPD) erteilte der Oppositionsführer eine Absage. Merz kritisierte die Ergebnisse des Ministerpräsidentenkonferenz mit Scholz und sagte: „Die Einordnung als historisch teile ich ausdrücklich nicht, auch nicht Zeitenwende. Ob es ein Erfolg ist, werden wir erst im nächsten Jahr sehen.“
Nach dem letzten Treffen vor einer Woche habe er vorgeschlagen, eine gemeinsame Arbeitseinheit von Kanzleramt und Unions-Fraktion einzurichten, das sei abgelehnt worden. Merz sagt: „Ich erkenne keine Bereitschaft, die Gespräche mit uns substanziell fortzusetzen.“ Und weiter: „Damit ist das Thema Deutschlandpakt aus meiner Sicht erledigt“.
Merz forderte die Ampel-Koalition auf, die aus seiner Perspektive wenigen konkreten Resultate des nächtlichen Treffens der Ministerpräsidenten mit Kanzler Scholz nun rasch als Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen. Das betrifft vor allem die Verlängerung der geringer dotierten Sozialgeldzahlungen an Asylbewerber von 18 auf 36 Monate, ehe sie ins höhere Bürgergeld und weitere damit verbundenen soziale Leistungen wechseln könne. Diesen Vorschlag habe die Union bereits in der letzten Wahlperiode gemacht, schon deswegen werde man sich einem solchen Gesetzentwurf nicht verschließen. Es sei damals von der SPD abgelehnt worden.
Merz forderte die Scholz und die Ampel-Koalition auf: „Wenn die Bundesregierung es ernst meint, muss sie rasch Gesetzentwürfe im Bundestag einbringen. Damit das zum Jahresanfang in Kraft tritt, muss es spätestens am 15. Dezember bei der letzten Sitzung des Jahres durch den Bundesrat.“ Nach Darstellung von Merz hat die Ampel-Koalition seit Monaten Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz vom Mai „einfach ignoriert“, die jetzt vereinbarte Prüfung eines Asyl-Prüfverfahrens in Drittstaaten „steht bereits im Koalitionsvertrag der Ampel, da ist nichts passiert.“ Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) lobte die Voraussetzungen, die den Zuzug nach Deutschland nun begrenzen sollen. „Jetzt geht es darum, dass der Bund und die Länder schnell in die Umsetzung der Maßnahmen kommen.“
Städtetag hofft auf unbürokratische Lösung für Bezahlkarte
Der Deutsche Städtetag sah Licht und Schatten bei den Bund-Länder-Beschlüssen. Positiv zu bewerten sei die geplante Pro-Kopf-Pauschale des Bundes pro Asylerstantragsteller, sagte Vizepräsident Burkhard Jung am Dienstag im Deutschlandfunk. Allerdings seien die verabredeten 7500 Euro „deutlich zu wenig“. Die Bundesländer hatten zunächst 10.500 Euro pro Flüchtling und Jahr gefordert, der Bund wollte nur 5000 Euro geben. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg warnte jedoch in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe davor, „den jetzt notwendigen Umsetzungsprozess zu verzögern und die richtigen Ziele wieder klein zu reden“. Auch dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, dass kurzfristig ein deutlicher Rückgang der Einwanderungszahlen zu erwarten sei.
Verständigt hatten sich die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch darauf, dass Asylbewerber mindestens einen Teil ihrer Leistungen künftig als Guthaben auf eine Bezahlkarte bekommen sollen. Jung, der auch Leipziger Oberbürgermeister ist, hofft hier auf eine unbürokratische Lösung. Noch nicht zu beurteilen sei, wie die anderen geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der irregulären Migration wirken würden.
Auch die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) würdigte die Ergebnisse als „vernünftigen Kompromiss“. „Wichtig ist, dass wir endlich ein atmendes System haben“, teilte Rehlinger am Dienstag in Saarbrücken mit. Dies werde „Ländern und Kommunen auch helfen können“. Insgesamt seien wesentliche Verbesserungen erzielt worden. „Es ist der Wille aller erkennbar, dass wir ein neues Kapitel von Humanität und Ordnung in der Migrationspolitik aufschlagen“, sagte Rehlinger. „Wir tun alles, was humanitär vertretbar und rechtlich machbar ist, um irreguläre Migration zu begrenzen.“
Linnemann: „Das ist alles zu weich“
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann beurteilte die Vereinbarungen dagegen als unzureichend. „Es ist ein kleiner Schritt“, sagte Linnemann am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Das Papier reiche aber „bei weitem nicht aus“, um die illegale Migration in Deutschland einzudämmen. „Wir können jetzt nicht jahrelang warten, bis die europäische Außengrenze wirklich geschützt wird, sondern da müssen wir auch an unseren Grenzen Kontroll- und Transitzentren einführen“, forderte Linnemann. Asylbewerber sollten erst dann auf die Kommunen verteilt werden, wenn ein Bleiberecht bestehe. Zudem sollten der Familiennachzug eingeschränkt und Asylverfahren in Drittstaaten durchgeführt werden. „In dem Papier heute Nacht steht drin, wir wollen das alles prüfen“, sagte der CDU-Politiker. „Das ist alles zu weich.“
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, bezeichnete die Bund-Länder-Einigung als einen „rabenschwarzen Tag“ für Kommunen, Bürgermeister und Landräte. Bartsch forderte höhere Steuern von Superreichen. „Deutschland ist zweifellos am Limit. Daher brauchen die Kommunen maximale Unterstützung. Die Kosten sollten nicht länger vom normalen Steuerzahler getragen werden“, sagte Bartsch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Nach Einschätzung der CDU in Mecklenburg-Vorpommern gehen die Beschlüsse an einem wesentlichen Ziel vorbei. „Es geht doch nicht darum, ob der Bund die Kosten der Migration trägt oder ob die Länder dies tun. Es geht darum, dass die Zahl der Menschen, die zu uns kommt, spürbar und dauerhaft sinkt. Das wird infolge der Beschlüsse kaum passieren“, erklärte der CDU-Landesvorsitzende Franz-Robert Liskow am Dienstag.Die SPD erkenne die Zeichen der Zeit nicht, so Liskow weiter. „Vereinbart wurden im Wesentlichen Absichtserklärungen zu Verfahrensbeschleunigungen, eine leichte Absenkung der staatlichen Leistungen sowie ein anderes Finanzierungssystem zwischen Bund und Ländern.“ Darüber hinaus gebe es „vage Prüfaufträge“. Dies sei kein großer Wurf, kritisierte der CDU-Landesvorsitzende.
FDP und Grüne zufrieden
Die FDP dagegen äußerte sich zufrieden. Allein die geplante Einschränkung bei den Leistungen für Asylbewerber könne zu Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro führen, schrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner am Dienstagmorgen auf der Plattform X. Dadurch würden nicht nur Länder und Kommunen entlastet. „Durch diese Maßnahme wird auch die Anziehungskraft des deutschen Sozialstaats reduziert“, so der FDP-Vorsitzende.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Christian Dürr, bezeichnete es auf X als „Meilenstein“ in der deutschen Migrationspolitik, dass ein Teil der Leistungen für Asylbewerber künftig als Guthaben auf einer Bezahlkarte gewährt werden solle. Bundesjustizminister Marco Buschmann sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Es ist ein wichtiges Zeichen, dass Bund und Länder gemeinsam verabredet haben, Fehlanreize bei der Migration senken zu wollen.“ Es gebe Spielräume bei der Höhe und Dauer des Bezugs nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Mit dem Beschluss von Bund und Ländern sei klar, dass es Konsens sei, diese zu nutzen. „Wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren, sondern müssen zügig daran arbeiten, durch weniger Pull-Faktoren zu einer Migrationswende zu kommen“, mahnte Buschmann.
Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour sagte im ARD-„Morgenmagazin“, für die Kommunen gebe es nun „deutlich mehr Planungssicherheit und deutlich mehr Geld“. „Es braucht Hilfe für die belasteten Kommunen, und die bringen wir jetzt auf den Weg, und dann wird es am Ende für alle besser.“ Die vereinbarten dreieinhalb Milliarden Euro für die Kommunen seien „ein großer Schritt nach vorne“. Man müsse aber schauen, dass „das Ganze jetzt nicht einfach nur auf dem Papier steht, sondern, dass wir jetzt auch dazu kommen, all diese Maßnahmen in Angriff zu nehmen“. Anstatt über weitere Ideen in der Migrationspolitik zu sprechen, sei es wichtig, sich nun mit der Realisierung der Beschlüsse zu beschäftigen. „Ruhe reinbringen und umsetzen“ sei jetzt das Gebot.
