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Energiepolitik
Zitat von Gast am 19. Juli 2022, 13:27 UhrDiese Länder trifft ein Gas-Lieferstopp am härtesten
Die Klagen durften sich sowohl Finanzminister Christian Lindner (FDP) als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei ihren Dienstreisen nach Tschechien in den vergangenen Wochen anhören: Vergesst uns in Osteuropa bei euren Energierettungsaktionen nicht, wir sind bislang noch sehr viel stärker abhängig von russischem Gas – und noch weiter weg von Häfen, etwa in den Niederlanden, über die Flüssiggas als Alternative kommen kann.
Wie unterschiedlich Europa von einem dauerhaften Gaslieferstopp aus Russland betroffen wäre, macht ein Report des Internationalen Währungsfonds (IWF) deutlich. Dabei lässt sich grob sagen: Je weiter die Länder im Osten liegen, desto stärker sind die heimischen Unternehmen und damit auch die Beschäftigten und privaten Haushalte betroffen.Für Ungarn, die Slowakei und Tschechien machen die IWF-Experten das Risiko eines Wirtschaftseinbruchs von „bis zu sechs Prozent aus“. Auch Italien würde eine dauerhafte Lieferunterbrechung aus Russland hart treffen. Gas komme dort stärker als in anderen Ländern bei der Stromproduktion zum Einsatz.
Die Folgen für Deutschland und auch Österreich bezeichnet der IWF als „weniger schwer“, aber als „immer noch bedeutsam“ ein. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland könnte demnach, falls nach der Wartung durch die Pipeline Nord Stream I dauerhaft kein Gas mehr kommt, in den kommenden zwölf Monaten um bis zu 2,8 Prozent sinken. Dies wäre nach dem Wirtschaftseinbruch 2009 infolge der Finanzkrise, als das Bruttoinlandsprodukt um 5,7 Prozent sank, und 2020 infolge der Coronakrise (minus 4,6 Prozent) das größte Minus in der Geschichte der Bundesrepublik.
Wobei die Prognoseunsicherheit sehr hoch ist, wie die IWF-Ökonomen selbst einräumen. Im besten Fall liegt das Minus in Deutschland bei nicht einmal 0,5 Prozent. Auch für die Länder in Osteuropa besteht demnach noch Hoffnung, weniger stark in Mitleidenschaft gezogen zu werden.
Entscheidend dafür ist aus Sicht des IWF, ob die EU-Länder bei der Beschaffung von alternativer Energien zusammenarbeiten oder sich jeder selbst der Nächste ist. „Die Regierungen müssen ihre Anstrengungen erhöhen, sich Flüssiggaslieferungen zu sichern“, heißt es in dem IWF-Report. Genauso müssten sie sich aber auch darauf verständigen, wie sie intelligent mit den vorhandenen Mengen umgehen, wer etwas bekommt und wie viel.
Dabei macht die unterschiedliche Betroffenheit von einem Gaslieferstopp – Ungarn stark und Portugal, Spanien, Frankreich wenig – auch die unterschiedliche Interessenlage innerhalb der Europäischen Union deutlich. Dies wird auch bei der Diskussion über den Notfallplan der Europäischen Kommission eine Rolle spielen, der am Mittwoch in Brüssel präsentiert werden soll.
Davon unabhängig hat Wirtschaftsminister Habeck vergangene Woche den Plan für ein Erdgas-Solidaritätsabkommen mit Tschechien präsentiert. Er unterschrieb mit seinem tschechischen Amtskollegen eine entsprechende Absichtserklärung. „Wir helfen uns gegenseitig mit der Gasversorgung und werden das auch aus Deutschland für Tschechien tun“, sagte er.
Gelingt diese Zusammenarbeit in ganz Europa, geht der IWF EU-weit von einem Einbruch der Wirtschaftsleistung in den kommenden zwölf Monaten zwischen 0,5 Prozent und 1,5 Prozent aus.
Diese Länder trifft ein Gas-Lieferstopp am härtesten
Die Klagen durften sich sowohl Finanzminister Christian Lindner (FDP) als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei ihren Dienstreisen nach Tschechien in den vergangenen Wochen anhören: Vergesst uns in Osteuropa bei euren Energierettungsaktionen nicht, wir sind bislang noch sehr viel stärker abhängig von russischem Gas – und noch weiter weg von Häfen, etwa in den Niederlanden, über die Flüssiggas als Alternative kommen kann.
Für Ungarn, die Slowakei und Tschechien machen die IWF-Experten das Risiko eines Wirtschaftseinbruchs von „bis zu sechs Prozent aus“. Auch Italien würde eine dauerhafte Lieferunterbrechung aus Russland hart treffen. Gas komme dort stärker als in anderen Ländern bei der Stromproduktion zum Einsatz.
Die Folgen für Deutschland und auch Österreich bezeichnet der IWF als „weniger schwer“, aber als „immer noch bedeutsam“ ein. Die Wirtschaftsleistung in Deutschland könnte demnach, falls nach der Wartung durch die Pipeline Nord Stream I dauerhaft kein Gas mehr kommt, in den kommenden zwölf Monaten um bis zu 2,8 Prozent sinken. Dies wäre nach dem Wirtschaftseinbruch 2009 infolge der Finanzkrise, als das Bruttoinlandsprodukt um 5,7 Prozent sank, und 2020 infolge der Coronakrise (minus 4,6 Prozent) das größte Minus in der Geschichte der Bundesrepublik.
Wobei die Prognoseunsicherheit sehr hoch ist, wie die IWF-Ökonomen selbst einräumen. Im besten Fall liegt das Minus in Deutschland bei nicht einmal 0,5 Prozent. Auch für die Länder in Osteuropa besteht demnach noch Hoffnung, weniger stark in Mitleidenschaft gezogen zu werden.
Entscheidend dafür ist aus Sicht des IWF, ob die EU-Länder bei der Beschaffung von alternativer Energien zusammenarbeiten oder sich jeder selbst der Nächste ist. „Die Regierungen müssen ihre Anstrengungen erhöhen, sich Flüssiggaslieferungen zu sichern“, heißt es in dem IWF-Report. Genauso müssten sie sich aber auch darauf verständigen, wie sie intelligent mit den vorhandenen Mengen umgehen, wer etwas bekommt und wie viel.
Dabei macht die unterschiedliche Betroffenheit von einem Gaslieferstopp – Ungarn stark und Portugal, Spanien, Frankreich wenig – auch die unterschiedliche Interessenlage innerhalb der Europäischen Union deutlich. Dies wird auch bei der Diskussion über den Notfallplan der Europäischen Kommission eine Rolle spielen, der am Mittwoch in Brüssel präsentiert werden soll.
Davon unabhängig hat Wirtschaftsminister Habeck vergangene Woche den Plan für ein Erdgas-Solidaritätsabkommen mit Tschechien präsentiert. Er unterschrieb mit seinem tschechischen Amtskollegen eine entsprechende Absichtserklärung. „Wir helfen uns gegenseitig mit der Gasversorgung und werden das auch aus Deutschland für Tschechien tun“, sagte er.
Gelingt diese Zusammenarbeit in ganz Europa, geht der IWF EU-weit von einem Einbruch der Wirtschaftsleistung in den kommenden zwölf Monaten zwischen 0,5 Prozent und 1,5 Prozent aus.
Zitat von Gast am 20. Juli 2022, 07:35 Uhr„Wir haben noch Nord Stream 2“ – Putin zündet die nächste Stufe seines Gas-Kriegs gegen Deutschland
Seit Wochen blickt Deutschland sorgenvoll nach Osten. Denn die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Erde hat sich über Jahre in eine fatale Abhängigkeit von Russland bei seiner Erdgas-Versorgung begeben. Die Bundesregierung weiß: Wladimir Putin hat Europa und speziell Deutschland in der Hand. Nun beginnt der russische Präsident, seine Gas-Macht radikal auszuspielen.
Am Dienstagabend sagte er erst etwas Beruhigendes. Der russische Gaskonzern Gazprom werde seine Verpflichtungen „in vollem Umfang“ erfüllen. Doch fast im selben Atemzug warnte er Europa vor einem weiteren Absenken der russischen Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Und dann deutete er auch noch an, dass er womöglich versuchen wird, Europa und Deutschland zum Betrieb der als Reaktion auf den Ukraine-Krieg auf Eis gelegten Pipeline Nord Stream 2 zu drängen.
Putin äußerte sich in der Nacht zum Mittwoch am Rande eines Spitzentreffens mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Teheran. Die tägliche Durchlasskapazität von Nord Stream 1 könne nochmals deutlich fallen, sollte Russland eine in Kanada reparierte Turbine für die Pipeline 1 nicht zurückerhalten, betonte er da - und schob nach: „Wir haben noch eine fertige Trasse – das ist Nord Stream 2. Die können wir in Betrieb nehmen“.
Ohne die Turbine drohe Ende Juli wegen der notwendigen Reparatur eines „weiteren Aggregats“ die tägliche Durchlasskapazität auf 33 Millionen Kubikmeter pro Tag zu sinken. Das wäre ziemlich exakt noch die Hälfte der 67 Millionen Kubikmeter, auf die Russland die Kapazität seit Juni schon reduziert hat.
Und es wäre nur noch ein Fünftel der Maximalkapazität der Pipeline von rund 150 Millionen Kubikmeter pro Tag. Die Pipeline Nord Stream 1 – die wichtigste Gasleitung von Russland nach Deutschland – wurde 2011 in Betrieb genommen. Derzeit ist die mehr als 1200 Kilometer lange Pipeline zudem wegen alljährlicher Wartungsarbeiten völlig stillgelegt.
Laut Plan gehen die Arbeiten bis Donnerstag. Ob und in welchem Umfang sie dann wieder hochgefahren wird, ist seit Tagen Gegenstand von Spekulationen in Deutschland und Europa. Eine Schlüsselrolle kam dabei der in Kanada reparierten Siemens-Turbine zu.
