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EU- Wirtschaft
Zitat von Gast am 2. Mai 2023, 10:57 UhrKonjunktur: Industrie im Euro-Raum verliert an Schwung und schrumpft erneut
Die Lieferzeiten haben sich offenbar verkürzt und deuten damit auf eine Normalisierung. Allerdings zeichnen andere Indikatoren ein negativeres Bild.
Die Industrie in der Euro-Zone hat ihre Talfahrt im April beschleunigt. Der HCOB-Einkaufsmanagerindex für das Währungsgebiet fiel um 1,5 auf 45,8 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit der Corona-Krise im Mai 2020, wie der Finanzdienstleister S&P Global am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 3000 Firmen mitteilte.
Damit liegt das Barometer deutlich unter der Schwelle von 50 Zählern, ab der es Wachstum signalisiert. Das Verarbeitende Gewerbe habe länderübergreifend weniger produziert, sagte der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank (HCOB), Cyrus de la Rubia.
„Diese Schwäche dürfte damit zu tun haben, dass viele Unternehmen angesichts der lange Zeit angespannten Lieferketten ihre Lagerbestände massiv aufgebaut hatten und jetzt feststellen, dass sie des Guten etwas zu viel getan haben.“
Die erneut deutlich verkürzten Lieferzeiten seien zwar ein Zeichen der Normalisierung. „Sie müssen zusammen mit einigen anderen Indikatoren aber auch als Nachfrageschwäche interpretiert werden“, betonte de la Rubia und verwies auf das nachlassende Neugeschäft, samt Exportaufträgen.
In Italien, Spanien und Frankreich lag das Industrie-Barometer jeweils unter der Wachstumsmarke von 50 Punkten, in Deutschland fiel der Index sogar auf 44,5 Zähler. Die gesamte deutsche Wirtschaft war im Winterhalbjahr zwar knapp an der befürchteten Rezession vorbeigeschrammt. Im ersten Quartal gab es allerdings wegen der anhaltenden Belastungen etwa durch die Energiekrise nur eine Stagnation.
Konjunktur: Industrie im Euro-Raum verliert an Schwung und schrumpft erneut
Die Lieferzeiten haben sich offenbar verkürzt und deuten damit auf eine Normalisierung. Allerdings zeichnen andere Indikatoren ein negativeres Bild.
Die Industrie in der Euro-Zone hat ihre Talfahrt im April beschleunigt. Der HCOB-Einkaufsmanagerindex für das Währungsgebiet fiel um 1,5 auf 45,8 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit der Corona-Krise im Mai 2020, wie der Finanzdienstleister S&P Global am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 3000 Firmen mitteilte.
Damit liegt das Barometer deutlich unter der Schwelle von 50 Zählern, ab der es Wachstum signalisiert. Das Verarbeitende Gewerbe habe länderübergreifend weniger produziert, sagte der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank (HCOB), Cyrus de la Rubia.
„Diese Schwäche dürfte damit zu tun haben, dass viele Unternehmen angesichts der lange Zeit angespannten Lieferketten ihre Lagerbestände massiv aufgebaut hatten und jetzt feststellen, dass sie des Guten etwas zu viel getan haben.“
Die erneut deutlich verkürzten Lieferzeiten seien zwar ein Zeichen der Normalisierung. „Sie müssen zusammen mit einigen anderen Indikatoren aber auch als Nachfrageschwäche interpretiert werden“, betonte de la Rubia und verwies auf das nachlassende Neugeschäft, samt Exportaufträgen.
In Italien, Spanien und Frankreich lag das Industrie-Barometer jeweils unter der Wachstumsmarke von 50 Punkten, in Deutschland fiel der Index sogar auf 44,5 Zähler. Die gesamte deutsche Wirtschaft war im Winterhalbjahr zwar knapp an der befürchteten Rezession vorbeigeschrammt. Im ersten Quartal gab es allerdings wegen der anhaltenden Belastungen etwa durch die Energiekrise nur eine Stagnation.
Zitat von Gast am 26. Juni 2023, 05:34 UhrSchreckgespenst Entwicklungsland: Warum Deutschland absteigt und die USA an uns vorbeiziehen
Kaum ein Tag vergeht ohne eine neue Hiobsbotschaft für die deutsche Wirtschaft. Am Montag warnte BDI-Präsident Siegfried Russwurm auf dem Tag der Industrie vor schwierigen Bedingungen und prognostizierte ein Nullwachstum bis zum Jahresende, am Mittwoch gab das Ifo-Institut seine Schätzung bekannt, wonach Deutschland im Gesamtjahr 2023 in die Rezession rutschen werde, und das gewerkschaftsnahe IMK ging am Donnerstag sogar von einem Einbruch der Wirtschaft um 0,5 Prozent bis zum Jahresende aus.
Deutschland hat die Europäische Union in den letzten Jahren regelrecht dominiert. Die Agenda 2010 brachte der Exportindustrie große Kostenvorteile. Angela Merkel wurde in Europa als eiserne Kanzlerin gefürchtet. Griechenland, Spanien, Portugal und Italien stöhnten unter der deutschen Fiskaldisziplin. Doch mittlerweile scheint Deutschland zu lange von der Substanz gelebt zu haben. Der Thinktank European Council on Foreign Relations (ECFR) verweist in einer aktuellen Analyse darauf, dass die USA der EU in den letzten 15 Jahren ökonomisch regelrecht davongezogen sind. Im Jahr 2008 war die Wirtschaft der EU noch etwas größer als die der Vereinigten Staaten: 16,2 Billionen US-Dollar gegenüber 14,7 Billionen US-Dollar. Mittlerweile ist die amerikanische Wirtschaft um fast ein Drittel größer – rechnet man Großbritannien heraus, sind es sogar mehr als 50 Prozent.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine könnte eine Zeitenwende eingeleitet haben, die den Abstieg Deutschlands als wirtschaftliche Großmacht einleitet. Die Neuausrichtung der Energieversorgung hat die deutsche Wirtschaft ins Mark getroffen. Steigende Energiepreise haben die Nachfrage einbrechen lassen, der Konsum wird abgewürgt, weil die Bevölkerung hohe Lebenshaltungskosten schultern muss. Staat und Unternehmen investieren zu wenig, der Kapitalstock – Maschinen, Brücken, Schulen – erodiert. Der Finanzanalyst Michael Every prophezeite im Interview mit der Berliner Zeitung Deutschland den Status eines Entwicklungslands.
Die ECFR-Wissenschaftler stellen einen provokanten Zusammenhang her: Durch den Krieg in der Ukraine seien die Europäer stärker in die Abhängigkeit der Amerikaner gerutscht, die EU stehe mittlerweile in einem Vasallen-Verhältnis zu den USA. Seit der Finanzkrise 2008 seien die USA im Vergleich zu ihren europäischen Verbündeten immer mächtiger geworden. „Das transatlantische Verhältnis ist nicht ausgewogener geworden, sondern stärker von den USA dominiert“, schreiben die ECFR-Autoren.
Die Ursachen für die schlechte wirtschaftliche Lage sind zum großen Teil hausgemacht. Deutschland hat wichtige wirtschaftliche Entwicklungen lange verschlafen: Der letzte bedeutende deutsche Hightechkonzern war das Software-Unternehmen SAP, dessen Gründung bereits 50 Jahre zurückliegt. Die USA sind bei Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz mittlerweile führend. Die Branchen ziehen Kapital im großen Stil an. Die Marktkapitalisierung des Chipherstellers Nvidia hat die Grenze von einer Billion US-Dollar durchbrochen. Während in den USA die großen Digitalkonzerne Amazon, Alphabet und Co. in den vergangenen zwölf Monaten 65 Prozent der Renditen an der Börse eingebracht haben, gelten in Europa Handtaschen und andere Accessoires als prestigeträchtig. Auf dem alten Kontinent haben die zehn größten Luxusunternehmen, mit dem französischen Konglomerat LVMH an der Spitze, etwa 30 Prozent der Renditen erzielt – eine Vermögenskonzentration, die ihresgleichen sucht.
