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News aus der EU

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EU-Kommission droht Warschau erstmals mit Geldstrafe

 

Der Konflikt zwischen der EU und Polen spitzt sich zu: Die Kommission hat dem Mitgliedstaat ein Ultimatum gesetzt, um eine umstrittene Disziplinarkammer aufzulösen. Ansonsten könnte es teuer werden.

Die EU-Kommission hat Polen im Streit um eine umstrittene Disziplinarkammer für polnische Richter mit einer Geldstrafe gedroht. Sollte die Regierung in Polen die Disziplinarkammer nicht wie vom Europäischen Gerichtshof gefordert aussetzen, werde Brüssel die Zahlung eines Bußgeldes gerichtlich beantragen, sagte EU-Kommissionsvizepräsidentin Vera Jourova am Dienstag. Warschau habe Zeit bis zum 16. August.

 

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Energiewende: EU-Kommissar Breton will Atomkraft zur Wasserstoff-Produktion nutzen

 

Um den Industriestandort Europa im globalen Wettbewerb zu stärken, spricht sich der Franzose für ein Comeback der Kernenergie aus. In Deutschland trifft diese Idee auf Ablehnung.

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton rüttelt an einem deutschen Tabu: Der Franzose spricht sich für ein Comeback der Kernkraft aus – als Energiequelle für die Produktion von Wasserstoff.

Nuklearenergie sei reichlich verfügbar und günstig, sagte Breton am Dienstag bei einem Auftritt in Madrid. „Wir sollten diese Übergangsenergie nutzen, um den Aufbau einer sauberen Wasserstoffindustrie in Europa zu erleichtern.“

Breton schlägt vor, bestehende Nuklearkraftwerke zur Elektrolyse zu nutzen, also zur Herstellung von Wasserstoff aus Wasser mithilfe von Strom. Dies ermögliche „die Produktion sauberen Wasserstoffs“ und würde es erlauben, „dass sich neue Branchen entwickeln, während wir darauf warten, dass genügend erneuerbare Energie verfügbar wird“, erläuterte der Kommissar in einer Rede zur „Geopolitik der Technologie“.

Breton sieht Wasserstoff als Schlüsseltechnologie im globalen Wettbewerb um Wohlstand und Einfluss. Die EU dürfe sich in Zeiten wachsender machtpolitischer Spannungen nicht mehr allein auf die Anziehungskraft ihrer liberalen Werte verlassen, argumentiert er. Die „soft power“ Europas müsse um „hard power“ ergänzt werden, wozu Breton gerade auch die ökonomische Gestaltungskraft des Kontinents zählt.

Der Kommissar strebt eine neue, selbstbewusste internationale Rolle für die EU an: „In der neuen geopolitischen Ordnung agiert Europa als Stratege und nicht nur als Markt.“ Und er mahnt: „Wenn wir noch mehr Zeit verlieren, werden es unsere derzeitigen Konkurrenten sein – die Vereinigten Staaten, China, Korea und Japan, die uns ihre Produkte verkaufen.“

Atomausstieg wird nicht infrage gestellt

Die Idee, CO2-freien Atomstrom zu nutzen, um den Einstieg in die Wasserstoff-Wirtschaft zu erleichtern, trifft in Deutschland auf entschiedene Ablehnung. Der Atomausstieg ist beschlossene Sache, keine bundespolitisch relevante Kraft stellt diese Entscheidung infrage. „Mit Kernenergie Wasserstoff zu erzeugen sei der Offenbarungseid“, sagt der CSU-Europapolitiker Markus Ferber. „Das ist nicht der Einstieg in ein neues Zeitalter sondern die künstliche Lebensverlängerung einer nicht beherrschbaren Technologie.“

In Frankreich stellt sich die Lage indes völlig anders dar. Der Anteil der Kernenergie an der französischen Stromgewinnung liegt bei 70 Prozent. Anders als in Deutschland spielen klimaschädliche Kohlekraftwerke in Frankreich schon heute praktisch keine Rolle mehr. Nur zwei sind noch im Betrieb, 2024 soll das letzte vom Netz genommen werden.

In der Bundesrepublik hingegen wird die Stilllegung der Kohlemeiler durch den Atomausstieg verkompliziert. Zwar ist der Anteil erneuerbarer Energien deutlich höher als in Frankreich, doch er stößt zunehmend an Grenzen, sei es, weil sich auf lokaler Ebene Widerstand gegen Windräder und Stromtrassen bildet, oder weil bisher noch unklar ist, wie die natürlichen Schwankungen bei der Versorgung mit Strom aus Sonne und Wind ausgeglichen werden können.

Die Bundesregierung setzt daher auf Erdgas als Brückentechnologie – und handelt sich damit erheblichen außenpolitischen Ärger ein. Der Bau der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 ist auf deutscher Seite maßgeblich davon getrieben, dass Bundesregierung und Industrie mit einer steigenden Gasnachfrage in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren rechnen, wenn erst die Atom- und dann die Kohlekraftwerke abgeschaltet werden.

