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Energiepolitik
Zitat von Gast am 15. März 2023, 11:22 UhrFürs Klima: EU-Parlament stimmt für Zwangssanierung von Häusern
Das EU-Parlament hat sich dafür ausgesprochen, dass Gebäude europaweit bis 2050 klimaneutral sein sollen. Schon ab 2028 sollen dafür Neubauten emissionsfrei sein, wie eine Mehrheit der Abgeordneten in Straßburg am Dienstag beschloss. Für „schutzbedürftige Haushalte“ müsse es Hilfe geben. Mit dem Beschluss legte das Parlament seine Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten fest.
Neue Gebäude sollen als „Nullemissionsgebäude“ besonders wenig Energie benötigen und ihren Bedarf durch in der Nähe erzeugte Energie decken. Die Abgeordneten sprachen sich zudem dafür aus, dass alle Neubauten ab 2028 mit Solartechnik ausgestattet sein sollen, wo es „technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar“ ist.
Für bereits bestehende Gebäude forderten die Abgeordneten europaweit „harmonisierte“ Energieeffizienzklassen. Auf einer Skala von A bis G - für sehr gut bis sehr schlecht - sollen Wohngebäude bis 2030 mindestens die Klasse E erreichen. Für Häuser, in denen einkommensschwache Menschen leben, sollen Ausnahmen möglich sein.
Über die genaue Ausgestaltung muss das EU-Parlament nun mit den Mitgliedstaaten verhandeln. Die Europäische Kommission hatte im Dezember 2021 vorgeschlagen, eine bestehende Richtlinie zur Effizienz von Gebäuden zu überarbeiten.
Nach Angaben der EU-Kommission ist der Gebäudesektor in der EU für 40 Prozent des Energieverbrauchs und für 36 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Der Kommissionsvorschlag ist Teil des Klimapakets „Fit for 55“, mit dem die EU bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 55 Prozent senken will.
Fürs Klima: EU-Parlament stimmt für Zwangssanierung von Häusern
Das EU-Parlament hat sich dafür ausgesprochen, dass Gebäude europaweit bis 2050 klimaneutral sein sollen. Schon ab 2028 sollen dafür Neubauten emissionsfrei sein, wie eine Mehrheit der Abgeordneten in Straßburg am Dienstag beschloss. Für „schutzbedürftige Haushalte“ müsse es Hilfe geben. Mit dem Beschluss legte das Parlament seine Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten fest.
Neue Gebäude sollen als „Nullemissionsgebäude“ besonders wenig Energie benötigen und ihren Bedarf durch in der Nähe erzeugte Energie decken. Die Abgeordneten sprachen sich zudem dafür aus, dass alle Neubauten ab 2028 mit Solartechnik ausgestattet sein sollen, wo es „technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar“ ist.
Für bereits bestehende Gebäude forderten die Abgeordneten europaweit „harmonisierte“ Energieeffizienzklassen. Auf einer Skala von A bis G - für sehr gut bis sehr schlecht - sollen Wohngebäude bis 2030 mindestens die Klasse E erreichen. Für Häuser, in denen einkommensschwache Menschen leben, sollen Ausnahmen möglich sein.
Über die genaue Ausgestaltung muss das EU-Parlament nun mit den Mitgliedstaaten verhandeln. Die Europäische Kommission hatte im Dezember 2021 vorgeschlagen, eine bestehende Richtlinie zur Effizienz von Gebäuden zu überarbeiten.
Nach Angaben der EU-Kommission ist der Gebäudesektor in der EU für 40 Prozent des Energieverbrauchs und für 36 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Der Kommissionsvorschlag ist Teil des Klimapakets „Fit for 55“, mit dem die EU bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 55 Prozent senken will.
Zitat von Gast am 16. März 2023, 08:20 UhrAtomkraft-Debatte: Diese Aussagen des E.On-Chefs lassen aufhorchen
Als erster Betreiber der verbliebenen Kernkraftwerke schert E.On-Chef Birnbaum aus: Er greift den Ausstieg im April an und warnt, dass die Krise nicht zu Ende sei. Die wichtigsten fünf Punkte einer bemerkenswerten Rede.
Leonhard Birnbaum ist, das ist für den Chef eines Dax-Konzerns ungewöhnlich, ein Mann drastischer Worte. Und die hat der Chef des Energieriesen E.On auch an diesem Mittwochvormittag gewählt, als er in Essen das Geschäftsergebnis für das vergangene Jahr vorgestellt hat – eingebettet in eine eher düstere Rede, die man ohne Weiteres auch als Rede zur Lage der Nation hätte verstehen können – über die Energiekrise, Preise, die Atomfrage, Europas Wohlstand, aber freilich auch über E.Ons Ergebnis und die Konkurrenz.
Das sind die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus den Erläuterungen Birnbaums, seines Finanzchefs Marc Spieker und der nachfolgenden Fragerunde:
1. E.On mahnt: Täuscht Euch nicht! Die Energiekrise ist noch nicht vorbei!
Corona, der Krieg in der Ukraine, das Erdbeben in der Türkei. Birnbaum sagte, er blicke auf ein Jahr zurück, wie er es in seiner beruflichen Laufbahn „noch nicht erlebt“ habe, das Umfeld – auch für E.On – könne „widriger kaum sein“. Und er warnte, dass die derzeit niedrigen Energiepreise nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass die Krise andauere. Die milde Witterung habe dafür gesorgt, dass Europa besser durch den Winter gekommen sei als erwartet. Aber: „Die Krise ist längst nicht vorbei.“ Das Preisniveau für Gas und Strom im Großhandel sei zwar im Vergleich zum vergangenen Sommer gefallen, aber eben nicht im Vergleich zu der Zeit vor der Krise.
Für Verbraucherinnen und Verbraucher kann das vor allem bedeuten: Erstens, dass die hohen Großhandelspreise aus dem vergangenen Jahr, die zum Teil von E.On durch Absicherungsgeschäfte abgefedert wurden, bei manchen Verbrauchern erst noch ankommen. E.On habe 2022 nur 30 Prozent der „zum Teil extremen Preissteigerungen“ weitergegeben, sagte Birnbaum. „Aber das können wir nicht ewig durchhalten.“ Und zweitens bedeutet das, dass der Markt so schwankungsanfällig ist, dass die Preise schnell wieder ansteigen können – etwa durch eine steigende Nachfrage aus China nach LNG, Flüssigerdgas. „Die Märkte sind nervös und können schnell ausschlagen“, sagte Birnbaum.
Der E.On-Chef mag mit dieser Darstellung auch das Ziel verfolgen, mögliche weitere Preiserhöhungen E.Ons in das Szenario einer anhaltenden Krise einzubetten – und Kostensprünge dafür vermeintlich nachvollziehbarer zu machen. Aber es ist bemerkenswert, dass er als einziger der großen Versorger die Rolle des Mahners übernimmt. Er sehe sich als „vorsichtiger Kaufmann“, sagte Birnbaum: „Ich will sicher sein, dass ich etwas im Griff habe, bevor ich den Sieg verkünde.“
2. Birnbaum geißelt die Abschaltung der drei deutschen Kernkraftwerke im April
Am 15. April sollen die drei am Netz verbliebenen deutschen Kernkraftwerke Isar 2 (betrieben von der E.On-Tochter Preussen Elektra), Neckarwestheim (EnBW) und Emsland (RWE) endgültig abgeschaltet werden, nach einer dreieinhalbmonatigen Zugabe, die im vergangenen Herbst per Kanzler-Machtwort verfügt worden ist. Bisher haben sich alle Betreiber dazu sehr vorsichtig geäußert: Man mache, was die Politik wünsche. Punkt.
Der neue EnBW-Chef Andreas Schell sagte, der „Point of no return“ sei überschritten, RWE-Chef Markus Krebber hat ebenfalls verdeutlicht, dass man den Wünschen der Politik folgt, das aber zumindest öffentlich nicht weiter bewertet. Birnbaum hat bisher immer intoniert, dass man die Kraftwerke sicher betreiben könne. Am Mittwoch aber hat er richtig gegen Berlin gekoffert, zumindest in seinem schriftlichen Redetext: Nein, es gebe „keine Indikation, dass die Politik ihre Abschaltentscheidung“ überdenke, heißt es in diesem auf E.Ons Webseite veröffentlichten Redetext Birnbaums, der mit dem Zusatz „Es gilt das gesprochene Wort“ versehen ist. E.Ons Planung gehe von einem Ende des Betriebs von Isar 2 in Bayern am 15. April aus. Aber: „Persönlich halte ich das für einen Fehler“, sagte Birnbaum laut Redetext. Und legte dann nach: „Wir schalten eine der sichersten, produktivsten und besten Anlagen der Welt ab.“
Isar 2 sei in seinen insgesamt 35 Jahren Laufzeit zehnmal als das produktivste von weltweit rund 400 Kernkraftwerken ausgezeichnet worden. „Das ist Weltmeister-Technologie Made in Germany“, sagte Birnbaum laut Redetext – und skizzierte dann drastisch, warum er die Entscheidung der Berliner Ampel für widersinnig hält: „Wir berauben Deutschland einer wichtigen Option, obwohl die Energiekrise noch nicht vorbei ist, und hoffen, dass die französische Kernkraft läuft. Das verstehe, wer will: ich nicht. Aber am Ende ist es das Primat der Politik, solche Entscheidungen zu treffen.“
In der Pressekonferenz selbst formulierte Birnbaum etwas vorsichtiger als im Redetext, wurde dann aber noch einmal gefragt: „Trifft es zu, dass Sie persönlich die Entscheidung, Isar 2 stillzulegen, für einen Fehler halten? Und wenn Sie nun doch aufgefordert würden, den Meiler noch länger zu betreiben: ginge das überhaupt?“ Darauf antwortete Birnbaum auf den ersten Teil: „Als Ingenieur: ja. Und es ginge: ja.“ Zwischen Januar und dem 15. April werde Isar 2 in etwa zwei Terawattstunden Strom produzieren und so zu „einer stabilen Stromversorgung“ beitragen.
Die Ampel in Berlin dürfte Birnbaums Äußerungen mit einem Schulterzucken quittieren. Vor allem die Grünen, aber auch Bundeskanzler Olaf Scholz haben den Willen zum Ausstieg in den vergangenen Wochen wiederholt bekräftigt. Die FDP, die gegen den Ausstieg ist, hat zwar gebellt, aber bislang nicht gebissen. Offenbar hat sich bei den derzeit von Umfragen und Wahlen sehr geplagten Liberalen die Einsicht durchgesetzt, dass man mit innerkoalitionärer Opposition gegen den Atomausstieg wenig gewinnen kann.
Dem europäischen Ausland sind diese Überlegungen freilich egal – und so bauen Polen und Niederländer neue Atomkraftwerke, und auch Frankreich setzt auf ein neues nukleares Zeitalter. Dabei ist es so, dass gerade die Schwäche der französischen Kraftwerksflotte dafür sorgen kann, dass der Strombedarf aus Deutschland wächst. Im vergangenen Herbst hatten die deutschen Übertragungsnetzbetreiber einen sogenannten „Stresstest“ durchgeführt – und waren unterm Strich zum Ergebnis gekommen, dass es sinnvoll wäre, die drei deutschen Atomkraftwerke länger am Netz zu lassen.
Allerdings gilt mittlerweile auch: Einfach wäre das nicht. Keiner der Betreiber hat neue Brennstäbe bestellt, es müssten Revisionen durchgeführt werden. Nahtlos wären die Kraftwerke kaum weiter zu betreiben, im nächsten Winter könnten sie wohl dennoch zur Verfügung stehen. Dann wäre man bei der Bewältigung der Krise im Birnbaumschen Sinne offenbar schon ein Stück weiter.
3. Europa muss um seinen Wohlstand kämpfen
Es ist eine bemerkenswert martialische Tonart, die der E.On-Chef hier anschlägt. Er sagt, was auch andere sagen: Der Friede in Europa sei nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine nicht mehr selbstverständlich. Aber auch: „Unser Wohlstand nicht. Preisstabilität nicht. Und auch das Niedrigzinsumfeld nicht. Und sichere und bezahlbare Energie ist auch nicht selbstverständlich.“ Die Verfügbarkeit von Rohstoffen – Öl und Gas unter anderen – sei in einem „geopolitischen Wettbewerb“ umkämpft. „Hier prallen handfeste industriepolitische Interessen aufeinander, verschärft durch den Inflation Reduction Act der USA.“
Daraus folgert Birnbaum: „Europa wird für seinen Wohlstand hart kämpfen müssen.“ Und was „Kämpfen“ heißt, präzisiert Birnbaum auch: Die eigene Energierechnung könne im Endergebnis nur durch Energiesparen vermindert werden. Dann gehe es, zweitens, darum, zu arbeiten. Was ein wenig klingt wie der Benediktiner-Imperativ „Ora et labora“, also „Bete und arbeite“, bedeutet in der Birnbaumschen Version, dass Europa, als Ganzes und in Einheit, wettbewerbsfähiger werden muss. Birnbaum ist auch Präsident von Eurelectric, dem europäischen Lobby-Verband der Elektrizitätswirtschaft. Drittens, so Birnbaum, müsse nun investiert werde. Europa müsse sich aus der Krise herausinvestieren. E.On wolle das bis 2027 mit insgesamt 33 Milliarden tun, 6 Milliarden Euro mehr als bisher geplant.
4. Ach ja, E.Ons Performance im vergangenen Jahr war okay
Nein, E.On hat es nicht so leicht wie der Stromerzeuger RWE, dessen Geschäft gerade brummt, Geld muss mit komplett regulierten Netzen und mit dem Strom- und Gaskundengeschäft verdient werden. Das ist deutlich schwieriger. Dennoch hat E.On ein Ergebnis (Ebitda) erzielt, das mit 8,1 Milliarden Euro leicht über der Prognose liegt und etwa 170 Millionen Euro über dem Vorjahresergebnis. Der größte Teil kommt dabei mit 5,5 Milliarden Euro aus dem Netzgeschäft, das mit rund 470 Millionen Euro im Plus lag. „Wir liefern!“, sagte Birnbaum – und das ist das Motto, das wohl die Botschaft des Tages sein sollte.
