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Zitat von Gast am 27. Juli 2022, 07:32 UhrIWF sieht Welt kurz vor Rezession – und Deutschland ist der größte Verlierer
Die einzig gute Nachricht vorweg: Die überraschend große Reiselust der Menschen nach und in Italien führt dazu, dass die Wirtschaft des Mittelmeerlandes in diesem Jahr stärker wächst als noch im Frühjahr erwartet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erhöht seine Prognose für 2022 von 2,3 Prozent auf drei Prozent. Die Ökonomen begründen dies abgesehen vom florierenden Tourismus mit stärkeren Industrieaktivitäten in Italien.
Alles andere als positiv wird man in der westlichen Welt eine weitere Zahl für ein einzelnes Land in dem überarbeiteten World Economic Outlook des IWF bewerten: Die russische Wirtschaft schlägt sich trotz der Sanktionen ebenfalls besser als noch im April gedacht.
Statt von einem Minus von 8,5 Prozent gehen die Ökonomen nun für 2022 noch von einem Minus von sechs Prozent aus. „Das Geschäft mit Öl und anderen Exportgütern hat sich als stabiler erwiesen als erwartet“, heißt es in dem aktuellen Report. Auch die Konsumnachfrage der Russen sei immer noch recht gut, auch dank eines stabilen heimischen Bankensektors und Arbeitsmarktes.
Schaut man auf diese Zahlen, fällt die Entwicklung im Rest der Welt weitaus negativer aus – vorwiegend in den großen Volkswirtschaften des Westens. Für sie zeichnen die Experten des IWF ein düsteres Bild für die kommenden Monate. „Leider sind viele Befürchtungen, die wir im April lediglich beschrieben haben, mittlerweile eingetreten“, sagt Chefanalyst Pierre-Olivier Gourinchas.
Die Inflation in den Vereinigten Staaten und Europa sei höher, immer neue Lockdowns in China ließen die Wirtschaft in dem Riesenreich stärker schwächeln. Zudem bremsen gerade in den großen Volkswirtschaften Europas die hohen Energiepreise, das schwindende Konsumentenvertrauen und die unveränderten Lieferprobleme von Rohstoffen und Einzelteilen das Wachstum.Kurzum: Aus Sicht des IWF steht die Welt erneut kurz vor einer Rezession – gerade einmal zwei Jahre nach der letzten. Als Konsequenz hat die Mehrländerorganisation aus Washington, zu deren Hauptaufgabe die Stabilisierung des weltweiten Währungssystems gehört, nicht nur für 2022, sondern auch für 2023 reihenweise die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert.
Der größte Verlierer unter den großen Wirtschaftsnationen ist Deutschland. Bereits in der Vorwoche wurde bekannt, dass die IWF-Ökonomen Deutschland im kommenden Jahr lediglich noch ein Wachstum von 0,8 Prozent zutrauen statt 2,7 Prozent, wie sie es in ihrem April-Ausblick der deutschen Wirtschaft noch zutrauten.
Jetzt zeigt sich: Keine andere der großen Wirtschaftsnationen trifft die jüngste Entwicklung der Krise härter als Deutschland. Um 1,9 Prozentpunkte revidierten die IWF-Ökonomen ihre Schätzungen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Deutschland.Die zweitgrößte Korrektur nahmen sie bei der Prognose für das Wachstum in den Vereinigten Staaten vor: statt ein Plus von 2,3 Prozent soll es dort im nächsten Jahr nur noch um ein Prozent nach oben gehen.
Und das auch nur, wenn nicht weitere Gefahren für die Wirtschaft eintreten. Dazu zählt der IWF: ein plötzlicher kompletter Gaslieferstopp aus Russland nach Europa, eine dauerhaft hohe Inflation, nicht zuletzt auch durch den allgemeinen Arbeitskräftemangel in vielen Industrieländern getrieben, und die Zinspolitik der Notenbanken, die hauptsächlich die Schuldenprobleme in Schwellenländern erhöhen.
