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News aus der EU

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Stimmung in Serbien kippt: 44 % der Menschen sind gegen EU-Beitritt

Zum ersten Mal seit 20 Jahren sind in Serbien mehr Bürger:innen gegen einen Beitritt zur Europäischen Union als dafür, so das Ergebnis der jüngsten Umfrage der Meinungsforscher von Ipsos.

Im Falle eines Referendums würden demnach 44 Prozent einen EU-Beitritt Serbiens ablehnen, 35 Prozent der Bürger:innen würden ihn befürworten.

Euronews Serbien hat den serbische Präsident Aleksandar Vučić zu den Gründen nach dem signifikanten Rückgang befragt. Er erklärte, dass die Ergebnisse der Umfrage "der Stimmung in der regierenden Fortschrittspartei entsprechen würden".

Serbien ist EU-Beitrittskandidat, aber hat auch enge Verbindungen zu Russland und bislang keine Sanktionen gegen Moskau verhängt. Das Land befindet sich in einem außenpoltischen Dilemma.

Zuletzt hatte es in der Hauptstadt Belgard prorussische Demonstrationen mit Hunderten rechtsgerichteten Teilnehmer:innen gegeben.

Aleksandar Vučić sagte aber auch: "Ich glaube, dass Serbien einen Platz in der EU hat, ich glaube, dass wir unseren europäischen Weg fortsetzen sollten und dass wir für unseren würdigen Weg nach Europa kämpfen sollten. Wir sollten unsere Unabhängigkeit bei der Entscheidungsfindung bewahren, zumindest bis wir Mitglied der EU werden."

Serbien zwischen EU-Mitgliedschaft und Russland-Verdbundenheit

Der Druck aus Brüssel auf den Beitrittkandidaten ist spürbar. Das Europäische Parlament hat kürzlich bedauert, dass Serbien die EU-Sanktionen nach der russischen Invasion in der Ukraine nicht umsetzt und beklagt, dass die serbischen Behörden die europäischen Werte nicht ausreichend fördern würden.

Nemanja Todorović Štiplija, Politikwissenschaftler und Gründer des Zentrums für zeitgenössische Politik und des europäischen westlichen Balkans, dass die Umfrage eine Gelegenheit für die Regierung war, die Stimmung in der Bevölkerung auszuloten.

"Ich glaube, dass die Umfrage dazu dienen sollte, die Auswirkungen zu untersuchen, die eine möglichen Entscheidung der serbischen Regierung nach sich ziehen würde, wenn sie Sanktionen gegen Russland verhängen und alle restriktiven EU-Maßnahmen gegen Russland akzeptieren würde."

Nach Ansicht der Meinungsforscher und Politik-Experten wird die gesunkene Unterstützung für die EU-Mitgliedschaft das außenpolitische Dilemma Serbiens verschärfen und die Ausrichtung der künftigen serbischen Regierung beeinflussen.

Sie Serben haben noch nie zu Europa gepasst. Religion, Gesinnung und Einstellung.

Wer hat Schuld am 1. Weltkrieg, 1914 Sarajewo?

Wer hat Schuld an dem Bürgerkrieg und den damit verbundenen Kriegsverbrechen, im früheren Jugoslawien?

Wer hat jetzt immer noch größte Sympathie zu Putin?

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EU streckt die Fühler stärker Richtung Indien aus

Die Europäische Union ist für Indien drittwichtigster Handelsparter - nun soll die Zusammenarbeit noch intensiviert werden. Mit in die Überlegungen hinein spielt der russische Angriffskrieg in der Ukraine.

Wie die USA und Großbritannien versucht derzeit auch die Europäische Union, engere Beziehungen zu Indien aufzubauen. Die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt mit ihren fast 1,4 Milliarden Menschen war zuletzt mit ihrer neutralen Haltung zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine aufgefallen. Indien hat das Vorgehen von Kremlchef Wladimir Putin bisher nicht explizit verurteilt und trägt auch die westlichen Sanktionen nicht mit. Die Regierung in Neu Delhi unter Premierminister Narendra Modi fordert allerdings ein sofortiges Ende der Kämpfe.

Die EU ist bemüht, Indien wegen des Kriegs von einer Distanzierung zum Kreml zu überzeugen. Doch das gestaltet sich schwierig, ist Russland doch für Indien der wichtigste Waffenlieferant. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will die Beziehungen zu Neu Delhi vor allem in den Bereichen Sicherheit, Handel und Klimawandel intensivieren.

Rat für Handel und Technologie

Bei einem Besuch von der Leyens in Indiens Hauptstadt riefen beide Seiten nun einen gemeinsamen Rat für Handel und Technologie ins Leben. "Ich denke, diese Beziehungen sind heute wichtiger als je zuvor", sagte von der Leyen zu Beginn ihres Treffens mit Modi in Neu Delhi. Bei Twitter schrieb die Kommissionspräsidentin, die EU sei Indiens drittwichtigster Handelspartner. Teams würden bald mit Verhandlungen zu Handels- und Investitionsvereinbarungen beginnen. Die EU wolle weg von russischer Energie und stark in erneuerbare Energie investieren. Eine Zusammenarbeit bei Solarenergie und Wasserstoff sei daher wichtig.

Bereits seit Jahren versuchen die EU und Indien, ein Freihandelsabkommen zu vereinbaren. Bislang gab es bei diesen Bemühungen keine Fortschritte.

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Nach der Wahl: Frankreich könnte zum Problemfall für Europa werden

Emmanuel Macron liebt das Geldausgeben. Die EU-Kommission stört das wenig. Der Stabilitätspakt erscheint - um es mit dem französischen Präsidenten zu sagen - "hirntot".

