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Folgen des Brexit: EU-Bürger brauchen bald Reisepass für Großbritannien
Zitat von Gast am 23. August 2023, 12:26 Uhr"Banker-Exodus" aus London nach dem Brexit - wie groß ist er wirklich?
Der Finanzdistrikt von London: Hier schlägt das Herz der britischen Wirtschaft. Dann kam der Brexit – die Angst machte sich breit. Pessimisten rechneten mit dem Verlust von über einer viertel Million Arbeitsplätzen. Doch diese düsteren Szenarien haben sich nicht bewahrheitet. Die jüngsten Erhebungen gehen von rund 7.000 Abwandernden aus.
Allerdings – so glauben Experten – sind andere europäische Städte in Bereichen wie dem Investmentbanking inzwischen wettbewerbsfähiger als London. David Henig vom Europäische Zentrum für internationale politische Ökonomie, glaubt: „London wird immer noch als globaler Finanzakteur gesehen – aber nicht unbedingt als einziges europäisches Finanzdienstleistungszentrum, und ich denke, das hat sich durch den Brexit geändert. Jetzt denken die Leute, dass nicht nur London ein europäisches Finanzzentrum ist, sondern auch andere Orte. Es könnte Paris, Amsterdam oder Dublin sein.“
London ist unter Druck: Andere europäische Städte wie Dublin treten ins Rampenlicht – als neue Zentren für das Bankwesen. Was einst aber als Massenexodus von City-Bankern aus London prognostiziert wurde, hat sich in Wirklichkeit als strategische Neuausrichtung der Ressourcen um europäische Bankenzentren herum erwiesen ... um mit London zu konkurrieren.
Peter Lawlor ist der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Börse. Er glaubt, dass europäische Zentren wie Frankfurt London einen Schritt voraus waren. Gleichzeitig sei es zu früh, die langfristigen Auswirkungen des Brexit auf die Finanzdienstleistungen einhzuschätzen:
„Ich glaube nicht, dass die strategischen Überlegungen im Vereinigten Königreich richtig durchgeführt wurden. Frankfurt war sehr interessiert, Paris war sehr interessiert. Sie kennen die Anreize, die in verschiedenen europäischen Städten gesetzt wurden. Aber wo wird das Ganze letztendlich hinführen? Was auch immer ‚letztendlich‘ bedeuten mag – es ist zu früh, um das zu sagen.
Der Wind hat sich gedreht, die Machtverhältnisse haben sich neu geordnet – die Geschichte der Auswirkungen des Brexit auf das Finanzwesen in Europa ist noch lange nicht zu Ende.
"Banker-Exodus" aus London nach dem Brexit - wie groß ist er wirklich?
Der Finanzdistrikt von London: Hier schlägt das Herz der britischen Wirtschaft. Dann kam der Brexit – die Angst machte sich breit. Pessimisten rechneten mit dem Verlust von über einer viertel Million Arbeitsplätzen. Doch diese düsteren Szenarien haben sich nicht bewahrheitet. Die jüngsten Erhebungen gehen von rund 7.000 Abwandernden aus.
Allerdings – so glauben Experten – sind andere europäische Städte in Bereichen wie dem Investmentbanking inzwischen wettbewerbsfähiger als London. David Henig vom Europäische Zentrum für internationale politische Ökonomie, glaubt: „London wird immer noch als globaler Finanzakteur gesehen – aber nicht unbedingt als einziges europäisches Finanzdienstleistungszentrum, und ich denke, das hat sich durch den Brexit geändert. Jetzt denken die Leute, dass nicht nur London ein europäisches Finanzzentrum ist, sondern auch andere Orte. Es könnte Paris, Amsterdam oder Dublin sein.“
London ist unter Druck: Andere europäische Städte wie Dublin treten ins Rampenlicht – als neue Zentren für das Bankwesen. Was einst aber als Massenexodus von City-Bankern aus London prognostiziert wurde, hat sich in Wirklichkeit als strategische Neuausrichtung der Ressourcen um europäische Bankenzentren herum erwiesen ... um mit London zu konkurrieren.