Sie wurde wegen der westlichen Sanktionen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine lange von der Regierung in Ottawa zurückgehalten. Die Ukraine drang darauf, die Turbine nicht zu liefern. Aber im Westen wuchs die Sorge, Putin könnte die nicht gelieferte Turbine zum Anlass nehmen, seine Gaslieferungen noch weiter zu drosseln.
Vor allem das von russischem Gas so existenziell abhängige Deutschland setzte durch, dass die Turbine mit Sondergenehmigung an die Bundesrepublik geliefert wird, um sie dann in die Ostsee-Pipeline einzubauen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Lieferung der Turbine von den EU-Sanktionen gegen Russland ausgenommen, weil diese sich nicht gegen den Gastransit richteten.
Aus Moskau hieß es, bis jetzt seien weder die Turbine noch die dazugehörigen Dokumente eingetroffen. Außerdem bleibt fraglich, ob Wladimir Putin auch bei Einbau der Turbine nicht eine neue Begründung für ein Absenken der Gaslieferungen findet – und erneut zeigen würde, dass die Bundesregierung mit ihren Versuchen, konstruktiv mit dem Kreml umzugehen, ausmanövriert wird.
Putins Äußerungen in Teheran lassen jedenfalls darauf schließen, dass auch nach Ende der Wartungsarbeiten und selbst bei Einbau der Turbine die Pipeline möglicherweise nicht wieder auf volle Leistung hochgefahren würde. Der Hinweis auf Nord Stream ließ außerdem besonders aufhorchen.
Putin macht plötzlich einen Zusammenhang zwischen den beiden Ostsee-Pipelines auf. Mit der Aussage deutet Putin an, dass er die Nord-Stream-1-Pipeline gezielt unter Vorwänden so stark herunterfahren könnte, dass Europa aus Furcht vor einem Winter ohne russisches Gas sogar der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zustimmen würde. Dies wäre eine große symbolische Demütigung. Und als wäre das nicht genug, schob Putin auch noch nach, dass über die Ostsee-Pipeline dann nur die Hälfte des ursprünglich vorgesehenen Volumens geliefert würde, weil Russland den Rest für den heimischen Bedarf benötige.
Nord Stream 2 war schon vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hochumstritten. Der Bau der Pipeline war von Deutschland und Russland im Jahr 2015 besiegelt worden – ein Jahr nach der Annexion der Krim und dem Beginn des russischen Kriegs in der Ostukraine. Von Beginn an war klar, dass mit zwei Nord-Stream-Pipelines das russische Gas komplett über die Ostsee strömen kann – und die Ukraine und Polen als Transitland umgangen werden können. Das würde die geostrategische Position dieser Länder massiv schwächen.
Trotz aller Warnungen trieb die Bundesregierung – allen voran SPD-Minister – den Bau der Pipeline voran. In der Regel standen dabei die Beziehungen zu Russland und die Versorgung der deutschen Wirtschaft mit günstigem Gas im Vordergrund. Die Tatsache, dass seit 2014 immer mehr darauf hindeutete, dass Wladimir Putin die Ukraine von der Landkarte tilgen will, wollte in Berlin kaum jemand hören.
Erst am Tag des Einmarsches in die Ukraine war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereit, Nord Stream 2 auf Eis zu legen. Deutschland setzte das Genehmigungsverfahren für den Betrieb der Leitung aus. Das Aus für Nord Stream 2 gilt bis heute als einer der konsequenten Schritte, die Deutschland als Antwort auf die russische Invasion in die Ukraine gegangen ist.
Sollte die Bundesrepublik nun die Pipeline wieder in Betrieb nehmen müssen, weil sie von Wladimir Putin erpresst wird, wäre das ein neues Symbol für das kolossale Scheitern der Energiepolitik unter den Bundeskanzlern Gerhard Schröder (SPD) und Angela Merkel (CDU).
„Wir haben noch Nord Stream 2“ – Putin zündet die nächste Stufe seines Gas-Kriegs gegen Deutschland
Seit Wochen blickt Deutschland sorgenvoll nach Osten. Denn die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Erde hat sich über Jahre in eine fatale Abhängigkeit von Russland bei seiner Erdgas-Versorgung begeben. Die Bundesregierung weiß: Wladimir Putin hat Europa und speziell Deutschland in der Hand. Nun beginnt der russische Präsident, seine Gas-Macht radikal auszuspielen.
Am Dienstagabend sagte er erst etwas Beruhigendes. Der russische Gaskonzern Gazprom werde seine Verpflichtungen „in vollem Umfang“ erfüllen. Doch fast im selben Atemzug warnte er Europa vor einem weiteren Absenken der russischen Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Und dann deutete er auch noch an, dass er womöglich versuchen wird, Europa und Deutschland zum Betrieb der als Reaktion auf den Ukraine-Krieg auf Eis gelegten Pipeline Nord Stream 2 zu drängen.
Putin äußerte sich in der Nacht zum Mittwoch am Rande eines Spitzentreffens mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Teheran. Die tägliche Durchlasskapazität von Nord Stream 1 könne nochmals deutlich fallen, sollte Russland eine in Kanada reparierte Turbine für die Pipeline 1 nicht zurückerhalten, betonte er da - und schob nach: „Wir haben noch eine fertige Trasse – das ist Nord Stream 2. Die können wir in Betrieb nehmen“.
Ohne die Turbine drohe Ende Juli wegen der notwendigen Reparatur eines „weiteren Aggregats“ die tägliche Durchlasskapazität auf 33 Millionen Kubikmeter pro Tag zu sinken. Das wäre ziemlich exakt noch die Hälfte der 67 Millionen Kubikmeter, auf die Russland die Kapazität seit Juni schon reduziert hat.
Und es wäre nur noch ein Fünftel der Maximalkapazität der Pipeline von rund 150 Millionen Kubikmeter pro Tag. Die Pipeline Nord Stream 1 – die wichtigste Gasleitung von Russland nach Deutschland – wurde 2011 in Betrieb genommen. Derzeit ist die mehr als 1200 Kilometer lange Pipeline zudem wegen alljährlicher Wartungsarbeiten völlig stillgelegt.
Laut Plan gehen die Arbeiten bis Donnerstag. Ob und in welchem Umfang sie dann wieder hochgefahren wird, ist seit Tagen Gegenstand von Spekulationen in Deutschland und Europa. Eine Schlüsselrolle kam dabei der in Kanada reparierten Siemens-Turbine zu.
Sie wurde wegen der westlichen Sanktionen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine lange von der Regierung in Ottawa zurückgehalten. Die Ukraine drang darauf, die Turbine nicht zu liefern. Aber im Westen wuchs die Sorge, Putin könnte die nicht gelieferte Turbine zum Anlass nehmen, seine Gaslieferungen noch weiter zu drosseln.
Vor allem das von russischem Gas so existenziell abhängige Deutschland setzte durch, dass die Turbine mit Sondergenehmigung an die Bundesrepublik geliefert wird, um sie dann in die Ostsee-Pipeline einzubauen. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Lieferung der Turbine von den EU-Sanktionen gegen Russland ausgenommen, weil diese sich nicht gegen den Gastransit richteten.
Aus Moskau hieß es, bis jetzt seien weder die Turbine noch die dazugehörigen Dokumente eingetroffen. Außerdem bleibt fraglich, ob Wladimir Putin auch bei Einbau der Turbine nicht eine neue Begründung für ein Absenken der Gaslieferungen findet – und erneut zeigen würde, dass die Bundesregierung mit ihren Versuchen, konstruktiv mit dem Kreml umzugehen, ausmanövriert wird.
Putins Äußerungen in Teheran lassen jedenfalls darauf schließen, dass auch nach Ende der Wartungsarbeiten und selbst bei Einbau der Turbine die Pipeline möglicherweise nicht wieder auf volle Leistung hochgefahren würde. Der Hinweis auf Nord Stream ließ außerdem besonders aufhorchen.
Putin macht plötzlich einen Zusammenhang zwischen den beiden Ostsee-Pipelines auf. Mit der Aussage deutet Putin an, dass er die Nord-Stream-1-Pipeline gezielt unter Vorwänden so stark herunterfahren könnte, dass Europa aus Furcht vor einem Winter ohne russisches Gas sogar der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zustimmen würde. Dies wäre eine große symbolische Demütigung. Und als wäre das nicht genug, schob Putin auch noch nach, dass über die Ostsee-Pipeline dann nur die Hälfte des ursprünglich vorgesehenen Volumens geliefert würde, weil Russland den Rest für den heimischen Bedarf benötige.
Nord Stream 2 war schon vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine hochumstritten. Der Bau der Pipeline war von Deutschland und Russland im Jahr 2015 besiegelt worden – ein Jahr nach der Annexion der Krim und dem Beginn des russischen Kriegs in der Ostukraine. Von Beginn an war klar, dass mit zwei Nord-Stream-Pipelines das russische Gas komplett über die Ostsee strömen kann – und die Ukraine und Polen als Transitland umgangen werden können. Das würde die geostrategische Position dieser Länder massiv schwächen.
Trotz aller Warnungen trieb die Bundesregierung – allen voran SPD-Minister – den Bau der Pipeline voran. In der Regel standen dabei die Beziehungen zu Russland und die Versorgung der deutschen Wirtschaft mit günstigem Gas im Vordergrund. Die Tatsache, dass seit 2014 immer mehr darauf hindeutete, dass Wladimir Putin die Ukraine von der Landkarte tilgen will, wollte in Berlin kaum jemand hören.
Erst am Tag des Einmarsches in die Ukraine war Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereit, Nord Stream 2 auf Eis zu legen. Deutschland setzte das Genehmigungsverfahren für den Betrieb der Leitung aus. Das Aus für Nord Stream 2 gilt bis heute als einer der konsequenten Schritte, die Deutschland als Antwort auf die russische Invasion in die Ukraine gegangen ist.