Im Kundenlösungsgeschäft lag das Ergebnis bei 1,7 Milliarden Euro, ein Plus von rund 190 Millionen Euro. Für das Geschäftsjahr 2022 schlägt der E.On-Vorstand eine Dividende von 0,51 Euro je Aktie vor. Für 2023 bewegt sich die Prognose in etwa in dem bisherigen Rahmen, in einem Korridor zwischen 7,8 und 8 Milliarden Euro.
Wachstumsmöglichkeiten sieht Birnbaum für E.On bei der Bereitstellung „zuverlässiger und nachhaltiger“ Energieinfrastruktur, bei Anschlüssen für Erneuerbare-Anlagen und der Verstärkung der Stromverteilnetze, auch bei der Integration von Solaranlagen und bei Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge. Anders als etwa RWE, die bei ihrer Aktienentwicklung eine stete Aufwärtsgeschichte erzählen können, haben E.On und Birnbaum es schwerer – der Kurs hat sich seit Jahren bei einem Stand um die zehn Euro eingependelt.
5. Birnbaum warnt vor Billigstrom-Anbietern
Wichtig war Birnbaum offenbar auch, vor Billigstrom-Anbietern zu warnen, die bei fallenden Großhandelspreisen jetzt wieder verstärkt auf den Markt drängen. Als die Preise im Herbst 2021 anzuziehen begannen, waren einige kleinere Anbieter pleite gegangen oder aus dem Geschäft ausgestiegen, ihre Kunden waren in die Grundversorgung zurückgefallen – und damit häufig zu E.On und seinen Regionalgesellschaften.
„Eines der Probleme, mit denen wir gekämpft haben, war auch, dass wir Verantwortung übernehmen musste für Kunden, die uns andere sozusagen vor die Füße geworfen haben“, sagte Birnbaum. „Es gab nämlich eine Reihe von Marktteilnehmern, die haben sich dann elegant aus dem Markt verabschiedet, als es gegen sie lief.“ Jetzt kämen diese Anbieter wieder zurück auf den Markt und behaupteten, sie würden den Kunden nützen. „Tun sie nicht“, sagte Birnbaum. „Sie destabilisieren die Märkte nur auf dem Weg nach oben und nach unten. Und solche Marktteilnehmer braucht niemand“, sagte der E.On-Chef.
Er verglich die Billiganbieter in einer Analogie mit dem Bankenmarkt und der von der Silicon Valley Bank ausgelösten Krise: „Es sind immer die kleinen, nicht gut kapitalisierten, nicht vorausschauend agierenden Akteure, die die Probleme bereiten. Und so ist das bei uns auch gewesen.“ Birnbaum forderte, dass für einen Marktzugang bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssten. „Wer in den Markt kommt, muss zum Beispiel eine ordentliche Bilanz mitbringen und auch selber Geld auf den Tisch legen, anstatt zulasten seiner Kunden zu spekulieren.“
Atomkraft-Debatte: Diese Aussagen des E.On-Chefs lassen aufhorchen
Als erster Betreiber der verbliebenen Kernkraftwerke schert E.On-Chef Birnbaum aus: Er greift den Ausstieg im April an und warnt, dass die Krise nicht zu Ende sei. Die wichtigsten fünf Punkte einer bemerkenswerten Rede.
Leonhard Birnbaum ist, das ist für den Chef eines Dax-Konzerns ungewöhnlich, ein Mann drastischer Worte. Und die hat der Chef des Energieriesen E.On auch an diesem Mittwochvormittag gewählt, als er in Essen das Geschäftsergebnis für das vergangene Jahr vorgestellt hat – eingebettet in eine eher düstere Rede, die man ohne Weiteres auch als Rede zur Lage der Nation hätte verstehen können – über die Energiekrise, Preise, die Atomfrage, Europas Wohlstand, aber freilich auch über E.Ons Ergebnis und die Konkurrenz.
Das sind die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus den Erläuterungen Birnbaums, seines Finanzchefs Marc Spieker und der nachfolgenden Fragerunde:
1. E.On mahnt: Täuscht Euch nicht! Die Energiekrise ist noch nicht vorbei!
Corona, der Krieg in der Ukraine, das Erdbeben in der Türkei. Birnbaum sagte, er blicke auf ein Jahr zurück, wie er es in seiner beruflichen Laufbahn „noch nicht erlebt“ habe, das Umfeld – auch für E.On – könne „widriger kaum sein“. Und er warnte, dass die derzeit niedrigen Energiepreise nicht darüber hinwegtäuschen sollten, dass die Krise andauere. Die milde Witterung habe dafür gesorgt, dass Europa besser durch den Winter gekommen sei als erwartet. Aber: „Die Krise ist längst nicht vorbei.“ Das Preisniveau für Gas und Strom im Großhandel sei zwar im Vergleich zum vergangenen Sommer gefallen, aber eben nicht im Vergleich zu der Zeit vor der Krise.
Für Verbraucherinnen und Verbraucher kann das vor allem bedeuten: Erstens, dass die hohen Großhandelspreise aus dem vergangenen Jahr, die zum Teil von E.On durch Absicherungsgeschäfte abgefedert wurden, bei manchen Verbrauchern erst noch ankommen. E.On habe 2022 nur 30 Prozent der „zum Teil extremen Preissteigerungen“ weitergegeben, sagte Birnbaum. „Aber das können wir nicht ewig durchhalten.“ Und zweitens bedeutet das, dass der Markt so schwankungsanfällig ist, dass die Preise schnell wieder ansteigen können – etwa durch eine steigende Nachfrage aus China nach LNG, Flüssigerdgas. „Die Märkte sind nervös und können schnell ausschlagen“, sagte Birnbaum.
Der E.On-Chef mag mit dieser Darstellung auch das Ziel verfolgen, mögliche weitere Preiserhöhungen E.Ons in das Szenario einer anhaltenden Krise einzubetten – und Kostensprünge dafür vermeintlich nachvollziehbarer zu machen. Aber es ist bemerkenswert, dass er als einziger der großen Versorger die Rolle des Mahners übernimmt. Er sehe sich als „vorsichtiger Kaufmann“, sagte Birnbaum: „Ich will sicher sein, dass ich etwas im Griff habe, bevor ich den Sieg verkünde.“
2. Birnbaum geißelt die Abschaltung der drei deutschen Kernkraftwerke im April
Am 15. April sollen die drei am Netz verbliebenen deutschen Kernkraftwerke Isar 2 (betrieben von der E.On-Tochter Preussen Elektra), Neckarwestheim (EnBW) und Emsland (RWE) endgültig abgeschaltet werden, nach einer dreieinhalbmonatigen Zugabe, die im vergangenen Herbst per Kanzler-Machtwort verfügt worden ist. Bisher haben sich alle Betreiber dazu sehr vorsichtig geäußert: Man mache, was die Politik wünsche. Punkt.
Der neue EnBW-Chef Andreas Schell sagte, der „Point of no return“ sei überschritten, RWE-Chef Markus Krebber hat ebenfalls verdeutlicht, dass man den Wünschen der Politik folgt, das aber zumindest öffentlich nicht weiter bewertet. Birnbaum hat bisher immer intoniert, dass man die Kraftwerke sicher betreiben könne. Am Mittwoch aber hat er richtig gegen Berlin gekoffert, zumindest in seinem schriftlichen Redetext: Nein, es gebe „keine Indikation, dass die Politik ihre Abschaltentscheidung“ überdenke, heißt es in diesem auf E.Ons Webseite veröffentlichten Redetext Birnbaums, der mit dem Zusatz „Es gilt das gesprochene Wort“ versehen ist. E.Ons Planung gehe von einem Ende des Betriebs von Isar 2 in Bayern am 15. April aus. Aber: „Persönlich halte ich das für einen Fehler“, sagte Birnbaum laut Redetext. Und legte dann nach: „Wir schalten eine der sichersten, produktivsten und besten Anlagen der Welt ab.“
Isar 2 sei in seinen insgesamt 35 Jahren Laufzeit zehnmal als das produktivste von weltweit rund 400 Kernkraftwerken ausgezeichnet worden. „Das ist Weltmeister-Technologie Made in Germany“, sagte Birnbaum laut Redetext – und skizzierte dann drastisch, warum er die Entscheidung der Berliner Ampel für widersinnig hält: „Wir berauben Deutschland einer wichtigen Option, obwohl die Energiekrise noch nicht vorbei ist, und hoffen, dass die französische Kernkraft läuft. Das verstehe, wer will: ich nicht. Aber am Ende ist es das Primat der Politik, solche Entscheidungen zu treffen.“
In der Pressekonferenz selbst formulierte Birnbaum etwas vorsichtiger als im Redetext, wurde dann aber noch einmal gefragt: „Trifft es zu, dass Sie persönlich die Entscheidung, Isar 2 stillzulegen, für einen Fehler halten? Und wenn Sie nun doch aufgefordert würden, den Meiler noch länger zu betreiben: ginge das überhaupt?“ Darauf antwortete Birnbaum auf den ersten Teil: „Als Ingenieur: ja. Und es ginge: ja.“ Zwischen Januar und dem 15. April werde Isar 2 in etwa zwei Terawattstunden Strom produzieren und so zu „einer stabilen Stromversorgung“ beitragen.
Die Ampel in Berlin dürfte Birnbaums Äußerungen mit einem Schulterzucken quittieren. Vor allem die Grünen, aber auch Bundeskanzler Olaf Scholz haben den Willen zum Ausstieg in den vergangenen Wochen wiederholt bekräftigt. Die FDP, die gegen den Ausstieg ist, hat zwar gebellt, aber bislang nicht gebissen. Offenbar hat sich bei den derzeit von Umfragen und Wahlen sehr geplagten Liberalen die Einsicht durchgesetzt, dass man mit innerkoalitionärer Opposition gegen den Atomausstieg wenig gewinnen kann.
Dem europäischen Ausland sind diese Überlegungen freilich egal – und so bauen Polen und Niederländer neue Atomkraftwerke, und auch Frankreich setzt auf ein neues nukleares Zeitalter. Dabei ist es so, dass gerade die Schwäche der französischen Kraftwerksflotte dafür sorgen kann, dass der Strombedarf aus Deutschland wächst. Im vergangenen Herbst hatten die deutschen Übertragungsnetzbetreiber einen sogenannten „Stresstest“ durchgeführt – und waren unterm Strich zum Ergebnis gekommen, dass es sinnvoll wäre, die drei deutschen Atomkraftwerke länger am Netz zu lassen.
Allerdings gilt mittlerweile auch: Einfach wäre das nicht. Keiner der Betreiber hat neue Brennstäbe bestellt, es müssten Revisionen durchgeführt werden. Nahtlos wären die Kraftwerke kaum weiter zu betreiben, im nächsten Winter könnten sie wohl dennoch zur Verfügung stehen. Dann wäre man bei der Bewältigung der Krise im Birnbaumschen Sinne offenbar schon ein Stück weiter.
3. Europa muss um seinen Wohlstand kämpfen
Es ist eine bemerkenswert martialische Tonart, die der E.On-Chef hier anschlägt. Er sagt, was auch andere sagen: Der Friede in Europa sei nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine nicht mehr selbstverständlich. Aber auch: „Unser Wohlstand nicht. Preisstabilität nicht. Und auch das Niedrigzinsumfeld nicht. Und sichere und bezahlbare Energie ist auch nicht selbstverständlich.“ Die Verfügbarkeit von Rohstoffen – Öl und Gas unter anderen – sei in einem „geopolitischen Wettbewerb“ umkämpft. „Hier prallen handfeste industriepolitische Interessen aufeinander, verschärft durch den Inflation Reduction Act der USA.“
Daraus folgert Birnbaum: „Europa wird für seinen Wohlstand hart kämpfen müssen.“ Und was „Kämpfen“ heißt, präzisiert Birnbaum auch: Die eigene Energierechnung könne im Endergebnis nur durch Energiesparen vermindert werden. Dann gehe es, zweitens, darum, zu arbeiten. Was ein wenig klingt wie der Benediktiner-Imperativ „Ora et labora“, also „Bete und arbeite“, bedeutet in der Birnbaumschen Version, dass Europa, als Ganzes und in Einheit, wettbewerbsfähiger werden muss. Birnbaum ist auch Präsident von Eurelectric, dem europäischen Lobby-Verband der Elektrizitätswirtschaft. Drittens, so Birnbaum, müsse nun investiert werde. Europa müsse sich aus der Krise herausinvestieren. E.On wolle das bis 2027 mit insgesamt 33 Milliarden tun, 6 Milliarden Euro mehr als bisher geplant.
4. Ach ja, E.Ons Performance im vergangenen Jahr war okay
Nein, E.On hat es nicht so leicht wie der Stromerzeuger RWE, dessen Geschäft gerade brummt, Geld muss mit komplett regulierten Netzen und mit dem Strom- und Gaskundengeschäft verdient werden. Das ist deutlich schwieriger. Dennoch hat E.On ein Ergebnis (Ebitda) erzielt, das mit 8,1 Milliarden Euro leicht über der Prognose liegt und etwa 170 Millionen Euro über dem Vorjahresergebnis. Der größte Teil kommt dabei mit 5,5 Milliarden Euro aus dem Netzgeschäft, das mit rund 470 Millionen Euro im Plus lag. „Wir liefern!“, sagte Birnbaum – und das ist das Motto, das wohl die Botschaft des Tages sein sollte.
Im Kundenlösungsgeschäft lag das Ergebnis bei 1,7 Milliarden Euro, ein Plus von rund 190 Millionen Euro. Für das Geschäftsjahr 2022 schlägt der E.On-Vorstand eine Dividende von 0,51 Euro je Aktie vor. Für 2023 bewegt sich die Prognose in etwa in dem bisherigen Rahmen, in einem Korridor zwischen 7,8 und 8 Milliarden Euro.
Wachstumsmöglichkeiten sieht Birnbaum für E.On bei der Bereitstellung „zuverlässiger und nachhaltiger“ Energieinfrastruktur, bei Anschlüssen für Erneuerbare-Anlagen und der Verstärkung der Stromverteilnetze, auch bei der Integration von Solaranlagen und bei Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge. Anders als etwa RWE, die bei ihrer Aktienentwicklung eine stete Aufwärtsgeschichte erzählen können, haben E.On und Birnbaum es schwerer – der Kurs hat sich seit Jahren bei einem Stand um die zehn Euro eingependelt.
