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News aus Deutschland

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"Nur auf oberster Ebene zu lösen"  

Jetzt knirscht es bei den Ampel-Verhandlungen

Bei den Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, FDP und Grünen zeichnen sich strittige Punkte ab. Ein Thema sorgt auch innerhalb einer Partei für Unruhe. Platzt der straffe Zeitplan?

In den Verhandlungen zur Bildung der ersten Ampel-Koalition in Deutschland auf Bundesebene gibt es erste Dissonanzen. Nach Angaben von zahlreichen Unterhändlern bestehen strittige Punkte bei SPDFDP und Grünen etwa beim Klimaschutz, den Finanzen, der Behandlung von Flüchtlingen, dem Umgang mit Polen und der nuklearen Teilhabe.

Zudem gibt es Spannungen nicht nur parteiübergreifend, sondern bei den Grünen auch intern über die Klimaschutzpolitik. Dennoch betonten alle Befragten, dass man auf einem guten Weg sei. "Mein Eindruck ist, dass es keine einzige Arbeitsgruppe gibt, die komplett in die falsche Richtung steuert", sagte ein Ampel-Unterhändler am Mittwoch zu Reuters.

"Wir kommen gut voran"

Die 22 Arbeitsgruppen mit fast 300 Politikern und Politikerinnen pausierten am Mittwoch, um eine Zwischenbilanz der bisherigen Verhandlungen zu ziehen. Die Ergebnisse wurden zunächst parteiintern präsentiert. Danach wollten die beiden Generalsekretäre von SPD und FDP, Lars Klingbeil und Volker Wissing, sowie Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner über den Stand der Dinge beraten.

In allen drei Parteien zeigte man sich zufrieden mit der bisher eingehaltenen Vertraulichkeit. "Wir kommen gut voran", sagte Grünen-Co-Chef Robert Habeck am Mittwoch. Zugleich deutete er an, dass die detaillierte operative Umsetzung der im Sondierungspapier beschlossenen Positionen nicht einfach sei. Angesichts der großen Differenzen in den Wahlprogrammen von SPD, Grünen und FDP sei dies aber auch zu erwarten gewesen, sagte eine Unterhändlerin.

Interne Unruhen bei den Grünen

Gerade beim Thema Klimaschutz geraten die Grünen nach Angaben aus allen drei Parteien auch intern in die Klemme. Es gebe Unruhe in den eigenen Reihen, die auch die Parteispitze auf den Plan gerufen habe, räumten Grünen-Vertreter am Mittwoch ein. Grund seien Passagen aus dem gemeinsam beschlossenen Sondierungspapier. Diese erschwerten ambitionierten Klimaschutz besonders im Verkehrssektor.

Druck kommt von Umweltverbänden, auch die grüne Jugend hatte sich unzufrieden gezeigt. Vertreter von SPD und FDP erläuterten, dass Grünen-Verhandler die Formulierungen relativieren und modifizieren wollten. Dies habe dazu geführt, dass auf der anderen Seite ebenfalls damit gedroht worden sei, auch an anderen Passagen Änderungen vorzunehmen. Im Zentrum der Debatte stehen die Sätze zum bestehenden Klimaschutzgesetz. Diese werden als Abschwächung der derzeit geltenden Regelungen interpretiert.

"Nur auf oberster Ebene zu lösen"

Differenzen gibt es aber auch an anderen Stellen. Die "Bild" hatte berichtet, dass es zwischen Grünen und FDP Streit gebe, ob ankommende Flüchtlinge sofort eine umfassende medizinische Versorgung erhalten sollen. Auch bei anderen Themen knirscht es. So wolle die SPD keinen so harten Umgang mit der nationalkonservativen Regierung in Polen im Streit um die Rechtsstaatlichkeit wie die bisherigen Oppositionsparteien, hieß es in Verhandlungskreisen.

Im außenpolitischen Bereich muss das Thema "nukleare Teilhabe" zurückgestellt werden, weil es hier keine Einigung mit den Grünen gab, die etwa Probleme mit einem Begriff wie "Abschreckungspotenzial" haben. Die Frage, ob Deutschland künftig weiterhin US-Atomwaffen stationiert und im Konfliktfall eigene Flugzeuge einsetzt, zählt zu den kontroversesten Fragen in den Verhandlungen. Unterhändler auch aus anderen Bereichen betonten, es sei schwer vorstellbar, dass die 22 Arbeitsgruppen in allen Punkten eine Einigung erzielten, wie dies von der Chefrunde gewünscht worden war. "Es wird kommende Woche Rückmeldungen an die Chef-Verhandler geben, dass es etliche offene strittige Punkte geben wird, die nur auf oberster Ebene zu lösen sind."

Die Ampel-Parteien haben sich einen straffen Zeitplan gesetzt und wollen den SPD-Politiker Olaf Scholz bereits in der Woche ab dem 6. Dezember zum neuen Bundeskanzler wählen.

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Das denken die Deutschen  

Habeck oder Lindner – wer soll Finanzminister werden?

SPD, Grüne und FDP verhandeln über eine Regierung – dabei wird es auch um die Verteilung der Posten gehen. Für das wichtige Amt des Finanzministers haben die Deutschen laut einer neuen Umfrage einen Favoriten. 

