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FDP News

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FDP entscheidet über Koalitionsgespräche

 

Berlin. Die FDP will an diesem Montag über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen entscheiden. Stimmen die Spitzengremien der FDP zu, ist der Weg für die Ampel-Verhandlungen frei.

Drei Wochen nach der Bundestagswahl rüsten sich SPD, Grüne und Liberale für Koalitionsverhandlungen. Als letzte der drei Parteien will an diesem Montag die FDP über die Aufnahme von Koalitionsgesprächen für eine neue deutsche Regierung entscheiden. Parteichef Christian Lindner rechnet fest mit Zustimmung - und mit der Bildung der ersten Ampel-Koalition auf Bundesebene. „Scheitern ist hier keine Option“, sagte Lindner am Sonntagabend im ZDF. „Wir brauchen eine stabile Regierung in Deutschland. Sie sollte auch schnell gebildet werden.“

Stimmen die Spitzengremien der FDP zu, ist der Weg für Koalitionsverhandlungen frei. Nachdem der SPD-Vorstand am Freitag einstimmig für formelle Gespräche über eine Ampel-Koalition votiert hatte, stimmte am Sonntag auch ein kleiner Parteitag der Grünen bei zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung zu. Die Verhandlungen könnten schon in wenigen Tagen beginnen.

Lindner äußerte die Erwartung, dass in der neuen Bundesregierung ein Ministerium geschaffen wird, das sich federführend um den Klimaschutz kümmert. „Das ist aber keine bereits bestehende Verabredung“, betonte er im ZDF. Zuvor hatte er in der ARD gesagt: „Es gibt das Bundeskanzleramt, es gibt das Finanzministerium, es gibt ein neues Klimaministerium. Und ich bin der Meinung, jeder der Partner muss eine Möglichkeit haben, auch gestalterisch zu wirken.“

Damit signalisierte der FDP-Chef erneut sein Interesse am Finanzministerium. Mehrere Parteifreunde wie Wolfgang Kubicki und Marco Buschmann hatten zuvor offen für Lindner als Finanzminister geworben. Das Thema Klimaschutz gilt als Kernthema der Grünen; ins Kanzleramt wird im Fall einer Ampel-Koalition SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz einziehen, der das Finanzressort bisher geführt hat.

Bei „Bild TV“ erklärte Lindner, dass nicht die Stärke der Fraktionen von Grünen und Liberalen darüber entscheide, wer den nächsten Bundesfinanzminister stellt. „Es ist auch nicht so, dass es einfach danach geht, welche Prozentpunkte erreicht worden sind“, sagte er auf eine entsprechende Frage. In einer Ampel-Koalition würden die Liberalen die kleinste Fraktion stellen.

Bei den Grünen stießen die Personalspekulationen auf Verärgerung. Parteichef Robert Habeck bezeichnete sie als „nicht hilfreich“. „Es gehört zur Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit, das jetzt nicht zu tun. Man erhöht im Zweifelsfall nur die eigene Fallhöhe“, sagte er in der ARD. Grüne und FDP hätten sehr unterschiedliche finanzpolitische Vorstellungen. „Das Vertrauen, dass das dann passiert, wie es verabredet ist, muss sich erst noch beweisen, auch in den Koalitionsgesprächen.“

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) hatte zuvor allerdings selbst für Habeck als Bundesfinanzminister geworben. Er könne sich niemand besseren in diesem Amt vorstellen, schrieb er auf Twitter. Die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang plädierte in der „Bild“ (Montag) dafür, dass ihre Partei das Finanzministerium übernimmt, weil es eine zentrale Rolle etwa bei Entscheidungen über Zukunftsinvestitionen spiele. „Ich fände es sinnvoll, wenn wir als Grüne in diesem Ministerium die Zukunft bilden“, sagte sie.

Am Freitag hatten die Unterhändler der Parteien ihre Sondierungen beendet und ein Ergebnispapier vorgestellt. Danach soll es keine Steuererhöhungen geben und die Schuldenbremse eingehalten werden. Der gesetzliche Mindestlohn soll auf 12 Euro pro Stunde steigen. Beim Klimaschutz sind unter anderem ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien und ein Kohleausstieg im Idealfall schon bis 2030 geplant.

Scholz und Lindner wiesen den Vorwurf zurück, die potenziellen Regierungspartner hätten die Finanzierbarkeit ihrer Vorhaben nicht geklärt. Es gehe um einen großen Aufbruch, die Modernisierung des Landes, sagte Scholz im ZDF. Dabei gehe es zu einem erheblichem Teil darum, privatwirtschaftliche Investitionen zu ermöglichen.

Klar sei aber auch, dass man „zusätzliche Mittel mit öffentlichen Investitionen“ bereitstellen müsse. „Es geht also darum, die Dinge richtig zu kombinieren“, betonte Scholz. Zu Vorschlägen, öffentliche Investitionsgesellschaften einzurichten, verwies er darauf, dass es so etwas längst gebe. Als Beispiel nannte er die Deutsche Bahn und die KfW. „Insofern ist das nur die Beschreibung eines Prinzips, das es schon gibt und das in den Rahmen der Handlungsmöglichkeiten mit einbezogen werden muss.“

Linder präzisierte im ZDF: „Wir wollen privates Kapital auch dadurch aktivieren, dass wir unsere öffentliche Förderbank nutzen, um private Investitionen auch öffentlich abzusichern. Dafür braucht man nicht einen Euro höhere Schulden, nicht einen Euro höhere Steuern, sondern das ist nur ein unternehmerisches Agieren des Staates, um Dinge möglich zu machen.“

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"Kompetenz muss eine Rolle spielen"  

FDP-Politiker lehnen strikte Quotenregelung für Kabinett ab

Führende FDP-Politiker lehnen eine paritätische Besetzung des Bundeskabinetts ab. Die Reduzierung auf äußere Merkmale sei kontraproduktiv, sagt Vize-Parteivorsitzender Wolfgang Kubicki.

Die Idee einer strikt paritätischen Besetzung des neuen Bundeskabinetts stößt bei führenden Vertretern der FDP auf Ablehnung. "Wenn man die gesellschaftliche Realität im Kabinett abbilden möchte, macht es natürlich Sinn, Minister und Ministerinnen gleichermaßen im Kabinett zu haben. Aber zuallererst muss die fachliche Kompetenz eine Rolle spielen, denn die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht", sagte Vorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Vize-Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki bezeichnete "starre Quotenregelungen" als "kontraproduktiv, weil sie Menschen auf äußere Merkmale reduzieren". Bei der Besetzung von Kabinettsposten sollte "immer die Qualifikation und die Fähigkeit, ein Ministerium zu führen, eine Hauptrolle spielen", erklärte er. Es sei deshalb "auch möglich, dass im Kabinett mehr Frauen als Männer sitzen".

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Corona-Politik der Ampel  

Siegt er sich in die Katastrophe?

 

Die FDP kämpft seit Langem gegen zu scharfe Corona-Maßnahmen. Doch jetzt steigen die Zahlen auf immer neue Höchststände – und die Ampelkoalitionäre müssen handeln. Wie umfassend, hängt von den Liberalen ab.