Frankreich könnte zum Problemfall für Europa werden

Natürlich ist es für Deutschland und Europa eine gute Nachricht, dass nicht das rechtsradikale Irrlicht Marine Le Pen Staatsoberhaupt Frankeichs geworden ist. Der Pro-Europäer Emmanuel Macron ist eindeutig die bessere Wahl. Wirtschaftspolitisch darf man sich allerdings keine Illusionen machen. Macron ist nicht der große Reformer, als der er im Ausland gern gesehen wird - und vor allem hat er es mit dem Sparen nicht so.

Er hat zwar eine Vielzahl von Reformen angestoßen, doch letztlich wenig positiv verändert. Im Gegenteil: Es erwies sich als ausgesprochen ungeschickt, vor fünf Jahren als Erstes die Vermögensteuer zu kippen. Das war haushaltspolitisch überflüssig - die Steuer bringt dem Staat kaum was - politisch-taktisch war es geradezu töricht. Seitdem gilt Macron in großen Teilen der Bevölkerung als "Präsident der Reichen" und seine Handlungsoptionen sind stark beschränkt.

Sein zweiter großer Fehler war, im Übermaß mit Geld um sich zu werfen, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Ja, Kredite bereitzustellen, war richtig. Macron jedoch verlor dabei jedes Augenmaß und missachtete, dass Frankreich bereits vor Ausbruch der Krise hoch verschuldet war. Er berieselte nicht nur wahllos alle Wirtschaftszweige mit großen Summen, sondern weitete noch die Sozialleistungen aus. Damit erhöhte er die Staatsverschuldung Frankreichs um 600 Milliarden Euro. Bisher toppte das nur ein französischer "Reformer" vor ihm: Nicolas Sarkozy. Der Schuldenstand des Landes liegt heute bei fast 115 Prozent des Bruttoinlandprodukts, also meilenweit von den Zielen des EU-Stabilitätspakts entfernt.

In Zeiten billigen Geldes und hohen Wachstums wäre das ein geringeres Problem. Doch die Welt und auch Frankreich rutschen in eine Phase schwachen Wirtschaftswachstums. Gleichzeitig ist absehbar, dass die Zinsen steigen werden. Frankreich erinnert immer mehr an Italien. Pläne zur Haushaltskonsolidierung sind derzeit nicht sichtbar. Vielmehr will Macron die Ausgaben weiter massiv erhöhen.


Frankreich sonnt sich in der Lebenslüge, die Atomenergie sei umweltfreundlich

So will er weiter die Energiekosten der Bürger subventionieren und die Spritpreise rabattieren. Das ist aus vielerlei Hinsicht problematisch. Denn damit finanziert er in Zeiten aufkommender Stagflation den Privatkonsum und riskiert, die Inflation weiter anzuheizen. Und zweitens konterkariert er damit eine auch in Frankreich notwendige Energiewende hin zur Klimaneutralität.

Die richtige Alternative wäre, die Menschen zu einem geringeren Energiekonsum anzuleiten und sie weg vom Fahrzeug mit Verbrennungsmotor zu lotsen. Dazu dient in vielen Ländern eine Kohlendioxidsteuer. Die plante Macron auch einmal, beerdigte sie aber nach den "Gelbwesten"-Protesten und grub sie nie wieder aus - ein weiterer Fehler. Stattdessen sonnt sich Frankreich in der Lebenslüge, die Atomenergie sei umweltfreundlich.

Weil Frankreich diese Fehleinschätzung auch in der EU erfolgreich vertritt, leitet es die Union auf einen falschen Kurs. Schlimmer für Europa und die jüngere Generation ist Frankreichs Haushaltspolitik. Wegen seiner innenpolitischen Ungeschicklichkeit wird es Macron bald mit einer Opposition zu tun haben, bei der es zum Geldausgeben gar keine Alternative geben wird. Schon jetzt reagieren die Finanzmärkte nervös darauf.

Die EZB steht vor eine Bewährungsprobe

Frankreich droht damit zum Problemfall in der EU zu werden. Dem zweitgrößten Land der EU scheinen die öffentlichen Finanzen weitgehend egal zu sein. Für die Haushaltsdisziplin aller anderen Mitgliedsländer ist das ein fatales Signal. Der EU-Stabilitätspakt erscheint, um es mit Macron zu sagen, "hirntot".

Die EU-Kommission stört das offenbar wenig. Die Europäische Zentralbank könnte das zumindest pro forma vor ein Dilemma stellen. Sie müsste aus deutscher Sicht die Zinsen erhöhen, aus französischer und italienischer Sicht eben das aber tunlichst vermeiden. Das stellt nicht nur die EZB vor eine Bewährungsprobe, sondern auch die deutsch-französischen Beziehungen vor neue Herausforderungen.

Schade, Frankreich hat sich wieder in eine Sackgasse manövriert. Das Land hätte alles, um zu glänzen: gut ausgebildete Menschen, die Infrastruktur, die Technik, die Ambition, das Potenzial. Doch wieder schlägt es ökonomisch den Weg der Selbstverzwergung ein.

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Ungarn stellt sich gegen EU-Sanktionspaket: Gleicht einer Atombombe

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban lehnt das neue Sanktionspaket der EU ab – es enthält unter anderem ein Embargo auf russisches Öl. Gegenüber dem staatlichen Rundfunk erklärt Orban, dass sein Land dieses Sanktionspaket in der aktuellen Form nicht unterstützen könne. 

Für Ungarn würde das neue Sanktionspaket einer Atombombe auf die eigene Wirtschaft gleichkommen. Orban bestätigt aber auch, dass er bereit sei in Gespräche zu treten und ein Sanktionspaket zu verhandeln, das auch im Interesse Ungarns sei. Ungarn ist eines der EU-Länder, das am meisten von russischem Öl abhängig ist.

