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News zur Bundesregierung
Zitat von Gast am 10. August 2023, 05:45 UhrRegierung erhöht CO2-Preis um ein Drittel
Kampf gegen Klimakrise
Regierung erhöht CO2-Preis um ein Drittel
Der CO2-Preis soll stärker steigen als bisher geplant. Ursprünglich war die Preiserhöhung wegen der Energiekrise verschoben worden.
Die Bundesregierung will den CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien im kommenden Jahr stärker anheben als bisher geplant. Der Preis soll zum 1. Januar auf 40 Euro pro Tonne steigen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Regierungskreisen erfuhr. Bisher waren 35 Euro geplant. Derzeit liegt er bei 30 Euro. Zuvor hatte unter anderem das "Handelsblatt" berichtet. In der Bundesregierung war zunächst über eine Erhöhung des CO2-Preises 2024 auf 45 Euro debattiert worden.
Das Bundeskabinett beschloss den Entwurf des Wirtschaftsplans des Klima- und Transformationsfonds für 2024 sowie den Finanzplan bis 2027, wie das Finanzministerium mitteilte. Dieses Sondervermögen speist sich unter anderem aus der nationalen CO2-Bepreisung im Verkehrs- und Wärmebereich. Die Einnahmen daraus sollen laut Entwurf um rund 2,3 Milliarden auf rund 10,9 Milliarden Euro steigen.
Finanzminister Christian Lindner sagte laut Mitteilung: "Wir müssen bei der CO2-Bepreisung mit Augenmaß vorgehen, gerade angesichts der aktuellen Wachstumsschwäche."
Erhöhung wurde wegen Energiekrise verschoben
Eine Erhöhung des CO2-Preises ab Anfang 2023 hatte die Koalition wegen der Energiekrise verschoben. Über den Klima- und Transformationsfonds, ein Sondervermögen des Bundes, investiert der Bund in den klimagerechten Umbau – zum Beispiel gehen Milliarden in die energetische Gebäudesanierung, die Dekarbonisierung der Industrie und den Ausbau der Elektromobilität. Vorgesehen sind 2024 Programmausgaben von rund 57,6 Milliarden Euro. Das sind 21,6 Milliarden Euro mehr als die Soll-Ausgaben des Jahres 2023.
"Mit dem KTF-Wirtschaftsplan fördern wir Innovationen am Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte Lindner. "Wir schaffen Grundlagen, damit aus Dekarbonisierung und Digitalisierung Zukunftschancen erwachsen."
Regierung erhöht CO2-Preis um ein Drittel
Kampf gegen Klimakrise
Regierung erhöht CO2-Preis um ein Drittel
Der CO2-Preis soll stärker steigen als bisher geplant. Ursprünglich war die Preiserhöhung wegen der Energiekrise verschoben worden.
Die Bundesregierung will den CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien im kommenden Jahr stärker anheben als bisher geplant. Der Preis soll zum 1. Januar auf 40 Euro pro Tonne steigen, wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Regierungskreisen erfuhr. Bisher waren 35 Euro geplant. Derzeit liegt er bei 30 Euro. Zuvor hatte unter anderem das "Handelsblatt" berichtet. In der Bundesregierung war zunächst über eine Erhöhung des CO2-Preises 2024 auf 45 Euro debattiert worden.
Das Bundeskabinett beschloss den Entwurf des Wirtschaftsplans des Klima- und Transformationsfonds für 2024 sowie den Finanzplan bis 2027, wie das Finanzministerium mitteilte. Dieses Sondervermögen speist sich unter anderem aus der nationalen CO2-Bepreisung im Verkehrs- und Wärmebereich. Die Einnahmen daraus sollen laut Entwurf um rund 2,3 Milliarden auf rund 10,9 Milliarden Euro steigen.
Finanzminister Christian Lindner sagte laut Mitteilung: "Wir müssen bei der CO2-Bepreisung mit Augenmaß vorgehen, gerade angesichts der aktuellen Wachstumsschwäche."
Erhöhung wurde wegen Energiekrise verschoben
Eine Erhöhung des CO2-Preises ab Anfang 2023 hatte die Koalition wegen der Energiekrise verschoben. Über den Klima- und Transformationsfonds, ein Sondervermögen des Bundes, investiert der Bund in den klimagerechten Umbau – zum Beispiel gehen Milliarden in die energetische Gebäudesanierung, die Dekarbonisierung der Industrie und den Ausbau der Elektromobilität. Vorgesehen sind 2024 Programmausgaben von rund 57,6 Milliarden Euro. Das sind 21,6 Milliarden Euro mehr als die Soll-Ausgaben des Jahres 2023.
"Mit dem KTF-Wirtschaftsplan fördern wir Innovationen am Wirtschaftsstandort Deutschland", sagte Lindner. "Wir schaffen Grundlagen, damit aus Dekarbonisierung und Digitalisierung Zukunftschancen erwachsen."
Zitat von Gast am 10. August 2023, 08:26 Uhr„Es fehlen 14 Milliarden Euro“: Verteidigungsetat und Sondervermögen verfehlen laut ifo Zwei-Prozent-Ziel
Die von Kanzler Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ lässt auf sich warten. Laut ifo-Institut sind von dem Sondervermögen über 100 Milliarden bis Mitte 2023 erst 1,2 Milliarden Euro abgeflossen.
Deutschland könnte das von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verkündete Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, nach Berechnungen des ifo-Instituts 2024 wieder verfehlen. Der Haushaltsentwurf sehe Ausgaben von 52 Milliarden Euro im Verteidigungshaushalt und 19 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Bundeswehr vor.
„Das sind nur 1,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Es fehlen 14 Milliarden Euro, die bei anderen Ministerien als Verteidigungsausgaben klassifiziert werden müssten“, sagt ifo-Militärexperte Marcel Schlepper am Mittwoch.
Seit 2022 sei der Verteidigungshaushalt preisbereinigt sogar gesunken. Verteidigungshaushalt und Sondervermögen reichten 2024 nicht für das Zwei-Prozent-Ziel. Bisher sei nur bekannt, dass zusätzlich 4 Milliarden Euro für die Ertüchtigung ausländischer Partner wie der Ukraine vorgesehen sind. Aber wo sich „die anderen Ressorts neu für Verteidigung engagieren oder ob es sich lediglich um eine Umetikettierung schon länger bestehender Ausgabenposten handelt“, sei offen, sagte Schlepper.
Bundeskanzler Scholz hatte nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 im Bundestag eine „Zeitenwende“ ausgerufen und gesagt, Deutschland werde „von nun an – Jahr für Jahr – mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren“. Die Bundeswehr werde aus einem Sondervermögen 100 Milliarden Euro für Investitionen und Rüstungsvorhaben erhalten. Laut ifo-Institut sind aber von diesen 100 Milliarden bis Mitte 2023 erst 1,2 Milliarden Euro abgeflossen.
Der Chef des Panzerherstellers Krauss-Maffei-Wegmann, Ralf Ketzel, hatte dem „Münchner Merkur“ vergangene Woche gesagt: „Wirklich neu dazugekommen ist bei uns bis heute eigentlich nichts. (...) Bei wirklich neuen Projekten geht es weiterhin nur sehr schleppend voran.“ In Deutschland „bleiben wir wohl auf absehbare Zeit hinter der Nato-Verpflichtung zurück“. Zudem versenke Europa in der Rüstung viel Geld durch Parallel-Projekte: In „dem Ausmaß, wie wir uns das leisten, ist es eine große Verschwendung“.Zu den Verteidigungsausgaben gemäß Nato-Definition gehören neben den Mitteln aus dem eigentlichen Verteidigungshaushalt auch Ausgaben für friedensstiftende und -erhaltende Maßnahmen aus dem Budget des Auswärtigen Amtes und einige andere Posten. In der Vergangenheit wurden zum Beispiel auch Kosten für den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte auf deutschem Boden oder Abrüstungsprojekte genannt. Die Nato-Zahlen sind deswegen höher als der Betrag, mit dem meist in der innenpolitischen Debatte gearbeitet wird.
„Es fehlen 14 Milliarden Euro“: Verteidigungsetat und Sondervermögen verfehlen laut ifo Zwei-Prozent-Ziel
Die von Kanzler Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ lässt auf sich warten. Laut ifo-Institut sind von dem Sondervermögen über 100 Milliarden bis Mitte 2023 erst 1,2 Milliarden Euro abgeflossen.
Deutschland könnte das von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verkündete Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben, nach Berechnungen des ifo-Instituts 2024 wieder verfehlen. Der Haushaltsentwurf sehe Ausgaben von 52 Milliarden Euro im Verteidigungshaushalt und 19 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Bundeswehr vor.
„Das sind nur 1,7 Prozent der Wirtschaftsleistung. Es fehlen 14 Milliarden Euro, die bei anderen Ministerien als Verteidigungsausgaben klassifiziert werden müssten“, sagt ifo-Militärexperte Marcel Schlepper am Mittwoch.
Seit 2022 sei der Verteidigungshaushalt preisbereinigt sogar gesunken. Verteidigungshaushalt und Sondervermögen reichten 2024 nicht für das Zwei-Prozent-Ziel. Bisher sei nur bekannt, dass zusätzlich 4 Milliarden Euro für die Ertüchtigung ausländischer Partner wie der Ukraine vorgesehen sind. Aber wo sich „die anderen Ressorts neu für Verteidigung engagieren oder ob es sich lediglich um eine Umetikettierung schon länger bestehender Ausgabenposten handelt“, sei offen, sagte Schlepper.
Bundeskanzler Scholz hatte nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 im Bundestag eine „Zeitenwende“ ausgerufen und gesagt, Deutschland werde „von nun an – Jahr für Jahr – mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren“. Die Bundeswehr werde aus einem Sondervermögen 100 Milliarden Euro für Investitionen und Rüstungsvorhaben erhalten. Laut ifo-Institut sind aber von diesen 100 Milliarden bis Mitte 2023 erst 1,2 Milliarden Euro abgeflossen.
Zu den Verteidigungsausgaben gemäß Nato-Definition gehören neben den Mitteln aus dem eigentlichen Verteidigungshaushalt auch Ausgaben für friedensstiftende und -erhaltende Maßnahmen aus dem Budget des Auswärtigen Amtes und einige andere Posten. In der Vergangenheit wurden zum Beispiel auch Kosten für den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte auf deutschem Boden oder Abrüstungsprojekte genannt. Die Nato-Zahlen sind deswegen höher als der Betrag, mit dem meist in der innenpolitischen Debatte gearbeitet wird.
Zitat von Gast am 10. August 2023, 13:34 UhrWacht endlich mal auf!
Berlin . Hohe Zinsen, aber auch eine Mischung aus Überalterung, Versorgungsmentalität und Überregulierung lähmen die deutsche Wirtschaft. Die Ampel-Regierung sollte die restliche Zeit der Wahlperiode nicht zusehen, wie sich die Wachstumsschwäche ausweitet. Vieles kann getan werden, das gar kein Geld kostet – und kostet es doch mehr Geld, finden sich auch neue Finanzierungswege.
Friedrich Merz hat recht: Dass Deutschland das einzige Industrieland ist, das laut der jüngsten IWF-Prognose in diesem Jahr schrumpfen wird, ist eine schlechte Nachricht, die die Ampel-Regierung um den merkwürdig tiefenentspannten SPD-Kanzler wachrütteln sollte, findet der CDU-Chef. Deutschland ist in der Tat weit entfernt vom Transformations-Wirtschaftswunder, das Olaf Scholz zu Beginn der Legislaturperiode prophezeit hatte. Die Wachstumsperspektiven haben sich im Gegenteil sogar eher noch verschlechtert, seit die Ampel im Amt ist – auch weil sie wesentliche Ursachen der Wachstumsschwäche nicht wahrhaben will oder sie nicht wirkungsvoll genug bekämpft.
Ein Cocktail aus Überalterung und Fachkräftemangel, veralteter Infrastruktur und Digitalisierungsrückstand, Abgabenlast und Bürokratie-Dickicht, Versorgungsmentalität und rechter Gefahr lässt Investoren in Deutschland zögern. Sie liebäugeln mit attraktiveren Regionen, etwa in den USA und Asien. Ausländische Investoren – wie die Chiphersteller Intel und TSMC – kommen überhaupt nur nach Deutschland, weil ihnen der Staat viele Milliarden an Subventionen zuwirft.
Im Rest der Legislaturperiode darf die Wirtschaftspolitik deshalb nicht untätig bleiben. Wahlkämpfe sollten für die Parteien endlich einmal nicht die Hauptrolle spielen. Es könnte zuallererst viel getan werden, das kein Geld kostet, aber trotzdem mehr Raum für Investitionen schafft, etwa mit echtem Bürokratieabbau. Die Ampel hat bereits unfassbar viele Gesetze auf den Weg gebracht, aber das allein verdient keine Bestnote. Viele Neuregelungen sind sicher nötig. Aber beim Abbau von älteren, unnötigen Gesetzen und Verordnungen müsste die Regierung ein genauso hohes Tempo aufnehmen. Hier sind einfache Lösungen zielführend. Neue Gesetze könnten etwa von vornherein mit einem Ablaufdatum versehen werden. Oder die Ampel einigt sich ab sofort auf ein Belastungsmoratorium.
Sicher geht es auch ums leidige Geld. Im Bundeshaushalt finden sich vor allem wegen der Schuldenbremse keine neuen Finanzierungsquellen, dabei ist der Modernisierungsbedarf der Infrastruktur enorm. Dass die Regierung bei Digitalisierung oder Schul-Projekten kürzen will, während sie gleichzeitig Milliarden-Subventionen für Chip-Fabriken zusagt, passt nicht zusammen. Die Schuldenbremse einzuhalten, hat die Koalition verabredet und daran wie die Grünen immer wieder rütteln zu wollen, bringt die Regierung nicht weiter.
Zum Glück für die Ampel hat sie sich Sonder-Finanztöpfe geschaffen, und die sollte sie jetzt konsequenter nutzen, auch wenn dies nicht der reinen Lehre solider Finanzpolitik entspricht. Aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert der grüne Wirtschaftsminister jetzt auch zweckfremde Projekte wie etwa die Subventionen für die Chiphersteller. Dann kann sich auch der liberale Finanzminister beim zweiten Topf, dem wegen geringer Ausgaben für die Energiepreisbremsen gut gefüllten Wirtschaftsstabilisierungsfonds, beweglicher zeigen: Auch aus dem WSF sollten künftig mehr Energie- und Klimaschutz-Projekte finanziert werden. Das könnte den Haushalt entlasten.
Wacht endlich mal auf!
Berlin . Hohe Zinsen, aber auch eine Mischung aus Überalterung, Versorgungsmentalität und Überregulierung lähmen die deutsche Wirtschaft. Die Ampel-Regierung sollte die restliche Zeit der Wahlperiode nicht zusehen, wie sich die Wachstumsschwäche ausweitet. Vieles kann getan werden, das gar kein Geld kostet – und kostet es doch mehr Geld, finden sich auch neue Finanzierungswege.
Friedrich Merz hat recht: Dass Deutschland das einzige Industrieland ist, das laut der jüngsten IWF-Prognose in diesem Jahr schrumpfen wird, ist eine schlechte Nachricht, die die Ampel-Regierung um den merkwürdig tiefenentspannten SPD-Kanzler wachrütteln sollte, findet der CDU-Chef. Deutschland ist in der Tat weit entfernt vom Transformations-Wirtschaftswunder, das Olaf Scholz zu Beginn der Legislaturperiode prophezeit hatte. Die Wachstumsperspektiven haben sich im Gegenteil sogar eher noch verschlechtert, seit die Ampel im Amt ist – auch weil sie wesentliche Ursachen der Wachstumsschwäche nicht wahrhaben will oder sie nicht wirkungsvoll genug bekämpft.
Ein Cocktail aus Überalterung und Fachkräftemangel, veralteter Infrastruktur und Digitalisierungsrückstand, Abgabenlast und Bürokratie-Dickicht, Versorgungsmentalität und rechter Gefahr lässt Investoren in Deutschland zögern. Sie liebäugeln mit attraktiveren Regionen, etwa in den USA und Asien. Ausländische Investoren – wie die Chiphersteller Intel und TSMC – kommen überhaupt nur nach Deutschland, weil ihnen der Staat viele Milliarden an Subventionen zuwirft.