Die Dekadenz im Abendland hat ökonomische Folgen. Das ECFR zieht logische Schlussfolgerungen: „Die großen amerikanischen Technologieunternehmen – die ‚Big Five‘ Alphabet (Google), Amazon, Apple, Meta (Facebook) und Microsoft – stehen nun kurz davor, die Technologielandschaft in Europa ebenso zu dominieren wie in den USA“, heißt es. Mit der Wettbewerbspolitik versuche die EU zwar dieser Dominanz entgegenzuwirken, indem sie beispielsweise Google eine Geldstrafe von fast 2,5 Milliarden Euro auferlegte. Doch es sei – anders als in China – nicht gelungen, Alternativen zu entwickeln.
Auch die europäische Währungsunion habe nicht den Erfolg gezeitigt, Amerika ernsthaft herauszufordern. Laut den jüngsten Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich wurde im April 2022 bei rund 88 Prozent der weltweiten Devisentransaktionen der US-Dollar gekauft oder verkauft. Dieser Anteil ist in den vergangenen 20 Jahren stabil geblieben. Im Gegensatz dazu wurde der Euro bei 31 Prozent der Transaktionen gekauft oder verkauft, ein Rückgang gegenüber seinem Höchststand von 39 Prozent im Jahr 2010.
Der US-Dollar hat auch seine Position als wichtigste Reservewährung der Welt behauptet – er macht etwa 60 Prozent der offiziellen Währung aus Devisenreserven; der Euro lediglich 21 Prozent. „Die USA haben von der anhaltenden Dominanz ihrer Währung profitiert, um eine immer größere Fähigkeit zu erlangen, Finanzsanktionen gegen ihre Feinde und Verbündeten gleichermaßen zu verhängen, ohne wirklich auf die Zusammenarbeit von irgendjemandem angewiesen zu sein“, konstatieren die Autoren der Studie. „Russland und China wehren sich mit einigem Erfolg gegen diese Fähigkeit, aber die Europäer haben dies größtenteils akzeptiert.“
Offensichtlich wird die Verlagerung im transatlantischen Verhältnis bei der Energieversorgung. Deutschland hat nach Kriegsbeginn schnell begonnen, die Infrastruktur für die Anlandung von Flüssigerdgas (LNG) aufzubauen. Statt relativ preiswertes Gas aus Russland bezieht die deutsche Wirtschaft LNG aus befreundeten Staaten. Wenn es um die USA geht, hat die Bundesregierung die Spendierhosen an. Am vergangenen Donnerstag teilte das amerikanische Unternehmen Venture Global LNG mit, einen Vertrag mit der Bundesrepublik über die Belieferung von Flüssigerdgas für die nächsten 20 Jahre geschlossen zu haben. Das deutsche Unternehmen SEFE (Securing Energy For Europe), das aus der Verstaatlichung des russischen Gasprom-Ablegers in Deutschland hervorgegangen ist, wird jährlich 2,25 Millionen Tonnen aus den USA beziehen.
Der Deal ist Deutschlands zweiter Vertrag mit Venture Global LNG, der über einen 20-Jahres-Zeitraum läuft. Zuvor hatte der Energieversorger EnBW ein Abkommen über zwei Millionen Tonnen pro Jahr unterzeichnet. Durch die Vereinbarungen wird Venture Global zum größten LNG-Lieferanten Deutschlands. Die USA werden privilegiert: Beim LNG-Bezug aus Katar, der über den RWE-Konzern läuft, hat sich Deutschland nur zu einer Laufzeit von 15 Jahren entschlossen – deutlich kürzer, als es der Golfstaat angestrebt hatte. Deutschland hat seit Dezember insgesamt 2,4 Millionen Tonnen LNG importiert, davon kamen mehr als 70 Prozent aus den USA. Die Vereinigten Staaten sind zum größten Gasproduzenten der Welt aufgestiegen. Die deutsche Industrie ächzt unter den gestiegenen Preisen.
Inmitten der europäischen Energiekrise haben die USA zudem den industriepolitischen Turbo gezündet. Im Sommer 2022 verabschiedete Präsident Joe Biden den Inflation Reduction Act (IRA) und den CHIPS and Science Act, die hohe Subventionen für die Hightechbranche und grüne Technologien vorsehen. In Europa fürchtet man seitdem, dass Kapital in die USA abfließt und Unternehmen abwandern, weil die Verwertungsbedingungen auf dem alten Kontinent, vor allem wegen der hohen Energiepreise, nicht mithalten können.
Die Autoren des ECFR konstatieren, dass viele Regierungsbeamte in Washington seit Beginn des Krieges in der Ukraine die Ansicht geäußert hätten, dass die Europäer „vielleicht jammern und sich beschweren“, ihre zunehmende Sicherheitsabhängigkeit von den USA bedeute jedoch, dass sie die Wirtschaftspolitik als Teil der amerikanischen Politik akzeptieren werden. „Das ist die Essenz der Vasallisierung“, heißt es in der Analyse.
„In einer ausgewogeneren transatlantischen Partnerschaft hätten die USA Initiativen wie den IRA niemals ohne Konsultation in Betracht gezogen“, schreiben die ECFR-Autoren. Vasallisierung sei keine kluge Politik für die kommende Ära des intensiven geopolitischen Wettbewerbs – weder für die USA noch für Europa. Die Europäer sollten ihre eigenen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen schützen können – die sich zeitweise von denen der USA unterscheiden.
Schreckgespenst Entwicklungsland: Warum Deutschland absteigt und die USA an uns vorbeiziehen
Kaum ein Tag vergeht ohne eine neue Hiobsbotschaft für die deutsche Wirtschaft. Am Montag warnte BDI-Präsident Siegfried Russwurm auf dem Tag der Industrie vor schwierigen Bedingungen und prognostizierte ein Nullwachstum bis zum Jahresende, am Mittwoch gab das Ifo-Institut seine Schätzung bekannt, wonach Deutschland im Gesamtjahr 2023 in die Rezession rutschen werde, und das gewerkschaftsnahe IMK ging am Donnerstag sogar von einem Einbruch der Wirtschaft um 0,5 Prozent bis zum Jahresende aus.
Deutschland hat die Europäische Union in den letzten Jahren regelrecht dominiert. Die Agenda 2010 brachte der Exportindustrie große Kostenvorteile. Angela Merkel wurde in Europa als eiserne Kanzlerin gefürchtet. Griechenland, Spanien, Portugal und Italien stöhnten unter der deutschen Fiskaldisziplin. Doch mittlerweile scheint Deutschland zu lange von der Substanz gelebt zu haben. Der Thinktank European Council on Foreign Relations (ECFR) verweist in einer aktuellen Analyse darauf, dass die USA der EU in den letzten 15 Jahren ökonomisch regelrecht davongezogen sind. Im Jahr 2008 war die Wirtschaft der EU noch etwas größer als die der Vereinigten Staaten: 16,2 Billionen US-Dollar gegenüber 14,7 Billionen US-Dollar. Mittlerweile ist die amerikanische Wirtschaft um fast ein Drittel größer – rechnet man Großbritannien heraus, sind es sogar mehr als 50 Prozent.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine könnte eine Zeitenwende eingeleitet haben, die den Abstieg Deutschlands als wirtschaftliche Großmacht einleitet. Die Neuausrichtung der Energieversorgung hat die deutsche Wirtschaft ins Mark getroffen. Steigende Energiepreise haben die Nachfrage einbrechen lassen, der Konsum wird abgewürgt, weil die Bevölkerung hohe Lebenshaltungskosten schultern muss. Staat und Unternehmen investieren zu wenig, der Kapitalstock – Maschinen, Brücken, Schulen – erodiert. Der Finanzanalyst Michael Every prophezeite im Interview mit der Berliner Zeitung Deutschland den Status eines Entwicklungslands.
Die ECFR-Wissenschaftler stellen einen provokanten Zusammenhang her: Durch den Krieg in der Ukraine seien die Europäer stärker in die Abhängigkeit der Amerikaner gerutscht, die EU stehe mittlerweile in einem Vasallen-Verhältnis zu den USA. Seit der Finanzkrise 2008 seien die USA im Vergleich zu ihren europäischen Verbündeten immer mächtiger geworden. „Das transatlantische Verhältnis ist nicht ausgewogener geworden, sondern stärker von den USA dominiert“, schreiben die ECFR-Autoren.