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Polen und die EU: Der Besuch aus Brüssel soll es bringen

Warschau hat seine Justizreform etwas geändert, der Premier frohlockt: Das "Tor zum Wiederaufbaufonds steht offen." Doch Kritiker warnen vor einer Mogelpackung der PiS-Regierung.

Der Besuch aus Brüssel soll es bringen

So hätte Corona doch noch ein Gutes gehabt: Die Pandemie hat dazu geführt, dass die EU "das größte Konjunkturpaket aller Zeiten" aufgelegt hat, wie die Kommission selbst es nennt. Das Geld bekommt aber nur, wer gewisse Bedingungen erfüllt. Und damit hat die EU die polnische Regierung in der Hand. So zumindest die Hoffnung einiger, die sich für die Rückkehr zum Rechtsstaat in Polen einsetzen.

Die so behäbig wirkende EU-Kommission, die seit Jahren den fortschreitenden Abbau der Gewaltenteilung in Polen nicht aufhalten kann, soll es nun richten? "Die EU sichert unsere Demokratie", sagt der Warschauer Anwalt Michał Wawrykiewicz am Telefon. "Wäre Polen nicht Mitglied der EU, könnte unsere Regierung aus dem Land ungehindert ein zweites Belarus machen."

Wawrykiewicz hat zusammen mit drei Kolleginnen die Initiative "Freie Gerichte" gegründet, sie vertreten Richter, die aus dem Amt gedrängt werden. Aus Wawrykiewicz' Sicht ist der nationale Wiederaufbaufonds, auch Next Generation EU genannt, ein Glücksfall. Nicht in erster Linie, weil Polen daraus 24 Milliarden Euro an Zuschüssen zu erwarten hat. Sondern weil durch die Bedingungen der Auszahlung endlich Bewegung in den mehr als fünf Jahre andauernden Streit zwischen Brüssel und Warschau kommt.

Die bisherigen Bußen zahlt Polen nicht. Die EU verrechnet sie mit Zuschüssen

Ein kurzer Rückblick: Im Jahr 2015 kommt die rechtsnationale PiS (Recht und Gerechtigkeit) mit ihren Koalitionspartnern an die Macht; mittlerweile regiert sie mit hauchdünner Mehrheit in einer Zweierkoalition mit der extrem rechten Partei Solidarna Polska von Justizminister Zbigniew Ziobro. Schon 2016 eröffnet die EU mit der polnischen Regierung einen Dialog über ihre Justizreformen - ohne Erfolg. Schritt für Schritt nimmt die Politik Einfluss auf die Gerichte, richtet etwa 2017 eine Disziplinarkammer am Obersten Gericht ein, besetzt mit von der Regierung ausgewählten Richtern. Aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist die Kammer rechtswidrig.

Der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro, dessen extrem rechte Partei Solidarna Polska zusammen mit der PiS-Partei die Regierung bildet.

© Hubert Mathis/imago images/ZUMA WireDer polnische Justizminister Zbigniew Ziobro, dessen extrem rechte Partei Solidarna Polska zusammen mit der PiS-Partei die Regierung bildet.

Urteile des Europäischen Gerichtshofs wie auch des Menschenrechtsgerichtshofs ignoriert man in Warschau - oder setzt einfach noch eins drauf. Höhepunkte sind die Urteile, laut denen EU-Recht nicht über polnischem Recht steht, vom Juli 2021, und schließlich ein Urteil von November 2021, laut dem die Europäische Konvention für Menschenrechte nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar sei. Im Oktober 2021 verurteilt der EuGH Polen zu einem Zwangsgeld von einer Million Euro täglich, so lange das Land die Arbeit der Disziplinarkammer nicht aussetzt. Die polnische Regierung zahlt nicht, mittlerweile verrechnet die Kommission die Buße mit Überweisungen.

An diesem Donnerstag nun soll Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Warschau kommen, und die Regierung gibt sich siegessicher. Das "Tor zum Wiederaufbaufonds steht offen", sagte Premier Mateusz Morawiecki. Ende vergangener Woche hat die Regierung einen Gesetzentwurf von Präsident Andrzej Duda durch den Sejm gebracht, nach dem die Disziplinarkammer aufgelöst werden soll. Laut einer PiS-Sprecherin sind damit bereits die Bedingungen der EU erfüllt.

Noch nicht einmal die Kernforderungen für die Rechtsstaatlichkeit sind erfüllt

Das allerdings stimmt so nicht - auch wenn die Kommission am Mittwochabend, dem Vorschlag ihrer Präsidentin folgend, den polnischen Aufbauplan grundsätzlich genehmigt hat.

Dass das 27-köpfige Gremium überhaupt debattieren wollte und nicht, wie ansonsten üblich, im schriftlichen Verfahren entschied, zeigt: Es gibt nach wie vor erhebliche Bedenken gegenüber Polen. Sogar zwei stellvertretende Kommissionsvorsitzende sollen bei der Sitzung am Mittwoch von der Leyen Widerstand geleistet haben: die Dänin Margrethe Vestager und der Niederländer Frans Timmermans.

Ohnehin bedeutet eine Genehmigung des polnischen Plans nicht, dass sofort Geld nach Warschau überwiesen würde. Die Kommission und die polnische Regierung haben sich damit lediglich über den Weg zur Auszahlung verständigt - über die sogenannten Milestones, die Polen erreichen müsste beim Schutz der Rechtsstaatlichkeit.