Im Rest der Legislaturperiode darf die Wirtschaftspolitik deshalb nicht untätig bleiben. Wahlkämpfe sollten für die Parteien endlich einmal nicht die Hauptrolle spielen. Es könnte zuallererst viel getan werden, das kein Geld kostet, aber trotzdem mehr Raum für Investitionen schafft, etwa mit echtem Bürokratieabbau. Die Ampel hat bereits unfassbar viele Gesetze auf den Weg gebracht, aber das allein verdient keine Bestnote. Viele Neuregelungen sind sicher nötig. Aber beim Abbau von älteren, unnötigen Gesetzen und Verordnungen müsste die Regierung ein genauso hohes Tempo aufnehmen. Hier sind einfache Lösungen zielführend. Neue Gesetze könnten etwa von vornherein mit einem Ablaufdatum versehen werden. Oder die Ampel einigt sich ab sofort auf ein Belastungsmoratorium.
Sicher geht es auch ums leidige Geld. Im Bundeshaushalt finden sich vor allem wegen der Schuldenbremse keine neuen Finanzierungsquellen, dabei ist der Modernisierungsbedarf der Infrastruktur enorm. Dass die Regierung bei Digitalisierung oder Schul-Projekten kürzen will, während sie gleichzeitig Milliarden-Subventionen für Chip-Fabriken zusagt, passt nicht zusammen. Die Schuldenbremse einzuhalten, hat die Koalition verabredet und daran wie die Grünen immer wieder rütteln zu wollen, bringt die Regierung nicht weiter.
Zum Glück für die Ampel hat sie sich Sonder-Finanztöpfe geschaffen, und die sollte sie jetzt konsequenter nutzen, auch wenn dies nicht der reinen Lehre solider Finanzpolitik entspricht. Aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert der grüne Wirtschaftsminister jetzt auch zweckfremde Projekte wie etwa die Subventionen für die Chiphersteller. Dann kann sich auch der liberale Finanzminister beim zweiten Topf, dem wegen geringer Ausgaben für die Energiepreisbremsen gut gefüllten Wirtschaftsstabilisierungsfonds, beweglicher zeigen: Auch aus dem WSF sollten künftig mehr Energie- und Klimaschutz-Projekte finanziert werden. Das könnte den Haushalt entlasten.
Zitat von Gast am 22. August 2023, 05:45 UhrTauchsieder: Auf diese Koalition können die Deutschen nicht mehr bauen
Die Ampelkoalition als Berliner Kindergartenkabinett. Es drohen zwei Jahre Boulevardtheater fürs jeweilige Stammpublikum – und eine Fortsetzung der AfD-Festspiele.
Man kann es bald wirklich nicht mehr hören, lesen, schreiben: Die Ampel wollte „mehr Fortschritt wagen“ und ließ sich für einen neuen politischen Stil feiern; man versicherte sich wechselseitig des Respekts vor den konträren Positionen der Partner und versprach den Deutschen, die Summe rot-grün-gelber Einzelanliegen zu hebeln; die Aufgabe sei groß (Robert Habeck) – und das Land könne sich nach 16 vermerkelten Jahren darauf verlassen, dass es keiner „Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners“ mehr zum Opfer falle, sondern künftig von „der größten politischen Wirkung“ profitieren werde (Olaf Scholz).
Kaum zwei Jahre ist das jetzt her. Aber statt „sehr sehr sehr guter Ergebnisse“ (wieder Scholz) produziert die Ampel nur noch Flickwerk, Selbstzufriedenheit und Streit. Vor dem Sommer, nach dem Sommer. Heizungsmurksminister Habeck verabschiedet sich im „Je-ne-regrette-rien“-Stil der Piaf in den Urlaub („null Hadern, null Zaudern, null Bedauern“). Und Olaf der Stolze, höher zu Ross denn je seit seinen Ferien in der Provence, ist auch noch im dritten Quartal der ökonomischen Stagnation davon überzeugt, er sei an einem „guten Wirtschaftsstandort“ der entscheidende Tempomacher des Landes („Ich sorge dafür, dass es vorankommt.“).
Die Wahrheit ist: Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat vor ein paar Monaten die Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) rüde ausgebremst und es genossen, die Kollegin dabei ziemlich blöd aussehen zu lassen. Jetzt, wen wundert’s, rächt sich Paus und grätscht brutal Lindners Steuerentlastungspläne für die Wirtschaft ab – auch wenn sie dabei abermals blöd aussieht, zutiefst kindisch nämlich, und dabei der Ampel den Start in die zweite Regierungshalbzeit vermiest. Mein Förmchen, dein Förmchen. Berliner Kindergartenkabinett.
Auf diese Koalition können die Deutschen nicht mehr bauen
„Das hat mich sehr fassungslos gemacht, dass es sofort mit Streit weitergeht“, sagt SPD-Chef Klingbeil, wie immer bemüht, den sorgenden Erzieher zu mimen: Wir auch, lieber Lars, wir auch. Aber menno, der schon halbstarke Jürgen will sich das nicht bieten lassen und teilt sofort gegen den kleinen Lars aus auf X, formely known as Twitter: „In der Tat, hat sich über die Sommerpause wenig geändert. Im Zweifel ist die SPD immer auf der Seite der FDP.“ Wie gemein!
Nein, auf diese Koalition können die Deutschen nicht mehr bauen. Schon gar nicht im Sinne des Lateinischen „coalescere“, was so viel bedeutet wie „zusammenwachsen“ und „gedeihen“, also einen Prozess des Verbindens und Verschmelzens bezeichnet. Die Ampel hat sich nach der krachenden Niederlage der Armin-Laschet-Union im Herbst 2021 in einer kurzen Phase des irrationalen Überschwangs befunden und gleich in den ersten Findungswochen ihr Gruppenkohäsions-Maximum erreicht – der Rest, wir erleben es, ist ein unaufhaltsamer Zerfallsprozess, den auch keine öffentlichen Scheinschulterschlüsse, Kanzlermachtworte oder Mesebergklausuren mehr werden aufhalten können.
Zu groß ist der kulturelle Ekel, den vor allem Liberale und Grüne füreinander empfinden. Zu tief gekränkt sind die Grünen von der sozialliberalen Front, die sich in den vergangenen sechs Monaten gegen sie gebildet hat, von der Missgunst des Kanzler(amte)s und seines Adjutanten im Finanzministerium. Zu groß ist die Schadenfreude darüber, dass die je anderen beiden Parteien in Umfragen noch ein bisschen schlechter wegkommen als man selbst. Anders gesagt: Die Deutschen müssen sich auf zwei lange Jahre des politischen Boulevardtheaters gefasst machen, der Ränke- und Intrigenspiele, des obstruktiven Miteinanders – und der vereinten Gegnerschaft.
Lesen Sie auch: Klimakrise war gestern
Die Alternative für Deutschland (AfD) dürfte es freuen. Sie findet inzwischen viel Zuspruch, weil sie rechtsextrem ist und obwohl sie rechtsextrem ist, das ist wohl der Schlüssel zum Verständnis ihres jüngsten, abermaligen Aufschwungs: Sie versammelt Gesinnungs- und Protestwähler hinter sich, Überzeugte und vom politischen Restangebot Unüberzeugte. Das ist auch deshalb alarmierend, weil man bei einer Addition der Extremwähler, Protestwähler, Kleinparteienwähler und Nichtwähler inzwischen leicht auf 50 Prozent der Deutschen kommt, die dem politischen Betrieb so fern stehen, dass sie von ihrem grundsätzlichen Einverständnis mit der Demokratie nicht einmal mehr alle vier Jahre Zeugnis abgeben wollen.
Eine frische Umfrage der Körber-Stiftung bestätigt soeben den Befund: 54 Prozent der Deutschen entwickeln inzwischen ein „weniger großes“ oder „geringes“ Vertrauen in ihre Demokratie – im Herbst 2021 waren es nur ein knappes Drittel. Und sogar 71 Prozent sind der Meinung, führende Leute in Politik und Medien lebten in ihrer eigenen Welt, schauten auf den Rest der Bevölkerung herab.
Schon Angela Merkel glaubte, die AfD wegignorieren zu können
Umso irritierender, dass die Ampel sich offenbar auch eines Interesses an der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD enthoben meint. Schon Angela Merkel glaubte, die AfD gleichsam wegignorieren zu können. Unter Scholz verlegt sich die Form der politischen Distanzgewinnung nicht mehr von der Kraft des besseren Arguments zur demonstrativen Missachtung – sondern von der diskursiven Begründung zur juristisch bewehrten Drohung.
Das Problem: Wenn die AfD als Verdachtsfall vom Verfassungsschutz nicht nur beobachtet wird, sondern der Verfassungsschutz seine Beobachtung auch noch permanent zur Protokoll gibt; wenn SPD-Chefin Saskia Esken ein Verbotsverfahren gegen die Partei nicht mehr ausschließen mag und Innenministerin Nancy Faeser dem thüringischen AfD-Chef Björn Höcke die Rückkehr in den Schuldienst verweigern will – dann könnte leicht der Eindruck entstehen, man traue sich nicht mehr zu, den Zulauf zur AfD im Wege des politischen Wettstreits zu stoppen.
Rhetorische Fallbeilurteile unterstreichen den Eindruck. Wer die AfD im Handumdrehen als „europafeindlich“ markiert, (Arbeitgeber-Chef Rainer Dulger) oder als Partei, die „unseren Wohlstand aufs Spiel setzt“ (BDI-Geschäftsführerin Tanja Gönner); wer sie als Garanten der „Verarmung“ bekämpft (CSU-Chef Markus Söder), sollte sie je an den Schalthebeln der Macht sitzen oder wer sie umgekehrt wie Scholz „ganz zuversichtlich“ belächelt als politische Scheinkraft, die „bei der nächsten Bundestagswahl nicht besser abschneiden wird als bei der letzten“ (10,3 Prozent) – der riskiert mit seinen Einsatz-Ohrfeigen nicht nur, der AfD viel mehr oder weniger Bedeutung beizumessen als ihr gebührt, sie künstlich aufzublasen oder dreiaffengleich kleinzureden, sondern auch den Vorwurf, er lenke ab von den Widersprüchlichkeiten der regierenden Migrations-, Europa-, Energie- und Wirtschaftspolitik.
Um es klar zu sagen: Die AfD ist anno 2023 noch weit entfernt davon, den Wohlstand dieses Landes aufs Spiel setzen zu können – dafür ist derzeit immer noch allein die Ampel zuständig. Sie täte daher gut daran, mehr in die Kohärenz ihrer Wirtschaftspolitik als in Gedanken an ein Verbot der politischen Abbruchunternehmer zu investieren – (nur) dann schrumpft auch die AfD wieder auf Zwergengröße zusammen: 4,5 Prozent ist das Ziel! Illusorisch? Ach was. Die meisten Bürger in Deutschland wünschen sich noch immer einen Staat, der sie möglichst nicht behelligt (etwa im Heizungskeller) und schon gar nicht gesinnungsethisch betümelt (sie wie die Höckes und Weidels dieser Welt) – und der ansonsten schlicht funktioniert, wenn man ihn braucht: als Garant von Sicherheit und Ordnung – und als Dienstleister, der ihnen bei Bedarf das Leben erleichtert: Wozu sonst halten sie sich diesen Staat? Wofür sonst überweisen sie ihm ihre Steuern? Warum sonst bezahlen sie Parteien und Politiker?
Mehr Exzellenz wagen – das ist das eine. Das andere, das einfache, bringt vielleicht niemand in diesen Wochen so gut auf den Punkt wie Herbert Reul (CDU) aus der schönen Kleinstadt Leichlingen, fernab von Berlin: „Wir dürfen den Menschen nicht zu viel versprechen“, denn „wir Politiker haben schon viel zu oft nicht geliefert“. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen ist überzeugt, dass der Staat sich weitgehend zurückziehen muss auf seine basalen Aufgaben, weil „der normale Bürger viel normaler ist als wir glauben“.
Die Deutschen, so Reul, wollen keinen Rechtsstaat, der Deals mit mächtigen Konzernen oder mit kriminellen Bossen von Familienclans abschließt. Sie wollen Ämter, die reibungslos Dinge für sie erledigen. Wollen unbehelligt Schwimmbäder besuchen. Und sicher U-Bahn fahren können. „Läuft der Alltag rund und sicher, sind die Menschen auch für Veränderungen zu gewinnen“, sagt Reul mit Blick auf die anstehenden Transformationsaufgaben und den Aufstieg der AfD: „Probleme benennen, Schritt für Schritt bearbeiten – und nie vorgeben, etwas hundertprozentig lösen zu können – das ist im Wirbel der Zeit das Fundament von allem.“
Tauchsieder: Auf diese Koalition können die Deutschen nicht mehr bauen
Die Ampelkoalition als Berliner Kindergartenkabinett. Es drohen zwei Jahre Boulevardtheater fürs jeweilige Stammpublikum – und eine Fortsetzung der AfD-Festspiele.
Man kann es bald wirklich nicht mehr hören, lesen, schreiben: Die Ampel wollte „mehr Fortschritt wagen“ und ließ sich für einen neuen politischen Stil feiern; man versicherte sich wechselseitig des Respekts vor den konträren Positionen der Partner und versprach den Deutschen, die Summe rot-grün-gelber Einzelanliegen zu hebeln; die Aufgabe sei groß (Robert Habeck) – und das Land könne sich nach 16 vermerkelten Jahren darauf verlassen, dass es keiner „Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners“ mehr zum Opfer falle, sondern künftig von „der größten politischen Wirkung“ profitieren werde (Olaf Scholz).
Kaum zwei Jahre ist das jetzt her. Aber statt „sehr sehr sehr guter Ergebnisse“ (wieder Scholz) produziert die Ampel nur noch Flickwerk, Selbstzufriedenheit und Streit. Vor dem Sommer, nach dem Sommer. Heizungsmurksminister Habeck verabschiedet sich im „Je-ne-regrette-rien“-Stil der Piaf in den Urlaub („null Hadern, null Zaudern, null Bedauern“). Und Olaf der Stolze, höher zu Ross denn je seit seinen Ferien in der Provence, ist auch noch im dritten Quartal der ökonomischen Stagnation davon überzeugt, er sei an einem „guten Wirtschaftsstandort“ der entscheidende Tempomacher des Landes („Ich sorge dafür, dass es vorankommt.“).
Die Wahrheit ist: Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat vor ein paar Monaten die Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) rüde ausgebremst und es genossen, die Kollegin dabei ziemlich blöd aussehen zu lassen. Jetzt, wen wundert’s, rächt sich Paus und grätscht brutal Lindners Steuerentlastungspläne für die Wirtschaft ab – auch wenn sie dabei abermals blöd aussieht, zutiefst kindisch nämlich, und dabei der Ampel den Start in die zweite Regierungshalbzeit vermiest. Mein Förmchen, dein Förmchen. Berliner Kindergartenkabinett.
Auf diese Koalition können die Deutschen nicht mehr bauen
„Das hat mich sehr fassungslos gemacht, dass es sofort mit Streit weitergeht“, sagt SPD-Chef Klingbeil, wie immer bemüht, den sorgenden Erzieher zu mimen: Wir auch, lieber Lars, wir auch. Aber menno, der schon halbstarke Jürgen will sich das nicht bieten lassen und teilt sofort gegen den kleinen Lars aus auf X, formely known as Twitter: „In der Tat, hat sich über die Sommerpause wenig geändert. Im Zweifel ist die SPD immer auf der Seite der FDP.“ Wie gemein!
Nein, auf diese Koalition können die Deutschen nicht mehr bauen. Schon gar nicht im Sinne des Lateinischen „coalescere“, was so viel bedeutet wie „zusammenwachsen“ und „gedeihen“, also einen Prozess des Verbindens und Verschmelzens bezeichnet. Die Ampel hat sich nach der krachenden Niederlage der Armin-Laschet-Union im Herbst 2021 in einer kurzen Phase des irrationalen Überschwangs befunden und gleich in den ersten Findungswochen ihr Gruppenkohäsions-Maximum erreicht – der Rest, wir erleben es, ist ein unaufhaltsamer Zerfallsprozess, den auch keine öffentlichen Scheinschulterschlüsse, Kanzlermachtworte oder Mesebergklausuren mehr werden aufhalten können.
