Forum

Forum-Breadcrumbs - Du bist hier:ForumPolitik: News WeltweitNews Weltweit

News Weltweit

Zitat

INTERVIEWDrohender Corona-Crash  

"Es war wahrscheinlich Rettung in letzter Sekunde"

Corona hätte Anfang 2020 fast ein noch viel größeres Desaster ausgelöst. Warum unsere Welt am Abgrund stand und was Donald Trump dagegen getan hat, erklärt der Historiker Adam Tooze.

Mitte März 2020 gingen Fotos aus der oberitalienischen Stadt Bergamo um die Welt: Das Coronavirus geriet außer Kontrolle, Bilder zeigten röchelnde Patienten, ausgelaugte Krankenschwestern, Militärtransporter mit Särgen. Das Entsetzen war groß. Dagegen nahmen nur wenige Menschen Notiz von der drohenden Katastrophe, die sich zeitgleich auf der anderen Seite des Atlantiks anbahnte – und fast noch viel heftigere Folgen gehabt hätte: Wären die internationalen Finanzmärkte kollabiert, unsere Welt wäre heute eine andere.

Einer, der sich so gut wie kaum ein anderer mit Finanzturbulenzen auskennt, ist Adam Tooze. Der britische Historiker hat die Weltwirtschaftskrise in den Jahren ab 2007 erforscht und das Standardwerk dazu geschrieben. In seinem neuen Buch beschreibt er nun unter anderem, wie Corona die globalen Finanzströme einfror – und wie nahe wir alle deshalb am Abgrund standen. Im Interview mit t-online erklärt Adam Tooze, warum unsere Welt nie mehr normal sein wird, wen er für den besten künftigen Kanzler hält und warum Europa die Lehre aus Corona nicht verstanden zu haben scheint:

t-online: Professor Tooze, Sie beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit Wirtschafts- und Finanzkrisen, jetzt haben Sie ein Buch über die Corona-Krise geschrieben: Stand die Welt jemals so nah vor dem Abgrund wie im Jahr 2020?

Adam Tooze: Die Corona-Krise ist mit nichts vergleichbar, was die Menschheit jemals zuvor erlebt hat. Ein Großteil der Weltwirtschaft wurde stillgelegt, das globale Bruttoinlandsprodukt stürzte im April 2020 um 20 Prozent im Vergleich zum Jahresanfang ab. So einen freien Fall hatte es bisher nie gegeben, auch nicht während der Großen Depression der Dreißigerjahre. Dabei haben viele Menschen gar nichts von der eigentlichen Krise mitbekommen, die sich im Hintergrund abgespielt hat.

Sie meinen die Turbulenzen um die US-Staatsanleihen im März 2020?

Turbulenz ist ein ziemlich harmloses Wort für das, was damals geschah. Es war eine Erschütterung nie geahnten Ausmaßes. Der Markt für amerikanische Staatsanleihen hörte im März 2020 schlichtweg auf zu funktionieren. Wir reden hier von einem Markt, der Billionen Dollar umfasst. Auch das mag noch harmlos klingen, aber auf US-Staatsanleihen baut eben der ganze Globus seine Reserven an Liquidität auf. Auch Großbritannien und die Eurozone wurden in Mitleidenschaft gezogen. Die Lage war außerordentlich ernst, beinahe hätte es den Rest der Welt mit hinfort gerissen.

Der amerikanischen Zentralbank, dem Federal Reserve System, war die Rettung zu verdanken.

Die Federal Reserve ist auch unter Donald Trump eine sehr kompetente Institution gewesen. Ihr Chef, Jerome Powell, wandte unter anderem Mittel an, die sich auch in der Krise von 2008 als hilfreich erwiesen hatten: Die Fed senkte die Zinsen, unterstützte die Geldmärkte, kaufte Staatsanleihen auf. Letzteres in einem gigantischen Ausmaß, Ende März erreichte sie eine Rate von einer Million Dollar pro Sekunde! Binnen kurzer Zeit hatte die Fed fünf Prozent dieses 20-Billionen-Dollar-Marktes aufgekauft. Das waren Interventionsgrößen, die es niemals zuvor gegeben hatte. Es war wahrscheinlich Rettung in letzter Sekunde.

Was wäre das Worst-Case-Szenario gewesen?

Im schlimmsten Fall wären die weltweiten Finanzmärkte kollabiert, so gut wie jeder Mensch hätte die Folgen zu spüren bekommen. Game over.

Und das alles mit Donald Trump im Weißen Haus. War der Ex-Präsident mit seiner Neigung zum exzessiven Geldausgeben eher Belastung oder Vorteil in dieser Krise? Die Mitarbeiter der Fed hatte Trump bereits in der Vergangenheit als "Holzköpfe" beschimpft.

Trump war zwar beleidigend im Umgang mit der Fed, aber beileibe nicht der schlechteste Präsident zu diesem Zeitpunkt: Er hatte keinerlei wirtschaftspolitische Vorstellungen, war ein knallharter und zynischer Pragmatiker. Und wenn es je einen Präsidenten gegeben hat, für den Geld einfach aus dem Nichts erschaffen wird, dann war es Trump. Solange die Schecks seinen Namen trugen, hatte er keinerlei Problem damit, sie auszustellen.

Donald Trumps Zeit im Weißen Haus ist Geschichte, auch im Bundeskanzleramt in Berlin wird es bald eine neue Führung nach Angela Merkel geben. Wer ist Ihr Favorit als neuer Regierungschef in Deutschland, gerade in Bezug auf die Bekämpfung der Corona-Krise?

Olaf Scholz.

Warum ausgerechnet der Kandidat der Sozialdemokraten?

Es wäre für Deutschland doch sehr vorteilhaft, jemanden im Kanzleramt zu haben, der Ahnung von Wirtschaft und Finanzen hat. Italiens Regierungschef Mario Draghi ist ein Top-Ökonom, Emmanuel Macron in Paris kommt auch aus der Geschäftswelt. Außerdem ist Scholz derjenige, der als Nachfolger am ehesten in der Linie Merkels stünde.

Das wird der christdemokratische Kanzlerkandidat Armin Laschet aber gar nicht gerne hören.