Bei der Frage nach der Eignung als Bundesfinanzminister hat FDP-Chef Christian Lindner einer Forsa-Befragung zufolge die Nase vor Grünen-Chef Robert Habeck. Im aktuellen "Trendbarometer" von RTL und ntv sprachen sich auf die Frage, wen sie für den Posten für geeignet halten, 44 Prozent für Lindner aus. Habeck kam auf 29 Prozent. 27 Prozent halten keinen der beiden für geeignet.

Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, behielte die SPD mit unveränderten 25 Prozent ihre Spitzenposition. Die Union würde einen Prozentpunkt zulegen und auf 21 Prozent kommen. Grüne und FDP würden je einen Punkt verlieren und lägen bei 16 beziehungsweise 15 Prozent. Die Werte für die AfD (9 Prozent) und die Linke (5 Prozent) blieben unverändert.

Wenn die Wahlberechtigten den Kanzler direkt wählen könnten, käme SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf 50 Prozent (-2). CDU-Chef Armin Laschet würden weiterhin nur 8 Prozent zum Regierungschef wählen. 42 Prozent würden sich für keinen der beiden entscheiden.

Wahlumfragen sind generell mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung und sind keine Prognosen für einen Wahlausgang.

Die Grünen konnten noch nie mit dem Geld umgehen. Sie verteuern Konsumprodukte für Jedermann um „Lenkungswirkung“ zu erreichen. Die Grünen wurden zur Partei der Reichen!

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Steuern: Größerer finanzieller Spielraum für neue Regierung

 

Bei der Steuerschätzung zeichnet sich ab, dass deutlich mehr Geld verfügbar sein wird als bisher gedacht. Es geht um jährliche Mehreinnahmen "in der Höhe eines hohen einstelligen Milliardenbetrags".

Größerer finanzieller Spielraum für neue Regierung

Die angehenden Ampel-Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP können sich in dieser Woche auf eine gute Nachricht einstellen. Sie dürften deutlich mehr Geld zur Verfügung haben als bisher erwartet, um in Klima, Verkehr, Bildung und Digitales zu investieren. Das geht aus Berechnungen für die derzeit laufende Schätzung der Steuereinnahmen bis 2025 hervor.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnte der Bund demnach mit jährlichen Mehreinnahmen "in der Höhe eines hohen einstelligen Milliardenbetrags" rechnen, möglicherweise "etwas mehr". Das Plus für die Bundesländer dürfte sogar deutlich größer ausfallen; insgesamt könnten Bund, Länder und Gemeinden "einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag jährlich" zusätzlich zur Verfügung haben.

Als Treiber für das staatliche Finanzplus gelten die anziehende Konjunktur, gute Beschäftigungszahlen sowie die Inflation. Die Steuerschätzung des beim Bundesfinanzministerium angesiedelten Arbeitskreises, an dem neben den Wirtschaftsforschungsinstituten die Bundesbank, der Wirtschafts-Sachverständigenrat und Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen beteiligt sind, läuft noch bis Donnerstag - dann soll das endgültige Ergebnis vorgestellt werden. Die Zuwächse beziehen sich auf den Vergleich mit der letzten Steuerschätzung, die im Mai stattgefunden hatte.

Die erwartbar höheren Steuereinnahmen vergrößern die finanziellen Spielräume für die nächste Bundesregierung und lindern zugleich den Druck auf die Ampel, bei der Finanzierung der geplanten zusätzlichen 50 Milliarden Euro pro Jahr an Investitionen Umwege über die Neu- und Umgründung von staatlichen Gesellschaften gehen zu müssen. Der Vorteil dieser Umwege wäre, dass der Staat investieren könnte, ohne dass die zusätzlichen Kredite auf die Neuverschuldung angerechnet werden - das würde der Ampel erlauben, ab 2023 die Schuldenbremse wie geplant wieder einzuhalten.

Die angehenden Koalitionäre hatten verhandelt, die Deutsche Bahn, die öffentlich-rechtliche Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) und die staatliche Förderbank KfW zu nutzen, um Kredite aufzunehmen. Bisher haben sich SPD, Grüne und FDP aber nicht einigen können. "Die Finanzierung über diese staatlichen Gesellschaften ist noch im Findungsprozess", sagte eine an den Verhandlungen teilnehmende Person der SZ. Als Gegenargument wird etwa angeführt, dass es in Deutschland erfahrungsgemäß sehr lange dauere, Gesellschaften umzustrukturieren, man denke an die Autobahngesellschaft. Die Ampel müsse aber sofort loslegen.

Ein neues Gutachten renommierter Finanzverfassungsrechtler von der LMU-Universität München, angefertigt im Auftrag der Denkfabrik "Dezernat Zukunft", zeigt zudem, dass es auch innerhalb der geltenden Schuldenbremse größere Spielräume für zusätzliche Kredite geben könnte. Knapp zwanzig Milliarden Euro zusätzlicher finanzieller Spielraum seien möglich, sagt Direktorin Philippa Sigl-Glöckner.

Mitte der Woche will die Koalitionsarbeitsgruppe Finanzen ihre Vorschläge vorlegen; danach werden die Finanzen auf Chefebene verhandelt.