Zu groß ist der kulturelle Ekel, den vor allem Liberale und Grüne füreinander empfinden. Zu tief gekränkt sind die Grünen von der sozialliberalen Front, die sich in den vergangenen sechs Monaten gegen sie gebildet hat, von der Missgunst des Kanzler(amte)s und seines Adjutanten im Finanzministerium. Zu groß ist die Schadenfreude darüber, dass die je anderen beiden Parteien in Umfragen noch ein bisschen schlechter wegkommen als man selbst. Anders gesagt: Die Deutschen müssen sich auf zwei lange Jahre des politischen Boulevardtheaters gefasst machen, der Ränke- und Intrigenspiele, des obstruktiven Miteinanders – und der vereinten Gegnerschaft.
Lesen Sie auch: Klimakrise war gestern
Die Alternative für Deutschland (AfD) dürfte es freuen. Sie findet inzwischen viel Zuspruch, weil sie rechtsextrem ist und obwohl sie rechtsextrem ist, das ist wohl der Schlüssel zum Verständnis ihres jüngsten, abermaligen Aufschwungs: Sie versammelt Gesinnungs- und Protestwähler hinter sich, Überzeugte und vom politischen Restangebot Unüberzeugte. Das ist auch deshalb alarmierend, weil man bei einer Addition der Extremwähler, Protestwähler, Kleinparteienwähler und Nichtwähler inzwischen leicht auf 50 Prozent der Deutschen kommt, die dem politischen Betrieb so fern stehen, dass sie von ihrem grundsätzlichen Einverständnis mit der Demokratie nicht einmal mehr alle vier Jahre Zeugnis abgeben wollen.
Eine frische Umfrage der Körber-Stiftung bestätigt soeben den Befund: 54 Prozent der Deutschen entwickeln inzwischen ein „weniger großes“ oder „geringes“ Vertrauen in ihre Demokratie – im Herbst 2021 waren es nur ein knappes Drittel. Und sogar 71 Prozent sind der Meinung, führende Leute in Politik und Medien lebten in ihrer eigenen Welt, schauten auf den Rest der Bevölkerung herab.
Schon Angela Merkel glaubte, die AfD wegignorieren zu können
Umso irritierender, dass die Ampel sich offenbar auch eines Interesses an der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD enthoben meint. Schon Angela Merkel glaubte, die AfD gleichsam wegignorieren zu können. Unter Scholz verlegt sich die Form der politischen Distanzgewinnung nicht mehr von der Kraft des besseren Arguments zur demonstrativen Missachtung – sondern von der diskursiven Begründung zur juristisch bewehrten Drohung.
Das Problem: Wenn die AfD als Verdachtsfall vom Verfassungsschutz nicht nur beobachtet wird, sondern der Verfassungsschutz seine Beobachtung auch noch permanent zur Protokoll gibt; wenn SPD-Chefin Saskia Esken ein Verbotsverfahren gegen die Partei nicht mehr ausschließen mag und Innenministerin Nancy Faeser dem thüringischen AfD-Chef Björn Höcke die Rückkehr in den Schuldienst verweigern will – dann könnte leicht der Eindruck entstehen, man traue sich nicht mehr zu, den Zulauf zur AfD im Wege des politischen Wettstreits zu stoppen.
Rhetorische Fallbeilurteile unterstreichen den Eindruck. Wer die AfD im Handumdrehen als „europafeindlich“ markiert, (Arbeitgeber-Chef Rainer Dulger) oder als Partei, die „unseren Wohlstand aufs Spiel setzt“ (BDI-Geschäftsführerin Tanja Gönner); wer sie als Garanten der „Verarmung“ bekämpft (CSU-Chef Markus Söder), sollte sie je an den Schalthebeln der Macht sitzen oder wer sie umgekehrt wie Scholz „ganz zuversichtlich“ belächelt als politische Scheinkraft, die „bei der nächsten Bundestagswahl nicht besser abschneiden wird als bei der letzten“ (10,3 Prozent) – der riskiert mit seinen Einsatz-Ohrfeigen nicht nur, der AfD viel mehr oder weniger Bedeutung beizumessen als ihr gebührt, sie künstlich aufzublasen oder dreiaffengleich kleinzureden, sondern auch den Vorwurf, er lenke ab von den Widersprüchlichkeiten der regierenden Migrations-, Europa-, Energie- und Wirtschaftspolitik.
Um es klar zu sagen: Die AfD ist anno 2023 noch weit entfernt davon, den Wohlstand dieses Landes aufs Spiel setzen zu können – dafür ist derzeit immer noch allein die Ampel zuständig. Sie täte daher gut daran, mehr in die Kohärenz ihrer Wirtschaftspolitik als in Gedanken an ein Verbot der politischen Abbruchunternehmer zu investieren – (nur) dann schrumpft auch die AfD wieder auf Zwergengröße zusammen: 4,5 Prozent ist das Ziel! Illusorisch? Ach was. Die meisten Bürger in Deutschland wünschen sich noch immer einen Staat, der sie möglichst nicht behelligt (etwa im Heizungskeller) und schon gar nicht gesinnungsethisch betümelt (sie wie die Höckes und Weidels dieser Welt) – und der ansonsten schlicht funktioniert, wenn man ihn braucht: als Garant von Sicherheit und Ordnung – und als Dienstleister, der ihnen bei Bedarf das Leben erleichtert: Wozu sonst halten sie sich diesen Staat? Wofür sonst überweisen sie ihm ihre Steuern? Warum sonst bezahlen sie Parteien und Politiker?
Mehr Exzellenz wagen – das ist das eine. Das andere, das einfache, bringt vielleicht niemand in diesen Wochen so gut auf den Punkt wie Herbert Reul (CDU) aus der schönen Kleinstadt Leichlingen, fernab von Berlin: „Wir dürfen den Menschen nicht zu viel versprechen“, denn „wir Politiker haben schon viel zu oft nicht geliefert“. Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen ist überzeugt, dass der Staat sich weitgehend zurückziehen muss auf seine basalen Aufgaben, weil „der normale Bürger viel normaler ist als wir glauben“.
Die Deutschen, so Reul, wollen keinen Rechtsstaat, der Deals mit mächtigen Konzernen oder mit kriminellen Bossen von Familienclans abschließt. Sie wollen Ämter, die reibungslos Dinge für sie erledigen. Wollen unbehelligt Schwimmbäder besuchen. Und sicher U-Bahn fahren können. „Läuft der Alltag rund und sicher, sind die Menschen auch für Veränderungen zu gewinnen“, sagt Reul mit Blick auf die anstehenden Transformationsaufgaben und den Aufstieg der AfD: „Probleme benennen, Schritt für Schritt bearbeiten – und nie vorgeben, etwas hundertprozentig lösen zu können – das ist im Wirbel der Zeit das Fundament von allem.“
Zitat von Gast am 22. August 2023, 06:38 UhrEs wird noch schlimmer
Dauerstreit der Ampel
Es wird noch schlimmer
Es begann mit einem Harmonie-Selfie, doch das ist längst Geschichte. Die Ampelkoalitionäre streiten wie die Kesselflicker, und das permanent. Dabei sind es vor allem zwei, die nicht miteinander können.
Dieses Foto verfolgt die Ampelkoalition wie ein Zombie. Es zeigt das Dreierbündnis in einem Zustand, der damals sehr lebendig wirkte, aber nicht lange überlebte. Aus dem Zauber des Anfangs ist ein böser Geist geworden, der die Koalitionäre immer wieder heimsucht.
Die Rede ist von dem Selfie, das die Spitzen von FDP und Grünen im September 2021 nach ihrem ersten Treffen nach der Bundestagswahl zeitgleich in den sozialen Netzwerken posteten. Zu sehen: FDP-Chef Christian Lindner und sein damaliger Generalsekretär Volker Wissing, Robert Habeck und Annalena Baerbock, damals Grünen-Chefs. Alle vier lächeln in die Kamera. "Zwischen uns passt kein Blatt Papier", so die Botschaft.
Heute sind es viele Blätter Papier, die zwischen die Koalitionäre passen, insbesondere zwischen die Grünen und die Liberalen. Inzwischen wirken sie eher wie ziemlich beste Feinde, kaum eine Gelegenheit wird ausgelassen, um öffentlichkeitswirksam die Position des anderen infrage zu stellen. Der Entwurf von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) für eine Kindergrundsicherung ist eines der jüngeren Beispiele. Wie Habecks Heizungsgesetz steht diese als gemeinsames Projekt im Koalitionsvertrag, das Vorhaben stammt also aus einer Zeit, als die Ampel noch eine "Harmonie-Koalition" war. Doch wie beim Heizungsgesetz ist zwischen FDP und Grünen ein erbitterter Streit um die genaue Ausgestaltung und Finanzierung ausgebrochen.
Seit 20 Monaten regiert die Ampel und streitet seither mehr als die Regierungen vor ihr. Das zeigt ein kleiner Überblick.
Januar/Februar 2022: Kaum ist die Ampelkoalition im Amt, kommt es direkt zum ersten Krach. Die Corona-Pandemie hat das Land im Griff, die Infektionszahlen sind weiter hoch. Eine Impfpflicht wird diskutiert. Aus der SPD kommt ein Vorschlag dazu, auch Bundeskanzler Olaf Scholz ist nach anfänglicher Ablehnung für eine entsprechende Verpflichtung. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) träumt hingegen von einem baldigen "Freedom day", so wie viele andere in seiner Partei. Der kommt dann doch nicht so schnell, aber auch die Impfpflicht nicht. Mehrere Anträge dazu fallen im Bundestag durch.
März 2022: Via "Bild"-Zeitung kündigt Finanzminister Christian Lindner einen Tankrabatt an, um die gestiegenen Benzinpreise auszugleichen. In der Koalition ist das nicht abgesprochen. Die Grünen sind empört; sie glauben, dass davon eher die Ölkonzerne profitieren. Es kommt zur bis dahin schwersten Krise in der Koalition. Ende März einigt sich die Ampel in einer Krisensitzung dann doch auf den Tankrabatt. Die Grünen bekommen im Gegenzug das Neun-Euro-Ticket – die Idee dafür stammt jedoch ausgerechnet von FDP-Verkehrsminister Volker Wissing. Es ist einer der seltenen Momente, in der das Friedensangebot am Ende aus dem anderen Lager kommt.
Juni 2022: Die Pläne der EU, ab 2035 keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen, lösen in der Ampel neuen Streit aus. Die Grünen unterstützen sie, die FDP will sie nicht akzeptieren. Im März 2023 verständigen sich EU und Bundesregierung darauf, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken, auch nach 2035 neu zugelassen werden können. Die FDP hat sich durchgesetzt.
August 2022: Um einen Zusammenbruch von Unternehmen, die russisches Gas importieren, zu vermeiden, will Robert Habeck eine Gasumlage einführen. Für einen befristeten Zeitraum sollen Privathaushalte, die Gas nutzen, dafür eine Umlage zahlen, mit der kriselnde Importeure gestützt werden sollen. Die Maßnahme sei "kein leichter Schritt, aber sie ist nötig", versichert Habeck. Sowohl in SPD als auch FDP kommt es zu massivem Widerstand. Erst versucht Habeck es mit Nachbesserungen, dann rückt er ganz von seinem Plan ab. Stattdessen kommt ein Gaspreisdeckel.
Oktober 2022: FDP und Grüne verhaken sich in der Frage, ob der für Ende 2022 geplante Atomausstieg ausgesetzt werden soll. Die FDP will die drei verbliebenen Atommeiler bis 2024 weiterlaufen lassen, die Grünen beharren auf dem ursprünglichen Ausstiegstermin. Scholz beendet den Streit mit einem Machtwort: Die Meiler dürfen bis zum 15. April 2023 laufen, dann ist Schluss.
Januar 2023: Die Ampel streitet über die Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an die Ukraine. Grüne und FDP sind dafür, Scholz zögert. Ende Januar kündigt der Kanzler die Lieferung an.
Februar 2023: Ein Entwurf von Habecks neuem Heizungsgesetz wird an die "Bild"-Zeitung durchgestochen. Die Grünen vermuten: aus dem Finanzministerium. Ende März kommt es zu einem 30-stündigen Koalitionsausschuss, der mit einem Kompromiss endet. Vereinbart wird, dass Habecks Entwurf entschärft werden soll. Laut Einigung soll er "pragmatisch ausgestaltet" werden und Übergangsspielräume enthalten.
April 2023: Grüne und FDP streiten um das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG), das in den Bundestag kommen soll. Die Grünen werfen der FDP einen Bruch des Koalitionsvertrags vor, weil diese ein eingeplantes flexibles Budget aus dem Gesetzentwurf gestrichen hatte. Am Ende kommt es zu einem Kompromiss.
Mai 2023: Der Streit um das Heizungsgesetz flammt wieder auf. Habeck will das Gesetz noch vor der Sommerpause durchs Parlament bringen, aus der FDP fordern hingegen einige ein völlig neues Gesetz. Schließlich einigt man sich erneut. Doch dann stoppt das Bundesverfassungsgericht Anfang Juli die Verabschiedung im Bundestag, es gibt dem Eilantrag des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann statt. Er hatte argumentiert, er habe als Abgeordneter nicht ausreichend Zeit dafür gehabt, sich über den veränderten Entwurf umfassend zu informieren. Nun soll der Gesetzentwurf nach der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden.
August 2023: Noch in der parlamentarischen Sommerpause kommt es zum erneuten Krach. Anlass ist die von Familienministerin Lisa Paus geplante Kindergrundsicherung. Bereits im Juli hatte Finanzminister Christian Lindner klargemacht, dass er eine erste Finanzierungsaufstellung von Paus in Höhe von zwölf Milliarden Euro nicht nachvollziehen könne und vorerst zwei Milliarden Euro als "Merkposten" in der Haushaltsplanung dafür vorsehe. Olaf Scholz schaltet sich ein. Er versichert, dass die Kindergrundsicherung nach der parlamentarischen Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden soll und fordert Paus auf, bis Ende August einen Entwurf vorzulegen. Das tut Paus. Doch sie tut noch mehr: Mitte August blockiert sie in der Kabinettssitzung überraschend Lindners Wachstumschancengesetz, mit dem die Wirtschaft um rund sechs Milliarden Euro jährlich entlastet werden sollte. Nicht nur die FDP schäumt. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck ist düpiert: Er hatte bereits seine Zustimmung zum Gesetz signalisiert.
Die Auflistung macht deutlich: Wie in jeder zerrütteten Beziehung wird in immer kürzeren Abständen gestritten. Die mahnenden Worte von Kanzler Scholz haben nicht viel geholfen. Dabei hatte er im ZDF-Sommerinterview vor einer Woche noch angekündigt, der Ton werde sich bessern. Das, so sein Eindruck, hätten sich viele in der Sommerpause vorgenommen.
Offenbar hat Scholz sich geirrt. Denn nach der Sommerpause ist vor zwei wichtigen Landtagswahlen: In Hessen und Bayern wird am 8. Oktober jeweils ein neuer Landtag gewählt. Erfahrungsgemäß nehmen die Profilierungskämpfe in den Wochen davor eher zu als ab. Das lässt Schlimmes befürchten.
Es wird noch schlimmer
Dauerstreit der Ampel
Es wird noch schlimmer
Es begann mit einem Harmonie-Selfie, doch das ist längst Geschichte. Die Ampelkoalitionäre streiten wie die Kesselflicker, und das permanent. Dabei sind es vor allem zwei, die nicht miteinander können.
Dieses Foto verfolgt die Ampelkoalition wie ein Zombie. Es zeigt das Dreierbündnis in einem Zustand, der damals sehr lebendig wirkte, aber nicht lange überlebte. Aus dem Zauber des Anfangs ist ein böser Geist geworden, der die Koalitionäre immer wieder heimsucht.
Die Rede ist von dem Selfie, das die Spitzen von FDP und Grünen im September 2021 nach ihrem ersten Treffen nach der Bundestagswahl zeitgleich in den sozialen Netzwerken posteten. Zu sehen: FDP-Chef Christian Lindner und sein damaliger Generalsekretär Volker Wissing, Robert Habeck und Annalena Baerbock, damals Grünen-Chefs. Alle vier lächeln in die Kamera. "Zwischen uns passt kein Blatt Papier", so die Botschaft.
