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Bericht: "Heer in Gefecht nicht durchhaltefähig"
Soldaten der Bundeswehr (Archivbild): Offenbar ist das Heer nicht ausreichend einsatzbereit.

Soldaten der Bundeswehr (Archivbild): Offenbar ist das Heer nicht ausreichend einsatzbereit. (Quelle: IMAGO/Rainer Droese)

Die Bundeswehr hat offenbar Schwierigkeiten, ihren Nato-Verpflichtungen nachzukommen. Besonders betroffen ist das Heer.

Die Bundeswehr kann einem Medienbericht zufolge ihre Nato-Zusagen und Bündnisverpflichtungen nicht erfüllen. Die Einsatzbereitschaft der von Deutschland ab 2025 zugesagten Division könne nur "bedingt" hergestellt werden, berichtet die Bild-Zeitung (Dienstagsausgabe) in Berufung auf ein Schreiben des Inspekteurs des Heeres, Alfons Mais, an den Bundeswehr-Generalinspekteur. Selbst das Zusammenziehen der gesamten Heeresbestände könne dem Schreiben zufolge keine volle Ausstattung ermöglichen.

Auch die Einsatzbereitschaft der zweiten Division, die die Bundeswehr ab 2027 bereitstellen will, ist laut dem Bericht "unrealistisch". Die Division werde "in 2027 nicht ausreichend mit Großgerät ausgestattet sein", zitiert die "Bild"-Zeitung den Inspekteur. Offenbar fehlt es auch an Personal.

Einsatzbereitschaft droht weiter zu sinken

Demnach droht sogar die Einsatzbereitschaft des gesamten Heeres weiter zu sinken. Ohne Gegensteuern werde "das Heer im hochintensiven Gefecht nicht durchhaltefähig bestehen und auch seine Verpflichtungen gegenüber der Nato nur eingeschränkt wahrnehmen können", wird Mais weiter zitiert.

Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), hatte bei der Vorstellung ihres Jahresberichts 2022 Mitte März gesagt: "Die Bundeswehr hat von allem zu wenig." Sie mahnte damals deutlich mehr Tempo bei den Investitionen an. Vor einer Woche war bekannt geworden, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius Teile der Bundeswehrführung auswechselt. Zuvor war bereits Generalinspekteur Eberhard Zorn entlassen worden.

Nach einem Bericht des "Business-Insider" Ende März steht es auch ums Material der Bundeswehr schlecht. Das Budget für Ersatzteilbeschaffungen sei aufgebraucht, berichtete das Magazin.

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Pistorius sinniert wieder über Wehrpflicht - und erhöht den Bundeswehr-Druck: Alarm ab 2026?

Pistorius sinniert wieder über Wehrpflicht - und erhöht den Bundeswehr-Druck: Alarm ab 2026?

Verteidigungsminister Boris Pistorius fordert erneut eine Debatte zur Wiedereinführung der Wehrpflicht. Er selbst wäre dafür - sieht aber Hindernisse.

Berlin - Schon kurz nach seinem Amtsantritt im Januar brachte Verteidigungsminister Boris Pistorius das Thema auf die Agenda: Soll Deutschland wieder eine allgemeine Wehrpflicht bekommen? Nun erneuerte der SPD-Politiker seinen Appell, es brauche in Deutschland eine Grundsatzdebatte zur Dienstpflicht: „Das wird eine Diskussion sein, die die Gesellschaft führen muss irgendwann“, sagte Pistorius dem Nachrichtenportal The Pioneer.

Pistorius sinniert wieder über Wehrpflicht - und erhöht den Bundeswehr-Druck: Alarm ab 2026?