Die Auflösung der Disziplinarkammer ist nur die erste der drei Kernforderungen der EU, die den Polen seit Langem bekannt sind. Forderung zwei: Das Disziplinarsystem für Richter muss reformiert werden. Und Nummer drei: Unrechtmäßig entlassene Richter müssen wieder eingestellt werden. Diese Forderungen werden nun in "Meilensteinen" konkretisiert. So heißt es zum Beispiel: Alle Richterinnen und Richter, die von der Disziplinarkammer gemaßregelt wurden, hätten Anspruch, dass ihre Fälle unverzüglich von einem Gericht überprüft werden, das dem EU-Recht entspreche, unabhängig und unparteiisch sei.

Geld gibt es also nur bei Erreichen der Meilensteine, darüber muss ein Prüfgremium der EU entscheiden. Vorschüsse zu zahlen, war nach den Regeln des Corona-Fonds nur bis Ende vergangenen Jahres möglich. Nun gilt: Geld gegen Reformen.

Die EU gibt mit der Genehmigung des Corona-Plans zweifellos ihren größten Faustpfand im Streit mit der polnischen Regierung aus der Hand. Andererseits wird in der Kommission darauf verwiesen, man könne Polen nicht grundsätzlich das Vertrauen verweigern und genauso behandeln wie Ungarn. Viktor Orbán, der Ministerpräsident, mache keine Anstalten, gegen die Korruption in seinem Land vorzugehen und damit die Voraussetzung zu schaffen, die Corona-Milliarden zu bekommen. Es gebe keinerlei Kontakt. Mit Polen dagegen stehe man seit Monaten in Verhandlungen, und die Regierung habe sich nun erstmals tatsächlich bewegt.

Doch Präsident Dudas Gesetzentwurf zur Disziplinarkammer wird von vielen Juristen und der Opposition schlicht nicht akzeptiert. Ein "Recycling der Gesetzlosigkeit" nennt es die Juristin und Promovendin an der Universität Warschau Eliza Rutynowska. Das Gesetz sei einfach ein "Betrug". Sie fühle sich mit all ihren Mitstreitern in einer sehr verzwickten Lage, sagt sie. "Eigentlich möchten wir, dass Polen Geld von der EU bekommt, aber gleichzeitig möchten wir es nicht. Nicht zu diesem Preis." Der Senat, in dem die Opposition die Mehrheit hat, überarbeitet derzeit den Entwurf - kann aber am Ende wieder überstimmt werden.

Rutynowska vertritt Aktivisten, die bei Demonstrationen für das Recht auf Abtreibung oder LGBT-Rechte in Konflikt mit der Polizei gekommen sind. Längst werde sichtbar, wie die Regierung "ihre Richter" einsetze, sagt sie. Ihre Klienten würden unfair behandelt "von politisierten Polizisten und politisierten Staatsanwälten". Es sei ein Thema, dass alle EU-Bürger betreffe. Wenn die EU-Kommission jetzt nicht handle, "bekommen wir einen Dominoeffekt". Es könnten noch mehr Regierungen wie in Ungarn und Polen an die Macht kommen, dann "werden sie die EU von innen zerstören".

Juristen sind besorgt: Man solle sich nicht blenden lassen bei der Kommission

Anwalt Wawrykiewicz will noch nicht den Teufel an die Wand malen: "Sollen sie doch den Vertrag unterzeichnen, in dem die sogenannten Meilensteine benannt werden", sagt er fröhlich, "die jetzige Regierung kann, wird und will diese Bedingungen nicht erfüllen - und dann gibt es auch kein Geld."

Deutlich pessimistischer sieht es seine Kollegin Dorota Zabłudowska von der Richtervereinigung Iustitia. Die Organisation hat am Montag einen Brief an die Kommission gesendet mit der Aufforderung, das nun verabschiedete neue Gesetz zur Disziplinarkammer genau zu prüfen und sich nicht blenden zu lassen. "Die Richter der Disziplinarkammer werden nach deren Auflösung am Obersten Gericht bleiben", sagt Zabłudowska. "Da können sie dann noch mehr Schaden anrichten." Alle diese Richter sind nach Ansicht des EuGH unrechtmäßig im Amt - also keine Richter.

"Ich erhebe mich vor diesen Leuten noch nicht einmal im Gerichtssaal", sagt Wawrykiewicz. Er hat deshalb nun ein Disziplinarverfahren am Hals. Er hat einen Richter vertreten, der suspendiert war und nun wieder eingesetzt wird - eine Forderung der EU. Doch dieser Richter darf nicht mehr in seiner ursprünglichen Kammer arbeiten, wurde außerdem sofort beurlaubt.

Für Zabłudowska zeigt der Fall anschaulich, was von den sogenannten Reformen der Regierung zu erwarten ist. "Die EU-Kommission muss jetzt konsequent sein." Bereits jetzt sei ein Fünftel der Richter durch die politisierten Kammern unrechtmäßig ernannt. "Wenn es so weitergeht, ist es in vier Jahren die Hälfte."

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Serbien: In Treue zu Russland – wie Belgrad die EU verärgert

Der geplatzte Besuch des russischen Außenministers Lawrow in Belgrad zeigt: Obwohl Serbien in die EU will, sucht das Land immer wieder die Nähe zu Moskau. Der Unmut in Brüssel ist groß.

Annäherung statt Abgrenzung: Während die EU ein Sanktionspaket nach dem anderen gegen Russland verhängt, stärkt der EU-Beitrittskandidat Serbien die Beziehungen zu seinem traditionellen Verbündeten. Das zeigt auch der geplante – und gescheiterte – Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow für zweitägige Gespräche in der serbischen Hauptstadt.

Die Reise fiel aus, da mehrere Nachbarländer Serbiens Lawrows Maschine offenbar die Überflugrechte verwehren. Es handelt sich Medienberichten zufolge um BulgarienMontenegro und Nordmazedonien.

