Forum
News aus der EU
Zitat von Gast am 16. Dezember 2021, 09:06 UhrUkraine dringt auf Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen
- von Pavel Polityuk und Robin Emmott und Sabine Siebold
Brüssel/Kiew (Reuters) - Die Ukraine hat auf einem EU-Gipfel mit weiteren ehemaligen Sowjet-Staaten auf den Beginn von Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union gedrungen.
"Unser Ziel ist die volle Mitgliedschaft in der EU", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch bei dem eintägigen Treffen der Östlichen Partnerschaft in Brüssel. Auch Georgien und Moldawien haben in den vergangenen Tagen ihr Interesse an einem Beitritt erneut bekundet. Jedoch hatte die Nachrichtenagentur Reuters vor Tagen aus einem Entwurf der Abschlusserklärung erfahren, dass die EU derartige Zusagen nicht geben wolle. Vielmehr erkenne die Staatengemeinschaft "die europäischen Bestrebungen" der Partnerstaaten an, hieß es.
Zur Östlichen Partnerschaft gehören auch Armenien und Aserbaidschan, die bislang jedoch kein Interesse an einer EU-Mitgliedschaft signalisiert haben. Als sechstes Land ist Belarus beteiligt, dessen Präsident Alexander Lukaschenko dem Treffen fern blieb. Im Rahmen der Partnerschaft will die EU unter anderem die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Beziehungen zu den sechs Nachbarstaaten fördern. An dem Gipfel nahmen auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron teil, die am Rande mit Selenskyj sprachen.
Das Treffen fand vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise statt. Der Vorsitzende des ukrainischen Sicherheitsrates, Oleksij Danilow, sagte Reuters in Kiew, Russland habe weiterhin 92.000 Soldaten an der Grenze stationiert. Es gebe keine Anzeichen, dass eine Invasion unmittelbar bevorstehe. Die EU und die USA haben mit schweren wirtschaftlichen Folgen gedroht, sollte Russland tatsächlich in das Nachbarland einmarschieren. Die Regierung in Moskau weist derartige Pläne zurück und fordert von der Nato, eine Mitgliedschaft der Ukraine auszuschließen.
Ukraine dringt auf Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen
- von Pavel Polityuk und Robin Emmott und Sabine Siebold
Brüssel/Kiew (Reuters) - Die Ukraine hat auf einem EU-Gipfel mit weiteren ehemaligen Sowjet-Staaten auf den Beginn von Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union gedrungen.
"Unser Ziel ist die volle Mitgliedschaft in der EU", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch bei dem eintägigen Treffen der Östlichen Partnerschaft in Brüssel. Auch Georgien und Moldawien haben in den vergangenen Tagen ihr Interesse an einem Beitritt erneut bekundet. Jedoch hatte die Nachrichtenagentur Reuters vor Tagen aus einem Entwurf der Abschlusserklärung erfahren, dass die EU derartige Zusagen nicht geben wolle. Vielmehr erkenne die Staatengemeinschaft "die europäischen Bestrebungen" der Partnerstaaten an, hieß es.
Zur Östlichen Partnerschaft gehören auch Armenien und Aserbaidschan, die bislang jedoch kein Interesse an einer EU-Mitgliedschaft signalisiert haben. Als sechstes Land ist Belarus beteiligt, dessen Präsident Alexander Lukaschenko dem Treffen fern blieb. Im Rahmen der Partnerschaft will die EU unter anderem die politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Beziehungen zu den sechs Nachbarstaaten fördern. An dem Gipfel nahmen auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron teil, die am Rande mit Selenskyj sprachen.
Das Treffen fand vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise statt. Der Vorsitzende des ukrainischen Sicherheitsrates, Oleksij Danilow, sagte Reuters in Kiew, Russland habe weiterhin 92.000 Soldaten an der Grenze stationiert. Es gebe keine Anzeichen, dass eine Invasion unmittelbar bevorstehe. Die EU und die USA haben mit schweren wirtschaftlichen Folgen gedroht, sollte Russland tatsächlich in das Nachbarland einmarschieren. Die Regierung in Moskau weist derartige Pläne zurück und fordert von der Nato, eine Mitgliedschaft der Ukraine auszuschließen.
Zitat von Gast am 17. Dezember 2021, 08:43 UhrMassive Kritik an Ampelplänen
Polen und Ungarn lassen Scholz bei erstem EU-Gipfel auflaufen
Von Pandemie-Problemen bis zum Ukraine-Konflikt: Bei Olaf Scholz' erstem Auftritt als Kanzler auf EU-Ebene stehen große Krisen auf dem Programm. Von manchem Regierungschef wird er kalt empfangen.
Euphorischer hätten die Lobeshymnen auf Angela Merkel kaum sein können, als sie im Oktober auf dem EU-Gipfel in Brüssel verabschiedet wurde. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis würdigte sie als "Stimme der Vernunft", der Luxemburger Xavier Bettel als "Kompromissmaschine" und EU-Ratspräsident Charles Michel bezeichnete sie sogar als "Monument". "Der Europäische Rat ohne Angela ist wie Rom ohne den Vatikan oder Paris ohne den Eiffelturm", sagte der Belgier über Merkel.
Die Fußstapfen, in die der neue Kanzler Olaf Scholz nun tritt, könnten also größer kaum sein. Der erste öffentliche Auftritt des SPD-Politikers bei seiner Gipfelpremiere am Donnerstag in Brüssel ist aber erst einmal sehr zurückhaltend und unspektakulär. Auf dem roten Teppich im EU-Ratsgebäude zählt der neue Kanzler kurz die Themen auf, um die es in den nächsten Stunden gehen wird: Flüchtlinge in Belarus, Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine, Corona-Pandemie. "Große Aufgaben also", sagt er. Immerhin beantwortet er noch zwei Journalistenfragen – was seine Vorgängerin in diesen Situationen stets vermieden hat.
Auch Scholz ist eher Pragmatiker als Vordenker
Klare Botschaften in Richtung Europa waren von Scholz allerdings am Tag vor dem Gipfel gekommen. "Das Gelingen Europas ist unser wichtigstes nationales Anliegen", sagte er in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag. Oder: "Zusammenhalt und Souveränität – das ist die Aufgabe für Europa. Für das Gelingen des souveränen Europas trägt unser Land eine besondere Verantwortung. Nicht nur wegen unserer Geschichte."
Wie er seine eigene Rolle in Europa sieht, hat Scholz bisher noch nicht verraten. Merkel ist in der Europäischen Union stets für ihr Krisenmanagement gefeiert worden. Ihr wurde aber immer vorgeworfen, dass sie in ihrer 16-jährigen Regierungszeit keine Vision für Europa entwickelt hat. Scholz ist genauso wie sie eher Pragmatiker als Vordenker. "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen", hatte sein Vorbild, der frühere Kanzler Helmut Schmidt, einmal gesagt.
Polens Ministerpräsident spricht von "Gleichschaltung"Der Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP gibt allerdings schon einige progressive Ideen zur Zukunft Europas her. Darin wird die Weiterentwicklung der EU zu einem "föderalen europäischen Bundesstaat" befürwortet. Dass das nicht überall gut ankommt, bekam Scholz bei seinem Antrittsbesuch in Warschau ziemlich deutlich zu spüren. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprach von "Gleichschaltung und Gleichmacherei", die seine Regierung ablehne.
Noch deutlicher wurde der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung: "Die neue linksliberale Regierung strebt weg von Kohls Europa der Vaterländer hin zu einer migrations- und genderfreundlichen, deutsch geprägten, zentralistischen Politik aus Brüssel. Hier stehen wir nicht mehr Seite an Seite."
Scholz betont französisch-deutsche Freundschaft
Der Gegenwind der beiden nationalkonservativen Regierungen kommt nicht überraschend. Viel wichtiger wird für Scholz aber sein, wie er mit seinem wichtigsten Verbündeten, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, zurecht kommt. Der hat im ersten Halbjahr 2022 die EU-Ratspräsidentschaft – und eine Wahl zu bestehen. Das könnte zu Profilierungsversuchen auf der europäischen Bühne führen.
Scholz versprach in seiner Regierungserklärung, dass er in Europa keine Initiative ohne Frankreich ergreifen werde. "Die deutsch-französische Verständigung ist die notwendige Bedingung für Fortschritt in Europa", sagte er.
Die Baustellen, die Merkel ihrem Nachfolger hinterlassen hat, sind jedenfalls groß. Gleich an seinem ersten Gipfeltag musste sich Scholz am Donnerstag mit dem eskalierenden Ukraine-Konflikt, den besorgniserregenden Entwicklungen in der Corona-Pandemie und dem für viele Menschen in der EU dramatischen Anstieg der Energiepreise beschäftigen.
Scholz wirbt in Ukraine-Konflikt für Treffen mit Putin
Öffentlich äußerte er sich zunächst nur zum Thema Russland. Mit Blick auf den aktuellen Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine betonte er, dass die Unverletzbarkeit der Grenzen eine der ganz wichtigen Grundlagen des Friedens in Europa sei. Man werde "alles dafür tun, dass es bei dieser Unverletzbarkeit tatsächlich bleibt".
Scholz hat schon in den vergangenen Tagen immer wieder klar gemacht, dass er dabei auf das sogenannte Normandie-Format setzt, in dem Deutschland und Frankreich seit Jahren versuchen, zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln. Auch Merkel hatte kurz vor dem Regierungswechsel noch versucht, ein Spitzentreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zustande zu bringen. Es gelang ihr nicht.
Massive Kritik an Ampelplänen
Polen und Ungarn lassen Scholz bei erstem EU-Gipfel auflaufen
Von Pandemie-Problemen bis zum Ukraine-Konflikt: Bei Olaf Scholz' erstem Auftritt als Kanzler auf EU-Ebene stehen große Krisen auf dem Programm. Von manchem Regierungschef wird er kalt empfangen.
Euphorischer hätten die Lobeshymnen auf Angela Merkel kaum sein können, als sie im Oktober auf dem EU-Gipfel in Brüssel verabschiedet wurde. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis würdigte sie als "Stimme der Vernunft", der Luxemburger Xavier Bettel als "Kompromissmaschine" und EU-Ratspräsident Charles Michel bezeichnete sie sogar als "Monument". "Der Europäische Rat ohne Angela ist wie Rom ohne den Vatikan oder Paris ohne den Eiffelturm", sagte der Belgier über Merkel.
Die Fußstapfen, in die der neue Kanzler Olaf Scholz nun tritt, könnten also größer kaum sein. Der erste öffentliche Auftritt des SPD-Politikers bei seiner Gipfelpremiere am Donnerstag in Brüssel ist aber erst einmal sehr zurückhaltend und unspektakulär. Auf dem roten Teppich im EU-Ratsgebäude zählt der neue Kanzler kurz die Themen auf, um die es in den nächsten Stunden gehen wird: Flüchtlinge in Belarus, Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine, Corona-Pandemie. "Große Aufgaben also", sagt er. Immerhin beantwortet er noch zwei Journalistenfragen – was seine Vorgängerin in diesen Situationen stets vermieden hat.
Auch Scholz ist eher Pragmatiker als Vordenker
Klare Botschaften in Richtung Europa waren von Scholz allerdings am Tag vor dem Gipfel gekommen. "Das Gelingen Europas ist unser wichtigstes nationales Anliegen", sagte er in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag. Oder: "Zusammenhalt und Souveränität – das ist die Aufgabe für Europa. Für das Gelingen des souveränen Europas trägt unser Land eine besondere Verantwortung. Nicht nur wegen unserer Geschichte."
Wie er seine eigene Rolle in Europa sieht, hat Scholz bisher noch nicht verraten. Merkel ist in der Europäischen Union stets für ihr Krisenmanagement gefeiert worden. Ihr wurde aber immer vorgeworfen, dass sie in ihrer 16-jährigen Regierungszeit keine Vision für Europa entwickelt hat. Scholz ist genauso wie sie eher Pragmatiker als Vordenker. "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen", hatte sein Vorbild, der frühere Kanzler Helmut Schmidt, einmal gesagt.
Der Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP gibt allerdings schon einige progressive Ideen zur Zukunft Europas her. Darin wird die Weiterentwicklung der EU zu einem "föderalen europäischen Bundesstaat" befürwortet. Dass das nicht überall gut ankommt, bekam Scholz bei seinem Antrittsbesuch in Warschau ziemlich deutlich zu spüren. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprach von "Gleichschaltung und Gleichmacherei", die seine Regierung ablehne.
Noch deutlicher wurde der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung: "Die neue linksliberale Regierung strebt weg von Kohls Europa der Vaterländer hin zu einer migrations- und genderfreundlichen, deutsch geprägten, zentralistischen Politik aus Brüssel. Hier stehen wir nicht mehr Seite an Seite."
Scholz betont französisch-deutsche Freundschaft
Der Gegenwind der beiden nationalkonservativen Regierungen kommt nicht überraschend. Viel wichtiger wird für Scholz aber sein, wie er mit seinem wichtigsten Verbündeten, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, zurecht kommt. Der hat im ersten Halbjahr 2022 die EU-Ratspräsidentschaft – und eine Wahl zu bestehen. Das könnte zu Profilierungsversuchen auf der europäischen Bühne führen.
Scholz versprach in seiner Regierungserklärung, dass er in Europa keine Initiative ohne Frankreich ergreifen werde. "Die deutsch-französische Verständigung ist die notwendige Bedingung für Fortschritt in Europa", sagte er.
Die Baustellen, die Merkel ihrem Nachfolger hinterlassen hat, sind jedenfalls groß. Gleich an seinem ersten Gipfeltag musste sich Scholz am Donnerstag mit dem eskalierenden Ukraine-Konflikt, den besorgniserregenden Entwicklungen in der Corona-Pandemie und dem für viele Menschen in der EU dramatischen Anstieg der Energiepreise beschäftigen.
Scholz wirbt in Ukraine-Konflikt für Treffen mit Putin
Öffentlich äußerte er sich zunächst nur zum Thema Russland. Mit Blick auf den aktuellen Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine betonte er, dass die Unverletzbarkeit der Grenzen eine der ganz wichtigen Grundlagen des Friedens in Europa sei. Man werde "alles dafür tun, dass es bei dieser Unverletzbarkeit tatsächlich bleibt".