Heute sind es viele Blätter Papier, die zwischen die Koalitionäre passen, insbesondere zwischen die Grünen und die Liberalen. Inzwischen wirken sie eher wie ziemlich beste Feinde, kaum eine Gelegenheit wird ausgelassen, um öffentlichkeitswirksam die Position des anderen infrage zu stellen. Der Entwurf von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) für eine Kindergrundsicherung ist eines der jüngeren Beispiele. Wie Habecks Heizungsgesetz steht diese als gemeinsames Projekt im Koalitionsvertrag, das Vorhaben stammt also aus einer Zeit, als die Ampel noch eine "Harmonie-Koalition" war. Doch wie beim Heizungsgesetz ist zwischen FDP und Grünen ein erbitterter Streit um die genaue Ausgestaltung und Finanzierung ausgebrochen.
Seit 20 Monaten regiert die Ampel und streitet seither mehr als die Regierungen vor ihr. Das zeigt ein kleiner Überblick.
Januar/Februar 2022: Kaum ist die Ampelkoalition im Amt, kommt es direkt zum ersten Krach. Die Corona-Pandemie hat das Land im Griff, die Infektionszahlen sind weiter hoch. Eine Impfpflicht wird diskutiert. Aus der SPD kommt ein Vorschlag dazu, auch Bundeskanzler Olaf Scholz ist nach anfänglicher Ablehnung für eine entsprechende Verpflichtung. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) träumt hingegen von einem baldigen "Freedom day", so wie viele andere in seiner Partei. Der kommt dann doch nicht so schnell, aber auch die Impfpflicht nicht. Mehrere Anträge dazu fallen im Bundestag durch.
März 2022: Via "Bild"-Zeitung kündigt Finanzminister Christian Lindner einen Tankrabatt an, um die gestiegenen Benzinpreise auszugleichen. In der Koalition ist das nicht abgesprochen. Die Grünen sind empört; sie glauben, dass davon eher die Ölkonzerne profitieren. Es kommt zur bis dahin schwersten Krise in der Koalition. Ende März einigt sich die Ampel in einer Krisensitzung dann doch auf den Tankrabatt. Die Grünen bekommen im Gegenzug das Neun-Euro-Ticket – die Idee dafür stammt jedoch ausgerechnet von FDP-Verkehrsminister Volker Wissing. Es ist einer der seltenen Momente, in der das Friedensangebot am Ende aus dem anderen Lager kommt.
Juni 2022: Die Pläne der EU, ab 2035 keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen, lösen in der Ampel neuen Streit aus. Die Grünen unterstützen sie, die FDP will sie nicht akzeptieren. Im März 2023 verständigen sich EU und Bundesregierung darauf, dass Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken, auch nach 2035 neu zugelassen werden können. Die FDP hat sich durchgesetzt.
August 2022: Um einen Zusammenbruch von Unternehmen, die russisches Gas importieren, zu vermeiden, will Robert Habeck eine Gasumlage einführen. Für einen befristeten Zeitraum sollen Privathaushalte, die Gas nutzen, dafür eine Umlage zahlen, mit der kriselnde Importeure gestützt werden sollen. Die Maßnahme sei "kein leichter Schritt, aber sie ist nötig", versichert Habeck. Sowohl in SPD als auch FDP kommt es zu massivem Widerstand. Erst versucht Habeck es mit Nachbesserungen, dann rückt er ganz von seinem Plan ab. Stattdessen kommt ein Gaspreisdeckel.
Oktober 2022: FDP und Grüne verhaken sich in der Frage, ob der für Ende 2022 geplante Atomausstieg ausgesetzt werden soll. Die FDP will die drei verbliebenen Atommeiler bis 2024 weiterlaufen lassen, die Grünen beharren auf dem ursprünglichen Ausstiegstermin. Scholz beendet den Streit mit einem Machtwort: Die Meiler dürfen bis zum 15. April 2023 laufen, dann ist Schluss.
Januar 2023: Die Ampel streitet über die Lieferung von Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an die Ukraine. Grüne und FDP sind dafür, Scholz zögert. Ende Januar kündigt der Kanzler die Lieferung an.
Februar 2023: Ein Entwurf von Habecks neuem Heizungsgesetz wird an die "Bild"-Zeitung durchgestochen. Die Grünen vermuten: aus dem Finanzministerium. Ende März kommt es zu einem 30-stündigen Koalitionsausschuss, der mit einem Kompromiss endet. Vereinbart wird, dass Habecks Entwurf entschärft werden soll. Laut Einigung soll er "pragmatisch ausgestaltet" werden und Übergangsspielräume enthalten.
April 2023: Grüne und FDP streiten um das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG), das in den Bundestag kommen soll. Die Grünen werfen der FDP einen Bruch des Koalitionsvertrags vor, weil diese ein eingeplantes flexibles Budget aus dem Gesetzentwurf gestrichen hatte. Am Ende kommt es zu einem Kompromiss.
Mai 2023: Der Streit um das Heizungsgesetz flammt wieder auf. Habeck will das Gesetz noch vor der Sommerpause durchs Parlament bringen, aus der FDP fordern hingegen einige ein völlig neues Gesetz. Schließlich einigt man sich erneut. Doch dann stoppt das Bundesverfassungsgericht Anfang Juli die Verabschiedung im Bundestag, es gibt dem Eilantrag des CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann statt. Er hatte argumentiert, er habe als Abgeordneter nicht ausreichend Zeit dafür gehabt, sich über den veränderten Entwurf umfassend zu informieren. Nun soll der Gesetzentwurf nach der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden.
August 2023: Noch in der parlamentarischen Sommerpause kommt es zum erneuten Krach. Anlass ist die von Familienministerin Lisa Paus geplante Kindergrundsicherung. Bereits im Juli hatte Finanzminister Christian Lindner klargemacht, dass er eine erste Finanzierungsaufstellung von Paus in Höhe von zwölf Milliarden Euro nicht nachvollziehen könne und vorerst zwei Milliarden Euro als "Merkposten" in der Haushaltsplanung dafür vorsehe. Olaf Scholz schaltet sich ein. Er versichert, dass die Kindergrundsicherung nach der parlamentarischen Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden soll und fordert Paus auf, bis Ende August einen Entwurf vorzulegen. Das tut Paus. Doch sie tut noch mehr: Mitte August blockiert sie in der Kabinettssitzung überraschend Lindners Wachstumschancengesetz, mit dem die Wirtschaft um rund sechs Milliarden Euro jährlich entlastet werden sollte. Nicht nur die FDP schäumt. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck ist düpiert: Er hatte bereits seine Zustimmung zum Gesetz signalisiert.
Die Auflistung macht deutlich: Wie in jeder zerrütteten Beziehung wird in immer kürzeren Abständen gestritten. Die mahnenden Worte von Kanzler Scholz haben nicht viel geholfen. Dabei hatte er im ZDF-Sommerinterview vor einer Woche noch angekündigt, der Ton werde sich bessern. Das, so sein Eindruck, hätten sich viele in der Sommerpause vorgenommen.
Offenbar hat Scholz sich geirrt. Denn nach der Sommerpause ist vor zwei wichtigen Landtagswahlen: In Hessen und Bayern wird am 8. Oktober jeweils ein neuer Landtag gewählt. Erfahrungsgemäß nehmen die Profilierungskämpfe in den Wochen davor eher zu als ab. Das lässt Schlimmes befürchten.
Zitat von Gast am 22. August 2023, 13:50 Uhr"Unverantwortlich": Olaf Scholz überließ zwei LNG-Glücksrittern die deutsche Energiesicherheit, ohne ihre Finanzen zu überprüfen
Olaf Scholz hat ein unglückliches Händchen für Termine, die wie ein Schatten über seiner Karriere hängen bleiben. Das zeigen schon seine Treffen als Erster Bürgermeister Hamburgs mit der in illegale Cum-Ex-Geschäfte verwickelten Warburg Bank. Scholz' Rolle in der Warburg-Affäre beschäftigt mittlerweile nicht nur die Hamburger Bürgerschaft, sondern längst auch den Bundestag. Die Union fordert deshalb einen Untersuchungsausschuss.
Und auch dieser Termin könnte für den Bundeskanzler langfristige Folgen haben: Am 15. September 2022 traf er sich in seinem Bundestagswahlkreis Potsdam mit dem Steuerberater Stephan Knabe. Knabe und sein Geschäftspartner Ingo Wagner, ein Immobilienmanager, gründeten erst 2022 die Firma Deutsche ReGas GmbH & Co. KGaA. Doch sie hatten eine Idee, mit der sie im großen Stil ins Gasgeschäft einsteigen wollten. Dafür sammelten sie bei Investoren nach eigenen Angaben 100 Millionen Euro Startkapital ein.
Über eine britische Firma wollten Steuerberater Knabe und sein Kompagnon das LNG-Terminalschiff "Neptun" chartern, eine schwimmende Fabrik, die Flüssiggas für Kraftwerke oder Heizkessel aufbereitet. Die "Neptun" sollte dann in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern anlegen und im Schnelltempo zur Energiesicherheit Deutschlands beitragen. Da jedoch weder Knabe noch Wagner Ahnung vom Gasgeschäft hatten, setzten sie auf die Hilfe der Bundesregierung. Für diese ein verlockendes Angebot. Denn aus Russland floss zu dem Zeitpunkt schon kein Gas mehr und Deutschland stand ein kalter Winter bevor.
Olaf Scholz fuhr persönlich zu Knabe – angeblich, um zu überprüfen, ob man ihm trauen könne. "Oh, ich will mal gucken, ob Sie echt sind", soll er Knabe nach dessen Aussage in der "Süddeutschen Zeitung" gesagt haben. Der Termin war trotz der Protokollpflicht des Kanzleramts nicht in Scholz' Kanzlerkalender hinterlegt. Als das Treffen vor wenigen Wochen bekannt wurde, behauptete Scholz, in seiner Funktion als Wahlkreisabgeordneter dort gewesen zu sein. Hintergrund: Abgeordnete sind nicht dazu verpflichtet, ihre Termine offenzulegen – anders als Minister und Bundeskanzler. Dass ein Gespräch zur Planung der deutschen Energiesicherheit Scholz' Rolle als Wahlkreisabgeordneter und nicht seine Rolle als Kanzler betreffen soll, erscheint allerdings fragwürdig. Ebenso verwundert, dass Scholz quasi selbst eine Sicherheitsüberprüfung durchführen wollte, anstatt dies Sicherheitsbehörden zu überlassen.
Was Scholz selbst im September 2022 so pikant fand, dass er den Termin anscheinend im Verborgenen wahrnehmen wollte, ist ebenfalls unklar. Fest steht: Heute, ein Jahr später, nimmt die Angelegenheit brisant Züge an. So ist die Herkunft des Startkapitals von rund 100 Millionen Euro immer noch geklärt.*
CDU-Politiker Hauer: "Olaf Scholz hat das Projekt zur Chefsache gemacht, vertraut aber blindlings einem Branchen-Neuling"
Die Angelegenheit wirft eine Frage auf: Wenn eine Firma, die bis dahin ein Nobody dem Energiemarkt war, von der Bundesregierung und vom Kanzler persönlich protegiert wird – hätte ebendiese Regierung nicht ihren Hintergrund prüfen müssen, ehe sie die Energieversorgung Deutschlands zwei Glücksrittern in die Hände legt? Die Opposition erhebt schwere Vorwürfe: "Bundeskanzler Scholz hat das Projekt zur Chefsache gemacht, vertraut aber blindlings einem Branchen-Neuling, dass schon alles geordnet laufen werde", sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer.
Tatsächlich hat Scholz das Vorhaben der Firma intensiv begleitet. Drei Mal soll er sich laut Angaben der Bundesregierung mit den Unternehmern getroffen. Einmal also angeblich als Abgeordneter, zwei Mal als Bundeskanzler. Zur Eröffnung des Lubmin-Terminals im Januar ließ er sich sogar per Helikopter einfliegen. Ein weiteres Mal traf Scholz sich mit Knabe und Wagner bei einem „Gespräch mit Stakeholdern im Hafen Mukran“, wo die Bundesregierung zusammen mit den ReGas-Unternehmern ein weiteres LNG-Terminal plant.
Eine Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage von Matthias Hauer, die Business Insider und "stern" exklusiv vorliegt, offenbart: Bevor Scholz und die Bundesregierung einen zentralen Teil der Energieversorgung Deutschlands den beiden ReGas-Unternehmern anvertrauten, hat es niemand für nötig erachtet, die Hintergründe des 100-Millionen-Euro-Startkapitals zu überprüfen. Die Bundesregierung will diese Prüfung demnächst erst vornehmen. "Im Hinblick auf die geplante Vermietung des schwimmenden Flüssigerdgasterminals (Floating Storage and Regasification Unit, FSRU) des Bundes an die Deutsche ReGas wird der Bund im Rahmen seiner Sorgfaltspflichten zuvor eingehende Prüfungen der Eignung und Zuverlässigkeit des möglichen Vertragspartners durchführen", teilt man mit. "Dazu gehört im rechtlich möglichen und gebotenen Umfang auch die Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit und die Herkunft der Finanzmittel. Es muss sichergestellt sein, dass die Finanzierung der Energieinfrastruktur auf einer tragfähigen Finanzierung fußt."
Hätte das nicht viel früher geschehen müssen? Laut der Bundesregierung nicht. Denn: "Der bestehende Betrieb des Terminals für Flüssigerdgas (LNG) in Lubmin und der geplante Betrieb eines LNG-Terminals in Mukran erfolgen privatwirtschaftlich durch die Deutsche ReGas."
Laut Olaf Scholz war auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 noch im Dezember 2021 ein "privatwirtschaftliches Vorhaben" – und keine geostrategische Waffe Putins. Wie privatwirtschaftlich ein LNG-Projekt ist, das intensiv vom Kanzleramt begleitet wird, darf ebenfalls infrage gestellt werden.
Für Matthias Hauer ist der fehlende Hintergrundcheck entsprechend skandalös. "Die Antwort auf meine Einzelfrage offenbart die völlige Ahnungslosigkeit der Bundesregierung, woher die immensen Finanzmittel des Unternehmens Deutsche ReGas zum Ausbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland stammen", so der Bundestagsabgeordnete. "Bundeskanzler Scholz hat das Projekt zur Chefsache gemacht, vertraut aber blindlings einem Branchen-Neuling, dass schon alles geordnet laufen werde. Gerade bei einem solch wesentlichen Projekt für die deutsche Energiesicherheit ist es unverantwortlich, dass sich die Bundesregierung – ausweislich der Antwort auf meine Frage – erst demnächst mit den offenen Fragen zur Finanzierung beschäftigen will."
Olaf Scholz und Stephan Knabe haben sich 2021 schonmal getroffen
Pikant: Hauer wollte in seiner Kleinen Anfrage wissen, ob es außer den drei bisher bekannten noch weitere Treffen zwischen Scholz und den ReGas-Chefs gegeben habe. Die Antwort der Bundesregierung: nein. Doch das stimmt nicht. Laut einem Blogeintrag Knabes hat es bereits am 15. Mai 2021 einen Termin gegeben. Die beiden sollen im Rahmen eines Wahlkampftermins mit "ausgewählten Unternehmern" im Dorint Hotel Potsdam aufeinander getroffen sein. Laut Knabe habe es auch "Gelegenheit für einen persönlichen Austausch unter 4 Augen" gegeben.
War Scholz beim Treffen im September 2022 nicht bewusst, dass er Knabe bereits zuvor getroffen hatte? Oder haben die beiden eine Vorgeschichte? Hat es noch weitere, bisher unbekannte Treffen gegeben? Das Bundespresseamt teilt auf unsere Anfrage mit, man habe diese "zuständigkeitshalber an das Abgeordnetenbüro von Herrn Scholz weitergeleitet". Scholz' Büro wiederum ließ die Anfrage bisher unbeantwortet.
Viel weiß die Öffentlichkeit noch immer nicht über die Unternehmer, in deren Hände Olaf Scholz die deutsche Energiesicherheit gelegt hat. Dokumente, die Business Insider und "stern" vorliegen, zeigen zumindest, bei welchen Banken die Deutsche ReGas Konten hat. Bei der Deutschen Bank in Luxemburg – und seit September 2022 auch bei der Warburg Bank in Hamburg.