Unstrittig ist, dass Europa gewaltige Mengen an Wasserstoff braucht, um die Energiewende zu bewältigen. Die ehrgeizigen Klimaziele sind nur dann erreichbar, wenn auch die energieintensive Industrie emissionsneutral wirtschaftet. Dies erfordert nachhaltig erzeugten Wasserstoff.

Ebenso unstrittig ist, dass „grüner Wasserstoff“ die Ideallösung wäre. Als grün wird Wasserstoff bezeichnet, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Doch um Wasserstoff im industriellen Maßstab zu erzeugen, sind gewaltige Mengen erforderlich.

Übergangszeit für andere Arten von Wasserstoff

Einige Experten und Wirtschaftsvertreter fordern daher, als Zwischenlösung auch andere Energiequellen zur Wasserstoffproduktion zu nutzen. Aus Erdgas ließe sich blauer, aus Atomstrom gelber Wasserstoff erzeugen.

Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr eine Wasserstoffstrategie vorgelegt, die vor allem auf grünen Wasserstoff setzt, übergangsweise allerdings auch „CO2-armen Wasserstoff“ als Option sieht. Das europäische Parlament unterstützt diesen Ansatz mehrheitlich.

„Wir sind uns alle einig, dass das Ziel der flächendeckende Einsatz von grünem Wasserstoff sein muss“, sagt Angelika Niebler, Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament. „Aber wir brauchen eine Übergangszeit, in der auch andere Arten von Wasserstoff zum Zug kommen, um einen Wasserstoffmarkt aufzubauen und vor allem, um der Technologie ausreichend Zeit zu geben, in Wirtschaft und Alltagsleben Fuß zu fassen.“

Es gehe dabei nicht um „eine Diskussion über Atomstrom an sich“, betont Niebler, sondern vielmehr darum, „ob wir Wasserstoff eine faire Chance geben, unsere Industrie und Mobilität zu dekarbonisieren“.

Die Grünen halten dagegen, in Brüssel genauso wie in Berlin. Die Partei fordert, die Anstrengungen voll und ganz auf grünen Wasserstoff zu konzentrieren. Franziska Brantner, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, stellt klar: „Kernkraft ist weder sauber noch wirtschaftlich.“

Uran und Plutonium seien knappe und gefährliche Ressourcen. „Die EU sollte besser den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen und dafür Klimapartnerschaften mit unseren Nachbarn wie Marokko bilden, um dort Solarenergie zu fördern.“ Europa sollte in neue Technologien investieren, „die wir zum Exportschlager machen können“, sagt Brantner.

Nachdem die Hohlköpfe aus Deutschland unsere sichere Atomkraftwerke abgeschaltet haben, können die auch nicht mehr anders!!

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Flüchtlingsabkommen  

Türkei nimmt Migranten nicht zurück – Griechenland empört

Fast 2.000 Migranten auf den griechischen Inseln wurden als Asylbewerber abgelehnt. Eigentlich müsste die Türkei sie zurücknehmen – doch die Regierung weigert sich. Griechenland bittet nun die EU um Hilfe.

Griechenland hat die EU-Kommission aufgefordert, die Türkei zur Rücknahme von abgewiesenen Asylbewerbern zu bewegen. Mittlerweile gebe es auf den griechischen Inseln 1.908 Migranten, deren Asylanträge abgelehnt worden seien, teilte der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis am Mittwoch zu einem Schreiben an die Brüsseler Behörde mit.

Laut dem Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der EU von 2016 ist die Türkei verpflichtet, diese Menschen von Griechenland zurückzunehmen. Ankara hatte die Rückführung jedoch im März 2020 auf Eis gelegt und den Schritt mit der Corona-Pandemie begründet.

EU reagiert auf Schreiben

Die Türkei verweigere seit 17 Monaten die Zusammenarbeit, obwohl es längst Corona-Tests gebe, um bei der Rückführung Sicherheit zu gewährleisten, kritisierte Mitarakis. Athen hatte bereits im Januar die Hilfe der EU gefordert. Bislang sei jedoch nichts geschehen. Man erwarte, dass das Nachbarland den Verpflichtungen des Flüchtlingspakts nachkomme – sowohl bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber als auch im Bemühen, illegale Überfahrten zu verhindern.

Die EU-Kommission bestätigte am späten Mittwochnachmittag den Eingang des Schreibens. "Die Kommission (...) unterstützt weiterhin alle Bemühungen um eine Wiederaufnahme der Rückführungen von den griechischen Inseln in die Türkei", sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Man wisse um die Herausforderungen Griechenlands.