Scholz hat schon in den vergangenen Tagen immer wieder klar gemacht, dass er dabei auf das sogenannte Normandie-Format setzt, in dem Deutschland und Frankreich seit Jahren versuchen, zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln. Auch Merkel hatte kurz vor dem Regierungswechsel noch versucht, ein Spitzentreffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zustande zu bringen. Es gelang ihr nicht.
Zitat von Gast am 29. Dezember 2021, 12:26 UhrKonjunkturhilfen : Plötzlich machtvoll: Wie die EU-Kommission mit Corona-Milliarden die Länder dirigiert
Die EU nutzt das Corona-Konjunkturpaket, um in die Politik der Länder einzugreifen. Beginnt damit die Ära einer neuen, kraftvollen EU-Wirtschaftspolitik?Unter dem Mittelmeer ist das EU-Geld gut angelegt. 5000 Kilometer Kabel sollen demnächst die griechischen Inseln vom Festland aus mit Strom versorgen. Dann könnten dort die inneffizienten, mit Schweröl betriebenen Generatoren abgeschaltet werden. Das schützt das Klima, sorgt für saubere Luft und senkt die Stromkosten.
80 Euro kostet die Produktion einer Megawattstunde auf dem Festland. Auf der Insel Antikythira sind es 1297 Euro, auf Agathonissi sogar 2239 Euro. So, wie es in Griechenland läuft, sieht man es in Brüssel gern: Alte Technik wird abgeschaltet, stattdessen werden die Inseln smart vernetzt. Und das alles mit Geld aus dem Corona-Wiederaufbaufonds.Im Jahr 2022 wird die EU-Kommission in vielen Fällen entscheiden müssen, ob mit dem Geld gut umgegangen wird. Es ist die Stunde der Wahrheit für das historische Konjunkturpaket, auf das sich die EU-Mitgliedstaaten angesichts der Pandemieschäden geeinigt haben – und das viele Regierungen als einmaliges Projekt in einer einmaligen Ausnahmesituation sehen, andere aber gern zum Vorbild machen würden für viele weitere Fonds.
Windparks ließen sich so finanzieren, Wasserstoff-Produktion oder Chip-Fabriken. Das würde die EU verändern.
Der Fonds hat Macht nach Brüssel verlagert, genauer gesagt: in die EU-Kommission. Das liegt nicht nur an den großen Summen, um die es geht, immerhin ist das Paket 750 Milliarden Euro schwer. Es liegt auch an der Methode, wie dieses Geld vergeben wird.
Um die übliche Bürokratie zu vermeiden, hat die EU ihr System auf den Kopf gestellt. Anstatt selbst Rechnungen zu übernehmen, vereinbart die EU-Kommission mit den Regierungen Ziele, die mit dem Geld erreicht werden sollen.
Was wie eine rein technische Änderung klingt, hat massive Auswirkungen. Die Kommission gibt die Verantwortung für Details ab, kann aber machtvoll in die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten eingreifen.
Solange ihr die vorgelegten Ziele nicht passen, kann sie die Milliarden zurückhalten, die in den Ländern dringend gebraucht werden. Zusätzlich zu Investitionsplänen verlangt sie auch Reformpläne.
Troika mit anderen Vorzeichen
Die Methode erinnert ein wenig an die Troika, die nach der Finanzkrise 2008 vor allem gegen einen Staatsbankrott Griechenlands ankämpfte. Auch damals bekam das Land Kredite, die an Reformen gebunden waren.
Allerdings sind dieses Mal die Vorzeichen umgedreht: Die Länder sollen nicht sparen, sondern investieren. Sozialkürzungen und Privatisierungen schreibt die Kommission dieses Mal nicht vor.
Stattdessen stehen auf den Reformlisten Punkte zur Modernisierung der Verwaltung, zur Digitalisierung und zum grünen Umbau der Wirtschaft. So hat Italien in den letzten Wochen des Jahres eine überfällige Reform des Zivilrechts umgesetzt, das Straf- und Insolvenzrecht modernisiert und mit einem Dekret die Prozesse in der öffentlichen Verwaltung etwa bei Ausschreibungen beschleunigt.
In Griechenland wurde der Katastrophenschutz gestärkt. In Spanien stehen eine Renten- und eine Arbeitsmarktreform an. Beide sind kompliziert umzusetzen, der Druck aus Brüssel soll nun helfen.
Was vergleichbar ist mit der Troika-Politik: Die Reformagenda braucht die Zustimmung der Beamten aus Brüssel. Sie drücken der Politik in den Mitgliedstaaten damit ihren Stempel auf.
Grundlage dafür ist das „Europäische Semester“, bei dem die Kommission einmal jährlich die Wirtschaftspolitik der Regierungen untersucht und Reformen vorschlägt. Bisher kamen dabei unverbindliche Empfehlungen heraus. Nun ist viel Geld damit verknüpft.
Das kann gut funktionieren, wie das Beispiel der griechischen Inseln zeigt. Die EU schießt nicht nur Geld zu, sie verlangte auch ein vereinfachtes Vergabeverfahren. Dadurch konnten die Investitionen schneller beschlossen werden – gegen die Lobbyinteressen von Öllieferanten und Kraftwerksbetreibern.
„Bisher wurden die Reformempfehlungen der EU-Kommission an die Mitgliedstaaten selten beachtet“, sagt Nils Redeker von der Hertie School in Berlin. „Jetzt kann die Kommission die Auszahlung von Wiederaufbaugeldern erstmals an die Umsetzung von Reformen knüpfen.“
Viel Macht für Brüssel
Aber wie es zu solchen Reformen kommt, welche Seite sie vorschlägt, wer die Details festlegt – das bleibt im Dunkeln. Denn die Reform- und Investitionspläne entstehen im monatelangen Austausch zwischen den Regierungen und einer Taskforce der EU-Kommission. Veröffentlicht werden sie erst, wenn sie reif für die Genehmigung sind. Zwischenstände drangen bisher kaum nach außen.
Darum lässt sich schwer sagen, wie fair die Kommission die Pläne bewertet hat. Elf Kriterien müssen die Pläne erfüllen. So müssen sie eine positive Auswirkung auf den Arbeitsmarkt erwarten lassen und Maßnahmen enthalten, die den ökologischen Wandel und die Digitalisierung unterstützen.
Ob diese Anforderungen ausreichend erfüllt werden, ist aber immer auch eine Ermessensfrage, die am Ende von Taskforce-Beamten der Kommission beantwortet werden muss. Den Leitfaden, den sich die Beamten der Kommission für ihre Bewertung gegeben haben, veröffentlichten sie bisher nicht.
Die Abgeordneten des Europaparlaments würden gern genauer prüfen, wie die Kommission arbeitet. Doch dazu reichen die vorhandenen Informationen nicht aus, sagt Markus Ferber (CSU): „Es geht der Kommission darum, möglichst schnell möglichst viel Geld zu verteilen, um ihr eigenes Ansehen zu verbessern“, kritisiert er. „Die Kommission überschüttet uns mit Informationen. Aber die Informationen, die wir anfragen, bekommen wir nicht.“
Der Europäische Rechnungshof hat damit begonnen, einige der Entscheidungen der Taskforce nachzuvollziehen. Die Prüfer arbeiten sich dazu durch eine Masse an Sitzungsprotokollen und E-Mails, die zwischen Brüssel und den nationalen Regierungen hin und her gegangen sind. Mehr haben sie nicht, um zu bewerten, ob die Kommission ihre eigenen Maßstäbe eingehalten hat.
Bisher haben 22 der 27 Länder eine erste Zahlung bekommen, die in der Kommission als „Vorfinanzierung“ bezeichnet wird. 58 Milliarden Euro flossen bisher, etwa ein Drittel davon muss zurückgezahlt werden, der Rest nicht. Vor allen weiteren Zahlungen will die Kommission jeweils prüfen, ob die vereinbarten Reformen umgesetzt wurden.
Von den Ergebnissen wird abhängen, ob der Wiederaufbaufonds zum Vorbild für eine neue Wirtschaftspolitik der EU werden kann. Linke Politiker wünschen sich das, um in Klimaschutz oder strategische Industrieprojekte investieren zu können.
Konservative Parteien und die nordeuropäischen Staaten lehnen das ab. In der deutschen Koalition ist die FDP dagegen, SPD und Grüne dafür. Der Koalitionsvertrag bleibt an dem Punkt vage.
Freuen würde sich die Finanzindustrie. Denn, auch das ist neu, der Fonds wird über Schulden finanziert. Und die Investoren sind interessiert an den sicheren Anleihen, die dabei entstehen. Die entsprechenden Bonds waren im Sommer elffach überzeichnet – trotz der sehr niedrigen Renditen.
Christian Kopf, Anleihechef beim genossenschaftlichen Fondshaus Union Investment, erklärt das so: „Private Anleger weltweit suchen händeringend nach sicheren Kapitalanlagen.“
Investoren wie Kopf würden es begrüßen, wenn die EU auch dauerhaft neue Anleihen in großem Stil auf den Markt bringt. Damit könnten die EU-Anleihen „mittelfristig eine Alternative zu US-Staatsanleihen werden“. Eine dauerhafte Kreditfinanzierung des EU-Haushalts würde jedoch nach Ansicht von Kopf eine Änderung der Europäischen Verträge erfordern.
Ob die Investoren die Chance zu einer Fortsetzung bekommen, hängt von den Ergebnissen in den Mitgliedsländern ab. Wie gut die sind, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Aber erste Chancen und Probleme lassen sich schon jetzt erkennen.
Analysten verlieren den Überblick
Ein Problem ist die Geschwindigkeit. Damit ein Konjunkturpaket wirkt, darf es nicht zu spät kommen. Die neue Auszahlungsmethode kann für Geschwindigkeit sorgen – wenn auch die Verwaltung in den Ländern mitspielt.
Spanien war zwar schneller als alle anderen. Es hat als erstes Land eine zweite Tranche erhalten und will schon 2023 das Gros seiner 69,5 Milliarden Euro an nicht rückzahlbaren Transfers ausgegeben haben. Dennoch sind die Unternehmen von langsamen Ausschreibungen genervt.
„Einige haben gedacht, sie müssten der Regierung nur ihren Plan vorstellen und würden gleich mit dem Geld nach Hause gehen“, sagt Chus Escobar, die für EAMPERSANDY die spanische Regierung bei der Entwicklung des Wiederaufbauplans beraten hat. Dabei dauerten gerade öffentliche Ausschreibungen immer ihre Zeit und müssten bestimmte Fristen einhalten.
In Italien sind es die Gemeinden, bei denen es an Personal und an Kompetenzen mangelt. 50 Milliarden Euro sollen auf Ebene der Kommunen ausgegeben werden. Aber diese sind möglicherweise gar nicht in der Lage, die Gelder schnell und effizient genug auszugeben. Helfen sollen ganze 1000 zusätzliche Beamte, deren Verträge bis zum Auslaufen des Fonds befristetet werden.
Schnell geht es immer dort, wo das EU-Geld in solche Projekte fließt, die ohnehin geplant waren. Zwar ist es nicht gern gesehen, nationale Mittel einfach durch EU-Mittel zu ersetzen. Denn dann kann es keinen zusätzlichen Konjunktureffekt geben.
Aber Projekte auszuweiten ist schon möglich. So fließen in Spanien die ersten Gelder in den 5G-Ausbau, Subventionen für E-Autos und die Isolierung von Häusern. Die Programme gab es schon vorher, jetzt wurden sie beschleunigt.
Welche Effekte das Konjunkturprogramm am Ende tatsächlich hatte, wird eine ökonomische Spurensuche. Denn den Überblick zu behalten ist schwierig. „Selbst wir finden uns in den Daten der Regierung zu den bereits geflossenen Geldern nicht zurecht, weil man dafür die Haushaltsabschlüsse der einzelnen Verwaltungen braucht“, sagt Escobar.
Der Europäische Rechnungshof sieht seine Aufgabe darin, die Bewertungen der Kommission zu untersuchen. Wie dann in den Mitgliedstaaten mit dem Geld tatsächlich umgegangen wird, muss dort kontrolliert werden.
Reformen lassen sich schwer diktieren
Auch die Reformen nachzuhalten ist nicht einfach. Allerdings gibt es mittlerweile einige Erfahrung darin, die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten zu überwachen. Allein die erste Analyse der Reformen für Spanien enthält 52 Einzelmaßnahmen, die jeweils auf einer knappen Seite zusammengefasst werden.
Schwierig könnte es werden, wenn eine Regierung versucht, die Vorgaben zu umgehen. In manchen Ländern wie Italien werden viele Reformen nur per Verordnung umgesetzt, nicht per Gesetz. Dadurch würden sie sich auch schnell zurücknehmen lassen. „Kästchen abhaken“ nennt man es in der EU, wenn die Liste abgearbeitet wird, ohne dass die Regierung dahintersteht.
Ein ähnliches Problem kann entstehen, wenn die Regierung während des Reformprozesses wechselt. In Schweden führt die neue Ministerpräsidentin Magdalena Andersson eine Minderheitsregierung, ist also auf die Opposition angewiesen. Und diese fordert, den Wiederaufbauplan umzuschreiben.
Statt in die Strominfrastruktur für Wohnungen zu investieren, will sie das Geld für Ladesäulen, in der Pflege und für neue Jobs ausgeben. Allerdings würde so kaum die Vorgabe erfüllt, einen Großteil der Gelder für Digitalisierung und Klimaschutz zu verwenden.
Der Spielraum, den die Kommission bei ihren Bewertungen hat, könnte auch zu Vermischungen mit ungelösten Konflikten führen. Auffällig ist, dass sich Polen und Ungarn mit der Kommission noch nicht auf nationale Wiederaufbaupläne einigen konnten. Beide Länder liegen mit der Kommission im Dauerstreit.
Nutzt die Kommission ihre Macht aus? In den Regeln des Wiederaufbaufonds ist festgehalten, dass sich die Mitgliedstaaten zur Rechtsstaatlichkeit bekennen müssen, bevor sie Geld erhalten. Immerhin muss die korrekte Verwendung des Geldes gesichert sein. Wie konkret so eine Zusage sein müsste, ist aber umstritten.
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki drohte der Kommission bereits: „Wenn sie den dritten Weltkrieg beginnen, werden wir unsere Rechte mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen.“ Typischerweise wäre das eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dafür bräuchte es aber erst einmal einen Antrag und eine Ablehnung der Kommission.