Den Parteigrenzen zum Trotz ist dies allerdings Realität. Laschet hat zurzeit auch massive Probleme, seine Umfragewerte sind erstaunlich tief eingebrochen. Wenn es weiterhin so schlecht läuft, kann Laschet froh sein, wenn die Union überhaupt in die Regierung kommt.

Bleiben wir einmal bei Olaf Scholz. Bitte noch genauer: Warum wäre er aus Ihrer Sicht eine gute Wahl?

Olaf Scholz verfügt über mehrere gute Eigenschaften. Eine davon ist, dass er im richtigen Augenblick den Mund zu halten weiß. Er stichelt nicht im unpassenden Moment, wie es Wolfgang Schäuble als Finanzminister bisweilen zu tun pflegte. Scholz hat es auch nicht nötig, sich wie sein Vorgänger als konservativer Gralshüter der Schwarzen Null zu profilieren. Dass die SPD in den vergangenen vier Jahren das Ruder im Finanzministerium geführt hat, war sehr wichtig für die Fortentwicklung der gesamten europäischen Politik.

 

Nennen Sie bitte ein Beispiel.

2018 und 2019 ging es in Italien wegen dem hohen Schuldenstand hoch her. Diese wurde mit ruhiger Hand entschärft. Und es ist auch ein offenes Geheimnis, dass in der kritischen Phase der Corona-Krise im Frühjahr 2020 eine Art Hotline zwischen dem deutschen Finanzministerium und dem französischen Finanzminister Bruno Le Maire existierte. Scholz betreibt eine pragmatische und flexible, aber auch konsequente Politik. Er weiß die Freiräume der Schuldenbremse auszunutzen.

Und wie schätzen Sie Armin Laschet und die grüne Kandidatin Annalena Baerbock ein?

Annalena Baerbock hat ein großes Problem im Wahlkampf offenbart: Sie ist überaus verletzlich.

Eine durchaus menschliche Eigenschaft.

Natürlich. Aber wenn eine Partei eine Kandidatin aufstellt, darf diese nicht verwundbar sein. Das Verhalten der Medien in Deutschland ist doch bekannt: Mit Baerbocks Plagiaten war gewissermaßen Blut im Wasser, und die Haie kamen angeschwommen.

Jeder kann mal einen Fehler machen.

Auch das ist richtig. Aber bei Baerbock fehlt es bislang an der nötigen Substanz und der persönlichen Ernsthaftigkeit, um wieder aufzuschließen. Armin Laschet hat ein ähnliches Problem: Ein Kanzlerkandidat der Union muss einfach ein gewisses politisches Gewicht mit sich bringen. Das ist jetzt keine tiefgehende Analyse, aber ich glaube, darin liegt der Kern des Problems. Dazu tritt der Faktor, dass die deutschen Wähler politisch sehr mobil geworden sind.

Falls Olaf Scholz wirklich Kanzler wird, wer wäre dann aus Ihrer Sicht der beste Nachfolger im Finanzministerium?

Robert Habeck.

Habeck? Aber der hat doch bisher noch nie ein finanzpolitisches Amt bekleidet!

Robert Habeck und Olaf Scholz ist beiden bewusst, wie zentral Wirtschafts- und Finanzpolitik für Deutschland und Europa sind. Der Kontinent ist enorm gespalten, in gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Eine kluge Politik kann da polarisierenden Kräften entgegenwirken. Habeck ist smart und wird sich um guten Rat bemühen.

Das Wort "Krise" ist in unserem Gespräch nun schon mehrfach gefallen. 2007 und 2008 ereignete sich die Weltfinanzkrise, dicht gefolgt von der Euro-Krise, nun haben wir die Corona-Krise. Ist der Ausnahmezustand mittlerweile die neue Normalität?

Normalität ist mittlerweile eine Fata Morgana. Wir sollten uns von dieser Vorstellung verabschieden. Im amerikanischen Markt für US-Staatsanleihen war es auch schon im September 2019 zu Störungen gekommen. Auch die EZB hat im Herbst 2019 wieder mit dem Ankauf von Anleihen begonnen. Damals schon war klar, dass "Normalisierung" außer Reichweite liegt. Jetzt erst recht.

Worunter positive Zinsen fallen, was sich gerade viele deutsche Sparer wünschen?

Richtig. Wenn Sie nun das Coronavirus nicht als Ausrutscher betrachten, sondern als einen Indikator, dass das Verhältnis zwischen Natur und Menschheit vollkommen gestört ist, dann ist eine Schlussfolgerung sehr naheliegend: Normalität, wie die Menschen etwa die Fünfziger- oder Neunzigerjahre empfunden haben mögen, wird nicht mehr herzustellen sein. Wer den Bericht des Weltklimarats liest, kann gar nicht anders, als sich einzugestehen, dass wir uns in einer sich steigernden Dauerkrise befinden.

Das klingt nicht schön.

So ist es aber. Wir können jedoch lernen, mit der Wirklichkeit umzugehen. Verzeihen Sie den Vergleich, aber ich habe während der Olympischen Spiele den Wettbewerb im Kajak gesehen. Das ist ein passendes Bild: Wir befinden uns gewissermaßen im reißenden Fluss – und müssen die nötigen Muskeln entwickeln, um wieder Balance zu finden und nicht im Wasser zu landen. Um die Metapher nicht überzustrapazieren: Wir brauchen Instrumente, um in Fragen der Politik, der Wirtschaft und der Finanzen Stabilität und Flexibilität zugleich zu erreichen.

In den USA will Präsident Joe Biden mit einem viele Milliarden Dollar umfassenden Finanzpaket das Land sanieren.

Biden will die in der Tat sehr marode Infrastruktur in den USA modernisieren. Sein Ansatz geht noch weiter, er will auch eine Familienpolitik installieren, die es bislang in den USA kaum gibt. Diese Ziele werden viele, viele Milliarden Dollar erfordern. Aber generell sind die Vereinigten Staaten auf einem guten Erholungskurs. Europas Wirtschaft droht hingegen ein Long-Covid-Effekt.

Aber Europa hat sich doch zusammengerauft und einen Wiederaufbaufonds in Höhe von 750 Milliarden Euro aufgelegt. Deutschland hat dafür sogar seine Abwehrschlacht gegen ein gemeinsames Schuldenmachen aufgegeben. In Ihrem Buch loben Sie diese Entscheidung von Bundeskanzlerin Merkel.