Peter Lawlor ist der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Börse. Er glaubt, dass europäische Zentren wie Frankfurt London einen Schritt voraus waren. Gleichzeitig sei es zu früh, die langfristigen Auswirkungen des Brexit auf die Finanzdienstleistungen einhzuschätzen:
„Ich glaube nicht, dass die strategischen Überlegungen im Vereinigten Königreich richtig durchgeführt wurden. Frankfurt war sehr interessiert, Paris war sehr interessiert. Sie kennen die Anreize, die in verschiedenen europäischen Städten gesetzt wurden. Aber wo wird das Ganze letztendlich hinführen? Was auch immer ‚letztendlich‘ bedeuten mag – es ist zu früh, um das zu sagen.
Der Wind hat sich gedreht, die Machtverhältnisse haben sich neu geordnet – die Geschichte der Auswirkungen des Brexit auf das Finanzwesen in Europa ist noch lange nicht zu Ende.
Zitat von Gast am 29. September 2023, 09:54 UhrIn Großbritannien nimmt das Bedauern über den Brexit zu. Rund 62 Prozent der Briten halten jüngsten Umfragen zufolge den Austritt aus der EU für einen Misserfolg.
Die Lebensmittelpreise sind seit Januar 2021 um ein Viertel gestiegen - eine Folge der zusätzlichen Handelsschranken, die durch den Austritt aus dem Binnenmarkt entstanden sind.
Laut Forschern des Centre for European Reform sind zudem die Unternehmensinvestitionen aufgrund des Brexit um 23 Prozent niedriger ausgefallen, als sie es 2020 und 21 gewesen wären - ohne den Brexit.
Die Befürworter des Wiedereintritts sagen, dass die Öffentlichkeit den Politikern voraus ist, wenn es um die Forderung nach einer Rückkehr des Landes in die EU geht:
"Ich denke, es ist die Realität der Lebenskostenkrise. Die Menschen waren vielleicht in die Ideologie verstrickt, in die Debatten, die wir vor sechs, sieben Jahren über die Souveränität Großbritanniens und all das Zeug geführt haben, und sind nun mit der Tatsache konfrontiert worden, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt", sagt Femi Oluwole, EU-Aktivist und Autor für die Tageszeitung The Independent.
"Können Sie Ihre Kinder jetzt noch ernähren? Die Hälfte der einkommensschwachen Familien in Großbritannien lässt Mahlzeiten ausfallen, um ihre Kinder zu ernähren. Wir können uns den Brexit nicht leisten. Wenn wir uns keine Lebensmittel mehr leisten können, können wir uns auch den Brexit nicht leisten."
Doch der Prozess des EU-Beitritts ist äußerst komplex. Außerdem gibt es keine Vorbedingung für den Beitritt eines Landes, und die EU hat sich seit dem britischen Votum für den Austritt 2016 erheblich verändert.
In der Zwischenzeit stehen mehrere andere Länder in den Startlöchern, darunter die Ukraine und die Länder des westlichen Balkans.
Allerdings hat sich die britische Seite in den letzten Monaten für eine pragmatischere, engere Beziehung zu Brüssel entschieden, als die Briten dem prestigeträchtigen Horizon-Wissenschaftsprogramm der EU wieder beitraten.
"In erster Linie geht es um eine völlig neue Diskussion. Es wird nicht um einen möglichen Beitritt Großbritanniens zu den bisherigen Bedingungen gehen", sagt Georg Emil Riekeles, stellvertretender Direktor am European Policy Centre.
"Und dann denke ich, dass es einen sehr interessanten Punkt gibt, auf den wir hinweisen sollten, nämlich dass sich die EU jetzt in einem Erweiterungsprozess befindet, nicht nur um den westlichen Balkan, sondern auch um die Ukraine, Moldawien und möglicherweise darüber hinaus. Und das ist an sich schon eine sehr große Herausforderung für die EU."