In Deutschland gibt es noch ein ganz anderes Problem mit dem Fonds. Der große Vorteil der gemeinsamen Verschuldung in der EU sind die niedrigen Zinsen, denn die Anleihen gelten als ausfallsicher.
Allerdings ist das bei Bundesanleihen genauso. Auch Deutschland kann sich dafür bezahlen lassen, dass es sich Geld an den Finanzmärkten leiht. Es ist also gar nicht darauf angewiesen, sich für Investitionen Geld aus Brüssel zu holen.
Einen indirekten Nutzen hat Deutschland vom Wiederaufbaufonds trotzdem: Laut einem Diskussionspapier aus der EU-Kommission wird das Wachstum in Deutschland zwar nur relativ wenig von den Geldern aus Brüssel profitieren. Durch die Nachfrageeffekte aus anderen Ländern wird der Effekt aber mehr als verdoppelt.
Konjunkturhilfen : Plötzlich machtvoll: Wie die EU-Kommission mit Corona-Milliarden die Länder dirigiert
Unter dem Mittelmeer ist das EU-Geld gut angelegt. 5000 Kilometer Kabel sollen demnächst die griechischen Inseln vom Festland aus mit Strom versorgen. Dann könnten dort die inneffizienten, mit Schweröl betriebenen Generatoren abgeschaltet werden. Das schützt das Klima, sorgt für saubere Luft und senkt die Stromkosten.
Im Jahr 2022 wird die EU-Kommission in vielen Fällen entscheiden müssen, ob mit dem Geld gut umgegangen wird. Es ist die Stunde der Wahrheit für das historische Konjunkturpaket, auf das sich die EU-Mitgliedstaaten angesichts der Pandemieschäden geeinigt haben – und das viele Regierungen als einmaliges Projekt in einer einmaligen Ausnahmesituation sehen, andere aber gern zum Vorbild machen würden für viele weitere Fonds.
Windparks ließen sich so finanzieren, Wasserstoff-Produktion oder Chip-Fabriken. Das würde die EU verändern.
Der Fonds hat Macht nach Brüssel verlagert, genauer gesagt: in die EU-Kommission. Das liegt nicht nur an den großen Summen, um die es geht, immerhin ist das Paket 750 Milliarden Euro schwer. Es liegt auch an der Methode, wie dieses Geld vergeben wird.
Um die übliche Bürokratie zu vermeiden, hat die EU ihr System auf den Kopf gestellt. Anstatt selbst Rechnungen zu übernehmen, vereinbart die EU-Kommission mit den Regierungen Ziele, die mit dem Geld erreicht werden sollen.
Was wie eine rein technische Änderung klingt, hat massive Auswirkungen. Die Kommission gibt die Verantwortung für Details ab, kann aber machtvoll in die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten eingreifen.
Solange ihr die vorgelegten Ziele nicht passen, kann sie die Milliarden zurückhalten, die in den Ländern dringend gebraucht werden. Zusätzlich zu Investitionsplänen verlangt sie auch Reformpläne.
Troika mit anderen Vorzeichen
Die Methode erinnert ein wenig an die Troika, die nach der Finanzkrise 2008 vor allem gegen einen Staatsbankrott Griechenlands ankämpfte. Auch damals bekam das Land Kredite, die an Reformen gebunden waren.
Allerdings sind dieses Mal die Vorzeichen umgedreht: Die Länder sollen nicht sparen, sondern investieren. Sozialkürzungen und Privatisierungen schreibt die Kommission dieses Mal nicht vor.
Stattdessen stehen auf den Reformlisten Punkte zur Modernisierung der Verwaltung, zur Digitalisierung und zum grünen Umbau der Wirtschaft. So hat Italien in den letzten Wochen des Jahres eine überfällige Reform des Zivilrechts umgesetzt, das Straf- und Insolvenzrecht modernisiert und mit einem Dekret die Prozesse in der öffentlichen Verwaltung etwa bei Ausschreibungen beschleunigt.
In Griechenland wurde der Katastrophenschutz gestärkt. In Spanien stehen eine Renten- und eine Arbeitsmarktreform an. Beide sind kompliziert umzusetzen, der Druck aus Brüssel soll nun helfen.
Was vergleichbar ist mit der Troika-Politik: Die Reformagenda braucht die Zustimmung der Beamten aus Brüssel. Sie drücken der Politik in den Mitgliedstaaten damit ihren Stempel auf.
Grundlage dafür ist das „Europäische Semester“, bei dem die Kommission einmal jährlich die Wirtschaftspolitik der Regierungen untersucht und Reformen vorschlägt. Bisher kamen dabei unverbindliche Empfehlungen heraus. Nun ist viel Geld damit verknüpft.
Das kann gut funktionieren, wie das Beispiel der griechischen Inseln zeigt. Die EU schießt nicht nur Geld zu, sie verlangte auch ein vereinfachtes Vergabeverfahren. Dadurch konnten die Investitionen schneller beschlossen werden – gegen die Lobbyinteressen von Öllieferanten und Kraftwerksbetreibern.
„Bisher wurden die Reformempfehlungen der EU-Kommission an die Mitgliedstaaten selten beachtet“, sagt Nils Redeker von der Hertie School in Berlin. „Jetzt kann die Kommission die Auszahlung von Wiederaufbaugeldern erstmals an die Umsetzung von Reformen knüpfen.“
Viel Macht für Brüssel
Aber wie es zu solchen Reformen kommt, welche Seite sie vorschlägt, wer die Details festlegt – das bleibt im Dunkeln. Denn die Reform- und Investitionspläne entstehen im monatelangen Austausch zwischen den Regierungen und einer Taskforce der EU-Kommission. Veröffentlicht werden sie erst, wenn sie reif für die Genehmigung sind. Zwischenstände drangen bisher kaum nach außen.
Darum lässt sich schwer sagen, wie fair die Kommission die Pläne bewertet hat. Elf Kriterien müssen die Pläne erfüllen. So müssen sie eine positive Auswirkung auf den Arbeitsmarkt erwarten lassen und Maßnahmen enthalten, die den ökologischen Wandel und die Digitalisierung unterstützen.
Ob diese Anforderungen ausreichend erfüllt werden, ist aber immer auch eine Ermessensfrage, die am Ende von Taskforce-Beamten der Kommission beantwortet werden muss. Den Leitfaden, den sich die Beamten der Kommission für ihre Bewertung gegeben haben, veröffentlichten sie bisher nicht.
Die Abgeordneten des Europaparlaments würden gern genauer prüfen, wie die Kommission arbeitet. Doch dazu reichen die vorhandenen Informationen nicht aus, sagt Markus Ferber (CSU): „Es geht der Kommission darum, möglichst schnell möglichst viel Geld zu verteilen, um ihr eigenes Ansehen zu verbessern“, kritisiert er. „Die Kommission überschüttet uns mit Informationen. Aber die Informationen, die wir anfragen, bekommen wir nicht.“
Der Europäische Rechnungshof hat damit begonnen, einige der Entscheidungen der Taskforce nachzuvollziehen. Die Prüfer arbeiten sich dazu durch eine Masse an Sitzungsprotokollen und E-Mails, die zwischen Brüssel und den nationalen Regierungen hin und her gegangen sind. Mehr haben sie nicht, um zu bewerten, ob die Kommission ihre eigenen Maßstäbe eingehalten hat.
Bisher haben 22 der 27 Länder eine erste Zahlung bekommen, die in der Kommission als „Vorfinanzierung“ bezeichnet wird. 58 Milliarden Euro flossen bisher, etwa ein Drittel davon muss zurückgezahlt werden, der Rest nicht. Vor allen weiteren Zahlungen will die Kommission jeweils prüfen, ob die vereinbarten Reformen umgesetzt wurden.
Von den Ergebnissen wird abhängen, ob der Wiederaufbaufonds zum Vorbild für eine neue Wirtschaftspolitik der EU werden kann. Linke Politiker wünschen sich das, um in Klimaschutz oder strategische Industrieprojekte investieren zu können.
Konservative Parteien und die nordeuropäischen Staaten lehnen das ab. In der deutschen Koalition ist die FDP dagegen, SPD und Grüne dafür. Der Koalitionsvertrag bleibt an dem Punkt vage.
Freuen würde sich die Finanzindustrie. Denn, auch das ist neu, der Fonds wird über Schulden finanziert. Und die Investoren sind interessiert an den sicheren Anleihen, die dabei entstehen. Die entsprechenden Bonds waren im Sommer elffach überzeichnet – trotz der sehr niedrigen Renditen.
Christian Kopf, Anleihechef beim genossenschaftlichen Fondshaus Union Investment, erklärt das so: „Private Anleger weltweit suchen händeringend nach sicheren Kapitalanlagen.“
Investoren wie Kopf würden es begrüßen, wenn die EU auch dauerhaft neue Anleihen in großem Stil auf den Markt bringt. Damit könnten die EU-Anleihen „mittelfristig eine Alternative zu US-Staatsanleihen werden“. Eine dauerhafte Kreditfinanzierung des EU-Haushalts würde jedoch nach Ansicht von Kopf eine Änderung der Europäischen Verträge erfordern.
Ob die Investoren die Chance zu einer Fortsetzung bekommen, hängt von den Ergebnissen in den Mitgliedsländern ab. Wie gut die sind, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Aber erste Chancen und Probleme lassen sich schon jetzt erkennen.
Analysten verlieren den Überblick
Ein Problem ist die Geschwindigkeit. Damit ein Konjunkturpaket wirkt, darf es nicht zu spät kommen. Die neue Auszahlungsmethode kann für Geschwindigkeit sorgen – wenn auch die Verwaltung in den Ländern mitspielt.
Spanien war zwar schneller als alle anderen. Es hat als erstes Land eine zweite Tranche erhalten und will schon 2023 das Gros seiner 69,5 Milliarden Euro an nicht rückzahlbaren Transfers ausgegeben haben. Dennoch sind die Unternehmen von langsamen Ausschreibungen genervt.
„Einige haben gedacht, sie müssten der Regierung nur ihren Plan vorstellen und würden gleich mit dem Geld nach Hause gehen“, sagt Chus Escobar, die für EAMPERSANDY die spanische Regierung bei der Entwicklung des Wiederaufbauplans beraten hat. Dabei dauerten gerade öffentliche Ausschreibungen immer ihre Zeit und müssten bestimmte Fristen einhalten.
In Italien sind es die Gemeinden, bei denen es an Personal und an Kompetenzen mangelt. 50 Milliarden Euro sollen auf Ebene der Kommunen ausgegeben werden. Aber diese sind möglicherweise gar nicht in der Lage, die Gelder schnell und effizient genug auszugeben. Helfen sollen ganze 1000 zusätzliche Beamte, deren Verträge bis zum Auslaufen des Fonds befristetet werden.
Schnell geht es immer dort, wo das EU-Geld in solche Projekte fließt, die ohnehin geplant waren. Zwar ist es nicht gern gesehen, nationale Mittel einfach durch EU-Mittel zu ersetzen. Denn dann kann es keinen zusätzlichen Konjunktureffekt geben.
Aber Projekte auszuweiten ist schon möglich. So fließen in Spanien die ersten Gelder in den 5G-Ausbau, Subventionen für E-Autos und die Isolierung von Häusern. Die Programme gab es schon vorher, jetzt wurden sie beschleunigt.
Welche Effekte das Konjunkturprogramm am Ende tatsächlich hatte, wird eine ökonomische Spurensuche. Denn den Überblick zu behalten ist schwierig. „Selbst wir finden uns in den Daten der Regierung zu den bereits geflossenen Geldern nicht zurecht, weil man dafür die Haushaltsabschlüsse der einzelnen Verwaltungen braucht“, sagt Escobar.
Der Europäische Rechnungshof sieht seine Aufgabe darin, die Bewertungen der Kommission zu untersuchen. Wie dann in den Mitgliedstaaten mit dem Geld tatsächlich umgegangen wird, muss dort kontrolliert werden.
Reformen lassen sich schwer diktieren
Auch die Reformen nachzuhalten ist nicht einfach. Allerdings gibt es mittlerweile einige Erfahrung darin, die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten zu überwachen. Allein die erste Analyse der Reformen für Spanien enthält 52 Einzelmaßnahmen, die jeweils auf einer knappen Seite zusammengefasst werden.
Schwierig könnte es werden, wenn eine Regierung versucht, die Vorgaben zu umgehen. In manchen Ländern wie Italien werden viele Reformen nur per Verordnung umgesetzt, nicht per Gesetz. Dadurch würden sie sich auch schnell zurücknehmen lassen. „Kästchen abhaken“ nennt man es in der EU, wenn die Liste abgearbeitet wird, ohne dass die Regierung dahintersteht.
Ein ähnliches Problem kann entstehen, wenn die Regierung während des Reformprozesses wechselt. In Schweden führt die neue Ministerpräsidentin Magdalena Andersson eine Minderheitsregierung, ist also auf die Opposition angewiesen. Und diese fordert, den Wiederaufbauplan umzuschreiben.
Statt in die Strominfrastruktur für Wohnungen zu investieren, will sie das Geld für Ladesäulen, in der Pflege und für neue Jobs ausgeben. Allerdings würde so kaum die Vorgabe erfüllt, einen Großteil der Gelder für Digitalisierung und Klimaschutz zu verwenden.
Der Spielraum, den die Kommission bei ihren Bewertungen hat, könnte auch zu Vermischungen mit ungelösten Konflikten führen. Auffällig ist, dass sich Polen und Ungarn mit der Kommission noch nicht auf nationale Wiederaufbaupläne einigen konnten. Beide Länder liegen mit der Kommission im Dauerstreit.
Nutzt die Kommission ihre Macht aus? In den Regeln des Wiederaufbaufonds ist festgehalten, dass sich die Mitgliedstaaten zur Rechtsstaatlichkeit bekennen müssen, bevor sie Geld erhalten. Immerhin muss die korrekte Verwendung des Geldes gesichert sein. Wie konkret so eine Zusage sein müsste, ist aber umstritten.
Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki drohte der Kommission bereits: „Wenn sie den dritten Weltkrieg beginnen, werden wir unsere Rechte mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen.“ Typischerweise wäre das eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dafür bräuchte es aber erst einmal einen Antrag und eine Ablehnung der Kommission.
In Deutschland gibt es noch ein ganz anderes Problem mit dem Fonds. Der große Vorteil der gemeinsamen Verschuldung in der EU sind die niedrigen Zinsen, denn die Anleihen gelten als ausfallsicher.