Von europapolitischer Seite ist das Investitionspaket imponierend. Allein seine Komplexität ist beeindruckend – grün, digital, rechtsstaatliche Konditionalität. Alles schön und gut. Das Problem besteht allerdings darin, dass Europas Wachstumsrate schon vor Corona relativ schwach gewesen ist. Und das Paket ist einfach nicht groß genug. Dazu kommt, dass jeder finanzpolitische Impuls im folgenden Jahr eigentlich erneut erfolgen muss. Wenn es 2021 50 Milliarden sind, müssen es 2022 auch 50 Milliarden sein. Und wenn man einen zusätzlichen Impuls wünscht, müssen es sogar 100 Milliarden sein. Sonst entsteht kein Wachstum.

Wir müssen also viel lernen, lautet die Aufgabe für die Zukunft. Aber werden wir denn für die nächste Pandemie besser gerüstet sein?

Wir haben doch noch nicht einmal Corona verdaut, sondern stecken noch mittendrin in der Pandemie. Wenn ich mir das große Investitionsprogramm der Europäischen Union anschaue, zweifle ich allerdings daran, dass die Lektion aus Corona verstanden worden ist. Mit viel Geld will die EU die Energiewende vorantreiben, wo aber sind die Milliardeninvestitionen in die Biotechnologie? Die hat uns gerettet, und sie könnte noch Großes leisten, etwa im Kampf gegen Krankheiten wie Malaria. Dagegen fällt das EU4Health-Programm, mit einem Budget von 5,1 Milliarden über 7 Jahre verteilt, sehr bescheiden aus. Zwischen 2014 und 2020 hat die EU nur eine Milliarde für die Förderung von Impfstoffen ausgegeben. Das muss sich ändern. Die Ambitionen beim Klima und der Digitalisierung gehen auch heute noch viel weiter als im Umgang mit Risiken wie Pandemien.

Bevor die Impfstoffe zur Verfügung standen, behalfen sich die meisten Regierungen der Welt, indem sie das öffentliche Leben mehr oder weniger vollständig stilllegten, um das Virus einzudämmen. War das richtig?

Die Maßnahmen waren extrem, der Preis könnte in der Nachbetrachtung zu hoch gewesen sein. Aber ich maße mir kein Urteil an, sondern will in meinem Buch historisch darstellen, wie es zur Stilllegung der Welt gekommen ist. In einer modernen Gesellschaft entscheiden Regierungen aufgrund von wissenschaftlichen Prognosen – und im Falle einer Bedrohung durch ein potenziell tödliches Virus muss dies in Windeseile erfolgen.

Anfang 2020 waren die Prognosen überaus alarmierend.

Die Prognosen waren dramatisch, die Einsätze hoch. Auf der einen Seite stand das Leben ungezählter Menschen auf dem Spiel, ebenso der Zusammenbruch der Gesundheitssysteme. Auf der anderen Seite war mit gigantischen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Kosten zu rechnen. Eigentlich hat man viel zu spät gehandelt, bereits im Februar 2020 hätte der Luftverkehr gezielt eingeschränkt werden müssen. Wer das allerdings damals im Westen gefordert hätte, wäre mit ziemlicher Sicherheit ausgelacht worden. Als es dann richtig kritisch wurde, blieb fast allen Regierungen nichts anderes mehr übrig, als das öffentliche und wirtschaftliche Leben einzufrieren.

War Chinas Vorgehen in Form eines harten Shutdowns richtig?

Im von der Kommunistischen Partei geführten China hat es funktioniert, in demokratischen westlichen Gesellschaften gestaltet sich eine solche Lösung weitaus schwieriger. Unsere Fähigkeit, mit solchen Bedrohungen umzugehen, ist begrenzt. Das sollte uns allen bewusst sein.

Also bleibt uns im Westen nur die Hoffnung, dass Technologie, insbesondere die Biotechnologie, in Zukunft Schlimmes zu verhindern hilft?

Das wird sie sicher tun. Allerdings bin ich kein reiner Technikgläubiger. Falls das Coronavirus doch einem Laboratorium entstammen sollte, werde ich sehr unruhig beim Gedanken an die vielen, vielen Labore rund um den Globus – und an das, was sich darin befindet.

Professor Tooze, vielen Dank für das Gespräch.

Zitat

Furcht vor politischem Vakuum: So blickt die Welt auf die Bundestagswahl

 

In Deutschland haben demnächst die Wähler das Wort. Und dann? Besonders in der EU und den USA befürchtet man für die Zeit nach der Wahl ein politisches Vakuum.

Noch sind es fast zwei Wochen bis zur Bundestagswahl. Aber nicht nur in Europa, sondern auch in Russland, den USA und China fragt man sich: Wie geht es danach weiter mit Deutschland? Wird es einen Kurswechsel geben oder dominiert die Kontinuität?

Die Europäische Union

Zwar gibt es in Brüssel keinen Zweifel daran, dass sich an der grundsätzlichen pro-europäischen Ausrichtung der neuen Bundesregierung etwas ändert. Dies gelte sowohl für eine Koalition unter Führung der SPD als auch für eine unter der Union, sagt Eric Maurice von der Denkfabrik Fondation Robert Schuman in Brüssel.

Die Gefahr besteht in seinen Augen eher darin, dass sich in den nächsten Monaten im Fall von zähen Koalitionsgesprächen in Berlin ebenso in Brüssel ein politisches Vakuum bilden könnte. Auf der Agenda stehen aber wichtige Themen, vor allem der Klimaschutz.

Eine deutsche Regierung, die nur geschäftsführend im Amt ist, kann zwar ein Veto gegen einzelne Vorhaben einlegen, jedoch nicht aktiv gestalten. Das ist nach den Worten von Maurice aber nötig: „Egal ob bei der CO2-Grenzsteuer oder beim Emissionshandel – hier wird erst einmal die Haltung der neuen Bundesregierung abzuwarten sein.“

Entscheidend ist die Position der künftigen Bundesregierung auch für den Stabilitätspakt, dessen Regeln während der Pandemie ausgesetzt wurden. Für den Sommer kommenden Jahres wird ein Vorschlag der EU-Kommission zur Reform des Paktes erwartet, der strenge Grenzen bei der Neuverschuldung und der Gesamtverschuldung vorschreibt. Ohne eine eingehende Abstimmung mit der neuen Bundesregierung kann die Brüsseler Behörde dabei aber nicht ans Werk gehen.

