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Wärmepumpe als Klimaanlage: Das Rätsel um die Luft-Luft-Wärmepumpen

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Unter den wenigen Wärmepumpen, für die noch Förderung beantragt wird, sind rund ein Viertel Modelle des Typs Luft-Luft. Wieso tauchen die in der Absatzstatistik der Industrie nicht auf?

Im Zusammenhang mit Wärmepumpen war in jüngerer Vergangenheit nur noch von schrumpfenden Zahlen zu lesen, von Niedergang und Einbruch. Zuletzt wieder Ende Juli, als der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) seine Halbjahresbilanz 2024 veröffentlichte. Dem Verband zufolge wurden im ersten Halbjahr nur knapp 90.000 Wärmepumpen in Deutschland abgesetzt – ein Minus von 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Doch vor wenigen Tagen sorgte eine neue Wärmepumpen-Statistik für Aufsehen in der Heizungsbranche: Denn daraus lesen viele eine erstaunliche Verschiebung ab.

Es geht um die aktuellen Antragszahlen vom Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium zum Förderprogramm BEG (Bundesförderung für effiziente Gebäude). Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum vom 27. Februar bis 31. Juli 2024 und geben erstmals öffentlich Auskunft über die einzelnen Wärmepumpen-Typen. Es zeigt sich: Mehr als ein Viertel aller zur Förderung beantragten Wärmepumpen in Deutschland sind Luft-Luft-Wärmepumpen – nachdem sie in den sonstigen Statistiken bisher überhaupt nicht aufgetaucht waren:

Günstiger als klassische Luft-Wasser-Wärmepumpe

Im Unterschied zu der in Deutschland gängigen Luft-Wasser-Wärmepumpe braucht die Luft-Luft-Wärmepumpe keine Heizkörper und auch keine Wasserrohre, die im ganzen Haus und in jedem Raum liegen. Denn Luft-Luft-Wärmepumpen heizen nicht mittels Wasser. Stattdessen hängt man sich die sogenannte Inneneinheit der Heizung in den Raum, die sodann warme Luft verströmt. Oftmals wird pro Zimmer eine Inneneinheit benötigt, also gleich mehrere für ein Haus. Deswegen kommen Luft-Luft-Wärmepumpen auch kaum bei Renovierungsprojekten zum Einsatz. Denn im typischen deutschen 60er- oder 70er-Jahre-Bau liegen bereits Wasserleitungen für die Heizungen – und diese können einfach weiterbenutzt werden, wenn man eine Luft-Wasser-Wärmepumpe einbaut.

Warum ist dann jede vierte zur Förderung beantragte Wärmepumpe ein Luft-Luft-Gerät? Ein Branchenkenner, der anonym bleiben möchte, vermutet zum einen eine hohe Nachfrage dieses Heizungstyps bei Fertighäusern. Wenn man ein gut isoliertes Haus von Grund auf neu plane, könne man natürlich aus Kostengründen auf Wasserleitungen für die Heizung verzichten. Zudem sind Luft-Luft-Wärmepumpen auch in der Anschaffung deutlich günstiger als Luft-Wasser-Geräte. Und noch ein Grund sei mit ausschlaggebend: Luft-Luft-Wärmepumpen seien technisch gesehen nichts anderes als Klimaanlagen.

Lassen sich die Deutschen Klimaanlagen vom Staat fördern?

In der Tat können die Geräte in aller Regel sowohl warme als auch kalte Luft verströmen. Vor ein paar Jahren, amüsiert sich ein anderer Experte aus der Branche, hätte diese Geräte niemand als Wärmepumpen bezeichnet – sondern einfach als Klimaanlage. Jetzt, wo man sie staatlich fördern lassen kann, seien es plötzlich Wärmepumpen. Das legt den Verdacht nahe, dass viele Deutsche sich schlicht eine Klimaanlage vom Staat fördern lassen – von einem Förderprogramm, das ausdrücklich dafür ausgelegt ist, „dauerhaft Energiekosten ein(zu)sparen und damit das Klima (zu) schützen“, wie das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) schreibt.

In der Theorie ist das zwar denkbar, weil die Behörden kaum kontrollieren können, wie der Besitzer seine Luft-Luft-Wärmepumpe zu Hause benutzt. In der Praxis seien solche Tricksereien aber kaum möglich, sagt Peter Kuscher vom Bundesverband Wärmepumpe. „Entscheidend ist, dass diese Anlagen zur Gebäudebeheizung passend ausgelegt sein müssen. Das kann man rechnerisch nachweisen.“ Daher müssen Interessierte bei der Förderantragstellung den Nachweis erbringen, dass die gewünschte Heizung mindestens die vom GEG geforderten 65 Prozent der Heizlast abdecken kann. Auch müsse ein förderfähiges Gerät bestimmte Effizienzwerte erfüllen. Damit, erklärt Kuscher, scheiden weniger hochwertige Geräte – wie sie für die ausschließliche Nutzung als Klimaanlage ausreichen – aus.