Lawrow kritisierte, dass einige »Nato-Mitglieder« diese Reise verhindert hätten. Der Westen wolle den Balkan für sich, so wie er die Ukraine beanspruche. Die EU etwa setze im Fall der Ukraine ausschließlich auf jene Kräfte, die »allem Russischen den Krieg« erklärt hätten. Russland hatte seinen Krieg in der Ukraine auch damit begründet, dort die »russische Welt« vor ukrainischen Nationalisten zu schützen. »Unsere Beziehungen mit Serbien wird niemand zerstören können«, betonte Lawrow.

Serbien hat den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zwar verurteilt, zugleich will Belgrad jedoch nicht mit Moskau brechen und lehnt es ab, sich den EU-Sanktionen gegen Russland anzuschließen. In Brüssel sorgt dies für Unmut.

Die EU erwarte, dass Serbien »seine Beziehungen zu Russland nicht weiter verstärkt«, erklärte EU-Sprecher Peter Stano. »Von den Beitrittskandidaten, einschließlich Serbien, wird erwartet, dass sie ihre Politik gegenüber Drittländern schrittweise an die Politik und die Positionen der Europäischen Union angleichen, einschließlich restriktiver Maßnahmen.«

Eines der großen Themen des Besuches hätten russische Energielieferungen sein sollen: Nur einen Tag vor der Einigung der EU-Mitglieder auf ein Teil-Embargo gegen russisches Öl hatte Belgrad vor einer Woche die Verlängerung eines Gasliefervertrags mit Russland verkündet – und dafür einen Rüffel aus Brüssel kassiert.

Serbiens Präsident Aleksandar Vučić jubelte dennoch über den »bei Weitem besten Deal in Europa«, mit dem sich sein Land weiterhin preiswerte Gaslieferungen aus Russland sichere – während in Europa die Sorge vor einem Lieferstopp wächst, nachdem Russland einigen EU-Ländern bereits den Gashahn zugedreht hat.

Ein Betritt zur EU ist aber weiterhin erklärtes Ziel der serbischen Regierung. In Belgrad sind jedoch auch andere Töne zu hören. Regierungsnahe Medien verbreiten die Botschaften des Kremls, es wurden sogar Forderungen laut, die Bewerbung für einen EU-Beitritt zurückzuziehen.

In einer aktuellen Meinungsumfrage gaben 40 Prozent der Serben an, dass sie »glücklich« wären, wenn ihr Land auf einen EU-Beitritt verzichten und stattdessen ein Bündnis mit Russland eingehen würde. »Es ist, als hätte man das letzte Jahrzehnt damit verbracht, die serbische Gesellschaft nicht auf den EU-Beitritt, sondern auf ein Bündnis mit Moskau vorzubereiten«, sagte Srdjan Cvijic von der Denkfabrik Biepag der Nachrichtenagentur AFP.

Belgrad weist den Vorwurf zurück, die günstigen Vertragsbedingungen zu den Gaslieferungen seien eine »Belohnung« des Kremls dafür, dass Serbien sich den Sanktionen gegen Moskau nicht angeschlossen hat. »All diejenigen, die uns vorwerfen, wegen eines Gasgeschäfts keine Sanktionen gegen Russland zu verhängen, sollten sich schämen«, sagte die serbische Regierungschefin Ana Brnabic. »Wenn wir keine Sanktionen gegen Russland verhängen, dann aus Prinzip.« Lawrow hatte kürzlich gegenüber serbischen Medien erklärt, Moskau sei sich sicher, dass Serbien »in dieser Situation weiterhin eine kluge Wahl treffen wird«.

Historische und kulturelle Verbindungen zum »großen Bruder« Russland

Auf eine »kluge Wahl« setzt vermutlich mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch einer der nächsten Besucher in Belgrad – auch wenn er darunter definitiv etwas anderes versteht als Lawrow. Scholz reist Ende der Woche nach Belgrad, er wird am Freitag auch das Kosovo besuchen.

Serbien sei »kein U-Boot und keine Marionette« Russlands, betonte Vučić kürzlich in einem »Handelsblatt«-Interview. Serbien verfolge jedoch seine eigenen »nationalen Interessen in Bezug auf das Kosovo und auch andere Fragen, in denen Russland unsere Haltung stützt«. Zudem hebt Vučić immer wieder die historischen und kulturellen Verbindungen zum »großen Bruder« Russland hervor.

Ohnehin hatte Belgrad in Energiefragen nur wenig Handlungsspielraum. Der bisherige Gasvertrag mit Russland lief aus, und es gab in naher Zukunft keine brauchbare Alternative. Serbien ist fast vollständig von russischen Energielieferungen abhängig.

2008 hatte Serbien eine Mehrheitsbeteiligung an der Öl- und Gasgesellschaft NIS an den russischen Energieriesen Gazprom verkauft. Das Geschäft wurde wenige Monate nach der von Serbien verurteilten Unabhängigkeitserklärung des Kosovo geschlossen und wurde als Zugeständnis an Moskau gewertet. »Es ist offensichtlich, dass es die ganze Zeit über eine gut organisierte Lobbyistengruppe gab, die das (russische) Monopol verteidigt hat und dies auch weiterhin tut«, sagt der Energieexperten Vasic.

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Über Ursula von der Leyen braut sich ein neuer Sturm zusammen

Ursula von der Leyen wusste, auf welcher Klaviatur sie spielen musste, als sie am 16. Juli 2019 im EU-Parlament ans Rednerpult trat. Die Abgeordneten sollten sie an diesem Tag zur Präsidentin der EU-Kommission wählen. Aber viele, besonders unter den Linken und Grünen, misstrauten der gescheiterten deutschen Verteidigungsministerin und Duzfreundin von Angela Merkel.