 

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Deutschland zahlt Rekordbetrag in EU-Haushalt

 

Deutschland hat im vergangenen Jahr trotz der Corona-Krise einen Rekordbetrag in den europäischen Gemeinschaftshaushalt eingezahlt.

Nach Berechnungen der Deutschen Presse-Agentur wurden 2020 netto etwa 19,4 Milliarden Euro nach Brüssel überwiesen. Frankreich steuerte unter dem Strich mit 9,5 Milliarden Euro nur etwa halb so viel bei, Italien mit rund 6,3 Milliarden Euro weniger als ein Drittel.

Der in absoluten Zahlen größte Nettoempfänger war den Berechnungen der dpa zufolge Polen, das aus dem EU-Haushalt 12,4 Milliarden Euro mehr herausbekam als es einzahlte. Danach folgten Griechenland mit 5,6 Milliarden Euro sowie Rumänien und Ungarn mit je rund 4,7 Milliarden Euro.

Polen und Ungarn in der Kritik

Brisant sind die Zahlen vor allem wegen der großen Geldflüsse nach Polen und Ungarn. Beide Staaten stehen in der Kritik, weil ihnen gravierende Verstöße gegen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und andere Grundwerte der EU vorgeworfen werden. Immer lauter werden deswegen derzeit Stimmen, die sich für eine Kürzung von EU-Zahlungen an Ungarn und Polen aussprechen.

«Wenn wir verhindern wollen, dass sich Ungarn und Polen weiter zu Autokratien entwickeln, muss die EU-Kommission die Auszahlung von EU-Geld an Warschau und Budapest unmittelbar stoppen», fordert zum Beispiel der deutsche Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund. Selbst die Vizepräsidentin des Parlaments, Katarina Barley (SPD), äußerte sich jüngst ebenfalls klar in diese Richtung.

Die sowohl für den EU-Haushalt als auch für die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in der EU zuständige EU-Kommission wollte die Zahlen auf Anfrage der dpa nicht kommentieren. Die Brüsseler Behörde veröffentlicht seit einiger Zeit nicht mehr die Bilanzen, weil sie befürchtet, dass die Zahlen politisch instrumentalisiert werden könnten - zum Beispiel von EU-Gegnern in den Nettozahler-Ländern.

Deutschland profitiert von EU

Zudem wird in der Kommission darauf verwiesen, dass der EU-Haushalt im Vergleich zu den nationalen Budgets sehr klein sei und dass sich der Nutzen der EU-Mitgliedschaft nicht allein aus den Haushaltszahlen ableiten lasse. So wird zum Beispiel argumentiert, dass die finanziellen Vorteile, die Exportnationen wie Deutschland durch freien Warenverkehr haben, außen vor blieben.

Dies wird auch in Berlin so gesehen. «Keine andere europäische Volkswirtschaft profitiert so sehr vom EU-Binnenmarkt wie die deutsche», heißt es auf einer Webseite der Bundesregierung. Deutschland zahle viel Geld in den EU-Topf ein, profitiere aber noch mehr davon. Wie viel Geld ein EU-Staat in den Gemeinschaftshaushalt einzahlen muss, richtet sich im Wesentlichen nach seinem Anteil an der Wirtschaftskraft der EU.

Rechtsstaatsverstöße können zu Mittelkürzung führen

Bedeutet die deutsche Lesart Entwarnung für Ungarn und Polen? Vermutlich nicht. Unter dem Druck von Ländern wie Deutschland wurde im vergangenen Jahr ein neues Instrument geschaffen, mit dem EU-Ländern Mittel aus dem Gemeinschaftsbudget gekürzt werden können, wenn wegen Rechtsstaatsverstößen ein Missbrauch des Geldes droht. Im Herbst sollen nach Angaben der EU-Kommission die ersten Verfahren auf den Weg gebracht werden.

Problematisch ist dabei allerdings, dass die Mittelkürzungen eigentlich keine negativen Auswirkungen auf den normalen Bürger haben sollen. Wie dies bewerkstelligt werden soll, ist bislang unklar, weil der weit überwiegende Teil der EU-Ausgaben noch immer für die Einkommenssicherung von Landwirten gezahlt wird und auch das Geld zur Unterstützung vergleichsweise wirtschaftsschwacher Regionen oder für Infrastrukturprojekte oder Forschung zahlreiche Arbeitsplätze sichert.

 

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Konflikt spitzt sich zu  

Ein Land wagt die riskante Konfrontation mit China

Kein anderer europäischer Staat schlägt einen selbstbewussteren Ton gegenüber China an als Litauen. Nun zieht Peking erste diplomatische Konsequenzen. Doch der Fall zeigt: eine andere Chinapolitik ist möglich. 

Die Chinapolitik seiner Partei sei lange herangereift, sagt Mantas Adomenas. Als sie dann in die Regierung gewählt worden sei, habe Litauens Haltung gegenüber China im Grunde festgestanden. Sie habe nur noch mit Leben gefüllt werden müssen.