5. Birnbaum warnt vor Billigstrom-Anbietern
Wichtig war Birnbaum offenbar auch, vor Billigstrom-Anbietern zu warnen, die bei fallenden Großhandelspreisen jetzt wieder verstärkt auf den Markt drängen. Als die Preise im Herbst 2021 anzuziehen begannen, waren einige kleinere Anbieter pleite gegangen oder aus dem Geschäft ausgestiegen, ihre Kunden waren in die Grundversorgung zurückgefallen – und damit häufig zu E.On und seinen Regionalgesellschaften.
„Eines der Probleme, mit denen wir gekämpft haben, war auch, dass wir Verantwortung übernehmen musste für Kunden, die uns andere sozusagen vor die Füße geworfen haben“, sagte Birnbaum. „Es gab nämlich eine Reihe von Marktteilnehmern, die haben sich dann elegant aus dem Markt verabschiedet, als es gegen sie lief.“ Jetzt kämen diese Anbieter wieder zurück auf den Markt und behaupteten, sie würden den Kunden nützen. „Tun sie nicht“, sagte Birnbaum. „Sie destabilisieren die Märkte nur auf dem Weg nach oben und nach unten. Und solche Marktteilnehmer braucht niemand“, sagte der E.On-Chef.
Er verglich die Billiganbieter in einer Analogie mit dem Bankenmarkt und der von der Silicon Valley Bank ausgelösten Krise: „Es sind immer die kleinen, nicht gut kapitalisierten, nicht vorausschauend agierenden Akteure, die die Probleme bereiten. Und so ist das bei uns auch gewesen.“ Birnbaum forderte, dass für einen Marktzugang bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssten. „Wer in den Markt kommt, muss zum Beispiel eine ordentliche Bilanz mitbringen und auch selber Geld auf den Tisch legen, anstatt zulasten seiner Kunden zu spekulieren.“
Zitat von Gast am 20. März 2023, 13:19 UhrAtomkraft in der Slowakei: Zäher Ausbau mit Problemen
Während in Deutschland der endgültige Ausstieg immer näher rückt, wird in der Slowakei ein weiteres Atomkraftwerk hochgefahren. Trotz ewig langer Bauzeit und technischen Problemen ist das Land atomfreundlich eingestellt.
13.153 Tage, so lange hat es am Ende gedauert: 36 Jahre und vier Tage nach Baubeginn wurde der dritte Block des Atomkraftwerks Mochovce in der Slowakei erstmals mit dem europäischen Stromnetz synchronisiert. In Zeiten der Energiekrise setzt das kleine mitteleuropäische Land große Hoffnungen in den Reaktor: Das 5,7 Milliarden Euro teure Kraftwerk soll die Slowakei erstmals zum Netto-Exporteur machen, also dazu beitragen, dass sie in Summe mehr Strom produziert als sie selbst verbraucht. Den Anteil von Atomstrom im gesamten Mix soll Mochovce 3 von 52 auf 65 Prozent steigern.
Während in Deutschland zum 15. April nun endgültig der Abschied von der Atomkraft ansteht, gilt sie der Slowakei weiter als Zukunftstechnologie. Laut einer Umfrage des Elektrizitätsbetreibers Slovense Elektrarne (SE) sehen 43 Prozent der Bevölkerung in ihr ein zentrales Element gegen die Klimakrise. Bürger und Fachleute sind mehrheitlich pro Atomkraft - und in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Meilern ist die Zustimmung noch einmal deutlich größer.
Langer Baustopp: Das neue Kraftwerk ist schon alt
Dabei gibt es auch Kritik an der Sicherheit der Anlagen, insbesondere aus dem Nachbarland Österreich. Die Bevölkerung der Alpenrepublik hatte 1978 per Volksentscheid das einzige eigene Atomkraftwerk noch vor Inbetriebnahme gestoppt, weitere Bauvorhaben wurden verworfen. Nun trennen keine 100 Kilometer Luftlinie das Atomkraftwerk Mochovce von der österreichischen Landesgrenze; vom zweiten slowakischen Atom-Standort Jaslovské Bohunice sind es sogar nur rund 60 Kilometer bis zum nächstgelegenen österreichischen Dorf.
Ortstermin in Mochovce mit Reinhard Uhrig von der österreichischen Umweltschutz-Organisation Global 2000 im vergangenen Dezember. Unter den Schuhen knirscht eine dünne, löchrige Schneedecke. In einer Senke ist gut das Kraftwerksareal zu erkennen: Rechts dampfen die vier Kühltürme der alten Blöcke 1 und 2. In der Mitte die riesigen Reaktorhallen; wie in einer übergroßen Doppelhaushälfte sind im linken, weinroten Trakt die neueren Meiler 3 und 4 untergebracht. Links davon ragen noch einmal vier Kühltürme in den blauen Himmel. "Die gesamte Bausubstanz rottet seit den späten 1980er, frühen 1990er Jahren vor sich hin", beklagt Reinhard Uhrig. "Das ist das einzige Atomkraftwerk in diesem Zustand, wo die Alterung schon vor Inbetriebnahme weit fortgeschritten ist."
Der im Januar 1987 begonnene Bau der Reaktorblöcke 3 und 4 fiel in bewegte Zeiten: Erst die Samtene Revolution in der Tschechoslowakei Ende 1989, dann die Teilung in zwei Staaten zum Jahresbeginn 1993. Der unabhängigen Slowakei fehlte schlicht das Geld für den Weiterbau. 15 Jahre später stieg ein italienischer Investor bei Slovenske Elektrarne ein und wagte sich an die Fertigstellung des Projekts.
"Dem Erdboden gleichmachen und vollkommen neu bauen"
Die lange Pause ist aus Uhrigs Sicht ein Problem: "Schon, wenn man das bestmöglich macht, verschleißen Bauteile, insbesondere Isolationsschichten, Dichtungen, Turbinenwellen, Generatorwellen." Jedoch sei die Baustelle auch noch schlecht konserviert worden: "Uns liegt Fotomaterial von einem Whistleblower vor, wie zum Beispiel ein Notstrom-Dieselgenerator in einer Wasserpfütze steht." Für den vierten Block, der im Laufe der nächsten zwei Jahre fertiggestellt werden soll, sieht Uhrig weniger Probleme, weil der Bau vor dem Stopp weniger weit gewesen sei.
An einigen Stellen wurde die Konstruktion überarbeitet, grundlegend handelt es sich jedoch immer noch um verhältnismäßig alte Technik. So bemängelt Uhrig eine fehlende Schutzhülle, ein sogenanntes Containment, das den Reaktor vor Flugzeugabstürzen und Terroranschlägen schützen könnte. Uhrig spricht von Punkten, "die nicht reparierbar sind, wo man also die Anlage dem Erdboden gleichmachen und vollkommen neu bauen müsste."
Global 2000 und auch die Regierung in Wien hatten mehrfach Beschwerden eingelegt und sind letztlich mit ihren Einsprüchen gescheitert. Im vergangenen August erteilte die slowakische Atomaufsicht eine endgültige Betriebsgenehmigung.
Die schwierige Abkehr von russischen Brennstäben
Mochovce 3 und 4 sind, genau wie die übrigen Reaktoren in der Slowakei, Druckwasserreaktoren sowjetischer Bauart. Vor dreieinhalb Jahrzehnten galt Moskau noch als Verbündeter - heute führt Russland in der Ukraine, dem östlichen Nachbarland der Slowakei, einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Das stellt den Betrieb der Atomkraftwerke vor ein geopolitisches Problem: Die sechseckigen Brennstäbe kamen bislang aus russischer Produktion, von einer Tochter der Atomgesellschaft Rosatom.
Kurz nachdem im vergangenen Frühjahr der EU-Luftraum für russische Flugzeuge geschlossen wurde, erteilte Bratislava noch eine Ausnahmegenehmigung, damit eine Frachtmaschine frische Brennstäbe anliefern konnte. Doch für die Zukunft sucht die Slowakei nach alternativen Lieferanten - genau wie Tschechien, Finnland, Ungarn und Bulgarien, in denen ebenfalls Atomkraftwerke sowjetischer Bauart stehen. In Tschechien wurden bereits Vereinbarungen mit Framatome aus Frankreich und Westinghouse aus den USA getroffen, die ab 2024 Brennstäbe liefern sollen.
Mochovce 3 als Rettung in finanzieller Not
Erst einmal wird aber Mochovce 3 mit russischen Brennstäben hochgefahren. Letztlich hat der Prozess länger gedauert als von der Betreibergesellschaft Slovenske Elektrarne erwartet; zuletzt warf im Dezember ein Leck am Reaktordruckbehälter den Zeitplan zurück. Die Verzögerungen haben SE in eine finanzielle Schieflage gebracht, weil bereits eingeplanter Strom zu zeitweise sehr hohen Preisen auf dem europäischen Markt beschafft werden musste. Stabile Preise für die Endkunden seien jedoch garantiert, schrieb eine SE-Sprecherin auf DW-Anfrage.
SE hatte sich in einem Abkommen mit der Regierung zu einem Strompreisdeckel von knapp über 61 Cent pro Kilowattstunde verpflichtet - momentan wird über Anpassungen verhandelt. Man sei "hoffnungsvoll, dass der Prozess in naher Zukunft abgeschlossen und ein Abkommen zwischen der Regierung und den Eignern von SE angekündigt wird", schrieb die Sprecherin. SE gehört je zu einem Drittel der slowakischen Regierung, der italienischen Enel und der tschechischen EPH Holding.
Mochovce 3 soll dabei helfen, die Vereinbarung mit der Regierung zu erfüllen, erklärte auch SE-Geschäftsführer Branislav Strýček kürzlich in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Solange keine weiteren Zwischenfälle den Zeitplan torpedieren, will Slovenske Elektrarne Mochovce 3 in der zweiten Aprilhälfte auf 100 Prozent seiner Leistung hochfahren. Also genau dann, wenn Deutschland erstmals seit mehr als 60 Jahren keinen Atomstrom mehr produziert.
Atomkraft in der Slowakei: Zäher Ausbau mit Problemen
Während in Deutschland der endgültige Ausstieg immer näher rückt, wird in der Slowakei ein weiteres Atomkraftwerk hochgefahren. Trotz ewig langer Bauzeit und technischen Problemen ist das Land atomfreundlich eingestellt.
13.153 Tage, so lange hat es am Ende gedauert: 36 Jahre und vier Tage nach Baubeginn wurde der dritte Block des Atomkraftwerks Mochovce in der Slowakei erstmals mit dem europäischen Stromnetz synchronisiert. In Zeiten der Energiekrise setzt das kleine mitteleuropäische Land große Hoffnungen in den Reaktor: Das 5,7 Milliarden Euro teure Kraftwerk soll die Slowakei erstmals zum Netto-Exporteur machen, also dazu beitragen, dass sie in Summe mehr Strom produziert als sie selbst verbraucht. Den Anteil von Atomstrom im gesamten Mix soll Mochovce 3 von 52 auf 65 Prozent steigern.
Während in Deutschland zum 15. April nun endgültig der Abschied von der Atomkraft ansteht, gilt sie der Slowakei weiter als Zukunftstechnologie. Laut einer Umfrage des Elektrizitätsbetreibers Slovense Elektrarne (SE) sehen 43 Prozent der Bevölkerung in ihr ein zentrales Element gegen die Klimakrise. Bürger und Fachleute sind mehrheitlich pro Atomkraft - und in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Meilern ist die Zustimmung noch einmal deutlich größer.
Langer Baustopp: Das neue Kraftwerk ist schon alt
Dabei gibt es auch Kritik an der Sicherheit der Anlagen, insbesondere aus dem Nachbarland Österreich. Die Bevölkerung der Alpenrepublik hatte 1978 per Volksentscheid das einzige eigene Atomkraftwerk noch vor Inbetriebnahme gestoppt, weitere Bauvorhaben wurden verworfen. Nun trennen keine 100 Kilometer Luftlinie das Atomkraftwerk Mochovce von der österreichischen Landesgrenze; vom zweiten slowakischen Atom-Standort Jaslovské Bohunice sind es sogar nur rund 60 Kilometer bis zum nächstgelegenen österreichischen Dorf.
Ortstermin in Mochovce mit Reinhard Uhrig von der österreichischen Umweltschutz-Organisation Global 2000 im vergangenen Dezember. Unter den Schuhen knirscht eine dünne, löchrige Schneedecke. In einer Senke ist gut das Kraftwerksareal zu erkennen: Rechts dampfen die vier Kühltürme der alten Blöcke 1 und 2. In der Mitte die riesigen Reaktorhallen; wie in einer übergroßen Doppelhaushälfte sind im linken, weinroten Trakt die neueren Meiler 3 und 4 untergebracht. Links davon ragen noch einmal vier Kühltürme in den blauen Himmel. "Die gesamte Bausubstanz rottet seit den späten 1980er, frühen 1990er Jahren vor sich hin", beklagt Reinhard Uhrig. "Das ist das einzige Atomkraftwerk in diesem Zustand, wo die Alterung schon vor Inbetriebnahme weit fortgeschritten ist."
Der im Januar 1987 begonnene Bau der Reaktorblöcke 3 und 4 fiel in bewegte Zeiten: Erst die Samtene Revolution in der Tschechoslowakei Ende 1989, dann die Teilung in zwei Staaten zum Jahresbeginn 1993. Der unabhängigen Slowakei fehlte schlicht das Geld für den Weiterbau. 15 Jahre später stieg ein italienischer Investor bei Slovenske Elektrarne ein und wagte sich an die Fertigstellung des Projekts.
"Dem Erdboden gleichmachen und vollkommen neu bauen"
Die lange Pause ist aus Uhrigs Sicht ein Problem: "Schon, wenn man das bestmöglich macht, verschleißen Bauteile, insbesondere Isolationsschichten, Dichtungen, Turbinenwellen, Generatorwellen." Jedoch sei die Baustelle auch noch schlecht konserviert worden: "Uns liegt Fotomaterial von einem Whistleblower vor, wie zum Beispiel ein Notstrom-Dieselgenerator in einer Wasserpfütze steht." Für den vierten Block, der im Laufe der nächsten zwei Jahre fertiggestellt werden soll, sieht Uhrig weniger Probleme, weil der Bau vor dem Stopp weniger weit gewesen sei.
An einigen Stellen wurde die Konstruktion überarbeitet, grundlegend handelt es sich jedoch immer noch um verhältnismäßig alte Technik. So bemängelt Uhrig eine fehlende Schutzhülle, ein sogenanntes Containment, das den Reaktor vor Flugzeugabstürzen und Terroranschlägen schützen könnte. Uhrig spricht von Punkten, "die nicht reparierbar sind, wo man also die Anlage dem Erdboden gleichmachen und vollkommen neu bauen müsste."