Von der Leyen machte ihren Gegnern deswegen Avancen und versprach unter anderem einen Plan zur Klimaneutralität, Garantien für Mindestlöhne, eine Digitalsteuer sowie ein klares Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit.

Für die Wahl zur mächtigsten Frau in Brüssel sollte das reichen, wenn auch nur knapp. Von der Leyen rutschte mit lediglich neun Stimmen über der nötigen Mehrheit in ihr neues Amt – wohl wissend, dass die Zusammenarbeit mit den Europaabgeordneten schwierig werden würde.

Stern gesunken

Gut drei Jahre später ist der Stern der kühlen Norddeutschen im Europaparlament so stark gesunken, dass es nicht einmal mehr sicher ist, ob die Kommissionspräsidentin ihre erste Amtszeit überhaupt zu Ende führen kann – geschweige denn, dass sie sich Hoffnungen auf eine zweite machen darf.

Stein des Anstosses ist die jüngste Entscheidung der Kommission, den Corona-Aufbauplan der polnischen Regierung zu billigen. Wie jeder Mitgliedstaat sollte das Land erklären, wie es die Milliarden einsetzen würde, die ihr aus dem Fonds zur Bewältigung der Pandemie zustehen. Wegen des Streits um die Unabhängigkeit der Justiz in Polen hielt Brüssel die Gelder jedoch bisher zurück.

Vergangene Woche dann die überraschende Kehrtwende: Nachdem die Regierung in Warschau angekündigt hatte, die sogenannte Disziplinarkammer für Richter abzuschaffen (und sie durch eine «Kammer für berufliche Verantwortung» zu ersetzen), beschloss die Kommission, Polens Aufbauplan gutzuheissen und so den Weg für rund 35 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten freizumachen.

Viel zu schnell, entrüsteten sich kurz darauf grüne, sozialdemokratische und liberale Europaabgeordnete, habe von der Leyen damit ihr grösstes Faustpfand aus der Hand gegeben. Es sei ja noch völlig ungewiss, ob es sich bei der Ankündigung nur um Augenwischerei handle. Auch in der Kommission erntete die Präsidentin Unverständnis: Gleich zwei EU-Kommissare stimmten gegen den Beschluss, zum ersten Mal in von der Leyens Amtszeit.

Da half es der Kommissionspräsidentin wenig, dass sie bei ihrem Besuch in Warschau von weiteren Verpflichtungen in Form von «Meilensteinen» sprach, die Polen noch erfüllen müsse, bevor das Geld in Tranchen ausgezahlt werde. Im EU-Parlament gaben am Montag drei einflussreiche Abgeordnete bekannt, einen Misstrauensantrag gegen die Kommission auszuarbeiten.

In einem Schreiben an die übrigen Fraktionen fordern die Liberalen Luis Garciano, Sophie in’t Veld und Guy Verhofstadt das Parlament auf, Druck auf von der Leyen auszuüben, um «die Regeln der Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit ernsthaft anzuwenden». In Wahrheit zeige Warschau bis jetzt keine Absicht, die Unabhängigkeit der Justiz wiederherzustellen, heisst es in dem Brief. Die Kommission habe ein «grosses politisches Problem geschaffen» und ihre Aufgabe als Hüterin der Verträge verletzt.

Tatsächlich hat das Europäische Parlament das Recht, die komplette EU-Kommission zu entlassen. Doch für ein erfolgreiches Misstrauensvotum sind zwei Drittel der Stimmen notwendig. Bisher scheiterten alle Misstrauensanträge in der Geschichte der EU. 1999 war die Santer-Kommission über einen Korruptionsfall gestolpert und trat auf öffentlichen Druck geschlossen zurück, obwohl zuvor ein Misstrauensantrag abgelehnt worden war. Ob der jetzige Antrag zur Abstimmung kommt, war am Dienstag freilich noch unklar.

Unglückliche Figur

Es sind jedoch nicht nur die Europaabgeordneten, die von der Leyen Ärger bereiten. Auch in ihrer eigenen Behörde und im Kreis der Mitgliedstaaten wundern sich viele über den Führungsstil der Deutschen. Bei den EU-Sanktionen gegen Russland machte die Kommissionspräsidentin zuletzt eine unglückliche Figur: Sie preschte Anfang Mai mit der Ankündigung eines sechsten Sanktionspaketes vor, das ein umfassendes Erdölembargo umfassen sollte. Es war jedoch mit den Regierungen unzureichend abgestimmt.

Nicht nur Ungarn, sondern auch die Slowakei, Tschechien und Bulgarien, so stellte sich später heraus, waren gegen das Embargo. Die Sanktionsmassnahme sei amateurhaft vorbereitet worden, lästerten Kritiker. Und einmal mehr erinnerte man sich in Brüssel an die Fehler, die von der Leyen während der Corona-Pandemie angelastet wurden, als die Kommissionschefin vom 13. Stock des Berlaymont-Gebäudes aus eher einsame Beschlüsse fällte.

Immer peinlich auf ihre Aussenwirkung bedacht, zog es von der Leyen in der Pandemie vor, sich abzuschotten. Andere Kommissare, hiess es, seien in gemeinsame Entscheidungen nicht ausreichend eingebunden worden. Die Strategie der Impfstoffbeschaffung erwies sich nach langem Anlauf als Erfolg, doch die Lieferverträge mit Pfizer, Moderna & Co. hält die Kommission bis heute geheim. Wie viele Milliarden die Pandemie die europäischen Steuerzahler letztlich gekostet hat, ist unklar.