Pistorius sinniert wieder über Wehrpflicht - und erhöht den Bundeswehr-Druck: Alarm ab 2026?© Bereitgestellt von Merkur

Foto © Florian Gaertner/photothek.de/Imago

Pistorius würde Wehrpflicht begrüßen, aber: „Geld, das wir nicht haben“

Er persönlich würde eine Wiedereinführung der Wehrpflicht begrüßen, sagte der Verteidigungsminister, sehe sie aber nicht kurzfristig kommen. Der Grund sei der derzeitige Zustand der Bundeswehr, wie Pistorius einräumte: „Das würde so viel Kraft kosten, die wir nicht haben, und so viel Geld, das wir nicht haben.“

Im Februar hatte der 62-Jährige außerdem erklärt, er sei zurückhaltend, „einer Generation, die sowieso schon eine schwierige Zukunft vor sich hat, jetzt mal eben so eine allgemeine Dienstpflicht aufzubürden“. Kanzler Olaf Scholz (SPD) sieht zudem keinen Sinn in einer Reaktivierung der Wehrpflicht: „Die Bundeswehr wurde zu einer Berufsarmee umgebaut. Daher gibt die Rückkehr zur Wehrpflicht keinen Sinn“, sagte er Ende Februar.

Entfacht wurde die Debatte, ob eine Wiedereinführung des Dienstes an der Waffe notwendig ist, durch den Ukraine-Krieg. Erst am Dienstag (18. April) sorgten russische Kriegsflugzeuge, die in den europäischen Luftraum eindrangen, für Aufregung. Die allgemeine Wehrpflicht war 2011 nach 55 Jahren durch den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden. Pistorius selbst absolvierte seinen Wehrdienst im niedersächsischen Achim.

Pistorius fordert mehr Geld für die Bundeswehr - Alarm ab 2026?

Um die Bundeswehr besser aufzustellen, brauche es dringend mehr Geld, forderte Pistorius in dem Interview. Stehe ihm in den kommenden Jahren nicht mehr Etat zur Verfügung, „werde ich ab 2026 vielleicht gerade noch den laufenden Betrieb finanzieren können“, machte der Minister Druck. Erst kürzlich warnte der Reservistenverband, dass die Reserve der Bundeswehr in einem verheerenden Zustand sei. Die Truppe existiere weitgehend nur noch auf dem Papier. Dabei sei eine funktionierende Reserve „Teil einer wirksamen Abschreckung, derzeit vor allem gegenüber Russland.“

Pistorius: Forsches Durchgreifen irritiert auch

Boris Pistorius hat in seiner kurzen Amtszeit bereits einige Ausrufezeichen gesetzt, strich beispielsweise Stellen bei der Bundeswehr und besetzte Schlüsselpositionen neu. In der Bevölkerung scheint sein forsches Auftreten gut anzukommen - unter den Offizieren gibt es aber offenbar Unruhe und auch kritische Stimmen.

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Bundeswehr plant immense Nachrüstung für fast 800 Millionen Euro

Düsseldorf - Die Bundeswehr lässt 143 Puma-Schützenpanzer für insgesamt 770 Millionen Euro nachrüsten.

Durch die Nachrüstungen sollen die Feuerkraft und die Führungsfähigkeit der Panzer verbessert werden. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Durch die Nachrüstungen sollen die Feuerkraft und die Führungsfähigkeit der Panzer verbessert werden. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Damit werde die Feuerkraft und Führungsfähigkeit der Fahrzeuge verbessert, teilte der Rüstungskonzern Rheinmetall am heutigen Mittwoch in Düsseldorf mit.

Mit Führungsfähigkeit gemeint ist neue Technik, um den Panzer digital in den Kampfverband einzubinden und den Kontakt mit den Infanteristen und den übergeordneten Führungsebenen zu verbessern. Bei der Nachrüstung geht es auch um hochauflösende Tag- und Nachtsicht-Kameras und das Lenkflugkörpersystem Mells.

Der Auftrag für ein Gemeinschaftsunternehmen von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann bezieht sich auf einen im Jahr 2021 geschlossenen Vertrag, der entsprechende Optionen zur Modernisierung enthielt. Diese wurden nun gezogen. Die Modernisierung soll im Jahr 2029 abgeschlossen sein.