Global 2000 und auch die Regierung in Wien hatten mehrfach Beschwerden eingelegt und sind letztlich mit ihren Einsprüchen gescheitert. Im vergangenen August erteilte die slowakische Atomaufsicht eine endgültige Betriebsgenehmigung.
Die schwierige Abkehr von russischen Brennstäben
Mochovce 3 und 4 sind, genau wie die übrigen Reaktoren in der Slowakei, Druckwasserreaktoren sowjetischer Bauart. Vor dreieinhalb Jahrzehnten galt Moskau noch als Verbündeter - heute führt Russland in der Ukraine, dem östlichen Nachbarland der Slowakei, einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Das stellt den Betrieb der Atomkraftwerke vor ein geopolitisches Problem: Die sechseckigen Brennstäbe kamen bislang aus russischer Produktion, von einer Tochter der Atomgesellschaft Rosatom.
Kurz nachdem im vergangenen Frühjahr der EU-Luftraum für russische Flugzeuge geschlossen wurde, erteilte Bratislava noch eine Ausnahmegenehmigung, damit eine Frachtmaschine frische Brennstäbe anliefern konnte. Doch für die Zukunft sucht die Slowakei nach alternativen Lieferanten - genau wie Tschechien, Finnland, Ungarn und Bulgarien, in denen ebenfalls Atomkraftwerke sowjetischer Bauart stehen. In Tschechien wurden bereits Vereinbarungen mit Framatome aus Frankreich und Westinghouse aus den USA getroffen, die ab 2024 Brennstäbe liefern sollen.
Mochovce 3 als Rettung in finanzieller Not
Erst einmal wird aber Mochovce 3 mit russischen Brennstäben hochgefahren. Letztlich hat der Prozess länger gedauert als von der Betreibergesellschaft Slovenske Elektrarne erwartet; zuletzt warf im Dezember ein Leck am Reaktordruckbehälter den Zeitplan zurück. Die Verzögerungen haben SE in eine finanzielle Schieflage gebracht, weil bereits eingeplanter Strom zu zeitweise sehr hohen Preisen auf dem europäischen Markt beschafft werden musste. Stabile Preise für die Endkunden seien jedoch garantiert, schrieb eine SE-Sprecherin auf DW-Anfrage.
SE hatte sich in einem Abkommen mit der Regierung zu einem Strompreisdeckel von knapp über 61 Cent pro Kilowattstunde verpflichtet - momentan wird über Anpassungen verhandelt. Man sei "hoffnungsvoll, dass der Prozess in naher Zukunft abgeschlossen und ein Abkommen zwischen der Regierung und den Eignern von SE angekündigt wird", schrieb die Sprecherin. SE gehört je zu einem Drittel der slowakischen Regierung, der italienischen Enel und der tschechischen EPH Holding.
Mochovce 3 soll dabei helfen, die Vereinbarung mit der Regierung zu erfüllen, erklärte auch SE-Geschäftsführer Branislav Strýček kürzlich in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Solange keine weiteren Zwischenfälle den Zeitplan torpedieren, will Slovenske Elektrarne Mochovce 3 in der zweiten Aprilhälfte auf 100 Prozent seiner Leistung hochfahren. Also genau dann, wenn Deutschland erstmals seit mehr als 60 Jahren keinen Atomstrom mehr produziert.
Zitat von Gast am 11. April 2023, 08:08 UhrKurz vor dem Atomausstieg sät die FDP neue Zweifel
Das Ende der Atom-Ära ist nur noch Tage entfernt. Doch die FDP sät Zweifel am Vorgehen der eigenen Koalition: Die Kraftwerke müssten bis Frühjahr 2024 „reaktivierbar“ bleiben. Die Grünen erklären das für „unnötig und viel zu teuer“. Und die Union wirft der Ampel Versagen beim Klimaschutz vor.
Es ist ein historisches Datum: Am kommenden Samstag, dem 15. April 2023, endet nach fast 62 Jahren die Produktion von Atomstrom in Deutschland. So entschied es im vergangenen Herbst Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mithilfe seiner Richtlinienkompetenz, nachdem sich die Ampel-Koalition zuvor nicht auf ein gemeinsames Datum hatte einigen können. Der ewige Streit über Sinn und Gefahr dieser Energieart ist damit jedoch längst nicht abgeschlossen.
In der Ampel zum Beispiel prallten am Osterwochenende erneut Grüne und Liberale aufeinander. Kernpunkt ihres Streits: Ergibt ein Atomausstieg zum aktuellen Zeitpunkt Sinn – mitten im Ukraine-Krieg und damit auch inmitten einer großen allgemeinen Verunsicherung über Sattelfestigkeit sowie Klimagerechtigkeit der deutschen Energieversorgung?
So erklärte Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der Liberalen, dass seine Partei das Abschalten Kernkraftwerke zum 15. April weiterhin für falsch halte. Der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke sei mit Blick auf Umweltbelastungen und Energiesicherheit dringend notwendig. „Notsituationen wie zuletzt infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine lassen sich nicht zuverlässig prognostizieren“, so der FDP-Politiker. „Wir müssen deshalb wegkommen von einer Energiepolitik, die auf Kante genäht ist.“
Auch der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, sprach sich auf WELT-Anfrage dafür aus, dass „die Kernkraftwerke bis zur vollständigen Substitution des russischen Erdgases durch andere Quellen – voraussichtlich im Frühjahr 2024 – reaktivierbar bleiben“. Die Liberalen seien überzeugt, „dass die Reihenfolge des Ausstiegs aus den bestehenden Kern- und Kohlekraftwerken in Deutschland mit Blick auf das Klima die falsche ist“, sagte Kruse; ein Verweis auf die schlechte CO₂-Bilanz jener Kohlekraftwerke, die aufgrund der übereilten Abschalt-Entscheidung länger am Netz bleiben müssten.
Habeck sieht die „Lage im Griff“
Dagegen betonte der Atomkraft-kritische Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Osterwochenende erneut, dass der bevorstehende Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie sowohl unumkehrbar als auch verantwortbar sei.
„Wir haben die Lage im Griff durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern und die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und nicht zuletzt durch mehr erneuerbare Energien“, sagte Habeck in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe. Er unterstrich, dass er Energieversorgung der Deutschen auch ohne die noch betriebsfähigen Atomkraftwerke garantieren könne.
Auch aus Sicht der Grünen-Bundestagsfraktion gibt es keinerlei Grund für die Liberalen, Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Abschaltbeschlusses vom vergangenen Herbst zu säen. „Es gibt ausreichend Kraftwerkskapazität in Deutschland ohne Atomenergie“, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Julia Verlinden. Die von FDP-Mann Kruse vorgeschlagene dauernde Betriebsbereitschaft der Atomkraftwerke sei zudem „absolut unnötig und wäre viel zu teuer“.
Der energiepolitische Berichterstatter der SPD-Fraktion, Jakob Blankenburg, sagte WELT: „Unsere Energieversorgung in Deutschland ist sicher, selbstverständlich auch nach dem 15. April. Diejenigen, die etwas anderes erzählen, tun dies einzig und allein, um Stimmung zu machen und Ängste in der Bevölkerung zu schüren.“
Zuspruch für die Argumente der FDP kommt dagegen aus der Unionsfraktion. Deren Energieexperte und stellvertretender Fraktionschef Andreas Jung (CDU) verwies wie die Liberalen auf erhebliche Klimaschäden, die mit dem deutschen Atomausstieg verbunden seien. „Die Ampel kappt mitten in der Krise laufende Kernenergie, mobilisiert bei der Braunkohle aber weiter die letzte Reserve: Das ist klimaschädlich, schwächt Energiesicherheit und beschädigt europäische Solidarität“, sagte Jung. „Es ist der nächste Klima-Tiefschlag der Ampel nach dem sang- und klanglosen Streichen des Klimaschutz-Sofortprogramms und dem Aufweichen des Klimaschutzgesetzes.“
Zuvor hatte bereits CDU-Parteichef Friedrich Merz die bevorstehende Abschaltung der AKW kritisiert. Es gebe im Ausland kaum jemanden, „der Verständnis dafür hat, dass Deutschland in der größten Energiekrise seit Jahrzehnten drei sichere, CO₂-freie Anlagen der Energieerzeugung abschaltet und dafür wieder auf Kohle und Gas setzt“, sagte Merz dem Portal „Web.de“. Anders als Habeck sieht Merz auch die Gefahr eines instabilen Stromnetzes nicht gebannt. Deutschland sei wegen der milden Temperaturen und Energieeinsparungen in Industrie und Haushalten zwar gut durch den Winter gekommen. „Das ist aber kein Weg, den wir auf Dauer gehen können.“
Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß verwies auf mögliche wirtschaftliche Konsequenzen der AKW-Abschaltung und forderte das Parlament auf, sich erneut mit dem Thema zu befassen. Gerade in der Hansestadt seien zahlreiche Industriebetriebe auf eine verlässliche und bezahlbare Stromversorgung angewiesen. „Wir brauchen deshalb dringend einen Beschluss des Bundestags: kein Ausstieg aus der klimafreundlichen Kernenergie im April!“
Pro-Atomkraft-Stimmung in der Bevölkerung nimmt zu
Dass es tatsächlich zu solch einer Abstimmung im Bundestag kommt, ist so gut wie ausgeschlossen. Das Parlament tritt erst am 19. April wieder zusammen – vier Tage nach dem offiziellen Ausstieg der Bundesrepublik Deutschland aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie.
Die ist nicht nur innerhalb der Bundestagsparteien, sondern auch in der Gesellschaft weiterhin umstritten. Allerdings mit anderen Mehrheiten als vor dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Während sich zwischen 2011 – dem Jahr des Atomunfalls im japanischen Fukushima – und dem Jahr 2021 eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger in Umfragen immer wieder für einen Ausstieg aus der Atomkraft ausgesprochen hatte, hat sich die Stimmung inzwischen eindeutig gedreht.
So sprachen sich bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur 32 Prozent dafür aus, dass die drei verbliebenen Meiler noch für einen begrenzten Zeitraum weiterlaufen. Weitere 33 Prozent waren sogar für eine unbegrenzte Verlängerung der Laufzeiten. Nur noch 26 Prozent der Befragten erklären die Abschaltung zum jetzigen Zeitpunkt für richtig.
Laut einer ebenfalls repräsentativen Insa-Umfrage für „Bild am Sonntag“ halten es 52 Prozent der Deutschen für falsch, die verbliebenen Atomkraftwerke am kommenden Wochenende vom Netz nehmen; für 37 Prozent ist diese Entscheidung des Bundeskanzlers dagegen berechtigt.
Auch vor dem Hintergrund dieser Zahlen bezeichnete die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion Alice Weidel die geplante Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke als „ideologische Wahnsinnstat gegen jede ökonomische und politische Vernunft und gegen den Willen einer Mehrheit der deutschen Bürger“.
Der Atomausstieg gefährde die Versorgungssicherheit und werde „die ohnehin zu hohen Strompreise in Deutschland weiter in ruinöse Höhen treiben“, prognostizierte die AfD-Politikerin. Sie forderte neben dem dauerhaften Weiterbetrieb der drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke auch die Reaktivierung bereits stillgelegter Anlagen. Perspektivisch, so Weidel, müsse zudem der Bau neuer, moderner Kernkraftwerke ins Auge gefasst werden.
Kurz vor dem Atomausstieg sät die FDP neue Zweifel
Das Ende der Atom-Ära ist nur noch Tage entfernt. Doch die FDP sät Zweifel am Vorgehen der eigenen Koalition: Die Kraftwerke müssten bis Frühjahr 2024 „reaktivierbar“ bleiben. Die Grünen erklären das für „unnötig und viel zu teuer“. Und die Union wirft der Ampel Versagen beim Klimaschutz vor.
Es ist ein historisches Datum: Am kommenden Samstag, dem 15. April 2023, endet nach fast 62 Jahren die Produktion von Atomstrom in Deutschland. So entschied es im vergangenen Herbst Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mithilfe seiner Richtlinienkompetenz, nachdem sich die Ampel-Koalition zuvor nicht auf ein gemeinsames Datum hatte einigen können. Der ewige Streit über Sinn und Gefahr dieser Energieart ist damit jedoch längst nicht abgeschlossen.
In der Ampel zum Beispiel prallten am Osterwochenende erneut Grüne und Liberale aufeinander. Kernpunkt ihres Streits: Ergibt ein Atomausstieg zum aktuellen Zeitpunkt Sinn – mitten im Ukraine-Krieg und damit auch inmitten einer großen allgemeinen Verunsicherung über Sattelfestigkeit sowie Klimagerechtigkeit der deutschen Energieversorgung?
So erklärte Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der Liberalen, dass seine Partei das Abschalten Kernkraftwerke zum 15. April weiterhin für falsch halte. Der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke sei mit Blick auf Umweltbelastungen und Energiesicherheit dringend notwendig. „Notsituationen wie zuletzt infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine lassen sich nicht zuverlässig prognostizieren“, so der FDP-Politiker. „Wir müssen deshalb wegkommen von einer Energiepolitik, die auf Kante genäht ist.“
Auch der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kruse, sprach sich auf WELT-Anfrage dafür aus, dass „die Kernkraftwerke bis zur vollständigen Substitution des russischen Erdgases durch andere Quellen – voraussichtlich im Frühjahr 2024 – reaktivierbar bleiben“. Die Liberalen seien überzeugt, „dass die Reihenfolge des Ausstiegs aus den bestehenden Kern- und Kohlekraftwerken in Deutschland mit Blick auf das Klima die falsche ist“, sagte Kruse; ein Verweis auf die schlechte CO₂-Bilanz jener Kohlekraftwerke, die aufgrund der übereilten Abschalt-Entscheidung länger am Netz bleiben müssten.
Habeck sieht die „Lage im Griff“
Dagegen betonte der Atomkraft-kritische Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Osterwochenende erneut, dass der bevorstehende Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie sowohl unumkehrbar als auch verantwortbar sei.
„Wir haben die Lage im Griff durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern und die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und nicht zuletzt durch mehr erneuerbare Energien“, sagte Habeck in einem Interview mit der Funke-Mediengruppe. Er unterstrich, dass er Energieversorgung der Deutschen auch ohne die noch betriebsfähigen Atomkraftwerke garantieren könne.