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Ladesäulen für E-Autos: Ab 2023 muss Kartenzahlung angeboten werden

 

Immer mehr Autofahrer steigen, unter anderem der Umwelt zuliebe, auf Elektrofahrzeuge um. Das Laden und Bezahlen an öffentlichen Ladesäulen ist jedoch oftmals kompliziert. Deshalb stimmte der Bundesrat einer geänderten Ladesäulenverordnung zu.

So wird derzeit an Ladesäulen bezahlt

Wer ein Elektroauto fährt, muss dieses in regelmäßigen Abständen aufladen. Kann man das Laden nicht von zu Hause aus erledigen, muss man eine öffentliche Ladesäule aufsuchen. Bisher sind die Zahlungsmethoden für die Ladesäulen von verschiedenen Betreibern jedoch uneinheitlich. Wie der Bayrische Rundfunk berichtet, werden die über 46.000 Ladestationen von hunderten verschiedenen Betreibern zur Verfügung gestellt, die außerdem verschiedene Tarife und Vertragsmodelle anbieten. Die meisten Ladestationen funktionieren über Apps oder Kundenkarten, welche dann jedoch nur für ausgewählte Ladesäulen funktionieren. Laut dem Bericht sollen Fahrer von Elektrofahrzeugen im Durchschnitt drei Ladekarten von verschiedenen Anbietern besitzen.

Ab Juli 2023 muss an neuen Ladesäulen Kartenzahlung möglich sein

Um dem entgegenzuwirken und eine einheitliche Zahlungsmethode für alle Ladesäulen anzubieten, fordert die Bundesregierung, dass Ladesäulen ein Lesegerät für Kartenzahlungen anbieten müssen. Am 17. September 2021 stimmte der Bundesrat dem Vorschlag der Bundesregierung zu einer geänderten Ladesäulenverordnung zu. Der neuen Verordnung nach müssen ab dem 1. Juli 2023 alle neuen Ladesäulen eine Kartenzahlungsfunktion für Debit- und Kreditkarten anbieten. Damit soll es den Kundinnen und Kunden erleichtert werden, schneller eine freie Ladesäule zu finden. Eine Aufrüstungspflicht für bereits bestehende Ladesäulen soll es jedoch nicht geben.

Zahl der Elektroautos und Ladesäulen in Deutschland steigt

Wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) berichtet, will Deutschland im Bereich der Elektromobilität sowohl als Leitanbieter, als auch als Leitmarkt ein Vorreiter sein. Im Zuge dessen wurde der Umweltbonus bis in das Jahr 2025 verlängert. Außerdem gibt es in der Bundesrepublik viele weitere Förderangebote von Bund, Land, Stadt oder Gemeinde, die den Konsumenten den Umstieg auf elektrisch betriebene Fahrzeuge erleichtern sollen. Statista zufolge stieg die Anzahl von neuzugelassenen Elektroautos seit 2019 um rund 220 Prozent auf ganze 203.040 an der Zahl. Und auch die Anzahl an neuen Ladestationen für Elektroautos steigt stetig weiter. Angaben der Bundesnetzagentur lag die Zahl der in Deutschland verfügbaren Ladesäulen Ende September bei rund 40.257 Normalladepunkten und 6.840 Schnellladepunkten.

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Weiterhin keine Welle von Firmenpleiten in Sicht

 

Die befürchtete Welle an Firmenpleiten zeigt sich nach wie vor nicht in der amtlichen Statistik.

Mit 1029 Fällen lag die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im August des laufenden Jahres sogar um 2,1 Prozent unter dem Wert des Vorjahresmonats. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Freitag wurde auch das Niveau des nicht von der Corona-Krise beeinflussten August 2019 um 36,7 Prozent unterschritten.

Um eine Pleitewelle in der Corona-Krise abzuwenden, hatte der Staat die Pflicht zum Insolvenzantrag bei Eintritt von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zeitweise ausgesetzt. Seit dem 1. Mai gilt die Insolvenzantragspflicht wieder vollumfänglich. Daher war mit einem Anstieg der Insolvenzen gerechnet worden. Ausnahmen gibt es noch für Betriebe, die im Sommer Schäden durch Starkregen oder Überflutungen erlitten haben.

«In den Zahlen für August 2021 ist, unter anderem aufgrund der Bearbeitungszeit bei den Gerichten, weiterhin keine Trendumkehr bei der Zahl der Unternehmensinsolvenzen zu beobachten», stellten die Wiesbadener Statistiker fest. 9637 Firmenpleiten von Januar bis einschließlich August des laufenden Jahres waren 15,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), das monatlich einen Insolvenztrend veröffentlicht, sieht weiterhin «keine Insolvenzwelle in Sicht». Zwar seien die Zahlen im Oktober 2021 leicht gestiegen, sie lägen aber immer noch um 14 Prozent unter den bereits sehr niedrigen Werten aus dem Vorjahresmonat. «Unsere Frühindikatoren lassen allenfalls einen leichten Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen bis Ende des Jahres erwarten», sagte IWH-Forscher Steffen Müller Anfang dieser Woche.

Bei den Verbraucherinsolvenzen hingegen registrierte das Bundesamt im August einen kräftigen Anstieg: Diese schnellten im Jahresvergleich um 217,7 Prozent auf 5779 Fälle in die Höhe. Die Statistiker erklären diesen Sprung mit einer Gesetzesänderung, die es Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglicht, sich schneller von Restschulden zu befreien.