Die Ursachen für die schlechte wirtschaftliche Lage sind zum großen Teil hausgemacht. Deutschland hat wichtige wirtschaftliche Entwicklungen lange verschlafen: Der letzte bedeutende deutsche Hightechkonzern war das Software-Unternehmen SAP, dessen Gründung bereits 50 Jahre zurückliegt. Die USA sind bei Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz mittlerweile führend. Die Branchen ziehen Kapital im großen Stil an. Die Marktkapitalisierung des Chipherstellers Nvidia hat die Grenze von einer Billion US-Dollar durchbrochen. Während in den USA die großen Digitalkonzerne Amazon, Alphabet und Co. in den vergangenen zwölf Monaten 65 Prozent der Renditen an der Börse eingebracht haben, gelten in Europa Handtaschen und andere Accessoires als prestigeträchtig. Auf dem alten Kontinent haben die zehn größten Luxusunternehmen, mit dem französischen Konglomerat LVMH an der Spitze, etwa 30 Prozent der Renditen erzielt – eine Vermögenskonzentration, die ihresgleichen sucht.
Die Dekadenz im Abendland hat ökonomische Folgen. Das ECFR zieht logische Schlussfolgerungen: „Die großen amerikanischen Technologieunternehmen – die ‚Big Five‘ Alphabet (Google), Amazon, Apple, Meta (Facebook) und Microsoft – stehen nun kurz davor, die Technologielandschaft in Europa ebenso zu dominieren wie in den USA“, heißt es. Mit der Wettbewerbspolitik versuche die EU zwar dieser Dominanz entgegenzuwirken, indem sie beispielsweise Google eine Geldstrafe von fast 2,5 Milliarden Euro auferlegte. Doch es sei – anders als in China – nicht gelungen, Alternativen zu entwickeln.
Auch die europäische Währungsunion habe nicht den Erfolg gezeitigt, Amerika ernsthaft herauszufordern. Laut den jüngsten Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich wurde im April 2022 bei rund 88 Prozent der weltweiten Devisentransaktionen der US-Dollar gekauft oder verkauft. Dieser Anteil ist in den vergangenen 20 Jahren stabil geblieben. Im Gegensatz dazu wurde der Euro bei 31 Prozent der Transaktionen gekauft oder verkauft, ein Rückgang gegenüber seinem Höchststand von 39 Prozent im Jahr 2010.
Der US-Dollar hat auch seine Position als wichtigste Reservewährung der Welt behauptet – er macht etwa 60 Prozent der offiziellen Währung aus Devisenreserven; der Euro lediglich 21 Prozent. „Die USA haben von der anhaltenden Dominanz ihrer Währung profitiert, um eine immer größere Fähigkeit zu erlangen, Finanzsanktionen gegen ihre Feinde und Verbündeten gleichermaßen zu verhängen, ohne wirklich auf die Zusammenarbeit von irgendjemandem angewiesen zu sein“, konstatieren die Autoren der Studie. „Russland und China wehren sich mit einigem Erfolg gegen diese Fähigkeit, aber die Europäer haben dies größtenteils akzeptiert.“
Offensichtlich wird die Verlagerung im transatlantischen Verhältnis bei der Energieversorgung. Deutschland hat nach Kriegsbeginn schnell begonnen, die Infrastruktur für die Anlandung von Flüssigerdgas (LNG) aufzubauen. Statt relativ preiswertes Gas aus Russland bezieht die deutsche Wirtschaft LNG aus befreundeten Staaten. Wenn es um die USA geht, hat die Bundesregierung die Spendierhosen an. Am vergangenen Donnerstag teilte das amerikanische Unternehmen Venture Global LNG mit, einen Vertrag mit der Bundesrepublik über die Belieferung von Flüssigerdgas für die nächsten 20 Jahre geschlossen zu haben. Das deutsche Unternehmen SEFE (Securing Energy For Europe), das aus der Verstaatlichung des russischen Gasprom-Ablegers in Deutschland hervorgegangen ist, wird jährlich 2,25 Millionen Tonnen aus den USA beziehen.
Der Deal ist Deutschlands zweiter Vertrag mit Venture Global LNG, der über einen 20-Jahres-Zeitraum läuft. Zuvor hatte der Energieversorger EnBW ein Abkommen über zwei Millionen Tonnen pro Jahr unterzeichnet. Durch die Vereinbarungen wird Venture Global zum größten LNG-Lieferanten Deutschlands. Die USA werden privilegiert: Beim LNG-Bezug aus Katar, der über den RWE-Konzern läuft, hat sich Deutschland nur zu einer Laufzeit von 15 Jahren entschlossen – deutlich kürzer, als es der Golfstaat angestrebt hatte. Deutschland hat seit Dezember insgesamt 2,4 Millionen Tonnen LNG importiert, davon kamen mehr als 70 Prozent aus den USA. Die Vereinigten Staaten sind zum größten Gasproduzenten der Welt aufgestiegen. Die deutsche Industrie ächzt unter den gestiegenen Preisen.
Inmitten der europäischen Energiekrise haben die USA zudem den industriepolitischen Turbo gezündet. Im Sommer 2022 verabschiedete Präsident Joe Biden den Inflation Reduction Act (IRA) und den CHIPS and Science Act, die hohe Subventionen für die Hightechbranche und grüne Technologien vorsehen. In Europa fürchtet man seitdem, dass Kapital in die USA abfließt und Unternehmen abwandern, weil die Verwertungsbedingungen auf dem alten Kontinent, vor allem wegen der hohen Energiepreise, nicht mithalten können.
Die Autoren des ECFR konstatieren, dass viele Regierungsbeamte in Washington seit Beginn des Krieges in der Ukraine die Ansicht geäußert hätten, dass die Europäer „vielleicht jammern und sich beschweren“, ihre zunehmende Sicherheitsabhängigkeit von den USA bedeute jedoch, dass sie die Wirtschaftspolitik als Teil der amerikanischen Politik akzeptieren werden. „Das ist die Essenz der Vasallisierung“, heißt es in der Analyse.
„In einer ausgewogeneren transatlantischen Partnerschaft hätten die USA Initiativen wie den IRA niemals ohne Konsultation in Betracht gezogen“, schreiben die ECFR-Autoren. Vasallisierung sei keine kluge Politik für die kommende Ära des intensiven geopolitischen Wettbewerbs – weder für die USA noch für Europa. Die Europäer sollten ihre eigenen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen schützen können – die sich zeitweise von denen der USA unterscheiden.
Zitat von Gast am 28. Juni 2023, 14:19 UhrForscher warnen vor Kapitalabfluss aus Deutschland
Ausländische Milliardeninvestitionen wie für das Intel-Werk in Magdeburg sorgen für Schlagzeilen. Doch unter dem Strich verliert Deutschland laut einer Analyse Kapital – so stark wie kein anderes untersuchtes Land.
Die ausländischen Investitionen in Deutschland sinken – trotz der jüngsten Milliarden-Ankündigungen von Konzernen wie Intel oder Wolfspeed. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), über die das »Handelsblatt« berichtet. Demnach flossen im vergangenen Jahr 132 Milliarden US-Dollar mehr an Direktinvestitionen ab, als in Deutschland investiert wurden. Unter 46 untersuchten Staaten sei das der stärkste Abfluss.
»Die Zahlen sind als Warnsignal zu verstehen, dass der Standort an Attraktivität verliert: Demografie oder hohe Energiepreise setzen Deutschland zu«, wird IW-Ökonom Christian Rusche zitiert. »Viele Probleme sind aber hausgemacht.« Hohe Unternehmensteuern, bleierne Bürokratie und eine marode Infrastruktur hätten Deutschland immer unattraktiver gemacht.
Nachdem sich der Nettoabfluss an Kapital aus Deutschland zwischen 2014 und 2018 abgeschwächt hatte, nimmt er den Angaben zufolge seit 2019 wieder stark zu. Besonders dramatisch eingebrochen seien die Direktinvestitionen aus anderen europäischen Ländern: Diese sanken demnach im Vorjahr von 79 Milliarden auf nur noch 13 Milliarden Euro.
Abbau in Europa, Aufbau in Asien und Amerika
Laut einer Umfrage der Managementberatung Horváth unter deutschen Industriefirmen drohe sich die Investitionsflucht fortzusetzen, schreibt das »Handelsblatt«: Fast jedes dritte Unternehmen wolle in den nächsten fünf Jahren insbesondere aufgrund hoher Personalkosten Personalbestand in West- und Südeuropa abbauen und in Indien, Nordamerika und China aufbauen.