AfD: Unser Wirken
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte die Verständigung. „Der Deutschland-Pakt Migration legt wichtige Grundlagen, um angesichts der großen Herausforderungen der Migration handeln und konkrete Probleme lösen zu können“, erklärte er nach der Ministerpräsidentenkonferenz. „Es ist wichtig, dass hier alle demokratischen Parteien zusammenarbeiten. Das ist keine Selbstverständlichkeit und hart erarbeitet, aber mit dem Migrations-Pakt sind wesentliche Entscheidungen dafür getroffen.“
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Bundestag, Bernd Baumann, führte die Beschlüsse auf das Wirken seiner Partei zurück. Die „fast panikhaften Versuche“ von Union und SPD, sich bei der Migration auf öffentlicher Bühne zu einigen, sei den Wahlerfolgen der AfD geschuldet, sagte er am Dienstag in Berlin. „Wir sind das, die sie zwingen, endlich etwas zu versuchen wenigstens.“ Der AfD-Innenpolitiker Martin Hess sagte, die Beschlüsse seien nicht mehr als Absichtserklärungen.
Zitat von Gast am 8. November 2023, 07:21 UhrNicht nur für das Tanken, sondern auch für das Heizen müssen Verbraucherinnen und Verbraucher ab 2024 wohl tiefer in die Tasche greifen.
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, den CO₂-Preis für Sprit, Heizöl und Gas von bisher 30 auf künftig 40 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid anzuheben. Zuvor war ein CO₂-Preis (auch CO₂-Steuer) von 35 Euro vorgesehen.
Im Jahr 2024: Bundesregierung plant Erhöhung der CO₂-Steuer
Im Jahr 2021 wurde erstmals eine CO₂-Steuer eingeführt, die damals bei 25 Euro pro Tonne lag. Im darauffolgenden Jahr wurde die Steuer auf 30 Euro angehoben.
Das Resultat: Die Spritpreise sind um 1,4 Cent bei Benzin und 1,5 Cent bei Diesel deutlich gestiegen. Das Gleiche konnte nach der Einführung der CO₂-Steuer im Januar 2021 beobachtet werden.
Nachdem eine Anhebung der CO₂-Steuer aufgrund der Energiekrise in diesem Jahr pausiert hatte, plant die Regierung nun wieder eine jährliche Anhebung – die nächste im Januar 2024. Die Folge: Die Preise von Heizöl, Gas und Benzin könnten in die Höhe schnellen.
Wie der ADAC mitteilt, soll die Steuer bis zum Jahr 2025 auf 50 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid angehoben werden. Als Ausgleich zu den entstehenden Mehrkosten für Verbraucherinnen und Verbraucher gilt weiterhin die Pendlerpauschale, die jährlich über die Steuer abgesetzt werden kann.
Zudem schafft der Gesetzgeber durch einen geringeren Kfz-Steuersatz weiterhin den Anreiz, CO₂-arme PKWs zu kaufen. Besonders für Sportwagen und SUVs, die einen hohen Verbrauch haben, gilt eine höhere Kfz-Steuer.
Nicht nur für das Tanken, sondern auch für das Heizen müssen Verbraucherinnen und Verbraucher ab 2024 wohl tiefer in die Tasche greifen.
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, den CO₂-Preis für Sprit, Heizöl und Gas von bisher 30 auf künftig 40 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid anzuheben. Zuvor war ein CO₂-Preis (auch CO₂-Steuer) von 35 Euro vorgesehen.
Im Jahr 2024: Bundesregierung plant Erhöhung der CO₂-Steuer
Im Jahr 2021 wurde erstmals eine CO₂-Steuer eingeführt, die damals bei 25 Euro pro Tonne lag. Im darauffolgenden Jahr wurde die Steuer auf 30 Euro angehoben.
Das Resultat: Die Spritpreise sind um 1,4 Cent bei Benzin und 1,5 Cent bei Diesel deutlich gestiegen. Das Gleiche konnte nach der Einführung der CO₂-Steuer im Januar 2021 beobachtet werden.
Nachdem eine Anhebung der CO₂-Steuer aufgrund der Energiekrise in diesem Jahr pausiert hatte, plant die Regierung nun wieder eine jährliche Anhebung – die nächste im Januar 2024. Die Folge: Die Preise von Heizöl, Gas und Benzin könnten in die Höhe schnellen.
Wie der ADAC mitteilt, soll die Steuer bis zum Jahr 2025 auf 50 Euro pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid angehoben werden. Als Ausgleich zu den entstehenden Mehrkosten für Verbraucherinnen und Verbraucher gilt weiterhin die Pendlerpauschale, die jährlich über die Steuer abgesetzt werden kann.
Zudem schafft der Gesetzgeber durch einen geringeren Kfz-Steuersatz weiterhin den Anreiz, CO₂-arme PKWs zu kaufen. Besonders für Sportwagen und SUVs, die einen hohen Verbrauch haben, gilt eine höhere Kfz-Steuer.
Zitat von Gast am 8. November 2023, 07:28 UhrEine Analyse von Ulrich Reitz - Die Herrlichkeit, die Scholz sich selbst bescheinigt, bezahlen am Ende wir alle
Ein „sehr historischer Moment“: Einmal mehr lobt sich der Bundeskanzler selbst. Doch die Asyl-Beschlüsse der großen Bund-Länder-Koalition der Mitte werden den hohen Erwartungen der Bevölkerung nicht gerecht. Die Asyl-Zahlen bleiben hoch, und es bleibt mit knapp 50 Milliarden Euro auch sehr teuer.
„Bazooka“, „Doppelwumms“, „Zeitenwende“ – darunter macht es Olaf Scholz (SPD) nur selten. Und auch der Asyl-Einigung der vergangenen Nacht verleiht der Bundeskanzler eine ganz besondere Aura. Es sei ein „sehr historischer Moment“ gewesen. Was daran „historisch“ sein soll, ließ der Regierungschef im novemberlichen Grau des zäh heraufziehenden Berliner Morgens versuppen.
Ungefährlich ist das nicht. Nicht nur, weil aus Kleinarbeit an Gesetzen wenig Glanz erwächst. Sondern auch, weil allein der Versuch schönfärberischer Interpretation mühsamer Verhandlungsresultate im Nachhinein das wichtigste Kapital riskiert, was ein Regierungschef hat: das Vertrauen der Bürger. Stellen die nämlich nach einer gewissen Zeit fest, dass „ihr“ Kanzler „viel Lärm um nichts“ gemacht hat, ist die Enttäuschung so groß wie zuvor die Erwartung hoch.
Im Übrigen: Von einem – entscheidenden – Sachverhalt ist bei der Ampelkoalition fast nie die Rede: Die Herrlichkeit, die Scholz sich selbst bescheinigt, bezahlt der Steuerzahler, also der produktive Teil der Gesellschaft. Die Bazooka-Coronahilfen, die Doppelwumms-Entlastungspakete und die Bundeswehr-Zeitenwende kosten den Steuerzahler hunderte von Milliarden. Ob sie im sichtbaren Haushalt oder in Schattenhaushalten verbucht werden, ändert in der Sache nichts.
Steigende Asylzahlen bedeuten steigende Kosten
So ist es auch bei der Asylpolitik. Dafür geben Bund und Länder nach eigenen Angaben nahezu so viel Geld aus wie für die Bundeswehr: 48 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr waren es 42 Milliarden Euro. Die steigenden Asylzahlen lassen auch die Kosten steigen. Was nun aber nicht heißt, dass bei sinkenden Asyl-Zahlen auch die Asyl-Kosten sinken.
Denn auch wenn falls die Asylbewerber-Zahlen im kommenden Jahr heruntergehen sollten, zahlt der Bund den Ländern eine „Flüchtlingspauschale“: Eine Milliarde Euro dafür, dass sie die Asyl-Infrastruktur aufrechterhalten. Was zeigt, wie wenig ausgeprägt der Glaube an die Wirksamkeit der eigenen Beschlüsse ist.