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"Die Impfpflicht ist ein Ablenkungsmanöver"

Die Corona-Zahlen unter Schülerinnen und Schülern steigen dramatisch. Trotzdem sind noch immer nicht alle Lehrkräfte geimpft. Der Verband der Lehrer wehrt sich gegen eine Impfpflicht. Zu Recht?

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina spricht sich dafür aus, die Corona-Impfung für bestimmte Berufe wie Pfleger oder Lehrer verpflichtend zu machen. Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Lehrerverbandes, hält das für den falschen Weg und wirft der Politik fahrlässige Untätigkeit vor.

t-online: Herr Meidinger, die Leopoldina, eines der wichtigsten Beratergremien der Bundesregierung in der Corona-Krise, hat sich in dieser Woche für eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen ausgesprochen. Darunter Lehrerinnen und Lehrer. Wie stehen Sie zu dieser Empfehlung?

Heinz-Peter Meidinger: Der deutsche Lehrerverband ist gegen eine Impfpflicht für Lehrkräfte. So eine Impfpflicht wäre ein tiefgreifender Eingriff ins Persönlichkeitsrecht und nur dann gerechtfertigt, wenn es keine alternativen Eindämmungsmaßnahmen gegen Corona an Schulen gäbe. Wir haben unter Lehrkräften eine sehr hohe Impfquote von rund 95 Prozent, das ergab kürzlich eine repräsentative Befragung. Für die wenigen Ungeimpften sollte die 3G-Regel am Arbeitsplatz greifen, die müssen sich eben jeden Tag testen lassen.

Einer Impfpflicht gegen Masern für Lehrkräfte haben Sie als Verband vor zwei Jahren aber zugestimmt. Wo liegt der Unterschied zu Corona?

Damals hat eine Zunahme der Todesfälle durch Masern zu unserer Befürwortung geführt. Der Unterschied ist aber: Im Umgang mit den Masern gibt es eine jahrzehntelange Erfahrung, darum war auch die Akzeptanz für die Impfung so groß. Im Umgang mit Corona gibt es in der Bevölkerung bei einigen ungeachtet des wissenschaftlich erwiesenen Nutzens noch große Bedenken. Deshalb halte ich es für falsch, jetzt mit Gewalt eine Impfpflicht durchzusetzen.

 

Wie bei den Masern spricht aber auch bei Corona das Risiko eindeutig für eine Impfpflicht: Ungeimpfte Lehrkräfte gefährden nicht nur sich selbst, sondern tragen die Viren auch in andere Klassen und nach außen.

Wir empfehlen als Lehrerverband dringend allen Lehrkräften, sich impfen zu lassen. Die entscheidende Frage ist aber doch: Brauchen wir dafür eine Impfpflicht oder ist es an den Schulen möglich, auch mit einer Erweiterung der bestehenden Regeln Schüler vor Infektionen durch Lehrkräfte zu schützen und zu gewährleisten, dass ungeimpfte Lehrkräfte die Viren nicht nach außen tragen? Ich glaube, das ist möglich mit der Kombination aus der sehr hohen Impfquote unter Lehrerinnen und Lehrern und täglichen Tests für die wenigen Ungeimpften. Diese 3G-Regel ist ein gutes Alternativkonzept.

Sie halten die aktuelle Debatte also für überzogen?

Die Impfpflicht-Debatte halte ich für ein Ablenkungsmanöver, um die Untätigkeit der Politik zu kaschieren. Wenn wir in der jetzigen Phase der vierten Welle flächendeckend Raumluftfilter an Schulen, wenn wir überall engmaschige Testkonzepte hätten, wenn mehr niedrigschwellige Impfangebote für die Schülerinnen und Schüler verfügbar wären, die sich vom Alter her schon impfen lassen können, und vor allem, wenn es wieder überall eine Maskenpflicht gäbe an den Schulen, dann wäre das ein weitaus größerer Beitrag zur Sicherheit, als jetzt zu versuchen, die wenigen ungeimpften Lehrer mit gesetzlichem Zwang impfen zu lassen.

Bei der Pflicht zum Tragen einer Maske für Schülerinnen und Schüler sind Sie rigoroser als bei der Impflicht für Lehrkräfte und fordern deren bundesweite Wiedereinführung. Messen Sie als Präsident des Lehrerverbandes mit zweierlei Maß?

Man muss da schon die Eingriffstiefe unterscheiden. Und momentan ist eine Maskenpflicht das einzige Mittel, Kinder unter 12 Jahren zu schützen. Selbst wenn alle Lehrer geimpft wären, könnten wir nicht auf Masken verzichten, weil sich das Infektionsgeschehen vorrangig innerhalb der ungeimpften Kinder und Jugendlichen abspielt. Natürlich ist die Maske in gewisser Weise eine Belastung, es ist aber eine Güterabwägung. Welche Einschränkungen sind notwendig, um Schulen offen halten zu können?

Die Gegenseite argumentiert, stundenlanges Maskentragen sei für Kinder eine Tortur.

Die Kinder nehmen es lockerer, als manche Außenstehende meinen. Die militanten Maskengegner sind auch meist nicht die direkten Erziehungsberechtigten, im Gegenteil. Als Lehrerverband erreichen uns derzeit erheblich mehr Nachrichten von Eltern, die sich Sorgen machen, dass der Gesundheitsschutz ihrer Kinder nicht hoch genug sei.