Bereits 2021 hatte die Bundeswehr die Nachrüstung von 150 Pumas auf den Weg gebracht. Künftig werden also knapp 300 dieser Schützenpanzer auf den Konstruktionsstand S1 gebracht sein und damit einen einheitlichen Standard haben.

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Peinliche Panne bei Panzer-Kauf: Versäumte Unterschrift kostet Bundeswehr wohl 140 Millionen Euro

Puma-Schützenpanzer

Peinliche Panne bei Panzer-Kauf: Versäumte Unterschrift kostet Bundeswehr wohl 140 Millionen Euro

Schützenpanzer der Bundeswehr: Panzergrenadiere steigen bei einer Übung in einen „Puma“.

Schützenpanzer der Bundeswehr: Panzergrenadiere steigen bei einer Übung in einen „Puma“.© IMAGO/Frederic Kern

Fast anderthalb Jahre lang blieb ein fertiger Vertrag für die Beschaffung von Puma-Panzern liegen. Die Bundeswehr muss daher jetzt 140 Millionen Euro mehr zahlen.

München – Im Hintergrund des Ukraine-Kriegs rüstet die Bundeswehr auf und besorgt sich unter anderem neue Schützenpanzer vom Typ Puma. Der Gesamtpreis von 1,5 Milliarden Euro für 50 neue Puma-Panzer wird nun aber offenbar deutlich teurer ausfallen. Grund soll eine peinliche Panne sein: Ein eigentlich unterschriftsreifer Kaufvertrag wurde wohl fast anderthalb Jahre lang im Verteidigungsministerium liegen gelassen.

Bundeswehr rüstet auf: Truppe muss 140 Millionen Euro mehr für Puma-Panzer zahlen

Das geht aus mehreren Schreiben des Finanzministeriums an den Haushalts- und Verteidigungsausschuss des Bundestages hervor, wie Business Insider berichtet. Was zu der Panne geführt hat, ist unklar. Für die geplante Beschaffung muss die Bundeswehr jetzt jedenfalls tiefer in die Tasche greifen: Der Einkauf wird wohl 140 Millionen Euro mehr kosten als gedacht. Denn eigentlich war der Vertrag schon vorbereitet. Doch offenbar blieb die finale Unterschrift aus. Im versäumten Zeitraum hat sich der Preisstand der Puma-Panzer saftig nach oben bewegt - mit teuren Konsequenzen für die Bundeswehr.

„Aufgrund der verzögerten Vorlage des Vertrages, welcher sich noch auf dem Preisstand 12/2021 befindet, ist bereits für den Preisstand 12/2022 eine Steigerung von rund 12,8 Prozent eingetreten. Dies entspricht einer Preiseskalation um zusätzliche 138 Mio. Euro“, heißt es in den Dokumenten, die Business Insider vorliegen. Der Gesamtbedarf der Bundeswehr an Puma-Panzern liegt bei 111, doch bislang wurde nur eine Kostenplanung für 50 Panzer erstellt.

Bezahlung für Puma-Panzer: Finanzministerium übt Kritik am Verteidigungsministerium

Zwar könne man die Mehrkosten über einen bei der ursprünglichen Kostenkalkulation einberechneten Puffer noch abfangen. Allerdings spricht das Finanzministerium zugleich von einem „nicht unerheblichen“ Kostensteigerungsrisiko, wovor auch das Verteidigungsministerium gewarnt habe - neben „verspäteten Auslieferungen, Projektabhängigkeiten und Leistungsverzögerungen“. Dass bereits jetzt neue Puma-Panzer gekauft werden, ohne dass die Nachrüstung der vorhandenen Puma-Panzer getestet worden sei, hält das Ministerium von Christian Lindner (FDP) ebenfalls für riskant.