Auch aus Sicht der Grünen-Bundestagsfraktion gibt es keinerlei Grund für die Liberalen, Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Abschaltbeschlusses vom vergangenen Herbst zu säen. „Es gibt ausreichend Kraftwerkskapazität in Deutschland ohne Atomenergie“, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Julia Verlinden. Die von FDP-Mann Kruse vorgeschlagene dauernde Betriebsbereitschaft der Atomkraftwerke sei zudem „absolut unnötig und wäre viel zu teuer“.
Der energiepolitische Berichterstatter der SPD-Fraktion, Jakob Blankenburg, sagte WELT: „Unsere Energieversorgung in Deutschland ist sicher, selbstverständlich auch nach dem 15. April. Diejenigen, die etwas anderes erzählen, tun dies einzig und allein, um Stimmung zu machen und Ängste in der Bevölkerung zu schüren.“
Zuspruch für die Argumente der FDP kommt dagegen aus der Unionsfraktion. Deren Energieexperte und stellvertretender Fraktionschef Andreas Jung (CDU) verwies wie die Liberalen auf erhebliche Klimaschäden, die mit dem deutschen Atomausstieg verbunden seien. „Die Ampel kappt mitten in der Krise laufende Kernenergie, mobilisiert bei der Braunkohle aber weiter die letzte Reserve: Das ist klimaschädlich, schwächt Energiesicherheit und beschädigt europäische Solidarität“, sagte Jung. „Es ist der nächste Klima-Tiefschlag der Ampel nach dem sang- und klanglosen Streichen des Klimaschutz-Sofortprogramms und dem Aufweichen des Klimaschutzgesetzes.“
Zuvor hatte bereits CDU-Parteichef Friedrich Merz die bevorstehende Abschaltung der AKW kritisiert. Es gebe im Ausland kaum jemanden, „der Verständnis dafür hat, dass Deutschland in der größten Energiekrise seit Jahrzehnten drei sichere, CO₂-freie Anlagen der Energieerzeugung abschaltet und dafür wieder auf Kohle und Gas setzt“, sagte Merz dem Portal „Web.de“. Anders als Habeck sieht Merz auch die Gefahr eines instabilen Stromnetzes nicht gebannt. Deutschland sei wegen der milden Temperaturen und Energieeinsparungen in Industrie und Haushalten zwar gut durch den Winter gekommen. „Das ist aber kein Weg, den wir auf Dauer gehen können.“
Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß verwies auf mögliche wirtschaftliche Konsequenzen der AKW-Abschaltung und forderte das Parlament auf, sich erneut mit dem Thema zu befassen. Gerade in der Hansestadt seien zahlreiche Industriebetriebe auf eine verlässliche und bezahlbare Stromversorgung angewiesen. „Wir brauchen deshalb dringend einen Beschluss des Bundestags: kein Ausstieg aus der klimafreundlichen Kernenergie im April!“
Pro-Atomkraft-Stimmung in der Bevölkerung nimmt zu
Dass es tatsächlich zu solch einer Abstimmung im Bundestag kommt, ist so gut wie ausgeschlossen. Das Parlament tritt erst am 19. April wieder zusammen – vier Tage nach dem offiziellen Ausstieg der Bundesrepublik Deutschland aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie.
Die ist nicht nur innerhalb der Bundestagsparteien, sondern auch in der Gesellschaft weiterhin umstritten. Allerdings mit anderen Mehrheiten als vor dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. Während sich zwischen 2011 – dem Jahr des Atomunfalls im japanischen Fukushima – und dem Jahr 2021 eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger in Umfragen immer wieder für einen Ausstieg aus der Atomkraft ausgesprochen hatte, hat sich die Stimmung inzwischen eindeutig gedreht.
So sprachen sich bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur 32 Prozent dafür aus, dass die drei verbliebenen Meiler noch für einen begrenzten Zeitraum weiterlaufen. Weitere 33 Prozent waren sogar für eine unbegrenzte Verlängerung der Laufzeiten. Nur noch 26 Prozent der Befragten erklären die Abschaltung zum jetzigen Zeitpunkt für richtig.
Laut einer ebenfalls repräsentativen Insa-Umfrage für „Bild am Sonntag“ halten es 52 Prozent der Deutschen für falsch, die verbliebenen Atomkraftwerke am kommenden Wochenende vom Netz nehmen; für 37 Prozent ist diese Entscheidung des Bundeskanzlers dagegen berechtigt.
Auch vor dem Hintergrund dieser Zahlen bezeichnete die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion Alice Weidel die geplante Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke als „ideologische Wahnsinnstat gegen jede ökonomische und politische Vernunft und gegen den Willen einer Mehrheit der deutschen Bürger“.
Der Atomausstieg gefährde die Versorgungssicherheit und werde „die ohnehin zu hohen Strompreise in Deutschland weiter in ruinöse Höhen treiben“, prognostizierte die AfD-Politikerin. Sie forderte neben dem dauerhaften Weiterbetrieb der drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke auch die Reaktivierung bereits stillgelegter Anlagen. Perspektivisch, so Weidel, müsse zudem der Bau neuer, moderner Kernkraftwerke ins Auge gefasst werden.
Zitat von Gast am 12. April 2023, 05:35 UhrHeizungsverbot ab 2024: So will die Ampel die Haushalte kontrollieren
Um bestehende Klimaziele einzuhalten, hat die Ampel-Regierung vor kurzem einen umstrittenen Entwurf für ein neues Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgelegt, der „noch im April“ vom Kabinett beschlossen werden soll. So will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Emissionen im Immobiliensektor bis 2045 auf null senken. Konkret heißt das, dass schon ab 2024 der Einbau neuer Gas- und Ölheizungen zugunsten klimafreundlicher Alternativen verboten wird. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder. Wie will die Bundesregierung das kontrollieren?
Kernelement des Vorhabens ist die sogenannte 65-Prozent-Regel. Danach soll ab dem 1. Januar 2024 jede neue Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Nach scharfer Kritik an dem Entwurf wurde außerdem eine Reihe von „Kompromissen“ mit aufgenommen. Ausnahmen gelten etwa für Personen über 80. Um jedoch sicherzustellen, dass die restlichen Immobilienbesitzer die Vorgaben tatsächlich umsetzen, hat das Wirtschaftsministerium bereits eine Reihe von Verstößen festgelegt. Je nach Schwere des Vergehens sollen Haus- oder Wohnungseigentümer demnach bis zu 50.000 Euro Strafe zahlen.
Zur Überprüfung der neuen Richtlinien will die Regierung laut Gesetzesentwurf die Schornsteinfeger in die Pflicht nehmen – doch die halten offenbar wenig davon. „Dass Schornsteinfeger künftig das Lebensalter der Hausbesitzer prüfen sollen, erscheint abwegig“, sagte Julian Schwark, Vorstand Energie beim Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks, dem Nachrichtenportal Business Insider. „Dafür sind wir eigentlich nicht zuständig. Wir prüfen technische Anlagen und nicht einzelne Bürger.“
Die Einhaltung der 65-Prozent-Regel zu kontrollieren, sei für Schornsteinfeger rein fachlich gesehen aber kein Problem. So etwas sei meist schon an der „grundlegenden Konstellation einer Heizungsanlage erkennbar“, erklärte Schwark.
Sollte das neue Gesetz tatsächlich von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, würde ein Kontrollbesuch ungefähr so ablaufen: Der Schornsteinfeger überprüft die Heizungsanlage, wird ein Verstoß festgestellt, soll dann zunächst nur der Eigentümer informiert werden. Ein Bußgeld drohe demnach erst, „wenn sich abzeichnet, dass der Betreffende keine Änderung einleitet“.
Auch das Bundeswirtschaftsministerium scheint in der Sache eher milde gestimmt. Man werde mit Augenmaß vorgehen. „Es ist (...) kaum realistisch vorstellbar, dass gegen eine Privatperson eine Geldbuße im fünfstelligen Bereich ausgesprochen wird“, erklärte eine Ministeriumssprecherin dem Business Insider. Grundsätzlich werde jedem Hausbesitzer zunächst „eine angemessene Frist zur Nacherfüllung“ gewährt.
Heizungsverbot ab 2024: So will die Ampel die Haushalte kontrollieren
Um bestehende Klimaziele einzuhalten, hat die Ampel-Regierung vor kurzem einen umstrittenen Entwurf für ein neues Gebäudeenergiegesetz (GEG) vorgelegt, der „noch im April“ vom Kabinett beschlossen werden soll. So will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Emissionen im Immobiliensektor bis 2045 auf null senken. Konkret heißt das, dass schon ab 2024 der Einbau neuer Gas- und Ölheizungen zugunsten klimafreundlicher Alternativen verboten wird. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder. Wie will die Bundesregierung das kontrollieren?
Kernelement des Vorhabens ist die sogenannte 65-Prozent-Regel. Danach soll ab dem 1. Januar 2024 jede neue Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Nach scharfer Kritik an dem Entwurf wurde außerdem eine Reihe von „Kompromissen“ mit aufgenommen. Ausnahmen gelten etwa für Personen über 80. Um jedoch sicherzustellen, dass die restlichen Immobilienbesitzer die Vorgaben tatsächlich umsetzen, hat das Wirtschaftsministerium bereits eine Reihe von Verstößen festgelegt. Je nach Schwere des Vergehens sollen Haus- oder Wohnungseigentümer demnach bis zu 50.000 Euro Strafe zahlen.
Zur Überprüfung der neuen Richtlinien will die Regierung laut Gesetzesentwurf die Schornsteinfeger in die Pflicht nehmen – doch die halten offenbar wenig davon. „Dass Schornsteinfeger künftig das Lebensalter der Hausbesitzer prüfen sollen, erscheint abwegig“, sagte Julian Schwark, Vorstand Energie beim Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks, dem Nachrichtenportal Business Insider. „Dafür sind wir eigentlich nicht zuständig. Wir prüfen technische Anlagen und nicht einzelne Bürger.“
Die Einhaltung der 65-Prozent-Regel zu kontrollieren, sei für Schornsteinfeger rein fachlich gesehen aber kein Problem. So etwas sei meist schon an der „grundlegenden Konstellation einer Heizungsanlage erkennbar“, erklärte Schwark.
Sollte das neue Gesetz tatsächlich von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, würde ein Kontrollbesuch ungefähr so ablaufen: Der Schornsteinfeger überprüft die Heizungsanlage, wird ein Verstoß festgestellt, soll dann zunächst nur der Eigentümer informiert werden. Ein Bußgeld drohe demnach erst, „wenn sich abzeichnet, dass der Betreffende keine Änderung einleitet“.
Auch das Bundeswirtschaftsministerium scheint in der Sache eher milde gestimmt. Man werde mit Augenmaß vorgehen. „Es ist (...) kaum realistisch vorstellbar, dass gegen eine Privatperson eine Geldbuße im fünfstelligen Bereich ausgesprochen wird“, erklärte eine Ministeriumssprecherin dem Business Insider. Grundsätzlich werde jedem Hausbesitzer zunächst „eine angemessene Frist zur Nacherfüllung“ gewährt.
Zitat von Gast am 17. April 2023, 06:19 UhrErheblicher Preissprung bei Benzin, Öl und Gas in Sicht
Ab 2027 wird der Verkehrs- und Gebäudebereich in den Emissionshandel der EU einbezogen. Dadurch werden die Preise für Sprit, Heizöl und Gas erheblich anziehen, wie Berechnungen zeigen. Eine gezielte Entlastung der Haushalte ist das große Problem.
Der von der Europäischen Union ab 2027 geplante Emissionshandel im Verkehrs- und Gebäudebereich wird fossile Kraft- und Brennstoffe wie Benzin, Heizöl und Erdgas deutlich teurer machen. Das geht aus Berechnungen des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) für WELT AM SONNTAG hervor.
Zwar werden in Deutschland fossile Brennstoffe bereits seit 2021 mit einer Abgabe von derzeit 30 Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid (CO₂) belastet. Doch bei der für 2027 geplanten Überführung des Abgabensystems in einen europaweiten Emissionshandel müsse „mit signifikant höheren CO₂-Preisen gerechnet werden“, heißt es in der Analyse der MCC-Wissenschaftler um Matthias Kalkuhl.
„Ohne umfassende Förderprogramme, Verbote oder Standards sind im Jahr 2030 Preise zwischen 200 und 300 Euro pro Tonne CO₂ denkbar“, heißt es in der Auswertung der MCC-Experten. Dies würde „zu Preissteigerungen von Kraft- und Brennstoffen führen, die in ähnlichem Umfang wie in der Energiekrise 2022 liegen“.
Im Gegensatz zur Energiekrise 2022 könnten die Regierungen die nächsten Jahre nutzen, „Kompensationsprogramme zu entwerfen, die zielgenau Haushalte entlasten, ohne die Anreizwirkung der CO₂-Bepreisung zu schwächen“, raten die Wissenschaftler des MCC.
Das bereits im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien angekündigte „Klimageld“ könne etwa „Baustein einer umfassenden Entlastung sein“. Insgesamt stellten die hohen CO₂-Preise „erhebliche finanzielle Anreize dar, in CO₂-sparende Technologien zu investieren, wie etwa Elektroautos, Wärmepumpen oder Isolierung.“
Erheblicher Preissprung bei Benzin, Öl und Gas in Sicht
Ab 2027 wird der Verkehrs- und Gebäudebereich in den Emissionshandel der EU einbezogen. Dadurch werden die Preise für Sprit, Heizöl und Gas erheblich anziehen, wie Berechnungen zeigen. Eine gezielte Entlastung der Haushalte ist das große Problem.
Der von der Europäischen Union ab 2027 geplante Emissionshandel im Verkehrs- und Gebäudebereich wird fossile Kraft- und Brennstoffe wie Benzin, Heizöl und Erdgas deutlich teurer machen. Das geht aus Berechnungen des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) für WELT AM SONNTAG hervor.
Zwar werden in Deutschland fossile Brennstoffe bereits seit 2021 mit einer Abgabe von derzeit 30 Euro pro Tonne Kohlenstoffdioxid (CO₂) belastet. Doch bei der für 2027 geplanten Überführung des Abgabensystems in einen europaweiten Emissionshandel müsse „mit signifikant höheren CO₂-Preisen gerechnet werden“, heißt es in der Analyse der MCC-Wissenschaftler um Matthias Kalkuhl.