Die Politiker dieseits und jenseits des Ärmelkanals haben derzeit keine Lust, eine zutiefst polarisierende Debatte wieder aufzunehmen.
Umfragen zeigen starke Aussichten für eine Labour-geführte Regierung bei den britischen Wahlen im nächsten Jahr, aber ihr Vorsitzender Kier Starmer hat eine Rückkehr zur EU ausgeschlossen - bislang.
In Großbritannien nimmt das Bedauern über den Brexit zu. Rund 62 Prozent der Briten halten jüngsten Umfragen zufolge den Austritt aus der EU für einen Misserfolg.
Die Lebensmittelpreise sind seit Januar 2021 um ein Viertel gestiegen - eine Folge der zusätzlichen Handelsschranken, die durch den Austritt aus dem Binnenmarkt entstanden sind.
Laut Forschern des Centre for European Reform sind zudem die Unternehmensinvestitionen aufgrund des Brexit um 23 Prozent niedriger ausgefallen, als sie es 2020 und 21 gewesen wären - ohne den Brexit.
Die Befürworter des Wiedereintritts sagen, dass die Öffentlichkeit den Politikern voraus ist, wenn es um die Forderung nach einer Rückkehr des Landes in die EU geht:
"Ich denke, es ist die Realität der Lebenskostenkrise. Die Menschen waren vielleicht in die Ideologie verstrickt, in die Debatten, die wir vor sechs, sieben Jahren über die Souveränität Großbritanniens und all das Zeug geführt haben, und sind nun mit der Tatsache konfrontiert worden, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt", sagt Femi Oluwole, EU-Aktivist und Autor für die Tageszeitung The Independent.
"Können Sie Ihre Kinder jetzt noch ernähren? Die Hälfte der einkommensschwachen Familien in Großbritannien lässt Mahlzeiten ausfallen, um ihre Kinder zu ernähren. Wir können uns den Brexit nicht leisten. Wenn wir uns keine Lebensmittel mehr leisten können, können wir uns auch den Brexit nicht leisten."
Doch der Prozess des EU-Beitritts ist äußerst komplex. Außerdem gibt es keine Vorbedingung für den Beitritt eines Landes, und die EU hat sich seit dem britischen Votum für den Austritt 2016 erheblich verändert.
In der Zwischenzeit stehen mehrere andere Länder in den Startlöchern, darunter die Ukraine und die Länder des westlichen Balkans.
Allerdings hat sich die britische Seite in den letzten Monaten für eine pragmatischere, engere Beziehung zu Brüssel entschieden, als die Briten dem prestigeträchtigen Horizon-Wissenschaftsprogramm der EU wieder beitraten.
"In erster Linie geht es um eine völlig neue Diskussion. Es wird nicht um einen möglichen Beitritt Großbritanniens zu den bisherigen Bedingungen gehen", sagt Georg Emil Riekeles, stellvertretender Direktor am European Policy Centre.
"Und dann denke ich, dass es einen sehr interessanten Punkt gibt, auf den wir hinweisen sollten, nämlich dass sich die EU jetzt in einem Erweiterungsprozess befindet, nicht nur um den westlichen Balkan, sondern auch um die Ukraine, Moldawien und möglicherweise darüber hinaus. Und das ist an sich schon eine sehr große Herausforderung für die EU."
Die Politiker dieseits und jenseits des Ärmelkanals haben derzeit keine Lust, eine zutiefst polarisierende Debatte wieder aufzunehmen.
Umfragen zeigen starke Aussichten für eine Labour-geführte Regierung bei den britischen Wahlen im nächsten Jahr, aber ihr Vorsitzender Kier Starmer hat eine Rückkehr zur EU ausgeschlossen - bislang.