Der 27. Oktober war ein guter Tag, fand Christian Lindner. Am Vormittag hatte die Ampelkoalition in spe ihre Pläne präsentiert, die epidemische Lage nationaler Tragweite mit einem neuen Gesetz zu beenden. Lindner jubelte auf Twitter: "Ein weiterer Schritt in Richtung Normalität." Das sei ein "Erfolg für Bürgerrechte".

Nicht mal zwei Wochen später klingt der FDP-Chef ganz anders. Dabei geht es um dasselbe Thema: Corona. "Neben besseren gesetzlichen Grundlagen geht es um wirksame Maßnahmen", schrieb er am Sonntag auf Twitter. "Es ist gut, dass es inzwischen breite Unterstützung für unsere Anregung gibt, die Gratistests wieder einzuführen."

Die FDP steht in diesen Zeiten, in denen sich die Lage von Tag zu Tag verschärft, vor einer großen Frage. Es geht darum, so würde Markus Söder das wohl sagen, in welchem Team die Liberalen spielen wollen: Im "Team Freiheit", das sich in der vierten Welle gegen zu viele Einschränkungen wehrt? Oder im "Team Vorsicht", das die eskalierende Pandemie im Zweifel auch wieder mit harten Maßnahmen bekämpfen will?

Erfolge, die gefährlich werden können

Die Rolle der FDP war eigentlich klar: Seit Beginn der Corona-Pandemie mahnten die Liberalen, bloß nicht zu leichtfertig die Bürgerrechte einzuschränken. Das war der Sound der Opposition. Inzwischen aber sitzt die FDP am koalitionären Verhandlungstisch, sie will mit SPD und Grünen regieren. In der Corona-Politik spielen die drei Parteien mit ihrem Ampel-Gesetzesvorhaben sogar schon Ersatzregierung.

Nur haben sich die Vorzeichen dieser Operation in den vergangenen Tagen dramatisch verändert, zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Konnte Christian Lindner Ende Oktober trotz vieler Expertenwarnungen noch ohne größeren Aufruhr von einem "Schritt Richtung Normalität" durch das Ampelgesetz sprechen, ist die Corona-Inzidenz inzwischen auf einem Höchststand angelangt. Studien warnen davor, dass in gut zwei Wochen flächendeckend die Intensivstationen überfüllt sein könnten – wenn jetzt nicht etwas geschieht.

Doch wie zunächst in den Sondierungen und jetzt in den Koalitionsverhandlungen setzt sich nun auch in der Corona-Politik der Eindruck fest, dass es gerade die FDP als kleinster Partner ist, die SPD und Grünen ihren Willen in entscheidenden Punkten aufdrückt: möglichst viel Freiheit für die Bürger, möglichst wenig Vorschriften durch den Staat.

So sehr das die FDP und ihren Chef Lindner kurzfristig mit Genugtuung erfüllen dürfte, stellt sich dann doch die Frage, ob diese Strategie mittelfristig zum Erfolg führt. Wenn es gut geht, könnte das sein. Nur was passiert, wenn es am Ende nicht reicht? Wenn die Intensivstationen wirklich volllaufen und Menschen unnötig sterben?

Der Schuldige dürfte in der Öffentlichkeit, aber auch bei Grünen und SPD schnell ausgemacht sein: Es war die Partei, die trotz allem auf "Freiheit" gedrängt hat. Und zwar nicht bei einem eher symbolischen Thema, sondern bei einem, das sich buchstäblich um Leben und Tod dreht.

Siegt sich Christian Lindner also gerade in seine eigene erste Ampel-Katastrophe hinein?

Die liberalen Corona-Hoffnungen

Es war besonders die FDP, die mit dem Ende der epidemischen Lage von Beginn an zwei Dinge verband: Sie wollte gewissermaßen den Corona-Ausnahmezustand beenden, der es der Bundesregierung erlaubte, die Corona-Politik zu bestimmen, ohne das Parlament richtig miteinzubeziehen. Über das neue Gesetz entscheidet jetzt, wie es sein sollte, der Bundestag – also der Gesetzgeber. So sehen das auch SPD und Grüne.

Die zweite liberale Hoffnung – und da beginnen die Unterschiede zu Sozialdemokraten und Grünen – war jedoch von Beginn an, dass sich der Staat in der Corona-Krise mehr zurücknimmt, weniger streng und weniger stark eingreift. Ende Oktober, als Christian Lindner auf Twitter jubelte, nannte er das selbst eine "geringere Eingriffsintensität", auf die "die FDP lange gedrungen" habe.

Nicht von ungefähr hat die FDP dann auch zunächst oft und gerne betont, dass Lockdowns durch das Gesetz ausgeschlossen seien. Das taugte vor allem für schöne Schlagzeilen in der "Bild"-Zeitung. Denn Lockdowns für alle, egal ob geimpft oder nicht, hatten bis dahin ohnehin nur die Wenigsten gefordert. SPD und Grüne jedenfalls nicht.

Anders als bei der FDP gibt es in beiden Parteien jedoch einige, die auch finden, dass das alles zusammengenommen als öffentliches Signal eher schwierig ist: Keine "Notlage" mehr, keine Lockdowns mehr – kann das dann alles überhaupt noch so schlimm sein?

"Die einzige Maßnahme, die jetzt viel verändern würde"

Es kann, und deshalb gibt es über einige Einschränkungen unter den Ampelkoalitionären auch durchaus Streit. Sollte angesichts der eskalierenden Lage etwa in der Öffentlichkeit fast überall 2G gelten – Eintritt nur für jene, die genesen oder geimpft sind? Und das deutschlandweit einheitlich? Bei den Grünen und der SPD gibt es dafür große Sympathien. "Die einzige Maßnahme, die jetzt viel verändern würde, ist 2G mit Kontrollen und Kontrollen der Kontrollen", schreibt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach auf Twitter.

Die FDP aber bremst. Im Gesetzentwurf ist es deshalb nur als Möglichkeit enthalten, die die Bundesländer nutzen können – oder auch nicht.

Ebenso ist es bei einer Impfpflicht für kritische Berufe wie die Pflege. SPD und Grüne wollen darüber jedenfalls ernsthaft diskutieren, selbst wenn es auch dort Sorgen vor dem Horrorszenario gibt, dass zu viele dann einfach nicht mehr kommen und die Altenheime zusammenbrechen.

Die FDP hält eine solche Impfpflicht gar nicht erst für nötig.

"Natürlich dürfen wir Corona nicht unterschätzen"

Immerhin gibt es inzwischen einige Hinweise darauf, dass sich die FDP so langsam des Ernstes der Lage bewusst wird. Und zwar nicht nur des Ernstes der Corona-Lage in Deutschland, sondern auch des Ernstes der Lage der FDP. Denn gleich mit einer gewaltigen Krise in die Ampelregierung zu starten, das will natürlich niemand.

Erst am Dienstagvormittag einigten sich die Ampelkoalitionäre final darauf, dass das ursprüngliche Corona-Gesetzespaket weiter ergänzt werden soll: um verpflichtende Tests in Alten- und Pflegeeinrichtungen etwa, aber auch um eine 3G-Pflicht am Arbeitsplatz, bei der sich jeder Beschäftigte täglich testen lassen muss, der nicht geimpft oder genesen ist.