„Ohne umfassende Förderprogramme, Verbote oder Standards sind im Jahr 2030 Preise zwischen 200 und 300 Euro pro Tonne CO₂ denkbar“, heißt es in der Auswertung der MCC-Experten. Dies würde „zu Preissteigerungen von Kraft- und Brennstoffen führen, die in ähnlichem Umfang wie in der Energiekrise 2022 liegen“.
Im Gegensatz zur Energiekrise 2022 könnten die Regierungen die nächsten Jahre nutzen, „Kompensationsprogramme zu entwerfen, die zielgenau Haushalte entlasten, ohne die Anreizwirkung der CO₂-Bepreisung zu schwächen“, raten die Wissenschaftler des MCC.
Das bereits im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien angekündigte „Klimageld“ könne etwa „Baustein einer umfassenden Entlastung sein“. Insgesamt stellten die hohen CO₂-Preise „erhebliche finanzielle Anreize dar, in CO₂-sparende Technologien zu investieren, wie etwa Elektroautos, Wärmepumpen oder Isolierung.“
Zitat von Gast am 17. April 2023, 06:23 UhrKein Verbot von Öl- und Gasheizungen: Was sich jetzt trotzdem ändert
Kein Verbot von Öl- und Gasheizungen: Was sich jetzt trotzdem ändert
Für Verbraucher bringen die Beschlüsse der Ampel-Koalition einige Änderungen mit sich. Das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen wurde entschärft.
Update vom 31. März, 18.53 Uhr: Im Streit um das Gebäudeenergiegesetz mit dem Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen hat sich die Bundesregierung geeinigt. Laut einer Erklärung des Bundeswirtschaftsministeriums bleibt es im Kern dabei, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss.
Der Gesetzentwurf verzichtet auf die ursprünglich vorgesehene Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen. Gehen alte Heizungen nach 2024 kaputt, gibt es kurze Übergangsfristen von drei Jahren. Die 65-Prozent-Regel für den Einbau neuer Heizungen gilt auch nicht für Hausbesitzer, die über 80 Jahre alt sind. Erst wenn deren Haus vererbt oder verkauft wird, greift das neue Recht – mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren.
Foto © Martin Gerten/dpa
Eine Härtefallausnahme soll die Wirtschaftlichkeit sein, wenn Gebäudewert und Investitionssummen in einem nicht angemessenen Verhältnis stehen. Außerdem gibt es keine Festlegung auf Wärmepumpen als Alternative zu Öl- und Gasheizungen, stattdessen gilt Technologieoffenheit, wie merkur.de berichtet.
Ampel-Beschluss: Doch kein schnelles Verbot von Öl- und Gasheizungen
Erstmeldung vom 29. März: München – Eine mögliche Abschaffung von Gas- und Ölheizungen wurde in den vergangenen Wochen viel diskutiert. In dreitägigen Verhandlungen hat sich die Ampel-Regierung auf Kompromisse geeinigt. In ihrem XXL-Ausschuss hat die Ampel auch einige Fragen zum Austausch von Heizungen geklärt.
Der kontroverse Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zum Verbot von Öl- und Gasheizungen wurde entschärft. Ein Heizungsverbot oder eine Pflicht zum Austausch einer bereits bestehenden Heizanlage wird es nicht geben.
Die Ampel hat sich darauf geeinigt, dass man von Öl- und Gasheizungen wegkommen und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen reduzieren will. Die Energiewende wird als ein Schlüsselbereich für die Erreichung der klimapolitischen Ziele beschrieben, heißt es im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses, der der Welt vorliegt.
Zu diesem Zweck sei ein schneller Umstieg im Bereich der Gebäudewärme essenziell. Die Ampel habe deshalb beschlossen, dass „möglichst“ jede neu eingebaute Heizung ab dem 01. Januar 2024 zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll.
Austausch von Öl- und Gasheizungen: Das hat die Ampel-Koalition bislang beschlossen
Man prüfe, wie ein Austausch von Öl- und Gasheizungen ohne bürokratische Hürden funktionieren kann. Man möchte die Bürger nicht überfordern, heißt es dazu im Beschlusspapier. Ein Austausch oder Umbau soll daher aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell unterstützt werden. Die Ampel-Regierung möchte das Gesetz pragmatisch ausgestalten, auch soziale Aspekte sollen miteinbezogen werden. Geplant ist, den neuen Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen.
Laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) soll es darüber hinaus möglich sein, Heizungen weiterzubetreiben, wenn sie beispielsweise mit CO2-neutralem Wasserstoff betrieben werden, berichtet die Tagesschau. Dasselbe soll auch für Heizungen gelten, die mit Biomasse betrieben werden.
Kein Verbot von Öl- und Gasheizungen: Was sich jetzt trotzdem ändert
Kein Verbot von Öl- und Gasheizungen: Was sich jetzt trotzdem ändert
Für Verbraucher bringen die Beschlüsse der Ampel-Koalition einige Änderungen mit sich. Das geplante Verbot von Öl- und Gasheizungen wurde entschärft.
Update vom 31. März, 18.53 Uhr: Im Streit um das Gebäudeenergiegesetz mit dem Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen hat sich die Bundesregierung geeinigt. Laut einer Erklärung des Bundeswirtschaftsministeriums bleibt es im Kern dabei, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss.
Der Gesetzentwurf verzichtet auf die ursprünglich vorgesehene Austauschpflicht für funktionierende Öl- und Gasheizungen. Gehen alte Heizungen nach 2024 kaputt, gibt es kurze Übergangsfristen von drei Jahren. Die 65-Prozent-Regel für den Einbau neuer Heizungen gilt auch nicht für Hausbesitzer, die über 80 Jahre alt sind. Erst wenn deren Haus vererbt oder verkauft wird, greift das neue Recht – mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren.
Foto © Martin Gerten/dpa
Eine Härtefallausnahme soll die Wirtschaftlichkeit sein, wenn Gebäudewert und Investitionssummen in einem nicht angemessenen Verhältnis stehen. Außerdem gibt es keine Festlegung auf Wärmepumpen als Alternative zu Öl- und Gasheizungen, stattdessen gilt Technologieoffenheit, wie merkur.de berichtet.
Ampel-Beschluss: Doch kein schnelles Verbot von Öl- und Gasheizungen
Erstmeldung vom 29. März: München – Eine mögliche Abschaffung von Gas- und Ölheizungen wurde in den vergangenen Wochen viel diskutiert. In dreitägigen Verhandlungen hat sich die Ampel-Regierung auf Kompromisse geeinigt. In ihrem XXL-Ausschuss hat die Ampel auch einige Fragen zum Austausch von Heizungen geklärt.
Der kontroverse Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zum Verbot von Öl- und Gasheizungen wurde entschärft. Ein Heizungsverbot oder eine Pflicht zum Austausch einer bereits bestehenden Heizanlage wird es nicht geben.
Die Ampel hat sich darauf geeinigt, dass man von Öl- und Gasheizungen wegkommen und die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen reduzieren will. Die Energiewende wird als ein Schlüsselbereich für die Erreichung der klimapolitischen Ziele beschrieben, heißt es im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses, der der Welt vorliegt.
Zu diesem Zweck sei ein schneller Umstieg im Bereich der Gebäudewärme essenziell. Die Ampel habe deshalb beschlossen, dass „möglichst“ jede neu eingebaute Heizung ab dem 01. Januar 2024 zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll.
Austausch von Öl- und Gasheizungen: Das hat die Ampel-Koalition bislang beschlossen
Man prüfe, wie ein Austausch von Öl- und Gasheizungen ohne bürokratische Hürden funktionieren kann. Man möchte die Bürger nicht überfordern, heißt es dazu im Beschlusspapier. Ein Austausch oder Umbau soll daher aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziell unterstützt werden. Die Ampel-Regierung möchte das Gesetz pragmatisch ausgestalten, auch soziale Aspekte sollen miteinbezogen werden. Geplant ist, den neuen Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen.
Laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) soll es darüber hinaus möglich sein, Heizungen weiterzubetreiben, wenn sie beispielsweise mit CO2-neutralem Wasserstoff betrieben werden, berichtet die Tagesschau. Dasselbe soll auch für Heizungen gelten, die mit Biomasse betrieben werden.
Zitat von Gast am 20. April 2023, 05:45 UhrWaldeigentümer kritisieren geplantes Verbot von Holzheizungen in Neubauten
Der Verband der Waldeigentümer hat das geplante Verbot des Einbaus von Holzheizungen in Neubauten kritisiert. "Mit der Diskriminierung der erneuerbaren Holzenergie gefährdet die Bundesregierung die nachhaltige Waldpflege in Deutschland", erklärte Verbandschefin Irene Seling am Mittwoch. Holzenergie sei klimafreundlich, bezahlbar und könne fossile Energieträger wie Erdöl oder Gas ersetzen.
Die Bundesregierung hatte zuvor ihren Entwurf zur Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) verabschiedet. Neben einem Verbot des Einbaus von Öl- und Gasheizungen ab dem kommenden Jahr - wenn auch mit vielen Ausnahmen - sehen die Pläne vor, dass Biomasse-Heizungen wie Holzöfen in Neubauten künftig nicht mehr zulässig sind. Das Bundeswirtschaftsministerium verweist insbesondere auf die begrenzte Verfügbarkeit der Brennstoffe. Sie sollten daher vornehmlich im Bestand genutzt werden.
Die Waldeigentümer sehen darin dennoch "einen massiven Angriff auf die Holzenergie und damit die Zukunft der regionalen Energieversorgung im ländlichen Raum". Die Vermarktung von Restholz, das nicht höherwertiger verwendet werden kann, als Brennholz diene zudem maßgeblich der Finanzierung des "klimaresilienten Waldumbaus".
Geht es noch?
Die günstigste klimaneutrale Beheizung wird verboten!!!
Waldeigentümer kritisieren geplantes Verbot von Holzheizungen in Neubauten
Der Verband der Waldeigentümer hat das geplante Verbot des Einbaus von Holzheizungen in Neubauten kritisiert. "Mit der Diskriminierung der erneuerbaren Holzenergie gefährdet die Bundesregierung die nachhaltige Waldpflege in Deutschland", erklärte Verbandschefin Irene Seling am Mittwoch. Holzenergie sei klimafreundlich, bezahlbar und könne fossile Energieträger wie Erdöl oder Gas ersetzen.
Die Bundesregierung hatte zuvor ihren Entwurf zur Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) verabschiedet. Neben einem Verbot des Einbaus von Öl- und Gasheizungen ab dem kommenden Jahr - wenn auch mit vielen Ausnahmen - sehen die Pläne vor, dass Biomasse-Heizungen wie Holzöfen in Neubauten künftig nicht mehr zulässig sind. Das Bundeswirtschaftsministerium verweist insbesondere auf die begrenzte Verfügbarkeit der Brennstoffe. Sie sollten daher vornehmlich im Bestand genutzt werden.
Die Waldeigentümer sehen darin dennoch "einen massiven Angriff auf die Holzenergie und damit die Zukunft der regionalen Energieversorgung im ländlichen Raum". Die Vermarktung von Restholz, das nicht höherwertiger verwendet werden kann, als Brennholz diene zudem maßgeblich der Finanzierung des "klimaresilienten Waldumbaus".
Geht es noch?
Die günstigste klimaneutrale Beheizung wird verboten!!!
Zitat von Gast am 20. April 2023, 12:55 UhrHabeck will keine Gasheizungen mehr: Warum lässt er dann so viele LNG-Terminals bauen?
Robert Habeck will eine Heizungswende mit Verzicht auf neue Öl- und Gasheizungen ab 2024 und unterstützt gleichzeitig den Bau weiterer LNG-Terminals an der Ost- und Nordseeküste: Wie passt das zusammen?
Es ist zwar klar: Im letzten Jahr mussten deutsche Importeure Flüssigerdgas (LNG) als Ersatz für das russische Pipeline-Gas nicht zuletzt deswegen besonders teuer beschaffen, weil Deutschland keine eigenen LNG-Terminals hatte. Nun gibt es seit einigen Monaten drei deutsche Importterminals: in Wilhelmshaven in Niedersachsen, in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern und in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein – und die Gasspeicher hierzulande sind mit 66 Prozent für diese Jahreszeit mit geringem Verbrauch mehr als gut gefüllt.
Der Gasmarkt ist mit LNG zudem bereits überschwemmt. Kommen noch weitere vier Terminals dazu – und so viele sollten nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe und des NewClimate Institute bis 2026 in Betrieb gehen: zuerst schwimmend und dann fest –, werden sie in der Summe genauso viel Gas nach Deutschland liefern können, wie Deutschland nicht mehr über Nord Stream aus Russland bekommt. Ein Ausgleich 1:1 also, und zwar gerade da, wo die Gasheizungen allmählich an Wert verlieren sollten? Die Haushalte haben schließlich einen ähnlich großen Gasverbrauch wie die Industrie.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat für den offensichtlichen Widerspruch eine Erklärung parat:
„Wir bauen bei den schwimmenden Flüssigerdgasterminals erstmals eine neue Infrastruktur auf, die es bislang in Deutschland nicht gibt und die ein zentraler Baustein zur Stärkung der Vorsorge ist“, erklärt die Ministeriumssprecherin Susanne Ungrad auf Anfrage. Der Ausbau einer LNG-Infrastruktur für FSRU, also für Regasifizierungsschiffe, die Gas aus einem verflüssigten in den „normalen“ Zustand verwandeln, sowie die Anmietung von FSRU seien essenziell für die Energiesicherheit, heißt es. Die Reduktion und dann der Wegfall von russischen Gaslieferungen im vergangenen Jahr hätten den Aufbau dieser neuen Infrastruktur zwingend notwendig gemacht.
Warum müssen es aber so viele sein? Die deutsche Gasversorgung werde so über die kommenden Jahre sichergestellt, erwidert die Sprecherin. Auch mittel- und osteuropäische Nachbarn könnten über deutsche Terminals künftig Mengen importieren, die sie nach dem Wegfall der russischen Lieferungen bräuchten. „Die deutsche LNG-Importinfrastruktur ist deshalb nicht nur ein nationales, sondern auch ein europäisches Vorhaben.“
Beim Chartern der FSRU seien zudem auch sehr bewusst Mietverträge und keine Kaufverträge geschlossen worden, da sich hier Änderungen in Folgejahren ergeben könnten, wenn der Bedarf sinke, so die Argumentation. Falls ein FRSU in der Länge der Anmietung nicht gebraucht werde, könne es weitervermietet werden, bis der Mietvertrag beendet sei.