Ob der Abfluss von Direktinvestitionen von Dauer sein wird, sei jedoch noch nicht ausgemacht, wird der Konjunkturchef am RWI-Institut für Wirtschaftsforschung Essen, Torsten Schmidt, zitiert. Gerade die Zuflüsse bei den Investitionen folgten häufig mehrjährigen Zyklen – nach dem Abfall würden sie regelmäßig wieder raufgehen. Schmidt machte aber auch klar: Die Zuflüsse seien zuletzt schon »auffällig schwach« gewesen.
Forscher warnen vor Kapitalabfluss aus Deutschland
Ausländische Milliardeninvestitionen wie für das Intel-Werk in Magdeburg sorgen für Schlagzeilen. Doch unter dem Strich verliert Deutschland laut einer Analyse Kapital – so stark wie kein anderes untersuchtes Land.
Die ausländischen Investitionen in Deutschland sinken – trotz der jüngsten Milliarden-Ankündigungen von Konzernen wie Intel oder Wolfspeed. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), über die das »Handelsblatt« berichtet. Demnach flossen im vergangenen Jahr 132 Milliarden US-Dollar mehr an Direktinvestitionen ab, als in Deutschland investiert wurden. Unter 46 untersuchten Staaten sei das der stärkste Abfluss.
»Die Zahlen sind als Warnsignal zu verstehen, dass der Standort an Attraktivität verliert: Demografie oder hohe Energiepreise setzen Deutschland zu«, wird IW-Ökonom Christian Rusche zitiert. »Viele Probleme sind aber hausgemacht.« Hohe Unternehmensteuern, bleierne Bürokratie und eine marode Infrastruktur hätten Deutschland immer unattraktiver gemacht.
Nachdem sich der Nettoabfluss an Kapital aus Deutschland zwischen 2014 und 2018 abgeschwächt hatte, nimmt er den Angaben zufolge seit 2019 wieder stark zu. Besonders dramatisch eingebrochen seien die Direktinvestitionen aus anderen europäischen Ländern: Diese sanken demnach im Vorjahr von 79 Milliarden auf nur noch 13 Milliarden Euro.
Abbau in Europa, Aufbau in Asien und Amerika
Laut einer Umfrage der Managementberatung Horváth unter deutschen Industriefirmen drohe sich die Investitionsflucht fortzusetzen, schreibt das »Handelsblatt«: Fast jedes dritte Unternehmen wolle in den nächsten fünf Jahren insbesondere aufgrund hoher Personalkosten Personalbestand in West- und Südeuropa abbauen und in Indien, Nordamerika und China aufbauen.
Ob der Abfluss von Direktinvestitionen von Dauer sein wird, sei jedoch noch nicht ausgemacht, wird der Konjunkturchef am RWI-Institut für Wirtschaftsforschung Essen, Torsten Schmidt, zitiert. Gerade die Zuflüsse bei den Investitionen folgten häufig mehrjährigen Zyklen – nach dem Abfall würden sie regelmäßig wieder raufgehen. Schmidt machte aber auch klar: Die Zuflüsse seien zuletzt schon »auffällig schwach« gewesen.
Zitat von Gast am 21. Juni 2024, 10:45 UhrHöheres Vorkommen als vermutet
„Der Fund ist ein Meilenstein“: Geologe bestätigt sensationelle Entdeckung in Skandinavien
Ein norwegisches Bergbauunternehmen hat ein riesiges Vorkommen Seltener Erden entdeckt. Der Fund wird als „Meilenstein“ bezeichnet – und könnte die Abhängigkeit der EU von China verringern.
Oslo – Nach drei Jahren intensiver Forschung ist am 6. Juni in Norwegens Hauptstadt Oslo ein Sensationsfund verkündet worden: Ein Bergbauunternehmen hat in dem skandinavischen Land ein riesiges Vorkommen Seltener Erden identifiziert. Der Fund stellt wohl das größte bislang bekannte Vorkommen der wertvollen Rohstoffe in ganz Europa dar. Ein Geologe spricht von einem „Meilenstein“.
Für moderne Technologie extrem wichtig: Größtes Vorkommen Seltener Erden in Europa in Norwegen
Entdeckt wurde das Vorkommen der Seltenen Erden im sogenannten Fen-Komplex in der norwegischen Provinz Telemark. Ging man zuletzt noch von einer geringeren Menge aus, haben neue Untersuchungen nun ergeben, dass in der Lagerstätte rund 8,8 Millionen Tonnen der Metalle enthalten sind. Der Fund der signifikanten Mineralressource sei bereits von einer unabhängigen dritten Partei bestätigt worden, teilt das Bergbauunternehmen Rare Earths Norway mit.
„Dies ist ein Meilenstein für uns, der für die lokale Gemeinschaft in Nome, aber auch für Norwegen und Europa über Generationen hinweg von großer Bedeutung sein könnte“, sagt der Geologe Trond Watne zu dem Vorkommen. Bei dem Fund handele es sich unter anderem um Metalle wie Neodym, Terbium und Dysprosium, die für moderne Technologien unerlässlich sind. Die Rohstoffe werden unter anderem für die Produktion von Windkraftgeneratoren oder Elektroautos gebraucht, ebenso in Displays, Akkus oder Solarzellen eingebaut.
Neodym-Fund in Russland© IMAGO / ITAR-TASS„Deutlich geringere Auswirkungen auf Klima“: Norwegen will 2030 mit Abbau des Sensationsfunds beginnen
Zwar sind die Metalle streng genommen nicht selten, auch in Deutschland kommen viele der 17 zu den Seltenen Erden zählenden Elemente vergleichsweise häufig vor. Schwierig ist jedoch die Gewinnung, da die Metalle häufig in Verbindungen in Erzschichten enthalten sind. Das macht die Förderung komplex und oft sehr umweltschädlich. Nach eigenen Angaben will das norwegische Unternehmen Rare Earths Norway mit dem Abbau ab 2030 beginnen. Es soll „deutlich geringere Auswirkungen auf Klima und Umwelt“ geben als bei Wertschöpfungsketten für die Metalle.
Der Fund und das damit verbundene Projekt der Gewinnung unterstreiche „das Potenzial und die Chance für Europa, in erstklassige Bergbau- und Verarbeitungsprojekte zu investieren, die unsere industriellen Wertschöpfungsketten sichern“, ist sich der CEO des norwegischen Bergbauunternehmens sicher. Zunächst sei der Bau einer Pilotfabrik nahe dem kürzlich entdeckten Vorkommen geplant. Dort sollen neue Technologien erprobt und die Verfahren zur Mineralverarbeitung verbessert werden. Allein in einer ersten Phase seien Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Kronen (867 Millionen Euro) nötig.
Seltene Erden sind knapp: Vorkommen könnte Abhängigkeit der EU von China reduzieren
Die Nachfrage nach den in Norwegen gefundenen Rohstoffen steigt kontinuierlich. Wie die Internationale Energieagentur mitteilt, wird sich der Bedarf an den Rohstoffen bis 2040 verdoppeln, wenn die Mitgliedsstaaten das Emissions-Ziel verfolgen. Das Angebot der Seltenen Erden ist jedoch knapp und geografisch ungleich verteilt ist. Derzeit bezieht Europa rund 90 Prozent seiner Seltenen Erden aus China, was zu einer erheblichen Abhängigkeit führt. Um diese Abhängigkeit zu verringern, suchen Länder weltweit nach eigenen Vorkommen.
Ein bedeutender Durchbruch gelang 2023 in Schweden: In der Per-Geijer-Lagerstätte nahe Kiruna wurde das bisher größte Vorkommen dieser Metalle in Europa entdeckt. Mit dem Fund in Norwegen sollen rund zehn Prozent des EU-Bedarfs an Seltenen Erden abgedeckt werden.
Höheres Vorkommen als vermutet
„Der Fund ist ein Meilenstein“: Geologe bestätigt sensationelle Entdeckung in Skandinavien
Ein norwegisches Bergbauunternehmen hat ein riesiges Vorkommen Seltener Erden entdeckt. Der Fund wird als „Meilenstein“ bezeichnet – und könnte die Abhängigkeit der EU von China verringern.
Oslo – Nach drei Jahren intensiver Forschung ist am 6. Juni in Norwegens Hauptstadt Oslo ein Sensationsfund verkündet worden: Ein Bergbauunternehmen hat in dem skandinavischen Land ein riesiges Vorkommen Seltener Erden identifiziert. Der Fund stellt wohl das größte bislang bekannte Vorkommen der wertvollen Rohstoffe in ganz Europa dar. Ein Geologe spricht von einem „Meilenstein“.