Mantas Adomenas ist eigentlich Altphilologe, ausgebildet an den Universitäten von Vilnius und Cambridge. Er hat über Platon und die vorsokratischen Philosophen promoviert und spricht ein feines, britisches Englisch. Doch die Tage, in denen Adomenas seinen Lebensunterhalt mit schöngeistigen Theorien bestritt, sind schon lange vorbei. Heute hat er es mit ganz praktischen Problemen zu tun. Seit dem vergangenen Jahr ist das Mitglied der konservativen Partei Vaterlandsbund Vizeaußenminister. Sein Alltag wird heute bestimmt vom Ärger mit autoritären Regimen (Russland) und ruchlosen Diktatoren (Alexander Lukaschenko).

Wie David und Goliath

Auch das Verhältnis zu China sorgt dieser Tage für Ärger. Die Beziehungen zwischen Litauen und der Volksrepublik ähneln gegenwärtig der alttestamentlichen Auseinandersetzung zwischen David und Goliath. Kein anderer europäischer Staat schlägt einen selbstbewussteren Ton gegenüber dem Milliardenreich an als das Drei-Millionen-Land.

Litauen zeigt damit: Eine robustere Chinapolitik ist möglich. Das liegt auch an Adomenas. Er spricht mit viel Stolz über die Außenpolitik seines baltischen Heimatlandes. Wer ihm zuhört, spürt schnell, wie wichtig ihm die Unabhängigkeit ist, die das Land erst 1990 von der Sowjetunion wiedererlangte.

Litauen wehrt sich

Im Mai erklärte das litauische Parlament die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in China zum Genozid. Kurz darauf trat Litauen aus "17+1" aus, einer von Peking initiierten Kooperation zwischen China ("1") und mittel- und osteuropäischen Ländern ("17"). Peking behauptet, die Initiative bringe wirtschaftliche Vorteile und sei nicht an politische Bedingungen geknüpft. Die Kooperation spalte Europa, heißt es hingegen aus Vilnius.

Doch damit nicht genug. Im Juni spendete Litauen erst 20.000 Dosen Astrazeneca an Taiwan. Im Juli wurde dann bekannt, dass Taiwan eine Niederlassung in Vilnius eröffnen wird – mit dem Namen "Taiwan" im Titel. Was trivial klingt, ist ein diplomatischer Präzedenzfall. Die De-Facto-Botschaft Taiwans in Berlin heißt etwa "Taipeh Vertretung". Peking schäumte. Die Volksrepublik betrachtet den demokratischen Inselstaat als Teil ihres Territoriums.

Wohl überlegte Entscheidungen

All diese Entscheidungen seien nicht aus dem Bauch heraus entstanden, sondern wohl überlegt gewesen, sagt Adomenas. Denn im litauisch-chinesischen Verhältnis habe es ein paar Vorgeschichten gegeben, die die Wahrnehmung Pekings in dem baltischen Land drastisch verändert habe.

Etwa im Sommer 2019. Da protestierten in Hongkong Demonstranten gegen die Zentralregierung in Peking. In Vilnius veranstalteten Sympathisanten daraufhin eine Demonstration, um Unterstützung für den Protest in der ehemaligen britischen Kronkolonie auszudrücken. Doch der chinesische Botschafter in Litauen trommelte Chinesen für eine Gegendemonstration zusammen. Die litauische Öffentlichkeit war alarmiert.

Eklat um Denkmal

Einige Monate später kam es dann zu einem regelrechten Eklat. Eine Chinesin montierte ein Denkmal ab, das auf dem Berg der Kreuze für die Demonstranten von Hongkong errichtet worden war. Der Berg der Kreuze ist nicht nur ein katholischer Wallfahrtsort, sondern auch ein Symbol des Widerstands gegen die Sowjetherrschaft. Der Vorfall rief sogar den damaligen Außenminister, Linas Linkevicius, auf den Plan. Auf Twitter sprach Linkevicius von "Vandalismus" – der nicht mehr toleriert werden könne und werde.

Hinzu seien dann, so beschreibt es Vizeaußenminister Adomenas im Gespräch, Überlegungen grundsätzlicher Art gekommen. Zum einen habe seine Regierung verstanden, dass Peking bereit sei, wirtschaftliche Verflechtung als Druckmittel einzusetzen. Deswegen habe Vilnius beschlossen, die Abhängigkeit von China zu reduzieren und den Außenhandels zu diversifizieren.

Auch habe Litauen angefangen, Taiwan stärker in die internationale Gemeinschaft zu integrieren. All das sei aus einer Mischung aus Überzeugung, Pragmatismus und Selbsterhaltungstrieb entstanden: "Wir wehren uns gegen Pekings Verletzung von Recht und Demokratie, weil Litauen ein kleines Land ist, dessen Fortbestand auf dem Respekt vor Recht und Demokratie beruht", sagt er.