Dabei macht es einen Unterschied, wer künftig Deutschland regiert. Die Grünen wünschen sich mehr Flexibilität beim Stabilitätspakt, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hält die bestehenden Regeln für ausreichend. CDU und CSU setzen sich dafür ein, dass die Regeln des Stabilitätspakts wieder so schnell wie möglich in Kraft gesetzt werden.

Frankreich

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat mit seiner Einladungs-Politik bereits deutlich gemacht, dass er sowohl Scholz als auch Armin Laschet (CDU) für Kanzler-tauglich hält. Beide erhielten vergangene Woche einen Termin im Elysée-Palast. Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock hätte ein Treffen mit Macron bekommen können, aber ihr waren die Wahlkampf-Termine im Inland wichtiger.

Trotz der Gleichbehandlung der Kandidaten gehen Beobachter davon aus, dass eine von der SPD geführte Regierung die Präferenz Macrons haben könnte, weil ihr in Paris ein größeres Entgegenkommen in der Frage zugetraut wird, ob die europäischen Schuldenregeln ab 2023 möglicherweise gelockert werden sollen. Finanzminister Bruno Le Maire sprach sich jüngst deutlich für ein Aufweichen der Regeln aus und erklärte, die bestehenden Bestimmungen des Stabilitätspaktes seien „offensichtlich obsolet“.

Der Blick auf Deutschland wird aber zunehmend dadurch überschattet, dass die im April 2022 anstehende Präsidentschaftswahl bereits das politische Geschehen prägt. So beklagt der Linkspolitiker Arnaud Montebourg, der zu den Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl gehört, ein deutsches Übergewicht in der EU. Ähnliche Töne schlägt inzwischen überraschenderweise auch Michel Barnier an. Der frühere Brexit-Unterhändler der EU will sich vor der Präsidentschaftswahl im Lager der Konservativen profilieren.

USA

Die Hauptfrage der Amerikaner lautet: Wer wird die oder der nächste Angela Merkel? Die scheidende Kanzlerin genießt außergewöhnlich hohes Ansehen. In Umfragen zeigt sich regelmäßig, dass sie in Amerika deutlich beliebter ist als in ihrer Heimat. Verbunden wird mit ihr vor allem der als human empfundene Umfang mit der Flüchtlingskrise; für die Kritiker von Donald Trump war sie quasi die Antithese des damaligen US-Präsidenten.

Die Namen ihrer möglichen Nachfolger kennen jenseits der liberalen Ostküsten-Großstädte wohl nur die wenigsten - auch wenn es der „New York Times” am Sonntag gerade erst wieder einen größeren Aufschlag wert war, der Frage nachzugehen, was die Wahl in Deutschland nach sich ziehen würde.

Eine Regierungszeit von 16 Jahren ist ohnehin für Amerikaner schwer nachvollziehbar. Umso größer ist die Ungewissheit, was auf die Ära Merkel folgt. Die „New York Times“ stellt fest, dass die deutschen Wähler „Stabilität und Kontinuität“ herbeisehnten. Warum der Wahlausgang auf einmal so unsicher geworden ist, erstaunt daher viele. War nicht klar, dass die CDU auf jeden Fall den nächsten Kanzler stellen würde, lautet eine häufig gestellte Frage. Hatte man sich 2017 noch intensiv mit dem Erstarken der AfD auseinandergesetzt und gerade erst über die Folgen einer möglichen grünen Kanzlerin spekuliert, sieht nun wieder alles anders aus.

Bei Transatlantikern ist die Sorge groß, dass mit einer Hängepartie nach der Wahl Berlin als Partner der Regierung von Joe Biden bei drängenden Fragen erst einmal ausfällt – genauso wie als Führungskraft in Europa. Ein mit sich selbst beschäftigtes Deutschland, bei dessen TV-Debatten Außenpolitik kaum vorkommt, wird als größeres Problem empfunden. Biden baut auf den Schulterschluss des Westens beim Umgang mit China, Deutschlands Handelspartner Nummer 1, und Russland – da wäre Berlin gefragt. Aber es könnte dauern, bis die US-Regierung wieder Ansprechpartner in der deutschen Hauptstadt hat.

Russland

Vor der Wahl sendete der Kreml auf seine Weise ein unmissverständliches Signal. Der russische Militärgeheimdienst GRU soll nach Angaben der Bundesregierung hinter Cyberangriffen stehen, die in den vergangenen Wochen und Monaten auf deutsche Abgeordnete verübt wurden.

In ungewöhnlich deutlichen Worten machte das Auswärtige Amt kürzlich Russland für die Phishing-Attacken verantwortlich. Der Vorgang ist ein weiterer Beweis dafür, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen Berlin und Moskau ist. Vor allem aber macht er deutlich, dass der Kreml tatsächlich versucht, im Wahljahr in Deutschland Einfluss zu nehmen.

Aus russischer Sicht ist Deutschland innerhalb Europas von zentraler Bedeutung. Es war Kanzlerin Merkel, die nach der Annexion der Krim und der russischen Intervention in der Ostukraine dafür sorgte, dass die EU in der Sanktionsfrage Geschlossenheit zeigte. Einerseits. Andererseits unterstützten sowohl Merkel und die Union als auch die SPD die Fertigstellung der Pipeline Nord Stream 2.

Ein härterer Kurs in der Russlandpolitik ist dagegen von den Grünen und auch von der FDP zu erwarten. Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock wurde ungewöhnlich oft Ziel von Desinformationsattacken. Nicht nur bei den Grünen geht man davon aus, dass ein Teil davon wohl aus Russland stammt. Womöglich werden die Grünen der nächsten Bundesregierung angehören, vielleicht sogar das Außenministerium erhalten. Im Kreml muss man sich wohl auf deutlichere Worte aus Berlin gefasst machen.

China

In der Volksrepublik wird Merkel vermisst werden. Das zeigt zum Beispiel ein respektvoller Abschiedsartikel in der staatlich kontrollierten Zeitung „China Daily“, in dem die Kontinuität der Politik der „Mutter des Pragmatismus“ gelobt wird.