Wenn nun Ministerpräsidenten wie Niedersachsens Stefan Weil (SPD) sich nun dafür feiern, dass sie vom Bund für die Verwaltung der Migranten mehr Geld bekommen – aus der Sicht der Steuerzahler ist der Effekt gleich Null. Ein fiskalischer Verschiebebahnhof, ein Kassen-Mikado. Am Ende zahlt nur einer: der arbeitende Bürger.
Selbst die Einsparung wird zum Teil wieder aufgefressen
Solange die Zahlen auf Rekordniveau bleiben, wird sich daran auch nichts ändern. Mit einer Ausnahme, auf die Deutschlands oberster Kassenwart hinweist. Als Treuhänder der Steuerzahler spart Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) rund eine Milliarde Euro: Wenn Migranten, über deren Anerkennung als Flüchtling noch nicht entschieden ist, nun Monate länger im Asylbewerberleistungsgesetz bleiben, statt in die Kategorie Bürgergeld aufzusteigen. Veränderungen im Asylrecht sind eine zähe Angelegenheit.
Zumal diese Lindner-Milliarde nicht einmal netto ist: Die von den Ministerpräsidenten und dem Chef der Ampelregierung vereinbarte Beschleunigung der Asylverfahren funktioniert nur, wenn dafür bei den Behörden mehr Menschen angestellt werden, die deren Anträge schneller abarbeiten. Was auch wieder der Steuerzahler zahlt.
Man hätte die Kosten senken können, wenn man das Ärgernis der Jo-Jo-Asylanträge abgeschafft hätte – jeder abgelehnte Asylbewerber kann bei einer erneuten Einreise wieder einen Asylantrag stellen, Klagerecht gegen Ablehnungsbescheid inklusive. Bezahlt werden muss auch das. Die Union wollte das ändern – und konnte sich nicht durchsetzen.
Keine Maßnahmen zur Begrenzung erkennbar
Nicht der einzige Fall: CDU und CSU wollten für Herkunftsländer, für deren Angehörige die Asyl-Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, ein verkürztes Verfahren analog der „sicheren Herkunftsländer“ einführen. Am Ende blieb – und bleibt – es bei der Forderung, Wiedervorlage garantiert. Zumal die Grünen das Konzept „sicherer Herkunftsländer“ bisher grundsätzlich ablehnen.
Die finanziellen und gesellschaftlichen Folgen der unkontrollierten Asyl-Einwanderung ließen sich nur verkleinern, würde man auf eine „Begrenzung“ der Migration setzen. Davon ist aber allenfalls vage die Rede, den un-linken Begriff hat die Ampelregierung unlängst denn auch aus ihrem Gesetzes-Vokabular demonstrativ gestrichen.
Der Bundeskanzler setzt indes auf Abschiebungen. Deshalb hat seine Regierung unter Federführung der Innenministerin ein Abschiebegesetz vorgelegt. Nancy Faeser (SPD) nennt es, ganz der Schönfärbe-Rhetorik des Kanzlers folgend, natürlich nicht hart und hässlich Abschiebegesetz, sondern sanft und hübsch: „Rückführungsverbesserungsgesetz“.
Davor muss sich kein Migrant fürchten. Auf mehr Abschiebungen zu setzen ist entgegen aller Plausibilität und Evidenz. Denn selbst wenn ein irregulärer Migrant theoretisch abgeschoben werden kann, muss praktisch erst einmal ein Land gefunden werden, das ihn wieder aufnimmt. Darauf weisen, völlig zu Recht, Flüchtlingsorganisationen wie „Pro Asyl“ und Migrationsforscher wie Gerald Knaus hin. Am Ende müssen denn auch weniger als zehn Prozent der abgelehnten Asylbewerber Deutschland verlassen.
Unions-Vorschlag war lange bekannt
Der Löwenanteil bekommt eine Duldung, und auf die Duldung folgt, weil die Ampelregierung das so entschieden hat, bei jenen, die sich nichts Gravierendes haben zuschulden kommen lassen, die Einbürgerung. Wobei zuletzt Faeser zugeben musste, nicht zu wissen, wer und wie viele der seit 2015 nach Deutschland gekommenen Syrer, Afghanen und Iraker inzwischen eingebürgert sind. Die Union beklagt diesen „Kontrollverlust“.
Weshalb die bürgerliche Opposition auch eine Diskussion über das Asyl-Grundrecht im „Spiel“ hält. Ebenso wie eine Migranten-Obergrenze, die nun, etwas präziser, „realistische Integrationsgrenze“ heißt. Beides steht in Protokollerklärungen, die Sachsen und Bayern an die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz hängten.
Streit hatte es zuletzt in der Nachtsitzung wegen der Forderung der unionsregierten Länder - und des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann - gegeben, Asylverfahren in Ländern außerhalb Europas zu ermöglichen. Den Vorstoß für die Sitzung machte Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst („die Hütte brennt“). Der Bundeskanzler und die SPD-Länder reagierten darauf irritiert.
Was erstaunlich ist, denn: Erstens liegt der Vorschlag der Union seit Wochen vor und wird auch ebenso lange kontrovers diskutiert. Und zweitens hat die Ampelregierung selbst beschlossen, diese Möglichkeit zu prüfen – und zwar schon vor zwei Jahren in ihrem Koalitionsvertrag. Was auch nur wieder heißt: In zwei Jahren ist nichts passiert.
Dass der Bundeskanzler aus dem unter den Ländern zuvor nicht abgestimmten Vorschlag – er firmiert unter „Ruanda-Lösung“ - eine Intrige zwischen den CDU-Spitzenpolitikern Wüst und Friedrich Merz machte, gehört in die Abteilung „Nebelkerze“. Der Bundeskanzler ist ein ausgefuchster Machiavellist. Er weiß: Hat man selbst wenig zu bieten, muss man wenigstens seine Gegner irritieren.
Scholz adressiert nicht das Hauptproblem: Die steigende Einwanderung über das Asylrecht
Am Ende wurde noch eine Kommission eingesetzt, die eine Art „eierlegende Wollmilchsau“ hervorbringen soll: Bessere Steuerung der Migration bei besserer Integration von Migranten und bei Bewahrung des gesellschaftlichen Friedens. Ein Blick auf die ins Auge gefassten Teilnehmer lässt das Ergebnis erahnen: Kirchen und Gewerkschaften, Migrationsforscher und Vertreter von Organisationen, die sich für die Belange von Asylbewerbern einsetzen.
Für gesellschaftlichen Frieden werden die jüngsten Beschlüsse nicht sorgen. „Reicht nicht“, urteilt denn auch Bayerns Regierungschef Markus Söder. Das Hauptproblem – die steigende, unkontrollierte Einwanderung über das Asylrecht, adressiert des Kanzlers angeblich „sehr historischer Moment“ erst gar nicht. Deshalb wird die – auch giftige – Debatte weiter gehen. Die Bundestagswahl wirft ihre ersten Schatten voraus.
Eine Analyse von Ulrich Reitz - Die Herrlichkeit, die Scholz sich selbst bescheinigt, bezahlen am Ende wir alle
Ein „sehr historischer Moment“: Einmal mehr lobt sich der Bundeskanzler selbst. Doch die Asyl-Beschlüsse der großen Bund-Länder-Koalition der Mitte werden den hohen Erwartungen der Bevölkerung nicht gerecht. Die Asyl-Zahlen bleiben hoch, und es bleibt mit knapp 50 Milliarden Euro auch sehr teuer.
„Bazooka“, „Doppelwumms“, „Zeitenwende“ – darunter macht es Olaf Scholz (SPD) nur selten. Und auch der Asyl-Einigung der vergangenen Nacht verleiht der Bundeskanzler eine ganz besondere Aura. Es sei ein „sehr historischer Moment“ gewesen. Was daran „historisch“ sein soll, ließ der Regierungschef im novemberlichen Grau des zäh heraufziehenden Berliner Morgens versuppen.
Ungefährlich ist das nicht. Nicht nur, weil aus Kleinarbeit an Gesetzen wenig Glanz erwächst. Sondern auch, weil allein der Versuch schönfärberischer Interpretation mühsamer Verhandlungsresultate im Nachhinein das wichtigste Kapital riskiert, was ein Regierungschef hat: das Vertrauen der Bürger. Stellen die nämlich nach einer gewissen Zeit fest, dass „ihr“ Kanzler „viel Lärm um nichts“ gemacht hat, ist die Enttäuschung so groß wie zuvor die Erwartung hoch.