Minimale Angriffsfläche

Der Preis für diese Politik halte sich bislang in Grenzen, sagt Adomenas. Peking habe das Land von ein paar Messen ausgeschlossen, mehr nicht. Am Dienstag dann wies China den litauischen Botschafter aus und zog den eigenen Repräsentanten aus Vilnius ab.

Tatsächlich gibt es für die Volksrepublik gar nicht viel Angriffsfläche: Chinesische Investitionen in dem baltischen Land sind gering. Der Thinktank Central and Eastern European Center for Asian Studies schätzt den Gesamtwert aller mit China verbundenen Projekte für das Jahr 2020 auf gerade einmal 82 Millionen Euro – nur rund 0,18 Prozent des litauischen Bruttoinlandsprodukts.

Aber Adomenas sieht die Volksrepublik in einem grundsätzlichen Dilemma: Wenn sie Litauen abstraft, macht sie damit nur deutlich, dass chinesische Initiativen wie das Format "17+1" sehr wohl an politische Bedingungen geknüpft sind.

Gemeinsame Chinapolitik gefordert

Die Ironie, dass es gerade ein kleines Land der Europäischen Union (EU) ist, das es mit dem Schwergewicht China aufnimmt, beschäftigt inzwischen Experten zwischen Helsinki und Athen. Litauen drängt seit seinem Austritt aus "17+1" auf das, was Vilnius "27+1" nennt: eine gemeinsame Chinapolitik aller 27 EU-Staaten. Aber diese Hoffnung wird wohl unerfüllt bleiben.

Denn zum einen stößt die litauische Chinapolitik schon im Baltikum an Grenzen. Zwar werde das Vorgehen von Vilnius in Lettland und Estland mit viel Interesse verfolgt, sagt Una Berzina-Cerenkova, die das China Studies Centre an der Stradins-Universität in Riga leitet. Aber Schule machen werde es nicht. Die Politikwissenschaftlerin geht davon aus, dass auch Lettland und Estland ihr Engagement in der Initiative "17+1" herunterfahren werden. Aber eher auf die geräuschlose Art.

Große Erwartungen an Deutschland

Zum anderen gibt es EU-Staaten, etwa das wirtschaftlich schwer mit China verwobene Deutschland, die eine härtere Gangart gegenüber Peking kategorisch ablehnen. Was sich Vizeaußenminister Adomenas nach dem Abtritt von Angela Merkel im September von der neuen Bundesregierung wünscht, ist: "europäische Führung". Das ist eine diplomatisch nur schwach verhüllte Kritik an der Chinapolitik der Bundeskanzlerin, die sich an den Interessen der deutschen Autoindustrie orientiert.

Denn was er damit meint? "Eine Führung, die nicht darauf aus ist, an der Spitze der Warteschlange zu stehen", sagt er: "Sondern eine, die ihre Wirtschaftskraft einsetzt, um die fundamentalen Werte Europas zu verteidigen."

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Lettland ruft Ausnahmezustand aus

 

Der kleine Baltenstaat wehrt sich dagegen, dass Migranten über Belarus als Transitland illegal nach Lettland einreisen und hat den Notstand verhängt. Faktisch wird damit die Grenze zum Nachbarland geschlossen.

Nachdem in den vergangenen Tagen Hunderte Migranten illegal über Belarus eingereist sind und weitere auf eine Möglichkeit zum Grenzübertritt warten, hat die Regierung in Riga für Teile Lettlands den Notstand beschlossen. Er gilt bis mindestens zum 10. November für mehrere Regionen im Südosten und Süden des Landes in der Nähe zu Belarus.

Zurückweisung notfalls mit Gewalt

Der Ausnahmezustand bedeute, dass die "Grenze zwischen Lettland und Belarus praktisch für jeden geschlossen wird", sagte Ministerpräsident Krisjanis Karins. Unter den Bestimmungen des Ausnahmezustands dürfen Sicherheitskräfte in bestimmten Fällen physische Gewalt anwenden, um illegale Einreisen zu verhindern. Grenzbeamte sind außerdem nicht mehr verpflichtet, Asylanträge von Migranten zu akzeptieren.

Wie die Behörden des baltischen EU-Landes am Dienstag mitteilten, wurden allein in den vergangenen 24 Stunden etwa 200 Migranten registriert, die über die belarussisch-lettische Grenze in die Europäische Union einreisten.

EU: Lukaschenko missbraucht Migranten für politische Zwecke

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat in der Vergangenheit offen damit gedroht, als Reaktion auf die gegen sein Land verhängten EU-Sanktionen, Menschen aus Ländern wie dem Irak, Afghanistan oder Syrien über die Grenze zu lassen. Die EU, die ihre Sanktionen wegen der gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus verhängt hat, wirft Lukaschenko vor, Migranten zu instrumentalisieren, um auf diese Weise Vergeltung für die westlichen Sanktionen zu üben.

