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Doch wie genau wirkt sich das Virus auf die Lunge aus und was erwartet diejenigen, die im Krankenhaus behandelt und beatmet werden müssen?

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Antworten auf diese Fragen gibt Christian Karagiannidis. Er ist Leiter des ECMO Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Intensivmedizin. Er hat außerdem eine Professur für Extrakorporale Lungenersatzverfahren an der Universität Witten/Herdecke.
Was passiert in der Lunge bei schweren Verläufen von Covid-19?
Christian Karagiannidis: Zunächst sammeln sich immer mehr Viren in den Atemwegen und der Lunge an und führen zu einer allgemeinen Entzündungsreaktion. Das Hauptproblem ist, dass dann irgendwann nicht mehr genug Sauerstoff durch die Lungenbläschen durchgeht.
Zu jedem Lungenbläschen gehört auch ein Gefäß – sonst funktioniert der Gasaustausch nicht. Bei schweren Verläufen entstehen kleine Risse in diesen Gefäßen. Durch diese tritt dann Flüssigkeit aus den Gefäßen in die Lungenbläschen ein und der Sauerstoff kann nur noch erschwert aufgenommen werden.
Kann sich die Lunge von solchen Schädigungen wieder erholen?
Karagiannidis: Wir kennen solche Verläufe von vielen anderen Erkrankungen relativ gut. Glücklicherweise kann sich die Lunge auch nach sehr schweren Verläufen wieder vollständig erholen. Die Selbstheilungsprozesse und die unterstützende Therapie sind meistens so gut, dass die Lungenfunktion sich innerhalb einiger Wochen und Monate normalisiert. Es gibt Ausnahmefälle, in denen die Reparaturmechanismen der Lunge nicht richtig funktionieren oder so stark überreagieren, dass die Lunge quasi „versteift“. Das ist aber eher selten.
Welche Komplikationen können während der Therapie auftreten?
Karagiannidis: In einigen Fällen kann eine Superinfektion auftreten. Das heißt, dass zu den Viren noch eine bakterielle Infektion hinzukommt. In diesem Fall droht als schlimmste Komplikation ein septischer Schock, der tödlich enden kann. Laut den Daten aus China und Gesprächen, die ich mit italienischen Kollegen geführt habe, ist das aber wie gesagt absolut nicht der Regelfall. Andere Komplikationen können entstehen, wenn nicht exakt nach den Vorgaben beatmet wird – dann können beispielsweise Vernarbungen in der Lunge entstehen und zum Tod führen.
Wer ist besonders anfällig für schwere Verläufe mit intensivmedizinischer Betreuung?
Karagiannidis: Ganz grundsätzlich spielen hohes Alter und Herz- und Gefäßkrankheiten eine große Rolle – dazu gehört ausdrücklich auch hoher Blutdruck. Ebenso geht aus den chinesischen Daten hervor, dass Menschen mit Diabetes stärker gefährdet sind. Ich gehe stark davon aus, dass auch Patienten mit chronischen Lungenkrankheiten wie COPD ein höheres Risiko haben. Dazu gibt es aber noch keine gesicherten Daten.
Wie lange muss bei kritischen Patienten im Durchschnitt beatmet werden – wie lange müssen diese in der Klinik bleiben?
Karagiannidis: Wenn die Patienten tatsächlich beatmet werden müssen, ist das Krankheitsbild schon etwas zäher. Wir gehen im Moment davon aus, dass dann im Schnitt für zwei Wochen beatmet werden muss. Die Bandbreite reicht aber je nach Fall von einer bis zu fünf Wochen und länger. Nach so einem intensivmedizinischen Aufenthalt ist man aber in Regel nicht gleich wieder topfit, sondern braucht noch einige Tage bis Wochen auf einer normalen Station. Das Beste wäre in so einem Fall, dass die Patienten in einer Rehaklinik weiterbetreut werden.
Woran sterben Covid-19-Patienten?
Karagiannidis: Die Sauerstoffversorgung kann man heutzutage fast immer aufrechterhalten – das ist nicht das größte Problem. Meistens ist es so, dass die Erkrankung insgesamt zu schwer ist und die Patienten dann an sogenannten Sekundärkomplikationen – also zum Beispiel an einer Sepsis durch eine zusätzliche bakterielle Infektion – versterben.
In welchen Stufen läuft die Beatmung ab?