Allerdings ist das bei Bundesanleihen genauso. Auch Deutschland kann sich dafür bezahlen lassen, dass es sich Geld an den Finanzmärkten leiht. Es ist also gar nicht darauf angewiesen, sich für Investitionen Geld aus Brüssel zu holen.
Einen indirekten Nutzen hat Deutschland vom Wiederaufbaufonds trotzdem: Laut einem Diskussionspapier aus der EU-Kommission wird das Wachstum in Deutschland zwar nur relativ wenig von den Geldern aus Brüssel profitieren. Durch die Nachfrageeffekte aus anderen Ländern wird der Effekt aber mehr als verdoppelt.
Zitat von Gast am 10. Januar 2022, 14:57 UhrPolitische Alleingänge
Nun rächen sich die größten Fehler der Angela M.
Überhastet steigt Deutschland aus der Atomenergie aus. Nun leidet die Ampelkoalition unter der Fehlentscheidung von Angela Merkel. Denn die Bundesrepublik ist in Europa isoliert.
Leider war ich erst einmal in meinem Leben in Finnland, nur für einen Tag in Helsinki, auf Recherche für eine Geschichte über den Niedergang von Nokia. Aber es hat gereicht, um einen angenehmen Eindruck von diesem Land zu bekommen. Wälder, Wasser, Weiten, und ein tolles Licht dazu.
Finnland ist ungefähr so groß wie Deutschland, aber pro Quadratkilometer leben dort nur 16,4 Einwohner im Vergleich zu 232 in der Bundesrepublik. Dazu eine Küste von über 1.000 Kilometern, die Küstenlinie beträgt sogar 4.600 Kilometer. Der Wind bläst im Durchschnitt mit 9 bis 9,5 Meter pro Sekunde, mehr als in Deutschland. Es ist etwas kühler in Finnland, aber Regen- und Sonnentage halten sich mit Deutschland in etwa die Waage.
Ideale Bedingungen für Wind und Wasserkraft. Menschenleere Weiten, Platz für Windräder, dort, wie sie kaum einer sieht und sie keinen stören. 52 Prozent immerhin betrug 2020 auch der Anteil der erneuerbaren Energien beim nordischen Nachbarn. Davon vor allem Wasser und etwas weniger Wind, der Rest Holz.
Finnland hat auch an die Endlagerung gedacht
Und trotzdem baut Finnland zurzeit neue Atomkraftwerke, Druckwasserreaktoren. Weil es auch bis 2030, wie Deutschland, endgültig von der Kohle weg sein will und bis 2035 klimaneutral. Und die Finnen beschlossen haben, dass sie trotz vergleichsweise paradiesischer Bedingungen für Wasser- und Windkraft das eben ohne Kernkraft nicht schaffen. Klugerweise haben sie auch gleich ans Ende gedacht. Der Standort für ein sicheres Endlager ist gefunden und von der Bevölkerung akzeptiert. Bis 2025 soll es fertig sein.
Deutschland hat sich hingegen in einem landestypischen Anfall von überschießendem Idealismus dem doppelten Ausstieg verschrieben. Raus aus der Kohle und raus aus der Kernkraft. Während anderswo neue Reaktoren gebaut werden, gehen hier dieses Jahr die letzten sechs verbliebenen vom Netz. Zum Jahreswechsel waren es bereits drei davon. Angela Merkel hatte da nochmals den Booster eingeschaltet.
Erst hatte sie den rot-grünen Atomausstieg zurückgenommen beziehungsweise gestreckt, dann, als sie sah, dass das in dem ihr mental unbekannten Westen der Republik nicht gut ankam, anlässlich des Tsunamis und der daraus resultierenden Havarie des Kraftwerks von Fukushima abrupt beendet. "Angela Merkel kam Fukushima gerade recht", sagte mir damals unvergessen Klaus Töpfer, die CDU-Umwelt-Ikone. Ihn machte die Kanzlerin zum Vorsitzenden einer einschlägigen Kommission.
Niemand reitet bei der deutschen Energiepolitik mit
Vorreiter wollte Deutschland damit sein. Das Problem: Es reitet keiner mit. In der Europäischen Union hat es die neue Bundesregierung über den Jahreswechsel mit einem politischen Atomschlag vor allem des Nachbarn Frankreich zu tun bekommen. Dessen Präsident Emmanuel Macron ist die treibende Kraft hinter einem Plan, dass Kernkraft ebenso wie Gas zu den grünen, den guten Energien gerechnet wird. Und damit in den Genuss von Investitionen im Zuge des Green Deal, den die deutsche Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beherzt ausgerufen hat.
Dahinter stecken eigennützige Motive. Frankreich besitzt in Europa die am weitesten entwickelte Expertise in der Nuklearindustrie. Das geht noch auf Charles de Gaulle zurück. Und hat seine Ausprägung auch darin, dass nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU Frankreich die einzige verbliebene militärische Atommacht des Bündnisses ist.
Atommüll ins All schießen
Aber es ist auch schlicht vernünftig. Unbestreitbar ist die Kernenergie eine in Emissionshinsicht saubere Energie. Zwar hinterlässt sie fast ewig strahlenden gefährlichen Müll. Aber das Entsorgungsproblem ist lösbar. Auf dieser Erde oder woanders. Bevor man Milliardäre für Unsummen auf dekadente Vergnügungsflüge ins All schickt, sollte man vielleicht lieber darüber nachdenken, diese CO2-Emissionen solcher Weltraumflüge in Kauf zu nehmen dafür, dass man die Brennstäbe auf einen Planeten schießt, auf dem garantiert nie Leben war und auch garantiert nie welches sein wird. Man muss deshalb Atomkraft wahrlich nicht glorifizieren. Aber man sollte sie als Brückentechnologie nutzen, bis sich die Technologien im erneuerbaren Bereich weiterentwickelt haben werden.
So aber blickt der grüblerische und vernunftbegabte neue Fachminister für diese Frage auf eine gähnende Energielücke, die vor ihm klafft und sich immer weiter auftut – je mehr Atomkraftwerke abgeschaltet und E-Autos angemeldet werden. Tendenz stark steigend, was ja gut ist.
Die beiden größten Fehler der Kanzlerin
Fast 2.000 Windräder mit ihren immer mächtiger werdenden Rotoren muss Habeck in Deutschland jedes Jahr bauen lassen, um das Land 2030 zu 80 Prozent auf Erneuerbare umgestellt zu haben. 31.000 dieser stählernen Riesen standen in Deutschland im Jahr 2021 bereits. Mehr als die Hälfte zusätzlich würden die fast 20.000 zusätzlich benötigten bis 2030 also bedeuten.
Was das heißt, mag man sich bei einer Autofahrt etwa auf der A9 bildlich vor Augen führen. Mal zum Fenster rausgeschaut auf der Höhe der Raststätte Köckern zwischen Leipzig und Dessau? Klar, man kann sagen: nichts wie weg hier. Und: ist eh eine nicht besonders attraktive Gegend. Aber die Menschen, die dort leben, haben diesen gigantischen Stangenwald jeden Tag vor der Haustür und im Blickfeld.
Atommüll strahlt sehr lange. Das politische Erbe von Angela Merkel auch. Der überhastete Atomausstieg nach Fukushima war eine der beiden eklatantesten, impulsgesteuerten Fehlleistungen ihrer Amtszeit. So wie ihre Flüchtlingspolitik. Beide werden noch über Jahrzehnte unselig nachwirken. Die Effekte stellen sich erst jetzt allmählich ein. Sie überdauern ihre Amtszeit für Jahrzehnte.
Und die beiden Fehler greifen in ihren politischen Folgen im Bündnis unselig ineinander. Beide Male hat Merkel in der EU einen Alleingang hingelegt. Weder in der einen noch in der anderen Sache folgte ihr die Mehrheit der EU-Mitglieder. Und jetzt ist die Zeit fürs Rückspiel. Die Reihen haben sich geschlossen: vom Ungarn Viktor Orbán über Mario Draghi in Italien bis zu Emmanuel Macron. Es nicht mehr so zu machen, wie es Deutschland vorgegeben hat. Sondern die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Mit dem schroffen Atomausstieg hat sich Deutschland nicht nur selbst geschadet, sondern auch seine Position in der Europäischen Union nachhaltig geschwächt. Die neue Regierung bekommt das jetzt zu spüren. Es geht hier um mehr als die künftige Energieversorgung auf diesem Kontinent. Ein neues Machtgefüge etabliert sich da gerade. Eines, in dem Deutschland weniger zu melden hat. Zahlmeister darf es gerne bleiben. Lehrmeister nicht mehr.
Politische Alleingänge
Nun rächen sich die größten Fehler der Angela M.
Überhastet steigt Deutschland aus der Atomenergie aus. Nun leidet die Ampelkoalition unter der Fehlentscheidung von Angela Merkel. Denn die Bundesrepublik ist in Europa isoliert.
Leider war ich erst einmal in meinem Leben in Finnland, nur für einen Tag in Helsinki, auf Recherche für eine Geschichte über den Niedergang von Nokia. Aber es hat gereicht, um einen angenehmen Eindruck von diesem Land zu bekommen. Wälder, Wasser, Weiten, und ein tolles Licht dazu.
Finnland ist ungefähr so groß wie Deutschland, aber pro Quadratkilometer leben dort nur 16,4 Einwohner im Vergleich zu 232 in der Bundesrepublik. Dazu eine Küste von über 1.000 Kilometern, die Küstenlinie beträgt sogar 4.600 Kilometer. Der Wind bläst im Durchschnitt mit 9 bis 9,5 Meter pro Sekunde, mehr als in Deutschland. Es ist etwas kühler in Finnland, aber Regen- und Sonnentage halten sich mit Deutschland in etwa die Waage.
Ideale Bedingungen für Wind und Wasserkraft. Menschenleere Weiten, Platz für Windräder, dort, wie sie kaum einer sieht und sie keinen stören. 52 Prozent immerhin betrug 2020 auch der Anteil der erneuerbaren Energien beim nordischen Nachbarn. Davon vor allem Wasser und etwas weniger Wind, der Rest Holz.
Finnland hat auch an die Endlagerung gedacht
Und trotzdem baut Finnland zurzeit neue Atomkraftwerke, Druckwasserreaktoren. Weil es auch bis 2030, wie Deutschland, endgültig von der Kohle weg sein will und bis 2035 klimaneutral. Und die Finnen beschlossen haben, dass sie trotz vergleichsweise paradiesischer Bedingungen für Wasser- und Windkraft das eben ohne Kernkraft nicht schaffen. Klugerweise haben sie auch gleich ans Ende gedacht. Der Standort für ein sicheres Endlager ist gefunden und von der Bevölkerung akzeptiert. Bis 2025 soll es fertig sein.
Deutschland hat sich hingegen in einem landestypischen Anfall von überschießendem Idealismus dem doppelten Ausstieg verschrieben. Raus aus der Kohle und raus aus der Kernkraft. Während anderswo neue Reaktoren gebaut werden, gehen hier dieses Jahr die letzten sechs verbliebenen vom Netz. Zum Jahreswechsel waren es bereits drei davon. Angela Merkel hatte da nochmals den Booster eingeschaltet.
Erst hatte sie den rot-grünen Atomausstieg zurückgenommen beziehungsweise gestreckt, dann, als sie sah, dass das in dem ihr mental unbekannten Westen der Republik nicht gut ankam, anlässlich des Tsunamis und der daraus resultierenden Havarie des Kraftwerks von Fukushima abrupt beendet. "Angela Merkel kam Fukushima gerade recht", sagte mir damals unvergessen Klaus Töpfer, die CDU-Umwelt-Ikone. Ihn machte die Kanzlerin zum Vorsitzenden einer einschlägigen Kommission.
Niemand reitet bei der deutschen Energiepolitik mit
Vorreiter wollte Deutschland damit sein. Das Problem: Es reitet keiner mit. In der Europäischen Union hat es die neue Bundesregierung über den Jahreswechsel mit einem politischen Atomschlag vor allem des Nachbarn Frankreich zu tun bekommen. Dessen Präsident Emmanuel Macron ist die treibende Kraft hinter einem Plan, dass Kernkraft ebenso wie Gas zu den grünen, den guten Energien gerechnet wird. Und damit in den Genuss von Investitionen im Zuge des Green Deal, den die deutsche Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beherzt ausgerufen hat.
Dahinter stecken eigennützige Motive. Frankreich besitzt in Europa die am weitesten entwickelte Expertise in der Nuklearindustrie. Das geht noch auf Charles de Gaulle zurück. Und hat seine Ausprägung auch darin, dass nach dem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU Frankreich die einzige verbliebene militärische Atommacht des Bündnisses ist.
Atommüll ins All schießen
Aber es ist auch schlicht vernünftig. Unbestreitbar ist die Kernenergie eine in Emissionshinsicht saubere Energie. Zwar hinterlässt sie fast ewig strahlenden gefährlichen Müll. Aber das Entsorgungsproblem ist lösbar. Auf dieser Erde oder woanders. Bevor man Milliardäre für Unsummen auf dekadente Vergnügungsflüge ins All schickt, sollte man vielleicht lieber darüber nachdenken, diese CO2-Emissionen solcher Weltraumflüge in Kauf zu nehmen dafür, dass man die Brennstäbe auf einen Planeten schießt, auf dem garantiert nie Leben war und auch garantiert nie welches sein wird. Man muss deshalb Atomkraft wahrlich nicht glorifizieren. Aber man sollte sie als Brückentechnologie nutzen, bis sich die Technologien im erneuerbaren Bereich weiterentwickelt haben werden.
So aber blickt der grüblerische und vernunftbegabte neue Fachminister für diese Frage auf eine gähnende Energielücke, die vor ihm klafft und sich immer weiter auftut – je mehr Atomkraftwerke abgeschaltet und E-Autos angemeldet werden. Tendenz stark steigend, was ja gut ist.
Die beiden größten Fehler der Kanzlerin
Fast 2.000 Windräder mit ihren immer mächtiger werdenden Rotoren muss Habeck in Deutschland jedes Jahr bauen lassen, um das Land 2030 zu 80 Prozent auf Erneuerbare umgestellt zu haben. 31.000 dieser stählernen Riesen standen in Deutschland im Jahr 2021 bereits. Mehr als die Hälfte zusätzlich würden die fast 20.000 zusätzlich benötigten bis 2030 also bedeuten.