"Unverantwortlich": Olaf Scholz überließ zwei LNG-Glücksrittern die deutsche Energiesicherheit, ohne ihre Finanzen zu überprüfen
Olaf Scholz hat ein unglückliches Händchen für Termine, die wie ein Schatten über seiner Karriere hängen bleiben. Das zeigen schon seine Treffen als Erster Bürgermeister Hamburgs mit der in illegale Cum-Ex-Geschäfte verwickelten Warburg Bank. Scholz' Rolle in der Warburg-Affäre beschäftigt mittlerweile nicht nur die Hamburger Bürgerschaft, sondern längst auch den Bundestag. Die Union fordert deshalb einen Untersuchungsausschuss.
Und auch dieser Termin könnte für den Bundeskanzler langfristige Folgen haben: Am 15. September 2022 traf er sich in seinem Bundestagswahlkreis Potsdam mit dem Steuerberater Stephan Knabe. Knabe und sein Geschäftspartner Ingo Wagner, ein Immobilienmanager, gründeten erst 2022 die Firma Deutsche ReGas GmbH & Co. KGaA. Doch sie hatten eine Idee, mit der sie im großen Stil ins Gasgeschäft einsteigen wollten. Dafür sammelten sie bei Investoren nach eigenen Angaben 100 Millionen Euro Startkapital ein.
Über eine britische Firma wollten Steuerberater Knabe und sein Kompagnon das LNG-Terminalschiff "Neptun" chartern, eine schwimmende Fabrik, die Flüssiggas für Kraftwerke oder Heizkessel aufbereitet. Die "Neptun" sollte dann in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern anlegen und im Schnelltempo zur Energiesicherheit Deutschlands beitragen. Da jedoch weder Knabe noch Wagner Ahnung vom Gasgeschäft hatten, setzten sie auf die Hilfe der Bundesregierung. Für diese ein verlockendes Angebot. Denn aus Russland floss zu dem Zeitpunkt schon kein Gas mehr und Deutschland stand ein kalter Winter bevor.
Olaf Scholz fuhr persönlich zu Knabe – angeblich, um zu überprüfen, ob man ihm trauen könne. "Oh, ich will mal gucken, ob Sie echt sind", soll er Knabe nach dessen Aussage in der "Süddeutschen Zeitung" gesagt haben. Der Termin war trotz der Protokollpflicht des Kanzleramts nicht in Scholz' Kanzlerkalender hinterlegt. Als das Treffen vor wenigen Wochen bekannt wurde, behauptete Scholz, in seiner Funktion als Wahlkreisabgeordneter dort gewesen zu sein. Hintergrund: Abgeordnete sind nicht dazu verpflichtet, ihre Termine offenzulegen – anders als Minister und Bundeskanzler. Dass ein Gespräch zur Planung der deutschen Energiesicherheit Scholz' Rolle als Wahlkreisabgeordneter und nicht seine Rolle als Kanzler betreffen soll, erscheint allerdings fragwürdig. Ebenso verwundert, dass Scholz quasi selbst eine Sicherheitsüberprüfung durchführen wollte, anstatt dies Sicherheitsbehörden zu überlassen.
Was Scholz selbst im September 2022 so pikant fand, dass er den Termin anscheinend im Verborgenen wahrnehmen wollte, ist ebenfalls unklar. Fest steht: Heute, ein Jahr später, nimmt die Angelegenheit brisant Züge an. So ist die Herkunft des Startkapitals von rund 100 Millionen Euro immer noch geklärt.*
CDU-Politiker Hauer: "Olaf Scholz hat das Projekt zur Chefsache gemacht, vertraut aber blindlings einem Branchen-Neuling"
Die Angelegenheit wirft eine Frage auf: Wenn eine Firma, die bis dahin ein Nobody dem Energiemarkt war, von der Bundesregierung und vom Kanzler persönlich protegiert wird – hätte ebendiese Regierung nicht ihren Hintergrund prüfen müssen, ehe sie die Energieversorgung Deutschlands zwei Glücksrittern in die Hände legt? Die Opposition erhebt schwere Vorwürfe: "Bundeskanzler Scholz hat das Projekt zur Chefsache gemacht, vertraut aber blindlings einem Branchen-Neuling, dass schon alles geordnet laufen werde", sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer.
Tatsächlich hat Scholz das Vorhaben der Firma intensiv begleitet. Drei Mal soll er sich laut Angaben der Bundesregierung mit den Unternehmern getroffen. Einmal also angeblich als Abgeordneter, zwei Mal als Bundeskanzler. Zur Eröffnung des Lubmin-Terminals im Januar ließ er sich sogar per Helikopter einfliegen. Ein weiteres Mal traf Scholz sich mit Knabe und Wagner bei einem „Gespräch mit Stakeholdern im Hafen Mukran“, wo die Bundesregierung zusammen mit den ReGas-Unternehmern ein weiteres LNG-Terminal plant.
Eine Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage von Matthias Hauer, die Business Insider und "stern" exklusiv vorliegt, offenbart: Bevor Scholz und die Bundesregierung einen zentralen Teil der Energieversorgung Deutschlands den beiden ReGas-Unternehmern anvertrauten, hat es niemand für nötig erachtet, die Hintergründe des 100-Millionen-Euro-Startkapitals zu überprüfen. Die Bundesregierung will diese Prüfung demnächst erst vornehmen. "Im Hinblick auf die geplante Vermietung des schwimmenden Flüssigerdgasterminals (Floating Storage and Regasification Unit, FSRU) des Bundes an die Deutsche ReGas wird der Bund im Rahmen seiner Sorgfaltspflichten zuvor eingehende Prüfungen der Eignung und Zuverlässigkeit des möglichen Vertragspartners durchführen", teilt man mit. "Dazu gehört im rechtlich möglichen und gebotenen Umfang auch die Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit und die Herkunft der Finanzmittel. Es muss sichergestellt sein, dass die Finanzierung der Energieinfrastruktur auf einer tragfähigen Finanzierung fußt."
Hätte das nicht viel früher geschehen müssen? Laut der Bundesregierung nicht. Denn: "Der bestehende Betrieb des Terminals für Flüssigerdgas (LNG) in Lubmin und der geplante Betrieb eines LNG-Terminals in Mukran erfolgen privatwirtschaftlich durch die Deutsche ReGas."
Laut Olaf Scholz war auch die Ostseepipeline Nord Stream 2 noch im Dezember 2021 ein "privatwirtschaftliches Vorhaben" – und keine geostrategische Waffe Putins. Wie privatwirtschaftlich ein LNG-Projekt ist, das intensiv vom Kanzleramt begleitet wird, darf ebenfalls infrage gestellt werden.
Für Matthias Hauer ist der fehlende Hintergrundcheck entsprechend skandalös. "Die Antwort auf meine Einzelfrage offenbart die völlige Ahnungslosigkeit der Bundesregierung, woher die immensen Finanzmittel des Unternehmens Deutsche ReGas zum Ausbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland stammen", so der Bundestagsabgeordnete. "Bundeskanzler Scholz hat das Projekt zur Chefsache gemacht, vertraut aber blindlings einem Branchen-Neuling, dass schon alles geordnet laufen werde. Gerade bei einem solch wesentlichen Projekt für die deutsche Energiesicherheit ist es unverantwortlich, dass sich die Bundesregierung – ausweislich der Antwort auf meine Frage – erst demnächst mit den offenen Fragen zur Finanzierung beschäftigen will."
Olaf Scholz und Stephan Knabe haben sich 2021 schonmal getroffen
Pikant: Hauer wollte in seiner Kleinen Anfrage wissen, ob es außer den drei bisher bekannten noch weitere Treffen zwischen Scholz und den ReGas-Chefs gegeben habe. Die Antwort der Bundesregierung: nein. Doch das stimmt nicht. Laut einem Blogeintrag Knabes hat es bereits am 15. Mai 2021 einen Termin gegeben. Die beiden sollen im Rahmen eines Wahlkampftermins mit "ausgewählten Unternehmern" im Dorint Hotel Potsdam aufeinander getroffen sein. Laut Knabe habe es auch "Gelegenheit für einen persönlichen Austausch unter 4 Augen" gegeben.
War Scholz beim Treffen im September 2022 nicht bewusst, dass er Knabe bereits zuvor getroffen hatte? Oder haben die beiden eine Vorgeschichte? Hat es noch weitere, bisher unbekannte Treffen gegeben? Das Bundespresseamt teilt auf unsere Anfrage mit, man habe diese "zuständigkeitshalber an das Abgeordnetenbüro von Herrn Scholz weitergeleitet". Scholz' Büro wiederum ließ die Anfrage bisher unbeantwortet.
Viel weiß die Öffentlichkeit noch immer nicht über die Unternehmer, in deren Hände Olaf Scholz die deutsche Energiesicherheit gelegt hat. Dokumente, die Business Insider und "stern" vorliegen, zeigen zumindest, bei welchen Banken die Deutsche ReGas Konten hat. Bei der Deutschen Bank in Luxemburg – und seit September 2022 auch bei der Warburg Bank in Hamburg.
Zitat von Gast am 24. August 2023, 10:42 UhrUnd noch ein verworrenes Projekt
Artikel von Tim Kummert •18 Std.Selbstbestimmungsgesetz der Ampel
Und noch ein verworrenes Projekt
Mit dem Selbstbestimmungsgesetz will die Ampelkoalition eine fortschrittliche Gesellschaftspolitik vorantreiben. Doch das Gesetz ist umstritten – es prallt auf eine komplizierte Wirklichkeit.
Und dann lächeln sie beide. Marco Buschmann, der FDP-Justizminister, steht an diesem Mittwochmittag neben der grünen Familienministerin Lisa Paus vor dem Kanzleramt. Vor ihnen sind die Mikrofone der Fernsehsender aufgebaut. Sie wollen jetzt über ihre Einigung sprechen, das große Projekt, über das sie monatelang verhandelt haben. Buschmann sagt also: "Heute ist ein guter Tag für den gesellschaftspolitischen Fortschritt in diesem Land". Und Paus ergänzt: "Das ist ein wichtiger Tag für alle transgeschlechtlichen und intergeschlechtlichen Menschen in Deutschland." Die Sonne scheint, die Laune ist gut. Zumindest in der Gesellschaftspolitik ist sich die Ampel einig, es geht voran – das ist die Botschaft.
Wenige Minuten vor dem Statement der beiden Minister hat das Kabinett das Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Der eigene Vorname und das Geschlecht sind künftig die Entscheidung jedes einzelnen Bürgers. Beim Standesamt kann man, sobald das Gesetz in Kraft tritt, beides ändern, der Wechsel tritt innerhalb von drei Monaten in Kraft. Anschließend gibt es eine Sperrfrist von einem Jahr, in der keine Änderung mehr vorgenommen werden kann. Der Wechsel erfolgt jedoch ohne richterlichen Beschluss. Ohne psychiatrisches Gutachten. Und ohne eine verpflichtende Beratung. So war es bisher vorgeschrieben.
Eine Reform prallt auf die komplizierte Wirklichkeit
Es ist eines der Kernversprechen der Ampelkoalition: In der Gesellschaftspolitik haben SPD, Grüne und FDP eine grundsätzliche Wende vorgenommen. Sie lässt sich in etwa so zusammenfassen: weg von staatlichen Eingriffen, hin zu einer größeren Eigenverantwortung.
Doch schon im Gesetzgebungsprozess zeigte sich, wie schwierig diese Art von Konsensfindung ist. Die Kritik an dem Vorhaben war groß, sogar die SPD-Innenministerin hatte zuvor noch Bedenken. Die Genese des Gesetzes ist deshalb auch eine Geschichte darüber, wie die Koalition versucht, gesellschaftlich fortschrittliche Politik zu machen, dabei aber teilweise auf eine komplizierte Wirklichkeit prallt.
Das bisherige Transsexuellen-Gesetz ist etwa vierzig Jahre alt und wurde mehrfach vom Bundesverfassungsgericht kritisiert. Marco Buschmann sagt in der Augustsonne am Mittwochmittag über trans, inter und nichtbinäre Menschen: "Unser Gesetz hat sie wie Kranke behandelt." Bislang wurden Menschen, die ihr Geschlecht ändern wollten, vom Amt befragt, welche Unterwäsche sie tragen, welche sexuellen Vorlieben sie haben. Damit soll nun Schluss sein.
Familienministerin Paus sagt dazu: "Das Grundgesetz garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Und wer ich bin, das weiß nur ich selbst. Das gilt auch für die geschichtliche Identität. Darüber selbstbestimmt entscheiden zu können, ist ein Menschenrecht." Es sind große Begriffe, mit denen die beiden Minister ihre Entscheidung begründen.
Behörden werden im Zweifel über Namensänderung informiert
Bereits vor einem Jahr hatten Paus und Buschmann die Eckpunkte des Gesetzes vorgestellt. Nun habe man sich "intensiv Zeit genommen", um "entsprechenden Befürchtungen Rechnung zu tragen" und das Gesetz gut zu machen. Vor allem aus dem Innenministerium gab es solche Befürchtungen, insbesondere das Bundeskriminalamt hatte Einwände. Wer könnte ausschließen, dass sich Straftäter einfach einen neuen Namen zulegen – und dann für die Behörden nicht mehr zu identifizieren sind?
Rechnung trug dem die Koalition mit einem Passus, der vorsieht, dass die Daten künftig trotzdem entsprechend erfasst bleiben. Damit wäre eine Verschleierung der eigenen Identität nicht mehr möglich. Einem Bericht der "FAZ" zufolge sind die Behörden angehalten, das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das Bundesamt für Verfassungsschutz über Änderungen zu informieren. Das jedoch trifft nun auf Kritik bei denen, die ihr Geschlecht ändern lassen wollen oder das bereits getan haben. Sie fürchten um ihre persönlichen Daten. Es ist ein altbekannter Kampf zwischen Datenschutz und einem Rechtsstaat, der in der Lage sein muss, seinen Aufgaben nachzugehen.
Zudem hatte das Innenministerium auf eine weitere Änderung im Gesetz gedrängt. Dabei ging es vor allem um die Frage von möglichen Einbürgerungen. Ausländer können nun eine Anpassung ihres Geschlechtseintrags nur dann beantragen, wenn ihr Aufenthaltstitel nicht innerhalb der folgenden zwei Monate ausläuft. Damit soll verhindert werden, dass das Asylrecht missbraucht wird.
Kritik aus der Opposition
Hinter der Autonomie der Bürger steht jedoch auch die Frage, wie im praktischen Alltag noch eigene Schutzräume für Frauen geschaffen werden können. Von der Sauna, die nur für Frauen geöffnet wird, bis hin zu Frauenhäusern. Wie können Frauen dort geschützt werden, lautete eine der zentralen Fragen in der Debatte. Die Koalition hat das nun so gelöst, dass die Entscheidung individuell bei den Anbietern und Betreibern entsprechender Einrichtungen liegt. Justizminister Buschmann fasste das am Montag mit dem Satz "Das Hausrecht bleibt bestehen" zusammen.
Kritiker bemängeln daran zum einen, dass nun mehr Einzelentscheidungen getroffen werden müssten. Andererseits gebe es wenig Vergleichbarkeit zwischen den Einrichtungen: Eine Entscheidung könnte in vergleichbaren Fällen unterschiedlich ausfallen, der Willkür könnte damit Vorschub geleistet werden. In der Koalition sah man jedoch keinen anderen Weg. Mancher sagt, wer mehr Eigenverantwortung wolle, dürfe nicht davor zurückschrecken, wenn in der Umsetzung dann nicht alle Details gesetzlich geregelt werden könnten.
Der Hauptstreitpunkt des Gesetzes ist aus Sicht der Opposition jedoch die Regelung, dass für Kinder unter 14 Jahren künftig ihre Eltern entscheiden können, ob eine Geschlechtsanpassung oder Namensänderung durchgeführt werden soll. Buschmann sagt dazu einen Satz, den er in verschiedenen Varianten seit Monaten wiederholt. Er lautet: "Wir gehen davon aus, dass niemand sich so sehr ums Kindeswohl bemüht wie die eigenen Eltern."