Das ist besonders bemerkenswert, weil die offiziellen Stellen im autoritär regierten China demokratische politische Systeme in der Regel für ihre fehlende Kontinuität kritisieren. Doch womöglich spielt bei der freundlichen Einschätzung nicht nur die bemerkenswerte wirtschaftliche Entwicklung zwischen beiden Nationen unter Merkel, sondern auch der Blick nach vorne eine Rolle. Denn in der Zukunft kann das Verhältnis zwischen China und Deutschland eigentlich nur schlechter werden.

Das liegt daran, dass inzwischen alle wichtigen Parteien in Deutschland die Beziehungen deutlich kritischer sehen. Besonders geostrategische Herausforderungen, Marktzugangsbedingungen und die Situation der Menschenrechte stehen dabei im Mittelpunkt. China hingegen würde gerne mit der EU das ins Stocken geratene Investitionsabkommen ratifizieren, doch die Grünen sind dagegen, CDU/CSU und SPD äußern sich in ihren Wahlprogrammen nicht dazu.

Die „Global Times“ warnte sogar vor einer Kanzlerin Baerbock, weil sie sich für höhere Zölle gegenüber China ausgesprochen habe. Ein SPD-Kanzler dürfte in China zumindest nicht ungern gesehen werden, haben sich doch Helmut Schmidt und Gerhard Schröder im Nachhinein als ausgesprochen chinafreundlich erwiesen.

Zitat

Australiens Atom-U-Boot-Deal erschüttert die Rüstungsbranche

 

Jetzt also doch Atom-U-Boote – aber nicht von den Franzosen, sondern von einem amerikanisch-britischen Bündnis. Die spektakuläre Entscheidung Australiens, mit einem Sicherheitsabkommen mit Washington und London den Mega-Auftrag an Frankreichs mehrheitlich staatliche Marinewerft Naval Group platzen zu lassen, erschüttert auch die Rüstungsbranche.

Binnen 18 Monaten sollen die Eckpunkte für den Rauswurf Frankreichs samt Neustart geklärt werden. Daher ist es kein Zufall, dass die Aktien des britischen Technologiekonzerns Rolls-Royce sofort um knapp fünf Prozent zulegten.

Der britische Konzern, der nichts mehr mit Luxusautos zu tun hat, sondern mit Flugzeugtriebwerken und Schiffsmotoren sein Geld verdient, sorgt seit 60 Jahren für den Antrieb der britischen Atom-U-Boote. Stolz heißt es in der Sparte des Konzerns: „Ein kleiner Löffel Uran ist alles was man braucht, um ein getauchtes U-Boot für eine Weltumrundung anzutreiben.“

Bevor feststeht, welche Details die künftig mindestens acht neuen U-Boote Australiens mit Atomantrieb – aber ohne Atomwaffen – ausmachen, zeichnet sich heftiger politischer Streit zwischen Paris und Washington ab. Frankreich fühlt sich bei dem vor fünf Jahren geschlossenen Megavertrag verraten und hintergangen, wenn er jetzt beendet wird.

Der Schritt sei ein „Dolchstoß in den Rücken“, sagte der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian. Das neue Sicherheitsbündnis versteht sich wiederum als Signal an China, das Machtstreben Pekings im indopazifischen Raum nicht teilnahmslos hinzunehmen.

Atom-U-Boote sind schneller als dieselelektrische

 

Während Frankreich angeblich überrascht wurde, verweisen Insider darauf, dass sich der Bruch Australiens mit Paris seit Monaten abzeichnete. Die Kosten des 2016 vereinbarten Baus von zwölf Super-U-Booten auf Basis französischer Ingenieurskunst noch mit diesel-elektrischem Antrieb verzögerte und verteuerte sich massiv, auf bis zu 90 Milliarden australische Dollar oder 56 Milliarden Euro.

2016 war in Australien ein atomangetriebenes U-Boot politisch wohl nicht durchsetzbar, was Frankreich für seine eigene Flotte gebaut hat. Jetzt werden wiederum die Vorzüge dieser Technik gelobt.

Atom-U-Boote sind auf längeren Strecken schneller als U-Boote mit diesel-elektrischem Antrieb. Sie müssen vor allem nicht hin und wieder dicht an die Meeresoberfläche kommen, um wie mit einem Schnorchel Luft für den Antrieb zu tanken. Sie können monatelang getaucht bleiben.

Die Missionsbegrenzung liegt bei der Versorgung der Besatzung - von beispielsweise knapp 160 Personen bei den 170 Meter langen Booten der Ohio-Klasse der USA. Diesel-elektrische U-Boote können zwar ihren Antrieb für Schleichfahrten unter Wasser durch verschiedene Maßnahmen leiser machen, aber auch bei modernen atomangetriebenen U-Booten gibt es Möglichkeiten der Akustiktarnung mit der Abschaltung von Pumpen.

Die USS Nautilus war das erste nukleargetriebene U-Boot

Bei der auf den Namen AUKUS getauften neuen Sicherheitsallianz von Australien, Großbritannien und den USA geht es jetzt darum, welche Rüstungskonzerne ihre Geschäfte ausweiten können. Großbritanniens Atom-U-Boote entstehen unter der Regie des größten europäischen Rüstungskonzerns BAE Systems, wobei Rolls-Royce den Antrieb beisteuert.

In den USA dominiert bei Atom-U-Booten der Rüstungskonzern General Dynamics, dessen Ursprungsgesellschaft Electric Boat 1954 mit der USS Nautilus überhaupt das erste nukleargetriebene U-Boot der Welt baute. Die U-Boot-Druckwasserreaktoren gelten als Wegbereiter für die Kernkraftwerke an Land.

Bemerkenswert ist, dass die großen Atom-U-Bootbauer BAE Systems und General Dynamics bei einem Multimilliardenauftrag Australiens für neue Schützenpanzer es nicht bis in die Endrunde schafften und im Herbst 2020 ausschieden – so stehen derzeit Rheinmetall und der südkoreanische Hanwah-Konzern in der Endrunde. Damals gab es noch nicht die neue Sicherheitsallianz.