Was das heißt, mag man sich bei einer Autofahrt etwa auf der A9 bildlich vor Augen führen. Mal zum Fenster rausgeschaut auf der Höhe der Raststätte Köckern zwischen Leipzig und Dessau? Klar, man kann sagen: nichts wie weg hier. Und: ist eh eine nicht besonders attraktive Gegend. Aber die Menschen, die dort leben, haben diesen gigantischen Stangenwald jeden Tag vor der Haustür und im Blickfeld.
Atommüll strahlt sehr lange. Das politische Erbe von Angela Merkel auch. Der überhastete Atomausstieg nach Fukushima war eine der beiden eklatantesten, impulsgesteuerten Fehlleistungen ihrer Amtszeit. So wie ihre Flüchtlingspolitik. Beide werden noch über Jahrzehnte unselig nachwirken. Die Effekte stellen sich erst jetzt allmählich ein. Sie überdauern ihre Amtszeit für Jahrzehnte.
Und die beiden Fehler greifen in ihren politischen Folgen im Bündnis unselig ineinander. Beide Male hat Merkel in der EU einen Alleingang hingelegt. Weder in der einen noch in der anderen Sache folgte ihr die Mehrheit der EU-Mitglieder. Und jetzt ist die Zeit fürs Rückspiel. Die Reihen haben sich geschlossen: vom Ungarn Viktor Orbán über Mario Draghi in Italien bis zu Emmanuel Macron. Es nicht mehr so zu machen, wie es Deutschland vorgegeben hat. Sondern die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Mit dem schroffen Atomausstieg hat sich Deutschland nicht nur selbst geschadet, sondern auch seine Position in der Europäischen Union nachhaltig geschwächt. Die neue Regierung bekommt das jetzt zu spüren. Es geht hier um mehr als die künftige Energieversorgung auf diesem Kontinent. Ein neues Machtgefüge etabliert sich da gerade. Eines, in dem Deutschland weniger zu melden hat. Zahlmeister darf es gerne bleiben. Lehrmeister nicht mehr.
Zitat von Gast am 12. Januar 2022, 08:01 UhrDSGVO: Europaparlament missachtet Datenschutz – Warnung an Unternehmen
Europäischen Unternehmen drohen Unterlassungsanordnungen durch den Datenschutzbeauftragten. Den Präzedenzfall liefert nun ausgerechnet das EU-Parlament.Daten europäischer Bürger dürfen nicht ohne Weiteres in den USA gespeichert werden. Das besagt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Sommer 2020. Allerdings verstoßen viele Unternehmen täglich gegen diese Auflage und ebenso das Europaparlament.
Das Parlament hatte auf seiner Website Cookies von Google Analytics und dem Zahlungsdienstleister Stripe eingebaut. Beide speichern Nutzerdaten in den USA. Google Analytics hilft Websitebetreibern weltweit dabei, Besuche zu zählen und auszuwerten.Auf Anfrage von Parlamentariern untersuchte der Europäische Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiorowski die Cookies und kam nun zu dem Schluss, dass sie nicht hätten verwendet werden dürfen. Er sprach eine Unterlassungsanordnung aus.
Für Unternehmen enthält die Entscheidung einen deutlichen Hinweis, dass auch sie bald die Nutzung von Google Analytics einstellen müssen. Gegen 101 Firmen liegen entsprechende Beschwerden beim EU-Datenschutzbeauftragten vor. Welche Strafen den Firmen drohen, ist noch unklar.
Der Datenschutzbeauftragte habe klargemacht, „dass amerikanische Provider nicht mehr ohne Weiteres Cookies auf europäischen Websites platzieren dürfen, um ungehindert Daten abzusaugen“, sagte die Grünenabgeordnete Alexandra Geese.
Sowohl die Beschwerden gegen die Unternehmen wie auch die Beschwerde gegen das Parlament hatte die Organisation Noyb des Datenschutzaktivisten Max Schrems eingereicht. Er erwarte die Entscheidungen zu den Unternehmen in den nächsten Monaten, sagte Schrems.
Formal hat das EU-Parlament gegen ein Datenschutzgesetz verstoßen, das nur für EU-Einrichtungen gilt. Die Entscheidung lässt sich aber auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die für Unternehmen gilt, übertragen.
EU-Kommission will Datenübertragung in die USA
Die Vorschriften sollen verhindern, dass amerikanische Geheimdienste in die Privatsphäre europäischer Bürger eindringen. „Es gab keinen angemessenen Schutz gegen die Überwachung durch die USA, obwohl europäische Politiker bekanntermaßen Ziel von Überwachungsmaßnahmen sind“, erklärte Schrems.
Die EU-Kommission arbeitet an einer Regelung, auf deren Basis das Übertragen von Daten in die USA wieder möglich wird. Ob sie dafür eine Lösung findet, ist aber offen. Zwei entsprechende Abkommen mit den USA machte der EuGH bereits zunichte, weil sie den Datenschutz nicht sicherstellen konnten.
Das Europaparlament hatte laut Noyb weitere Fehler auf seiner Website gemacht. So seien die Cookie-Banner, mit denen die Nutzer in die Verarbeitung ihrer Daten einwilligen, unklar und irreführend gewesen.
Nicht alle Cookies seien aufgeführt gewesen, und in unterschiedlichen Sprachen seien unterschiedliche Aussagen getroffen worden. Während der Untersuchung entfernte das Europaparlament alle Cookies von der entsprechenden Website.
DSGVO: Europaparlament missachtet Datenschutz – Warnung an Unternehmen
Daten europäischer Bürger dürfen nicht ohne Weiteres in den USA gespeichert werden. Das besagt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Sommer 2020. Allerdings verstoßen viele Unternehmen täglich gegen diese Auflage und ebenso das Europaparlament.
Auf Anfrage von Parlamentariern untersuchte der Europäische Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiorowski die Cookies und kam nun zu dem Schluss, dass sie nicht hätten verwendet werden dürfen. Er sprach eine Unterlassungsanordnung aus.
Für Unternehmen enthält die Entscheidung einen deutlichen Hinweis, dass auch sie bald die Nutzung von Google Analytics einstellen müssen. Gegen 101 Firmen liegen entsprechende Beschwerden beim EU-Datenschutzbeauftragten vor. Welche Strafen den Firmen drohen, ist noch unklar.
Der Datenschutzbeauftragte habe klargemacht, „dass amerikanische Provider nicht mehr ohne Weiteres Cookies auf europäischen Websites platzieren dürfen, um ungehindert Daten abzusaugen“, sagte die Grünenabgeordnete Alexandra Geese.
Sowohl die Beschwerden gegen die Unternehmen wie auch die Beschwerde gegen das Parlament hatte die Organisation Noyb des Datenschutzaktivisten Max Schrems eingereicht. Er erwarte die Entscheidungen zu den Unternehmen in den nächsten Monaten, sagte Schrems.
Formal hat das EU-Parlament gegen ein Datenschutzgesetz verstoßen, das nur für EU-Einrichtungen gilt. Die Entscheidung lässt sich aber auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die für Unternehmen gilt, übertragen.
EU-Kommission will Datenübertragung in die USA
Die Vorschriften sollen verhindern, dass amerikanische Geheimdienste in die Privatsphäre europäischer Bürger eindringen. „Es gab keinen angemessenen Schutz gegen die Überwachung durch die USA, obwohl europäische Politiker bekanntermaßen Ziel von Überwachungsmaßnahmen sind“, erklärte Schrems.
Die EU-Kommission arbeitet an einer Regelung, auf deren Basis das Übertragen von Daten in die USA wieder möglich wird. Ob sie dafür eine Lösung findet, ist aber offen. Zwei entsprechende Abkommen mit den USA machte der EuGH bereits zunichte, weil sie den Datenschutz nicht sicherstellen konnten.
Das Europaparlament hatte laut Noyb weitere Fehler auf seiner Website gemacht. So seien die Cookie-Banner, mit denen die Nutzer in die Verarbeitung ihrer Daten einwilligen, unklar und irreführend gewesen.
Nicht alle Cookies seien aufgeführt gewesen, und in unterschiedlichen Sprachen seien unterschiedliche Aussagen getroffen worden. Während der Untersuchung entfernte das Europaparlament alle Cookies von der entsprechenden Website.
Zitat von Gast am 13. Januar 2022, 10:40 UhrVon der Leyen verteidigt geplantes Nachhaltigkeitssiegel für Atomkraft
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat das von ihrer Behörde geplante Nachhaltigkeitssiegel für Atomkraft und Gas verteidigt. "Wir werden sie brauchen, solange es nicht genügend erneuerbare Energien gibt", sagte von der Leyen in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" mit Blick auf die sogenannte Taxonomie. In Brüssel wird derzeit über eine Richtschnur für klimafreundliche Investitionen diskutiert. Die EU-Staaten haben noch bis zum 21. Januar Zeit, um sich zum Kommissionsvorschlag der Einstufung von Atom und Gas als grüne Energiequellen zu äußern.Sie stehe voller Überzeugung hinter dem Vorschlag, sagte von der Leyen. Fast alle Mitgliedsländer wollten aus der Kohle aussteigen, "aber die Meinungen über Erdgas und Nuklearenergie gehen auseinander". Zudem erkenne das Konzept nur Gaskraftwerke an, die strenge Regeln befolgten, sowie moderne Kernkraftwerke, die weniger Atommüll produzierten.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte bereits angekündigt, dass die Bundesregierung eine Einstufung von Atomkraftwerken als "nachhaltig" geschlossen ablehnen werde. Frankreich, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, wirbt hingegen massiv für einen Ausbau der Atomkraft.
Von der Leyen bekräftigte überdies, dass die EU den Emissionshandel auf Verkehr und Gebäude ausweiten wolle. Dafür sei jedoch ein sozialer Ausgleich für geringe Einkommen nötig.
Gefragt nach ihrer persönlichen Motivation für den Klimaschutz nannte die Kommissionspräsidentin ihre 2021 geborene Enkelin. "Wenn sie 29 ist, dann haben wir 2050 - und ich frage mich, ob sie dann noch einen Frühling, einen Sommer, Herbst und Winter erlebt", sagte von der Leyen.
Diese Dame hat scheinbar immer noch nicht genügend Schaden zu Lasten vom deutschen Steuerzahler angerichtet!!!
Von der Leyen verteidigt geplantes Nachhaltigkeitssiegel für Atomkraft
Sie stehe voller Überzeugung hinter dem Vorschlag, sagte von der Leyen. Fast alle Mitgliedsländer wollten aus der Kohle aussteigen, "aber die Meinungen über Erdgas und Nuklearenergie gehen auseinander". Zudem erkenne das Konzept nur Gaskraftwerke an, die strenge Regeln befolgten, sowie moderne Kernkraftwerke, die weniger Atommüll produzierten.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte bereits angekündigt, dass die Bundesregierung eine Einstufung von Atomkraftwerken als "nachhaltig" geschlossen ablehnen werde. Frankreich, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, wirbt hingegen massiv für einen Ausbau der Atomkraft.
Von der Leyen bekräftigte überdies, dass die EU den Emissionshandel auf Verkehr und Gebäude ausweiten wolle. Dafür sei jedoch ein sozialer Ausgleich für geringe Einkommen nötig.
Gefragt nach ihrer persönlichen Motivation für den Klimaschutz nannte die Kommissionspräsidentin ihre 2021 geborene Enkelin. "Wenn sie 29 ist, dann haben wir 2050 - und ich frage mich, ob sie dann noch einen Frühling, einen Sommer, Herbst und Winter erlebt", sagte von der Leyen.
Diese Dame hat scheinbar immer noch nicht genügend Schaden zu Lasten vom deutschen Steuerzahler angerichtet!!!
Zitat von Gast am 17. Januar 2022, 09:14 UhrBoris Johnson: Ausgetanzt?
Mit großen Ankündigungen versucht der britische Premier, sein Amt zu retten. Doch die Kritik an seinen Lockdown-Partys ist groß. Mögliche Nachfolger stehen schon bereit.
Der britische Premierminister Boris Johnson holt zum Gegenschlag aus. Nach einer katastrophalen Woche, in der er sich nur halbherzig für Partys in der Downing Street während des Lockdowns entschuldigte und immer mehr seinen Rücktritt fordern, kämpft der Premier um seine Zukunft. An diesem Wochenende waren die britischen Medien gefüllt mit einem Programm, mit dem er seine altbewährte Strategie für Krisenzeiten einschlägt: Schuldige feuern und mit bombastischen Ankündigungen eine goldene Zukunft versprechen. So sollen die Wählerinnen und Wähler das Desaster der Vergangenheit vergessen.
Die ihm wohlgesonnene Boulevardzeitung The Mail on Sunday führt das Sammelsurium des überstürzten Notprogramms auf: Johnson werde "Rücktritte entgegennehmen" von denen, die für das Chaos in der Downing Street verantwortlich gewesen seien. Er werde sein Kabinett umbilden, möglicherweise gar den als arrogant verschrienen Jacob Rees-Mogg absägen, werde am 26. Januar sämtliche Corona-Maßnahmen beenden und die große Freiheit für das Land verkünden. Zudem werde in der Downing Street ein "Kriegsraum" eingerichtet, damit er persönlich die Krise des Gesundheitssystems NHS steuern könne. Ebenso will er das Thema der Flüchtlingsboote über den Ärmelkanal vom Innenministerium an sich ziehen. Außerdem soll sein Minister Michael Gove endlich das ohnehin verspätete Programm zum so oft angekündigten "Levelling-up" vorstellen, mit dem der Lebensstandard der benachteiligten Wahlkreise angehoben werden soll.Sein ehemals getreuer Minister Liam Fox fleht in der Mail on Sunday, das Land werde erst jetzt – nach Corona – erkennen, welche wirkliche Politik Johnson umsetzen werde. "Wir sollten mit unserem Urteil warten."