Monatelang war eine 3G-Pflicht am Arbeitsplatz selbst in Teilen der SPD skeptisch betrachtet worden. Rechtlich heikel, und bei den Gewerkschaften unbeliebt, weil Arbeitnehmer ihren Impfstatus offenlegen müssen – so das Argument. Die FDP ist ohnehin immer misstrauisch, wenn es um mehr Bürokratie geht. Jetzt kommt die 3G-Pflicht doch, und das Arbeitsministerium soll das Ganze rechtssicher machen.

"Die nationale Notlage läuft aus, und das ist richtig", sagt etwa FDP-Politiker Gero Hocker t-online und ergänzt: "Aber natürlich dürfen wir Corona nicht unterschätzen, die Länder können weiterhin regionale Maßnahmen treffen, je nachdem, wie es angemessen ist."

Bei der FDP versucht man sich gewissermaßen an einem Spagat: Einerseits, heißt es, dürfe man natürlich die eigene Position nicht zu sehr aufgeben. Eine Partei, die lange für weniger Einschränkungen geworben habe, könne nun nicht ohne Weiteres Lockdowns verhängen. Dabei würde man sich verbiegen, das gelte es zu verhindern. Andererseits, so glauben manche, könnte der Imageschaden noch größer sein, wenn die Liberalen als dickköpfige Entscheider wahrgenommen würden, die nun die reale Gefahr falsch eingeschätzt hätten.

Als möglicher Königsweg für die FDP zeichnet sich nun Folgendes ab: Der Ampelfrieden wird gewahrt, indem gemeinsam Einschränkungen beschlossen werden. Die Liberalen tragen diese nur zähneknirschend und in dem Wissen mit, dass im Zweifel Grüne und SPD für zu harte Maßnahmen verantwortlich gemacht werden.

Wir würden gern anders, aber der Zwang des Regierens ist eben ein anderer als in der Opposition – das wäre dann die Botschaft.

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Neuer Finanzminister Christian Lindner (FDP): "Wir haben Jahre darauf hingearbeitet"

Endlich Finanzminister: Hier erklärt Christian Lindner, wie sich die Ampel zusammenraufen und er all die Reformen bezahlen will, warum er weitere Kontaktbeschränkungen fordert – und wie es um sein Englisch bestellt ist.

SPIEGEL: Herr Bundesfinanzminister Lindner, sagen wir jetzt schon mal – müssen Sie sich an diese Anrede noch gewöhnen?

Lindner: Das wäre das Letzte, mit dem ich mich in diesen Tagen beschäftige. Protokollfragen sind für mich nicht entscheidend.

SPIEGEL: Das kaufen wir Ihnen nicht ab. Geht mit diesem Amt für Sie nicht ein Traum in Erfüllung?

Lindner: Es ist eine Herausforderung, vor der ich Respekt empfinde. Insgesamt hat die FDP in Regierungsverantwortung die Chance, unser Land freier, dynamischer, digitaler und nachhaltiger zu machen. Darauf haben wir Jahre hingearbeitet. Auch mit schwierigen Phasen. Einmal mussten wir Nein sagen zu einer Koalition, jetzt gibt es auf der Basis einer professionellen Partnerschaft die Gelegenheit. Ich habe früher bereits gesagt, dass sich meine Führungsverantwortung für die FDP aus dem Ziel ableitet, diese Partei von der außerparlamentarischen Opposition nach 2013 wieder in eine gestaltende Rolle zu führen. Jetzt können wir für unsere Projekte arbeiten.

SPIEGEL: Wie schwer war es, Robert Habeck das Amt des Finanzministers abzutrotzen?

Lindner: Wir haben eine gute Lösung gefunden. Jeder kann sich einbringen. Was meine Aufgabe angeht, so unterschätze ich ihre Dimension nicht. Es geht darum, einen Erneuerungsschub einerseits aus dem öffentlichen Haushalt zu finanzieren, aber andererseits und vor allem privates Kapital zu aktivieren. Auf der europäischen Ebene werden die fiskalischen Regeln der Wirtschafts- und Währungsunion diskutiert. Für mehr globale Wettbewerbsfähigkeit und Krisenfestigkeit des privaten Finanzsektors sollten wir die Bankenunion vorantreiben. Hier hat Deutschland Verantwortung für Europa, zugleich aber eigene Interessen. Wir können uns einbringen als Anwalt einer stabilitätsorientierten Fiskalpolitik, die Raum für Zukunftsinvestitionen lässt.

SPIEGEL: Der designierte Kanzler Olaf Scholz war bis jetzt Finanzminister. Haben Sie ein bisschen Sorge, dass er Ihnen zeigen könnte, wo es langgeht, weil er das Ressort viel besser kennt?

Lindner: Das ist nicht der Geist von Zusammenarbeit, den wir etablieren wollen. Im Übrigen scheue ich mich nicht davor, Rat von Sachverständigen oder meinen Amtsvorgängern einzuholen. Dazu zählt auch Wolfgang Schäuble, übrigens.

SPIEGEL: Als Finanzminister werden Sie viel ins Ausland reisen ....

Lindner: Yes, I will ...

SPIEGEL: Wie ist Ihr Englisch?

Lindner: Es wird gelingen.

SPIEGEL: Von Ihnen sind also keine Auftritte zu erwarten wie von dem früheren FDP-Außenminister Guido Westerwelle, der sich gleich internationale Schlagzeilen einhandelte, als er auf die Frage englischer Reporter nicht auf Englisch antworten wollte?

Lindner: Herr Scholz hat am Mittwoch eine Frage auf Englisch entgegengenommen, aber auf Deutsch geantwortet. Bei amtlichen Äußerungen muss jedes Missverständnis ausgeschlossen sein. Bei informellen Anlässen sollte man sich nicht scheuen, sich in einer Fremdsprache zu bewegen. Selbst wenn nicht jeder Satz von vollendeter Eleganz ist.

SPIEGEL: Wissen Sie schon, wohin Sie Ihre erste Reise unternehmen?

Lindner: Nach Paris. Die deutsch-französische Freundschaft hat einen besonderen Charakter. Finanzminister Bruno Le Maire und ich kennen uns lange. Wir haben auch diese Woche bereits telefoniert.

SPIEGEL: Wie nehmen Sie den Franzosen die Sorge vor einem liberalen deutschen Finanzminister, der beim Thema Staatsschulden strenger sein dürfte als der Sozialdemokrat Scholz?

Lindner: Die deutsche Fiskalpolitik dient den Interessen dieses Landes und folgt unserer europäischen Verantwortung. Ich trete nicht das Amt des Finanzministers der FDP an, sondern das der Bundesrepublik Deutschland. Dass ich ein Liberaler bin, kann ich dabei aber nicht verbergen. Es ist im überragenden Interesse Europas, dass die Wirtschafts- und Währungsunion stabil bleibt und wir gemeinsam mehr Handlungsfähigkeit bei den großen Fragen gewinnen, etwa einer technologischen Antwort auf den Klimaschutz. Deutschland kann deshalb weder agieren wie ein Sparkommissar, noch könnten wir den Ratschlägen derjenigen folgen, die den Stabilitätspakt aushöhlen wollen.