Zitat

US-Regierung will von Firmen mehr Daten zur Chip-Knappheit

 

Die US-Regierung will stärker gegen die Halbleiter-Engpässe vorgehen, die unter anderem die Elektronik-Branche und Autohersteller hart treffen.

In einem ersten Schritt will sich Handelsministerin Gina Raimondo ein besseres Bild von der Situation verschaffen. Dafür hofft sie auf Daten aus allen Teilen der Lieferkette - Hersteller und Abnehmer von Halbleitern, sowie Zwischenhändler. Alle beteiligten Unternehmen wurden aufgerufen, dem Ministerium Daten über die Entwicklung der Bestände, der Nachfrage und der Liefersituation zur Verfügung zu stellen.

Die US-Regierung erwartet Antworten dazu binnen 45 Tagen. Die Teilnahme ist freiwillig. Raimondo betonte aber, dass sie nach einer rechtlichen Grundlage für das verpflichtende Einfordern der Informationen suchen könnte, wenn es zu wenige Rückmeldungen gebe. Bisher waren viele Firmen nicht bereit, Einblicke in ihre Lieferketten zu geben. Das Ministerium versichert, dass die Angaben der Unternehmen vertraulich bleiben werden.

Das Handelsministerium veranstaltete am Donnerstag eine weitere Videokonferenz mit Top-Managern aus verschiedenen Branchen. Unter den Teilnehmern waren laut Medienberichten etwa Apple, Intel, Ford, General Motors und die Peugeot-Mutter Stellantis.

Deutlich höhere Nachfrage

Auslöser der Halbleiter-Knappheit war unter anderem die erhöhte Nachfrage nach Notebooks und anderen Elektronikprodukten in der Corona-Krise. Erschwerend kam hinzu, dass Chiphersteller in den vergangenen Jahren ihre Kapazitäten bei einigen Halbleiter-Arten angesichts zunächst schwacher Nachfrage zurückgefahren hatten und diese jetzt nicht wieder schnell aufstocken können.

Die Autobranche wird nach wie vor besonders schwer von den Engpässen getroffen. Ein Grund ist, dass die Geschäfte mit ihr wegen relativ niedriger Stückzahlen für die Chipkonzerne weniger lukrativ sind als beim Verkauf an große Elektronikkonzerne. Viele Autohersteller hatten zu Beginn der Pandemie zudem selbst Nachfrageeinbrüche - in der Folge stornierten sie bereits zugesagte Mengen bei den Halbleiterfirmen. Jetzt, wo das Autogeschäft wieder besser läuft, fehlen diese Chips.

Hohe Belastungen für die Autoindustrie

Die Beratungsfirma AlixPartners prognostizierte am Donnerstag, dass der Autoindustrie durch die Knappheit allein in diesem Jahr Erlöse von 210 Milliarden Dollar (rund 179 Mrd Euro) entgehen werden. Bisher seien die Verkäufe noch nicht stark in Mitleidenschaft gezogen worden, weil die Hersteller auf Lagerbestände hätten zurückgreifen können, sagte der Branchenexperte von AlixPartners, Dan Hearsch, dem Finanzdienst Bloomberg. Inzwischen seien diese Reserven aber abgebaut worden.

In den USA wird die Chipknappheit auch als politisches Problem gesehen. Während die Chip-Lieferketten sich seit Jahren vor allem in Asien befinden, werden Forderungen lauter, dass im Sinne der nationalen Sicherheit mehr Halbleiter in den USA produziert werden müssten. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden will den Sektor mit gut 50 Milliarden Dollar fördern. Kritiker der Pläne argumentieren, dass die Chipbranche seinerzeit wegen der niedrigeren Arbeitskosten nach Asien abgewandert sei - und dies nicht nachhaltig umgekehrt werden könne.

 

Zitat

Kein Militärgeheimnis mehr  

So viele Atomsprengköpfe sind im Besitz der USA

US-Präsident Joe Biden bemüht sich um Abrüstungsgespräche mit Russland – und demonstriert mehr Transparenz. Sein Vorgänger Donald Trump hatte die Anzahl der Waffen zum Militärgeheimnis erklärt. 

Die USA haben erstmals seit vier Jahren die Zahl ihrer Atomsprengköpfe veröffentlicht. Nach Angaben des Außenministeriums vom Dienstag hielten die USA am 30. September vergangenen Jahres 3.750 einsatzbereite und nicht einsatzbereite Atomsprengköpfe. Das seien 55 weniger als ein Jahr zuvor und 72 weniger als Ende September 2017. Ex-US-Präsident Donald Trump hatte die Zahl der Atomsprengköpfe zum Militärgeheimnis erklärt.

Die aktuelle Zahl ist zugleich die niedrigste seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges mit Russland im Jahr 1967, als die USA über 31.255 Sprengköpfe verfügten. Zu der vom Ministerium genannten Zahl kommen allerdings rund 2.000 ausgemusterte Atomsprengköpfe hinzu, die zurückgebaut werden sollen.

Mehr Transparenz wichtig für Gespräche mit Russland

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden bemüht sich um eine Wiederaufnahme der Rüstungskontrollgespräche mit Russland. Mehr Transparenz bei den staatlichen Atomwaffenbeständen sei "wichtig für die Nichtweiterverbreitung und Abrüstungsbemühungen", erklärte das State Department.

Unter Bidens Vorgänger Donald Trump hatten die USA ihre Abrüstungsvereinbarungen mit Russland insgesamt reduziert. So stiegen sie aus dem INF-Vertrag über die atomare Abrüstung im Mittelstreckenbereich aus. Auch kündigten die USA den Open-Skies-Vertrag über Rüstungskontrolle aus der Luft auf. In den Verhandlungen über eine Verlängerung des New-Start-Abkommens trat Trump erfolglos für eine Einbeziehung Chinas ein.

Das New-Start-Abkommen verlängerten die USA und Russland kurz nach dem Amtsantritt von Joe Biden. Es wäre sonst am 5. Februar ausgelaufen. Mit der Unterzeichnung verpflichteten sich Washington und Moskau dazu, ihre atomaren Sprengköpfe jeweils auf maximal 1.550 zu reduzieren.