Sollte die Bundesrepublik nun die Pipeline wieder in Betrieb nehmen müssen, weil sie von Wladimir Putin erpresst wird, wäre das ein neues Symbol für das kolossale Scheitern der Energiepolitik unter den Bundeskanzlern Gerhard Schröder (SPD) und Angela Merkel (CDU).
Zitat von Gast am 20. Juli 2022, 10:14 UhrPutin: Gazprom will wieder so viel Gas wie nötig liefern, aber...
Investing.com - Laut Russlands Präsident Wladimir Putin ist der russische Staatskonzern Gazprom (MCX:GAZP) bereit, die Gaslieferungen nach den Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 so stark wie nötig zu erhöhen. Voraussetzung dafür sei das Eintreffen einer gewarteten Turbine aus Kanada. Als Alternative schlug er vor, die bereits fertiggestellte, aber sanktionierte deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen.Der Gasmonopolist trage keine Schuld an der Energiekrise, sagte Putin und machte die gegen Moskau erlassenen Sanktionen als Grund für die Verringerung der täglichen Durchflusskapazität verantwortlich. "Gazprom hat seine Verpflichtungen vollständig erfüllt, erfüllt sie und wird sie erfüllen", sagte Putin und beschuldigt den Westen für die Reduzierung der russischen Gaslieferungen. Dabei verwies er auf die fehlende Turbine für die Nord Stream 1-Pipeline.
Putin schlug vor, die bereits fertiggestellte Nord Stream 2-Pipeline in Betrieb zu nehmen. "Wir haben noch eine fertige Trasse - das ist Nord Stream 2. Sie kann in Betrieb genommen werden", sagte er.
Die Bundesregierung in Berlin hatte die Zertifizierung der Pipeline im Februar nach dem Überfall Moskaus auf die Ukraine und auf Drängen der Vereinigten Staaten ausgesetzt.
Gestern Abend hatte Reuters unter Berufung auf zwei Insider, die mit den russischen Exportplänen vertraut sein sollen, berichtet, die Gaslieferungen würden ab Donnerstag wieder aufgenommen - allerdings nur auf demselben Niveau wie vor Beginn der alljährlichen routinemäßigen Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 am 11. Juli.
Ohne die fehlende Turbine, die sich bis vor kurzem zur Reparatur in einem Siemens-Werk in Kanada befand und sich mittlerweile in Deutschland befinden soll, drohe gar ein weiterer Abfall der Durchflusskapazität, warnte Putin.Am 26. Juli soll laut Putin noch eine zweite Turbine in die Wartung gehen.
Russland hatte vor Beginn der auf zehn Tage angelegten Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 seine Gaslieferungen nach Deutschland um 60 Prozent gedrosselt.
Der russische Staatschef äußerte sich im Anschluss an ein trilaterales Gipfeltreffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi.
Putin: Gazprom will wieder so viel Gas wie nötig liefern, aber...
Der Gasmonopolist trage keine Schuld an der Energiekrise, sagte Putin und machte die gegen Moskau erlassenen Sanktionen als Grund für die Verringerung der täglichen Durchflusskapazität verantwortlich. "Gazprom hat seine Verpflichtungen vollständig erfüllt, erfüllt sie und wird sie erfüllen", sagte Putin und beschuldigt den Westen für die Reduzierung der russischen Gaslieferungen. Dabei verwies er auf die fehlende Turbine für die Nord Stream 1-Pipeline.
Putin schlug vor, die bereits fertiggestellte Nord Stream 2-Pipeline in Betrieb zu nehmen. "Wir haben noch eine fertige Trasse - das ist Nord Stream 2. Sie kann in Betrieb genommen werden", sagte er.
Die Bundesregierung in Berlin hatte die Zertifizierung der Pipeline im Februar nach dem Überfall Moskaus auf die Ukraine und auf Drängen der Vereinigten Staaten ausgesetzt.
Gestern Abend hatte Reuters unter Berufung auf zwei Insider, die mit den russischen Exportplänen vertraut sein sollen, berichtet, die Gaslieferungen würden ab Donnerstag wieder aufgenommen - allerdings nur auf demselben Niveau wie vor Beginn der alljährlichen routinemäßigen Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 am 11. Juli.
Am 26. Juli soll laut Putin noch eine zweite Turbine in die Wartung gehen.
Russland hatte vor Beginn der auf zehn Tage angelegten Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 seine Gaslieferungen nach Deutschland um 60 Prozent gedrosselt.
Der russische Staatschef äußerte sich im Anschluss an ein trilaterales Gipfeltreffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi.
Zitat von Gast am 26. Juli 2022, 07:33 UhrRobert Habeck in Not: Österreich will Zugriff auf Gas-Speicher
Die Nerven liegen blank im sommerlichen Gas-Poker in Europa: Zuerst teilten mehrere EU-Staaten dem deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck mit, dass sie nicht daran dächten, seine Energie-Sparpläne mitzutragen. Am Sonntag ließ die österreichische Energieministerin Leonore Gewessler Habeck laut Süddeutscher Zeitung wissen, Österreich wolle „einen für Bayern wichtigen Gasspeicher anzapfen“.
Das Gas des auf österreichischem Staatsgebiet liegenden Gasspeichers Haidach, so analysierten Beobachter, solle nicht mehr ausschließlich nach Deutschland gehen, sondern wegen der Energieknappheit aufgrund der Russland-Sanktionen in Österreich verbleiben.
In Wien versucht man in Regierungskreisen abzuwiegeln: Es bestehe kein Anlass zur Aufregung. Der Speicher werde lediglich technisch an das österreichische Gasnetz angeschlossen, um die Verteilung für ganz Österreich sicherstellen zu können, so eine Quelle zur Berliner Zeitung. Aktuell würden die Bundesländer Tirol und Vorarlberg über das deutsche Gasnetz versorgt, und zwar eben über den Speicher in Haidach. Diese „Umleitung“ scheint den Österreichern zu unsicher zu sein.
Erst vor wenigen Tagen hatten Deutschland und Österreich ein Abkommen geschlossen, mit dem Deutschland garantierte, die beiden österreichischen Bundesländer auch in Zukunft zu versorgen. Allerdings ist Habecks Zusage, die er in Wien gab, windelweich: Man werde im Krisenfall „alles unternehmen, um die Gasdurchleitung zu sichern“. Was eine solche Garantie im Fall der von Annalena Baerbock bei einer Energie-Krise befürchteten „Volksaufstände“ in Deutschland noch wert wäre, ist unklar.Aktuell ist der Speicher Haidach allerdings ohnehin leer – Gazprom speichert wegen der reduzierten Liefermengen so gut wie nichts in Haidach, so die Quelle in Wien. Österreich versucht, mit einer Gesetzesänderung nun die Befüllung voranzubringen.Die aus der Steiermark stammende, 44-jährige grüne Wirtschaftsministerin steht vor großen Problemen: Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist der Anteil des russischen Gases laut der Oppositionspartei Neos von 80 Prozent auf 87 Prozent gestiegen. Die frühere Politikwissenschaftlerin Gewessler hat vor ihrer Regierungstätigkeit gegen Kohle und gegen Atomkraft protestiert und will nun die Windkraftanlagen in Österreich massiv ausbauen – ein Vorhaben, das in den vom Tourismus noch nicht ausgebeuteten Regionen auf erbitterten Widerstand von Naturschützern stößt. Gewessler ist also auf das russische Gas angewiesen.
Der sommerliche Disput mit Deutschland zeigt, dass in Zukunft um jeden Kubikmeter gerungen werden dürfte. Robert Habeck sprach davon, dass beide Länder eine „Schicksalsgemeinschaft“ im Energiebereich bildeten. Streit liegt in der Luft.
Robert Habeck in Not: Österreich will Zugriff auf Gas-Speicher
Die Nerven liegen blank im sommerlichen Gas-Poker in Europa: Zuerst teilten mehrere EU-Staaten dem deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck mit, dass sie nicht daran dächten, seine Energie-Sparpläne mitzutragen. Am Sonntag ließ die österreichische Energieministerin Leonore Gewessler Habeck laut Süddeutscher Zeitung wissen, Österreich wolle „einen für Bayern wichtigen Gasspeicher anzapfen“.
Das Gas des auf österreichischem Staatsgebiet liegenden Gasspeichers Haidach, so analysierten Beobachter, solle nicht mehr ausschließlich nach Deutschland gehen, sondern wegen der Energieknappheit aufgrund der Russland-Sanktionen in Österreich verbleiben.
In Wien versucht man in Regierungskreisen abzuwiegeln: Es bestehe kein Anlass zur Aufregung. Der Speicher werde lediglich technisch an das österreichische Gasnetz angeschlossen, um die Verteilung für ganz Österreich sicherstellen zu können, so eine Quelle zur Berliner Zeitung. Aktuell würden die Bundesländer Tirol und Vorarlberg über das deutsche Gasnetz versorgt, und zwar eben über den Speicher in Haidach. Diese „Umleitung“ scheint den Österreichern zu unsicher zu sein.
Die aus der Steiermark stammende, 44-jährige grüne Wirtschaftsministerin steht vor großen Problemen: Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist der Anteil des russischen Gases laut der Oppositionspartei Neos von 80 Prozent auf 87 Prozent gestiegen. Die frühere Politikwissenschaftlerin Gewessler hat vor ihrer Regierungstätigkeit gegen Kohle und gegen Atomkraft protestiert und will nun die Windkraftanlagen in Österreich massiv ausbauen – ein Vorhaben, das in den vom Tourismus noch nicht ausgebeuteten Regionen auf erbitterten Widerstand von Naturschützern stößt. Gewessler ist also auf das russische Gas angewiesen.
Der sommerliche Disput mit Deutschland zeigt, dass in Zukunft um jeden Kubikmeter gerungen werden dürfte. Robert Habeck sprach davon, dass beide Länder eine „Schicksalsgemeinschaft“ im Energiebereich bildeten. Streit liegt in der Luft.