Viele Sicherheitsmaßnahmen an Schulen sind zwar angekündigt, aber noch nicht umgesetzt worden. Nimmt die Politik mit ihrer Untätigkeit eine Durchseuchung an den Schulen in Kauf?

Die Politik nimmt vor allem die ungeimpften Erwachsenen in den Blick. Aber das Infektionsgeschehen macht ja keinen Unterschied zwischen Generationen. Eine politische Strategie nach dem Motto, bei den Schulen machen wir nichts, da riskieren wir eine Durchseuchung, weil die Kinder nicht schwer erkranken können, die wird nicht aufgehen. Wir haben vielleicht weniger schwere Erkrankungen, aber bei rund 7 Millionen ungeimpften Schülern haben wir dann wohl trotzdem Zehntausende Hospitalisierungen. Nicht zu reden von den Long-Covid-Fällen. Und man muss auch den Schutz der anderen bedenken.

Was meinen Sie genau?

Ich gebe Ihnen ein aktuelles Beispiel aus einer Schule, das an mich herangetragen wurde: Da hat ein ungeimpfter Vater seinen Sohn infiziert, der wiederum hat drei Mitschüler angesteckt, die dann wiederum einen Teil ihrer Familien angesteckt haben, darunter auch einen Großvater, der bereits geimpft war. Schulen sind also immer Teil eines umfassenden Infektionsgeschehens. Das kann man von der Gesamtgesellschaft nicht abtrennen.

Wenn das Infektionsgeschehen weiter außer Kontrolle gerät, stehen wir erneut vor der Wahl zwischen Durchseuchung oder Isolation der Kinder durch Schulschließungen. Wofür plädieren Sie?

Wir wollen ein bundeseinheitliches Regelwerk, das vorgibt, ab welchem Infektionsgeschehen an den Schulen welche Maßnahmen notwendig sind. Eine Art Ampel, die die altersspezifischen Inzidenzen, die Impfquoten, die Quarantänezahlen und weitere Faktoren berücksichtigt. Da könnte es auch eine dunkelrote Ampelfarbe geben, die signalisiert, dass nur durch die Wiederherstellung des Mindestabstands das Infektionsgeschehen an Schulen in einer Region noch abgebremst werden kann. Das hieße dann Wechselunterricht, den wir aber möglichst nicht mehr haben wollen. Deshalb sollte die Politik jetzt und nicht erst morgen handeln.

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Thüringens Bevölkerung schrumpft: keine Trendwende in Sicht

In Thüringen sind im Corona-Jahr 2020 nur etwa halb so viele Kinder geboren worden wie Menschen starben. Damit setzte sich der Bevölkerungsrückgang im Freistaat fort, sagte der Präsident des Statistischen Landesamtes, Holger Poppenhäger, am Montag in Erfurt. Auch Zuzüge aus anderen Bundesländern oder dem Ausland konnten den negativen Trend bestenfalls etwas abmildern, geht aus dem neuen Statistischen Jahrbuch hervor, das Poppenhäger zusammen mit Innenminister Georg Maier (SPD) vorlegte.

Das Geburtendefizit werde auch in den kommenden Jahren bleiben, sagte Poppenhäger. Das sei eine Folge der Abwanderung junger Menschen nach der Wiedervereinigung und niedriger Geburtenzahlen. Im vergangenen Jahr seien in Thüringen mehr als 30 000 Menschen gestorben, knapp 16 000 Kinder kamen auf die Welt.

Laut Poppenhäger zogen rund 47 000 Menschen im vergangenen Jahr nach Thüringen, 13 Prozent weniger als vor der Corona-Krise. Gleichzeitig packten knapp 46 000 Thüringer ihre Koffer - in der Regel für eine Arbeitsstelle oder Ausbildung anderswo. Unter dem Strich brachte diese Wanderungsbewegung Thüringen ein Plus von etwa 1400 Einwohnern. Mitte dieses Jahres lebten knapp 2 113 000 Menschen im Freistaat, ermittelten die Statistiker.

«Die Situation hat sich nicht verbessert», sagte Maier. Der Innenminister bezeichnete den demografischen Wandel als eine der größten Herausforderungen für Thüringen und die Landespolitik. «Wir müssen Thüringen attraktiver machen für junge Familien.» Möglicherweise könne der Freistaat von der Digitalisierung und dem Trend zum Homeoffice profitieren. «Man muss nicht mehr dort wohnen, wo man arbeitet», sagte Maier mit Blick auf die Weggezogenen in benachbarten Bundesländern.

Aufgabe sei es, für gute Lebensbedingungen auch in schrumpfenden Regionen zu sorgen. Die Landesregierung tue dafür einiges: Maier nannte die Einstellung von Polizisten trotz sinkender Bevölkerung oder von Lehrern, um Bildung und Sicherheit auch in dünn besiedelten Gebieten auf einem hohen Standard zu gewährleisten.

Nach Prognosen verliert ein Großteil der Thüringer Regionen in den nächsten beiden Jahrzehnten zwischen 15 bis 20 Prozent seiner Einwohner. Das gilt unter anderem für den Kyffhäuserkreis, den Kreis Hildburghausen oder den Kreis Greiz. Die Zahl ihrer Bürger halten oder leicht um maximal zwei Prozent erhöhen, können laut Prognose bis 2040 nur die Städte Erfurt und Jena. Suhl dagegen müsse einen Rückgang von fast 30 Prozent verkraften.