Atomabkommen soll neu verhandelt werden

In der vergangenen Woche nahmen russische und US-Diplomaten in Genf Gespräche hinter verschlossenen Türen auf, um über ein Nachfolgeabkommen für New Start und über konventionelle Waffen zu beraten. Ein US-Vertreter nannte die Gespräche "produktiv", beide Seiten erklärten, allein die Tatsache, dass die Gespräche stattfänden, sei positiv.

Laut einer Zählung des schwedischen Friedensforschungsinstituts in Stockholm (Sipri) vom Januar, die auch ausgemusterte Sprengköpfe erfasste, hatten die USA 5.550 Sprengköpfe, Russland 6.255, China 350, Großbritannien 225 und Frankreich 290. Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea verfügten demnach zusammen über rund 460 Atomsprengköpfe.

Zitat

Zehn Millionen Dollar Belohnung: USA wollen Hackergruppe „Darkside“ endlich festsetzen

 

Sie sollen für Benzinengpässe im Mai verantwortlich sein, jetzt wollen die USA die Hacker dingfest machen. Und lobt eine Belohnung aus.

Die US-Regierung hat eine Belohnung in Höhe von zehn Millionen Dollar für entscheidende Hinweise bei der Suche nach den Anführern der internationalen Hackergruppe „Darkside“ ausgelobt. Dabei gehe es um den „Schutz von Ransomware-Opfern auf der ganzen Welt vor der Ausbeutung durch Cyber-Kriminelle“, erklärte das US-Außenministerium am Donnerstag. Die US-Bundespolizei FBI macht „Darkside“ für zahlreiche Cyber-Attacken auf US-Unternehmen verantwortlich.

Die Angreifer nutzen eine sogenannte Ransomware, mit der Computersysteme gesperrt oder verschlüsselt werden, um von den Nutzern Geld für die Freigabe der Daten zu erpressen.

In dem Begriff steckt das englische Wort für Lösegeld („ransom“). Das Außenministerium setzte zusätzlich eine Belohnung in Höhe von fünf Millionen Dollar für Informationen aus, die zur Festnahme von Menschen führen, die sich an einem Angriff von „Darkside“ beteiligen - egal, in welchem Land.

Die US-Regierung macht die mutmaßlich von Russland aus operierende Gruppe unter anderem für den Angriff die größte Benzin-Pipeline der USA im Mai 2021 verantwortlich.

Das Unternehmen Colonial Pipeline hatte Anfang Mai mitgeteilt, Opfer einer Cyberattacke geworden zu sein. In der Folge wurde der Betrieb der Pipeline, durch die etwa 45 Prozent aller an der US-Ostküste verbrauchten Kraftstoffe laufen, zeitweise komplett eingestellt. In Teilen des Landes kam es zu Benzinengpässen.

Die Hacker waren damals in das Computer-Netzwerk des Pipeline-Betreibers eingedrungen und hatten ein Lösegeld in Millionenhöhe gefordert, das das Unternehmen auch zahlte.

In den USA gab es in den vergangenen Monaten eine Reihe spektakulärer Ransomware-Angriffe. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden will entschieden gegen solche Angriffe vorgehen und hielt im Oktober einen virtuellen Gipfel mit mehr als 30 Staaten zu dem Thema ab.

Zitat

USA: Republikaner wollen Nord-Stream-2-Sanktionen erzwingen

Der Widerstand der Republikaner im US-Kongress gegen die Ostseepipeline geht in die nächste Phase. Sie versuchen jetzt, US-Präsident Biden zu Strafen zu zwingen. 

Republikaner im US-Senat wollen die Verhängung von Sanktionen durch US-Präsident Joe Biden gegen Nord Stream 2 auch nach der Fertigstellung der Ostseepipeline erzwingen. Die Republikaner im Auswärtigen Ausschuss der Kongresskammer stellten am Montag (Ortszeit) den Entwurf einer entsprechenden Gesetzesänderung vor, die Teil des Gesetzespakets zum Verteidigungshaushalt (NDAA) 2022 werden soll.

Sie sieht vor, dass dem Präsidenten das Recht genommen wird, aus Gründen der nationalen Sicherheit Ausnahmen von Sanktionen zu verfügen. Die betreffende Passage in den Sanktionsgesetzen gegen Nord Stream 2 soll dem Entwurf zufolge gestrichen werden.

Auch einige Demokraten sind gegen das Projekt

Das US-Repräsentantenhaus hatte eine entsprechende Gesetzesänderung bereits im September in den Entwurf für den Verteidigungshaushalt aufgenommen. Biden verfügte im Mai Ausnahmegenehmigungen ("Presidential Waiver"), mit denen die Nord Stream 2 AG mit Sitz in der Schweiz und ihr deutscher Geschäftsführer von US-Sanktionen verschont blieben.

Der ranghöchste republikanische Senator im Auswärtigen Ausschuss, Jim Risch, warf der Biden-Regierung am Montag vor, Russland zu schonen und damit "den parteiübergreifenden Willen des Kongresses" zu ignorieren. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin beschuldigte der Senator, Energie als Waffe zu missbrauchen.

Russland hatte die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 im September fertiggebaut. Noch fließt aber kein Gas durch die Röhre von Russland nach Deutschland. Die Ukraine wird durch die Pipeline umgangen. Erbitterten Widerstand gegen Nord Stream 2 gibt es im US-Kongress sowohl bei den Republikanern als auch bei Bidens Demokraten. Die Demokraten kontrollieren derzeit beide Kammern im Kongress, aber jeweils nur mit hauchdünnen Mehrheiten.

Im jahrelangen Streit um das Projekt hatten die Bundesregierung und die Biden-Regierung im Juli einen Durchbruch verkündet. Sie veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der der Ukraine Unterstützung zugesagt wurde. Die USA hatten Nord Stream 2 jahrelang massiv kritisiert. Biden hatte dann aber eingeräumt, dass die USA die Pipeline nicht mehr würden verhindern können.

Zitat

USA verhängen weitere Sanktionen wegen Nord Stream 2

Die USA wollen wegen der umstrittenen deutsch-russischen Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 weitere Sanktionen verhängen. Betroffen seien das mit der Pipeline befasste und mit Russland in Verbindung stehende Unternehmen Transadria und dessen Schiff „Merlin“, teilte das Außenministerium am Montag in Washington mit. Damit seien inzwischen acht Personen oder Einrichtungen sowie 17 Schiffe mit Sanktionen belegt.