Karagiannidis: Als erste Maßnahme wird zusätzlicher Sauerstoff durch eine Gesichtsmaske oder eine sogenannte Nasenbrille gegeben. Das sind dann diese kleinen Schläuche, die in die Nase gesteckt werden. Die zweite Stufe ist eine nicht invasive Beatmung, bei der man über eine Maske Sauerstoff mit geringem Überdruck verabreicht bekommt. Wenn auch das nicht mehr ausreicht, kann man unter Vollnarkose eine komplett künstliche Beatmung vornehmen, bei der über einen Tubus Sauerstoff direkt in die Lunge gelangt.
Es wird viel über die sogenannte ECMO gesprochen, die extrakorporale Membranoxygenierung. Was hat es damit auf sich?
Karagiannidis: Bei dieser Technik wird dem Körper Blut entnommen, über eine Membran mit Sauerstoff aufgesättigt und von Kohlendioxid befreit und dann in den Körper zurückgeführt. Das ist eine gut etablierte Methode, die es seit vielen Jahren gibt. Das hilft allerdings nur, die Sauerstoffsättigung aufrechtzuerhalten – es therapiert nicht die Grundkrankheit.
Diese Methode gilt aber als Ultima Ratio, auch wegen möglicher Komplikationen …
Karagiannidis: In der Stufentherapie des Lungenversagens kann man den allergrößten Teil der Patienten mit einer gut strukturierten und leitliniengerechten Beatmung sehr gut behandeln. Wenn in Ausnahmefällen trotzdem die ECMO eingesetzt werden muss, liegt die Komplikationsrate bei unter zehn Prozent. Dazu braucht man aber ein hochspezialisiertes Team. Und da liegt ein weiterer Nachteil. Durch den sehr großen Personalaufwand brauchen sie viele Fachkräfte, die dann an anderer Stelle vielleicht fehlen.
Viele Kliniken haben solche ECMO-Geräte, obwohl der Einsatz doch relativ begrenzt ist. Liegt das daran, dass diese Therapie von den Krankenkassen sehr hoch vergütet wird?
Karagiannidis: Es ist vielleicht so, dass das zum Teil ökonomisch getriggert ist. Aber ich glaube, es liegt auch daran, dass wir in Deutschland den Anspruch haben, selbst bei einer schlechten Prognose alles zu versuchen. Im Gegensatz zu anderen Ländern sind wir da extrem großzügig in der Anwendung.
Wie schätzen Sie die aktuelle Versorgung mit Beatmungsgeräten in Deutschland ein?
Karagiannidis: Die aktuelle Diskussion ist mir da ein bisschen zu einseitig. Es wird immer nur über die Geräte gesprochen, dabei wird die wesentliche Engstelle das Personal sein. Wir haben in Deutschland nach den offiziellen Daten 28.000 Intensivbetten. Davon würde ich zehn bis fünfzehn Prozent abziehen, die aktuell durch den Pflegemangel gesperrt sind. Ich würde grob schätzen, dass von diesen Betten 60 bis 70 Prozent mit Beatmungsgeräten ausgestattet sind. Wir haben aber noch eine stille Reserve an Beatmungsgeräten in den Kliniken. Das sind zum Beispiel ältere Geräte, die noch tadellos funktionieren oder Geräte, die zeitweise aus dem OP geholt werden können. Die ganz entscheidende Frage ist aber wie gesagt, ob wir genügend Personal haben, um diese Beatmungsgeräte zu bedienen – dafür braucht man speziell ausgebildete Pflegekräfte.
In Italien gab es Fälle, bei denen der Arzt entscheiden musste, welcher Patient noch beatmet werden kann und welcher nicht. Steht uns das auch bevor?
Karagiannidis: Ich bin sehr zuversichtlich, dass das nicht passieren wird. Wir haben dreimal so viele Intensivbetten wie Italien, wir haben doppelt so viele Krankenhäuser wie Frankreich. Der Puffer, den wir in unserem Gesundheitssystem haben ist also erheblich höher. Ein Horrorszenario sehe ich da auf keinen Fall. Der kritische Punkt ist wie gesagt eher das entsprechende Personal. Es ist extrem wichtig, dass wir das Pflegepersonal wertschätzen und motivieren. Da ist die Politik gefragt, auch finanzielle Anreize zu schaffen. Ein Vorschlag wäre, Steuererleichterungen im Sinne eines Freibetrags zu gewähren.