Das sehen viele Abgeordnete allerdings anders, die an diesem Wochenende in ihre Wahlkreise gefahren sind und dort mit der Wut der Öffentlichkeit konfrontiert wurden. "Ich habe bereits 1.000 E-Mails bekommen und 80 Prozent davon fordern Johnson's Rücktritt", sagte etwa der Abgeordnete Andrew Bridgen der Sunday Times. Mehr als die Hälfte der Mitglieder der konservativen Partei wollen Johnson aus dem Amt, wie die Website Conservative Home zeigt. Nach einer Umfrage von YouGov plädieren 63 Prozent der Öffentlichkeit für seinen Rücktritt und 41 Prozent konservative Wähler. Die Sonntagszeitung The Sunday Times behauptet, bereits 35 konservative Abgeordnete hätten einen Brief eingereicht, in dem sie ein Misstrauensvotum fordern. Bei 54 solcher Protestbriefe müsste sich Johnson diesem Votum stellen. Könnte er dann nicht die Hälfte der konservativen Abgeordneten hinter sich vereinigen, wäre es mit seiner Karriere vorbei. Die Parteimitglieder wählten dann unter mindestens zwei Kandidaten einen neuen Parteivorsitzenden und Premierminister. Gewänne Johnson die Abstimmung allerdings, hätte er sich für mindestens ein Jahr gerettet. Die Abgeordneten müssen also vorsichtig kalkulieren, welche Mehrheiten sich bilden.
Das Problem für Johnson: Nach Angaben der Sunday Times stammen mindestens sieben der bisherigen Protestbriefe aus Wahlkreisen des "roten" Nordens. Dies sind gerade die Wahlbezirke, die Johnson mit dem Versprechen eines erfolgreichen Brexits von Labour für seine Partei gewinnen konnte. Die Wählerinnen aber fühlen sich verraten, weil sich Johnson nicht als der "Kumpel" entpuppt, für den sie ihn gehalten haben. Vielmehr scheint er zur verachteten "Elite" zu gehören, Teil von "die da oben" zu sein. Seine Wohnung lässt er mit goldenen Tapeten renovieren. Und während die Öffentlichkeit einen strengen Lockdown einhalten musste, Familienmitglieder ihre sterbenden Großeltern nicht besuchen durften, sie nicht gemeinsam an Trauerfeiern teilnehmen durften, hieß es in Downing Street "Hoch die Tassen". Johnson, so wird in den Medien kolportiert, habe seine Mitarbeiter gar aufgefordert, ab und zu "mal Dampf abzulassen".
Am Freitag hörte die Öffentlichkeit schockiert, dass selbst in der Nacht vor den Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Prinz Philip in der Downing Street gefeiert und getanzt wurde. Es war die Woche, in der offizielle Trauer in Großbritannien verkündet worden war und Königin Elisabeth II. wenige Stunden später allein in der Kirche um ihren Ehemann trauerte. Nicht einmal ihre Jahrzehnte lange "Lady in Waiting" hatte sie begleiten dürfen. Und weitere Details wurden bekannt. Etwa, dass für die Partys extra ein Weinkühlschrank gekauft wurden. Freitags gab es den "Friday-Wine Evening". Mitarbeiter hätten ihren Rausch auf Bänken in den Büros ausgeschlafen.
In den letzten Tagen tanzte eine Gruppe von Männern, als Johnson verkleidet, zu Rockmusik vor dem Regierungssitz. Der Tweet wurde 4,3 Millionen Mal angesehen. Johnson ist zum Gespött der Öffentlichkeit und für seine Partei zur Belastung geworden.
Hätte er sich am vergangenen Mittwoch wenigstens ehrlich entschuldigt, als er sich vor dem Parlament erhob. Doch die Briten durchschauten gleich, dass er mit der juristisch kniffligen Entschuldigung die Schuld von sich wegschob. Kurze Zeit später, so schreiben die britischen Medien, habe sich Johnson im Kreis von Abgeordneten darüber echauffiert, warum er die Schuld anderer habe auf sich nehmen müssen.
Jetzt warten alle auf einen Untersuchungsbericht der Ministerialbeamtin Sue Gray, die die Regelverstöße von "Partygate" untersuchen soll. Sie ist allerdings keine unabhängige Person, sondern Angestellte der Regierung. Sie berichtet direkt an Johnson, der dann selbst entscheiden kann, was geschieht. Er kann ihren Bericht – für eine wirklich unabhängige Untersuchung – an Lord Geidt weiterleiten, der bereits seine Eskapaden mit der Wohnungsrenovierung untersucht hat. Schon jetzt ist klar, dass Gray voraussichtlich keine Straftaten wird nachweisen können. Auch weil das Haus in der Downing Street mit seinem Garten sowohl Büro- als auch Privatsphäre vereint. Da es sich mittlerweile nach Zählung des Daily Express um 15 Partys handelt, schafft Gray ihren Bericht auch nicht mehr diese Woche. Gerade deshalb hofft Johnson, dass er zwar kritisch formuliert sein wird, aber ihm letztlich einen Persilschein ausstellt und er wieder einmal eine Krise übersteht.
Doch sein abwartendes Verhalten könnte ihm zum Verhängnis werden. Viele Abgeordnete sind bereit, einen Misstrauensbrief zu schreiben, wollen aber vorher sehen, was Gray aufdeckt und wie sich Johnson verhält. Bleibt er angeschlagen, könnte also schlagartig eine Flut von Protestbriefen bei der Partei landen.Viel hängt auch davon ab, wie sich die potenziellen Nachfolger von Johnson verhalten, allen voran der Schatzkanzler Rishi Sunak und die Außenministerin Liz Truss.
Sunak fehlte am Mittwoch, als sich Johnson vor dem Parlament entschuldigte. Der Schatzkanzler hatte sich auf eine nebensächliche Geschäftsreise nach Devon verabschiedet, um in dem Vabanquespiel um Johnson kein falsches Signal zu geben. Stellt er sich demonstrativ hinter Johnson, färbt der Skandal auf ihn ab. Zeigt er eine Geste des Protests, wird im Verrat vorgeworfen. Etwa 46 Prozent der Mitglieder der konservativen Partei meinen, Sunak wäre mittlerweile ein besserer Premierminister als Johnson. Der Sohn einer indischen Einwandererfamilie studierte in Oxford und Standford und stieg nach einer Tätigkeit bei Goldman Sachs und einem Hedgefonds 2015 in die Politik ein. Bisher war er getreuer Gefolgsmann von Johnson, unterstützte den Brexit und versucht, demonstrativ gute Haushaltspolitik im Sinne von Margaret Thatcher umzusetzen. Gerade dadurch macht er sich im Norden Englands unbeliebt. Dort kämpfen die Leute mit steigenden Lebenshaltungskosten. Sie wollen keinen Schatzkanzler, der selbst "stinkreich" ist. Sunaks Frau ist die Tochter eines Milliardärs aus Indien. Manche Wähler werfen ihm vor, dass er nicht wisse, wie das "normale Volk" denke.
Eine neue "Eisener Lady"
Wesentlich bodenständiger wirkt da die zweite Kandidatin für die Nachfolge von Johnson: die jetzige Außenministerin Liz Truss. Die 46 Jahre alte Politikerin stammt aus Leeds, ihre Herkunft hört man an ihrem Akzent. Sie verfolgt ehrgeizig ihre Karriere in der Partei, wechselte deshalb von einer EU-Anhängerin unter David Cameron in eine Mitstreiterin von Johnson für einen harten Brexit. Sie war bereits Umwelt- und Justizministerin, Staatssekretärin im Schatzamt, dann Handelsministerin und jetzt Außenministerin. Sie spielt die neue "Eiserne Lady" im Sinne von Margaret Thatcher und ist besonders innerhalb der Partei beliebt.
Im Zweifel freut sich der Dritte, wer immer dies sein mag. Noch gibt es unter den Abgeordneten keine Mehrheit, die geschlossen einen Coup gegen Johnson organisieren würden. Dafür hat Johnson die Fraktion 2019 auch von Widersachern gereinigt. Aber das muss Sunak und Truss nicht stören. Sie müssen nur warten. Im Hintergrund sitzt der ehemalige Chefberater von Johnson, Dominic Cummings, der sich für seinen Rauswurf rächt, die Medien mit Enthüllungen über Johnson füttert und auf seinem Blog bereits angekündigte, dass er Johnson absägen werde. Selbst die Johnson einst wohlgesonnene Zeitung The Daily Telegraph greift die Geschichten auf. Egal, welches Rettungsprogramm Johnson für sich plant. Es ist unwahrscheinlich, dass er die Partei 2024 in die nächste Wahl führen wird. Ein Nachfolger wird viel Zeit brauchen, um das verloren gegangene Vertrauen in die Regierung zurückzuholen. Viel Geduld für Johnson bleibt nicht mehr.
Boris Johnson: Ausgetanzt?
Mit großen Ankündigungen versucht der britische Premier, sein Amt zu retten. Doch die Kritik an seinen Lockdown-Partys ist groß. Mögliche Nachfolger stehen schon bereit.
Der britische Premierminister Boris Johnson holt zum Gegenschlag aus. Nach einer katastrophalen Woche, in der er sich nur halbherzig für Partys in der Downing Street während des Lockdowns entschuldigte und immer mehr seinen Rücktritt fordern, kämpft der Premier um seine Zukunft. An diesem Wochenende waren die britischen Medien gefüllt mit einem Programm, mit dem er seine altbewährte Strategie für Krisenzeiten einschlägt: Schuldige feuern und mit bombastischen Ankündigungen eine goldene Zukunft versprechen. So sollen die Wählerinnen und Wähler das Desaster der Vergangenheit vergessen.
Sein ehemals getreuer Minister Liam Fox fleht in der Mail on Sunday, das Land werde erst jetzt – nach Corona – erkennen, welche wirkliche Politik Johnson umsetzen werde. "Wir sollten mit unserem Urteil warten."
Das sehen viele Abgeordnete allerdings anders, die an diesem Wochenende in ihre Wahlkreise gefahren sind und dort mit der Wut der Öffentlichkeit konfrontiert wurden. "Ich habe bereits 1.000 E-Mails bekommen und 80 Prozent davon fordern Johnson's Rücktritt", sagte etwa der Abgeordnete Andrew Bridgen der Sunday Times. Mehr als die Hälfte der Mitglieder der konservativen Partei wollen Johnson aus dem Amt, wie die Website Conservative Home zeigt. Nach einer Umfrage von YouGov plädieren 63 Prozent der Öffentlichkeit für seinen Rücktritt und 41 Prozent konservative Wähler. Die Sonntagszeitung The Sunday Times behauptet, bereits 35 konservative Abgeordnete hätten einen Brief eingereicht, in dem sie ein Misstrauensvotum fordern. Bei 54 solcher Protestbriefe müsste sich Johnson diesem Votum stellen. Könnte er dann nicht die Hälfte der konservativen Abgeordneten hinter sich vereinigen, wäre es mit seiner Karriere vorbei. Die Parteimitglieder wählten dann unter mindestens zwei Kandidaten einen neuen Parteivorsitzenden und Premierminister. Gewänne Johnson die Abstimmung allerdings, hätte er sich für mindestens ein Jahr gerettet. Die Abgeordneten müssen also vorsichtig kalkulieren, welche Mehrheiten sich bilden.
Das Problem für Johnson: Nach Angaben der Sunday Times stammen mindestens sieben der bisherigen Protestbriefe aus Wahlkreisen des "roten" Nordens. Dies sind gerade die Wahlbezirke, die Johnson mit dem Versprechen eines erfolgreichen Brexits von Labour für seine Partei gewinnen konnte. Die Wählerinnen aber fühlen sich verraten, weil sich Johnson nicht als der "Kumpel" entpuppt, für den sie ihn gehalten haben. Vielmehr scheint er zur verachteten "Elite" zu gehören, Teil von "die da oben" zu sein. Seine Wohnung lässt er mit goldenen Tapeten renovieren. Und während die Öffentlichkeit einen strengen Lockdown einhalten musste, Familienmitglieder ihre sterbenden Großeltern nicht besuchen durften, sie nicht gemeinsam an Trauerfeiern teilnehmen durften, hieß es in Downing Street "Hoch die Tassen". Johnson, so wird in den Medien kolportiert, habe seine Mitarbeiter gar aufgefordert, ab und zu "mal Dampf abzulassen".
Am Freitag hörte die Öffentlichkeit schockiert, dass selbst in der Nacht vor den Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Prinz Philip in der Downing Street gefeiert und getanzt wurde. Es war die Woche, in der offizielle Trauer in Großbritannien verkündet worden war und Königin Elisabeth II. wenige Stunden später allein in der Kirche um ihren Ehemann trauerte. Nicht einmal ihre Jahrzehnte lange "Lady in Waiting" hatte sie begleiten dürfen. Und weitere Details wurden bekannt. Etwa, dass für die Partys extra ein Weinkühlschrank gekauft wurden. Freitags gab es den "Friday-Wine Evening". Mitarbeiter hätten ihren Rausch auf Bänken in den Büros ausgeschlafen.
In den letzten Tagen tanzte eine Gruppe von Männern, als Johnson verkleidet, zu Rockmusik vor dem Regierungssitz. Der Tweet wurde 4,3 Millionen Mal angesehen. Johnson ist zum Gespött der Öffentlichkeit und für seine Partei zur Belastung geworden.
Hätte er sich am vergangenen Mittwoch wenigstens ehrlich entschuldigt, als er sich vor dem Parlament erhob. Doch die Briten durchschauten gleich, dass er mit der juristisch kniffligen Entschuldigung die Schuld von sich wegschob. Kurze Zeit später, so schreiben die britischen Medien, habe sich Johnson im Kreis von Abgeordneten darüber echauffiert, warum er die Schuld anderer habe auf sich nehmen müssen.
Jetzt warten alle auf einen Untersuchungsbericht der Ministerialbeamtin Sue Gray, die die Regelverstöße von "Partygate" untersuchen soll. Sie ist allerdings keine unabhängige Person, sondern Angestellte der Regierung. Sie berichtet direkt an Johnson, der dann selbst entscheiden kann, was geschieht. Er kann ihren Bericht – für eine wirklich unabhängige Untersuchung – an Lord Geidt weiterleiten, der bereits seine Eskapaden mit der Wohnungsrenovierung untersucht hat. Schon jetzt ist klar, dass Gray voraussichtlich keine Straftaten wird nachweisen können. Auch weil das Haus in der Downing Street mit seinem Garten sowohl Büro- als auch Privatsphäre vereint. Da es sich mittlerweile nach Zählung des Daily Express um 15 Partys handelt, schafft Gray ihren Bericht auch nicht mehr diese Woche. Gerade deshalb hofft Johnson, dass er zwar kritisch formuliert sein wird, aber ihm letztlich einen Persilschein ausstellt und er wieder einmal eine Krise übersteht.