Zitat von Gast am 27. Juli 2022, 08:39 UhrInnerhalb weniger Monate oder Wochen: Tüv hält Wiederinbetriebnahme von Atomkraftwerken für möglich
Drei Atommeiler, die Ende 2021 stillgelegt wurden, könnten theoretisch in kurzer Zeit wieder den Betrieb aufnehmen. Sofern das politisch gewollt ist.
Der Geschäftsführer des Tüv-Verbands, Joachim Bühler, hält eine rasche Wiederinbetriebnahme der drei Atomkraftwerke für möglich, die Ende vergangenen Jahres stillgelegt wurden. Es handelt sich um die Meiler Brokdorf (Schleswig-Holstein), Grohnde (Niedersachsen) und Gundremmingen C (Bayern).
Bühler sagte der „Bild“-Zeitung, eine Wiederinbetriebnahme wäre „keine Frage von Jahren, sondern eher von wenigen Monaten oder Wochen“ - und vor allem eine Frage des politischen Willens. „Die drei Kraftwerke befinden sich nach unserer Überzeugung in einem sicherheitstechnischen Zustand, der es möglich machen würde, sie wieder ans Netz zu nehmen.“ Die Kernkraftwerke zählten zu den sichersten und technisch besten, die es weltweit gebe.
Hintergrund der Debatte ist die Drosselung von Gaslieferungen aus Russland an Deutschland. Erdgas wird vor allem zum Heizen eingesetzt. Es trägt aber auch rund 10 Prozent zur Stromproduktion in Deutschland bei. Wenn man länger auf Atomenergie setzen würde, könnte man also mehr Gas zum Heizen nutzen.Derzeit sind in Deutschland noch drei Atomkraftwerke am Netz: Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Nach geltendem Recht müssen sie spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will vor Entscheidungen zunächst die Ergebnisse eines zweiten Stresstests zur Sicherheit der Stromversorgung abwarten, wie eine Regierungssprecherin gesagt hatte
Innerhalb weniger Monate oder Wochen: Tüv hält Wiederinbetriebnahme von Atomkraftwerken für möglich
Drei Atommeiler, die Ende 2021 stillgelegt wurden, könnten theoretisch in kurzer Zeit wieder den Betrieb aufnehmen. Sofern das politisch gewollt ist.
Der Geschäftsführer des Tüv-Verbands, Joachim Bühler, hält eine rasche Wiederinbetriebnahme der drei Atomkraftwerke für möglich, die Ende vergangenen Jahres stillgelegt wurden. Es handelt sich um die Meiler Brokdorf (Schleswig-Holstein), Grohnde (Niedersachsen) und Gundremmingen C (Bayern).
Bühler sagte der „Bild“-Zeitung, eine Wiederinbetriebnahme wäre „keine Frage von Jahren, sondern eher von wenigen Monaten oder Wochen“ - und vor allem eine Frage des politischen Willens. „Die drei Kraftwerke befinden sich nach unserer Überzeugung in einem sicherheitstechnischen Zustand, der es möglich machen würde, sie wieder ans Netz zu nehmen.“ Die Kernkraftwerke zählten zu den sichersten und technisch besten, die es weltweit gebe.
Derzeit sind in Deutschland noch drei Atomkraftwerke am Netz: Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Nach geltendem Recht müssen sie spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will vor Entscheidungen zunächst die Ergebnisse eines zweiten Stresstests zur Sicherheit der Stromversorgung abwarten, wie eine Regierungssprecherin gesagt hatte
Zitat von Gast am 27. Juli 2022, 13:12 UhrRückbau-Genehemigung bis Jahresende: Kernkraftwerk Grohnde
Die Genehmigung für den Rückbau des abgeschalteten Kernkraftwerks Grohnde in Niedersachsen soll voraussichtlich bis Jahresende erfolgen. Das sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Hannover am Mittwoch. Das Kraftwerk in Südniedersachsen wurde Ende 2021 nach 36 Jahren abgeschaltet.
Mehr als 400 Milliarden Kilowattstunden Strom produzierte das Kernkraftwerk im Landkreis Hameln-Pyrmont nach Angaben des Betreibers PreussenElektra seit der Inbetriebnahme 1985. Es galt als eines der leistungsstärksten weltweit.
Der Geschäftsführer des Tüv-Verbands, Joachim Bühler, hält eine rasche Wiederinbetriebnahme der drei Atomkraftwerke für möglich, die Ende vergangenen Jahres stillgelegt wurden. Neben Grohnde geht es dabei um die Meiler Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Gundremmingen C (Bayern).
Bühler sagte der «Bild»-Zeitung, eine Wiederinbetriebnahme wäre «keine Frage von Jahren, sondern eher von wenigen Monaten oder Wochen» - und vor allem eine Frage des politischen Willens. «Die drei Kraftwerke befinden sich nach unserer Überzeugung in einem sicherheitstechnischen Zustand, der es möglich machen würde, sie wieder ans Netz zu nehmen.»Hintergrund der Debatte ist die Drosselung von Gaslieferungen aus Russland an Deutschland. Erdgas wird vor allem zum Heizen eingesetzt. Es trägt aber auch rund 10 Prozent zur Stromproduktion in Deutschland bei. Wenn man länger auf Atomenergie setzen würde, könnte man also mehr Gas zum Heizen nutzen. Derzeit sind in Deutschland noch drei Atomkraftwerke am Netz - Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Nach geltendem Recht müssen sie spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden.
Rückbau-Genehemigung bis Jahresende: Kernkraftwerk Grohnde
Die Genehmigung für den Rückbau des abgeschalteten Kernkraftwerks Grohnde in Niedersachsen soll voraussichtlich bis Jahresende erfolgen. Das sagte ein Sprecher des Umweltministeriums in Hannover am Mittwoch. Das Kraftwerk in Südniedersachsen wurde Ende 2021 nach 36 Jahren abgeschaltet.
Mehr als 400 Milliarden Kilowattstunden Strom produzierte das Kernkraftwerk im Landkreis Hameln-Pyrmont nach Angaben des Betreibers PreussenElektra seit der Inbetriebnahme 1985. Es galt als eines der leistungsstärksten weltweit.
Der Geschäftsführer des Tüv-Verbands, Joachim Bühler, hält eine rasche Wiederinbetriebnahme der drei Atomkraftwerke für möglich, die Ende vergangenen Jahres stillgelegt wurden. Neben Grohnde geht es dabei um die Meiler Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Gundremmingen C (Bayern).
Hintergrund der Debatte ist die Drosselung von Gaslieferungen aus Russland an Deutschland. Erdgas wird vor allem zum Heizen eingesetzt. Es trägt aber auch rund 10 Prozent zur Stromproduktion in Deutschland bei. Wenn man länger auf Atomenergie setzen würde, könnte man also mehr Gas zum Heizen nutzen. Derzeit sind in Deutschland noch drei Atomkraftwerke am Netz - Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Nach geltendem Recht müssen sie spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden.
Zitat von Gast am 1. August 2022, 10:18 UhrWirtschaftsministerium erteilt Stromproduktion ohne Gas eine Absage
Berlin/Düsseldorf. Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte gefordert, für die Stromproduktion auf Gas zu verzichten. Das Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck weist die Idee zurück – in der SPD-Fraktion ist gar von Populismus die Rede. Streit gibt es auch bei Entlastungen.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat Vorschläge für eine Umstellung der Stromproduktion ohne Gas zurückgewiesen und eine ausreichende Versorgungssicherheit betont. „Die Versorgungssicherheit im Strombereich ist auch unter verschärften Bedingungen gewährleistet, wie ein erster Stresstest zeigt, den die Übertragungsnetzbetreiber von März bis Mai 2022 gerechnet haben“, teilte ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit. Demnach sei die Versorgungssicherheit auch bei einem Ausfall von russischen Gaslieferungen gewährleistet. Das gelte auch für den Fall stark steigender Gaspreise über das derzeitige Niveau hinaus, trotz eines Ausfall französischer Atomkraftwerke und unter den Bedingungen des deutschen Atomausstiegs.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte zuvor davor gewarnt, dass aus der Gaskrise eine Stromkrise wird. „Deshalb darf mit Gas nicht länger Strom produziert werden, wie das immer noch passiert“, sagte der FDP-Vorsitzende der „Bild am Sonntag“. Wirtschaftsminister und Grünen-Politiker Robert Habeck hätte die gesetzliche Möglichkeit, das zu unterbinden. „Stattdessen müssen wir andere Stromkapazitäten erhalten.“ Lindner zeigte sich offen, sichere und klimafreundliche Kernkraftwerke nicht abzuschalten, sondern nötigenfalls bis 2024 zu nutzen. Das lehnen die Grünen allerdings ab.Das Wirtschaftsministerium verwies nun auf einen zweiten Stresstest für die Versorgungssicherheit unter nochmals verschärften Szenarien und mit speziellem Blick auf Bayern, „weil dort Netz- und Windkraftausbau verschleppt wurden“, wie der Ministeriumssprecher mitteilte. Diese Ergebnisse würden dann bewertet. Man warte die Ergebnisse des zweiten Stresstests ab und entscheide auf Basis von Fakten und Analysen und nicht auf Zuruf, so Habecks Sprecher.
Aus der SPD-Bundestagsfraktion kam ebenfalls Kritik an Lindner. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch sagte unserer Redaktion: „In Krisenzeiten sind wirkliche Lösungen gefragt und keine populistischen Schnellschüsse. Bislang haben alle seriösen Prüfungen ergeben, dass Atomkraft die teuerste und unsicherste Energieform ist, die gerade für Deutschland nicht das Gasproblem löst.“ Aber natürlich gehörten alle Optionen immer wieder geprüft, was das Bundeswirtschaftsministerium gerade vor dem Hintergrund der erheblichen Probleme französischer Atomkraftwerke mache, sagte der SPD-Politiker. „Ich erwarte von Verantwortungsträgern, dass sie diese Untersuchungen seriös abwarten“, so Miersch.