Auch für das Wirtschaftsministerium ist es klar: „Gas wird für eine begrenzte Übergangszeit wichtig bleiben, um die Energieversorgung Deutschlands sicherzustellen.“ Denn ein weitestgehender Ersatz über andere terrestrische Fernnetzleitungen (wie die Nord-Stream-Pipelines) sei derzeit nicht möglich. „Insofern ist die schnelle Errichtung von LNG-Terminals noch wichtiger geworden. Gas wird derzeit nicht nur zum Heizen, sondern auch für die Wirtschaft noch gebraucht. Wir steigen mehr und mehr auf erneuerbare Energien um, auf Wind oder Sonne und Wasserstoff. Bis dahin braucht es aber noch Gas als Brücke.“
Dies stelle das klimapolitische Ziel Deutschlands nicht infrage, denn man wolle parallel noch die erneuerbaren Energien schnell ausbauen, erwidert das Ministerium auf Kritik. Das bereits funktionierende schwimmende LNG-Terminal in Brunsbüttel zum Beispiel werde zudem bald zu einem landseitigen festen LNG-Terminal, das sich im nächsten Schritt ab 2026 zu einer Ammoniak-Anlandestation entwickeln solle. Denn der grüne Wasserstoff sollte nach dem Plan der Bundesregierung nach Deutschland künftig in Form von Ammoniak kommen. Den Unternehmen, die die LNG-Terminals bauen, seien die Anforderungen für eine spätere Verwendung als Wasserstoffterminal bekannt, bekräftigt die Ministeriumssprecherin.
Spannend an der Argumentation ist, dass das Argument „Gas als Brücke“ früher vor allem von CDU- und SPD-Politikern verwendet wurde. Grünen-Politikerinnen wie Annalena Baerbock oder Claudia Roth hatten das Argument im Bundestag mehrmals abgelehnt. Damals ging es den Gegnern der fossilen Energien in den Diskussionen allerdings noch um das russische Pipeline-Gas.
Auch kritisieren Umweltorganisationen wie Nabu, die gegen mögliche Umweltschäden durch die zahlreichen LNG-Terminals vorgehen, dass das Wirtschaftsministerium trotz der schönen Versprechungen immer noch nicht genug gegen die Überbürokratisierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien mache. Der Bau der LNG-Terminals binnen kürzester Zeit sei dagegen mit dem LNG-Beschleunigungsgesetzt forciert worden, und zwar ohne ordentliche Umweltverträglichkeitsprüfung, so die erste Vorsitzende des Nabu in Wilhelmshaven, Stefanie Eilers.
Habeck will keine Gasheizungen mehr: Warum lässt er dann so viele LNG-Terminals bauen?
Robert Habeck will eine Heizungswende mit Verzicht auf neue Öl- und Gasheizungen ab 2024 und unterstützt gleichzeitig den Bau weiterer LNG-Terminals an der Ost- und Nordseeküste: Wie passt das zusammen?
Es ist zwar klar: Im letzten Jahr mussten deutsche Importeure Flüssigerdgas (LNG) als Ersatz für das russische Pipeline-Gas nicht zuletzt deswegen besonders teuer beschaffen, weil Deutschland keine eigenen LNG-Terminals hatte. Nun gibt es seit einigen Monaten drei deutsche Importterminals: in Wilhelmshaven in Niedersachsen, in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern und in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein – und die Gasspeicher hierzulande sind mit 66 Prozent für diese Jahreszeit mit geringem Verbrauch mehr als gut gefüllt.
Der Gasmarkt ist mit LNG zudem bereits überschwemmt. Kommen noch weitere vier Terminals dazu – und so viele sollten nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe und des NewClimate Institute bis 2026 in Betrieb gehen: zuerst schwimmend und dann fest –, werden sie in der Summe genauso viel Gas nach Deutschland liefern können, wie Deutschland nicht mehr über Nord Stream aus Russland bekommt. Ein Ausgleich 1:1 also, und zwar gerade da, wo die Gasheizungen allmählich an Wert verlieren sollten? Die Haushalte haben schließlich einen ähnlich großen Gasverbrauch wie die Industrie.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat für den offensichtlichen Widerspruch eine Erklärung parat:
„Wir bauen bei den schwimmenden Flüssigerdgasterminals erstmals eine neue Infrastruktur auf, die es bislang in Deutschland nicht gibt und die ein zentraler Baustein zur Stärkung der Vorsorge ist“, erklärt die Ministeriumssprecherin Susanne Ungrad auf Anfrage. Der Ausbau einer LNG-Infrastruktur für FSRU, also für Regasifizierungsschiffe, die Gas aus einem verflüssigten in den „normalen“ Zustand verwandeln, sowie die Anmietung von FSRU seien essenziell für die Energiesicherheit, heißt es. Die Reduktion und dann der Wegfall von russischen Gaslieferungen im vergangenen Jahr hätten den Aufbau dieser neuen Infrastruktur zwingend notwendig gemacht.
Warum müssen es aber so viele sein? Die deutsche Gasversorgung werde so über die kommenden Jahre sichergestellt, erwidert die Sprecherin. Auch mittel- und osteuropäische Nachbarn könnten über deutsche Terminals künftig Mengen importieren, die sie nach dem Wegfall der russischen Lieferungen bräuchten. „Die deutsche LNG-Importinfrastruktur ist deshalb nicht nur ein nationales, sondern auch ein europäisches Vorhaben.“
Beim Chartern der FSRU seien zudem auch sehr bewusst Mietverträge und keine Kaufverträge geschlossen worden, da sich hier Änderungen in Folgejahren ergeben könnten, wenn der Bedarf sinke, so die Argumentation. Falls ein FRSU in der Länge der Anmietung nicht gebraucht werde, könne es weitervermietet werden, bis der Mietvertrag beendet sei.
Auch für das Wirtschaftsministerium ist es klar: „Gas wird für eine begrenzte Übergangszeit wichtig bleiben, um die Energieversorgung Deutschlands sicherzustellen.“ Denn ein weitestgehender Ersatz über andere terrestrische Fernnetzleitungen (wie die Nord-Stream-Pipelines) sei derzeit nicht möglich. „Insofern ist die schnelle Errichtung von LNG-Terminals noch wichtiger geworden. Gas wird derzeit nicht nur zum Heizen, sondern auch für die Wirtschaft noch gebraucht. Wir steigen mehr und mehr auf erneuerbare Energien um, auf Wind oder Sonne und Wasserstoff. Bis dahin braucht es aber noch Gas als Brücke.“
Dies stelle das klimapolitische Ziel Deutschlands nicht infrage, denn man wolle parallel noch die erneuerbaren Energien schnell ausbauen, erwidert das Ministerium auf Kritik. Das bereits funktionierende schwimmende LNG-Terminal in Brunsbüttel zum Beispiel werde zudem bald zu einem landseitigen festen LNG-Terminal, das sich im nächsten Schritt ab 2026 zu einer Ammoniak-Anlandestation entwickeln solle. Denn der grüne Wasserstoff sollte nach dem Plan der Bundesregierung nach Deutschland künftig in Form von Ammoniak kommen. Den Unternehmen, die die LNG-Terminals bauen, seien die Anforderungen für eine spätere Verwendung als Wasserstoffterminal bekannt, bekräftigt die Ministeriumssprecherin.
Spannend an der Argumentation ist, dass das Argument „Gas als Brücke“ früher vor allem von CDU- und SPD-Politikern verwendet wurde. Grünen-Politikerinnen wie Annalena Baerbock oder Claudia Roth hatten das Argument im Bundestag mehrmals abgelehnt. Damals ging es den Gegnern der fossilen Energien in den Diskussionen allerdings noch um das russische Pipeline-Gas.
Auch kritisieren Umweltorganisationen wie Nabu, die gegen mögliche Umweltschäden durch die zahlreichen LNG-Terminals vorgehen, dass das Wirtschaftsministerium trotz der schönen Versprechungen immer noch nicht genug gegen die Überbürokratisierung beim Ausbau der erneuerbaren Energien mache. Der Bau der LNG-Terminals binnen kürzester Zeit sei dagegen mit dem LNG-Beschleunigungsgesetzt forciert worden, und zwar ohne ordentliche Umweltverträglichkeitsprüfung, so die erste Vorsitzende des Nabu in Wilhelmshaven, Stefanie Eilers.
Zitat von Gast am 21. April 2023, 07:34 UhrEinspeisevergütung 2023: So hoch sind die Vergütungssätze
Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach liefern Strom und machen Haushalte weitgehend unabhängig vom öffentlichen Stromnetz. Selbst produzierter und ins Stromnetz eingespeister Solarstrom aus einer neu installierten Dachanlage oder Freiflächenanlage wird nach den Regeln der geltenden Einspeisevergütung 2023 honoriert. Wir erklären, was hinter dem Begriff Einspeisevergütung steckt, welche Ziele der Gesetzgeber mit dem novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verfolgt, was sich 2023 geändert hat und wie hoch die neuen Vergütungssätze sind.
Was ist die Einspeisevergütung?
Wenn von Einspeisevergütung die Rede ist, ist damit gemeint, dass Betreiber einer privaten Solaranlage Strom, der über den Eigenverbrauch hinausgeht, ins öffentliche Stromnetz einspeisen können und dafür pro Kilowattstunde (kWh) eine Vergütung vom Netzbetreiber erhalten. Man spricht dann auch von Überschusseinspeisung. Die Höhe der Vergütung hängt unter anderem davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Anlage ans Netz geht. Wer sich früh eine Solaranlage zulegte und zu den ersten Haushalten mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach überhaupt zähle, konnte sich über eine höhere Einspeisevergütung freuen als diejenigen, die sich erst Jahre später dazu entschließen konnten.
Was ist das Hauptziel der Einspeisevergütung
In erster Linie verfolgt die Bundesregierung mit der Einspeisevergütung das Ziel, die erneuerbaren Energien auszubauen. Dahinter steckt die Absicht, die Energieversorgung durch fossile Brennstoffe durch nachhaltige Alternativen auf Basis erneuerbarer Energien wie Photovoltaik also Solarstrom zu ersetzen und so die Energiewende voranzutreiben. Die Energieversorgung in Deutschland soll klimafreundlicher gestaltet werden, zudem machen erneuerbare Energien langfristig nicht nur unabhängig von fossilen Brennstoffen, sondern auch von Kernenergie.
Je mehr Strom PV-Anlagen auf Wohngebäuden oder Firmendächern erzeugen, desto besser. Sie tragen zu einem wesentlichen Teil zur Zielerreichung bei. Die Einspeisevergütung ist das Mittel zum Zweck, weil die finanzielle Förderung viele dazu animiert, die nötigen Investitionen zu tätigen. Je mehr Menschen sich für die Energieerzeugung mittels PV-Anlage entscheiden und eine Einspeisung von grünem Strom ins Netz vornehmen, desto größer wird der Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix in Deutschland. Gleichzeitig sinkt der CO2-Ausstoß für die Stromerzeugung, was den Klimawandel teilweise etwas abmildert.
Was hat sich durch das EEG 2023 geändert?
Im Vergleich zum alten Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) gelten hinsichtlich der technischen Voraussetzungen und der Höhe der Einspeisevergütung 2023 neue Regeln. Die wichtigsten Änderungen und Neuerungen kommen jetzt auf einen Blick:
- Die EEG-Umlage wird abgeschafft. Das vereinfacht die Abrechnung.
- Alle Anlagen, die ab dem 31. Juli 2022 angeschlossen wurden, erhalten eine höhere Einspeisevergütung. Für Prosumer, also für Betreiber, die Strom für den Eigenverbrauch nutzen und eine Überschusseinspeisung vornehmen, liegen die Preise zwischen 7,1 und 8,2 Cent pro eingespeister kWh, abhängig von der Leistung der Anlage.
- Bei Volleinspeiseanlagen liegen die Einspeisevergütungen zwischen 10,9 und 13 Cent pro Kilowattstunde.
- Die Vergütungssätze bleiben 2023 gleich und sinken nicht von Monat zu Monat, die Degression wird also ausgesetzt. Sie hängt 2023 insofern nicht vom konkreten Zeitpunkt der Installation ab. In den Folgejahren ändert sich das wieder.
- Auf private PV-Anlagen entfällt keine Umsatzsteuer. Dies müssen die Fachbetriebe bereits im Angebot entsprechend ausweisen.
- Auch in der Einkommensteuer hat sich etwas geändert. Anlagen bis 30 Kilowatt müssen nicht mehr angegeben werden. Dies gilt bereits für Steuererklärungen des Jahres 2022.
- Ab 01.01.2023 gibt es für Anlagen bis 7 kW keine Grenze mehr, wie viel Strom ins öffentliche Netz eingespeist werden darf. Größere Anlagen bis 25 kW werden jedoch auf einen Wert von 70 Prozent der Nennleistung begrenzt.
- Falls die Anlage nicht auf dem Dach installiert werden kann, werden jetzt auch Anlagen gefördert, die im Garten aufgestellt werden (Freiflächenanlagen).
Flex-Modell: So profitieren Sie von hohen Vergütungssätzen
Wie Sie obiger Auflistung unter den Punkten 2 und 3 entnehmen können, fällt die Vergütung von Vollspeiseanlagen höher aus als von Teileinspeiseanlagen. Sie können aber flexibel von beiden Tarifen profitieren.
Sofern Sie noch Platz haben, steht es Ihnen frei, neben der Teileinspeiseanlage zusätzlich eine Volleinspeiseanlage zu installieren. Voraussetzung dafür sind zwei getrennte Kreisläufe, die beiden Photovoltaikanlagen müssen über eine separate Technik verfügen.
Nun könnten findige Prosumer darauf kommen, eine Anlage zur Teileinspeisung auf dem Dach und eine Volleinspeiseanlage beispielsweise auf der Wiese hinter dem Haus zu errichten. Doch ganz so einfach ist es nicht. Zwar dürfen Sie nach aktuellem Stand des EEG Freiflächenanlagen im Garten aufbauen, doch dies gilt nur, wenn Sie einen Nachweis darüber vorlegen, dass das Dach für den Aufbau deiner PV-Anlage nicht geeignet ist.