Für moderne Technologie extrem wichtig: Größtes Vorkommen Seltener Erden in Europa in Norwegen
Entdeckt wurde das Vorkommen der Seltenen Erden im sogenannten Fen-Komplex in der norwegischen Provinz Telemark. Ging man zuletzt noch von einer geringeren Menge aus, haben neue Untersuchungen nun ergeben, dass in der Lagerstätte rund 8,8 Millionen Tonnen der Metalle enthalten sind. Der Fund der signifikanten Mineralressource sei bereits von einer unabhängigen dritten Partei bestätigt worden, teilt das Bergbauunternehmen Rare Earths Norway mit.
„Dies ist ein Meilenstein für uns, der für die lokale Gemeinschaft in Nome, aber auch für Norwegen und Europa über Generationen hinweg von großer Bedeutung sein könnte“, sagt der Geologe Trond Watne zu dem Vorkommen. Bei dem Fund handele es sich unter anderem um Metalle wie Neodym, Terbium und Dysprosium, die für moderne Technologien unerlässlich sind. Die Rohstoffe werden unter anderem für die Produktion von Windkraftgeneratoren oder Elektroautos gebraucht, ebenso in Displays, Akkus oder Solarzellen eingebaut.
„Deutlich geringere Auswirkungen auf Klima“: Norwegen will 2030 mit Abbau des Sensationsfunds beginnen
Zwar sind die Metalle streng genommen nicht selten, auch in Deutschland kommen viele der 17 zu den Seltenen Erden zählenden Elemente vergleichsweise häufig vor. Schwierig ist jedoch die Gewinnung, da die Metalle häufig in Verbindungen in Erzschichten enthalten sind. Das macht die Förderung komplex und oft sehr umweltschädlich. Nach eigenen Angaben will das norwegische Unternehmen Rare Earths Norway mit dem Abbau ab 2030 beginnen. Es soll „deutlich geringere Auswirkungen auf Klima und Umwelt“ geben als bei Wertschöpfungsketten für die Metalle.
Der Fund und das damit verbundene Projekt der Gewinnung unterstreiche „das Potenzial und die Chance für Europa, in erstklassige Bergbau- und Verarbeitungsprojekte zu investieren, die unsere industriellen Wertschöpfungsketten sichern“, ist sich der CEO des norwegischen Bergbauunternehmens sicher. Zunächst sei der Bau einer Pilotfabrik nahe dem kürzlich entdeckten Vorkommen geplant. Dort sollen neue Technologien erprobt und die Verfahren zur Mineralverarbeitung verbessert werden. Allein in einer ersten Phase seien Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Kronen (867 Millionen Euro) nötig.
Seltene Erden sind knapp: Vorkommen könnte Abhängigkeit der EU von China reduzieren
Die Nachfrage nach den in Norwegen gefundenen Rohstoffen steigt kontinuierlich. Wie die Internationale Energieagentur mitteilt, wird sich der Bedarf an den Rohstoffen bis 2040 verdoppeln, wenn die Mitgliedsstaaten das Emissions-Ziel verfolgen. Das Angebot der Seltenen Erden ist jedoch knapp und geografisch ungleich verteilt ist. Derzeit bezieht Europa rund 90 Prozent seiner Seltenen Erden aus China, was zu einer erheblichen Abhängigkeit führt. Um diese Abhängigkeit zu verringern, suchen Länder weltweit nach eigenen Vorkommen.
Ein bedeutender Durchbruch gelang 2023 in Schweden: In der Per-Geijer-Lagerstätte nahe Kiruna wurde das bisher größte Vorkommen dieser Metalle in Europa entdeckt. Mit dem Fund in Norwegen sollen rund zehn Prozent des EU-Bedarfs an Seltenen Erden abgedeckt werden.
Zitat von Gast am 4. September 2024, 07:59 Uhr
„Der China-Schock zerstört Europas Kernindustrie“ - Ökonom Tordoir warnt
Eine Luftaufnahme zeigt chinesische Autos mit Hybrid- oder Elektroantrieb für den Export.© dpaHerr Tordoir, Sie sprechen von einem zweiten China-Schock, der die deutsche Wirtschaft bedroht. Das Land hat schon viele Industrien verloren und sich doch immer angepasst. Warum ist es diesmal anders?
Es gibt drei Hauptgründe. Erstens sind die Unterschiede in den Branchen sehr wichtig. Der erste China-Schock in den Nullerjahren bestand aus Textilien, Unterhaltungselektronik und anderen günstigen Massenwaren. Das traf Europa viel weniger, auch wenn Frankreich und Großbritannien Arbeitsplätze in diesen Industrien verloren haben. Das industrielle Herz Europas in den Niederlanden und Deutschland war aber weniger betroffen, weil die Industrie hier höherwertige Produkte herstellt. Der zweite China-Schock ist jetzt aber in genau den Branchen, in denen vor allem Deutschland gut ist: Autos, Maschinen und Chemie. Chinas Autoexporte haben sich seit 2020 versechsfacht, und der Boom hält an.
Was sind die anderen Gründe?
Der zweite ist das Ausmaß des Schocks. Im Vergleich zur globalen Wirtschaft sind Chinas Handelsüberschüsse viel größer: Der zweite China-Schock ist etwa doppelt so groß wie der erste. China versucht, das zu verschleiern, indem das Land die Handelsbilanz manipuliert. Der Internationale Währungsfonds sollte einschreiten, macht es aber bis jetzt nicht. Weil Europa im Handel mit China offener ist als die USA, treffen uns die Folgen viel stärker. Der dritte Grund ist, dass der Industriesektor für die EU noch viel wichtiger ist als für die USA. Das verarbeitende Gewerbe macht 19 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus, in der EU insgesamt rund 15 Prozent, in den USA waren es vor dem ersten China-Schock im Jahr 2000 nur 13 oder 14 Prozent.
Sander Tordoir© Anthony UptonDie hohen Exporte kommen zustande, weil der chinesische Staat sie subventioniert. Sollten wir uns nicht freuen über das Geschenk des chinesischen Steuerzahlers?
Das ist die gängige Lehre, die ist aber zu kurz gedacht. Kurzfristig mögen die günstigen chinesischen Produkte, wie etwa E-Autos, gut sein für Konsumenten und die grüne Transformation. Aber die längerfristigen Kosten überwiegen diese Vorteile. Der China-Schock zerstört Europas Kernindustrie. Das hat nicht nur mit Kostenvorteilen des Standorts China zu tun. Wegen Chinas Subventionen für die Industrie und der schwachen Binnennachfrage entstehen Überkapazitäten, die nur durch Exporte ausgeglichen werden können.
Was sind die Folgen für Europa?
Unsere Produktivität wird leiden, weil die Industrie, die abwandert, produktiver ist als der Dienstleistungssektor. Das ist für Europa schädlich, umso mehr, weil wir anders als die USA und China einen relativ kleinen Tech-Sektor haben, der noch produktiver ist als die Industrie. Und für die Innovation wäre es auch nicht gut: Märkte, die zu viel Wettbewerb haben, sind weniger innovativ, weil die Firmen zu wenig Geld verdienen, um in Forschung zu investieren. Das führt dazu, dass innovative Unternehmen nicht wachsen können. Im ersten China-Schock sanken Amerikas Patentanmeldungen in den betroffenen Branchen deutlich, die subventionierten Importe aus China waren für zwei Fünftel dieses Rückgangs verantwortlich. Ein ähnliches Schicksal wäre besonders für Europas grüne Industrie verheerend.
Wir hatten ähnliche Warnungen immer wieder. Erst kamen die Japaner auf den Automarkt, dann die Koreaner. Beide Male hat Deutschlands Autoindustrie nicht nur überlebt, sondern wurde sogar stärker. Warum sollte es diesmal anders sein?
Weil es wichtige Unterschiede gibt. Der zweite China-Schock ist im Ausmaß viel größer und entfaltet sich viel schneller. Deutschland hat nicht genug Zeit, um sich anzupassen. Und anders als China heute reagierte Japan in den achtziger Jahren auf westliche Bedenken, es gab Exportquoten und die Währung wurde aufgewertet.