Außenminister Antony Blinken betonte, die neuen Strafen stünden im Einklang mit dem Widerstand der US-Regierung gegen die Pipeline, die Gas unter Umgehung der Ukraine von Russland nach Deutschland bringen soll.

Gleichzeitig werde man die Zusammenarbeit mit Deutschland und anderen Verbündeten fortsetzen, um die Gefahr der Pipeline für die Ukraine und östliche Nato-Staaten zu senken. Kritiker sehen in Nord Stream 2 vor allem ein geopolitisches Projekt Russlands.

Im jahrelangen Streit um das Projekt hatten die Bundesregierung und die Regierung von US-Präsident Joe Biden im Juli einen Durchbruch verkündet. Sie veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der der Ukraine Unterstützung zugesagt wurde. Die US-Regierung räumte zudem ein, dass sie die Pipeline nicht mehr wird verhindern können und sah daher zunächst von drastischeren Sanktionen ab – etwa gegen die in der Schweiz registrierte Betreibergesellschaft der Pipeline.

Die Ankündigung der jüngsten Sanktionen war Teil eines Berichts an den US-Kongress, zu dem die Regierung gesetzlich verpflichtet ist. Alle drei Monate muss sie dem Parlament einen Fortschrittsbericht zu ihren Bemühungen in Sachen Nord Stream 2 vorlegen.

Durch den fertigen 1230 Kilometer langen Doppelstrang von Russland durch die Ostsee nach Deutschland fließt bislang aber noch kein Erdgas. In der vergangenen Woche setzte die Bundesnetzagentur ein nötiges Zertifizierungsverfahren vorerst aus. Der Betreiber Nord Stream 2 AG ist eine Tochterfirma des russischen Gaskonzerns Gazprom.

Zitat

Fed hat schnelleren Weg zu einer Zinserhöhung im Blick

Washington, 24. Nov (Reuters) - Die US-Notenbank Fed hat auf ihrer jüngsten geldpolitischen Sitzung über einen schnelleren Weg zu einer Zinserhöhung diskutiert. Mehrere Teilnehmer brachten demnach das Argument vor, dass die Fed auf ein höheres Tempo bei der Verringerung ihrer Anleihenkäufe vorbereitet sein müsse. Dieses verschärfte Tempo könne angemessen sein, um bei Bedarf früher in der Lage zu sein, eine Zinserhöhung in die Wege zu leiten. Wie aus den am Mittwoch veröffentlichten Protokollen der Sitzung weiter hervorgeht, forderten mehrere Währungshüter Flexibilität als Richtschnur für die Geldpolitik in einem von Unsicherheit und erhöhter Inflation geprägten Umfeld.
Die Federal Reserve hatte sich auf der Sitzung am 2. und 3. November letztlich darauf geeinigt, ihre Wertpapier-Zukäufe zunächst ab Mitte November um monatlich 15 Milliarden Dollar zu drosseln. Das gesamte Ankaufvolumen von zuletzt 120 Milliarden Dollar monatlich könnte somit im Zuge dieses sogenannten Taperings bis Mitte nächsten Jahres abgeschmolzen sein. Dies gilt als Voraussetzung für eine Zinserhöhung. Doch behielt sich die Notenbank ausdrücklich vor, das Tempo bei Bedarf zu erhöhen oder auch zu senken.

Der scheidende Fed-Vize Richard Clarida hat signalisiert, dass ein beschleunigtes Tapering angesichts der erhöhten Inflationsgefahren auf der Zinssitzung im Dezember zur Sprache kommen könnte. Fed-Direktor Christopher Waller wurde noch konkreter und forderte eine Verdoppelung des Abbau-Tempos. Dann könnte die Fed ihre Anleihenkäufe bereits im April abgeschmolzen haben. Dies würde den Weg für eine Zinserhöhung im zweiten Quartal freimachen. Die Fed hält den Leitzins derzeit in einer Spanne von null bis 0,25 Prozent.

Auch die Fed-Chefin des Bezirks San Francisco, Mary Daly, zeigte sich offen für die Idee eines beschleunigten Taperings - insbesondere auch vor dem Hintergrund der Inflationsgefahren: Die Teuerungsrate in den USA ist zuletzt im Zuge von explodierenden Energiekosten und pandemiebedingten Lieferengpässen mit 6,2 Prozent so hoch gewesen wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Zugleich erholt sich der Jobmarkt spürbar von der Corona-Krise. (Reporter: Lindsay Dunsmuir, Jonnelle Marte, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern 030 2201 33711 (für Politik und Konjunktur) 030 2201 33702 (für Unternehmen und Märkte)

Zitat

Botschafter Russlands und Chinas kritisieren gemeinsam US-Demokratie-Gipfel

In einem gemeinsamen Meinungsbeitrag haben die Botschafter Chinas und Russlands in den USA den von US-Präsident Joe Biden geplanten Demokratie-Gipfel scharf kritisiert. Das Gipfel-Vorhaben sei "offensichtlich das Produkt der Kalten-Kriegs-Mentalität" der USA, schrieben die Diplomaten Qin Gang und Anatoly Antonow in dem am Freitag auf der konservativen Website "The National Interest" veröffentlichten Beitrag. Die Veranstaltung werde neue "Trennlinien" zwischen den Ländern der Welt schaffen.

Demokratie könne "auf unterschiedliche Weise realisiert" werden, schrieben die Botschafter. Es gebe "kein Modell", das für alle Länder passend sei.

Der von Biden geplante Demokratie-Gipfel soll vom 9. bis 10. Dezember als virtuelle Veranstaltung stattfinden. Eingeladen sind die Vertreter von etwa 110 Ländern - China und Russland gehören nicht dazu.

Besonders erbost ist China über die Einladung Taiwans zu dem Gipfel. Peking betrachtet die Pazifikinsel als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll - notfalls mit Gewalt. Ebenfalls auf der Gästeliste für den Gipfel stehen Länder, deren Regierungen Angriffe auf die Demokratie vorgeworfen werden, etwa Brasilien, Indien und Pakistan. Der EU-Staat Ungarn und das Nato-Mitglied Türkei sind hingegen nicht eingeladen.