Die Atomkonzerne hoffen weiterhin, dass sie um längere Laufzeiten herumkommen. Der Eon-Sprecher bekräftigte am Sonntag: „Anfang März haben sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke öffentlich gegen eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken in Deutschland ausgesprochen. Damit hat die Bundesregierung eine politische Abwägungsentscheidung getroffen, auf diese Option nicht zurückzugreifen zu wollen. Diese Entscheidung respektieren wir.“
Eon betreibt den Atommeiler Isar 2 bei München. Der Druck der bayerischen Landesregierung und der Wirtschaft ist groß, vor allem diesen Meiler länger laufen zu lassen. Bayern hätte in einer Gas- und Stromkrise das größte Problem, weil das Land viel Industrie, wenig Kohlekraftwerke und weite Wege zu Flüssiggasterminals hat.
Ein Sprecher von RWE sagte zu den Debatten des Wochenendes: „Wir möchten uns an den Spekulationen nicht beteiligen. Die Bundesregierung hat erklärt, die Ergebnisse des Stresstests abwarten zu wollen.“ RWE will seinen letzten Meiler Emsland in Lingen planmäßig zum Jahresende abschalten.
Auch EnBW-Chef Frank Mastiaux ist zurückhaltend, er hatte unlängst gesagt: „Sie könnten ein paar Wochen weitermachen, aber das ist es dann. Dann muss man über neue Brennstäbe reden.“ EnBW will eigentlich Neckarwestheim Ende des Jahres vom Netz nehmen.
Unterdessen ringt das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP um weitere Entlastungen für die Bürger angesichts stark steigender Energiepreise. SPD und Grüne drängen den Koalitionspartner FDP, den Widerstand gegen eine Übergewinnsteuer aufzugeben. „Die SPD wird einen neuen Anlauf nehmen, eine Übergewinnsteuer für Konzerne einzuführen, die sich an der Krise bereichern“, sagte Parteichefin Saskia Esken der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Samstag. Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte am Sonntag im ZDF, mit einer solchen Steuer könnten im Herbst weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger finanziert werden. „Wenn wir eine Gasumlage machen, müssen weitere Entlastungen kommen“, sagte Lang.
Wirtschaftsministerium erteilt Stromproduktion ohne Gas eine Absage
Berlin/Düsseldorf. Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte gefordert, für die Stromproduktion auf Gas zu verzichten. Das Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck weist die Idee zurück – in der SPD-Fraktion ist gar von Populismus die Rede. Streit gibt es auch bei Entlastungen.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat Vorschläge für eine Umstellung der Stromproduktion ohne Gas zurückgewiesen und eine ausreichende Versorgungssicherheit betont. „Die Versorgungssicherheit im Strombereich ist auch unter verschärften Bedingungen gewährleistet, wie ein erster Stresstest zeigt, den die Übertragungsnetzbetreiber von März bis Mai 2022 gerechnet haben“, teilte ein Sprecher von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit. Demnach sei die Versorgungssicherheit auch bei einem Ausfall von russischen Gaslieferungen gewährleistet. Das gelte auch für den Fall stark steigender Gaspreise über das derzeitige Niveau hinaus, trotz eines Ausfall französischer Atomkraftwerke und unter den Bedingungen des deutschen Atomausstiegs.
Das Wirtschaftsministerium verwies nun auf einen zweiten Stresstest für die Versorgungssicherheit unter nochmals verschärften Szenarien und mit speziellem Blick auf Bayern, „weil dort Netz- und Windkraftausbau verschleppt wurden“, wie der Ministeriumssprecher mitteilte. Diese Ergebnisse würden dann bewertet. Man warte die Ergebnisse des zweiten Stresstests ab und entscheide auf Basis von Fakten und Analysen und nicht auf Zuruf, so Habecks Sprecher.
Aus der SPD-Bundestagsfraktion kam ebenfalls Kritik an Lindner. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch sagte unserer Redaktion: „In Krisenzeiten sind wirkliche Lösungen gefragt und keine populistischen Schnellschüsse. Bislang haben alle seriösen Prüfungen ergeben, dass Atomkraft die teuerste und unsicherste Energieform ist, die gerade für Deutschland nicht das Gasproblem löst.“ Aber natürlich gehörten alle Optionen immer wieder geprüft, was das Bundeswirtschaftsministerium gerade vor dem Hintergrund der erheblichen Probleme französischer Atomkraftwerke mache, sagte der SPD-Politiker. „Ich erwarte von Verantwortungsträgern, dass sie diese Untersuchungen seriös abwarten“, so Miersch.
Die Atomkonzerne hoffen weiterhin, dass sie um längere Laufzeiten herumkommen. Der Eon-Sprecher bekräftigte am Sonntag: „Anfang März haben sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke öffentlich gegen eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken in Deutschland ausgesprochen. Damit hat die Bundesregierung eine politische Abwägungsentscheidung getroffen, auf diese Option nicht zurückzugreifen zu wollen. Diese Entscheidung respektieren wir.“
Eon betreibt den Atommeiler Isar 2 bei München. Der Druck der bayerischen Landesregierung und der Wirtschaft ist groß, vor allem diesen Meiler länger laufen zu lassen. Bayern hätte in einer Gas- und Stromkrise das größte Problem, weil das Land viel Industrie, wenig Kohlekraftwerke und weite Wege zu Flüssiggasterminals hat.
Ein Sprecher von RWE sagte zu den Debatten des Wochenendes: „Wir möchten uns an den Spekulationen nicht beteiligen. Die Bundesregierung hat erklärt, die Ergebnisse des Stresstests abwarten zu wollen.“ RWE will seinen letzten Meiler Emsland in Lingen planmäßig zum Jahresende abschalten.
Auch EnBW-Chef Frank Mastiaux ist zurückhaltend, er hatte unlängst gesagt: „Sie könnten ein paar Wochen weitermachen, aber das ist es dann. Dann muss man über neue Brennstäbe reden.“ EnBW will eigentlich Neckarwestheim Ende des Jahres vom Netz nehmen.
Unterdessen ringt das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP um weitere Entlastungen für die Bürger angesichts stark steigender Energiepreise. SPD und Grüne drängen den Koalitionspartner FDP, den Widerstand gegen eine Übergewinnsteuer aufzugeben. „Die SPD wird einen neuen Anlauf nehmen, eine Übergewinnsteuer für Konzerne einzuführen, die sich an der Krise bereichern“, sagte Parteichefin Saskia Esken der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vom Samstag. Grünen-Chefin Ricarda Lang sagte am Sonntag im ZDF, mit einer solchen Steuer könnten im Herbst weitere Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger finanziert werden. „Wenn wir eine Gasumlage machen, müssen weitere Entlastungen kommen“, sagte Lang.
Zitat von Gast am 8. August 2022, 05:59 UhrAtomenergie in der EU: Wer macht was?
Die Deutschen diskutieren über eine Verschiebung des Ausstiegs aus der Kernenergie. In den zwölf anderen EU-Staaten, die auf Atomkraft setzen, ist ein solcher Ausstieg kein Thema. Ein Überblick.
In Deutschland wird vor dem Hintergrund der möglichen Energiekrise im Winter heftig über die letzten drei Kernkraftwerke gestritten, die Ende des Jahres eigentlich vom Netz gehen sollten. Streckbetrieb für drei Monate, Verlängerung der Laufzeiten um Jahre oder gar Wiederanfahren im Rahmen des Atomausstiegs bereits stillgelegter Meiler? Alle Optionen werden diskutiert. In den Nachbarländern versteht man diese Diskussion kaum, denn in 13 der 27 EU-Staaten wird Atomenergie in unterschiedlichem Umfang zur Stromproduktion genutzt.
Der einzige Aussteiger: Deutschland
Atomkraft, nein danke! Diese Forderung setzte die rot-grüne Bundesregierung 1998 um. Da wurde der Atomausstieg zum ersten Mal beschlossen. 2009 nahm ihn die christdemokratisch geführte Regierung wieder zurück und verlängerte 2010 die Laufzeiten der Meiler. Nach dem verheerenden Atomunfall in Fukushima 2011 kam der Sinneswandel. Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgte dafür, dass der Atomausstieg erneut beschlossen wurde. Von 17 Reaktoren wurden bis heute 14 geschlossen. Die drei noch laufenden sollen Ende 2022 vom Netz gehen. Ihre Leistung, im Moment noch sechs Prozent Anteil an der Stromversorgung, sollte vorübergehend durch Gaskraftwerke ersetzt werden, was durch den russischen Krieg nun unmöglich scheint.
Ausstieg auf Eis: Belgien
Belgien hat den geplanten Ausstieg auf Eis gelegt, und zwar gleich um zehn Jahre. Im Frühjahr, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, beschloss die Regierung in Brüssel, den geplanten Ausstieg aus der Kernkraft von 2025 auf 2035 zu verschieben. Zwei der sieben in Betrieb befindlichen Reaktoren dürfen bis dahin weiterlaufen. Im Moment erzeugt Belgien die Hälfte seines Stroms aus Atomenergie. Aus Deutschland kam immer wieder Kritik an den Sicherheitsstandards der Anlagen.
Einsteiger oder Wiedereinsteiger
Polen hat bislang Atomenergie nicht genutzt, will aber einsteigen. Der erste polnische Reaktor soll bis 2033 entstehen. Um Anteile an dem Projekt bewerben sich Firmen aus den USA, Südkorea und Frankreich. Eine ursprünglich geplante Zusammenarbeit mit dem benachbarten Litauen wurde aufgegeben. Die polnische Regierung hält Kernenergie für umweltfreundlich und möchte Kohlendioxid-Emissionen aus der Kohleverbrennung einsparen.
Litauen nutzte bis 2009 Atomkraft im alten sowjetischen Reaktor Ignalina. Dieser musste auf Druck der Europäischen Union wegen Sicherheitsbedenken geschlossen werden. Der Bau des eines neuen Kraftwerkes mit Namen Visagina wurde 2016 nach einem negativen Referendum gestoppt. Die Regierung plant aber wegen der Abkopplung von russischen Energielieferungen weiterhin, neue Atomkraftwerke zu bauen.