Im Übrigen: Von einem – entscheidenden – Sachverhalt ist bei der Ampelkoalition fast nie die Rede: Die Herrlichkeit, die Scholz sich selbst bescheinigt, bezahlt der Steuerzahler, also der produktive Teil der Gesellschaft. Die Bazooka-Coronahilfen, die Doppelwumms-Entlastungspakete und die Bundeswehr-Zeitenwende kosten den Steuerzahler hunderte von Milliarden. Ob sie im sichtbaren Haushalt oder in Schattenhaushalten verbucht werden, ändert in der Sache nichts.
Steigende Asylzahlen bedeuten steigende Kosten
So ist es auch bei der Asylpolitik. Dafür geben Bund und Länder nach eigenen Angaben nahezu so viel Geld aus wie für die Bundeswehr: 48 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr waren es 42 Milliarden Euro. Die steigenden Asylzahlen lassen auch die Kosten steigen. Was nun aber nicht heißt, dass bei sinkenden Asyl-Zahlen auch die Asyl-Kosten sinken.
Denn auch wenn falls die Asylbewerber-Zahlen im kommenden Jahr heruntergehen sollten, zahlt der Bund den Ländern eine „Flüchtlingspauschale“: Eine Milliarde Euro dafür, dass sie die Asyl-Infrastruktur aufrechterhalten. Was zeigt, wie wenig ausgeprägt der Glaube an die Wirksamkeit der eigenen Beschlüsse ist.
Wenn nun Ministerpräsidenten wie Niedersachsens Stefan Weil (SPD) sich nun dafür feiern, dass sie vom Bund für die Verwaltung der Migranten mehr Geld bekommen – aus der Sicht der Steuerzahler ist der Effekt gleich Null. Ein fiskalischer Verschiebebahnhof, ein Kassen-Mikado. Am Ende zahlt nur einer: der arbeitende Bürger.
Selbst die Einsparung wird zum Teil wieder aufgefressen
Solange die Zahlen auf Rekordniveau bleiben, wird sich daran auch nichts ändern. Mit einer Ausnahme, auf die Deutschlands oberster Kassenwart hinweist. Als Treuhänder der Steuerzahler spart Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) rund eine Milliarde Euro: Wenn Migranten, über deren Anerkennung als Flüchtling noch nicht entschieden ist, nun Monate länger im Asylbewerberleistungsgesetz bleiben, statt in die Kategorie Bürgergeld aufzusteigen. Veränderungen im Asylrecht sind eine zähe Angelegenheit.
Zumal diese Lindner-Milliarde nicht einmal netto ist: Die von den Ministerpräsidenten und dem Chef der Ampelregierung vereinbarte Beschleunigung der Asylverfahren funktioniert nur, wenn dafür bei den Behörden mehr Menschen angestellt werden, die deren Anträge schneller abarbeiten. Was auch wieder der Steuerzahler zahlt.
Man hätte die Kosten senken können, wenn man das Ärgernis der Jo-Jo-Asylanträge abgeschafft hätte – jeder abgelehnte Asylbewerber kann bei einer erneuten Einreise wieder einen Asylantrag stellen, Klagerecht gegen Ablehnungsbescheid inklusive. Bezahlt werden muss auch das. Die Union wollte das ändern – und konnte sich nicht durchsetzen.
Keine Maßnahmen zur Begrenzung erkennbar
Nicht der einzige Fall: CDU und CSU wollten für Herkunftsländer, für deren Angehörige die Asyl-Anerkennungsquote weniger als fünf Prozent beträgt, ein verkürztes Verfahren analog der „sicheren Herkunftsländer“ einführen. Am Ende blieb – und bleibt – es bei der Forderung, Wiedervorlage garantiert. Zumal die Grünen das Konzept „sicherer Herkunftsländer“ bisher grundsätzlich ablehnen.
Die finanziellen und gesellschaftlichen Folgen der unkontrollierten Asyl-Einwanderung ließen sich nur verkleinern, würde man auf eine „Begrenzung“ der Migration setzen. Davon ist aber allenfalls vage die Rede, den un-linken Begriff hat die Ampelregierung unlängst denn auch aus ihrem Gesetzes-Vokabular demonstrativ gestrichen.
Der Bundeskanzler setzt indes auf Abschiebungen. Deshalb hat seine Regierung unter Federführung der Innenministerin ein Abschiebegesetz vorgelegt. Nancy Faeser (SPD) nennt es, ganz der Schönfärbe-Rhetorik des Kanzlers folgend, natürlich nicht hart und hässlich Abschiebegesetz, sondern sanft und hübsch: „Rückführungsverbesserungsgesetz“.
Davor muss sich kein Migrant fürchten. Auf mehr Abschiebungen zu setzen ist entgegen aller Plausibilität und Evidenz. Denn selbst wenn ein irregulärer Migrant theoretisch abgeschoben werden kann, muss praktisch erst einmal ein Land gefunden werden, das ihn wieder aufnimmt. Darauf weisen, völlig zu Recht, Flüchtlingsorganisationen wie „Pro Asyl“ und Migrationsforscher wie Gerald Knaus hin. Am Ende müssen denn auch weniger als zehn Prozent der abgelehnten Asylbewerber Deutschland verlassen.
Unions-Vorschlag war lange bekannt
Der Löwenanteil bekommt eine Duldung, und auf die Duldung folgt, weil die Ampelregierung das so entschieden hat, bei jenen, die sich nichts Gravierendes haben zuschulden kommen lassen, die Einbürgerung. Wobei zuletzt Faeser zugeben musste, nicht zu wissen, wer und wie viele der seit 2015 nach Deutschland gekommenen Syrer, Afghanen und Iraker inzwischen eingebürgert sind. Die Union beklagt diesen „Kontrollverlust“.
Weshalb die bürgerliche Opposition auch eine Diskussion über das Asyl-Grundrecht im „Spiel“ hält. Ebenso wie eine Migranten-Obergrenze, die nun, etwas präziser, „realistische Integrationsgrenze“ heißt. Beides steht in Protokollerklärungen, die Sachsen und Bayern an die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz hängten.
Streit hatte es zuletzt in der Nachtsitzung wegen der Forderung der unionsregierten Länder - und des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann - gegeben, Asylverfahren in Ländern außerhalb Europas zu ermöglichen. Den Vorstoß für die Sitzung machte Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst („die Hütte brennt“). Der Bundeskanzler und die SPD-Länder reagierten darauf irritiert.
Was erstaunlich ist, denn: Erstens liegt der Vorschlag der Union seit Wochen vor und wird auch ebenso lange kontrovers diskutiert. Und zweitens hat die Ampelregierung selbst beschlossen, diese Möglichkeit zu prüfen – und zwar schon vor zwei Jahren in ihrem Koalitionsvertrag. Was auch nur wieder heißt: In zwei Jahren ist nichts passiert.
Dass der Bundeskanzler aus dem unter den Ländern zuvor nicht abgestimmten Vorschlag – er firmiert unter „Ruanda-Lösung“ - eine Intrige zwischen den CDU-Spitzenpolitikern Wüst und Friedrich Merz machte, gehört in die Abteilung „Nebelkerze“. Der Bundeskanzler ist ein ausgefuchster Machiavellist. Er weiß: Hat man selbst wenig zu bieten, muss man wenigstens seine Gegner irritieren.
Scholz adressiert nicht das Hauptproblem: Die steigende Einwanderung über das Asylrecht
Am Ende wurde noch eine Kommission eingesetzt, die eine Art „eierlegende Wollmilchsau“ hervorbringen soll: Bessere Steuerung der Migration bei besserer Integration von Migranten und bei Bewahrung des gesellschaftlichen Friedens. Ein Blick auf die ins Auge gefassten Teilnehmer lässt das Ergebnis erahnen: Kirchen und Gewerkschaften, Migrationsforscher und Vertreter von Organisationen, die sich für die Belange von Asylbewerbern einsetzen.
Für gesellschaftlichen Frieden werden die jüngsten Beschlüsse nicht sorgen. „Reicht nicht“, urteilt denn auch Bayerns Regierungschef Markus Söder. Das Hauptproblem – die steigende, unkontrollierte Einwanderung über das Asylrecht, adressiert des Kanzlers angeblich „sehr historischer Moment“ erst gar nicht. Deshalb wird die – auch giftige – Debatte weiter gehen. Die Bundestagswahl wirft ihre ersten Schatten voraus.