Günther Krings, Rechtspolitiker der CDU, findet das Gesetz "nicht akzeptabel, wenn es um Kinder und Jugendliche geht". Aus Sicht der Union hätte es mindestens eine intensivere Beratung gebraucht, wenn Jugendliche einen Wechsel ihres Geschlechts oder ihres Namens anstreben. Aus der Ampelkoalition heißt es, das sei bislang nicht geplant. Das Gesetz werde jedoch noch im Bundestag beraten – sollte aus den Reihen der Regierung der Druck hierzu noch wachsen, ließe sich das möglicherweise noch verhandeln.
Und noch ein verworrenes Projekt
Selbstbestimmungsgesetz der Ampel
Und noch ein verworrenes Projekt
Mit dem Selbstbestimmungsgesetz will die Ampelkoalition eine fortschrittliche Gesellschaftspolitik vorantreiben. Doch das Gesetz ist umstritten – es prallt auf eine komplizierte Wirklichkeit.
Und dann lächeln sie beide. Marco Buschmann, der FDP-Justizminister, steht an diesem Mittwochmittag neben der grünen Familienministerin Lisa Paus vor dem Kanzleramt. Vor ihnen sind die Mikrofone der Fernsehsender aufgebaut. Sie wollen jetzt über ihre Einigung sprechen, das große Projekt, über das sie monatelang verhandelt haben. Buschmann sagt also: "Heute ist ein guter Tag für den gesellschaftspolitischen Fortschritt in diesem Land". Und Paus ergänzt: "Das ist ein wichtiger Tag für alle transgeschlechtlichen und intergeschlechtlichen Menschen in Deutschland." Die Sonne scheint, die Laune ist gut. Zumindest in der Gesellschaftspolitik ist sich die Ampel einig, es geht voran – das ist die Botschaft.
Wenige Minuten vor dem Statement der beiden Minister hat das Kabinett das Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Der eigene Vorname und das Geschlecht sind künftig die Entscheidung jedes einzelnen Bürgers. Beim Standesamt kann man, sobald das Gesetz in Kraft tritt, beides ändern, der Wechsel tritt innerhalb von drei Monaten in Kraft. Anschließend gibt es eine Sperrfrist von einem Jahr, in der keine Änderung mehr vorgenommen werden kann. Der Wechsel erfolgt jedoch ohne richterlichen Beschluss. Ohne psychiatrisches Gutachten. Und ohne eine verpflichtende Beratung. So war es bisher vorgeschrieben.
Eine Reform prallt auf die komplizierte Wirklichkeit
Es ist eines der Kernversprechen der Ampelkoalition: In der Gesellschaftspolitik haben SPD, Grüne und FDP eine grundsätzliche Wende vorgenommen. Sie lässt sich in etwa so zusammenfassen: weg von staatlichen Eingriffen, hin zu einer größeren Eigenverantwortung.
Doch schon im Gesetzgebungsprozess zeigte sich, wie schwierig diese Art von Konsensfindung ist. Die Kritik an dem Vorhaben war groß, sogar die SPD-Innenministerin hatte zuvor noch Bedenken. Die Genese des Gesetzes ist deshalb auch eine Geschichte darüber, wie die Koalition versucht, gesellschaftlich fortschrittliche Politik zu machen, dabei aber teilweise auf eine komplizierte Wirklichkeit prallt.
Das bisherige Transsexuellen-Gesetz ist etwa vierzig Jahre alt und wurde mehrfach vom Bundesverfassungsgericht kritisiert. Marco Buschmann sagt in der Augustsonne am Mittwochmittag über trans, inter und nichtbinäre Menschen: "Unser Gesetz hat sie wie Kranke behandelt." Bislang wurden Menschen, die ihr Geschlecht ändern wollten, vom Amt befragt, welche Unterwäsche sie tragen, welche sexuellen Vorlieben sie haben. Damit soll nun Schluss sein.
Familienministerin Paus sagt dazu: "Das Grundgesetz garantiert die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Und wer ich bin, das weiß nur ich selbst. Das gilt auch für die geschichtliche Identität. Darüber selbstbestimmt entscheiden zu können, ist ein Menschenrecht." Es sind große Begriffe, mit denen die beiden Minister ihre Entscheidung begründen.
Behörden werden im Zweifel über Namensänderung informiert
Bereits vor einem Jahr hatten Paus und Buschmann die Eckpunkte des Gesetzes vorgestellt. Nun habe man sich "intensiv Zeit genommen", um "entsprechenden Befürchtungen Rechnung zu tragen" und das Gesetz gut zu machen. Vor allem aus dem Innenministerium gab es solche Befürchtungen, insbesondere das Bundeskriminalamt hatte Einwände. Wer könnte ausschließen, dass sich Straftäter einfach einen neuen Namen zulegen – und dann für die Behörden nicht mehr zu identifizieren sind?
Rechnung trug dem die Koalition mit einem Passus, der vorsieht, dass die Daten künftig trotzdem entsprechend erfasst bleiben. Damit wäre eine Verschleierung der eigenen Identität nicht mehr möglich. Einem Bericht der "FAZ" zufolge sind die Behörden angehalten, das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und das Bundesamt für Verfassungsschutz über Änderungen zu informieren. Das jedoch trifft nun auf Kritik bei denen, die ihr Geschlecht ändern lassen wollen oder das bereits getan haben. Sie fürchten um ihre persönlichen Daten. Es ist ein altbekannter Kampf zwischen Datenschutz und einem Rechtsstaat, der in der Lage sein muss, seinen Aufgaben nachzugehen.
Zudem hatte das Innenministerium auf eine weitere Änderung im Gesetz gedrängt. Dabei ging es vor allem um die Frage von möglichen Einbürgerungen. Ausländer können nun eine Anpassung ihres Geschlechtseintrags nur dann beantragen, wenn ihr Aufenthaltstitel nicht innerhalb der folgenden zwei Monate ausläuft. Damit soll verhindert werden, dass das Asylrecht missbraucht wird.
Kritik aus der Opposition
Hinter der Autonomie der Bürger steht jedoch auch die Frage, wie im praktischen Alltag noch eigene Schutzräume für Frauen geschaffen werden können. Von der Sauna, die nur für Frauen geöffnet wird, bis hin zu Frauenhäusern. Wie können Frauen dort geschützt werden, lautete eine der zentralen Fragen in der Debatte. Die Koalition hat das nun so gelöst, dass die Entscheidung individuell bei den Anbietern und Betreibern entsprechender Einrichtungen liegt. Justizminister Buschmann fasste das am Montag mit dem Satz "Das Hausrecht bleibt bestehen" zusammen.
Kritiker bemängeln daran zum einen, dass nun mehr Einzelentscheidungen getroffen werden müssten. Andererseits gebe es wenig Vergleichbarkeit zwischen den Einrichtungen: Eine Entscheidung könnte in vergleichbaren Fällen unterschiedlich ausfallen, der Willkür könnte damit Vorschub geleistet werden. In der Koalition sah man jedoch keinen anderen Weg. Mancher sagt, wer mehr Eigenverantwortung wolle, dürfe nicht davor zurückschrecken, wenn in der Umsetzung dann nicht alle Details gesetzlich geregelt werden könnten.
Der Hauptstreitpunkt des Gesetzes ist aus Sicht der Opposition jedoch die Regelung, dass für Kinder unter 14 Jahren künftig ihre Eltern entscheiden können, ob eine Geschlechtsanpassung oder Namensänderung durchgeführt werden soll. Buschmann sagt dazu einen Satz, den er in verschiedenen Varianten seit Monaten wiederholt. Er lautet: "Wir gehen davon aus, dass niemand sich so sehr ums Kindeswohl bemüht wie die eigenen Eltern."
Günther Krings, Rechtspolitiker der CDU, findet das Gesetz "nicht akzeptabel, wenn es um Kinder und Jugendliche geht". Aus Sicht der Union hätte es mindestens eine intensivere Beratung gebraucht, wenn Jugendliche einen Wechsel ihres Geschlechts oder ihres Namens anstreben. Aus der Ampelkoalition heißt es, das sei bislang nicht geplant. Das Gesetz werde jedoch noch im Bundestag beraten – sollte aus den Reihen der Regierung der Druck hierzu noch wachsen, ließe sich das möglicherweise noch verhandeln.
Zitat von Gast am 25. August 2023, 05:27 UhrEnergie: „Der Finanzminister spart am falschen Ende“ – Industriestrompreis wird zum nächsten großen Ampel-Konflikt
Die Debatte um zu hohe Energiepreise in Deutschland entzweit Wirtschaft und Bundesregierung. Es geht um den Fortbestand der Koalition – und die Zukunft der deutschen Industrie.
Der Streit um einen staatlich subventionierten Industriestrompreis für Deutschland spitzt sich zu. In Teilen der Industrie sorgt vor allem die anhaltende Ablehnung vonseiten der FDP und Finanzminister Christian Lindner für Unverständnis.
„Der Finanzminister spart am falschen Ende“, sagt der Chef der Münchener Wacker Chemie, Christian Hartel, dem Handelsblatt. Ein zeitlich begrenzter Industriestrompreis werde sich letztlich volkswirtschaftlich bezahlt machen. „Deshalb müsste der Finanzminister eigentlich der Erste sein, der sich dafür ausspricht.“
Das Thema ist der nächste große Konflikt in der zerstrittenen Ampelregierung: Die Grünen machen sich mit Wirtschaftsminister Robert Habeck seit Monaten für eine staatlich gestützte Senkung der hohen Elektrizitätspreise stark, mit der energieintensive Industrie in den nächsten Jahren beim grünen Umbau gestützt würde. Die FDP sperrt sich gegen die teure Maßnahme, auch der Industrieverband DIHK hat Bedenken gegen einen subventionierten Strompreis.
Am Donnerstag entwickelte die SPD ein Fraktionskonzept sowie einen Sechs-Punkte-Plan für die Wirtschaft, der dem Handelsblatt vorliegt. Sie fordert einen „Transformationsstrompreis“ von fünf Cent pro Kilowattstunde für stromintensive Industrieunternehmen, der zunächst für fünf Jahre gelten soll.
Damit nimmt die SPD-Fraktionsführung eine deutlich stärker fordernde Haltung ein als Bundeskanzler Olaf Scholz, der bislang zumindest den Eindruck erweckt, gegen einen Industriestrompreis zu sein.
Industriestrompreis rückt Grundzwist der Bundesregierung in den Fokus
Jetzt ist die Frage, wie sich Olaf Scholz künftig in der Debatte positioniert. Er hält eine „Dauersubvention mit der Gießkanne“ für falsch. Was auf den ersten Blick nach einer Ablehnung des Konzepts der Grünen klingt, lässt sich auf den zweiten Blick mit den Forderungen der SPD-Fraktion in Einklang bringen: Denn dort geht es ebenso wie bei den Vorstellungen der Industrie um eine zeitlich klar begrenzte Förderung.
„Wenn ich den Bundeskanzler beim Wort nehme, kann ich ganz entspannt bleiben, denn er hat von Dauersubventionen gesprochen, die ja ökonomischer Unfug wären“, sagt der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Dem stimme ich zu. Nur, dass es darum nicht geht. Aus meiner Sicht ist das letzte Wort in dieser Frage tatsächlich noch nicht gesprochen.“
Der Industriestrompreis rückt den immer problematischer werdenden Grundzwist der Bundesregierung einmal mehr in den Fokus: Der Finanzminister drängt darauf, die Schuldenbremse einzuhalten. Aber große Transformationsprojekte wie die Energiewende erfordern nach Meinung von Grünen und Teilen der SPD hohe staatliche Fördergelder.
Bei dem Streit geht es politisch auch um das Fortbestehen der Ampelkoalition – und wirtschaftlich aus Sicht vieler Akteure um eine Grundsatzentscheidung für die Zukunft der deutschen Industrie.
Wacker Chemie: Investitionen in deutsche Solar-Wertschöpfungskette auf der Kippe
Wacker-Chef Hartel sagt: „Die kommenden Jahre werden anstrengend. Es gibt zwei Varianten, damit umzugehen: Entweder man schreckt vor den Kosten zurück, oder man begreift das als große Chance, um unser Land mit neuen Technologien nach vorn zu katapultieren.“
Hartel droht explizit nicht mit dem vielgefürchteten Thema Abwanderung. Die Chemiewerke in Deutschland seien für Jahrzehnte konzipiert, mit vielen Verflechtungen zwischen Zulieferern und Herstellern. „Wir können nicht einfach umziehen.“ Aber: „Wenn wir etwas Neues aufbauen, überlegen wir uns genau, wo die Rahmenbedingungen am besten sind.“
Wacker Chemie produziert Polysilizium – ein Produkt, aus dem sich Computerchips, aber auch Solarzellen herstellen lassen. Im Chipbereich haben die Münchener einen Marktanteil von 50 Prozent. „Wir sind noch in der Lage, aufgrund der Qualität unseres Materials trotz der hohen Kosten angemessene Preise zu erhalten. Deshalb bauen wir diesen Bereich in Deutschland aus.“
Aber im Solarbereich habe China einen Marktanteil von 90 Prozent. „Wenn wir in Europa und Deutschland eine Solar-Wertschöpfungskette aufbauen wollen, brauchen wir einen günstigen Strompreis. Sonst ist ein Ausbau in diesem Bereich für uns absolut nicht machbar, und auch der Betrieb bestehender Kapazitäten ist in Gefahr.“
Mit seinem Appell stößt Hartel in die gleiche Richtung wie vor wenigen Tagen eine Allianz großer Industriegewerkschafen wie der IG BCE, IG Metall und des Deutschen Gewerkschaftsbunds sowie Wirtschaftsverbänden mehrerer Branchen. Auch sie hatten in einem gemeinsamen Papier einen Industriestrompreis gefordert.
„Wenn wir auf die Auswirkungen eines zu hohen Strompreises warten, ist es zu spät“
Ähnlich äußerte sich Weil: „Wir hätten in den vergangenen Monaten einige Investitionsvorhaben mehr realisieren können, wenn wir Klarheit für Investoren hätten, dass wir in Deutschland verlässliche Industriestrompreise haben werden.“
Beispielsweise habe eine Papierfabrik in der niedersächsischen Stadt Varel „unter den Bedingungen, die wir derzeit nun einmal haben“, Abstand von einem neuen, geplanten Standort in Wilhelmshaven genommen.
Weil sagte, es gehe bei der Energiepreisfrage nicht nur um bestehende Industrie, sondern auch um große Ansiedlungschancen für Zukunftsindustrien wie beispielsweise die Batteriezellproduktion. So eine Chance könne man nutzen oder eben nicht. „Ich glaube, dass in diesen Monaten ökonomisch Weichen gestellt werden, die weit über die nächsten Monate hinausreichen“, so Weil.
Tim Meyerjürgens, Deutschlandchef des Übertragungsstromnetzbetreibers Tennet, schätzt das Thema Energiepreise als entscheidend für den Erhalt der Industrie ein. Im Gespräch mit dem Handelsblatt sagte er: „Wenn wir warten, bis wir die Auswirkungen eines zu hohen Strompreises sehen, ist es zu spät. Industrie, die weg ist, kommt nicht wieder.“ Seiner Einschätzung nach wird sich der Strombedarf in Deutschland bis 2045 verdreifachen.
Langfristig werde günstiger Strom aus erneuerbaren Energien den Wirtschaftsstandort sichern, gibt sich Meyerjürgens überzeugt. „Aber wir müssen gewährleisten, dass wir in der Übergangsphase nicht so hohe Strompreise haben, dass Firmen abwandern und es später gar keinen Wirtschaftsstandort Deutschland mehr gibt.“
FDP: Industriestrompreis paradox
Doch auf der Gegenseite mehrt sich der Protest gegen die staatliche Strompreissubvention. Der FDP-Fraktionsvize und Haushaltsexperte Christoph Meyer sagte dem Handelsblatt: „Was SPD und Grüne mit ihrem Industriestrompreis machen wollen, ist paradox.“ Erst habe das Abschalten der Kernkraftwerke den Strom verteuert. Jetzt solle eine grundgesetzliche Notlage konstruiert werden, um den Strompreis schuldenfinanziert dauerhaft zu subventionieren. „Das ist wie der Versuch, ein Symptom zu lindern, das man selbst hervorgerufen hat.“
Auch aus der Wirtschaft gibt es Stimmen gegen einen Industriestrompreis, der ja nur für bestimmte Betriebe gelten soll. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer unterstrich am Donnerstag ihre Bedenken gegen eine Bevorzugung bestimmter energieintensiver Firmen. Eine Senkung der Stromsteuer und eine schnellere Ausweitung des Stromangebots seien die bessere Alternative, heißt es. Davon könnte die deutsche Wirtschaft in der gesamten Breite profitieren.