„Möglich, dass der Anteil der Luft-Luft-Wärmepumpen weiter zunimmt“

Auch bei einer anderen Frage kann Kuscher behilflich sein: Zeigen die Zahlen vom Bundeswirtschaftsministerium nun einen starken Anstieg von Luft-Luft-Wärmepumpen? Nicht wirklich, meint Kuscher. Denn das BAFA weist die Luft-Luft-Wärmepumpen bereits seit 2021 in der Statistik der Gerätetypen aus, übermittelte diese Informationen bislang aber nur den Fachverbänden, nicht der breiten Öffentlichkeit. Der BAFA zufolge lag der Anteil der Luft-Luft-Geräte auch in den vergangenen Jahren bereits in relevanter Größenordnung: 2021 waren es 22 Prozent, 2022 gar 26 Prozent, und im vergangenen Jahr 17 Prozent. Aber erst mit den jüngsten Zahlen vom BMWK ist dieser recht hohe Anteil einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden.

„Deshalb kann man sagen: Der Anteil der geförderten Luft-Luft-Wärmepumpen wurde möglicherweise von einigen unterschätzt. Seit Aufnahme in die Förderung sind sie der zweitstärkste Wärmepumpen-Gerätetyp“, sagt Kuscher. „Und angesichts der im Vergleich zu Luft-Wasser-Wärmepumpen etwas niedrigeren Anfangskosten ist es möglich, dass der Anteil der Luft-Luft-Wärmepumpen noch etwas weiter zunimmt.“

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Wenn die Fachverbände also schon seit mindestens drei Jahren um die Bedeutung der Luft-Luft-Wärmepumpe wissen: Warum fragt der BDH seine Mitglieder nicht danach? Der Verband betont zunächst die Unterschiede der beiden Statistiken. Die Absatzstatistik des BDH erfasst alle Heizungen, die von den Herstellern abgesetzt worden sind – im Gegensatz dazu müsse sich die Anzahl an genehmigten Förderanträgen, ob BAFA oder KfW, nicht zwingend in real verkauften Heizungen niederschlagen. „Der Antragsteller ist nicht gezwungen, dies auch zur Umsetzung zu bringen.“ Zudem könnten bewilligte Wärmepumpen auch erst mit deutlicher Verzögerung im Absatzmarkt ankommen, wenn Antragsteller zwei oder, je nach Förderprogramm, auch bis zu vier Jahre Zeit für die Ausführung haben.

Vor allem aber, sagt ein Sprecher des Verbandes, richte sich die Statistik nach der Verbreitung und dem Marktanteil der entsprechenden Technologien. „Erst wird der Markt geschaffen, dann kommt die Statistik. Bei Luft-Luft-Wärmepumpen war dies bisher nicht gegeben.“ Der BDH erhebe den Anspruch, mit seiner Absatzstatistik repräsentativ für den deutschen Markt zu sein und hat sich als Zielgröße gesetzt, 85 Prozent des Marktes abzudecken. Diese kritische Masse sei bisher bei Luft-Luft-Wärmepumpen nicht erreicht. Zum Kontext: Der BDH zählt rund 120 Mitgliedsunternehmen.

Der Fachverband Gebäude-Klima (FGK) sammelt zwar Daten zu luftgeführten Split-Geräten, hier sei jedoch nicht eindeutig zuordenbar, erläutert Peter Kuscher vom Bundesverband Wärmepumpe, „ob diese primär zu Heiz- oder zu Kühlzwecken genutzt werden – dies macht jedoch den entscheidenden Unterschied für die Frage, ob es sich hier in der Statistik um Klimageräte oder Wärmepumpen handelt.“ Man befinde sich derzeit in Gesprächen, wie so eine Statistik sinnvoll abgebildet werden könne. Bis auf Weiteres bleibt die genaue Zahl an Luft-Luft-Wärmepumpen in Deutschland also ein Geheimnis.

„Dieses Know-how haben viele deutsche Hersteller nicht“

Was bedeutet das alles nun für die deutsche Heizungsindustrie? Kurz gesagt: Eher nichts Gutes. Die Heizungshersteller dieses Landes teilen bekanntlich ein Problem: Deutlich weniger Menschen möchten derzeit ihre Wärmepumpen haben (also meistens: Luft-Wasser-Wärmepumpen). Unmittelbar nach Ausbruch des Ukraine-Krieges war die Nachfrage derart nach oben geschnellt, dass viele Hersteller Hunderte Millionen Euro in neue Wärmepumpen-Fabriken investiert haben, weil sie mit einer dauerhaft hohen Nachfrage gerechnet haben. Doch mittlerweile ist Ernüchterung eingekehrt: Der niedersächsische Wärmepumpen-Spezialist Stiebel Eltron musste zwischenzeitlich Kurzarbeit anmelden, der Remscheider Heizungsbauer Vaillant baut Stellen ab.