Zitat von Gast am 9. November 2023, 10:46 UhrErwartetes Bundesverfassungsgerichtsurteil
Lindner und Ampel zittern: Karlsruhe könnte heute Schulden-Trick kassieren
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu Lindners Umgang mit der Schuldenbremse wird für heute erwartet. Die verhandelten Klimafonds-Kredite ist zentral für Habecks Großprojekte.
Karlsruhe – Im Streit über Kredite für den Klimafonds will das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch seine Entscheidung verkünden. Die Unionsfraktion im Bundestag wandte sich an das Gericht in Karlsruhe. Sie hält es für verfassungswidrig, dass 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen umgewidmet wurden.
Die Mittel waren ursprünglich zur Bewältigung der Corona-Pandemie vorgesehen, wofür die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt worden war - eine Ausnahmeregelung, über die auch aktuell wieder in der Bundesregierung diskutiert wird. Das Urteil fällt damit in eine brisante Phase. Bereits vor der Verhandlung im Juni kündigte das Gericht an, dass es sich mit „bisher nicht geklärten grundsätzlichen Rechtsfragen“ im Zusammenhang mit der Kreditaufnahme in Notlagen auseinanderzusetzen wolle.
Christian Lindner: „planbarer Investitionspfad“ – CSU: „verfassungswidrige“ Auslegung der Schuldenbremse
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte beim Beschluss des verhandelten Nachtragshaushalts im Januar 2022: Er und die Bundesregierung „setzen auf einen planbaren Investitionspfad in die Zukunft im Rahmen des Grundgesetzes“. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hielt es damals für möglich, dass das Bundesverfassungsgericht den Klimafonds „im Rahmen einer einstweiligen Verfügung diesen Haushalt für verfassungswidrig erklären“ könnte. Stattdessen fällt nun eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die Schuldenbremse.
Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz. Sie soll die Staatsverschuldung begrenzen und sieht vor, dass Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten ausgleichen. Für den Bund ist höchstens eine Neuverschuldung von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erlaubt.
Coronahilfen in den Klimafonds umgewidmet
In außergewöhnlichen Notsituationen kann die Schuldenbremse aber außer Kraft gesetzt werden. Eine solche Notlage war die Coronapandemie. Schon für 2020 waren neue Schulden genehmigt worden. Ende 2020 dann beschloss der Bundestag für das Haushaltsjahr 2021 zunächst, dass 180 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen werden dürften. Im April 2021 wurde diese Kreditermächtigung noch einmal um 60 Milliarden Euro aufgestockt. Damals regierte noch die große Koalition.
Diese Aufstockung wurde aber dann doch nicht gebraucht. Im Februar 2022 - schon unter der Ampelregierung - wurde die Möglichkeit, Kredite in solcher Höhe aufzunehmen, schließlich auf den Energie- und Klimafonds übertragen. Dieses Sondervermögen heißt inzwischen Klima- und Transformationsfonds. Mit dem Geld sollen Modernisierungspläne finanziert werden wie beispielsweise Gebäudesanierungen, der Umbau hin zu grüner Energieversorgung und Elektromobilität oder Hilfen für energieintensive Unternehmen.
Ampel-Klimafonds: Zentral für die Finanzierung von Habecks Heizungsgesetz
Der Fonds finanziert einige – teils umstrittene – Großprojekte der Bundesregierung, insbesondere solchen in der Verantwortung von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): Konkret sind nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums 18,8 Milliarden Euro zur „Förderung und sozialer Abfederung“ des Heizungsumbaus in Privathaushalten nach dem Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Koalition veranschlagt. Hinzukommen 12,6 Milliarden Euro für den Ausbau erneuerbare Energien. Beide Zahlen beziehen sich lediglich auf das kommende Haushaltsjahr 2024.
Die Unionsfraktion findet, dass Kredite nur zur Bewältigung der unmittelbaren Notlage aufgenommen werden dürften, nicht aber für längere Krisen wie die Klimaerwärmung. Der Klimaschutz sollte aus dem Haushalt finanziert werden. Sie will, dass der entsprechende Teil des Nachtragshaushaltsgesetzes für nichtig erklärt wird.
Die Bundesregierung argumentierte dagegen in der mündlichen Verhandlung im Juni, dass auch der Klimafonds der Bewältigung der Pandemiefolgen diene. In der schwächelnden Volkswirtschaft sei es wichtig, private Investitionen anzustoßen. Nach knapp fünf Monaten Beratung steht nun die Entscheidung in Karlsruhe an. Sie dürfte auch in Berlin mit Spannung erwartet werden.
Erwartetes Bundesverfassungsgerichtsurteil
Lindner und Ampel zittern: Karlsruhe könnte heute Schulden-Trick kassieren
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu Lindners Umgang mit der Schuldenbremse wird für heute erwartet. Die verhandelten Klimafonds-Kredite ist zentral für Habecks Großprojekte.
Karlsruhe – Im Streit über Kredite für den Klimafonds will das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch seine Entscheidung verkünden. Die Unionsfraktion im Bundestag wandte sich an das Gericht in Karlsruhe. Sie hält es für verfassungswidrig, dass 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen umgewidmet wurden.
Die Mittel waren ursprünglich zur Bewältigung der Corona-Pandemie vorgesehen, wofür die Schuldenbremse außer Kraft gesetzt worden war - eine Ausnahmeregelung, über die auch aktuell wieder in der Bundesregierung diskutiert wird. Das Urteil fällt damit in eine brisante Phase. Bereits vor der Verhandlung im Juni kündigte das Gericht an, dass es sich mit „bisher nicht geklärten grundsätzlichen Rechtsfragen“ im Zusammenhang mit der Kreditaufnahme in Notlagen auseinanderzusetzen wolle.
Christian Lindner: „planbarer Investitionspfad“ – CSU: „verfassungswidrige“ Auslegung der Schuldenbremse
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte beim Beschluss des verhandelten Nachtragshaushalts im Januar 2022: Er und die Bundesregierung „setzen auf einen planbaren Investitionspfad in die Zukunft im Rahmen des Grundgesetzes“. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hielt es damals für möglich, dass das Bundesverfassungsgericht den Klimafonds „im Rahmen einer einstweiligen Verfügung diesen Haushalt für verfassungswidrig erklären“ könnte. Stattdessen fällt nun eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren über die Schuldenbremse.
Die Schuldenbremse steht im Grundgesetz. Sie soll die Staatsverschuldung begrenzen und sieht vor, dass Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten ausgleichen. Für den Bund ist höchstens eine Neuverschuldung von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erlaubt.
Coronahilfen in den Klimafonds umgewidmet
In außergewöhnlichen Notsituationen kann die Schuldenbremse aber außer Kraft gesetzt werden. Eine solche Notlage war die Coronapandemie. Schon für 2020 waren neue Schulden genehmigt worden. Ende 2020 dann beschloss der Bundestag für das Haushaltsjahr 2021 zunächst, dass 180 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen werden dürften. Im April 2021 wurde diese Kreditermächtigung noch einmal um 60 Milliarden Euro aufgestockt. Damals regierte noch die große Koalition.
Diese Aufstockung wurde aber dann doch nicht gebraucht. Im Februar 2022 - schon unter der Ampelregierung - wurde die Möglichkeit, Kredite in solcher Höhe aufzunehmen, schließlich auf den Energie- und Klimafonds übertragen. Dieses Sondervermögen heißt inzwischen Klima- und Transformationsfonds. Mit dem Geld sollen Modernisierungspläne finanziert werden wie beispielsweise Gebäudesanierungen, der Umbau hin zu grüner Energieversorgung und Elektromobilität oder Hilfen für energieintensive Unternehmen.
Ampel-Klimafonds: Zentral für die Finanzierung von Habecks Heizungsgesetz
Der Fonds finanziert einige – teils umstrittene – Großprojekte der Bundesregierung, insbesondere solchen in der Verantwortung von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): Konkret sind nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums 18,8 Milliarden Euro zur „Förderung und sozialer Abfederung“ des Heizungsumbaus in Privathaushalten nach dem Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Koalition veranschlagt. Hinzukommen 12,6 Milliarden Euro für den Ausbau erneuerbare Energien. Beide Zahlen beziehen sich lediglich auf das kommende Haushaltsjahr 2024.