Niederlande: Der im Jahr 2021 beschlossene Ausstieg aus der Kernkraft wurde aufgegeben. Stattdessen plädiert die Regierung dafür, zwei neue Meiler zu errichten. Bislang läuft nur einer, der rund drei Prozent des niederländischen Strombedarfs deckt.Schweden: Sechs aktive Atomkraftwerke produzieren 40 Prozent des Stroms. Bereits 1980 hatte Schweden den Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie beschlossen, sobald eine wirtschaftliche Nutzung der bestehenden Meiler nicht mehr gegeben sei. 2010 jedoch wurde der Beschluss zum Ausstieg aufgehoben. Bis zu zehn Reaktoren dürften betrieben werden. Vier ältere Anlagen wurde jedoch vom Netz genommen. Im Prinzip hat sich die Regierung dafür ausgesprochen, den Anteil der Kernenergie am Energiemix zu verringern, ohne jedoch ein konkretes Datum zu nennen.
Ausbau im Gange
Atomkraft, ja bitte! In Frankreich gibt es kaum Zweifel am Nutzen der Kernenergie. 56 Reaktoren, von denen zurzeit viele gewartet werden, erzeugen bis zu 70 Prozent des Stroms, den die Franzosen auch zum Heizen verbrauchen. Frankreich als größter Stromexporteur in Europa liefert seinen Atomstrom auch nach Großbritannien und Italien. Zurzeit wird ein neuer Reaktor errichtet. Sechs weitere sollen gebaut werden. Optionen für acht zusätzliche Meiler, die alte Kraftwerke ersetzen sollen, liegen auf dem Tisch. Ursprünglich hatte die französische Regierung geplant, den Anteil der Atomenergie auf 50 Prozent bis 2025 zu senken. Doch dieser Plan wurde schon 2019 um zehn Jahre verschoben.
Finnland: Auch die Finnen bauen ihren Atomstrom aus. Fünf Reaktoren laufen, ein sechster wird bis Ende des Jahres endgültig ans Netz gehen. Dann kommen 60 Prozent des finnischen Stroms aus Kernbrennstäben. Für den Neubau eines weiteren Kraftwerkes in Hanhikivi war ursprünglich die russische Firma "Rosatom" vorgesehen. Doch der Vertrag wurden von den Finnen nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine gekündigt. In Finnland wird weltweit zum ersten Mal ein atomares Endlager gebaut, in das Atommüll - allerdings nur aus Finnland - für Jahrtausende gelagert werden soll.
Ungarn setzt nicht nur beim Gas, sondern auch bei Atomenergie voll auf Russland und macht sich damit in der EU keine Freunde. Die zwei neuen Atomkraftwerke, zusätzlich zu den vier laufenden Meilern, soll die russische Atomfirma "Rosatom" errichten. Der Bau soll im September in die erste Phase gehen. Der ungarische Außenminister Peter Szijjártó war im Juli in Moskau, um das Geschäft noch einmal zu besiegeln. Ungarn will mit den neuen Meilern den Anteil von Kernenergie an der Stromerzeugung von 50 auf 60 Prozent steigern.
Stabiler Betrieb, vage Ausbaupläne
Bulgarien: Zwei Reaktoren produzieren im Moment 30 Prozent des Strombedarfs. Bulgarien plant, die Kernenergie weiter auszubauen. Der Bau eines Reaktors in Belene durch russische Firmen wurde im Frühjahr abgesagt. Bulgarien setzt jetzt eher auf kleinere Reaktoren, die dezentral eingesetzt werden könnten.
Tschechien steht der Kernkraft positiv gegenüber. Das östliche Nachbarland Deutschlands erzeugt mit sechs Meilern rund 30 Prozent der elektrischen Energie. Bis 2040 ist ein weiterer Ausbau geplant, um den Ausstoß von Kohlendioxid aus Gas- und Kohlekraftwerken zu reduzieren.
Rumänien: Zwei Atomkraftwerke sind in Betrieb. Die Nutzung der Kernenergie soll nach dem Willen der Regierung ausgebaut werden. Sehr konkret sind die Pläne allerdings noch nicht. Derzeit stammen 15 bis 20 Prozent des Stroms in Rumänien aus AKWs.
Slowakei: Vier Reaktoren decken rund die Hälfte des Stromverbrauchs ab. Für die Nutzung der Atomkraft gibt es eine breite Unterstützung in der Regierung. Die Brennstäbe, die aus Russland geliefert werden, sollen irgendwann durch eigenen Uran-Abbau ersetzt werden. Die Slowakei plant auch eine Aufbereitungsanlage für abgenutzte Brennstäbe, aber kein Endlager für Atommüll, sondern nur ein Zwischenlager.
Slowenien betreibtzusammen mit dem Nachbarland Kroatien einen Atommeiler. 36 Prozent des Strombedarfs werden hier erzeugt. Ein Teil der Energie wird nach Kroatien exportiert. Über den Bau eines zweiten Reaktors wird nachgedacht. Die Errichtung eines Zwischenlagers für Atomabfälle ist in der Nähe des Reaktors geplant.
Spanien: Rund ein Viertel des Stroms in Spanien kommt aus sieben Atomkraftwerken. Der weitere Kurs hängt von den jeweiligen Regierung ab. Sozialistische Regierungen tendierten in der Vergangenheit eher zu einer Einschränkung der Nutzung. Konservative setzten eher auf einen Ausbau. Im Moment sieht die Beschlusslage so aus: kein Neubau, aber Renovierung der bestehenden Anlagen. Die Lizenzen zum Betrieb der Meiler laufen in den Jahren 2027 bis 2035 aus. Drei ältere Meiler wurde in den vergangenen Jahren abgeschaltet. Eine Ausbeutung eigener spanischer Uranvorkommen wird geprüft.
In der Europäischen Union können die Mitgliedsstaaten selbst entscheiden, mit welchem Mix in der Energieerzeugung sie die vorgegebenen Klimaschutzziele bis 2050 erreichen. Die Nutzung der Kernenergie wird als nachhaltig betrachtet. Auf die gesamte EU gerechnet, kommt derzeit 25 Prozent des Stroms aus Atomkraftwerken.
Atomenergie in der EU: Wer macht was?
Die Deutschen diskutieren über eine Verschiebung des Ausstiegs aus der Kernenergie. In den zwölf anderen EU-Staaten, die auf Atomkraft setzen, ist ein solcher Ausstieg kein Thema. Ein Überblick.
In Deutschland wird vor dem Hintergrund der möglichen Energiekrise im Winter heftig über die letzten drei Kernkraftwerke gestritten, die Ende des Jahres eigentlich vom Netz gehen sollten. Streckbetrieb für drei Monate, Verlängerung der Laufzeiten um Jahre oder gar Wiederanfahren im Rahmen des Atomausstiegs bereits stillgelegter Meiler? Alle Optionen werden diskutiert. In den Nachbarländern versteht man diese Diskussion kaum, denn in 13 der 27 EU-Staaten wird Atomenergie in unterschiedlichem Umfang zur Stromproduktion genutzt.
Der einzige Aussteiger: Deutschland
Atomkraft, nein danke! Diese Forderung setzte die rot-grüne Bundesregierung 1998 um. Da wurde der Atomausstieg zum ersten Mal beschlossen. 2009 nahm ihn die christdemokratisch geführte Regierung wieder zurück und verlängerte 2010 die Laufzeiten der Meiler. Nach dem verheerenden Atomunfall in Fukushima 2011 kam der Sinneswandel. Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgte dafür, dass der Atomausstieg erneut beschlossen wurde. Von 17 Reaktoren wurden bis heute 14 geschlossen. Die drei noch laufenden sollen Ende 2022 vom Netz gehen. Ihre Leistung, im Moment noch sechs Prozent Anteil an der Stromversorgung, sollte vorübergehend durch Gaskraftwerke ersetzt werden, was durch den russischen Krieg nun unmöglich scheint.
Ausstieg auf Eis: Belgien
Belgien hat den geplanten Ausstieg auf Eis gelegt, und zwar gleich um zehn Jahre. Im Frühjahr, nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, beschloss die Regierung in Brüssel, den geplanten Ausstieg aus der Kernkraft von 2025 auf 2035 zu verschieben. Zwei der sieben in Betrieb befindlichen Reaktoren dürfen bis dahin weiterlaufen. Im Moment erzeugt Belgien die Hälfte seines Stroms aus Atomenergie. Aus Deutschland kam immer wieder Kritik an den Sicherheitsstandards der Anlagen.
Einsteiger oder Wiedereinsteiger
Polen hat bislang Atomenergie nicht genutzt, will aber einsteigen. Der erste polnische Reaktor soll bis 2033 entstehen. Um Anteile an dem Projekt bewerben sich Firmen aus den USA, Südkorea und Frankreich. Eine ursprünglich geplante Zusammenarbeit mit dem benachbarten Litauen wurde aufgegeben. Die polnische Regierung hält Kernenergie für umweltfreundlich und möchte Kohlendioxid-Emissionen aus der Kohleverbrennung einsparen.
Litauen nutzte bis 2009 Atomkraft im alten sowjetischen Reaktor Ignalina. Dieser musste auf Druck der Europäischen Union wegen Sicherheitsbedenken geschlossen werden. Der Bau des eines neuen Kraftwerkes mit Namen Visagina wurde 2016 nach einem negativen Referendum gestoppt. Die Regierung plant aber wegen der Abkopplung von russischen Energielieferungen weiterhin, neue Atomkraftwerke zu bauen.