Sollte die EU also schlicht die Mauern hochziehen?
Nein, Joe Bidens Ansatz finde ich nicht ausgewogen genug. Er riegelt Amerika zu stark ab. Die einheimischen Unternehmen brauchen den Wettbewerb, sonst sind sie nicht mehr innovativ. Das Risiko ist, dass sich Unternehmen wie GM zurücklehnen und weiter ihre spritschluckenden Pick-up-Trucks bauen. Es sollte eher darum gehen, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und zugleich offen für chinesische Technologie zu bleiben. Die EU macht das bisher besser als die USA. Brüssel versucht, die Antwort nach den Regeln der Welthandelsorganisation zu gestalten. Die Amerikaner scheren sich darum nicht.
Reicht das denn?
Bisher nicht. Es gibt viel Lärm, aber bisher wiegeln chinesische Regierungsvertreter ab, weil sie glauben, dass die Europäer in diesem Fall als Schoßhündchen der USA agieren. Die EU muss konfrontativer werden, vor allem in Branchen, in denen wir viele Arbeitsplätze und einen starken Exportmarktanteil haben, wie zum Beispiel bei Elektrofahrzeugen und Windturbinen. In anderen Bereichen ergibt das weniger Sinn. Beispielsweise sind wir nicht besonders konkurrenzfähig darin, Solarpaneele zu bauen. Da sollten wir das günstigere chinesische Angebot annehmen.
Welche Maßnahmen wünschen Sie sich konkret?
Ich bin kein Verfechter von Zöllen. Sie sind aggressiv und können zu kontraproduktiven Gegenmaßnahmen führen. Aber Brüssel hat eine begrenzte Zahl an politischen Instrumenten, und Zölle sind da noch das beste Mittel. Ich mag aber auch den französischen Ansatz, Kaufanreize für Elektroautos zu setzen. Während die USA und China nur Zuschüsse zahlen, wenn die Autos im eigenen Land hergestellt wurden, knüpft Frankreich die Zahlungen an Klimavorgaben. Das ist klug, weil es lokale Produktion schützt und für außereuropäische Länder sehr schwierig ist, diese Klimavorgaben zu erfüllen. Außerdem glaube ich, dass Europa höhere Schulden machen muss, auch wenn das in Deutschland sehr kontrovers ist.
Wir sollen wegen Chinas Industriepolitik die Schuldenbremse aufgeben?
Ja. Es geht darum, eine globale Balance von Angebot und Nachfrage aufrecht zu erhalten. Wenn China zu viel produziert und zu wenig kauft, muss das jemand auffangen. Langfristig kann man zwar Ausgaben priorisieren, aber kurzfristig ist nur eine höhere Verschuldung wirksam, um unsere Nachfrage zu steigern. Das ist schwer verdaulich, aber unvermeidlich.
Deutschland soll wirklich wegen Chinas Überproduktion das Grundgesetz ändern und mehr Schulden machen?
Handels- und Industriepolitik reichen leider nicht aus, um eine Deindustrialisierung zu vermeiden. Selbst wenn Europa seine Handelspolitik verschärft, wird Chinas massive Überproduktion den deutschen Export in Drittländer weiterhin erschweren. Deutschland kann seine Fertigung nur sichern, wenn es die Binnennachfrage und die Investitionen erhöht.
Handel beruht immer auf Gegenseitigkeit. Was ist denn mit der Nachfrage der Chinesen nach europäischen Gütern? Wenn die bestehen bleibt, haben wir doch kein Problem.
Die sinkt schon. Ich glaube, dass dieser Schock nicht zyklisch ist, sondern strukturell. Autos und Maschinen gehören zu Deutschlands wichtigsten Exportgütern. Immer mehr davon wird in China hergestellt. Deutschlands Exporte nach China werden weiter sinken, auch wenn einige Produkte weiterhin erfolgreich sein werden. In den vergangenen zwei bis drei Jahren entsprach der Rückgang der Exporte nach China einem Verlust von ungefähr 0,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Die USA haben China schon als wichtigsten Handelspartner Deutschlands überholt.
Wenn die EU tut, was Sie empfehlen, würde das nicht das globale Handelssystem zerstören?
Solange die EU versucht, die Maßnahmen nach den Regeln der Welthandelsorganisation zu gestalten, glaube ich das nicht. Europa ist aber der einzige große Akteur, der sich noch an die Regeln hält. Es ist sehr schwierig beim Poker zu gewinnen, wenn Sie der einzige Spieler sind, der nicht mogelt. Europa kann es sich nicht leisten, seine Industrie aufs Spiel zu setzen.
Sie vergleichen den internationalen Handel mit einem Pokerspiel, bei dem nur einer gewinnen kann. Üblicherweise ist Handel für beide Seiten positiv.
Stimmt, man kann es aber auch anders betrachten: Wenn die anderen sich nicht an die Regeln halten, spielt Europa ein kooperatives Spiel und für die anderen ist es Poker.
Das klingt jetzt sehr, als wollten Sie einen Handelskrieg anzetteln.
Natürlich will ich das nicht. Man sollte sich die Entstehung dieser Spannungen anschauen. Europa hat mit den Maßnahmen des ökonomischen Nationalismus nicht angefangen. Das kam erst aus China, dann aus den USA. Wir sind in diesem Handelskrieg nicht die Aggressoren, wir müssen aber reagieren.
Europa unterschätzt, wie viel besser die Bedingungen in China sind. Vieles davon hat nicht mit unfairen Subventionen zu tun, sondern mit größerer Wettbewerbsfähigkeit und Einsatzbereitschaft. Ist es da nicht nur logisch, dass mehr in China produziert wird?
Darum sollte Europa die Subventionen und den Protektionismus in China ausgleichen. Wenn die chinesische Industrie dann immer noch besser ist, wird sie sich weiterhin große Marktanteile sichern. Damit habe ich kein Problem. Ein Teil des Erfolgs beruht auf guter Ingenieurskunst. Es ist nicht erstaunlich, dass China ein wichtiger Akteur in der Industrie ist. Mich stören die makroökonomischen Ungleichgewichte und die fehlende Fairness im Handel.
„Der China-Schock zerstört Europas Kernindustrie“ - Ökonom Tordoir warnt
Herr Tordoir, Sie sprechen von einem zweiten China-Schock, der die deutsche Wirtschaft bedroht. Das Land hat schon viele Industrien verloren und sich doch immer angepasst. Warum ist es diesmal anders?
Es gibt drei Hauptgründe. Erstens sind die Unterschiede in den Branchen sehr wichtig. Der erste China-Schock in den Nullerjahren bestand aus Textilien, Unterhaltungselektronik und anderen günstigen Massenwaren. Das traf Europa viel weniger, auch wenn Frankreich und Großbritannien Arbeitsplätze in diesen Industrien verloren haben. Das industrielle Herz Europas in den Niederlanden und Deutschland war aber weniger betroffen, weil die Industrie hier höherwertige Produkte herstellt. Der zweite China-Schock ist jetzt aber in genau den Branchen, in denen vor allem Deutschland gut ist: Autos, Maschinen und Chemie. Chinas Autoexporte haben sich seit 2020 versechsfacht, und der Boom hält an.
Was sind die anderen Gründe?
Der zweite ist das Ausmaß des Schocks. Im Vergleich zur globalen Wirtschaft sind Chinas Handelsüberschüsse viel größer: Der zweite China-Schock ist etwa doppelt so groß wie der erste. China versucht, das zu verschleiern, indem das Land die Handelsbilanz manipuliert. Der Internationale Währungsfonds sollte einschreiten, macht es aber bis jetzt nicht. Weil Europa im Handel mit China offener ist als die USA, treffen uns die Folgen viel stärker. Der dritte Grund ist, dass der Industriesektor für die EU noch viel wichtiger ist als für die USA. Das verarbeitende Gewerbe macht 19 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus, in der EU insgesamt rund 15 Prozent, in den USA waren es vor dem ersten China-Schock im Jahr 2000 nur 13 oder 14 Prozent.
Die hohen Exporte kommen zustande, weil der chinesische Staat sie subventioniert. Sollten wir uns nicht freuen über das Geschenk des chinesischen Steuerzahlers?