Die Unionsfraktion findet, dass Kredite nur zur Bewältigung der unmittelbaren Notlage aufgenommen werden dürften, nicht aber für längere Krisen wie die Klimaerwärmung. Der Klimaschutz sollte aus dem Haushalt finanziert werden. Sie will, dass der entsprechende Teil des Nachtragshaushaltsgesetzes für nichtig erklärt wird.
Die Bundesregierung argumentierte dagegen in der mündlichen Verhandlung im Juni, dass auch der Klimafonds der Bewältigung der Pandemiefolgen diene. In der schwächelnden Volkswirtschaft sei es wichtig, private Investitionen anzustoßen. Nach knapp fünf Monaten Beratung steht nun die Entscheidung in Karlsruhe an. Sie dürfte auch in Berlin mit Spannung erwartet werden.
Zitat von Gast am 15. November 2023, 10:12 UhrBundesverfassungsgericht erklärt Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig
Dürfen 60 Milliarden Euro, die einst zur Bekämpfung der Coronapandemie gedacht waren, für Klimaschutzprojekte verwendet werden? Die Union meldete juristische Zweifel an – zu Recht, hat nun das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat geurteilt, dass der Bund zur Bekämpfung der Coronakrise gedachte Gelder nicht für den Klimaschutz nutzen darf. Die Änderung des Nachtragshaushalts 2021 sei verfassungswidrig, verkündete das höchste Gericht Deutschlands.
Konkret ging es um 60 Milliarden Euro im Nachtragshaushalt 2021. Der Bund hatte während der Coronapandemie den Haushalt 2021 nachträglich in Form einer Kreditermächtigung in dieser Höhe aufgestockt. In solchen Notfallsituationen ist das trotz im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse möglich. Am Ende wurde das Geld aber nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihren Folgen gebraucht.
Die Ampelkoalition wollte das Geld daher für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) nutzen, aus dem zahlreiche Förderprogramme bezahlt werden. Die Regierung schichtete die Summe mit Zustimmung des Bundestages 2022 rückwirkend um. Sie argumentiert auch damit, dass so die infolge von Corona schwächelnde Wirtschaft angekurbelt werden sollte. Doch 197 Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag legten dagegen in Karlsruhe Einspruch ein, weil aus ihrer Sicht auf diese Weise die Schuldenbremse umgangen wird.
Entscheidung könnte Haushaltspolitik auf den Kopf stellen
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts gab den Klägern nun recht. Die Entscheidung könnte wegweisend sein für die künftige Haushaltspolitik und den Umgang mit der Schuldenbremse.
Bundesverfassungsgericht erklärt Nachtragshaushalt 2021 für verfassungswidrig
Dürfen 60 Milliarden Euro, die einst zur Bekämpfung der Coronapandemie gedacht waren, für Klimaschutzprojekte verwendet werden? Die Union meldete juristische Zweifel an – zu Recht, hat nun das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat geurteilt, dass der Bund zur Bekämpfung der Coronakrise gedachte Gelder nicht für den Klimaschutz nutzen darf. Die Änderung des Nachtragshaushalts 2021 sei verfassungswidrig, verkündete das höchste Gericht Deutschlands.
Konkret ging es um 60 Milliarden Euro im Nachtragshaushalt 2021. Der Bund hatte während der Coronapandemie den Haushalt 2021 nachträglich in Form einer Kreditermächtigung in dieser Höhe aufgestockt. In solchen Notfallsituationen ist das trotz im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse möglich. Am Ende wurde das Geld aber nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihren Folgen gebraucht.
Die Ampelkoalition wollte das Geld daher für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) nutzen, aus dem zahlreiche Förderprogramme bezahlt werden. Die Regierung schichtete die Summe mit Zustimmung des Bundestages 2022 rückwirkend um. Sie argumentiert auch damit, dass so die infolge von Corona schwächelnde Wirtschaft angekurbelt werden sollte. Doch 197 Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag legten dagegen in Karlsruhe Einspruch ein, weil aus ihrer Sicht auf diese Weise die Schuldenbremse umgangen wird.
Entscheidung könnte Haushaltspolitik auf den Kopf stellen
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts gab den Klägern nun recht. Die Entscheidung könnte wegweisend sein für die künftige Haushaltspolitik und den Umgang mit der Schuldenbremse.
Zitat von Gast am 15. November 2023, 10:25 UhrIst das der Genickbruch für die Ampel? 60 Milliarden Euro fehlen plötzlich im Haushalt
Neue Mega-Krise für die Ampel-Koaltion und Finanzminister Christian Lindner! Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwochvormittag (15. November) geurteilt, dass der Bund zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder nicht für den Klimaschutz nutzen darf.
Das bedeutet, dass Finanzminister Christian Lindner nun rund 60 Milliarden Euro fehlen (zuletzt beklagte er sich im Ausland über die Ampel)! Ein riesiges Loch – was nun?
Paukenschlag: Haushalt von Lindner ist verfassungswidrig
Die Änderung des Nachtragshaushalts 2021 sei verfassungswidrig, verkündete das höchste deutsche Gericht. Es gehe um die Wirksamkeit der Schuldenbremse, sagte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, Doris König. Damit war die Klage der CDU/CSU-Fraktion erfolgreich.
Wegen der Notfallsituation während der Corona-Pandemie hatte der Bund den Haushalt 2021 nachträglich in Form einer Kreditermächtigung um 60 Milliarden Euro aufgestockt. In solch außergewöhnlichen Situationen ist es trotz Schuldenbremse möglich, Kredite aufzunehmen.
Am Ende wurde das Geld aber nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gebraucht. Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP wollte das Geld daher für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds nutzen und schichtete es mit Zustimmung des Bundestages 2022 rückwirkend um. 197 Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag klagten dagegen in Karlsruhe, weil aus ihrer Sicht auf diese Weise die Schuldenbremse umgangen wird.
Die Ampel steht nun am Scheideweg: Steuern rauf, Ende der Schuldenbremse oder Spar-Hammer?
Nun ist völlig unklar, was jetzt passiert. „Spiegel“-Journalist Florian Gathmann schreibt auf X, dass es „der Worst-Case für die Ampel eingetreten“ ist. Ebenso sieht das Veit Medick vom Stern-Hauptstadtbüro: „Absoluter worst case für die Ampel“, schreibt er auf X.
Wird die Bundesregierung nun eine drastische Sparpolitik vornehmen – oder kommt es zu Steuererhöhungen, was die FDP kategorisch ausschließt? Von linker Seite kommen Forderung, die Schuldenbremse wieder aus der Verfassung zu streichen, weil diese gerade in Zeiten der Klimakrise nötige Transformations-Investitionen behindere.
Die bereits zuvor zerstrittene Ampel scheint mehr denn je auf der Kippe zu stehen. Werden sich SPD, Grüne und FDP auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können?
Ist das der Genickbruch für die Ampel? 60 Milliarden Euro fehlen plötzlich im Haushalt
Neue Mega-Krise für die Ampel-Koaltion und Finanzminister Christian Lindner! Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwochvormittag (15. November) geurteilt, dass der Bund zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder nicht für den Klimaschutz nutzen darf.
Das bedeutet, dass Finanzminister Christian Lindner nun rund 60 Milliarden Euro fehlen (zuletzt beklagte er sich im Ausland über die Ampel)! Ein riesiges Loch – was nun?
Paukenschlag: Haushalt von Lindner ist verfassungswidrig
Die Änderung des Nachtragshaushalts 2021 sei verfassungswidrig, verkündete das höchste deutsche Gericht. Es gehe um die Wirksamkeit der Schuldenbremse, sagte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, Doris König. Damit war die Klage der CDU/CSU-Fraktion erfolgreich.
Wegen der Notfallsituation während der Corona-Pandemie hatte der Bund den Haushalt 2021 nachträglich in Form einer Kreditermächtigung um 60 Milliarden Euro aufgestockt. In solch außergewöhnlichen Situationen ist es trotz Schuldenbremse möglich, Kredite aufzunehmen.
Am Ende wurde das Geld aber nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gebraucht. Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP wollte das Geld daher für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds nutzen und schichtete es mit Zustimmung des Bundestages 2022 rückwirkend um. 197 Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag klagten dagegen in Karlsruhe, weil aus ihrer Sicht auf diese Weise die Schuldenbremse umgangen wird.