Außerdem wird in den Dokumenten Unverständnis über die Kostenplanung im Rahmen des 100 Milliarden Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr angedeutet. Schließlich sehe die Bundeswehr selbst einen Bedarf für 111 Puma-Schützenpanzer. Sollte man die Anschaffung von Ausrüstung anders priorisieren, dann könne man dies auch bezahlen, wird bemerkt.

Allerdings sind nicht nur Schützenpanzer, sondern auch weitere Waffen dringend nötig, weshalb das Verteidigungsministerium auf der aktuellen Planung bestehen dürfte.

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Dramatischer Munitionsmangel bei der Bundeswehr – und es wird noch schlimmer

Hülsenproduktion ;des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall. Urs Flueeler / Keystone

Hülsenproduktion ;des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall. Urs Flueeler / Keystone© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung Deutschland

Deutschland ist heute noch weniger verteidigungsfähig als zum Zeitpunkt des russischen Überfalls auf die Ukraine vor gut 15 Monaten. Das schlussfolgert die Unionsfraktion im Bundestag aus den Antworten, die ihr jetzt die Bundesregierung auf einen umfangreichen Fragenkatalog zu den Vorräten an Munition gegeben hat.

Demnach hat die Bundeswehr der Ukraine für ihren Kampf eine grosse Menge an Munition zur Verfügung gestellt. Doch bis heute wurde davon so gut wie nichts nachbeschafft. «Die Untätigkeit der Bundesregierung hier ist wirklich beunruhigend», sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn, am Dienstag.

In dem mehr als 70 Fragen umfassenden Katalog hat die grösste Oppositionsgruppe im Deutschen Bundestag von der Regierung einen genauen Überblick über die vorhandenen und die seit Februar 2022 bestellten Munitionsmengen haben wollen. Doch die vom Verteidigungsministerium erteilten Antworten enthalten so gut wie keine Angaben dazu. Zur Begründung heisst es, es handele sich um Informationen, die «in besonders hohem Masse das Staatswohl berühren und daher selbst in eingestufter Form nicht beantwortet werden können». Das Dokument liegt der NZZ vor.

Die Union hatte vor etwa einem halben Jahr schon einmal einen Fragenkatalog ähnlichen Inhalts formuliert. Die deutsche Verfassung gewährt dem Parlament das Recht, von der Regierung jederzeit Auskunft und Rechenschaft über ihr Handeln einzufordern. Doch schon damals hatte die von dem Sozialdemokraten Olaf Scholz geführte Ampelregierung die Antworten mit dem Verweis auf das in diesem Fall überwiegende Schutzbedürfnis des Staates verweigert.

Regierung «schlägt sich hinter die Büsche»

Für Verteidigungsexperte Hahn sind die neuerlichen Antworten daher «symptomatisch für die Diskrepanz zwischen dem, was die Regierung postuliert, und dem, was sie auf die Strasse bringt». Deutschland habe bei der Munitionsbeschaffung ein weiteres halbes Jahr «verschlafen».

Ingo Gädechens, Haushalts- und Verteidigungsexperte der Christlichdemokraten, klagte, die Regierung Scholz «schlägt sich hinter die Büsche, indem sie auf Geheimhaltung verweist». Es sei inakzeptabel, dass das Parlament im Dunkeln gelassen werde darüber, wie viel Munition die Bundeswehr in den kommenden Jahren benötige, gleichzeitig aber das dafür benötigte Geld genehmigen solle.

In der Tat lassen die Antworten die Bundesregierung, vor allem aber das Verteidigungsministerium einmal mehr schlecht dastehen. Es ist aus Sicherheitsgründen noch nachvollziehbar, dass konkrete Umfänge vorhandener Munition nicht beziffert werden. Doch andere Aussagen lassen daran zweifeln, dass die «Ampel» in Berlin den Ernst der sicherheitspolitischen Lage voll erkannt hat.