Weitere Risiken sehen die Ökonomen in weiteren Corona-Ausbrüchen in China, steigenden Nahrungsmittelpreisen, die zu sozialen Unruhen führen könnten, und einem neuen Nationalismus, der den freien Handel zwischen Ländern und Kontinenten einschränke.
„Werden nur einige dieser Risiken Wirklichkeit, versiegt etwa der Gasfluss nach Europa, dann steigt die Inflation und das Wachstum verlangsamt sich weiter“, so Gourinchas. In diesem Szenario nähere sich das Wachstum in den Vereinigten Staaten und der Euro-Zone der Nulllinie, was wiederum negative Effekte für den Rest der Welt habe. Noch geht der IWF für die Weltwirtschaft immerhin von einem Plus von 3,2 Prozent in diesem und 2,9 Prozent im nächsten Jahr aus.
Zentrale Aufgabe: Kampf gegen Inflation
Im Kampf gegen die Inflation sieht der IWF die zentrale Aufgabe der Politik. Zuletzt hätten die Notenbanken in den großen Industrienationen schneller als noch im Frühjahr erwartet die Zinsen erhöht und damit der Wirtschaft die Unterstützung in Form von günstigen Krediten entzogen.
„Die restriktivere Geldpolitik kostet Wirtschaftswachstum, aber jede Verzögerung würde die Not nur verschärfen“, sagt Gourinchas. Er fordert, dass die Zentralbanken ihren Zinserhöhungskurs beibehalten, bis sie die Inflation wieder im Griff haben.
Die Sorgen des IWF gelten in dem Zusammenhang vorwiegend den Schwellenländern, die ohnehin hoch verschuldet sind und nicht den finanziellen Spielraum wie die Vereinigten Staaten oder Deutschland haben. Die Ausfallwahrscheinlichkeit vieler dieser Länder habe sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre bereits von rund 20 Prozent auf 60 Prozent erhöht.
Höhere Zinsausgaben, ein eingeschränkter Zugang zu Krediten, ein stärkerer Dollar und ein schwächelndes Wirtschaftswachstum erhöhten deren Ausfallrisiko weiter. Geht es nach dem IWF, ist in dieser Phase eine enge weltweite Abstimmung entscheidend, etwa wenn es um die Energieversorgung geht, die Nahrungsmittelsicherheit und das Verhindern einer Schuldenkrise.
IWF sieht Welt kurz vor Rezession – und Deutschland ist der größte Verlierer
Die einzig gute Nachricht vorweg: Die überraschend große Reiselust der Menschen nach und in Italien führt dazu, dass die Wirtschaft des Mittelmeerlandes in diesem Jahr stärker wächst als noch im Frühjahr erwartet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erhöht seine Prognose für 2022 von 2,3 Prozent auf drei Prozent. Die Ökonomen begründen dies abgesehen vom florierenden Tourismus mit stärkeren Industrieaktivitäten in Italien.
Alles andere als positiv wird man in der westlichen Welt eine weitere Zahl für ein einzelnes Land in dem überarbeiteten World Economic Outlook des IWF bewerten: Die russische Wirtschaft schlägt sich trotz der Sanktionen ebenfalls besser als noch im April gedacht.
Statt von einem Minus von 8,5 Prozent gehen die Ökonomen nun für 2022 noch von einem Minus von sechs Prozent aus. „Das Geschäft mit Öl und anderen Exportgütern hat sich als stabiler erwiesen als erwartet“, heißt es in dem aktuellen Report. Auch die Konsumnachfrage der Russen sei immer noch recht gut, auch dank eines stabilen heimischen Bankensektors und Arbeitsmarktes.
Schaut man auf diese Zahlen, fällt die Entwicklung im Rest der Welt weitaus negativer aus – vorwiegend in den großen Volkswirtschaften des Westens. Für sie zeichnen die Experten des IWF ein düsteres Bild für die kommenden Monate. „Leider sind viele Befürchtungen, die wir im April lediglich beschrieben haben, mittlerweile eingetreten“, sagt Chefanalyst Pierre-Olivier Gourinchas.