Die Ampel steht nun am Scheideweg: Steuern rauf, Ende der Schuldenbremse oder Spar-Hammer?
Nun ist völlig unklar, was jetzt passiert. „Spiegel“-Journalist Florian Gathmann schreibt auf X, dass es „der Worst-Case für die Ampel eingetreten“ ist. Ebenso sieht das Veit Medick vom Stern-Hauptstadtbüro: „Absoluter worst case für die Ampel“, schreibt er auf X.
Wird die Bundesregierung nun eine drastische Sparpolitik vornehmen – oder kommt es zu Steuererhöhungen, was die FDP kategorisch ausschließt? Von linker Seite kommen Forderung, die Schuldenbremse wieder aus der Verfassung zu streichen, weil diese gerade in Zeiten der Klimakrise nötige Transformations-Investitionen behindere.
Die bereits zuvor zerstrittene Ampel scheint mehr denn je auf der Kippe zu stehen. Werden sich SPD, Grüne und FDP auf ein gemeinsames Vorgehen einigen können?
Zitat von Gast am 15. November 2023, 10:39 UhrMerkur-Kommentar
Bürgergeld-Kosten explodieren: Die nächste Quittung für die Ampel
Die explodierenden Kosten für das Bürgergeld sind nach Atomausstieg und Heizungsgesetz das nächste Zeichen einer falschen Poltik der Ampelregierung, die bei den Bürgern schlecht ankommt. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Am deutschen Arbeitsmarkt gibt es ein Wunder zu bestaunen – aber leider nur ein blaues: Die Betriebe betteln um Arbeitskräfte aller Art, finden aber keine. Umgekehrt schlägt der Bundesfinanzminister Alarm, weil der Staat immer gewaltigere Milliardensummen für die wachsende Zahl der Bürgergeld-Bezieher aufwenden muss, die partout keine Arbeit finden. Ein Rätsel? Keineswegs: Wer daheim auf der Couch genauso viel Geld kassieren kann wie jemand, der sich jeden Tag früh morgens auf den Weg in die Arbeit macht, wäre schön dumm, wenn er auf das Geldgeschenk vom Staat verzichten würde.
Aus Schröder’schen Zweiklang des Förderns und Forderns hat die Ampel das Fordern gestrichen
Die Ampelregierung kassiert, wie schon beim Atomausstieg und dem Heizungsgesetz, gerade die nächste Quittung für ihre falsche Politik. Aus dem Schröder’schen Zweiklang des Förderns und Forderns hat sie mit der Einführung des Bürgergelds vor einem Jahr das Fordern gestrichen, will nun auch noch die Fördersätze drastisch anheben – und wundert sich, dass Alt- und Neubürger das noble Angebot dankend annehmen. Ein Beispiel: Nur einer von fünf Ukrainern, die vor dem Krieg nach Deutschland geflohen sind, hat hier eine Arbeit aufgenommen; in den Niederlanden, wo der Staat weniger freigiebig ist, waren es fast vier Mal so viele.
Jetzt gärt der Ärger im Bürgerparadies. SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil, auf dessen Mist die Bürgergeldreform gewachsen ist, versucht es plötzlich mit Drohungen. Er warnt Arbeitnehmer vor mutwilligen Kündigungen und Renteneinbußen. Doch die gespielte Verzweiflung des Arbeitsministers über die sinkende Arbeitsmoral hilft ebenso wenig weiter wie das Erstaunen des FDP-Finanzministers über explodierende Kosten. Volkswirte hatten beides korrekt vorhergesagt. Zielführender ist ein Gesetzesvorschlag von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: Jeder, der arbeiten kann und Stütze bezieht, soll spätestens nach sechs Monaten einen der zahlreich vorhandenen Jobs annehmen oder gemeinnützig arbeiten, statt andere für sich arbeiten zu lassen.
Merkur-Kommentar
Bürgergeld-Kosten explodieren: Die nächste Quittung für die Ampel
Die explodierenden Kosten für das Bürgergeld sind nach Atomausstieg und Heizungsgesetz das nächste Zeichen einer falschen Poltik der Ampelregierung, die bei den Bürgern schlecht ankommt. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
Am deutschen Arbeitsmarkt gibt es ein Wunder zu bestaunen – aber leider nur ein blaues: Die Betriebe betteln um Arbeitskräfte aller Art, finden aber keine. Umgekehrt schlägt der Bundesfinanzminister Alarm, weil der Staat immer gewaltigere Milliardensummen für die wachsende Zahl der Bürgergeld-Bezieher aufwenden muss, die partout keine Arbeit finden. Ein Rätsel? Keineswegs: Wer daheim auf der Couch genauso viel Geld kassieren kann wie jemand, der sich jeden Tag früh morgens auf den Weg in die Arbeit macht, wäre schön dumm, wenn er auf das Geldgeschenk vom Staat verzichten würde.
Aus Schröder’schen Zweiklang des Förderns und Forderns hat die Ampel das Fordern gestrichen
Die Ampelregierung kassiert, wie schon beim Atomausstieg und dem Heizungsgesetz, gerade die nächste Quittung für ihre falsche Politik. Aus dem Schröder’schen Zweiklang des Förderns und Forderns hat sie mit der Einführung des Bürgergelds vor einem Jahr das Fordern gestrichen, will nun auch noch die Fördersätze drastisch anheben – und wundert sich, dass Alt- und Neubürger das noble Angebot dankend annehmen. Ein Beispiel: Nur einer von fünf Ukrainern, die vor dem Krieg nach Deutschland geflohen sind, hat hier eine Arbeit aufgenommen; in den Niederlanden, wo der Staat weniger freigiebig ist, waren es fast vier Mal so viele.
Jetzt gärt der Ärger im Bürgerparadies. SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil, auf dessen Mist die Bürgergeldreform gewachsen ist, versucht es plötzlich mit Drohungen. Er warnt Arbeitnehmer vor mutwilligen Kündigungen und Renteneinbußen. Doch die gespielte Verzweiflung des Arbeitsministers über die sinkende Arbeitsmoral hilft ebenso wenig weiter wie das Erstaunen des FDP-Finanzministers über explodierende Kosten. Volkswirte hatten beides korrekt vorhergesagt. Zielführender ist ein Gesetzesvorschlag von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: Jeder, der arbeiten kann und Stütze bezieht, soll spätestens nach sechs Monaten einen der zahlreich vorhandenen Jobs annehmen oder gemeinnützig arbeiten, statt andere für sich arbeiten zu lassen.
Zitat von Gast am 16. November 2023, 06:47 UhrHaushalt der Ampel verfassungswidrig: Nicht nur die Koalition hat nun ein Problem – sondern ganz Deutschland
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Zeit der Dogmen vorbei. Alle Parteien müssen sich bewegen, um Schaden vom Land abzuwenden.
Wenn das keine Klatsche ist. Vielleicht noch keine „Vollklatsche“, wie die Unionsopposition meinte, aber nahe dran ist es schon, wie das Bundesverfassungsgericht zum Haushalt geurteilt hat. Der Klima- und Transformationsfonds soll um 60 Milliarden Euro gekürzt werden. Das muss die Ampelkoalition erst einmal schaffen, in ihrem Zustand und überhaupt.
Die nicht benötigten Milliarden aus den Corona-Krediten durften also nicht umgewidmet und in den Klimafonds verschoben werden. Das Vorgehen der Ampel ist höchstrichterlich „nichtig“, nicht nur nach Meinung ihrer Kritiker ein Verstoß gegen die Schuldenbremse, die immerhin in der Verfassung steht. Ein schlechteres Zeugnis für die Arbeit lässt sich kaum vorstellen. Höchstens, wenn die Wähler ihr ein ähnliches ausstellen.
Eindeutig ist: Mit dem Urteil hat die Klage der 197 CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten Erfolg. Das kann man mit Fug, bloß ohne Recht beklagen. Das Geld, um das es geht, wurde schließlich nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gebraucht, wohl aber für den Kampf ums gute Klima. Und der Bundestag hatte es mit Zustimmung des Bundestages 2022 rückwirkend dahin umgeschichtet. Nur nicht mit allen Stimmen.