Darauf lässt etwa die Antwort auf die Frage schliessen, welche Planungen die Regierung habe, um Verträge mit der Rüstungsindustrie einzugehen, die langfristige Fertigungskapazitäten für Munition garantieren. In Anbetracht des absehbar weiter hohen Munitionsbedarfs der Ukraine und vieler Nato-Staaten sowie der leeren Lager der Bundeswehr könnte dies eine sinnvolle Massnahme sein, um den von der Nato geforderten Vorrat für 30 Kriegstage in Deutschland in den kommenden Jahren sicher auffüllen zu können.

Doch das Verteidigungsministerium teilte dazu mit, dass derartige Planungen nicht bestünden. Als Grund führt es aus, die «Vorhaltung von Fertigungskapazitäten wäre ein Paradigmenwechsel im gegebenen ordnungspolitischen Rahmen und in letzter Konsequenz ein Einstieg in eine Staatswirtschaft». Deutschlands Wirtschaft orientiere sich jedoch an Marktperspektiven und Renditeerwartungen. Ihre Produktionskapazitäten würden durch konkrete Aufträge und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende Aufträge begründet.

Munitionsproduktion bleibt den Marktgesetzen überlassen

Damit macht die deutsche Regierung deutlich, dass sie die für die Sicherheit des eigenen Landes, aber auch die für den Verteidigungskampf der Ukraine so essenzielle Munitionsproduktion weiter den Gesetzen des freien Marktes überlassen will. Sie kommt dabei zu einem widersprüchlichen Schluss. Einerseits stellt sie fest, dass es bei einzelnen Komponenten wie Treibladungspulver und Sprengstoff durch die «aktuell stark ansteigende Nachfrage zu weiter ansteigenden Lieferzeiten» komme. Andererseits geht sie davon aus, dass die gestiegene Nachfrage nach Munition in Europa «zu einer effektiveren Auslastung bestehender Fertigungskapazitäten» führe und «marktwirtschaftliche Anreize zu deren Ausbau» setze.

Mit welchen Engpässen und Schwierigkeiten die Munitionsherstellung derzeit zu kämpfen hat, sollte der Bundesregierung indes hinlänglich bekannt sein. Auf dem «Munitionsgipfel» Ende November war das Bundeskanzleramt dazu im Gespräch mit sieben deutschen Rüstungsunternehmen.

Seitdem dürfte der Regierung klar sein, dass sich beispielsweise viele Pulver- und Sprengstoffproduzenten, bei denen die deutschen Munitionshersteller bisher einkauften, direkt oder indirekt in chinesischer Hand befinden und diese Firmen seit geraumer Zeit nicht mehr an westliche Munitionshersteller liefern. So wurde es zumindest vor dem Gipfel von deutschen Rüstungsunternehmen kolportiert. In einer Antwort der Bundesregierung an die Union im Bundestag heisst es indes, «bedeutsame Abhängigkeiten von chinesischen Zulieferern sind in diesem Bereich nicht bekannt».

Doch das stimmt nicht. Die Haltung chinesisch geführter Unternehmen führt dazu, dass sich die verbliebenen europäischen Sprengstoff- und Pulverhersteller vor Aufträgen kaum retten können. So kalkulieren deutsche Munitionsproduzenten derzeit mit einer Lieferzeit für Sprengstoff von zwei bis drei Jahren. Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall hat darauf reagiert und vor wenigen Monaten für 1,2 Milliarden Euro den spanischen Munitions- und Sprengstoffhersteller Expal gekauft. Ausserdem will das Unternehmen in Sachsen eine Pulverfabrik bauen.

Trägheit der Bundesregierung gefährdet deutsche Sicherheit

In Anbetracht des weltweit massiv gestiegenen Munitionsbedarfs und der langen Lieferzeiten gefährde die Trägheit der Bundesregierung bei der Munitionsbeschaffung inzwischen die Sicherheit Deutschlands. So stellt es die Union dar. Doch es waren die von der christlichdemokratischen Kanzlerin Angela Merkel geführten Regierungen, die über zwei Jahrzehnte die Bundeswehr vernachlässigt haben.