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Grüne dringen auf Reformen bei der Deutschen Bahn

 

Die Grünen dringen auf Reformen bei der Deutschen Bahn, um die Schiene im Wettbewerb mit der Straße zu stärken.

Sie schlagen vor, eine neue Infrastruktur GmbH unter dem Dach des Bahn-Konzerns zu schaffen, die dem Gemeinwohl verpflichtet ist, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen bei den Koalitionsverhandlungen erfuhr. Kern dieser neuen GmbH aus den drei Infrastruktursparten wäre die DB Netz AG. Der bisherige Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Deutschen Bahn AG soll demnach abgeschafft werden. Damit würde die DB Netz AG vom «Gewinndruck» befreit. Die Folge wären günstigere Trassenpreise auch für die Wettbewerber und damit eine Stärkung der Schiene.

In den Koalitionsverhandlungen würden verschiedene Modelle zur künftigen Struktur der Deutschen Bahn diskutiert, eine Entscheidung gebe es nicht. FDP und Grüne verfolgten sehr ähnliche Ziele, hieß es in den Kreisen. Bei einer Strukturreform behielten die Mitarbeiter ihre Tarifverträge und wären weiterhin auf dem konzerninternen Arbeitsmarkt.

Gewerkschaft kritisiert GmbH-Lösung

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) äußerte sich kritisch zu einem GmbH-Modell. Der Vizevorsitzende Martin Burkert sagte der dpa, entscheidend für die EVG sei eine erheblich größere Finanzierung der Schieneninfrastruktur, auf mindestens vier Milliarden Euro jährlich. «Zerschlagung und Trennung führen nicht zu einer Verkehrswende, das haben europäische Beispiele gezeigt.» Die neue Koalition sollte in den Aufsichtsräten Verantwortung übernehmen und nicht über eine GmbH-Lösung. «Die GmbH-Lösung ist für uns der erste Schritt der Zerschlagung der DB AG.» Die EVG hatte bereits Proteste gegen eine Aufspaltung des Bahnkonzerns mobilisiert.

Für die Bahn-Wettbewerber sagte Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen, die Gewerkschaft müsse vor allem darüber informieren, warum sie für die Beibehaltung eines Systems werbe, das die Schiene gegenüber den anderen Verkehrsträgern prinzipiell benachteilige: «Wenn die Bahn aus Frustration ihrer Kund:innen immer seltener genutzt wird, sollte die EVG einmal nachzählen, wie viele Arbeitsplätze dabei verloren gehen.»

Spitzen sollen mögliche Reformen besprechen

Die künftige Struktur der bundeseigenen Deutschen Bahn war bei den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP zwischen den Fachpolitikern in der Arbeitsgruppe Mobilität umstritten. Gelöst werden soll dies nun auf Spitzenebene. Die SPD ist gegen eine Aufspaltung von Netz und Betrieb.

Derzeit gehört die Gleis-Infrastruktur in Deutschland zur Bahn-Tochter DB Netz. Sie ist für Betrieb und Ausbau des Netzes verantwortlich. Das finanziert das Unternehmen aus den Trassenentgelten, die die Eisenbahnunternehmen für die Nutzung der Gleise zahlen müssen. Diese Schienenmaut fällt auch für die Verkehrsunternehmen der Deutschen Bahn an. Gegner dieser Struktur kritisieren, dass die Bahn beim dringend notwendigen Ausbau der Gleisinfrastruktur durch betriebswirtschaftliche Erwägungen eingeschränkt sei.

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Ampel-Koalition: Willkommen in der Realität

Die FDP muss ihre Corona-Politik revidieren, Oppositionsrhetorik funktioniert an der Macht nicht. Selbst Angela Merkel musste das einst lernen.

Es war einmal eine Oppositionsführerin, die wollte es "grundlegend anders" machen, wenn sie erst mal an der Macht wäre. Sie wollte den deutschen Sozialstaat, das Steuersystem, das Gesundheitswesen radikal reformieren. Sie warb für einen gewaltigen Umbruch, für Neustarts und Systemwechsel auf allen möglichen Ebenen.

Ja, Angela Merkel hielt im Wahlkampf 2005 wenig vom "verkrusteten" und "ungerechten" Staatswesen bundesrepublikanischer Prägung. Sie übte scharfe Kritik an dessen permanentem Interessenausgleich und der komplexen Bürokratie. Es ließe sich so einfach so viel besser regieren, ihre Experten (Kirchhof, etc.) hätten die richtigen Lösungen schon parat.

Letztlich setzte Merkel kaum eine ihrer Reformideen aus Oppositionszeiten um. Kritiker warfen ihr bald vor, Probleme auszusitzen und die CDU zu sozialdemokratisieren. Nun, da Merkel 16 Jahre später abtritt, wird sie von einer breiten Mehrheit der Deutschen durchaus geschätzt. Nur: Als radikale Reformerin geht sie wirklich nicht in die Geschichte ein.