SPIEGEL: Im Wahlkampf hat Olaf Scholz gefordert, die milliardenschwere gemeinsame Schuldenaufnahme in Europa als Reaktion auf die Coronapandemie weiter auszubauen. Machen Sie da mit?

Lindner: Dem europäischen Wiederaufbaufonds hatte die FDP auch als Oppositionsfraktion zugestimmt. In einer Ausnahmesituation war er eine angemessene und als einmalig beschriebene Reaktion. Jetzt müssen diese Mittel eingesetzt werden. Der Koalitionsvertrag ist eindeutig. Wir bekennen uns zu den getroffenen EU-Beschlüssen. Aus ihnen ergibt sich indessen nicht, dass nun eine dauerhafte Architektur geschaffen wird. Das haben auch verschiedene Mitglieder ausgeschlossen, zuletzt die finnische Regierungschefin.

SPIEGEL: Sie wollen sich doch jetzt nicht hinter Finnland verstecken?

Lindner: Deutschland hat eine Verantwortung, Positionen zusammenzuführen. Die gemeinsame Haltung der Ampelkoalition ist, dass sich der Stabilitäts- und Wachstumspakt mit seiner Flexibilität bewährt hat.

SPIEGEL: Was bedeutet es dann, wenn im Koalitionsvertrag steht, die Ampel wolle den Stabilitätspakt »weiterentwickeln«?

Lindner: Gegenwärtig sind beispielsweise viele Fiskalregeln bürokratisch und intransparent. Man muss bei allem berücksichtigen, dass eine Gefahr der fiskalischen Dominanz wachsen könnte, also dass die EZB ins Schlepptau der Staatsfinanzen genommen wird. Angesichts der Inflationsentwicklung und möglicher Zinsschritte der amerikanischen Notenbank kann das eine Drucksituation auslösen. Deshalb werden alle in Europa ein Interesse daran haben, die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen nachhaltig zu sichern. Geldentwertung wäre maximal unsozial gegenüber der Rentnerin oder dem Kleinsparer.

SPIEGEL: Was wollen Sie als Finanzminister konkret in Deutschland umsetzen?

Lindner: Die Entwicklung des Bundeshaushalts erfordert aufgrund vieler nicht nachhaltig finanzierter Vorhaben große Aufmerksamkeit. Ich denke nur an die Mütterrente der Unionsparteien. Die Parteien links der Mitte hatten deshalb vor der Wahl Steuererhöhungen gefordert, aus den Reihen von CDU und CSU wurde offen über ein Aufweichen der Schuldenbremse des Grundgesetzes spekuliert. Jetzt wollen wir enorme Investitionsmittel bereitstellen, zugleich aber die Schuldenbremse einhalten und auf Steuererhöhungen verzichten. Wir werden Wirtschaftswachstum und Disziplin benötigen. Zudem rate ich dazu, die Durchsetzung des Steuerrechts zu einem Thema zu machen.

SPIEGEL: Entschuldigung, hat nicht gerade die FDP immer gegen den Steuerstaat als angeblich übermächtiger Krake angekämpft?

Lindner: Das klingt eher nach einer Karikatur. Ja, wir setzen uns für eine faire Balance zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und dem Staat ein. Es ist nicht gut, dass wir ein Höchststeuerland sind. Übrigens bin ich auch kein Freund von Konstruktionen, die aufgrund der Überkomplexität des Steuerrechts zur Gestaltung genutzt werden. Das ist aber legal, wenngleich der Gesetzgeber Grenzen ziehen muss. Was auf keinen Fall akzeptabel ist, sind Schwarzgeld und Steuerhinterziehung. Die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden so geschädigt. Das will ich unterbinden.

SPIEGEL: Was meinen Sie konkret?

Lindner: Ich möchte einen Beitrag dazu leisten, dass der ganze Bereich des Schwarzgelds weiter bekämpft wird. Ich habe deshalb zum Beispiel vorgeschlagen, dass wer aus dem Ausland Immobilien in Deutschland erwerben will, künftig nachweisen muss, dass das investierte Kapital auch versteuert wurde. Es wird künftig ebenfalls nicht mehr möglich sein, Immobilien mit Bargeld zu bezahlen. Bargeld hat etwas mit Freiheit zu tun, und Kapital aus dem Ausland ist willkommen, aber es ist keine ungebührliche Einschränkung der Freiheit, wenn wir wissen wollen, ob es sich um versteuertes Kapital oder Schwarzgeld handelt.

SPIEGEL: Ihre alte Wunschpartnerin, die CDU, spottet schon über die neue »linksgelbe« Koalition.

Lindner: Ich kann aus eigener Erfahrung die Lage der Union verstehen. Sie ist auf der Suche nach der Oppositionsrolle. Aber unsere Verhandlungsergebnisse sprechen für sich. Die Ampel ist eine Regierung der Mitte, die das Land nach vorne bringen wird. Nicht alle Vorhaben hätten wir als FDP selbst auf die politische Tagesordnung gebracht. Aber im Ganzen ist das eine Koalition, die etwas bewirken und die die Innovation beflügeln kann. Die Leute wollen jetzt nicht mehr belästigt werden mit Streitereien. Das Land will, dass die Politik mit der Arbeit an den Vorhaben beginnt, die zu lange liegen geblieben sind.

SPIEGEL: Sie haben noch Mitte August im FDP-Vorstand gewarnt, eine Ampelkoalition würde die Existenz der FDP gefährden. Wie kam es zu dem Sinneswandel?

Lindner: Kolportagen aus internen Sitzungen kann ich nicht kommentieren.

SPIEGEL: Dafür gibt es mehrere Ohrenzeugen.

Lindner: Ich bin der Auffassung, dass sich die FDP als eigenständige Partei nicht über unsere Partner oder Wettbewerber definiert, sondern über unsere eigenen Positionen und Projekte. Mit dem Koalitionsvertrag setzen wir auf ambitionierte Vorhaben, die wir unseren Wählerinnen und Wählern zugesagt haben.

SPIEGEL: Die FDP-Anhänger waren alles andere als begeistert von der Aussicht auf eine Ampel. Wie überzeugen Sie die?

Lindner: Wir haben 2017 bewiesen, dass wir nicht um jeden Preis regieren. Uns geht es um Inhalte, das haben wir damals gesagt. Das gibt uns jetzt Glaubwürdigkeit, wenn wir sagen, dass diese Koalition liberale Akzente und Projekte umfasst. Die Rückmeldungen von unseren Unterstützern und Mitgliedern sind zudem erfreulich. Es gibt eine Offenheit dafür, einen anderen Stil und neues Denken zu etablieren. Aufgrund der Situation der Union gab es übrigens keine alternative Regierungsoption. Diese Realität muss man anerkennen.

SPIEGEL: Die FDP hat viele Wunschprojekte von SPD und Grünen verhindert: Steuererhöhungen, Tempolimit, ein Kohle-Ausstiegsdatum oder die Abschaffung der privaten Krankenversicherung. Kann es sein, dass Ihre Rolle in der Ampel eher das Blockieren als das Gestalten ist?