Schweden: Sechs aktive Atomkraftwerke produzieren 40 Prozent des Stroms. Bereits 1980 hatte Schweden den Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie beschlossen, sobald eine wirtschaftliche Nutzung der bestehenden Meiler nicht mehr gegeben sei. 2010 jedoch wurde der Beschluss zum Ausstieg aufgehoben. Bis zu zehn Reaktoren dürften betrieben werden. Vier ältere Anlagen wurde jedoch vom Netz genommen. Im Prinzip hat sich die Regierung dafür ausgesprochen, den Anteil der Kernenergie am Energiemix zu verringern, ohne jedoch ein konkretes Datum zu nennen.
Ausbau im Gange
Atomkraft, ja bitte! In Frankreich gibt es kaum Zweifel am Nutzen der Kernenergie. 56 Reaktoren, von denen zurzeit viele gewartet werden, erzeugen bis zu 70 Prozent des Stroms, den die Franzosen auch zum Heizen verbrauchen. Frankreich als größter Stromexporteur in Europa liefert seinen Atomstrom auch nach Großbritannien und Italien. Zurzeit wird ein neuer Reaktor errichtet. Sechs weitere sollen gebaut werden. Optionen für acht zusätzliche Meiler, die alte Kraftwerke ersetzen sollen, liegen auf dem Tisch. Ursprünglich hatte die französische Regierung geplant, den Anteil der Atomenergie auf 50 Prozent bis 2025 zu senken. Doch dieser Plan wurde schon 2019 um zehn Jahre verschoben.
Ungarn setzt nicht nur beim Gas, sondern auch bei Atomenergie voll auf Russland und macht sich damit in der EU keine Freunde. Die zwei neuen Atomkraftwerke, zusätzlich zu den vier laufenden Meilern, soll die russische Atomfirma "Rosatom" errichten. Der Bau soll im September in die erste Phase gehen. Der ungarische Außenminister Peter Szijjártó war im Juli in Moskau, um das Geschäft noch einmal zu besiegeln. Ungarn will mit den neuen Meilern den Anteil von Kernenergie an der Stromerzeugung von 50 auf 60 Prozent steigern.
Stabiler Betrieb, vage Ausbaupläne
Bulgarien: Zwei Reaktoren produzieren im Moment 30 Prozent des Strombedarfs. Bulgarien plant, die Kernenergie weiter auszubauen. Der Bau eines Reaktors in Belene durch russische Firmen wurde im Frühjahr abgesagt. Bulgarien setzt jetzt eher auf kleinere Reaktoren, die dezentral eingesetzt werden könnten.
Tschechien steht der Kernkraft positiv gegenüber. Das östliche Nachbarland Deutschlands erzeugt mit sechs Meilern rund 30 Prozent der elektrischen Energie. Bis 2040 ist ein weiterer Ausbau geplant, um den Ausstoß von Kohlendioxid aus Gas- und Kohlekraftwerken zu reduzieren.
Rumänien: Zwei Atomkraftwerke sind in Betrieb. Die Nutzung der Kernenergie soll nach dem Willen der Regierung ausgebaut werden. Sehr konkret sind die Pläne allerdings noch nicht. Derzeit stammen 15 bis 20 Prozent des Stroms in Rumänien aus AKWs.
Slowakei: Vier Reaktoren decken rund die Hälfte des Stromverbrauchs ab. Für die Nutzung der Atomkraft gibt es eine breite Unterstützung in der Regierung. Die Brennstäbe, die aus Russland geliefert werden, sollen irgendwann durch eigenen Uran-Abbau ersetzt werden. Die Slowakei plant auch eine Aufbereitungsanlage für abgenutzte Brennstäbe, aber kein Endlager für Atommüll, sondern nur ein Zwischenlager.
Slowenien betreibtzusammen mit dem Nachbarland Kroatien einen Atommeiler. 36 Prozent des Strombedarfs werden hier erzeugt. Ein Teil der Energie wird nach Kroatien exportiert. Über den Bau eines zweiten Reaktors wird nachgedacht. Die Errichtung eines Zwischenlagers für Atomabfälle ist in der Nähe des Reaktors geplant.
Spanien: Rund ein Viertel des Stroms in Spanien kommt aus sieben Atomkraftwerken. Der weitere Kurs hängt von den jeweiligen Regierung ab. Sozialistische Regierungen tendierten in der Vergangenheit eher zu einer Einschränkung der Nutzung. Konservative setzten eher auf einen Ausbau. Im Moment sieht die Beschlusslage so aus: kein Neubau, aber Renovierung der bestehenden Anlagen. Die Lizenzen zum Betrieb der Meiler laufen in den Jahren 2027 bis 2035 aus. Drei ältere Meiler wurde in den vergangenen Jahren abgeschaltet. Eine Ausbeutung eigener spanischer Uranvorkommen wird geprüft.
In der Europäischen Union können die Mitgliedsstaaten selbst entscheiden, mit welchem Mix in der Energieerzeugung sie die vorgegebenen Klimaschutzziele bis 2050 erreichen. Die Nutzung der Kernenergie wird als nachhaltig betrachtet. Auf die gesamte EU gerechnet, kommt derzeit 25 Prozent des Stroms aus Atomkraftwerken.
Zitat von Gast am 8. August 2022, 06:14 Uhr„Überfällt China Taiwan, ist die deutsche Energiewende möglicherweise erst einmal beendet“
Berlin. Laut Bundesregierung soll der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am gesamten Stromverbrauch bis 2030 von derzeit knapp 50 auf 80 Prozent steigen. Gebraucht werden dafür deutlich mehr Solaranlagen. Die kommen aktuell fast alle aus China. Aber Wirtschaftsminister Habeck hält ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland für machbar.
Vor einigen Jahren habe man sie unverständlicherweise kaputtgehen lassen, sagte er Ende Juli in Bitterfeld-Wolfen. „Aber wir können es wieder hochziehen.“ Der Grünen-Politiker war zu Besuch beim Solarmodulherstellers Meyer Burger Technology, einem der Großen der Branche. Der Schweizer Anlagenbauer hat vor einem Jahr 145 Millionen Euro in zwei neue Fabriken für Solarzellen und Module in Sachsen-Anhalt und Sachsen investiert - und in 3500 Arbeitsplätze.
Vor rund einem Jahrzehnt hatte die Branche ihre zwischenzeitlich große Bedeutung angesichts der Konkurrenz aus Asien verloren. Viele Firmen mussten Insolvenz anmelden oder wurden ins Ausland verkauft. „Beim Solarenergieausbau sind wir derzeit zu über 90 Prozent vom Solarmodulimport aus asiatischen Ländern abhängig“, sagte Volker Quaschning, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und Experte für Regenerative Energien.Und das könnte ähnlich wie bei den Einschränkungen der Gaslieferungen aus Russland erhebliche Folgen haben: „Sollte der Nachschub, aus welchen Gründen auch immer, unterbrochen werden, hat das direkten Einfluss auf das weitere Gelingen der Energiewende“, warnte Quaschning. „Überfällt China Taiwan, ist möglicherweise die deutsche Energiewende erst einmal beendet.“
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig, mahnt, der Wiederaufbau einer deutschen und europäischen Solarindustrie sei von großer Bedeutung, um widerstandsfähiger bei globalen Krisen zu werden. „Die Voraussetzungen für eine Renaissance der europäischen Solarindustrie haben sich bereits deutlich verbessert“, sagte Körnig. „Durch die zunehmende Automatisierung ist der Anteil der Arbeitskosten deutlich gesunken, während gleichzeitig die Transportkosten immer stärker ins Gewicht fallen.“
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält es allerdings für den falschen Weg, den Zugang zu in China produzierten Modulen über bürokratische Hürden oder Zölle zu erschweren. „Letzteres wurde von der EU in der Vergangenheit praktiziert und hatte lediglich den Einbruch des Photovoltaik-Zubaus in Deutschland zur Folge“, so der Verband. „Zielführender wäre es, wenn die gewünschten Ziele über positive Anreize und nicht über Strafen erreicht werden. Dafür müssen Deutschland und die EU in Sachen Photovoltaik wieder an Marktmacht und Bedeutung gewinnen.“
Nach Einschätzung von Quaschning ist das nötige Know-how für ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland vorhanden. „Es sind allerdings sehr große Investitionen erforderlich.“
Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI hält einen kräftigen Zuwachs bei Photovoltaikanlagen für realistisch. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sorge bereits für höhere Fördersätze und auch für größere Ausschreibungsmengen. Gleichzeitig machten steigende Strom- und Heizkosten selbst erzeugten Strom attraktiver. „Die Chancen für ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland stehen aus unserer Sicht derzeit gut.“
Nach Daten des BSW wurden 2021 deutschlandweit 50 Terawattstunden Solarstrom erzeugt und damit zehn Prozent der öffentlichen Stromversorgung gedeckt. Die Zahl der Solaranlagen ist im vergangenen Jahr um 235 600 auf rund 2,2 Millionen gestiegen. Im ersten Halbjahr 2022 kamen 157 566 neue Anlagen hinzu - ein klarer Trend nach oben.
Bremsfaktoren beim Ausbau der Solarenergie sind dem BSW zufolge bürokratische Hindernisse etwa beim Netzanschluss von Photovoltaikanlagen oder beim Erschließen geeigneter Kraftwerksstandort sowie Lieferengpässe infolge der Corona-Pandemie.
Aber auch der Fachkräftemangel erschwert den Ausbau der Solarenergie. Derzeit gibt es nach BSW-Schätzungen 25 000 Solarhandwerker in rund 5000 Betrieben des Elektrohandwerks in der Photovoltaikbranche. „Zur Umsetzung der Ausbauziele wird sich die Zahl bis zur zweiten Hälfte der 2020er Jahre mindestens verdoppeln müssen“, sagte Verbandsgeschäftsführer Körnig.
Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke sieht das ebenfalls mit Sorge: „Die Nachfrage nach Fachkräften wird erwartungsgemäß weiter steigen“, so Geschäftsführer Andreas Habermehl. „Das ist erfreulich, wird aber zum Problem, wenn die Beschäftigtenzahlen nicht im gleichen Maß mitwachsen, weil es bedeutet, dass sich der Fachkräftemangel weiter verschärft.“
„Überfällt China Taiwan, ist die deutsche Energiewende möglicherweise erst einmal beendet“
Berlin. Laut Bundesregierung soll der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am gesamten Stromverbrauch bis 2030 von derzeit knapp 50 auf 80 Prozent steigen. Gebraucht werden dafür deutlich mehr Solaranlagen. Die kommen aktuell fast alle aus China. Aber Wirtschaftsminister Habeck hält ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland für machbar.
Vor einigen Jahren habe man sie unverständlicherweise kaputtgehen lassen, sagte er Ende Juli in Bitterfeld-Wolfen. „Aber wir können es wieder hochziehen.“ Der Grünen-Politiker war zu Besuch beim Solarmodulherstellers Meyer Burger Technology, einem der Großen der Branche. Der Schweizer Anlagenbauer hat vor einem Jahr 145 Millionen Euro in zwei neue Fabriken für Solarzellen und Module in Sachsen-Anhalt und Sachsen investiert - und in 3500 Arbeitsplätze.
Und das könnte ähnlich wie bei den Einschränkungen der Gaslieferungen aus Russland erhebliche Folgen haben: „Sollte der Nachschub, aus welchen Gründen auch immer, unterbrochen werden, hat das direkten Einfluss auf das weitere Gelingen der Energiewende“, warnte Quaschning. „Überfällt China Taiwan, ist möglicherweise die deutsche Energiewende erst einmal beendet.“
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig, mahnt, der Wiederaufbau einer deutschen und europäischen Solarindustrie sei von großer Bedeutung, um widerstandsfähiger bei globalen Krisen zu werden. „Die Voraussetzungen für eine Renaissance der europäischen Solarindustrie haben sich bereits deutlich verbessert“, sagte Körnig. „Durch die zunehmende Automatisierung ist der Anteil der Arbeitskosten deutlich gesunken, während gleichzeitig die Transportkosten immer stärker ins Gewicht fallen.“
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält es allerdings für den falschen Weg, den Zugang zu in China produzierten Modulen über bürokratische Hürden oder Zölle zu erschweren. „Letzteres wurde von der EU in der Vergangenheit praktiziert und hatte lediglich den Einbruch des Photovoltaik-Zubaus in Deutschland zur Folge“, so der Verband. „Zielführender wäre es, wenn die gewünschten Ziele über positive Anreize und nicht über Strafen erreicht werden. Dafür müssen Deutschland und die EU in Sachen Photovoltaik wieder an Marktmacht und Bedeutung gewinnen.“
Nach Einschätzung von Quaschning ist das nötige Know-how für ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland vorhanden. „Es sind allerdings sehr große Investitionen erforderlich.“
Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI hält einen kräftigen Zuwachs bei Photovoltaikanlagen für realistisch. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sorge bereits für höhere Fördersätze und auch für größere Ausschreibungsmengen. Gleichzeitig machten steigende Strom- und Heizkosten selbst erzeugten Strom attraktiver. „Die Chancen für ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland stehen aus unserer Sicht derzeit gut.“
Nach Daten des BSW wurden 2021 deutschlandweit 50 Terawattstunden Solarstrom erzeugt und damit zehn Prozent der öffentlichen Stromversorgung gedeckt. Die Zahl der Solaranlagen ist im vergangenen Jahr um 235 600 auf rund 2,2 Millionen gestiegen. Im ersten Halbjahr 2022 kamen 157 566 neue Anlagen hinzu - ein klarer Trend nach oben.
Bremsfaktoren beim Ausbau der Solarenergie sind dem BSW zufolge bürokratische Hindernisse etwa beim Netzanschluss von Photovoltaikanlagen oder beim Erschließen geeigneter Kraftwerksstandort sowie Lieferengpässe infolge der Corona-Pandemie.
Aber auch der Fachkräftemangel erschwert den Ausbau der Solarenergie. Derzeit gibt es nach BSW-Schätzungen 25 000 Solarhandwerker in rund 5000 Betrieben des Elektrohandwerks in der Photovoltaikbranche. „Zur Umsetzung der Ausbauziele wird sich die Zahl bis zur zweiten Hälfte der 2020er Jahre mindestens verdoppeln müssen“, sagte Verbandsgeschäftsführer Körnig.
Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke sieht das ebenfalls mit Sorge: „Die Nachfrage nach Fachkräften wird erwartungsgemäß weiter steigen“, so Geschäftsführer Andreas Habermehl. „Das ist erfreulich, wird aber zum Problem, wenn die Beschäftigtenzahlen nicht im gleichen Maß mitwachsen, weil es bedeutet, dass sich der Fachkräftemangel weiter verschärft.“
Zitat von Gast am 8. August 2022, 06:17 UhrGaskrise in Deutschland: Abfallbranche fordert mehr Biotonnen
In Deutschland wird zu wenig Biomüll gesammelt, so sieht es der BDE als Verband der Entsorgungswirtschaft. Mehr eingesammelte Abfälle könnten die Biomethan-Produktion verdoppeln. Doch das ist nicht so einfach.
Mit Biomüll gegen die Gaskrise? Deutschlands Abfallbranche könnte ihre Gasproduktion nach eigener Darstellung verdoppeln, sollten organische Abfälle bundesweit über Biotonnen eingesammelt werden. »Derzeit decken die Biogasanlagen etwa ein Prozent des deutschen Gasbedarfs, diesen Wert könnten wir auf zwei Prozent erhöhen«, sagte Peter Kurth, Präsident des Entsorgungswirtschaftsverbandes BDE, der Nachrichtenagentur dpa. Biomethan könnte Erdgas in allen Anwendungsbereichen ersetzen.
Seit 2015 gibt es die Pflicht für ein Bioabfall-System. Aus Sicht von Kurth kommen einige Städte und Landkreise der Vorschrift nicht oder nur teilweise nach. Er forderte die Länder auf, härter durchzugreifen. »Bioabfall landet noch immer oft im Restmüll«, sagt auch Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. 39 Prozent des Restmülls hierzulande seien Bioabfälle.
Um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, sind allerdings nicht zwingend braune Tonnen erforderlich. Es reichen auch Sammelplätze, zu denen Bürger den organischen Abfall bringen können. Damit ist den Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Genüge getan. Beispiele sind Trier (Rheinland-Pfalz) und Regensburg (Bayern), wo es Bringsysteme gibt. Saalfeld-Rudolstadt (Thüringen) plant eine Einführung Anfang 2023.
Kurth appelliert an die Städte und Landkreise, die Nutzung bereits bestehender Biotonnen umfassender zu bewerben und die Mengen dadurch zu erhöhen: »Die Erzeugung von mehr Biomethan ist wichtig für den Klimaschutz und für Deutschlands Unabhängigkeit von Gasimporten.«Mit Blick auf den Winter, wenn ein Gasmangel der Industrie zusetzen könnte, sagte der Branchenvertreter, dass der eine zusätzliche Prozentpunkt in der Gasversorgung ein weiterer Schritt wäre, »um das Problem zu meistern und um unabhängier zu werden von Energieimporten«.
Ein weiteres Problem ist jedoch, dass in Deutschland immer mehr Biogasanlagen stillgelegt werden. 2020 und 2021 handelte es sich um mehr als 200 Biogasanlagen. Bislang fehlt eine nachhaltige Strategie im Umgang mit dem Biogas. (Lesen Sie hier mehr: Warum deutsche Biogasanlagen in Kriegszeiten wenig helfen)
Gaskrise in Deutschland: Abfallbranche fordert mehr Biotonnen
In Deutschland wird zu wenig Biomüll gesammelt, so sieht es der BDE als Verband der Entsorgungswirtschaft. Mehr eingesammelte Abfälle könnten die Biomethan-Produktion verdoppeln. Doch das ist nicht so einfach.
Mit Biomüll gegen die Gaskrise? Deutschlands Abfallbranche könnte ihre Gasproduktion nach eigener Darstellung verdoppeln, sollten organische Abfälle bundesweit über Biotonnen eingesammelt werden. »Derzeit decken die Biogasanlagen etwa ein Prozent des deutschen Gasbedarfs, diesen Wert könnten wir auf zwei Prozent erhöhen«, sagte Peter Kurth, Präsident des Entsorgungswirtschaftsverbandes BDE, der Nachrichtenagentur dpa. Biomethan könnte Erdgas in allen Anwendungsbereichen ersetzen.
Seit 2015 gibt es die Pflicht für ein Bioabfall-System. Aus Sicht von Kurth kommen einige Städte und Landkreise der Vorschrift nicht oder nur teilweise nach. Er forderte die Länder auf, härter durchzugreifen. »Bioabfall landet noch immer oft im Restmüll«, sagt auch Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. 39 Prozent des Restmülls hierzulande seien Bioabfälle.
Um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, sind allerdings nicht zwingend braune Tonnen erforderlich. Es reichen auch Sammelplätze, zu denen Bürger den organischen Abfall bringen können. Damit ist den Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Genüge getan. Beispiele sind Trier (Rheinland-Pfalz) und Regensburg (Bayern), wo es Bringsysteme gibt. Saalfeld-Rudolstadt (Thüringen) plant eine Einführung Anfang 2023.
Mit Blick auf den Winter, wenn ein Gasmangel der Industrie zusetzen könnte, sagte der Branchenvertreter, dass der eine zusätzliche Prozentpunkt in der Gasversorgung ein weiterer Schritt wäre, »um das Problem zu meistern und um unabhängier zu werden von Energieimporten«.
Ein weiteres Problem ist jedoch, dass in Deutschland immer mehr Biogasanlagen stillgelegt werden. 2020 und 2021 handelte es sich um mehr als 200 Biogasanlagen. Bislang fehlt eine nachhaltige Strategie im Umgang mit dem Biogas. (Lesen Sie hier mehr: Warum deutsche Biogasanlagen in Kriegszeiten wenig helfen)