Vor sechs Jahren hat die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel einer Tischvorlage über das Nato-Planungsziel zugestimmt. Damit verpflichtete sich Deutschland, der Allianz bis Ende 2031 für den Kriegsfall folgende militärische Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen: drei Heeresdivisionen mit zehn Kampfbrigaden, zwei multinationale Air Groups, 15 Kampfschiffe, dazu Logistik, Sanitäter und weitere Kräfte.

Davon ist Deutschland heute meilenweit entfernt. Selbst wenn es die Waffensysteme für diese Truppen geben sollte, fehlt doch die Munition. So sollen etwa die 15 Kampfschiffe, also Fregatten und Korvetten, im Kriegsfall mindestens dreimal voll aufmunitioniert (Grundbeladung) in See stechen können. Doch je nach Einsatzrolle reicht der Vorrat an Flugabwehr- und Seezielflugkörpern, an Munition für Schiffsgeschütze und an Minen gerade einmal, um jedes Schiff einmal voll aufzumunitionieren.

Ähnlich dramatisch sieht es nach NZZ-Recherchen auch in der Luftwaffe und im Heer aus. So verfügt die Luftwaffe gerade einmal über etwas mehr als 100 Mittelstreckenraketen «Meteor», die im Luftkampf mit gegnerischen Flugzeugen gebraucht werden. Nicht besser steht es mit der Munition zur Bekämpfung von Bodenzielen aus der Luft. Von 600 Marschflugkörpern «Taurus», beschafft vor zirka zehn Jahren, sind derzeit nur etwa 150 einsatzbereit.

Katastrophaler Munitionsbestand bei der Artillerie

Im Heer spricht beispielsweise die Artillerietruppe seit Jahren von einem «katastrophalen Munitionsbestand». So soll es für die gut einhundert Panzerhaubitzen 2000 derzeit zirka 9000 Granaten mit Suchzünder (SMArt 155) und zirka 10 000 konventionelle Sprenggranaten geben. Zur Einordnung: Die Ukraine hat nach Angaben von Kriegsbeobachtern wie dem österreichischen Generalstabsoffizier Markus Reisner in den weniger intensiven Kampfperioden täglich etwa 4000 bis 6000 Sprenggranaten verschossen.

Nicht besser sieht es bei der Raketenartillerie aus. Diese Waffengattung spielt im Krieg in der Ukraine seit Beginn eine immense Rolle. Das von den USA gelieferte «Himars»-System half den ukrainischen Truppen im vergangenen Sommer entscheidend, die Russen zu stoppen und an einigen Frontabschnitten zurückzuschlagen. Auch die Bundeswehr hat ein System, das mit «Himars» nahezu identisch ist. Dafür hatte sie ungefähr 1200 Lenkkörper beschafft und vor gut vier Jahren nochmals 900 weitere nachgeordert.

Einen Teil dieser Raketen gab das deutsche Heer im vergangenen Jahr an die Ukraine ab, die ihrerseits nach Angaben von Militärexperten zwischen Juli und September 2022 täglich zwischen zwölf und 24 dieser Raketen verschoss. Das machte in Summe über drei Monate 1000 bis 2000 Raketen. Die Bundeswehr hat bis heute keinen dieser Flugkörper nachbestellt.

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Bundeswehr-Auftrag für neue Leoparden könnte 2,9 Milliarden Euro erreichen

Ukrainian military personnel operate a Leopard 2A4 tank during a training exercise conducted by the Spanish military, at the San Gregorio military base outside Zaragoza, Spain, on Monday, March 13, 2023. The issue of military aid for Ukraine has stoked tensions within Prime Minister Pedro Sanchez’s governing coalition with its junior partner, the far-left Unidas Podemos party, urging the administration to focus on pushing for peace instead of sending weaponry.