Lindner: Nein. Wir werden die Umlage für erneuerbare Energien ablösen, das bedeutet eine Milliardenentlastung für Familien und Mittelständler und hilft auch dem Klimaschutz. Wir steigen mit Macht in die Wasserstoffwirtschaft ein. Dann setzen wir unser Konzept des Bürgergeldes um, das soziale Teilhabe und bessere Chancen des Aufstiegs durch Arbeit bietet. Wir stabilisieren die gesetzliche Rente mit dem Einstieg in die Kapitaldeckung. Ich könnte die Aufzählung fortsetzen.

SPIEGEL: Die Ampel wird auch Cannabis legalisieren. Waren Sie da nicht immer skeptisch?

Lindner: Die FDP vertritt diese Position schon länger. Ich habe nur eine andere Begründung als manch andere Befürworter einer Legalisierung, nämlich die der Kriminal- und Gesundheitsprävention. Wer Cannabis bei einem lizenzierten Anbieter erwirbt, mit gesundheitlicher Beratung, muss sich nicht aus klandestinen Quellen versorgen.

SPIEGEL: Es dürfte bis in die Familien hinein Debatten über den Umgang mit dieser Droge geben.

Lindner: Natürlich muss gesagt werden, dass der Konsum von Cannabis nicht frei von Risiken ist. So wie auch das Rauchen und der Genuss von Alkohol. Wir müssen einen verantwortungsbewussten Umgang mit Cannabis in unserer Gesellschaft lernen. Die geltende Regelung hat dazu nicht beigetragen.

SPIEGEL: Die Ampelregierung startet mitten in der vierten Coronawelle. Jetzt ist auch die FDP für eine Impfpflicht für das Personal in Alten- und Pflegeheimen. Woher kommt dieser Sinneswandel?

Lindner: Zum Beginn der Pandemie haben alle – von der Bundeskanzlerin über die Justiz- und Gesundheitsminister bis zur FDP – eine Impfpflicht gegen Corona ausgeschlossen. Verfassungsrechtler haben uns erklärt, das sei rechtlich nicht umsetzbar, Vertreter der Pflegeberufe haben uns gewarnt, es könnten Beschäftigte kündigen. In beiden Punkten haben sich nun aber die Positionen der Ratgebenden verändert. Nun muss die Politik in der Lage sein, eigene Urteile zu korrigieren.

SPIEGEL: Der liberale Politiker Lindner schränkt also doch die Freiheit ein?

Lindner: Selbstverständlich ist eine Impfpflicht für alle Personen, die in einer Einrichtung arbeiten und wohnen, ein empfindlicher Eingriff in ihre Selbstbestimmung. Aber Freiheit ist kein Konzept, das durch Grenzenlosigkeit geprägt ist. Die Freiheit im Sinne unserer Verfassung definiert die Freiheit eines Einzelnen, in die aber zu Zwecken des Gemeinwesens eingegriffen werden darf, wenn der Eingriff verhältnismäßig ist.

SPIEGEL: Die Ministerpräsidenten Markus Söder und Winfried Kretschmann fordern eine allgemeine Impfpflicht, um so die Freiheit für alle zurückzubringen.

Lindner: Mit solchen argumentativen Figuren lässt sich die im Grundgesetz garantierte Selbstbestimmung pauschal aushebeln, indem man auf die angebliche Freiheit eines Kollektivs verweist, um jeden Eingriff für verhältnismäßig zu erklären. Wir benötigen Substanz. Die Einschätzungen der Verfassungsrechtler zu einer allgemeinen Impfpflicht unterscheiden sich. Bevor man politisch darüber debattiert, sollte zweifelsfrei geklärt sein, ob es überhaupt verfassungsrechtlich möglich wäre. Für die aktuelle vierte Welle wäre uns ohnehin nicht geholfen.

SPIEGEL: Die Kanzlerin hat deutlich gemacht, dass sie die Maßnahmen der Ampel für unzureichend hält. Wird die nächste Regierung wieder einen bundesweiten Lockdown anordnen?

Lindner: Die Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes werden nicht ausgeschöpft. Angesichts der Entwicklung der Pandemie halte ich beispielsweise weitere Kontaktbeschränkungen, Abstandsregeln und die Einschränkung von Freizeitevents für nötig. Es ist jetzt nicht die Zeit für ausgelassene Festivitäten. Das kann uns die Zeit bringen, um die noch nicht überzeugende Impf- und Boosterkampagne zu forcieren.

SPIEGEL: Wir fassen also zusammen: Nach jetzigem Stand wollen Sie keinen staatlich angeordneten Lockdown auf Bundesebene, allenfalls regionale Maßnahmen?

Lindner: Die Forderung nach einem bundesweiten, pauschalen Lockdown habe ich noch nicht gehört. Dessen soziale und wirtschaftlichen Schäden haben wir noch alle in Erinnerung. Ich rate jedenfalls dazu, nicht nur von der Ultima Ratio her zu denken. Es muss jetzt alles unternommen werden, um nicht erneut in einen Stillstand in diesem Land zu kommen. Wenn es weitere Notwendigkeiten gibt, kann und muss die staatliche Gemeinschaft handeln.

SPIEGEL: Die neue Bundesregierung möchte einen ständigen Bund-Länder-Krisenstab im Kanzleramt einrichten. Es gab aber doch bereits einen Krisenstab, auch regelmäßige Schalten der Gesundheitsminister von Bund und Ländern. Wofür das neue Gremium?

Lindner: Wir brauchen endlich tägliche Einschätzungen. Mit dem neuen Lagezentrum geht es uns nicht um nachträgliche Kritik. Den Menschen auf der Intensivstation hilft rückwärtsgewandte Sinnsuche ebenso wenig wie denen, die Leben retten.

SPIEGEL: Alle Ampelpartner haben keinen Hehl daraus gemacht, dass es in den Verhandlungen immer wieder gekracht hat. Was haben Sie sich vorgenommen, um Vertrauen in der Koalition aufzubauen?

Lindner: Ich habe die Gespräche als respektvoll und professionell wahrgenommen. Uns war wichtig, dass wir regelmäßig zu Koalitionsrunden zusammenkommen, ohne die Showdown-Situationen der Großen Koalition. Olaf Scholz hat aus seiner früheren Regierungspraxis in Hamburg berichtet, wo er vor den Kabinettssitzungen regelmäßig Gespräche informeller Art und ohne festgelegte Tagesordnung führte. Das erscheint mir für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zweckmäßig zu sein. Deshalb wird so die Praxis der neuen Koalition werden.

SPIEGEL: Die frühere Regierung tagte gelegentlich auf Schloss Meseberg, um sich intensiver auszutauschen. Haben Sie sich noch ein weiteres Format vorgenommen, um als Koalitionäre näher zueinanderzufinden?

Lindner: Wir haben jetzt so viele Stunden in den Koalitionsgesprächen miteinander verbracht, dass ich mich freue, auch einmal wieder Familie und Freunde zu sehen.

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Corona: Christian Lindner will wohl für Impfpflicht stimmen

FDP-Chef Christian Lindner hat sich lange gegen eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. Jetzt unterstützt er den Kurs des designierten Kanzlers Olaf Scholz – und hält das nicht für eine »dramatische Wende«.