In Deutschland sehen viele von der Leyen als Überbleibsel der Ära Merkel. Dass sich die Ampelkoalition für eine Wiederwahl der Kommissionspräsidentin starkmachen wird, ist deswegen fraglich. Das Verhältnis zu Olaf Scholz gilt als unterkühlt. Auch bei den Grünen und den Liberalen in Berlin ist die frühere Ministerin nicht wohlgelitten. Für ihren Vorstoss, zum Wiederaufbau der Ukraine gemeinsame EU-Schulden aufzunehmen, hat sich von der Leyen erst jüngst einen Korb beim deutschen Wirtschaftsminister Christian Lindner geholt.

Ein besseres Verhältnis wird von der Leyen zum französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron nachgesagt. So war es auch Macron, der die Deutsche in einem Hinterzimmerdeal mit Merkel 2019 für den Brüsseler Top-Job nominierte. Der Vorwurf, eine Marionette des Élysée zu sein, bleibt bis heute an von der Leyen haften.

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Brüssel leitet Verfahren gegen London wegen Nordirland-Streits ein

Die Europäische Union ist endgültig auf Konfrontationskurs mit der britischen Regierung: Die Kommission geht nun juristisch gegen die Pläne der Briten vor, einseitig die Brexit-Vereinbarungen zu ändern, wie die EU am Mittwoch mitteilte.

Konkret werde das im vergangenen Jahr gegen die britische Regierung eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren wieder aufnommen.

Es war eingeleitet worden, nachdem Großbritannien eigenmächtig eine Übergangsfrist für den Handel mit Irland verlängert hatte.

Strittiges Gesetzesvorhaben aus London

Die britische Regierung hatte am Montag im Parlament ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem einseitig bestehende Brexit-Vereinbarungen zu Nordirland geändert werden sollen: Zollkontrollen auf einige Waren zwischen Nordirland und dem übrigen Vereinigten Königreich sollen abgeschafft werden.

Den zum Schutz des EU-Binnenmarktes – Nordirland ist der einzige Teil Großbritanniens mit einer Landgrenze zur EU – vereinbarten Kontrollen hatte Premierminister Boris Johnson vor weniger als zwei Jahren zugestimmt. Die Regeln sollten eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland verhindern.

Das Vertragsverletzungsverfahren wurde im September 2021 auf Eis gelegt, während beide Seiten versuchten, eine gemeinsame Lösung zu finden. Darüber hinaus will die Kommission weitere Maßnahmen gegen das Vereinigte Königreich einleiten, weil das Land es ihrer Ansicht nach versäumte, die nach den EU-Vorschriften erforderlichen Warenkontrollen durchzuführen und die im Protokoll geforderten Daten zum Handel zu liefern.

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Bahntransit für sanktionierte Waren verboten: Kreml ärgert sich über Litauens Teilblockade von Kaliningrad

 

Der Nato-Staat Litauen sperrt den Transit sanktionierter Güter in die russische Ostsee-Enklave Kaliningrad. Das heizt den Konflikt mit Russland weiter an.

Die politische Führung in Moskau hat verärgert auf Litauens Beschränkungen des Bahntransits zwischen der zu Russland gehörenden Ostsee-Exklave Kaliningrad und dem russischen Kernland reagiert. Die „beginnende Blockade“ Kaliningrads verstoße gegen internationales Recht, schrieb der Vizechef des russischen Föderationsrats, Konstantin Kossatschow, einer der führenden Außenpolitiker Russlands, in der Nacht zum Sonntag auf seinem Telegram-Kanal.

Die Exklave Kaliningrad um das ehemalige Königsberg liegt zwischen Litauen und Polen. Sie ist nur etwa 500 Kilometer von Berlin, aber mehr als 1000 Kilometer von Moskau entfernt.

„Als EU-Mitgliedsland verletzt Litauen im Rahmen der Sanktionen (nationales Recht) eine ganze Reihe juristisch verbindlicher internationaler Rechtsakte, die nicht nur die Pflichten Litauens selbst, sondern auch die der EU insgesamt betreffen“, schrieb Kossatschow. So sei im Partnerschaftsvertrag zwischen der EU und Russland festgehalten, dass keine der beiden Seiten den Transit der jeweils anderen störe. Wenn das so weitergehe, werde der Westen wohl bald auch die Freiheit der Meere in Frage stellen und den Seezugang nach Kaliningrad sperren, vermutete er.

Litauen hat seit Samstag den Bahntransit von Waren über sein Territorium nach Kaliningrad verboten, die auf westlichen Sanktionslisten stehen. Laut dem Chef der Gebietsverwaltung in Kaliningrad, Anton Alichanow betrifft dies 40 bis 50 Prozent aller Transitgüter, wie Baumaterialien und Metalle.

In den Talkshows des russischen Staatsfernsehens werden seit Wochen Forderungen laut, einen „Korridor“ von Kernrussland nach Kaliningrad zu erobern. Das würde einen russischen Angriff auf die Nato-Staaten Lettland und Litauen bedeuten.

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Wie der Ukraine-Krieg Italiens Regierung ins Chaos stürzt

Aus Protest gegen den Kurs seiner Fünf-Sterne-Partei im Ukraine-Krieg gründet Außenminister Di Maio eine neue Bewegung – und hat dabei vor allem seine eigene Zukunft im Blick. Doch auch die Machtverhältnisse in Draghis Regierungskoalition verschieben sich. Schlimmstenfalls drohen Neuwahlen.

Ministerpräsident Mario Draghi und Außenminister Luigi Di Maio bei der Parlamentsdebatte zum EU-Gipfel Quelle: Getty Images

© Getty ImagesMinisterpräsident Mario Draghi und Außenminister Luigi Di Maio bei der Parlamentsdebatte zum EU-Gipfel Quelle: Getty Images

In Italien ist am Dienstagabend die größte Regierungspartei am internen Streit über Waffenlieferungen an die Ukraine zerbrochen. Außenminister Luigi Di Maio verließ die populistische Anti-Establishment-Partei nach Streitigkeiten mit dem aktuellen Parteichef und früheren Ministerpräsidenten Giuseppe Conte.