Wenn nun jene Geräte mehr Zulauf erhalten, die technisch kaum von klassischen Klimaanlagen zu unterscheiden sind: Werden deutsche Heizungsbauer dann noch stärker unter Druck geraten gegenüber asiatischen Kältetechnik-Konzernen, die seit Jahrzehnten Klimaanlagen verkaufen? Ein Brancheninsider befürchtet genau das: Bei Luft-Luft-Wärmepumpen hätten die asiatischen Großkonzerne LG, Samsung, Panasonic, Mitsubishi einen großen Vorteil: „Die haben diese Kompressoren-Technik, die in Klimaanlagen steckt, schon seit Jahrzehnten im Haus. Dieses Know-how haben die meisten deutschen Hersteller nicht oder noch nicht lange und müssen das oft zukaufen.“

Zukaufen – oder zugekauft werden. So wie Viessmann. Der Heizungshersteller aus dem hessischen Allendorf wurde im vergangenen Jahr vom US-amerikanischen Klimatechnik-Konzern Carrier übernommen. Vor der Carrier-Übernahme hatte Viessmann keine Luft-Luft-Wärmepumpen im Portfolio, bestätigt ein Sprecher auf Nachfrage. Denn gerade in Deutschland, dem größten Markt von Viessmann, seien Luft-Luft-Geräte „schlicht weniger geeignet als etwa in Italien, Spanien oder Südfrankreich, wo es einfach heißer ist und der Heizbedarf auch im Winter nicht so ausgeprägt ist wie hierzulande.“

In Deutschland sei die klassische Luft-Wasser-Wärmepumpe bei Viessmann mit großem Abstand führend. Zudem sei die Art der Wärmezufuhr bei Luft-Luft-Geräten eine ganz andere, „das ist eine Gewöhnungssache und das empfinden viele Menschen, die mehrheitlich an Heizkörper-Wärme gewöhnt sind, eher als unangenehm.“ Wenn aber nun die Nachfrage nach Luft-Luft-Geräten auch in Deutschland weiter steigen sollte, „liegt es auf der Hand, dass der Zusammenschluss mit Carrier hilft“, sagt der Sprecher. Schließlich ist der US-Konzern einer der Weltmarktführer für Klimaanlagen.

Wettbewerber Bosch geht den umgekehrten Weg: Wie der Industriekonzern Ende Juli bekannt gab, kauft er für rund 7,4 Milliarden Euro das Klima- und Kältetechnikgeschäft des US-Konzerns Johnson Controls sowie ein Gemeinschaftsunternehmen für Klimatechnik von Johnson Controls und dem japanischen Mischkonzern Hitachi. Ein Sprecher von Bosch Home Comfort betont aber, Bosch habe schon länger Luft-Luft-Wärmepumpen im Portfolio. Die Geräte liefen bloß unter der Bezeichnung Klimaanlage.

Ähnlich äußert sich ein Sprecher von Vaillant. Der Heizungsbauer hat solche Klimageräte „schon länger“ im Programm, als Mono-Split-Geräte (bestehend aus einer Außen- und einer Inneneinheit) und als Multi-Split-Geräte (eine Außeneinheit, mehrere Inneneinheiten). Die Anzahl der verkauften Luft-Luft-Wärmepumpen sei in Deutschland aber „wesentlich geringer“ als die klassische Luft-Wasser-Wärmepumpe. In Italien, Spanien und in Teilen von Frankreich verkaufe Vaillant aber schon mehr davon.

Beim japanischen Konzern Daikin, dem mutmaßlich größten nicht-deutschen Klimaanlagen- und Wärmepumpen-Hersteller in Deutschland, freut man sich jedenfalls über das gesteigerte Interesse der Deutschen an Luft-Luft-Geräten: „Die Nachfrage nach der Luft-Luft-Ausführung steigt“, bekräftigt Martin Krutz, Deutschlandchef von Daikin Airconditioning, auf Nachfrage. Er glaubt an die Heizungsart und erzählt von Zuhause. Sein Haus in Österreich verfügt über einen Fernwärme-Anschluss. Zusätzlich habe er auf einer Etage Luft-Luft-Wärmepumpen installiert. Und im vergangenen Winter habe er auf dieser Etage nahezu ausschließlich mit diesen Geräten geheizt, ohne die Fernwärme zu nutzen – „und das klappt ganz hervorragend.“