Allerdings liegen bisher keine konkreten Regelungen vor, was unter “nicht geeignet” zu verstehen ist. Einerseits könnte die technische Machbarkeit, andererseits die Wirtschaftlichkeit gemeint sein. Die Verbraucherzentrale rät dazu, nicht überstürzt zu handeln und sich auf jeden Fall fachlichen Rat zu holen. Ein Fachbetrieb kann Sie hinsichtlich der besten technischen und wirtschaftlichen Lösungen beraten.
Wie haben sich die Vergütungssätze in der Vergangenheit entwickelt?
Die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien greift seit vielen Jahren und wurde zwischenzeitlich immer wieder angepasst. Im Jahr 2000 wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet, welches die Regelungen zur Einspeisevergütung für erneuerbare Energien weiter modifizierte. Die letzte Überarbeitung entfaltet teilweise bereits seit dem 30. Juli 2022 Wirkung. Seit dem 01.01.2023 greift das neue Gesetz in vollem Umfang.
Die folgenden Werte zeigen, wie die historischen Vergütungssätze angesetzt wurden. Es handelt sich teils um Spannbreiten, da die Vergütung im Rahmen der Degression turnusmäßig gesenkt wurde.
Jahr der Inbetriebnahme
Einspeisevergütung pro kWh in
Cent für kleine Dachanlagen bis 30 kW
bis 2001 50,62 2002 48,10 2003 45,70 2004 7,40 2005 54,53 2006 51,80 2007 49,21 2008 46,75 2009 43,01 2010 33,03 - 39,14 2011 28,74 bis 31.03.2012 24,43 Jahr der Inbetriebnahme
Einspeisevergütung pro kWh in
Cent für kleine Dachanlagen bis 10 kW
ab 01.04.2012 17,45 - 19,50 2013 13,88 - 17,45 2014 12,59 - 13,68 2015 12,31 - 12,56 2016 12,31 2017 12,20 - 12,30 2018 11,59 - 12,20 2019 9,97 - 11,47 2020 8,65 - 9,87 2021 6,93-8,16 2022 6,24 - 6,83 Wie hoch sind die neuen Vergütungssätze?
Die neuen Vergütungssätze 2023 liegen bei Anlagen mit einer Leistung bis 10 kW und Teileinspeisung bei 8,2 Cent pro kWh. Anlagen mit einer Leistung bis 40 kW erhalten einen Strompreis von 7,1 Cent pro kWh vom Netzbetreiber.
Bei Volleinspeiseanlagen mit 10 kW beträgt die Vergütung 10,9 Cent je kWh, für Anlagen bis 40 kW erhalten Sie vom Netzbetreiber 13 Cent pro kWh. Die genannten Werte sind die festen Vergütungssätze, die der Gesetzgeber für den Betrieb von privaten Solaranlagen vorgesehen hat. Wenn Sie Ihren Strom an der Strombörse in Direktvermarktung handeln wollen (Marktprämienmodell), benötigen Sie einen speziellen Dienstleister und profitieren von 8,6 Cent (statt 8,2 Cent) bei Teileinspeisung und von 13,4 Cent (statt 13,0 Cent) bei Volleinspeisung, also je 0,4 Cent mehr. Dieser Aufschlag betrifft kleine Anlagen bis 10 kW genauso wie größere Anlagen.
Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, den eingespeisten Strom nach dem Marktprämienmodell zu vermarkten, sollten Sie berücksichtigen, dass sich dieser Weg bei kleinen Anlagen meist nicht rechnet. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zur Mehrvergütung.
Gut zu wissen: Wenn Ihre Anlage zwischen 10 und 40 kW groß ist, greift eine anteilige Berechnung. Sie erhalten dann einen kWh-Preis, der zwischen 8,2 Cent und 7,1 Cent liegt. Die folgende Übersicht zeigt, mit welcher durchschnittlichen Vergütung Sie 2023 rechnen können.
Anlagengröße
in kW
Einspeisevergütung Teileinspeisung
in Cent/kWh 2023
Einspeisevergütung Volleinspeisung
in Cent/kWh 2023
10 8,2 13 15 7,83 12,3 20 7,65 11,95 25 7,54 11,74 30 7,47 11,6 35 7,41 11,5 40 7,37 11,43
Einspeisevergütung 2023: So hoch sind die Vergütungssätze
Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach liefern Strom und machen Haushalte weitgehend unabhängig vom öffentlichen Stromnetz. Selbst produzierter und ins Stromnetz eingespeister Solarstrom aus einer neu installierten Dachanlage oder Freiflächenanlage wird nach den Regeln der geltenden Einspeisevergütung 2023 honoriert. Wir erklären, was hinter dem Begriff Einspeisevergütung steckt, welche Ziele der Gesetzgeber mit dem novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verfolgt, was sich 2023 geändert hat und wie hoch die neuen Vergütungssätze sind.
Was ist die Einspeisevergütung?
Wenn von Einspeisevergütung die Rede ist, ist damit gemeint, dass Betreiber einer privaten Solaranlage Strom, der über den Eigenverbrauch hinausgeht, ins öffentliche Stromnetz einspeisen können und dafür pro Kilowattstunde (kWh) eine Vergütung vom Netzbetreiber erhalten. Man spricht dann auch von Überschusseinspeisung. Die Höhe der Vergütung hängt unter anderem davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Anlage ans Netz geht. Wer sich früh eine Solaranlage zulegte und zu den ersten Haushalten mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach überhaupt zähle, konnte sich über eine höhere Einspeisevergütung freuen als diejenigen, die sich erst Jahre später dazu entschließen konnten.
Was ist das Hauptziel der Einspeisevergütung
In erster Linie verfolgt die Bundesregierung mit der Einspeisevergütung das Ziel, die erneuerbaren Energien auszubauen. Dahinter steckt die Absicht, die Energieversorgung durch fossile Brennstoffe durch nachhaltige Alternativen auf Basis erneuerbarer Energien wie Photovoltaik also Solarstrom zu ersetzen und so die Energiewende voranzutreiben. Die Energieversorgung in Deutschland soll klimafreundlicher gestaltet werden, zudem machen erneuerbare Energien langfristig nicht nur unabhängig von fossilen Brennstoffen, sondern auch von Kernenergie.
Je mehr Strom PV-Anlagen auf Wohngebäuden oder Firmendächern erzeugen, desto besser. Sie tragen zu einem wesentlichen Teil zur Zielerreichung bei. Die Einspeisevergütung ist das Mittel zum Zweck, weil die finanzielle Förderung viele dazu animiert, die nötigen Investitionen zu tätigen. Je mehr Menschen sich für die Energieerzeugung mittels PV-Anlage entscheiden und eine Einspeisung von grünem Strom ins Netz vornehmen, desto größer wird der Anteil erneuerbarer Energien am Energiemix in Deutschland. Gleichzeitig sinkt der CO2-Ausstoß für die Stromerzeugung, was den Klimawandel teilweise etwas abmildert.
Was hat sich durch das EEG 2023 geändert?
Im Vergleich zum alten Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) gelten hinsichtlich der technischen Voraussetzungen und der Höhe der Einspeisevergütung 2023 neue Regeln. Die wichtigsten Änderungen und Neuerungen kommen jetzt auf einen Blick:
- Die EEG-Umlage wird abgeschafft. Das vereinfacht die Abrechnung.
- Alle Anlagen, die ab dem 31. Juli 2022 angeschlossen wurden, erhalten eine höhere Einspeisevergütung. Für Prosumer, also für Betreiber, die Strom für den Eigenverbrauch nutzen und eine Überschusseinspeisung vornehmen, liegen die Preise zwischen 7,1 und 8,2 Cent pro eingespeister kWh, abhängig von der Leistung der Anlage.
- Bei Volleinspeiseanlagen liegen die Einspeisevergütungen zwischen 10,9 und 13 Cent pro Kilowattstunde.
- Die Vergütungssätze bleiben 2023 gleich und sinken nicht von Monat zu Monat, die Degression wird also ausgesetzt. Sie hängt 2023 insofern nicht vom konkreten Zeitpunkt der Installation ab. In den Folgejahren ändert sich das wieder.
- Auf private PV-Anlagen entfällt keine Umsatzsteuer. Dies müssen die Fachbetriebe bereits im Angebot entsprechend ausweisen.
- Auch in der Einkommensteuer hat sich etwas geändert. Anlagen bis 30 Kilowatt müssen nicht mehr angegeben werden. Dies gilt bereits für Steuererklärungen des Jahres 2022.
- Ab 01.01.2023 gibt es für Anlagen bis 7 kW keine Grenze mehr, wie viel Strom ins öffentliche Netz eingespeist werden darf. Größere Anlagen bis 25 kW werden jedoch auf einen Wert von 70 Prozent der Nennleistung begrenzt.
- Falls die Anlage nicht auf dem Dach installiert werden kann, werden jetzt auch Anlagen gefördert, die im Garten aufgestellt werden (Freiflächenanlagen).
Flex-Modell: So profitieren Sie von hohen Vergütungssätzen
Wie Sie obiger Auflistung unter den Punkten 2 und 3 entnehmen können, fällt die Vergütung von Vollspeiseanlagen höher aus als von Teileinspeiseanlagen. Sie können aber flexibel von beiden Tarifen profitieren.
Sofern Sie noch Platz haben, steht es Ihnen frei, neben der Teileinspeiseanlage zusätzlich eine Volleinspeiseanlage zu installieren. Voraussetzung dafür sind zwei getrennte Kreisläufe, die beiden Photovoltaikanlagen müssen über eine separate Technik verfügen.
Nun könnten findige Prosumer darauf kommen, eine Anlage zur Teileinspeisung auf dem Dach und eine Volleinspeiseanlage beispielsweise auf der Wiese hinter dem Haus zu errichten. Doch ganz so einfach ist es nicht. Zwar dürfen Sie nach aktuellem Stand des EEG Freiflächenanlagen im Garten aufbauen, doch dies gilt nur, wenn Sie einen Nachweis darüber vorlegen, dass das Dach für den Aufbau deiner PV-Anlage nicht geeignet ist.
Allerdings liegen bisher keine konkreten Regelungen vor, was unter “nicht geeignet” zu verstehen ist. Einerseits könnte die technische Machbarkeit, andererseits die Wirtschaftlichkeit gemeint sein. Die Verbraucherzentrale rät dazu, nicht überstürzt zu handeln und sich auf jeden Fall fachlichen Rat zu holen. Ein Fachbetrieb kann Sie hinsichtlich der besten technischen und wirtschaftlichen Lösungen beraten.
Wie haben sich die Vergütungssätze in der Vergangenheit entwickelt?
Die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien greift seit vielen Jahren und wurde zwischenzeitlich immer wieder angepasst. Im Jahr 2000 wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verabschiedet, welches die Regelungen zur Einspeisevergütung für erneuerbare Energien weiter modifizierte. Die letzte Überarbeitung entfaltet teilweise bereits seit dem 30. Juli 2022 Wirkung. Seit dem 01.01.2023 greift das neue Gesetz in vollem Umfang.
Die folgenden Werte zeigen, wie die historischen Vergütungssätze angesetzt wurden. Es handelt sich teils um Spannbreiten, da die Vergütung im Rahmen der Degression turnusmäßig gesenkt wurde.
Jahr der Inbetriebnahme
Einspeisevergütung pro kWh in
Cent für kleine Dachanlagen bis 30 kW
bis 2001 | 50,62 |
2002 | 48,10 |
2003 | 45,70 |
2004 | 7,40 |
2005 | 54,53 |
2006 | 51,80 |
2007 | 49,21 |
2008 | 46,75 |
2009 | 43,01 |
2010 | 33,03 - 39,14 |
2011 | 28,74 |
bis 31.03.2012 | 24,43 |
Jahr der Inbetriebnahme
Einspeisevergütung pro kWh in
Cent für kleine Dachanlagen bis 10 kW
ab 01.04.2012 | 17,45 - 19,50 |
2013 | 13,88 - 17,45 |
2014 | 12,59 - 13,68 |
2015 | 12,31 - 12,56 |
2016 | 12,31 |
2017 | 12,20 - 12,30 |
2018 | 11,59 - 12,20 |
2019 | 9,97 - 11,47 |
2020 | 8,65 - 9,87 |
2021 | 6,93-8,16 |
2022 | 6,24 - 6,83 |
Wie hoch sind die neuen Vergütungssätze?
Die neuen Vergütungssätze 2023 liegen bei Anlagen mit einer Leistung bis 10 kW und Teileinspeisung bei 8,2 Cent pro kWh. Anlagen mit einer Leistung bis 40 kW erhalten einen Strompreis von 7,1 Cent pro kWh vom Netzbetreiber.
Bei Volleinspeiseanlagen mit 10 kW beträgt die Vergütung 10,9 Cent je kWh, für Anlagen bis 40 kW erhalten Sie vom Netzbetreiber 13 Cent pro kWh. Die genannten Werte sind die festen Vergütungssätze, die der Gesetzgeber für den Betrieb von privaten Solaranlagen vorgesehen hat. Wenn Sie Ihren Strom an der Strombörse in Direktvermarktung handeln wollen (Marktprämienmodell), benötigen Sie einen speziellen Dienstleister und profitieren von 8,6 Cent (statt 8,2 Cent) bei Teileinspeisung und von 13,4 Cent (statt 13,0 Cent) bei Volleinspeisung, also je 0,4 Cent mehr. Dieser Aufschlag betrifft kleine Anlagen bis 10 kW genauso wie größere Anlagen.
Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, den eingespeisten Strom nach dem Marktprämienmodell zu vermarkten, sollten Sie berücksichtigen, dass sich dieser Weg bei kleinen Anlagen meist nicht rechnet. Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zur Mehrvergütung.
Gut zu wissen: Wenn Ihre Anlage zwischen 10 und 40 kW groß ist, greift eine anteilige Berechnung. Sie erhalten dann einen kWh-Preis, der zwischen 8,2 Cent und 7,1 Cent liegt. Die folgende Übersicht zeigt, mit welcher durchschnittlichen Vergütung Sie 2023 rechnen können.
Anlagengröße
in kW
Einspeisevergütung Teileinspeisung
in Cent/kWh 2023
Einspeisevergütung Volleinspeisung
in Cent/kWh 2023
10 | 8,2 | 13 |
15 | 7,83 | 12,3 |
20 | 7,65 | 11,95 |
25 | 7,54 | 11,74 |
30 | 7,47 | 11,6 |
35 | 7,41 | 11,5 |
40 | 7,37 | 11,43 |