Doch sein abwartendes Verhalten könnte ihm zum Verhängnis werden. Viele Abgeordnete sind bereit, einen Misstrauensbrief zu schreiben, wollen aber vorher sehen, was Gray aufdeckt und wie sich Johnson verhält. Bleibt er angeschlagen, könnte also schlagartig eine Flut von Protestbriefen bei der Partei landen.Viel hängt auch davon ab, wie sich die potenziellen Nachfolger von Johnson verhalten, allen voran der Schatzkanzler Rishi Sunak und die Außenministerin Liz Truss.
Sunak fehlte am Mittwoch, als sich Johnson vor dem Parlament entschuldigte. Der Schatzkanzler hatte sich auf eine nebensächliche Geschäftsreise nach Devon verabschiedet, um in dem Vabanquespiel um Johnson kein falsches Signal zu geben. Stellt er sich demonstrativ hinter Johnson, färbt der Skandal auf ihn ab. Zeigt er eine Geste des Protests, wird im Verrat vorgeworfen. Etwa 46 Prozent der Mitglieder der konservativen Partei meinen, Sunak wäre mittlerweile ein besserer Premierminister als Johnson. Der Sohn einer indischen Einwandererfamilie studierte in Oxford und Standford und stieg nach einer Tätigkeit bei Goldman Sachs und einem Hedgefonds 2015 in die Politik ein. Bisher war er getreuer Gefolgsmann von Johnson, unterstützte den Brexit und versucht, demonstrativ gute Haushaltspolitik im Sinne von Margaret Thatcher umzusetzen. Gerade dadurch macht er sich im Norden Englands unbeliebt. Dort kämpfen die Leute mit steigenden Lebenshaltungskosten. Sie wollen keinen Schatzkanzler, der selbst "stinkreich" ist. Sunaks Frau ist die Tochter eines Milliardärs aus Indien. Manche Wähler werfen ihm vor, dass er nicht wisse, wie das "normale Volk" denke.
Eine neue "Eisener Lady"
Wesentlich bodenständiger wirkt da die zweite Kandidatin für die Nachfolge von Johnson: die jetzige Außenministerin Liz Truss. Die 46 Jahre alte Politikerin stammt aus Leeds, ihre Herkunft hört man an ihrem Akzent. Sie verfolgt ehrgeizig ihre Karriere in der Partei, wechselte deshalb von einer EU-Anhängerin unter David Cameron in eine Mitstreiterin von Johnson für einen harten Brexit. Sie war bereits Umwelt- und Justizministerin, Staatssekretärin im Schatzamt, dann Handelsministerin und jetzt Außenministerin. Sie spielt die neue "Eiserne Lady" im Sinne von Margaret Thatcher und ist besonders innerhalb der Partei beliebt.
Im Zweifel freut sich der Dritte, wer immer dies sein mag. Noch gibt es unter den Abgeordneten keine Mehrheit, die geschlossen einen Coup gegen Johnson organisieren würden. Dafür hat Johnson die Fraktion 2019 auch von Widersachern gereinigt. Aber das muss Sunak und Truss nicht stören. Sie müssen nur warten. Im Hintergrund sitzt der ehemalige Chefberater von Johnson, Dominic Cummings, der sich für seinen Rauswurf rächt, die Medien mit Enthüllungen über Johnson füttert und auf seinem Blog bereits angekündigte, dass er Johnson absägen werde. Selbst die Johnson einst wohlgesonnene Zeitung The Daily Telegraph greift die Geschichten auf. Egal, welches Rettungsprogramm Johnson für sich plant. Es ist unwahrscheinlich, dass er die Partei 2024 in die nächste Wahl führen wird. Ein Nachfolger wird viel Zeit brauchen, um das verloren gegangene Vertrauen in die Regierung zurückzuholen. Viel Geduld für Johnson bleibt nicht mehr.
Zitat von Gast am 20. Januar 2022, 07:56 UhrUmstrittene EU-Taxonomie: Widerstand im EU-Parlament gegen grüne Einstufung von Atomkraft wächst
Atom- und Gaskraftwerke sollen in Europa künftig als nachhaltig gelten. Abgeordnete des EU-Parlaments kritisieren die Pläne nun in einem offenen Brief an die EU-Kommission. Doch die Hürden für einen Stopp sind hoch.Im Europäischen Parlament wächst der Widerstand gegen die geplante EU-Einstufung von Gas und Atomkraft als klimafreundlich. In einem Brief an die EU-Kommission fordern rund 30 Abgeordnete aus vier verschiedenen Fraktionen eine öffentliche Befragung von Bürgern und Organisationen zu dem umstrittenen Entwurf. »Es ist essenziell, dass diese Entscheidung nicht nur in Expertenkreisen ohne öffentliche Aufsicht debattiert wird«, heißt es in dem Schreiben, das der Nachrichtenagentur dpa vorab vorlag. Zudem will die SPD-Gruppe nach Angaben des Abgeordneten Joachim Schuster geschlossen gegen den Vorschlag stimmen, wenn es keine Änderungen gibt.
Mit der sogenannten Taxonomie will die Kommission festlegen, welche Geldanlagen als klimafreundlich gelten sollen, um die Klimawende voranzubringen. Die Kommission hat am 31. Dezember in einem Entwurf für einen sogenannten delegierten Rechtsakt vorgeschlagen, dass Investitionen in neue Atomkraftwerke als grün klassifiziert werden können, wenn sie neuesten Standards entsprechen und ein konkreter Plan für die Lagerung radioaktiver Abfälle bis 2050 vorliegt. Auch Investitionen in neue Gaskraftwerke sollen unter bestimmten Auflagen übergangsweise als grün eingestuft werden können.Michael Bloss (Grüne) und Abgeordnete der Sozialdemokraten (S&D), Liberalen (Renew) und Linken kritisieren in ihrem Brief, dass EU-Staaten und ausgewählte Klimaexperten nur sehr wenig Zeit bekommen hätten, um auf den Entwurf zu reagieren. Darüber haben sich auch die Vorsitzenden der Ausschüsse für Wirtschaft und Umwelt in einem Brief Anfang der Woche beschwert. EU-Leitlinien sehen normalerweise eine vierwöchige öffentliche Befragung zu solchen Rechtsakten vor.
Frist bis Freitag
Die EU-Kommission hat eine Frist bis Freitag angesetzt. Danach beabsichtigt sie, den offiziellen Rechtsakt vorzulegen. Dieser kann dann noch vom EU-Parlament oder mindestens 20 EU-Ländern abgelehnt werden – es ist aber unklar, ob die nötigen Mehrheiten dafür noch gefunden werden könnten.
Die Abgeordneten schrieben, dass viele Investoren Kritik an den Plänen ausgeübt hätten. Die Taxonomie werde für eine Vielzahl von Fonds und öffentlichen Finanzierungsprogrammen richtungsweisend sein. »Nach dem Ende der fossilen Brennstoffe müssen die Menschen sicher sein können, dass Geld in Zukunft sinnvoll und grün angelegt wird«, heißt es in dem Schreiben. Auch Umweltschützer haben die Pläne immer wieder scharf kritisiert – angesichts der ungelösten Frage der Endlagerung radioaktiver Abfälle und der CO2-Emissionen bei Gas.
Umstrittene EU-Taxonomie: Widerstand im EU-Parlament gegen grüne Einstufung von Atomkraft wächst
Im Europäischen Parlament wächst der Widerstand gegen die geplante EU-Einstufung von Gas und Atomkraft als klimafreundlich. In einem Brief an die EU-Kommission fordern rund 30 Abgeordnete aus vier verschiedenen Fraktionen eine öffentliche Befragung von Bürgern und Organisationen zu dem umstrittenen Entwurf. »Es ist essenziell, dass diese Entscheidung nicht nur in Expertenkreisen ohne öffentliche Aufsicht debattiert wird«, heißt es in dem Schreiben, das der Nachrichtenagentur dpa vorab vorlag. Zudem will die SPD-Gruppe nach Angaben des Abgeordneten Joachim Schuster geschlossen gegen den Vorschlag stimmen, wenn es keine Änderungen gibt.
Michael Bloss (Grüne) und Abgeordnete der Sozialdemokraten (S&D), Liberalen (Renew) und Linken kritisieren in ihrem Brief, dass EU-Staaten und ausgewählte Klimaexperten nur sehr wenig Zeit bekommen hätten, um auf den Entwurf zu reagieren. Darüber haben sich auch die Vorsitzenden der Ausschüsse für Wirtschaft und Umwelt in einem Brief Anfang der Woche beschwert. EU-Leitlinien sehen normalerweise eine vierwöchige öffentliche Befragung zu solchen Rechtsakten vor.
Frist bis Freitag
Die EU-Kommission hat eine Frist bis Freitag angesetzt. Danach beabsichtigt sie, den offiziellen Rechtsakt vorzulegen. Dieser kann dann noch vom EU-Parlament oder mindestens 20 EU-Ländern abgelehnt werden – es ist aber unklar, ob die nötigen Mehrheiten dafür noch gefunden werden könnten.
Die Abgeordneten schrieben, dass viele Investoren Kritik an den Plänen ausgeübt hätten. Die Taxonomie werde für eine Vielzahl von Fonds und öffentlichen Finanzierungsprogrammen richtungsweisend sein. »Nach dem Ende der fossilen Brennstoffe müssen die Menschen sicher sein können, dass Geld in Zukunft sinnvoll und grün angelegt wird«, heißt es in dem Schreiben. Auch Umweltschützer haben die Pläne immer wieder scharf kritisiert – angesichts der ungelösten Frage der Endlagerung radioaktiver Abfälle und der CO2-Emissionen bei Gas.
Zitat von Gast am 24. Januar 2022, 09:53 UhrZerreißprobe für Europas Demokratien: Blauäugig an der schönen Donau
Warum und wie sich die EU auf manipulierte Wahlen in Ungarn vorbereiten sollte. Ein Gastbeitrag.
Daniel Hegedüs ist Politikwissenschaftler (CEE Fellow) für Ostmitteleuropa bei dem German Marshall Fund of the United States.
Dieses Jahr wird ein entscheidendes Jahr für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der EU. Viktor Orbáns zwölf Jahre währende illiberale Herrschaft hat die ungarische Demokratie zu einem hybriden System mit autoritären Charakteristiken verkommen lassen. Die im April 2022 anstehende ungarische Parlamentswahl bietet zwar eine ernsthafte Chance, Orbán endlich aus der Regierungsmacht zu entfernen. Allerdings nur, wenn freie, gerechte und demokratische Wahlen sichergestellt werden können.
Seit Orbán im Jahr 2010 die Macht im Land eroberte, waren politischer Streit in der EU über die Lage der Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft, akademische Freiheiten und Medienfreiheit, als auch der Missbrauch von EU-Fonds in Ungarn an der Tagesordnung. Aus den Konflikten entstanden unzählige Vertragsverletzungsverfahren, mehrere Beschlüsse des Europäischen Parlaments und ein Artikel 7-Verfahren anlässlich der schwerwiegenden Verletzung der Europäischen Grundwerte. Nichts davon hatte eine nennenswerte Auswirkung auf die autoritären Entwicklungen in Ungarn.
Einen Aspekt des Demokratieabbaus ließ die EU allerdings immer wieder unerwähnt: die Integrität der Wahlen. Und das trotz des manipulierten Zuschneidens der Wahlbezirke und unausgewogener Medienberichterstattung, die strategische Vorteile für Orbáns Fidesz-Partei gewährleisten, und der zunehmenden Anzahl von Unregelmäßigkeiten.
Vor 12 Jahren die letzten gerechten Wahlen
Freie und gerechte Wahlen sind die Mindestvoraussetzung, um ein politisches System als Demokratie bezeichnen zu können. Ungarn hatte seine letzten freien und gerechten Wahlen 2010. Seitdem befindet sich die Integrität der Wahlen im kontinuierlichen Abstieg. Selbst die Wahlbeobachtungsmissionen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten die Parlamentswahlen 2014 und 2018 als „frei, aber ungerecht“.
Wegen der zunehmenden Unzufriedenheit mit dem Orbán-Regime liefert sich nach letzten Meinungsumfragen die Regierungspartei ein Kopf-an-Kopf Rennen mit einer nun vereinten Opposition im Land. Allerding muss wegen der manipulierten Zuschnitts der Wahlbezirke die Opposition ungefähr drei bis fünf Prozentpunktpunkte mehr erreichen als Fidesz, um eine Mehrheit zu erzielen.
In Zusammenhang mit der Medienberichterstattung stellte die OSZE-Wahlbeobachtungsmission schon 2018 fest, dass „die allgegenwärtige Überlappung von Ressourcen der Regierungspartei und des Staates“ die Fähigkeit der Opposition untergrub, unter gleichen Bedingungen am Wahlkampf teilnehmen zu können. Und außerdem, dass Wähler*innen in ihrer Fähigkeit behindert wurden, eine informierte Entscheidung zu treffen.
Zivile Wahlbeobachtungsorganisationen dokumentierten signifikante Unregelmäßigkeiten bereits während der Parlamentswahlen 2018 – einschließlich gefälschter Wahlprotokolle, die Einschüchterung von Wähler*innen und Wahlhelfer*innen, Wahlklientelismus und Stimmenkauf sowie die organisierte, illegale „Rekrutierung“ von ungarischen Wähler*innen aus den Nachbarländern Ungarns, die keinen Wohnsitz mehr im Land haben.
Die Unregelmäßigkeiten sind gewachsen
Seitdem ist das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten von Wahl zu Wahl gewachsen, was auch die Integrität der Kommunal- und Europäischen Parlamentswahlen im Jahr 2019 maßgeblich beeinflusste.
Darüber hinaus legalisierte die Orbán-Regierung im November 2021 praktisch den Wahltourismus, der die Manipulation der Wählerlisten und die massenhafte Umregistrierung von Wähler*innen in die am meisten umkämpften Wahlbezirke ermöglichte.
Vor diesem Hintergrund scheinen Erwartungen an gerechte und demokratische Wahlen in Ungarn illusorisch zu sein. Wahlexperten erwarten, dass der Unterschied zwischen Opposition und Fidesz in den zehn bis 15 meistumkämpften Wahlbezirken weniger als 1000 Stimmen betragen wird. Wegen dieses Kopf-an-Kopf Rennens können Unregelmäßigkeiten einen enormen Einfluss entfalten.