Ukrainian military personnel operate a Leopard 2A4 tank during a training exercise conducted by the Spanish military, at the San Gregorio military base outside Zaragoza, Spain, on Monday, March 13, 2023. The issue of military aid for Ukraine has stoked tensions within Prime Minister Pedro Sanchez’s governing coalition with its junior partner, the far-left Unidas Podemos party, urging the administration to focus on pushing for peace instead of sending weaponry.© Bloomberg

(Bloomberg) -- Die Bundesregierung steht informierten Kreisen zufolge vor der Bestellung von 18 Kampfpanzern des Typs Leopard 2, mit dem die Bundeswehrbestände nach Lieferungen an die Ukraine wieder aufgefüllt werden sollen.

Wie zu hören ist, enthält der Deal eine Option für 105 weitere Panzer, womit der Maximalwert des Auftrags bei rund 2,9 Milliarden Euro liegt. Der Haushaltsausschuss des Bundestags dürfte der Bestellung über zunächst 18 Panzer im Wert von rund 525 Millionen Euro Ende des Monats zustimmen, wie mit den Plänen vertraute Personen berichten.

Über den jährlichen Verteidigungshaushalt von rund 50 Milliarden Euro hinaus hatte die Ampelkoalition ein so genanntes Sondervermögen von 100 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, mit dem die technische Ausstattung der Bundeswehr nach Jahren der Unterinvestition wieder in Schuss gebracht werden soll.

Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums bestätigte, dass sich die Bundesregierung in fortgeschrittenen Gesprächen über den Kauf von 18 Leopard-Panzern befindet, um die an die Ukraine gelieferten Panzer zu ersetzen. Zu den finanziellen Einzelheiten der Bestellung wollte sie sich nicht äußern. Sie betonte, dass die Gespräche noch nicht abgeschlossen seien.

Die Leopard-Panzer werden von der Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG gebaut. Dabei liefert Rheinmetall AG unter anderem die Kanone zu und MTU Solutions — eine Tochter der Rolls-Royce Holdings Plc — die Antriebssysteme. Rheinmetall kletterten am Freitag um bis zu 2,2%. Die Aktien haben im laufenden Jahr 42% zugelegt.

In dieser Woche hat der Bundestag bereits grünes Licht für die Anschaffung von 50 Schützenpanzern des Typs Puma für rund 1,5 Milliarden Euro gegeben. Verteidigungsminister Boris Pistorius stellte für den Jahresverlauf einen weiteren Auftrag in Aussicht. Wie zu hören ist, dürfte dieser weitere 61 Puma-Panzer umfassen.

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Lauernde Killerdrohnen für die Bundeswehr: Deutschland testet Loitering Munition

Lauernde Killerdrohnen für die Bundeswehr: Deutschland testet Loitering Munition

Lauernde Killerdrohnen für die Bundeswehr: Deutschland testet Loitering Munition© PCwelt

Als “Loitering Munitions” bezeichnet man Killerdrohnen, die ohne ein konkretes Ziel gestartet werden, dann eine Zeit lang (je nach Modell bis zu einer Stunde) über dem Zielgebiet fliegen und dabei nach Opfern Ausschau halten. Sobald der Operator der Drohne auf dem Videostream, den die Drohne auf seinen Kontrollbildschirm überträgt, ein potenzielles Ziel erkennt, kann er dieses näher auskundschaften und dann angreifen und vernichten lassen. Die Drohne wird bei diesem Angriff in der Regel selbst zerstört, weshalb man auch von Kamikaze-Drohnen spricht.