Christian Lindner will laut eigenen Worten im Bundestag voraussichtlich für die allgemeine Corona-Impfpflicht stimmen. Er sei »enttäuscht über die geringe Impfquote« in Deutschland, sagte der FDP-Chef im Sender »Bild Live«. Zur Ankündigung des designierten Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD), für die Impfpflicht zu stimmen, sagte Lindner: »Ich sage offen, dass meine Richtung auch die einer Impfpflicht ist.«

Zwar sei die Impfpflicht ein »scharfes Schwert«, sagte Lindner. »Aber ich glaube, es ist verhältnismäßig.« In seiner Partei gebe es aber auch andere Abwägungen, fügte der designierte Bundesfinanzminister hinzu. Daher sei seine Position »keine dramatische Wende der FDP«. Lindner hatte sich lange gegen eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. Er habe auf eine Impfquote von 85 Prozent gehofft und sei »enttäuscht, dass die Impfbereitschaft so gering ist«, sagte er am Donnerstag.

Scholz hatte in dieser Woche angekündigt, ein Gesetzgebungsverfahren zur allgemeinen Corona-Impfpflicht »zeitnah« auf den Weg zu bringen. Dabei solle jeder Abgeordnete »nach seinem Gewissen abstimmten« können.

In Teilen der an der künftigen Ampel-Koalition beteiligten FDP stößt das Vorhaben auf Ablehnung. So sagte die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus am Mittwoch den Sendern RTL und ntv, sie könne sich eine einrichtungsbezogene Impfpflicht gut vorstellen, sei aber bezüglich der allgemeinen Impfpflicht »sehr skeptisch«.

Kampf gegen Steuerhinterziehung als »persönliche Mission«

Lindner kündigte in dem Interview zudem an, den Kampf gegen Steuerhinterziehung und Schwarzarbeit zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit zu machen. Es handle sich um »eine persönliche Mission, die mir am Herzen liegt«, sagte er. Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung schädigten die ehrlichen Steuerzahler. »Deswegen will ich es mir im Besonderen zur Aufgabe machen, dagegen vorzugehen.« Der Immobilienkauf mit Bargeld solle untersagt werden. Und wer zum Beispiel in Berlin künftig aus dem Ausland eine Immobilie kaufen möchte, müsse nachweisen, dass das mit versteuertem Geld passiert.

Im vergangene Woche vorgestellten Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP festgehalten, dass sie mit dem Bargeldverbot beim Immobilienkauf auch die Geldwäsche bekämpfen wollen. Gewerbliche und private Immobilienkäufer aus dem Ausland sollen »bei jeglichem Immobilienerwerb in Deutschland« nachweisen, dass ihr Geld zuvor versteuert wurde. Im Grundbuch wird demnach bei einer Änderung eine »ladungsfähige Anschrift« verpflichtend.

In einem Transparenzregister sollen die »wirtschaftlich Berechtigten« aufgeführt werden. Das solle auch »die Verschleierung der wahren Eigentümer von Immobilien beenden«, versprechen die Koalitionäre.

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Impfpflicht: Christian Lindner versucht, den Tiger zu reiten

Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, über die in Deutschland diskutiert wird, ist für die FDP eine haarige Sache. Entsprechend ihrem liberalen Selbstverständnis forderte sie in der Pandemiebekämpfung stets mehr Eigenverantwortung und eine Begrenzung staatlicher Eingriffe. Dass der Parteichef Christian Lindner seinen Standpunkt kürzlich aufgrund veränderter Lageeinschätzungen revidierte und sich für eine generelle Impfpflicht aussprach, ist deshalb keine Kleinigkeit.

Für die Liberalen ist indes schon die Öffnung der Abstimmung nicht ohne Risiko für die eigene Glaubwürdigkeit. Im Bundestagswahlkampf versuchte sich die FDP schliesslich als Partei der Verhältnismässigkeit zu profilieren. Das novellierte Infektionsschutzgesetz vom 18. November und das Auslaufenlassen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite – bis dahin Grundlage weitreichender Massnahmen wie Ausgangssperren und Ähnlichem – trugen ganz wesentlich eine liberale Handschrift.

Der politische Gegner von der AfD beeilt sich schon, die FDP als «Umfallerpartei» zu brandmarken. Den Liberalen hängt dieses Image seit 1961 an, als sie entgegen abgegebenen Versprechen erneut in eine Koalition mit dem CDU-Bundeskanzler Konrad Adenauer eintraten. Alice Weidel, Co-Fraktionschefin der AfD im Bundestag, sprach auf Twitter von «Wahlbetrug». Das Meinungskarussell der FDP drehe sich so schnell, dass es ihren Wählern schwindlig werden müsse.

Tatsächlich hat Lindner im Lauf des Jahres seine Positionen massiv verändert. Im Januar äusserte er selbst gegen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht starke Vorbehalte. In einem Statement sprach er davon, dass die FDP eine Impfpflicht auch für in Pflegeberufen tätige Menschen «aus verfassungsrechtlichen Gründen für hochproblematisch» halte. Genau diese wird derzeit allerdings von der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP mit dem Sozialdemokraten Olaf Scholz an der Spitze auf den Weg gebracht.

Und noch Anfang September war Lindner grundsätzlich gegen eine allgemeine Impfpflicht. «Eine Impfpflicht wäre nicht verhältnismässig», sagte er in der ZDF-Sendung «Was nun?». Das Coronavirus könne schliesslich nicht mit einer Impfpflicht, wie es sie bei den Masern gebe, ausgerottet werden.

Am vergangenen Donnerstag dann der Schwenk: Bei «Bild live» sprach sich Lindner für eine Impfpflicht aus: «Die Impfpflicht ist ein scharfes Schwert, aber ich glaube, sie ist verhältnismässig.» Lindner führte dasselbe Argument wie im September an. Allerdings kam er zu dem entgegengesetzten Ergebnis: «Bei Pocken und Masern hat der Staat eine Impfpflicht ausgesprochen, ohne dass das zu verfassungsrechtlichen Bedenken geführt hätte.»

Auch bei der grossen 2-G/3-G-Debatte hat die FDP ihre Position geändert. «Ungeimpften muss die Teilnahme am öffentlichen Leben möglich sein», meinte Lindner im Sommer. Jüngst trug die FDP als Teil der Ampelkoalition indes einen faktischen Lockdown für Ungeimpfte mit. Offenbar haben die vergleichsweise geringe Impfquote sowie hohe Inzidenzen und Hospitalisierungsraten ein Umdenken bewirkt.

Umfragen mögen die Parteiführung darin bestärkt haben. Laut einer Datenerhebung des ZDF-Politbarometers von Ende November sprechen sich 71 Prozent der Deutschen für die Einführung einer Impfpflicht aus. Mitte Juli waren es gerade einmal 33 Prozent. Eine weitere ebenfalls Ende November veröffentlichte Umfrage sah selbst unter FDP-Anhängern eine Mehrheit von 56 Prozent für die Impfpflicht. Im Unterschied zu Sympathisanten von Union (85 Prozent) und SPD (83 Prozent) sind FDP-Anhänger allerdings deutlich zurückhaltender.