Grund für die Querelen war vordergründig die Haltung der Partei zu Waffenlieferungen an die Ukraine, die Conte ablehnt. Di Maio gilt dagegen als Unterstützer der Linie von Regierungschef Mario Draghi. Genaugenommen aber ging es um die Frage, ob es legitim ist, diesen Streit zu nutzen, um Wählerstimmen einzusammeln – wie es die populistische Fünf Sterne Partei zuletzt versucht hat.

Di Maios Antwort darauf lautet „Nein“. Daher hat er sich aus der Partei verabschiedet – und mindestens 60 Abgeordnete mitgenommen, unter ihnen viele Parteigrößen. Damit verlieren die Fünf Sterne rund ein Viertel ihrer Abgeordneten und ihren Status als größte Fraktion im italienischen Parlament. Erste Partei ist fortan die rechtsnationalistische Lega von Matteo Salvini.

Die Machtverhältnisse in Draghis breiter Regierungskoalition verschieben sich damit deutlich. Zwar will Di Maio mit seiner neuen Bewegung namens „Insieme per il futuro“ – Gemeinsam für die Zukunft – Draghis Regierungslinie stützen. Doch durch die Spaltung ist das ohnehin schon fragile Regierungsbündnis noch wackeliger und vorgezogene Neuwahlen wahrscheinlicher geworden. Das sind schlechte Aussichten für Italien, das derzeit wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage, einer Dürre-Periode und extrem hoher Staatsverschuldung schon genug Probleme hat.

Dabei waren Di Maio und seine Partei bislang aufs engste miteinander verbunden. Der heute 35 Jahre junge Di Maio ist nur dank der Fünf Sterne innerhalb von zehn Jahren von einem Niemand zum Vizeministerpräsidenten Italiens aufgestiegen. Und auch die Fünf Sterne haben von Di Maio profitiert: Als ihr Spitzenkandidat machte er sie 2018 mit 33 Prozent zum Wahlsieger.

Heute ist von dieser Zustimmung mit zwölf Prozent aber nur noch ein Drittel übrig. Die Fünf Sterne sind zur kleinsten der wichtigen Parteien geworden. Und weil im kommenden Frühjahr planmäßig Wahlen anstehen, versucht Parteichef Conte zunehmend verzweifelt, Wähler zurückzugewinnen. Dabei zielt er auf die in der Bevölkerung weit verbreitete pazifistische Haltung ab – und stellt sich damit gegen die Linie von Draghi, obwohl seine Partei Teil der Koalition ist und mit Di Maio sogar den Außenminister stellt.

Conte macht zunehmend Stimmung gegen die Waffenlieferungen an die Ukraine und polemisiert gegen die Erhöhung der Militärausgaben. Dabei hatten die Fünf Sterne im Februar im Parlament noch für die Lieferungen gestimmt und Conte damals als Ministerpräsident eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets zugesagt.

Der letzte Beweis, dass es Conte nur um Stimmenfang und nie um einen echten Richtungswechsel ging, lieferte er am Dienstag: Als im Parlament vor dem EU-Gipfel über Draghis Linie abgestimmt wurde, stellten sich Conte und die Fünf Sterne nicht quer, sondern stimmten dafür.

Di Maio nutzte diesen Moment, um wegen der Doppelzüngigkeit der Fünf Sterne die Partei zu verlassen: „Es ist unverantwortlich, die Stabilität der Regierung aufs Spiel zu setzten, weil man zu wenige Stimmen hat“, erklärte er. Und weiter: „Angesichts der Gräueltaten Putins können wir nicht weiterhin uneindeutig sein, wir können nicht auf der falschen Seite der Geschichte stehen.“

Di Maios Abschiedsrede war gleichzeitig eine Abrechnung mit dem Populismus der Partei, der sie groß gemacht hat: „Ich glaube, dass die Zeit der Scheinheiligkeit vorbei ist, die Zeit jener, die einfache Lösungen für komplexe Probleme vorschlagen.“ Große Worte von Di Maio, der vor wenigen Jahren noch feierte, „die Armut abgeschafft“ zu haben, als seine Partei ein Hartz-IV-ähnliches Grundeinkommen eingeführt hatte.

Doch in den vier Jahren an der Regierung ist Di Maio offensichtlich politisch erwachsen geworden. Seine Äußerungen sind immer weniger von Populismus gezeichnet. Und gerade seit Draghi Ministerpräsident ist, fällt er als engagiertes Regierungsmitglied auf.

Aber natürlich wäre diese Episode in der italienischen Politik nicht komplett, wenn es nicht auch um den persönlichen Machterhalt ginge: Denn Di Maio und die Abgeordneten, die ihm in seine neue Bewegung folgen, verhindern damit auch, dass ihre politische Laufbahn im kommenden Jahr automatisch endet. Aktuell gibt es bei den Fünf Sternen nämlich eine Obergrenze von zwei Mandaten. Danach dürfen Politiker nicht erneut kandidieren – Di Maios Karriere wäre also mit dem Auslaufen dieser Legislatur beendet gewesen.

Der Streben nach Machterhalt ist es auch, was dafür spricht, dass die Regierungskoalition trotz des Chaos nicht unmittelbar zerfallen wird und vorgezogene Neuwahlen ausgerufen werden müssen. Das wäre nicht im Interesse der Parteien, denn das Parlament wurde um ein Drittel verkleinert: Nach den nächsten Wahlen wird es 600 Abgeordnete weniger geben.