Das ist die gängige Lehre, die ist aber zu kurz gedacht. Kurzfristig mögen die günstigen chinesischen Produkte, wie etwa E-Autos, gut sein für Konsumenten und die grüne Transformation. Aber die längerfristigen Kosten überwiegen diese Vorteile. Der China-Schock zerstört Europas Kernindustrie. Das hat nicht nur mit Kostenvorteilen des Standorts China zu tun. Wegen Chinas Subventionen für die Industrie und der schwachen Binnennachfrage entstehen Überkapazitäten, die nur durch Exporte ausgeglichen werden können.
Was sind die Folgen für Europa?
Unsere Produktivität wird leiden, weil die Industrie, die abwandert, produktiver ist als der Dienstleistungssektor. Das ist für Europa schädlich, umso mehr, weil wir anders als die USA und China einen relativ kleinen Tech-Sektor haben, der noch produktiver ist als die Industrie. Und für die Innovation wäre es auch nicht gut: Märkte, die zu viel Wettbewerb haben, sind weniger innovativ, weil die Firmen zu wenig Geld verdienen, um in Forschung zu investieren. Das führt dazu, dass innovative Unternehmen nicht wachsen können. Im ersten China-Schock sanken Amerikas Patentanmeldungen in den betroffenen Branchen deutlich, die subventionierten Importe aus China waren für zwei Fünftel dieses Rückgangs verantwortlich. Ein ähnliches Schicksal wäre besonders für Europas grüne Industrie verheerend.
Wir hatten ähnliche Warnungen immer wieder. Erst kamen die Japaner auf den Automarkt, dann die Koreaner. Beide Male hat Deutschlands Autoindustrie nicht nur überlebt, sondern wurde sogar stärker. Warum sollte es diesmal anders sein?
Weil es wichtige Unterschiede gibt. Der zweite China-Schock ist im Ausmaß viel größer und entfaltet sich viel schneller. Deutschland hat nicht genug Zeit, um sich anzupassen. Und anders als China heute reagierte Japan in den achtziger Jahren auf westliche Bedenken, es gab Exportquoten und die Währung wurde aufgewertet.
Sollte die EU also schlicht die Mauern hochziehen?
Nein, Joe Bidens Ansatz finde ich nicht ausgewogen genug. Er riegelt Amerika zu stark ab. Die einheimischen Unternehmen brauchen den Wettbewerb, sonst sind sie nicht mehr innovativ. Das Risiko ist, dass sich Unternehmen wie GM zurücklehnen und weiter ihre spritschluckenden Pick-up-Trucks bauen. Es sollte eher darum gehen, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und zugleich offen für chinesische Technologie zu bleiben. Die EU macht das bisher besser als die USA. Brüssel versucht, die Antwort nach den Regeln der Welthandelsorganisation zu gestalten. Die Amerikaner scheren sich darum nicht.
Reicht das denn?
Bisher nicht. Es gibt viel Lärm, aber bisher wiegeln chinesische Regierungsvertreter ab, weil sie glauben, dass die Europäer in diesem Fall als Schoßhündchen der USA agieren. Die EU muss konfrontativer werden, vor allem in Branchen, in denen wir viele Arbeitsplätze und einen starken Exportmarktanteil haben, wie zum Beispiel bei Elektrofahrzeugen und Windturbinen. In anderen Bereichen ergibt das weniger Sinn. Beispielsweise sind wir nicht besonders konkurrenzfähig darin, Solarpaneele zu bauen. Da sollten wir das günstigere chinesische Angebot annehmen.
Welche Maßnahmen wünschen Sie sich konkret?
Ich bin kein Verfechter von Zöllen. Sie sind aggressiv und können zu kontraproduktiven Gegenmaßnahmen führen. Aber Brüssel hat eine begrenzte Zahl an politischen Instrumenten, und Zölle sind da noch das beste Mittel. Ich mag aber auch den französischen Ansatz, Kaufanreize für Elektroautos zu setzen. Während die USA und China nur Zuschüsse zahlen, wenn die Autos im eigenen Land hergestellt wurden, knüpft Frankreich die Zahlungen an Klimavorgaben. Das ist klug, weil es lokale Produktion schützt und für außereuropäische Länder sehr schwierig ist, diese Klimavorgaben zu erfüllen. Außerdem glaube ich, dass Europa höhere Schulden machen muss, auch wenn das in Deutschland sehr kontrovers ist.
Wir sollen wegen Chinas Industriepolitik die Schuldenbremse aufgeben?
Ja. Es geht darum, eine globale Balance von Angebot und Nachfrage aufrecht zu erhalten. Wenn China zu viel produziert und zu wenig kauft, muss das jemand auffangen. Langfristig kann man zwar Ausgaben priorisieren, aber kurzfristig ist nur eine höhere Verschuldung wirksam, um unsere Nachfrage zu steigern. Das ist schwer verdaulich, aber unvermeidlich.
Deutschland soll wirklich wegen Chinas Überproduktion das Grundgesetz ändern und mehr Schulden machen?
Handels- und Industriepolitik reichen leider nicht aus, um eine Deindustrialisierung zu vermeiden. Selbst wenn Europa seine Handelspolitik verschärft, wird Chinas massive Überproduktion den deutschen Export in Drittländer weiterhin erschweren. Deutschland kann seine Fertigung nur sichern, wenn es die Binnennachfrage und die Investitionen erhöht.
Handel beruht immer auf Gegenseitigkeit. Was ist denn mit der Nachfrage der Chinesen nach europäischen Gütern? Wenn die bestehen bleibt, haben wir doch kein Problem.
Die sinkt schon. Ich glaube, dass dieser Schock nicht zyklisch ist, sondern strukturell. Autos und Maschinen gehören zu Deutschlands wichtigsten Exportgütern. Immer mehr davon wird in China hergestellt. Deutschlands Exporte nach China werden weiter sinken, auch wenn einige Produkte weiterhin erfolgreich sein werden. In den vergangenen zwei bis drei Jahren entsprach der Rückgang der Exporte nach China einem Verlust von ungefähr 0,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Die USA haben China schon als wichtigsten Handelspartner Deutschlands überholt.
Wenn die EU tut, was Sie empfehlen, würde das nicht das globale Handelssystem zerstören?
Solange die EU versucht, die Maßnahmen nach den Regeln der Welthandelsorganisation zu gestalten, glaube ich das nicht. Europa ist aber der einzige große Akteur, der sich noch an die Regeln hält. Es ist sehr schwierig beim Poker zu gewinnen, wenn Sie der einzige Spieler sind, der nicht mogelt. Europa kann es sich nicht leisten, seine Industrie aufs Spiel zu setzen.
Sie vergleichen den internationalen Handel mit einem Pokerspiel, bei dem nur einer gewinnen kann. Üblicherweise ist Handel für beide Seiten positiv.
Stimmt, man kann es aber auch anders betrachten: Wenn die anderen sich nicht an die Regeln halten, spielt Europa ein kooperatives Spiel und für die anderen ist es Poker.
Das klingt jetzt sehr, als wollten Sie einen Handelskrieg anzetteln.
Natürlich will ich das nicht. Man sollte sich die Entstehung dieser Spannungen anschauen. Europa hat mit den Maßnahmen des ökonomischen Nationalismus nicht angefangen. Das kam erst aus China, dann aus den USA. Wir sind in diesem Handelskrieg nicht die Aggressoren, wir müssen aber reagieren.
Europa unterschätzt, wie viel besser die Bedingungen in China sind. Vieles davon hat nicht mit unfairen Subventionen zu tun, sondern mit größerer Wettbewerbsfähigkeit und Einsatzbereitschaft. Ist es da nicht nur logisch, dass mehr in China produziert wird?
Darum sollte Europa die Subventionen und den Protektionismus in China ausgleichen. Wenn die chinesische Industrie dann immer noch besser ist, wird sie sich weiterhin große Marktanteile sichern. Damit habe ich kein Problem. Ein Teil des Erfolgs beruht auf guter Ingenieurskunst. Es ist nicht erstaunlich, dass China ein wichtiger Akteur in der Industrie ist. Mich stören die makroökonomischen Ungleichgewichte und die fehlende Fairness im Handel.