Kurzum: Aus Sicht des IWF steht die Welt erneut kurz vor einer Rezession – gerade einmal zwei Jahre nach der letzten. Als Konsequenz hat die Mehrländerorganisation aus Washington, zu deren Hauptaufgabe die Stabilisierung des weltweiten Währungssystems gehört, nicht nur für 2022, sondern auch für 2023 reihenweise die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert.
Der größte Verlierer unter den großen Wirtschaftsnationen ist Deutschland. Bereits in der Vorwoche wurde bekannt, dass die IWF-Ökonomen Deutschland im kommenden Jahr lediglich noch ein Wachstum von 0,8 Prozent zutrauen statt 2,7 Prozent, wie sie es in ihrem April-Ausblick der deutschen Wirtschaft noch zutrauten.
Die zweitgrößte Korrektur nahmen sie bei der Prognose für das Wachstum in den Vereinigten Staaten vor: statt ein Plus von 2,3 Prozent soll es dort im nächsten Jahr nur noch um ein Prozent nach oben gehen.
Und das auch nur, wenn nicht weitere Gefahren für die Wirtschaft eintreten. Dazu zählt der IWF: ein plötzlicher kompletter Gaslieferstopp aus Russland nach Europa, eine dauerhaft hohe Inflation, nicht zuletzt auch durch den allgemeinen Arbeitskräftemangel in vielen Industrieländern getrieben, und die Zinspolitik der Notenbanken, die hauptsächlich die Schuldenprobleme in Schwellenländern erhöhen.
Weitere Risiken sehen die Ökonomen in weiteren Corona-Ausbrüchen in China, steigenden Nahrungsmittelpreisen, die zu sozialen Unruhen führen könnten, und einem neuen Nationalismus, der den freien Handel zwischen Ländern und Kontinenten einschränke.
„Werden nur einige dieser Risiken Wirklichkeit, versiegt etwa der Gasfluss nach Europa, dann steigt die Inflation und das Wachstum verlangsamt sich weiter“, so Gourinchas. In diesem Szenario nähere sich das Wachstum in den Vereinigten Staaten und der Euro-Zone der Nulllinie, was wiederum negative Effekte für den Rest der Welt habe. Noch geht der IWF für die Weltwirtschaft immerhin von einem Plus von 3,2 Prozent in diesem und 2,9 Prozent im nächsten Jahr aus.
Zentrale Aufgabe: Kampf gegen Inflation
Im Kampf gegen die Inflation sieht der IWF die zentrale Aufgabe der Politik. Zuletzt hätten die Notenbanken in den großen Industrienationen schneller als noch im Frühjahr erwartet die Zinsen erhöht und damit der Wirtschaft die Unterstützung in Form von günstigen Krediten entzogen.
„Die restriktivere Geldpolitik kostet Wirtschaftswachstum, aber jede Verzögerung würde die Not nur verschärfen“, sagt Gourinchas. Er fordert, dass die Zentralbanken ihren Zinserhöhungskurs beibehalten, bis sie die Inflation wieder im Griff haben.
Die Sorgen des IWF gelten in dem Zusammenhang vorwiegend den Schwellenländern, die ohnehin hoch verschuldet sind und nicht den finanziellen Spielraum wie die Vereinigten Staaten oder Deutschland haben. Die Ausfallwahrscheinlichkeit vieler dieser Länder habe sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre bereits von rund 20 Prozent auf 60 Prozent erhöht.
Höhere Zinsausgaben, ein eingeschränkter Zugang zu Krediten, ein stärkerer Dollar und ein schwächelndes Wirtschaftswachstum erhöhten deren Ausfallrisiko weiter. Geht es nach dem IWF, ist in dieser Phase eine enge weltweite Abstimmung entscheidend, etwa wenn es um die Energieversorgung geht, die Nahrungsmittelsicherheit und das Verhindern einer Schuldenkrise.