Eine Rolle bei der Neuorientierung des FDP-Chefs dürfte auch die Positionierung der deutschen Wirtschaft spielen. Der Präsident des Bundes der deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, sagte kürzlich, dass sein Verband die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht begrüsse, sofern sich die Impfquote durch die beschlossenen Massnahmen nicht weiter deutlich steigern lasse.

Innerhalb der Partei gibt es jedoch auch Stimmen, die einer Impfpflicht nach wie vor skeptisch gegenüberstehen. Der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki sagte erst am Wochenende in einem Interview mit der Fuldaer Zeitung, dass eine vierte Welle nicht mithilfe einer Impfpflicht gebrochen werden könne. Auch die Bundestagsabgeordnete und ehemalige Generalsekretärin der FDP Linda Teuteberg sieht die Impfpflicht als «falsches Instrument für ein wichtiges Ziel».

Ein ähnlich gespaltenes Meinungsbild zeichnet sich auch an der FDP-Basis ab. Während auf Twitter einige reichweitenstarke Mitglieder prominent ihren Austritt ankündigen, bekennen sich andere Mitglieder klar zur Impfpflicht.

Es bleibt abzuwarten, ob und in welchem Umfang vom Kurswechsel bei der Corona-Politik enttäuschte Wähler die FDP bei den kommenden Landtagswahlen abstrafen werden. Den Auftakt macht im März das kleine Saarland. Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein folgen im Mai. In beiden Ländern ist die FDP an der Regierung beteiligt.

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„Kein seriöser Start“ – Zweifel an Christian Lindners Schulden-Erzählung

Dass es in Deutschland einen Investitionsstau gibt, dürfte kaum jemand bestreiten, der sich den Zustand des öffentlichen Schienennetzes, die fehlenden Stromtrassen und die analoge Verwaltung im Land anschaut. Umstritten ist aber, inwiefern dieser Investitionsstau in direktem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie steht.

Die Bundesregierung stellt sich mit dem nun vorgestellten 60 Milliarden Euro schweren Nachtragshaushalt auf den Standpunkt, dass die Unzulänglichkeiten der Infrastruktur und die Corona-Pandemie ursächlich zusammenhängen. Für den neuen Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und die Ampel-Koalition ist diese Ursache-Wirkung-Argumentation entscheidend, droht der Haushalt doch ansonsten gegen die Verfassung zu verstoßen.

Mit den zusätzlichen Mitteln soll der Energie- und Klimafonds weiter gefüllt werden. Die 60 Milliarden Euro sind überhaupt nur übrig, weil die für 2021 geplante Rekord-Neuverschuldung von bis zu 240 Milliarden Euro bei Weitem nicht benötigt wird, um die Kosten der Corona-Krise zu decken.

„Mit dem zweiten Nachtragshaushalt 2021 wird der pandemiebedingte Handlungs- und Nachholbedarf bei öffentlichen und privaten Investitionen zielgerichtet angegangen“, sagte Lindner, nachdem das Kabinett den Nachtragshaushalt in einer Sondersitzung auf den Weg gebracht hatte. Aufgrund der Corona-Pandemie seien „viele Investitionen, gerade auch im Bereich des Klimaschutzes, nicht oder nicht in dem geplanten Umfang vorgenommen worden“, so der FDP-Chef.

Im Gesetzentwurf wird dabei ausdrücklich auf die Ende Oktober abgegebene Herbstprojektion der alten Bundesregierung verwiesen. Darin wird davon ausgegangen, dass die gesamte Investitionstätigkeit der deutschen Volkswirtschaft in den Jahren 2020 und 2021 unter den noch in der Vorkrisenzeit 2019 geäußerten Erwartungen geblieben ist.

Zweifel an Lindners Nachtragshaushalt

Nicht alle Ökonomen können dieser Argumentation folgen. „Die Umwidmung der Corona-Schulden ist auf den ersten Blick kaum mit der Notsituation, die zur Aussetzung der Schuldenbremse führte, übereinzubringen“, sagte Jens Boysen-Hogrefe vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW). Klima und Corona seien wichtige Themen, aber stünden in keinem direkten Zusammenhang.

Bereits im Jahr 2019 hätten sich Investitionen schwächer entwickelt, nicht erst 2020 und 2021. „Und ein Teil der aktuellen Investitionsschwierigkeiten geht eher auf Lieferengpässe als auf mangelnde Finanzierungsmöglichkeiten zurück, sodass unklar ist, wie gewichtig das Argument ist“, sagte Boysen-Hogrefe.

Auch aus Sicht von Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzen am ZEW in Mannheim, ist die Argumentationslinie der neuen Bundesregierung nicht schlüssig. „Hier wird die krisenbezogene Ausnahmeklausel der Schuldenbremse eindeutig entgegen ihrer eigentlichen Absicht verwendet. Der Sinn der Klausel ist nicht, dass man in einer Krise für zukünftige Ausgaben zusätzliche Schulden machen darf“, sagte Heinemann.

Die neue Bundesregierung gehe damit ein erhebliches Risiko ein, vor dem Bundesverfassungsgericht eine Niederlage zu erleiden. Heinemann relativiert die rechtliche Diskussion allerdings durch den Hinweis, dass ein Nein aus Karlsruhe – sofern die Richter überhaupt angerufen werden – nichts an der realen Budgetpolitik ändern wird. Schließlich werde ein entsprechendes Urteil sehr lange auf sich warten lassen. „Hier wird eine Schwäche der Schuldenbremse deutlich: Sie ist nicht wirksam genug gegen Regelverstöße abgesichert“, sagte ZEW-Experte Heinemann.

Nachtragshaushalt nutzt „Verschuldungsspielräume“

Wirtschaftsforscher Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, bewertet das Vorgehen pragmatisch. Mit dem Nachtragshaushalt würden „Verschuldungsspielräume genutzt, die in den kommenden Jahren, wenn die Defizitgrenze der Schuldenbremse wieder gilt, nicht vorhanden sein werden“.

Er knüpft dies allerdings an Bedingungen: Die Verschiebung der 60 Milliarden Euro in den Energie- und Klimafonds dürften nicht dazu führen, dass Investitionen im Kernhaushalt des Bundes gekürzt werden. „Damit müssen wirklich zusätzliche Investitionen finanziert werden“, sagte Fuest. Gleichzeitig befreie dies die neue Regierung nicht davor, bestehende Ausgaben im Bundeshaushalt zu überprüfen. Die künftigen Investitionen dürften nicht allein durch neue Schulden finanziert werden.

Aus den Reihen der Opposition kam erneut Kritik. „Dieses Vorgehen dient einzig der Geldbeschaffung, um Mittel zur Finanzierung von Maßnahmen in den nächsten Jahren kurzfristig zu parken und bei Bedarf verfügbar zu machen“, sagte Christian Haase (CDU), Haushaltsexperte der Union. Die Linken-Politikerin Gesine Lötzsch sagte, Mittel zur Bekämpfung der Pandemie würden jetzt zweckentfremdet. „Das ist kein seriöser Start für einen Bundesfinanzminister.“ Die FDP habe als Opposition ein solches Vorgehen der alten Bundesregierung als verfassungswidrig gebrandmarkt.