Abenteuerliche Fehleinschätzungen

Insofern sind FDP und Grüne in guter Gesellschaft, wenn sie ihre Forderungen aus der Oppositionszeit in diesen Tagen der Realität des Regierens anpassen. Generell gilt: Wer Verantwortung übernimmt, rückt schlagartig ins kritische Licht der Öffentlichkeit. Das eigene Handeln hat nun viel mehr Konsequenzen. Betroffene und Medien protestieren sofort und vehement, wenn ihnen etwas nicht passt. Hinzu kommt: Die neuen Regierenden übernehmen Behörden und Ministerien, die über Arbeitsweisen und Richtlinien verfügen, die sich über Jahrzehnte etabliert haben. Den oft schwerfälligen Regierungsapparat schnell und radikal umzukrempeln, ist fast unmöglich. Wer regiert, lernt schnell, seine Worte und Taten abzuwägen.

All das verschärft sich noch einmal während einer akuten Krise. Wie jetzt bei Corona, wo die neue Koalition erst die Regeln spektakulär lockern wollte, um sie nun heute im Bundestag teilweise wieder zu verschärfen.

Vor allem die FDP hat sich in der Corona-Politik schon manch abenteuerliche Fehleinschätzung geleistet. Das Land sei "meilenweit entfernt" von einer Überlastung des Gesundheitssystems", hieß es vergangenen Herbst. Oder: "Eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit besteht nicht." Diese Sätze der FDP gehörten zum Grundrauschen der Pandemie. Vielleicht fiel manchem Zuhörer auf, dass die Positionen in sich mitunter widersprüchlich waren – obgleich sie stets im Brustton der Überzeugung vorgetragen wurden. Aber letztlich war es nicht so wichtig. Denn: Die FDP war ja nur in der Opposition.

Wissing löschte seinen Tweet

Nun aber ändert sich das. Spätestens in diesen Novembertagen haben die Liberalen gemerkt: Es macht schon einen Unterschied, wann man Prognosen raushaut, ob man meinungsfreudiger Gast in einer Bild-Live-Sendung ist oder künftiger Minister. Jedenfalls musste die FDP ihre Haltung zur Corona-Politik nun mehrmals öffentlich korrigieren.

Es begann mit einem Tweet von Generalsekretär Volker Wissing. Er hatte Anfang November zunächst geschrieben: "Unser Gesundheitssystem ist stabil, die Gesundheitsversorgung der Bürger gesichert, die 'epidemische Notlage von nationaler Tragweite' kann aufgehoben werden." Die Kritik daran war heftig. Wissing löschte den Tweet. Vermutlich ahnte er bald, dass die Aussage vom stabilen Gesundheitssystem etwas riskant war.

Dann kam am vergangenen Wochenende das Interview von Christian Lindner in den Tagesthemen. Der Parteichef erklärte dem verdutzten Moderator, dass die diskutierten Maßnahmen wie Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen "nach wissenschaftlichen Untersuchungen keine Wirksamkeit haben". Es war der Sound, den man vom Oppositionslindner kennt: kräftig, selbstbewusst, die ehrbare Institution Wissenschaft als scheinbare Zeugin. Das Problem: Es stimmte nicht, bestenfalls war es arg verkürzt zusammengefasst. Jedenfalls war der Aufschrei ebenjener Wissenschaft so eindeutig, dass Lindner am nächsten Morgen um Entschuldigung "für die missverständliche Formulierung" bat. Auch er merkte: Als möglicher künftiger Vizekanzler muss er anders auftreten.

Angesichts dramatisch steigender Infektionszahlen und Klinikauslastung revidiert die FDP in diesen Tagen eine Corona-Position nach der anderen. Inzwischen hält sie sogar eine Impfpflicht für manche Berufsgruppen, erneute Kontaktbeschränkungen, ja sogar Lockdowns nicht mehr für ausgeschlossen. Das waren in ihren Oppositionszeiten noch No-Gos. Die FDP verkörpert derzeit ziemlich genau das, was sie der scheidenden Bundesregierung stets vorwarf: einen "Schlingerkurs" und eine "fehlende Gesamtstrategie".

Göring-Eckardts Patzer

Aber die FDP macht diesen Prozess nicht allein durch. Auch die Grünen müssen sich erst an ihre neue Machtfülle gewöhnen. Geradezu mustergültig war in dieser Hinsicht der Patzer, den sich Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt an diesem Montag leistete. Zuerst verkündete sie, dass es mit der Ampel bald eine Impfpflicht für Pfleger und Kitaerzieher geben solle. Das Problem: Dieser weitreichende Schritt war mit den neuen Koalitionspartnern noch gar nicht fest vereinbart. Einige Stunden später musste Göring-Eckardt ihre Ankündigung reumütig zurücknehmen.

Corona ist nur ein Ausschnitt. In vielen Politikbereichen werden sich die Pläne, mit denen FDP und Grüne in den Wahlkampf profilierten, letztlich als reine Oppositionspapiere entpuppen. Als womöglich gute Ideen, die aber weder realpolitiktauglich noch mehrheitsfähig sind. Ob die FDP das Land wirklich so rasch durchdigitalisiert und entbürokratisiert, wie sie es im Wahlkampf angekündigt hat? Ob die Grünen wirklich ihre komplizierte Klimaprämie einführen und das mit der wertebasierten Außenpolitik durchziehen? Vermutlich werden beide im nächsten Wahlkampf etwas weniger vollmundig auftreten.