Betroffen sind neben Lettland auch die EU- und NATO-Länder Litauen und Polen, die ebenfalls eine gemeinsame Grenze mit Belarus haben. Besonders viele illegale Grenzübertritte gab es in Litauen, wo die Regierung bereits den Notstand verhängt hat, um schneller reagieren zu können. Auch aus Polen wurden vermehrte Einreiseversuche von Afghanen und Irakern gemeldet.

In der nächsten Woche kommen die EU-Innenminister wegen des Flüchtlingsstreits mit Minsk zu einem virtuellen Krisentreffen zusammen. Der seit fast drei Jahrzehnten regierende Lukaschenko war im August 2020 trotz massiver Betrugsvorwürfe zum Sieger der Präsidentschaftswahl in Belarus erklärt worden. Die Beziehungen der EU zu der früheren Sowjetrepublik sind wegen anhaltenden Repressionen gegen die Zivilgesellschaft und die demokratische Opposition enorm angespannt.

 

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Vorerst keine technischen Prüfungen für Motorräder - Frankreich verschiebt TÜV-Pflicht

 

Die EU möchte gerne einheitliche Regelungen zur technischen Prüfung von Motorrädern und Rollern. Die Franzosen spielen da aber erst einmal nicht mit.

Ist ein Motorrad in Frankreich erst einmal zugelassen, braucht es keine weiteren technischen Untersuchungen – und zwar egal, wie viel Kubik Hubraum oder Leistung es hat. Zum 1. Januar 2022 hätte sich das ändern sollen – zumindest auf Wunsch der EU und für alle Motorräder und Roller ab 125 cm³ Hubraum. Wir berichteten im Frühjahr zu den EU-weit geplanten Maßnahmen für ausnahmslos alle motorisierten Zwei-, Drei- und Vierräder – auch für die bis 50 cm³ Hubraum.

Frankreich beschloss kürzlich, erst ab 2023 regelmäßige technische Prüfungen für Motorräder und Roller einzuführen. Nachdem diese Verordnung von der Regierung am 11. August 2021 beschlossen wurde, demonstrierten in den vergangenen Wochen Hundertausende Motorrad- und Rollerfahrer dagegen. Nun bremste Frankreichs Präsident Macron den Beschluss. "Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um die französische Öffentlichkeit zu beunruhigen", sagte ein Berater des Präsidenten, der nicht namentlich genannt werden wollte, und fügte hinzu, dass die Regierung während der Corona-Krise bereits "viel von der Bevölkerung verlangt" habe.

Bereits im Frühjahr 2021 hatten Tausende von Motorradfahrern in ganz Frankreich gegen die geplante Einführung der technischen Kontrollen demonstriert und die Regierung aufgefordert, eine Ausnahme von der europäischen Richtlinie zu erwirken. Jean-Marc Belotti vom Französischen Bund der wütenden Motorradfahrer (FFMC) zeigt sich zufrieden mit der Kehrtwende. "Wir werden sehen, ob wir Lösungen für die Verkehrssicherheit anbieten können", fügte er hinzu.

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Kanzler Kurz gegen Aufnahme afghanischer Flüchtlinge in Österreich

 

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will trotz der Machtübernahme der islamistischen Taliban in Afghanistan keinen weiteren Flüchtlingen aus dem Land Schutz gewähren. „Ich bin nicht der Meinung, dass wir in Österreich mehr Menschen aufnehmen sollten, sondern ganz im Gegenteil“, sagte Kurz im Sommergespräch mit dem Fernsehsender Puls 4.

Das Interview wird Sonntagabend ausgestrahlt. Österreich habe bereits früher einen unverhältnismäßig großen Beitrag zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan geleistet, sagte Kurz.

In einer Statistik des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR werden dem Land mehr als 40.000 afghanische Flüchtlinge zugerechnet – die zweithöchste Zahl in Europa nach Deutschland mit 148.000.

Kurz ist dafür, dass Nachbarländer den Afghanen helfen

Die Aufnahme weiterer Afghanen schloss Kurz konsequent aus. „Das wird es unter meiner Kanzlerschaft nicht geben“, so Kurz. Zudem verwies er auf die angeblich „besonders schwierige Integration“ der Bevölkerungsgruppe. „Menschen aufzunehmen, die man dann nicht integrieren kann, das ist ein Riesenproblem für uns als Land.“

Für Kurz ist es offensichtlich, dass die Taliban grausam und die Lebensbedingungen in Afghanistan furchtbar seien. Der Regierungschef plädierte deshalb dafür, dass die internationale Gemeinschaft alles dafür tun müsse, um die Situation im Krisenland zu verbessern. Allerdings müsse sich auch Österreich eingestehen, dass vieles in fremden Händen liege. „Es ist nicht alles in unserer Macht.“

Kurz wiederholte im Gespräch mit Puls 4 erneut den Vorschlag, dass Menschen aus Afghanistan in benachbarten Ländern geholfen werden sollte. Dabei hob er besonders Turkmenistan und Usbekistan heraus. Die EU solle Länder in der Region in dieser Hinsicht unterstützen. Auch Länder wie die Schweiz hatten es zuletzt abgelehnt, größere Gruppen von Afghanen aufzunehmen. Großbritannien hingegen plant die Aufnahme von Tausenden Afghanen.