Der Zweite Senat des Verfassungsgerichts ging, sagen wir, puristisch vor. Vielleicht auch, weil er sich das erste Mal mit einem solchen Fall befassen musste. So gilt es nun: Die Schuldenbremse braucht eine wirkliche Bremswirkung, es sollen ja nicht immer wieder Vorratskassen angelegt und Verwendungszwecke geändert werden. Auch in Notlagen muss klar sein, wo der Spielraum des Staates für Kreditermächtigungen endet.
Die Union darf sich allerdings nicht zu früh freuen. Sollte sie einmal wieder regieren, gilt das genauso für sie. CDU und CSU haben auch sich selbst den Spielraum eingeengt. Womöglich fällt ihr später auf, dass das gar nicht so klug war. Denn Krise ist immer, immer öfter.
Auch dass einstweilen die Ampel das Problem hat, sie allein, ist ein Trugschluss. Denn mit ihr hat es der gesamte Staat; und der Staat sind wir.
Das Problem ist nicht gering: Falls bereits eingegangene Verpflichtungen aufgrund der jetzigen Entscheidung absehbar nicht mehr bedient werden können, „muss dies durch den Haushaltsgesetzgeber anderweitig kompensiert werden“, sagte die Vorsitzende Richterin.
Das Urteil dürfte den Kanzler nicht überraschen
Jetzt geht’s drum. Das Urteil verbietet keine Debatte über die Schuldenbremse, das tut in der Koalition nur die FDP. Doch sie muss wissen: Wer keinen verfassungskonformen Haushalt zusammenbringt, ist regierungsunfähig. Und scheitert.
Olaf Scholz, vor seiner Zeit als Kanzler Finanzminister, dürfte das Urteil eigentlich nicht überraschen. Er wird die Möglichkeiten der Schadensbegrenzung bedacht haben, alles andere widerspräche dem Bild vom Oberpragmatiker und Chefstoiker. Schaden muss übrigens in zweierlei Hinsicht nicht nur begrenzt, sondern abgewendet werden: vom deutschen Volk, wie es der Amtseid verlangt, und von der Koalition.
Der Wirtschaftsweise Achim Truger hat ja auch schon erklärt, wie es gehen kann. Die saubere, grundsätzliche Lösung wäre eine Reform der Schuldenbremse. Zum Beispiel durch die Regel, nach einer Krise schrittweise zur Schuldenregel zurückzukehren. Oder fehlende Einnahmen durch einen befristeten Energie- oder Klima-Soli auszugleichen. Oder indem man eine Notlage über Jahre ausruft.
Das alles muss aber jetzt erst einmal diskutiert werden – rasch und mit dem Blick auf eine Zweidrittelmehrheit. Alle müssen sich da bewegen: aufeinander zu. Nicht zuletzt in der Ampel.
Richtlinienkompetenz des Kanzlers gut und schön, oberste Richtlinie muss sein, wie wir alle nicht verlieren, sondern von angemessener, vorausschauender Regierungspolitik profitieren. Scholz muss führen, SPD, Grüne und FDP müssen sich führen lassen. Auf Dogmen zu beharren „isch over“, wie der Vater der Schuldenbremse, Wolfgang Schäuble von der CDU, gesagt hätte.
Die Klatsche weckt alle auf. Es wird Zeit für eine Verantwortungsgemeinschaft der Demokraten. Sonst bekommen die nämlich bei der nächsten Bundestagswahl eine Vollklatsche.
Haushalt der Ampel verfassungswidrig: Nicht nur die Koalition hat nun ein Problem – sondern ganz Deutschland
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Zeit der Dogmen vorbei. Alle Parteien müssen sich bewegen, um Schaden vom Land abzuwenden.
Wenn das keine Klatsche ist. Vielleicht noch keine „Vollklatsche“, wie die Unionsopposition meinte, aber nahe dran ist es schon, wie das Bundesverfassungsgericht zum Haushalt geurteilt hat. Der Klima- und Transformationsfonds soll um 60 Milliarden Euro gekürzt werden. Das muss die Ampelkoalition erst einmal schaffen, in ihrem Zustand und überhaupt.
Die nicht benötigten Milliarden aus den Corona-Krediten durften also nicht umgewidmet und in den Klimafonds verschoben werden. Das Vorgehen der Ampel ist höchstrichterlich „nichtig“, nicht nur nach Meinung ihrer Kritiker ein Verstoß gegen die Schuldenbremse, die immerhin in der Verfassung steht. Ein schlechteres Zeugnis für die Arbeit lässt sich kaum vorstellen. Höchstens, wenn die Wähler ihr ein ähnliches ausstellen.
Eindeutig ist: Mit dem Urteil hat die Klage der 197 CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten Erfolg. Das kann man mit Fug, bloß ohne Recht beklagen. Das Geld, um das es geht, wurde schließlich nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gebraucht, wohl aber für den Kampf ums gute Klima. Und der Bundestag hatte es mit Zustimmung des Bundestages 2022 rückwirkend dahin umgeschichtet. Nur nicht mit allen Stimmen.
Der Zweite Senat des Verfassungsgerichts ging, sagen wir, puristisch vor. Vielleicht auch, weil er sich das erste Mal mit einem solchen Fall befassen musste. So gilt es nun: Die Schuldenbremse braucht eine wirkliche Bremswirkung, es sollen ja nicht immer wieder Vorratskassen angelegt und Verwendungszwecke geändert werden. Auch in Notlagen muss klar sein, wo der Spielraum des Staates für Kreditermächtigungen endet.
Die Union darf sich allerdings nicht zu früh freuen. Sollte sie einmal wieder regieren, gilt das genauso für sie. CDU und CSU haben auch sich selbst den Spielraum eingeengt. Womöglich fällt ihr später auf, dass das gar nicht so klug war. Denn Krise ist immer, immer öfter.
Auch dass einstweilen die Ampel das Problem hat, sie allein, ist ein Trugschluss. Denn mit ihr hat es der gesamte Staat; und der Staat sind wir.
Das Problem ist nicht gering: Falls bereits eingegangene Verpflichtungen aufgrund der jetzigen Entscheidung absehbar nicht mehr bedient werden können, „muss dies durch den Haushaltsgesetzgeber anderweitig kompensiert werden“, sagte die Vorsitzende Richterin.
Das Urteil dürfte den Kanzler nicht überraschen
Jetzt geht’s drum. Das Urteil verbietet keine Debatte über die Schuldenbremse, das tut in der Koalition nur die FDP. Doch sie muss wissen: Wer keinen verfassungskonformen Haushalt zusammenbringt, ist regierungsunfähig. Und scheitert.
Olaf Scholz, vor seiner Zeit als Kanzler Finanzminister, dürfte das Urteil eigentlich nicht überraschen. Er wird die Möglichkeiten der Schadensbegrenzung bedacht haben, alles andere widerspräche dem Bild vom Oberpragmatiker und Chefstoiker. Schaden muss übrigens in zweierlei Hinsicht nicht nur begrenzt, sondern abgewendet werden: vom deutschen Volk, wie es der Amtseid verlangt, und von der Koalition.
Der Wirtschaftsweise Achim Truger hat ja auch schon erklärt, wie es gehen kann. Die saubere, grundsätzliche Lösung wäre eine Reform der Schuldenbremse. Zum Beispiel durch die Regel, nach einer Krise schrittweise zur Schuldenregel zurückzukehren. Oder fehlende Einnahmen durch einen befristeten Energie- oder Klima-Soli auszugleichen. Oder indem man eine Notlage über Jahre ausruft.
Das alles muss aber jetzt erst einmal diskutiert werden – rasch und mit dem Blick auf eine Zweidrittelmehrheit. Alle müssen sich da bewegen: aufeinander zu. Nicht zuletzt in der Ampel.
Richtlinienkompetenz des Kanzlers gut und schön, oberste Richtlinie muss sein, wie wir alle nicht verlieren, sondern von angemessener, vorausschauender Regierungspolitik profitieren. Scholz muss führen, SPD, Grüne und FDP müssen sich führen lassen. Auf Dogmen zu beharren „isch over“, wie der Vater der Schuldenbremse, Wolfgang Schäuble von der CDU, gesagt hätte.
Die Klatsche weckt alle auf. Es wird Zeit für eine Verantwortungsgemeinschaft der Demokraten. Sonst bekommen die nämlich bei der nächsten Bundestagswahl eine Vollklatsche.