Zitat von Gast am 12. März 2025, 06:57 UhrEU-Kommission kündigt Vergeltung für neue US-Zölle an
„Die Europäische Union muss handeln, um Verbraucher und Unternehmen zu schützen“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. IMAGO/Dwi Anoraganingrum© IMAGO/Dwi AnoraganingrumDie EU hat eine entschiedene Reaktion auf die an diesem Mittwoch in Kraft getretenen US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte angekündigt. Wie die zuständige Europäische Kommission am Morgen mitteilte, sollen in einem ersten Schritt von April an wieder EU-Extrazölle auf die Einfuhr amerikanischer Produkte wie Bourbon-Whiskey, Jeans, Motorräder, Boote und Erdnussbutter fällig werden. Weitere Gegenmaßnahmen sind dann nach Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten für Mitte April geplant.
Sie sollen Unternehmen treffen, die amerikanische Agrarprodukte wie Geflügel, Rindfleisch, bestimmte Meeresfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Zucker und Gemüse in die EU verkaufen. Zudem soll es auch EU-Extrazölle auf weitere Industrieprodukte wie Stahl- und Aluminiumprodukte, Textilien, Lederwaren, Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kunststoffe und Holzprodukte geben.
Von der Leyen: „Die EU muss handeln“
Nach Angaben der EU-Kommission treffen die neuen US-Zölle in Höhe von 25 Prozent Exporte der EU im Gesamtwert von 26 Milliarden Euro, was in etwa fünf Prozent der gesamten Warenexporte der EU in die USA entspricht. „Basierend auf den aktuellen Importströmen wird dies dazu führen, dass US-Importeure bis zu sechs Milliarden Euro an zusätzlichen Importzöllen zahlen müssen“, hieß es.
Die EU-Gegenmaßnahmen sollen dies nun ausgleichen. Nach Kommissionsangaben wären US-Warenexporte im Wert von 26 Milliarden Euro von den geplanten EU-Reaktionen betroffen. Im ersten Schritt soll es um Waren im Wert von etwa 8 Milliarden Euro gehen, im zweiten dann um Waren im Wert von etwa 18 Milliarden Euro.
„Die Europäische Union muss handeln, um Verbraucher und Unternehmen zu schützen“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Gegenmaßnahmen, die man ergreife, seien stark, aber verhältnismäßig.
Die deutsche Spitzenpolitikerin kritisierte die Zollentscheidung von US-Präsident Donald Trump scharf. „Diese Zölle stören die Lieferketten. Sie schaffen Unsicherheit für die Wirtschaft. Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Die Preise werden steigen – in Europa und in den Vereinigten Staaten“, sagte sie.
EU sieht Spielraum für Verhandlungen
Zugleich betonte von der Leyen, dass sie weiter bereit sei, mit der US-Regierung an einer Verhandlungslösung zu arbeiten. „Wir sind fest davon überzeugt, dass es in einer Welt voller geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten nicht in unserem gemeinsamen Interesse ist, unsere Volkswirtschaften mit Zöllen zu belasten“, sagte sie. Sie habe Handelskommissar Maroš Šefčovič damit beauftragt, seine Gespräche mit den Vereinigten Staaten wieder aufzunehmen, um bessere Lösungen zu erarbeiten.
Bourbon-Whiskey könnte teurer werden
US-Präsident Donald Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 Sonderzölle die Einfuhr von Stahl- und Aluminiumprodukten angeordnet und dies „mit Interessen der nationalen Sicherheit“ begründet.
Die EU reagierte damals bereits mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Bourbon-Whiskey, Motorräder und Jeans.
Im Herbst 2021 einigte sich die EU dann allerdings mit der Regierung von Trumps demokratischem Nachfolger Joe Biden auf ein Stillhalteabkommen, das zur Folge hatte, dass die Zölle weitestgehend ausgesetzt wurden. Nach seiner Wiederwahl geht Trump nun aber wieder auf Konfrontationskurs. Er hat auch angekündigt, auf Autos und andere Waren aus der EU neue Zölle verhängen zu wollen.
Zu den neuen geplante EU-Zusatzzöllen auf US-Produkte wird es nach Angaben der EU-Kommission nun bis zum 26. März Konsultation mit Interessengruppen geben. Dann sollen die Mitgliedstaaten eingeladen werden, die vorgeschlagenen Maßnahmen zu billigen, bevor sie verabschiedet werden. Das Inkrafttreten ist nach Angaben von Kommissionspräsidentin von der Leyen zum 13. April vorgesehen.
EU-Kommission kündigt Vergeltung für neue US-Zölle an
Die EU hat eine entschiedene Reaktion auf die an diesem Mittwoch in Kraft getretenen US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte angekündigt. Wie die zuständige Europäische Kommission am Morgen mitteilte, sollen in einem ersten Schritt von April an wieder EU-Extrazölle auf die Einfuhr amerikanischer Produkte wie Bourbon-Whiskey, Jeans, Motorräder, Boote und Erdnussbutter fällig werden. Weitere Gegenmaßnahmen sind dann nach Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten für Mitte April geplant.
Sie sollen Unternehmen treffen, die amerikanische Agrarprodukte wie Geflügel, Rindfleisch, bestimmte Meeresfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Zucker und Gemüse in die EU verkaufen. Zudem soll es auch EU-Extrazölle auf weitere Industrieprodukte wie Stahl- und Aluminiumprodukte, Textilien, Lederwaren, Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kunststoffe und Holzprodukte geben.
Von der Leyen: „Die EU muss handeln“
Nach Angaben der EU-Kommission treffen die neuen US-Zölle in Höhe von 25 Prozent Exporte der EU im Gesamtwert von 26 Milliarden Euro, was in etwa fünf Prozent der gesamten Warenexporte der EU in die USA entspricht. „Basierend auf den aktuellen Importströmen wird dies dazu führen, dass US-Importeure bis zu sechs Milliarden Euro an zusätzlichen Importzöllen zahlen müssen“, hieß es.
Die EU-Gegenmaßnahmen sollen dies nun ausgleichen. Nach Kommissionsangaben wären US-Warenexporte im Wert von 26 Milliarden Euro von den geplanten EU-Reaktionen betroffen. Im ersten Schritt soll es um Waren im Wert von etwa 8 Milliarden Euro gehen, im zweiten dann um Waren im Wert von etwa 18 Milliarden Euro.
„Die Europäische Union muss handeln, um Verbraucher und Unternehmen zu schützen“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Gegenmaßnahmen, die man ergreife, seien stark, aber verhältnismäßig.
Die deutsche Spitzenpolitikerin kritisierte die Zollentscheidung von US-Präsident Donald Trump scharf. „Diese Zölle stören die Lieferketten. Sie schaffen Unsicherheit für die Wirtschaft. Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Die Preise werden steigen – in Europa und in den Vereinigten Staaten“, sagte sie.
EU sieht Spielraum für Verhandlungen
Zugleich betonte von der Leyen, dass sie weiter bereit sei, mit der US-Regierung an einer Verhandlungslösung zu arbeiten. „Wir sind fest davon überzeugt, dass es in einer Welt voller geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten nicht in unserem gemeinsamen Interesse ist, unsere Volkswirtschaften mit Zöllen zu belasten“, sagte sie. Sie habe Handelskommissar Maroš Šefčovič damit beauftragt, seine Gespräche mit den Vereinigten Staaten wieder aufzunehmen, um bessere Lösungen zu erarbeiten.
Bourbon-Whiskey könnte teurer werden
US-Präsident Donald Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 Sonderzölle die Einfuhr von Stahl- und Aluminiumprodukten angeordnet und dies „mit Interessen der nationalen Sicherheit“ begründet.
Die EU reagierte damals bereits mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Bourbon-Whiskey, Motorräder und Jeans.
Im Herbst 2021 einigte sich die EU dann allerdings mit der Regierung von Trumps demokratischem Nachfolger Joe Biden auf ein Stillhalteabkommen, das zur Folge hatte, dass die Zölle weitestgehend ausgesetzt wurden. Nach seiner Wiederwahl geht Trump nun aber wieder auf Konfrontationskurs. Er hat auch angekündigt, auf Autos und andere Waren aus der EU neue Zölle verhängen zu wollen.
Zu den neuen geplante EU-Zusatzzöllen auf US-Produkte wird es nach Angaben der EU-Kommission nun bis zum 26. März Konsultation mit Interessengruppen geben. Dann sollen die Mitgliedstaaten eingeladen werden, die vorgeschlagenen Maßnahmen zu billigen, bevor sie verabschiedet werden. Das Inkrafttreten ist nach Angaben von Kommissionspräsidentin von der Leyen zum 13. April vorgesehen.