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Inflation im Euroraum auf höchstem Stand seit zehn Jahren

 

 

Die Inflation im Euroraum hat im August weiter zugelegt und den höchsten Stand seit fast zehn Jahren erreicht. Die Verbraucherpreise seien gegenüber dem Vorjahr um 3,0 Prozent gestiegen, teilte das Statistikamt Eurostat am Dienstag in Luxemburg mit. Das ist der höchste Wert seit Ende 2011.

Im Juli hatte die Rate lediglich 2,2 Prozent betragen. Analysten hatten im Schnitt mit einem Anstieg auf 2,7 Prozent gerechnet.

Besonders stark verteuerte sich im August erneut Energie, die 15,4 Prozent teurer war als ein Jahr zuvor. Industriegüter verteuerten sich um 2,7 Prozent, Lebens- und Genussmittel kosteten 2,0 Prozent mehr als vor einem Jahr. Dienstleistungen waren 1,1 Prozent teurer.

Die Kernteuerung ohne Energie und Lebensmittel zog ebenfalls deutlich an. Sie erhöhte sich von 0,7 auf 1,6 Prozent. Die Kerninflation gilt vielen Ökonomen als zuverlässigere Messgröße für die Teuerung, da sie in der Regel weniger stark schwankt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt eine Inflation von zwei Prozent an. Diese Rate wird gegenwärtig klar überschritten. Allerdings will die EZB nicht gegensteuern, weil sie den Inflationsanstieg als temporär erachtet. Sie verweist auf zahlreiche Sondereffekte, die überwiegend auf die Corona-Krise zurückgehen.

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Warum Österreich keine Afghanen aufnehmen will

 

Der österreichische Bundeskanzler setzt in der Afghanistan-Krise seine rigorose Flüchtlingspolitik fort. Auch durch seinen harten Kurs konnte er bisher seine Macht sichern. Unumstritten ist Kurz allerdings längst nicht mehr.

Sebastian Kurz hat andere Prioritäten als Angela Merkel. Das wird beim Besuch des österreichischen Bundeskanzlers in Berlin schnell deutlich. Als erstes Gesprächsthema nennt die Kanzlerin die Situation in Afghanistan. Daneben seien die Corona-Pandemie und der Klimaschutz die wichtigsten Diskussionspunkte.

Der Bundeskanzler setzt den Fokus woanders. Er spricht als Erstes die Pandemie an. Auch sei es wichtig, Klimaschutz und Wirtschaft in Einklang zu bringen. Auf Afghanistan kommt er erst danach zu sprechen. Er sei sich mit Merkel einig, dass man den Menschen möglichst in Afghanistan und den Nachbarländern helfen müsse. Dafür habe Österreich in der Region die humanitäre Hilfe "in einer Art und Weise aufgestockt, wie wir das bisher noch nie gemacht haben".

Von Einigkeit ist danach jedoch keine Spur mehr. Denn während Merkel erklärt, auch weitere 10.000 bis 40.000 Ortskräfte und deren Angehörige nach Deutschland holen zu wollen, blockt Kurz ab. Seine Haltung sei mittlerweile bekannt, schließlich habe Österreich bereits jetzt "pro Kopf gerechnet die viertgrößte afghanische Community weltweit".

Markenkern Migrationspolitik

In der Tat hat Österreich in der Vergangenheit mehr Menschen aus dem Land aufgenommen, als es Kurz' harte Rhetorik vermuten lässt. 2020 befanden sich laut dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR rund 40.000 afghanische Flüchtlinge in dem deutschen Nachbarland, die entweder auf ein Asylverfahren warteten oder deren Prozess noch nicht abgeschlossen war. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 148.000 (insgesamt zählte das Auslandszentralregister sogar 271.805 Afghanen in Deutschland), in Großbritannien dagegen 9.000, in den USA gerade einmal 2.000.

Kurz und mehrere seiner Kabinettsmitglieder haben in den vergangenen Wochen mit Verweis auf diese Zahlen kaum eine Situation ausgelassen, um ihre Haltung zu verdeutlichen: Österreich will unter keinen Umständen Menschen aus dem Krisengebiet aufnehmen.