Jetzt wird sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Gesetzentwurf beschäftigen. Offen ist, wofür Lindner und die Ampel-Koalition die zusätzlichen 60 Milliarden Euro überhaupt ausgeben wollen – und in welchem Zeitraum. Dies soll im Rahmen des Bundeshaushalts 2022 genauer definiert werden. Erst im Frühjahr wird sich der Bundestag mit diesem beschäftigen.

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Mehr als 20 FDP-Abgeordnete lehnen Corona-Impfpflicht ab

In der Debatte um eine Impfpflicht gegen das Coronavirus liegt im Bundestag der Entwurf für einen ersten Antrag vor. Das von mehr als 20 FDP-Abgeordneten unterschriebene Papier spricht sich klar gegen eine solche Pflicht aus.

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Prominente FDP-Abgeordnete initiieren Antrag gegen allgemeine Impfpflicht

Eine Reihe prominenter FDP-Abgeordneter positioniert sich in einem Papier gegen eine allgemeine Corona-Impfpflicht. In dem Antragsentwurf, der am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP vorlag, wird unter anderem auf die "noch nicht abschließend geklärten Fragen der Schutzdauer und des Schutzumfangs einer Impfung" verwiesen. Scharfe Kritik an dem Papier kam von der CSU.

Bund und Länder hatten Ende November vereinbart, dass bald über eine allgemeine Corona-Impfpflicht entschieden werden solle. Geplant sind sogenannte Gruppenanträge, hinter denen jeweils Bundestagsabgeordnete unterschiedlicher Fraktionen stehen. Abgestimmt werden soll ausschließlich nach dem Gewissen, nicht entlang der Fraktionszugehörigkeit. Eine erste Debatte könnte für Januar angesetzt werden.

Das Papier aus den Reihen der FDP-Fraktion mit dem Titel "Impfbereitschaft ohne allgemeine Impfpflicht gegen Sars-CoV-2 erhöhen" ist ein Entwurf für einen ersten solchen Gruppenantrag. Zu den Unterstützern zählen Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, und die frühere FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg. Unterstützer aus anderen Fraktionen waren zunächst nicht bekannt.

In dem Entwurf wird als Argument gegen eine allgemeine Impfpflicht auch "ein fraktionsübergreifendes und immer wieder bekräftigtes Versprechen verschiedenster Amts- und Mandatsträger" angeführt, dass es keine solche Pflicht geben werde. Der Bruch eines derartigen Versprechens würde "langfristige Schäden in der Gesellschaft hinterlassen, die zum heutigen Zeitpunkt kaum absehbar wären und keinesfalls zu unterschätzen sind".

Die Bundesregierung solle stattdessen "die Anstrengungen unterhalb des Grundrechtseingriffs einer Impfpflicht oder sogenannter 2G-Maßnahmen" intensivieren. Dazu gehörten etwa "mehrsprachige Aufklärungs- und Werbespots und eine breite, von relevanten gesellschaftlichen Akteuren wie Kirchen, muslimischen Verbänden, Gewerkschaften, Sportvereinen mitgetragene Kampagne für das Impfen".

Niedrigschwellige Impfangebote sollten aufrechterhalten und intensiviert werden. Zu prüfen sei außerdem "das persönliche Anschreiben mit dem Angebot eines Impftermins für jeden Bürger und jede Bürgerin", heißt es weiter. Hier müssten allerdings "Kostenintensität und datenschutzrechtliche Fragen" berücksichtigt werden.

CSU-Generalsekretär Markus Blume reagierte empört auf das Papier. "Der Blindflug der FDP geht weiter", schrieb er auf Twitter. "Keine Impfpflicht, kein 2G - diese Forderungen von Kubicki & Co. sind brandgefährlich." Blume forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, sich um "die Corona-Verharmloser in der Ampel" zu kümmern.

Die Frage der allgemeinen Impfpflicht ist in der FDP umstritten. Parteichef und Bundesfinanzminister Christian Lindner hat angekündigt, im Bundestag voraussichtlich dafür zu stimmen. Kubicki positioniert sich schon länger gegen eine Corona-Impfpflicht für alle, auch Aschenberg-Dugnus äußerte sich mehrmals skeptisch.

Den Sendern RTL und ntv sagte Kubicki am Donnerstag, er wünsche sich, "dass es nicht zu einer allgemeinen Impfpflicht kommt, weil ich glaube, dass das die Gesellschaft noch weiter erschüttern wird, als es gegenwärtig der Fall ist". Er glaube aber, dass es im Bundestag eine Mehrheit für die Impfpflicht geben werde.

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Lindner geht auf Konfrontationskurs zu Frankreich

Beim ersten Besuch von Finanzminister Christian Lindner (FDP) in der Eurogruppe Anfang vergangener Woche ging es deutlich kontroverser zu als bislang nach außen gedrungen. In Konflikt gerieten der deutsche Finanzminister auf der einen Seite sowie sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire und EZB-Präsidentin Christine Lagarde auf der anderen. Der Streit entbrannte laut Mitschriften, als Lagarde einen dauerhaften milliardenschweren Haushalt für die Währungsunion vorschlug, eine sogenannte Fiskalkapazität. Sie soll im Fall ökonomischer Schocks helfen, die Konjunktur zu stabilisieren. Le Maire pflichtete ihr bei und erklärte, »die Türen für alle Finanzierungsmöglichkeiten sollten offen bleiben«. Die Mitgliedstaaten hätten unterschiedlich große Spielräume in ihren jeweiligen Etats, um auf wirtschaftliche Schocks zu reagieren. Dem könne ein zentraler Haushalt auf Ebene der Eurozone abhelfen. Lindner widersprach. Er sei nicht davon überzeugt, dass eine Fiskalkapazität auf europäischer Ebene notwendig sei. Das Vorhaben stelle einen Eingriff in die nationale Zuständigkeit für die Haushaltspolitik dar, argumentierte der deutsche Finanzminister. Es solle jeder Regierung überlassen bleiben, wie sie auf eine wirtschaftliche Störung reagiere.

Unterstützung bekam Lindner von seinen finnischen und luxemburgischen Amtskollegen. Lagarde und Le Maire sprangen die Vertreter Portugals, Italiens und Spaniens bei. Die Auseinandersetzung offenbarte die traditionelle Spaltung zwischen Nord und Süd in der Eurozone. Lindner plädierte zudem dafür, dass die einzelnen Mitgliedsländer wieder quantifizierte, auf sie zugeschnittene Vorgaben seitens der EU-Kommission und der Partnerstaaten bekommen, wie sie ihre Haushalte in Ordnung zu bringen haben.

Empfehlungen als Bestandteil des Stabilitäts- und Wachstumspakts finden derzeit nicht statt, weil das Vertragswerk wegen der Coronapandemie ausgesetzt ist. Lindner sprach sich zudem dafür aus, auch die Möglichkeit von Sanktionen beizubehalten, die fällig werden, wenn ein Land über die Maßen Schulden anhäuft. Lindners Auftritt belegt, dass er in Europa einen härteren Kurs einschlagen will als sein Vorgänger, der jetzige Kanzler Olaf Scholz (SPD).