Die Ampel hat Großes angekündigt

Die SPD ist da gewissermaßen im Vorteil: Einen größeren Pragmatiker und Regierungsrealo als Olaf Scholz kann man sich kaum vorstellen. Auch die mutmaßlichen SPD-Minister wie Christine Lambrecht und Hubertus Heil sind nicht besonders mitreißend, wohl aber äußerst erfahren. Und die Partei als Ganzes hat sich an die Mühen des "guten Regierens" (SPD-Label) gewöhnt.

Aber es macht natürlich die künftige Ampelregierung als Ganze angreifbar, wenn die Koalitionspartner nun erst einmal ihre Positionen räumen müssen, was unter ihren Anhängern Enttäuschungen produzieren wird. Schließlich gehörte zum Gründungsmythos der Ampel, dass sie eine Reformregierung sein will, die große Lösungen statt Formelkompromissen anstrebt.

Angela Merkel wird ob dieser Rhetorik nur müde lächeln. Sie weiß inzwischen, wie komplex und mühselig die deutsche und europäische Politik ist. Sie hat aber auch eine andere Erfahrung gemacht, die den Ampel-Parteien wiederum Mut machen kann. Merkels Reformwillen stärkte zwar einst ihre Position in der Oppositionspartei CDU. Aber so richtig populär wurde sie erst, als sie von ihren Reformplänen abrückte und Kompromisse suchte. Bald war es genau das, was die Mehrheit der Deutschen an ihr schätzte: Dass Merkel es vermochte, Ausgleich herzustellen und zwischen verworrenen Interessenlagen den Durchblick zu behalten.

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Angebliches Scholz-Kabinett enthüllt: Wer wird welcher Minister in der neuen Ampel-Regierung?

 

Dass Finanzminister Olaf Scholz (SPD) Bundeskanzler in der Nachfolge von Angela Merkel (CDU) werden soll, ist klar. Als Wahltermin im Bundestag ist die Woche nach Nikolaus (6. Dezember) von der künftigen Ampel-Koalition ins Auge gefasst. Doch obwohl die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP noch nicht abgeschlossen sind, geistert laut Focus eine Liste herum, wer welches Ministerium inne haben soll. Sechs Ministerien würden an die SPD, fünf an die Grünen und vier an die FDP gehen. Der KURIER dokumentiert das, sicher kann man sich jedoch nicht sein.

Finanzminister in der Nachfolge von Scholz soll danach der FDP-Chef Christian Lindner werden. Der Grünen-Co-Vorsitzende Robert Habeck, dem Ambitionen auf dieses Amt nachgesagt worden waren, soll Wirtschafts- und Klima-Minister werden.

Seine Mit-Vorsitzende und einstmalige Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock soll als Außenministerin auf Heiko Maas (SPD) folgen, der in der Liste nicht mehr auftaucht. Sie oder Habeck könnten Vizekanzler werden. Als Innenministerin ist anstelle von Horst Seehofer (CSU) die bisherige Chefin des Justizressorts vorgesehen, Christine Lambrecht (SPD), die eigentlich aus der Bundesregierung aussteigen wollte.

Unsicher ist, ob Svenja Schulze (SPD), bislang Umweltministerin, das neu zugeschnittene Ressort Transformation/Bau erhält. Gesundheitsminister nach Jens Spahn (CDU) soll Michael Theurer werden. Er ist Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der FDP Baden-Württemberg.

Hubertus Heil (SPD) soll bleiben, was er ist: Minister für Arbeit und Soziales. Anton Hofreiter, Co-Fraktionschef der Grünen im Bundestag, ist als Chef des Verkehrsressorts anstelle von Andreas Scheuer (CSU) vorgesehen.

Seine Mit-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt ist für das Familienministerium vorgesehen, dass nach dem Rücktritt von Franziska Giffey (SPD) im Mai 2021 wegen ihrer Promotions-Affäre von Christine Lambrecht noch mitgeführt wird.

Die Führung des Verteidigungsministeriums wird um einen Bindestrich reicher: Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Verteidigungsexpertin der FDP, wird voraussichtlich auf Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) folgen.

Das Justizressort soll von der SPD zur FDP wandern: Entweder zu Generalsekretär Volker Wissing oder zu Marco Buschmann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Bundestagsfraktion.

Klara Geywitz (SPD), die sich 2019 vergeblich mit Olaf Scholz um den Bundesvorsitz der Partei in einer Doppelspitze beworben hatte und kein Mandat im Bundestag hat, soll Anja Karliczek (CDU) als Ministerin für Bildung und Forschung folgen. Geywitz’ Parteifreundin Bärbel Kofler, bislang Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe, ist als Nachfolgerin von Gerd Müller (CSU) im Entwicklungsministerium im Gespräch.

Bei der Agraringenieurin und Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke (Grüne) ist laut Focus nicht ganz ausgemacht, ob sie Julia Klöckner (CDU) als Landwirtschaftsministerin ersetzen wird.

Chef des Bundeskanzleramts und damit Nachfolger von Helge Braun (SPD) wird nach den Informationen Wolfgang Schmidt (SPD), ein enger Vertrauter von Olaf Scholz, dem er gegenwärtig noch als Staatssekretär im Finanzministerium dient.