"Das wird es unter meiner Kanzlerschaft nicht geben", stellte Kurz in einem Interview mit dem Sender Puls 4 klar. "Für eine Demokratie ist es extrem entscheidend, wer hier lebt, und woran die Menschen glauben", sagte er auf dem Parteitag der Österreichischem Volkspartei (ÖVP) am vergangenen Wochenende in Sankt Pölten.

Auch Abschiebungen weiter Thema

Die Version der Verteidigungsministerin Klaudia Tanner geht so: Das österreichische Bundesheer habe im Gegensatz zu den deutschen Soldaten keine Ortskräfte beschäftigt. Und das Verteidigungsministerium entscheide ohnehin nicht, wer in Österreich Asyl erhalte. "Wir können da nicht einfach beliebig Leute herausholen", sagte Tanner dem "Standard".

Kurz' Innenminister Karl Nehammer geht noch einen Schritt weiter: Er betont immer wieder, dass man weiter Menschen nach Afghanistan abschieben müsse. "So lange, wie es geht", sagte er der "Kleinen Zeitung" noch am 15. August – just an dem Tag, als der afghanische Präsident Ashraf Ghani das Land verließ und die Taliban de facto die Kontrolle übernahmen.

Deutschland hatte die Abschiebungen bereits vier Tage zuvor ausgesetzt. Später brachte Nehammer Abschiebezentren in den afghanischen Nachbarländern ins Gespräch. Es bestehe aus seiner Sicht ohnehin kein Grund, warum ein Afghane jetzt nach Österreich kommen solle, sagte er der "Welt".

Kurz vermisste "Willkommenskultur"

Der harte Migrationskurs ist zu einer Art Markenkern von Sebastian Kurz geworden. Bisher brachte er ihm viel Erfolg ein. "Sebastian Kurz hat derzeit die restriktivste Haltung von allen europäischen Regierungschefs", urteilt Herbert Lackner, Buchautor und ehemaliger Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Profil", im Gespräch mit t-online.

Das war nicht immer so. Seine steile Karriere in der Bundespolitik begann er 2011 im Alter von 24 Jahren als Staatsminister für Integration, drei Jahre später war er schon Außenminister.

"Uns ist wichtig, dass jeder, der hier wohnt, sich hier heimisch fühlt", hatte Kurz noch 2014 gesagt. Das sei allerdings noch schwierig, denn Österreich habe "zu wenig Willkommenskultur". Sein Image als Hardliner entwickelte Kurz erst 2015 mit Beginn der Flüchtlingskrise.

Grüne wirken hilflos

Lackner vermutet dahinter reines Kalkül. Kurz sei "ohne Zweifel ein Populist", dazu "einigermaßen ideologiefrei. Er regiert strikt nach Umfragen." Sein Kurs zahlte sich für ihn persönlich aus: Als er 2017 den Parteivorsitz der ÖVP übernahm und wenig später in den Wahlkampf zog, gab es für Kurz kaum ein anderes Thema. In der Folge wurde er mit 31 Jahren neuer Kanzler und bildete eine Regierung mit der rechtspopulistischen FPÖ. Mittlerweile ist laut Lackner die Migrationspolitik beider Parteien "weitgehend deckungsgleich".

Nach dem Skandal um die sogenannte Ibiza-Affäre inklusive Neuwahlen regiert Kurz seit Beginn des vergangenen Jahres gemeinsam mit den Grünen. Der Koalitionspartner folgt einer gänzlich anderen Migrationspolitik, hält sich mit Kritik allerdings zurück. Die Schlüsselressorts in Flüchtlingsfragen hat der Kanzler ohnehin nur mit seinen Gefolgsleuten besetzt.

Zudem scheuen die Grünen Lackner zufolge einen Bruch der Regierung: Erst 2017 war die Partei bei den Nationalratswahlen aus dem Parlament geflogen. Nun gehe die Angst um, dass bei Neuwahlen ein ähnlich schlechtes Ergebnis folgen könnte. Denn viele Wähler seien mittlerweile enttäuscht. "Sie sind in den kommenden Jahren auf Gedeih und Verderb Sebastian Kurz ausgeliefert", stellt Lackner fest.

Gänzlich unumstritten ist der Bundeskanzler jedoch nicht mehr. Zwar wurde er erst am Wochenende mit überdeutlichen 99,4 Prozent als Parteichef der ÖVP bestätigt. Außerhalb der eigenen Partei hat der Ruf des Kanzlers allerdings merklich gelitten: Infolge der Ibiza-Affäre geht es mal um Postengeschacher und durchgestochene Textnachrichten, mal um mutmaßliche Falschaussagen oder Einflussnahme auf die österreichische Presse.

Herbert Lackner will keine Prognose abgeben, ob Kurz noch eine sehr lange Karriere vor sich hat. Der Kanzler sei dafür aber bereit, jederzeit seine Politik zu ändern: "Er ist kein Politiker, der von tiefen, profunden Überzeugungen gekennzeichnet ist, schon gar nicht von christsozialen."