Der Kritik schließen sich selbst Unternehmer an, die energieintensiven Industrien wie der Chemie nahestehen. „Ich bin gegen einen Industriestrompreis“, sagte Stefan Messer, Aufsichtsratschef des Industriegaseherstellers Messer Group, dem Handelsblatt. „Es ist keine langfristige Strategie zum Erhalt der Industrie. Viel besser ist es, mit voller Kraft für die Bereitstellung preiswerter Energie zu sorgen.“ Auch Messer hält Steuersenkungen für geeigneter.
25 bis 30 Milliarden Euro für Industriestrompreis bis 2030
Trotz aller Kritik: Angesichts der lauter werdenden Forderungen nach einem Industriestrompreis hoffen Befürworter wie Wacker-Chef Hartel auf einen konkreten Plan für einen Industrie- oder Transformationsstrompreis bis Ende des Jahres.
Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits im Mai ein erstes Konzept für solch einen staatlich geförderten Preis für energieintensive Unternehmen vorgelegt. Darin war die Rede von sechs Cent pro Kilowattstunde Strom – ein Cent mehr als jetzt von der SPD-Fraktion gefordert. Im zweiten Halbjahr 2022 bezahlten Industrieunternehmen im Durchschnitt 19,86 Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten für sein Konzept beziffert Habeck bis 2030 auf 25 bis 30 Milliarden Euro. Viel Geld angesichts der harten Debatten um die Schuldenbremse.
Industriestrompreis: SPD will Sechs-Punkte-Plan Anfang der Woche beschließen
Für die Bundesregierung gilt es jetzt, ihre unterschiedlichen Grundsatzvorstellungen übereinzubringen. Die SPD will Anfang nächster Woche auf ihrer Klausurtagung in Wiesbaden ihr Konzept zum Industriestrompreis und ihren Sechs-Punkte-Plan beschließen.
In dem Plan fordert die Bundestagsfraktion neben einem Transformationsstrompreis Maßnahmen in verschiedensten Themenbereichen, um die Wirtschaft digitaler und klimaneutral zu machen.
Die Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Verena Hubertz, sagt: „Um unsere wirtschaftliche Stärke zu sichern, brauchen wir weiterhin massive staatliche und private Investitionen: in neue Industrieansiedlungen ebenso wie in Forschung und Entwicklung, in die Transformation bestehender Unternehmen ebenso wie in Start-ups, die zu Dax-Konzernen von morgen werden können.“ Die SPD setze auf eine aktive Industriepolitik, die die Ansiedlung von Zukunftsbranchen wie Mikroelektronik, Windkraft, Photovoltaik oder Batteriezellen unterstütze.
Besonders fördern will die SPD aber Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen. „Die mit dem Wachstumschancengesetz geplante Klima-Investitionsprämie ist dafür ein wichtiger Baustein, den wir weiter stärken wollen“, so Hubertz. „Die Investitionsprämie muss dabei so ausgestaltet sein, dass sie schnell und auch für mittelständische Unternehmen einen wirksamen Anreizeffekt für klimafreundliche Zukunftsinvestitionen gibt.“
Dieses Paket, so heißt es in dem Papier, solle „im Rahmen der letztlich zur Verfügung stehenden Mittel umgesetzt werden“. Eine Formulierung, die den Knackpunkt der Ampeldebatte umschreibt – und weiteren Diskussionsstoff für die Kabinettsklausur der Bundesregierung auf Schloss Meseberg in der kommenden Woche schafft.
Energie: „Der Finanzminister spart am falschen Ende“ – Industriestrompreis wird zum nächsten großen Ampel-Konflikt
Die Debatte um zu hohe Energiepreise in Deutschland entzweit Wirtschaft und Bundesregierung. Es geht um den Fortbestand der Koalition – und die Zukunft der deutschen Industrie.
Der Streit um einen staatlich subventionierten Industriestrompreis für Deutschland spitzt sich zu. In Teilen der Industrie sorgt vor allem die anhaltende Ablehnung vonseiten der FDP und Finanzminister Christian Lindner für Unverständnis.
„Der Finanzminister spart am falschen Ende“, sagt der Chef der Münchener Wacker Chemie, Christian Hartel, dem Handelsblatt. Ein zeitlich begrenzter Industriestrompreis werde sich letztlich volkswirtschaftlich bezahlt machen. „Deshalb müsste der Finanzminister eigentlich der Erste sein, der sich dafür ausspricht.“
Das Thema ist der nächste große Konflikt in der zerstrittenen Ampelregierung: Die Grünen machen sich mit Wirtschaftsminister Robert Habeck seit Monaten für eine staatlich gestützte Senkung der hohen Elektrizitätspreise stark, mit der energieintensive Industrie in den nächsten Jahren beim grünen Umbau gestützt würde. Die FDP sperrt sich gegen die teure Maßnahme, auch der Industrieverband DIHK hat Bedenken gegen einen subventionierten Strompreis.
Am Donnerstag entwickelte die SPD ein Fraktionskonzept sowie einen Sechs-Punkte-Plan für die Wirtschaft, der dem Handelsblatt vorliegt. Sie fordert einen „Transformationsstrompreis“ von fünf Cent pro Kilowattstunde für stromintensive Industrieunternehmen, der zunächst für fünf Jahre gelten soll.
Damit nimmt die SPD-Fraktionsführung eine deutlich stärker fordernde Haltung ein als Bundeskanzler Olaf Scholz, der bislang zumindest den Eindruck erweckt, gegen einen Industriestrompreis zu sein.
Industriestrompreis rückt Grundzwist der Bundesregierung in den Fokus
Jetzt ist die Frage, wie sich Olaf Scholz künftig in der Debatte positioniert. Er hält eine „Dauersubvention mit der Gießkanne“ für falsch. Was auf den ersten Blick nach einer Ablehnung des Konzepts der Grünen klingt, lässt sich auf den zweiten Blick mit den Forderungen der SPD-Fraktion in Einklang bringen: Denn dort geht es ebenso wie bei den Vorstellungen der Industrie um eine zeitlich klar begrenzte Förderung.
„Wenn ich den Bundeskanzler beim Wort nehme, kann ich ganz entspannt bleiben, denn er hat von Dauersubventionen gesprochen, die ja ökonomischer Unfug wären“, sagt der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). „Dem stimme ich zu. Nur, dass es darum nicht geht. Aus meiner Sicht ist das letzte Wort in dieser Frage tatsächlich noch nicht gesprochen.“
Der Industriestrompreis rückt den immer problematischer werdenden Grundzwist der Bundesregierung einmal mehr in den Fokus: Der Finanzminister drängt darauf, die Schuldenbremse einzuhalten. Aber große Transformationsprojekte wie die Energiewende erfordern nach Meinung von Grünen und Teilen der SPD hohe staatliche Fördergelder.
Bei dem Streit geht es politisch auch um das Fortbestehen der Ampelkoalition – und wirtschaftlich aus Sicht vieler Akteure um eine Grundsatzentscheidung für die Zukunft der deutschen Industrie.
Wacker Chemie: Investitionen in deutsche Solar-Wertschöpfungskette auf der Kippe
Wacker-Chef Hartel sagt: „Die kommenden Jahre werden anstrengend. Es gibt zwei Varianten, damit umzugehen: Entweder man schreckt vor den Kosten zurück, oder man begreift das als große Chance, um unser Land mit neuen Technologien nach vorn zu katapultieren.“
Hartel droht explizit nicht mit dem vielgefürchteten Thema Abwanderung. Die Chemiewerke in Deutschland seien für Jahrzehnte konzipiert, mit vielen Verflechtungen zwischen Zulieferern und Herstellern. „Wir können nicht einfach umziehen.“ Aber: „Wenn wir etwas Neues aufbauen, überlegen wir uns genau, wo die Rahmenbedingungen am besten sind.“
Wacker Chemie produziert Polysilizium – ein Produkt, aus dem sich Computerchips, aber auch Solarzellen herstellen lassen. Im Chipbereich haben die Münchener einen Marktanteil von 50 Prozent. „Wir sind noch in der Lage, aufgrund der Qualität unseres Materials trotz der hohen Kosten angemessene Preise zu erhalten. Deshalb bauen wir diesen Bereich in Deutschland aus.“
Aber im Solarbereich habe China einen Marktanteil von 90 Prozent. „Wenn wir in Europa und Deutschland eine Solar-Wertschöpfungskette aufbauen wollen, brauchen wir einen günstigen Strompreis. Sonst ist ein Ausbau in diesem Bereich für uns absolut nicht machbar, und auch der Betrieb bestehender Kapazitäten ist in Gefahr.“
Mit seinem Appell stößt Hartel in die gleiche Richtung wie vor wenigen Tagen eine Allianz großer Industriegewerkschafen wie der IG BCE, IG Metall und des Deutschen Gewerkschaftsbunds sowie Wirtschaftsverbänden mehrerer Branchen. Auch sie hatten in einem gemeinsamen Papier einen Industriestrompreis gefordert.
„Wenn wir auf die Auswirkungen eines zu hohen Strompreises warten, ist es zu spät“
Ähnlich äußerte sich Weil: „Wir hätten in den vergangenen Monaten einige Investitionsvorhaben mehr realisieren können, wenn wir Klarheit für Investoren hätten, dass wir in Deutschland verlässliche Industriestrompreise haben werden.“
Beispielsweise habe eine Papierfabrik in der niedersächsischen Stadt Varel „unter den Bedingungen, die wir derzeit nun einmal haben“, Abstand von einem neuen, geplanten Standort in Wilhelmshaven genommen.
Weil sagte, es gehe bei der Energiepreisfrage nicht nur um bestehende Industrie, sondern auch um große Ansiedlungschancen für Zukunftsindustrien wie beispielsweise die Batteriezellproduktion. So eine Chance könne man nutzen oder eben nicht. „Ich glaube, dass in diesen Monaten ökonomisch Weichen gestellt werden, die weit über die nächsten Monate hinausreichen“, so Weil.
Tim Meyerjürgens, Deutschlandchef des Übertragungsstromnetzbetreibers Tennet, schätzt das Thema Energiepreise als entscheidend für den Erhalt der Industrie ein. Im Gespräch mit dem Handelsblatt sagte er: „Wenn wir warten, bis wir die Auswirkungen eines zu hohen Strompreises sehen, ist es zu spät. Industrie, die weg ist, kommt nicht wieder.“ Seiner Einschätzung nach wird sich der Strombedarf in Deutschland bis 2045 verdreifachen.
Langfristig werde günstiger Strom aus erneuerbaren Energien den Wirtschaftsstandort sichern, gibt sich Meyerjürgens überzeugt. „Aber wir müssen gewährleisten, dass wir in der Übergangsphase nicht so hohe Strompreise haben, dass Firmen abwandern und es später gar keinen Wirtschaftsstandort Deutschland mehr gibt.“
FDP: Industriestrompreis paradox
Doch auf der Gegenseite mehrt sich der Protest gegen die staatliche Strompreissubvention. Der FDP-Fraktionsvize und Haushaltsexperte Christoph Meyer sagte dem Handelsblatt: „Was SPD und Grüne mit ihrem Industriestrompreis machen wollen, ist paradox.“ Erst habe das Abschalten der Kernkraftwerke den Strom verteuert. Jetzt solle eine grundgesetzliche Notlage konstruiert werden, um den Strompreis schuldenfinanziert dauerhaft zu subventionieren. „Das ist wie der Versuch, ein Symptom zu lindern, das man selbst hervorgerufen hat.“
Auch aus der Wirtschaft gibt es Stimmen gegen einen Industriestrompreis, der ja nur für bestimmte Betriebe gelten soll. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer unterstrich am Donnerstag ihre Bedenken gegen eine Bevorzugung bestimmter energieintensiver Firmen. Eine Senkung der Stromsteuer und eine schnellere Ausweitung des Stromangebots seien die bessere Alternative, heißt es. Davon könnte die deutsche Wirtschaft in der gesamten Breite profitieren.
Der Kritik schließen sich selbst Unternehmer an, die energieintensiven Industrien wie der Chemie nahestehen. „Ich bin gegen einen Industriestrompreis“, sagte Stefan Messer, Aufsichtsratschef des Industriegaseherstellers Messer Group, dem Handelsblatt. „Es ist keine langfristige Strategie zum Erhalt der Industrie. Viel besser ist es, mit voller Kraft für die Bereitstellung preiswerter Energie zu sorgen.“ Auch Messer hält Steuersenkungen für geeigneter.
25 bis 30 Milliarden Euro für Industriestrompreis bis 2030
Trotz aller Kritik: Angesichts der lauter werdenden Forderungen nach einem Industriestrompreis hoffen Befürworter wie Wacker-Chef Hartel auf einen konkreten Plan für einen Industrie- oder Transformationsstrompreis bis Ende des Jahres.
Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits im Mai ein erstes Konzept für solch einen staatlich geförderten Preis für energieintensive Unternehmen vorgelegt. Darin war die Rede von sechs Cent pro Kilowattstunde Strom – ein Cent mehr als jetzt von der SPD-Fraktion gefordert. Im zweiten Halbjahr 2022 bezahlten Industrieunternehmen im Durchschnitt 19,86 Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten für sein Konzept beziffert Habeck bis 2030 auf 25 bis 30 Milliarden Euro. Viel Geld angesichts der harten Debatten um die Schuldenbremse.
Industriestrompreis: SPD will Sechs-Punkte-Plan Anfang der Woche beschließen
Für die Bundesregierung gilt es jetzt, ihre unterschiedlichen Grundsatzvorstellungen übereinzubringen. Die SPD will Anfang nächster Woche auf ihrer Klausurtagung in Wiesbaden ihr Konzept zum Industriestrompreis und ihren Sechs-Punkte-Plan beschließen.
In dem Plan fordert die Bundestagsfraktion neben einem Transformationsstrompreis Maßnahmen in verschiedensten Themenbereichen, um die Wirtschaft digitaler und klimaneutral zu machen.
Die Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Verena Hubertz, sagt: „Um unsere wirtschaftliche Stärke zu sichern, brauchen wir weiterhin massive staatliche und private Investitionen: in neue Industrieansiedlungen ebenso wie in Forschung und Entwicklung, in die Transformation bestehender Unternehmen ebenso wie in Start-ups, die zu Dax-Konzernen von morgen werden können.“ Die SPD setze auf eine aktive Industriepolitik, die die Ansiedlung von Zukunftsbranchen wie Mikroelektronik, Windkraft, Photovoltaik oder Batteriezellen unterstütze.
Besonders fördern will die SPD aber Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen. „Die mit dem Wachstumschancengesetz geplante Klima-Investitionsprämie ist dafür ein wichtiger Baustein, den wir weiter stärken wollen“, so Hubertz. „Die Investitionsprämie muss dabei so ausgestaltet sein, dass sie schnell und auch für mittelständische Unternehmen einen wirksamen Anreizeffekt für klimafreundliche Zukunftsinvestitionen gibt.“
Dieses Paket, so heißt es in dem Papier, solle „im Rahmen der letztlich zur Verfügung stehenden Mittel umgesetzt werden“. Eine Formulierung, die den Knackpunkt der Ampeldebatte umschreibt – und weiteren Diskussionsstoff für die Kabinettsklausur der Bundesregierung auf Schloss Meseberg in der kommenden Woche schafft.
Zitat von Gast am 28. August 2023, 06:32 Uhr„Kernenergie wieder hochfahren, Stromsteuer runter und dann den Industriestrompreis“
Der Druck auf die Ampel-Regierung, bei ihrer Meseberg-Klausur ab Dienstag wirtschaftspolitisch in die Offensive zu kommen, ist immens – auch aus den eigenen Reihen im Bundestag. Die Union mahnt: Ein Industriestrompreis dürfe nicht nur Branchen entlasten, die den Grünen als „gut“ gelten.
Kurz vor der Kabinettsklausur in Meseberg am Dienstag wächst der politische Druck auf die Ampel-Bundesregierung, einen Befreiungsschlag für die kriselnde Wirtschaft zu präsentieren. Aus Wirtschaftsverbänden und den Bundestagsfraktionen kommen zahlreiche Forderungen und Kritik am geplanten Wachstumschancengesetz.