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte besteht die reale Gefahr, dass die Europäische Union mit den ungarischen Parlamentswahlen 2022 zum ersten Mal erlebt, wie Wahlmanipulationen fundamentale Auswirkungen auf die Endergebnisse haben. Wie europäische Institutionen und Mitgliedsstaaten auf diese Herausforderung reagieren, wird einerseits eine entscheidende Auswirkung auf das demokratische Image der EU haben. Andererseits wird es die Integrität anderer Wahlen in Ostmitteleuropa beeinflussen, insbesondere im Hinblick auf die Wahlen in Polen im kommenden Jahr.
Die EU muss sich vorbereiten. Es muss alles getan werden, um Wahlmanipulationen zu vermeiden. EU-Mitgliedsstaaten sollen die Initiative der Vereinigten Staaten unterstützen und gemeinsam das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (OSCE-ODIHR) auffordern, eine umfassende Wahlbeobachtungsmission mit einer großen Zahl von kurzfristigen Wahlbeobachter*innen nach Ungarn zu senden.
Eine Kommission muss Manipulationen dokumentieren
Eine solche Kommission könnte das Regime entweder von größeren Manipulationen abhalten, oder im gegebenen Fall diese zumindest professionell dokumentieren.
Es besteht Grund zu der Annahme, dass die ungarische Regierung eine große Wahlbeobachtungsmission für ihre eigenen Zwecke instrumentalisieren könnte, um das Narrativ einer ausländischen Einmischung zu bedienen. Internationale Wahlbeobachtungsmissionen stellen jedoch keine Intervention in den Wahlprozess da. Sie zu dulden, ist eine Pflicht im OSZE-Raum.
Premierminister Orbán und Außenminister Szijjártó haben bereits alle wichtigen Bündnispartner – die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und die neue Bundesregierung – einer Einmischung in der Wahl beschuldigt. Die Kommunikationsstrategie der ungarischen Regierung ist somit fern jeder Realität, woran die Entsendung einer vollen OSZE- Wahlbeobachtungsmission kaum etwas ändern könnte.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs müssen außerdem einen Plan für den Fall entwickeln, dass es Orbán mittels Wahlmanipulationen gelingt, an der Macht zu bleiben. Europäische Sanktionsmechanismen wie das Artikel 7-Verfahren werden weiterhin von illiberalen Regierungen wie der polnischen blockiert. Deshalb würden das Einfrieren von bilateralen Beziehungen – wie im Fall von Österreich 2000 – und nationale Sanktionen gegen die wichtigsten Akteure des Orbán-Regimes, als Optionen zur Verfügung stehen.
Die Wahl in Ungarn könnte das Ansehen der europäischen Demokratien so sehr erschüttern wie der Sturm auf das Kapitol in den USA dort das Vertrauen in die Demokratie untergraben hat. Auch deshalb sollten EU-Institutionen und Mitgliedsstaaten die Zeit nutzen, sich auf diese Herausforderung vorzubereiten.
Zerreißprobe für Europas Demokratien: Blauäugig an der schönen Donau
Warum und wie sich die EU auf manipulierte Wahlen in Ungarn vorbereiten sollte. Ein Gastbeitrag.
Daniel Hegedüs ist Politikwissenschaftler (CEE Fellow) für Ostmitteleuropa bei dem German Marshall Fund of the United States.
Dieses Jahr wird ein entscheidendes Jahr für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der EU. Viktor Orbáns zwölf Jahre währende illiberale Herrschaft hat die ungarische Demokratie zu einem hybriden System mit autoritären Charakteristiken verkommen lassen. Die im April 2022 anstehende ungarische Parlamentswahl bietet zwar eine ernsthafte Chance, Orbán endlich aus der Regierungsmacht zu entfernen. Allerdings nur, wenn freie, gerechte und demokratische Wahlen sichergestellt werden können.
Seit Orbán im Jahr 2010 die Macht im Land eroberte, waren politischer Streit in der EU über die Lage der Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft, akademische Freiheiten und Medienfreiheit, als auch der Missbrauch von EU-Fonds in Ungarn an der Tagesordnung. Aus den Konflikten entstanden unzählige Vertragsverletzungsverfahren, mehrere Beschlüsse des Europäischen Parlaments und ein Artikel 7-Verfahren anlässlich der schwerwiegenden Verletzung der Europäischen Grundwerte. Nichts davon hatte eine nennenswerte Auswirkung auf die autoritären Entwicklungen in Ungarn.
Einen Aspekt des Demokratieabbaus ließ die EU allerdings immer wieder unerwähnt: die Integrität der Wahlen. Und das trotz des manipulierten Zuschneidens der Wahlbezirke und unausgewogener Medienberichterstattung, die strategische Vorteile für Orbáns Fidesz-Partei gewährleisten, und der zunehmenden Anzahl von Unregelmäßigkeiten.
Vor 12 Jahren die letzten gerechten Wahlen
Freie und gerechte Wahlen sind die Mindestvoraussetzung, um ein politisches System als Demokratie bezeichnen zu können. Ungarn hatte seine letzten freien und gerechten Wahlen 2010. Seitdem befindet sich die Integrität der Wahlen im kontinuierlichen Abstieg. Selbst die Wahlbeobachtungsmissionen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten die Parlamentswahlen 2014 und 2018 als „frei, aber ungerecht“.
Wegen der zunehmenden Unzufriedenheit mit dem Orbán-Regime liefert sich nach letzten Meinungsumfragen die Regierungspartei ein Kopf-an-Kopf Rennen mit einer nun vereinten Opposition im Land. Allerding muss wegen der manipulierten Zuschnitts der Wahlbezirke die Opposition ungefähr drei bis fünf Prozentpunktpunkte mehr erreichen als Fidesz, um eine Mehrheit zu erzielen.
In Zusammenhang mit der Medienberichterstattung stellte die OSZE-Wahlbeobachtungsmission schon 2018 fest, dass „die allgegenwärtige Überlappung von Ressourcen der Regierungspartei und des Staates“ die Fähigkeit der Opposition untergrub, unter gleichen Bedingungen am Wahlkampf teilnehmen zu können. Und außerdem, dass Wähler*innen in ihrer Fähigkeit behindert wurden, eine informierte Entscheidung zu treffen.
Zivile Wahlbeobachtungsorganisationen dokumentierten signifikante Unregelmäßigkeiten bereits während der Parlamentswahlen 2018 – einschließlich gefälschter Wahlprotokolle, die Einschüchterung von Wähler*innen und Wahlhelfer*innen, Wahlklientelismus und Stimmenkauf sowie die organisierte, illegale „Rekrutierung“ von ungarischen Wähler*innen aus den Nachbarländern Ungarns, die keinen Wohnsitz mehr im Land haben.
Die Unregelmäßigkeiten sind gewachsen
Seitdem ist das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten von Wahl zu Wahl gewachsen, was auch die Integrität der Kommunal- und Europäischen Parlamentswahlen im Jahr 2019 maßgeblich beeinflusste.
Darüber hinaus legalisierte die Orbán-Regierung im November 2021 praktisch den Wahltourismus, der die Manipulation der Wählerlisten und die massenhafte Umregistrierung von Wähler*innen in die am meisten umkämpften Wahlbezirke ermöglichte.
Vor diesem Hintergrund scheinen Erwartungen an gerechte und demokratische Wahlen in Ungarn illusorisch zu sein. Wahlexperten erwarten, dass der Unterschied zwischen Opposition und Fidesz in den zehn bis 15 meistumkämpften Wahlbezirken weniger als 1000 Stimmen betragen wird. Wegen dieses Kopf-an-Kopf Rennens können Unregelmäßigkeiten einen enormen Einfluss entfalten.
Zum ersten Mal in ihrer Geschichte besteht die reale Gefahr, dass die Europäische Union mit den ungarischen Parlamentswahlen 2022 zum ersten Mal erlebt, wie Wahlmanipulationen fundamentale Auswirkungen auf die Endergebnisse haben. Wie europäische Institutionen und Mitgliedsstaaten auf diese Herausforderung reagieren, wird einerseits eine entscheidende Auswirkung auf das demokratische Image der EU haben. Andererseits wird es die Integrität anderer Wahlen in Ostmitteleuropa beeinflussen, insbesondere im Hinblick auf die Wahlen in Polen im kommenden Jahr.
Die EU muss sich vorbereiten. Es muss alles getan werden, um Wahlmanipulationen zu vermeiden. EU-Mitgliedsstaaten sollen die Initiative der Vereinigten Staaten unterstützen und gemeinsam das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (OSCE-ODIHR) auffordern, eine umfassende Wahlbeobachtungsmission mit einer großen Zahl von kurzfristigen Wahlbeobachter*innen nach Ungarn zu senden.
Eine Kommission muss Manipulationen dokumentieren
Eine solche Kommission könnte das Regime entweder von größeren Manipulationen abhalten, oder im gegebenen Fall diese zumindest professionell dokumentieren.
Es besteht Grund zu der Annahme, dass die ungarische Regierung eine große Wahlbeobachtungsmission für ihre eigenen Zwecke instrumentalisieren könnte, um das Narrativ einer ausländischen Einmischung zu bedienen. Internationale Wahlbeobachtungsmissionen stellen jedoch keine Intervention in den Wahlprozess da. Sie zu dulden, ist eine Pflicht im OSZE-Raum.
Premierminister Orbán und Außenminister Szijjártó haben bereits alle wichtigen Bündnispartner – die Europäische Union, die Vereinigten Staaten und die neue Bundesregierung – einer Einmischung in der Wahl beschuldigt. Die Kommunikationsstrategie der ungarischen Regierung ist somit fern jeder Realität, woran die Entsendung einer vollen OSZE- Wahlbeobachtungsmission kaum etwas ändern könnte.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs müssen außerdem einen Plan für den Fall entwickeln, dass es Orbán mittels Wahlmanipulationen gelingt, an der Macht zu bleiben. Europäische Sanktionsmechanismen wie das Artikel 7-Verfahren werden weiterhin von illiberalen Regierungen wie der polnischen blockiert. Deshalb würden das Einfrieren von bilateralen Beziehungen – wie im Fall von Österreich 2000 – und nationale Sanktionen gegen die wichtigsten Akteure des Orbán-Regimes, als Optionen zur Verfügung stehen.
Die Wahl in Ungarn könnte das Ansehen der europäischen Demokratien so sehr erschüttern wie der Sturm auf das Kapitol in den USA dort das Vertrauen in die Demokratie untergraben hat. Auch deshalb sollten EU-Institutionen und Mitgliedsstaaten die Zeit nutzen, sich auf diese Herausforderung vorzubereiten.
Zitat von Gast am 26. Januar 2022, 09:12 UhrGenesenen-Status: EU einigt sich auf Gültigkeit von sechs Monaten
Der Status als Genesener soll künftig europaweit sechs Monate lang gültig sein. Darauf einigten sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union am Dienstag. Das bedeutet, dass Menschen nach einer nachgewiesenen Infektion sechs Monate lang dieselben Rechte wie Geimpfte haben. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte dem Business Insider nach der Entscheidung der EU am Dienstag: „Das Mindeste, was wir alle erwarten können, ist, dass die Mitgliedstaaten diese Empfehlung auch umsetzen.“ Da sich die Omikron-Variante mittlerweile in ganz Europa verbreitet habe, solle nun auch geprüft werden, die in einigen Mitgliedstaaten eingeführten Reisebeschränkungen wieder aufzuheben.
Ob die scharf kritisierte Verkürzung des Genesenen-Status in Deutschland durch das Robert Koch-Institut nun wieder rückgängig gemacht wird, war am Dienstag zunächst unklar. Dem Bericht zufolge habe man im Auswärtigen Amt auf das Innenministerium und von dort auf das Bundesverkehrsministerium verwiesen. Im von Karl Lauterbach geführten Bundesgesundheitsministerium wusste man von der EU-Entscheidung bis zum frühen Abend offenbar nichts. Zumindest Anna Lührmann, Staatsministerin von Außenministerin Annalena Baerbock, stimmte nach Informationen von Business Insider für die neue Regelung, nach der der Status Genesen sechs Monate lang gültig sein soll.Der deutsche EU-Parlamentarier und FDP-Politiker Jan-Christoph Oetjen (FDP) sagte dem Business Insider dazu, es dürfe nun keine Alleingänge einzelner EU-Länder geben. Oetjen:„ Die Einigung auf 180 Tage Gültigkeit für ein Genesungszertifikat muss auch von den Staaten gewährleistet werden, welche in den letzten Wochen für eine verkürzte Gültigkeitsdauer geworben haben.“ Und weiter: „Das gilt auch für Deutschland.“
Laut dem EU-Beschluss soll ein gültiges EU-Corona-Zertifikat für Reisen in Europa künftig zudem wichtiger als das Infektionsgeschehen im Abreiseland sein. Wer kein Zertifikat hat, soll nach der Ankunft einen Test machen. Für Kinder gibt es Ausnahmen. Zusätzliche Beschränkungen soll es nicht geben.
Genesenen-Status: EU einigt sich auf Gültigkeit von sechs Monaten
Der Status als Genesener soll künftig europaweit sechs Monate lang gültig sein. Darauf einigten sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union am Dienstag. Das bedeutet, dass Menschen nach einer nachgewiesenen Infektion sechs Monate lang dieselben Rechte wie Geimpfte haben. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte dem Business Insider nach der Entscheidung der EU am Dienstag: „Das Mindeste, was wir alle erwarten können, ist, dass die Mitgliedstaaten diese Empfehlung auch umsetzen.“ Da sich die Omikron-Variante mittlerweile in ganz Europa verbreitet habe, solle nun auch geprüft werden, die in einigen Mitgliedstaaten eingeführten Reisebeschränkungen wieder aufzuheben.
Der deutsche EU-Parlamentarier und FDP-Politiker Jan-Christoph Oetjen (FDP) sagte dem Business Insider dazu, es dürfe nun keine Alleingänge einzelner EU-Länder geben. Oetjen:„ Die Einigung auf 180 Tage Gültigkeit für ein Genesungszertifikat muss auch von den Staaten gewährleistet werden, welche in den letzten Wochen für eine verkürzte Gültigkeitsdauer geworben haben.“ Und weiter: „Das gilt auch für Deutschland.“
Laut dem EU-Beschluss soll ein gültiges EU-Corona-Zertifikat für Reisen in Europa künftig zudem wichtiger als das Infektionsgeschehen im Abreiseland sein. Wer kein Zertifikat hat, soll nach der Ankunft einen Test machen. Für Kinder gibt es Ausnahmen. Zusätzliche Beschränkungen soll es nicht geben.