Bisher sieht der Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Entlastungen durch Steuererleichterungen für Unternehmen in Höhe von etwa sechs Milliarden Euro vor. Umstritten bleibt die Idee eines vergünstigen „Industriestrompreises“, den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die FDP ablehnen.
Scholz gerät damit auch in Widerspruch zur eigenen Partei. Dort wird ein zeitlich befristeter „Brückenstrompreis“ für energieintensive Betriebe immer vehementer gefordert. Noch am Wochenende hatten SPD-Parteichef Lars Klingbeil und SPD-Fraktionsvize Achim Post die Einführung öffentlich bekräftigt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dies in einem Sechs-Punkte-Plan verankert, der zudem „massive staatliche und private Investitionen“ in neue Technologien und Fabriken vorsieht.
Eine „neue Wirtschafts-Agenda“ fordert Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch. „Dafür braucht es viel mehr als das Wachstumschancengesetz“, erklärte Audretsch auf WELT-Anfrage. Der Abbau von Bürokratie und Investitionen in Zukunftstechnologien müssten ins Zentrum rücken. Es gehe um Batterieproduktion, klimaneutralen Stahl, grüne Chemie und Solartechnik.
„Die Strompreise müssen runter. Dafür bauen wir die Erneuerbaren mit hoher Geschwindigkeit aus. Die günstigste Energie ist Wind- und Solarenergie. Bis die erneuerbaren Energien für genug günstige Energie sorgen, ist eine Deckelung der Strompreise notwendig“, so Audretsch.
Ausdrücklich lobte er die SPD-Fraktion dafür, dass sie sich hinter das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) favorisierte Konzept eines Brückenstrompreises gestellt habe.
Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, verteidigte den vorliegenden Gesetzentwurf und bekräftigte das Nein zum Industriestrompreis: „Zusammen mit den Maßnahmen zum Bürokratieabbau schnüren wir ein schlagkräftiges Gesetzespaket, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken und Spielräume für Innovationen zu eröffnen – und das für alle Unternehmen“, betonte Houben.
Von einem Industriestrompreis würden „nur wenige große Unternehmen profitieren“. Für die FDP habe es Priorität, alle Unternehmen, also auch die kleinen und mittelständischen Betriebe, zu entlasten.
„Lüftchen, das kaum Wirkung entwickeln kann“
Die Union findet Lindners Entwurf unzureichend. Für Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist das geplante Gesetz „ein Lüftchen, das kaum Wirkung entwickeln kann“. Sie forderte ein Sofortprogramm und einen Krisengipfel mit Kanzler und Wirtschaftsvertretern. Die Steuerlast auf einbehaltene Unternehmensgewinne müsse auf 25 Prozent begrenzt und die Sozialabgaben langfristig bei 40 Prozent stabilisiert und der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden.
Ein Industriestrompreis müsse, so Klöckner, eingebettet sein: „Kernenergie wieder hochfahren, Stromsteuer runter auf das europäische Mindestmaß und dann den dazu passenden Industriestrompreis angehen. Aber nicht isoliert und nicht nur für die von den Grünen als ,gute‘ Industrie definierten Branchen der sogenannten Ökoindustrie, um nur bestimmte ‚grüne‘ Unternehmen zu entlasten.“
Christian Leye, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion, sieht das Wachstumschancengesetz kritisch, denn es bringt aus seiner Sicht wenig für „Betriebe, die jetzt dicht machen, oder denen die Nachfrage weggebrochen ist“. Ein Industriestrompreis sei „notwendig, um die industriellen Kerne vor dem Ausbluten zu schützen“.
Leye schlägt einen Inflationsausgleich bei Löhnen vor, ebenso einen höheren Mindestlohn sowie eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Der Staat müsse „jetzt massiv in unsere Infrastruktur und den ökologischen Umbau der Industrie investieren“.
AfD-Fraktionsvize Leif-Erik Holm bezeichnete das geplante Gesetz als „Trostpflaster“ und forderte einen „Masterplan“ für Deutschland mit „weniger Steuern und Abgaben, weniger Regulierung und weniger Vorgaben“. Einem Industriestrompreis für einige wenige Betriebe erteilte Holm eine Absage.
Stattdessen müsse es einen „Wiedereinstieg in die Kernenergie“ geben, damit die Strompreise für alle fallen. Zudem wolle man „die hohen Steuern und Abgaben auf Energie, also auf Strom, Gas, Öl und Sprit, auf ein Minimum senken“.
Die Wirtschaftsverbände berichten über wachsende Belastungen in den Unternehmen. „Je länger die Politik wartet, desto härter trifft es den Standort – und desto größer ist der Wohlstandsverlust. Meseberg ist eine Chance für einen Kurswechsel“, mahnte Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.
Aus Berlin und Brüssel kämen „ständig mehr Pflichten, Anforderungen und Einschränkungen“, beklagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian. Es brauche „einen klaren Kurswechsel – vor allem mehr Tempo für alle Planungs- und Investitionsvorhaben“.
Der Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft forderte einen „politischen Neustart“. In einer Umfrage des Verbandes bezeichneten 62 Prozent der befragten Firmen die Lage als schwierig. Mehr als jedes vierte Unternehmen beschrieb die Situation sogar als sehr schlecht. Auf die Frage, was das größte Risiko für das Unternehmen sei, verwiesen 37 Prozent auf hohe Steuern und Abgaben sowie hohe Energiepreise.
„Kernenergie wieder hochfahren, Stromsteuer runter und dann den Industriestrompreis“
Der Druck auf die Ampel-Regierung, bei ihrer Meseberg-Klausur ab Dienstag wirtschaftspolitisch in die Offensive zu kommen, ist immens – auch aus den eigenen Reihen im Bundestag. Die Union mahnt: Ein Industriestrompreis dürfe nicht nur Branchen entlasten, die den Grünen als „gut“ gelten.
Kurz vor der Kabinettsklausur in Meseberg am Dienstag wächst der politische Druck auf die Ampel-Bundesregierung, einen Befreiungsschlag für die kriselnde Wirtschaft zu präsentieren. Aus Wirtschaftsverbänden und den Bundestagsfraktionen kommen zahlreiche Forderungen und Kritik am geplanten Wachstumschancengesetz.
Bisher sieht der Gesetzentwurf aus dem Haus von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) Entlastungen durch Steuererleichterungen für Unternehmen in Höhe von etwa sechs Milliarden Euro vor. Umstritten bleibt die Idee eines vergünstigen „Industriestrompreises“, den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die FDP ablehnen.
Scholz gerät damit auch in Widerspruch zur eigenen Partei. Dort wird ein zeitlich befristeter „Brückenstrompreis“ für energieintensive Betriebe immer vehementer gefordert. Noch am Wochenende hatten SPD-Parteichef Lars Klingbeil und SPD-Fraktionsvize Achim Post die Einführung öffentlich bekräftigt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dies in einem Sechs-Punkte-Plan verankert, der zudem „massive staatliche und private Investitionen“ in neue Technologien und Fabriken vorsieht.
Eine „neue Wirtschafts-Agenda“ fordert Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch. „Dafür braucht es viel mehr als das Wachstumschancengesetz“, erklärte Audretsch auf WELT-Anfrage. Der Abbau von Bürokratie und Investitionen in Zukunftstechnologien müssten ins Zentrum rücken. Es gehe um Batterieproduktion, klimaneutralen Stahl, grüne Chemie und Solartechnik.
„Die Strompreise müssen runter. Dafür bauen wir die Erneuerbaren mit hoher Geschwindigkeit aus. Die günstigste Energie ist Wind- und Solarenergie. Bis die erneuerbaren Energien für genug günstige Energie sorgen, ist eine Deckelung der Strompreise notwendig“, so Audretsch.
Ausdrücklich lobte er die SPD-Fraktion dafür, dass sie sich hinter das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) favorisierte Konzept eines Brückenstrompreises gestellt habe.
Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, verteidigte den vorliegenden Gesetzentwurf und bekräftigte das Nein zum Industriestrompreis: „Zusammen mit den Maßnahmen zum Bürokratieabbau schnüren wir ein schlagkräftiges Gesetzespaket, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken und Spielräume für Innovationen zu eröffnen – und das für alle Unternehmen“, betonte Houben.
Von einem Industriestrompreis würden „nur wenige große Unternehmen profitieren“. Für die FDP habe es Priorität, alle Unternehmen, also auch die kleinen und mittelständischen Betriebe, zu entlasten.
„Lüftchen, das kaum Wirkung entwickeln kann“
Die Union findet Lindners Entwurf unzureichend. Für Julia Klöckner, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ist das geplante Gesetz „ein Lüftchen, das kaum Wirkung entwickeln kann“. Sie forderte ein Sofortprogramm und einen Krisengipfel mit Kanzler und Wirtschaftsvertretern. Die Steuerlast auf einbehaltene Unternehmensgewinne müsse auf 25 Prozent begrenzt und die Sozialabgaben langfristig bei 40 Prozent stabilisiert und der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden.
Ein Industriestrompreis müsse, so Klöckner, eingebettet sein: „Kernenergie wieder hochfahren, Stromsteuer runter auf das europäische Mindestmaß und dann den dazu passenden Industriestrompreis angehen. Aber nicht isoliert und nicht nur für die von den Grünen als ,gute‘ Industrie definierten Branchen der sogenannten Ökoindustrie, um nur bestimmte ‚grüne‘ Unternehmen zu entlasten.“
Christian Leye, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linke-Fraktion, sieht das Wachstumschancengesetz kritisch, denn es bringt aus seiner Sicht wenig für „Betriebe, die jetzt dicht machen, oder denen die Nachfrage weggebrochen ist“. Ein Industriestrompreis sei „notwendig, um die industriellen Kerne vor dem Ausbluten zu schützen“.
Leye schlägt einen Inflationsausgleich bei Löhnen vor, ebenso einen höheren Mindestlohn sowie eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Der Staat müsse „jetzt massiv in unsere Infrastruktur und den ökologischen Umbau der Industrie investieren“.
AfD-Fraktionsvize Leif-Erik Holm bezeichnete das geplante Gesetz als „Trostpflaster“ und forderte einen „Masterplan“ für Deutschland mit „weniger Steuern und Abgaben, weniger Regulierung und weniger Vorgaben“. Einem Industriestrompreis für einige wenige Betriebe erteilte Holm eine Absage.
Stattdessen müsse es einen „Wiedereinstieg in die Kernenergie“ geben, damit die Strompreise für alle fallen. Zudem wolle man „die hohen Steuern und Abgaben auf Energie, also auf Strom, Gas, Öl und Sprit, auf ein Minimum senken“.
Die Wirtschaftsverbände berichten über wachsende Belastungen in den Unternehmen. „Je länger die Politik wartet, desto härter trifft es den Standort – und desto größer ist der Wohlstandsverlust. Meseberg ist eine Chance für einen Kurswechsel“, mahnte Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.
Aus Berlin und Brüssel kämen „ständig mehr Pflichten, Anforderungen und Einschränkungen“, beklagte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Peter Adrian. Es brauche „einen klaren Kurswechsel – vor allem mehr Tempo für alle Planungs- und Investitionsvorhaben“.
Der Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft forderte einen „politischen Neustart“. In einer Umfrage des Verbandes bezeichneten 62 Prozent der befragten Firmen die Lage als schwierig. Mehr als jedes vierte Unternehmen beschrieb die Situation sogar als sehr schlecht. Auf die Frage, was das größte Risiko für das Unternehmen sei, verwiesen 37 Prozent auf hohe Steuern und Abgaben sowie hohe Energiepreise.
Zitat von Gast am 28. August 2023, 10:45 UhrAmpel-Regierung: Bitkom beklagt langsame Digitalisierung
Deutschland falle gerade bei der Digitalisierung von Schulen und Verwaltung zurück. Nur elf Prozent der digitalpolitischen Vorhaben sei bis jetzt abgeschlossen, heißt es vom Bitkom-Verband.
Die Bundesregierung kommt nach einer Analyse des Verbands Bitkom bei ihren Digitalisierungsvorhaben nur schleppend voran. Es gebe in vielen Teilbereichen noch erheblichen Handlungsbedarf, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst am Montag. „Die Umsetzung hinkt hinterher.“
Bisher habe die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP lediglich 38 ihrer insgesamt 334 digitalpolitischen Vorhaben abgeschlossen. „Das entspricht einem Anteil von elf Prozent.“
Großbaustellen sind vor allem die Digitalisierung von Verwaltungen und Schulen. „Inzwischen hinken unsere Schulen Ländern wie Dänemark 20 Jahre hinterher“, so Wintergerst. „Die rückständige deutsche Verwaltung wächst sich zu einem veritablen Standortnachteil aus, der Haushalte und Unternehmen gleichermaßen belastet.“
Große Fortschritte gebe es dagegen beim Ausbau der Breitband- und Mobilfunknetze. Auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens komme gut voran. Hier wurde auf die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte verwiesen, die ab 2025 von mindestens 80 Prozent der Versicherten genutzt werden soll.
Außerdem sei die Regierung sehr aktiv dabei, Deutschland wieder zu einem wichtigen Standort für die Chipbranche zu machen. Umgesetzt sei auch schon das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz. Es solle helfen, offene Stellen zu füllen. Ende 2022 fehlten in Deutschland 137.000 IT-Fachkräfte quer durch alle Branchen.
Bitkom fordert die Vorhaben zu bündelnDie meisten Vorhaben entfallen mit 80 Projekten auf das Bundesinnenministerium und mit 57 Projekten auf das Bildungs- und Forschungsministerium. Danach folgen das Wirtschaftsministerium (46 Vorhaben) und dann erst das eigentliche Digitalministerium (45).
Weit hinten liegt das Verteidigungsministerium mit nur sechs Projekten. Das Entwicklungsministerium hat kein einziges Digitalisierungsprojekt. Eine Bündelung der Vorhaben wäre wichtig, so Wintergerst. Es gebe aber bislang keine zentrale Steuerung.
Ampel-Regierung: Bitkom beklagt langsame Digitalisierung
Deutschland falle gerade bei der Digitalisierung von Schulen und Verwaltung zurück. Nur elf Prozent der digitalpolitischen Vorhaben sei bis jetzt abgeschlossen, heißt es vom Bitkom-Verband.
Die Bundesregierung kommt nach einer Analyse des Verbands Bitkom bei ihren Digitalisierungsvorhaben nur schleppend voran. Es gebe in vielen Teilbereichen noch erheblichen Handlungsbedarf, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst am Montag. „Die Umsetzung hinkt hinterher.“
Bisher habe die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP lediglich 38 ihrer insgesamt 334 digitalpolitischen Vorhaben abgeschlossen. „Das entspricht einem Anteil von elf Prozent.“
Großbaustellen sind vor allem die Digitalisierung von Verwaltungen und Schulen. „Inzwischen hinken unsere Schulen Ländern wie Dänemark 20 Jahre hinterher“, so Wintergerst. „Die rückständige deutsche Verwaltung wächst sich zu einem veritablen Standortnachteil aus, der Haushalte und Unternehmen gleichermaßen belastet.“
Große Fortschritte gebe es dagegen beim Ausbau der Breitband- und Mobilfunknetze. Auch die Digitalisierung des Gesundheitswesens komme gut voran. Hier wurde auf die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte verwiesen, die ab 2025 von mindestens 80 Prozent der Versicherten genutzt werden soll.
Außerdem sei die Regierung sehr aktiv dabei, Deutschland wieder zu einem wichtigen Standort für die Chipbranche zu machen. Umgesetzt sei auch schon das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz. Es solle helfen, offene Stellen zu füllen. Ende 2022 fehlten in Deutschland 137.000 IT-Fachkräfte quer durch alle Branchen.
Die meisten Vorhaben entfallen mit 80 Projekten auf das Bundesinnenministerium und mit 57 Projekten auf das Bildungs- und Forschungsministerium. Danach folgen das Wirtschaftsministerium (46 Vorhaben) und dann erst das eigentliche Digitalministerium (45).
Weit hinten liegt das Verteidigungsministerium mit nur sechs Projekten. Das Entwicklungsministerium hat kein einziges Digitalisierungsprojekt. Eine Bündelung der Vorhaben wäre wichtig, so Wintergerst. Es gebe aber bislang keine zentrale Steuerung.