Die Bundeswehr besitzt derzeit keine “Loitering Munitions”-Drohnen beziehungsweise sogar keinerlei kampffähige Drohnen (die neu angeschaffte Heron TP aus Israel kann aber bewaffnet werden. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Kamikaze-Drohne), sondern ausschließlich Aufklärungsdrohnen. Nicht nur der Ukraine-Krieg, sondern auch Drohnen-Einsätze im Aserbaidschan-Armenien-Konflikt beweisen die Bedeutung von Drohnen für den Kampfeinsatz. Die Bundeswehr testet deshalb jetzt drei unterschiedliche Modelle von Kamikaze-Drohnen für die Anschaffung. Das geht aus der Antwort des parlamentarischen Verteidigungsstaatssekretärs Thomas Hitschler (SPD) auf eine Anfrage des linken Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko hervor. Bis dato hatte die Bundeswehr keine Loitering Munition getestet.

Heer testet zusammen mit einer Firma aus Bayern

Die Erprobung leitet das Heer. Sie erfolgt im bayerischen Manching durch die Firma AMDC GmbH. Eine entsprechende Roadmap für die Anschaffung von “Loitering-Munitions”-Drohnen soll bis Ende 2023 fertiggestellt sein. Die Federführung hat wie immer bei solchen Beschaffungsvorhaben das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr.

Drei Drohnensysteme aus Israel

Alle drei zu erprobenden Drohnensysteme stammen von israelischen Unternehmen. Bei den zu testenden Drohnen handelt es sich um zwei Starrflügler (die Drohne “Harop” stammt von Israel Aerospace Industries (IAI); Uvision Air wiederum fertigt die bekannte Drohne “Hero”, die vier Flügel besitzt, die sich nach dem Start automatisch entfalten) und um einen Senkrechtstarter (Rafael Advanced Defense System mit dem “FireFly”-System mit eingebautem Sprengsatz).

Genauere Angaben zu den Modellen gibt das Bundesverteidigungsministerium nicht. Die drei aus Israel beschafften Modelle sollen im Jahr 2024 getestet werden. Danach will das Verteidigungsministerium über die Beschaffung entscheiden.

Rheinmetall könnte Hero-Drohne in Deutschland bauen

Uvision arbeitet mit dem deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall zusammen. Rheinmetall hatte vor wenigen Wochen sein Konzept einer “Rheinmetall Combat Drone” vorgestellt, bei der dieHero-Drohne Verwendung findet. Mehr dazu lesen Sie in Rheinmetall Combat Drone: So vernichtet die neue deutsche Killerdrohne ihre Ziele – neue Details zur Kampfleistung. Damit könnte Uvision bei dem Wettbewerb einen Vorteil haben, weil dessen Hero-Drohne in Deutschland bei Rheinmetall gefertigt werden könnte.

Der KF51 Panther soll ebenfalls in der Lage sein, “Loitering Munitions”-Drohnen abzuschießen und zu steuern. Das muss man sich dann so ähnlich vorstellen wie auf dem Foto zu dieser Meldung (wobei darauf nicht der KF51 dargestellt ist).

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So will Pistorius den schwerwiegendsten Mangel beseitigen

Das Nachwuchsproblem der Bundeswehr ist noch gravierender als alle Ausrüstungslücken. Verteidigungsminister Pistorius (SPD) präsentiert erste Lösungsideen. So müsse die Truppe „öffentlich sichtbarer“ werden. Zudem nimmt er Frauen und Deutsche mit Migrationshintergrund verstärkt in den Blick.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD, l.) Mitte Mai beim Antrittsbesuch in der Infanterieschule Hammelburg (Bayern) picture alliance/dpa

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD, l.) Mitte Mai beim Antrittsbesuch in der Infanterieschule Hammelburg (Bayern) picture alliance/dpa© Bereitgestellt von WELT

Zu wenig Waffen. Marode Kasernen. Zu wenig Soldaten. Das sind im Kern die drei Probleme, die Boris Pistorius (SPD) zu bewältigen hat. Dazu muss der Verteidigungsminister die drei Bundesbehörden, die für diese Aufgabenbereiche zuständig sind, auf Vordermann bringen. Sie tragen Namen, die als Zungenbrecher taugen. Und sie liegen allesamt am Rhein.

Dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in Koblenz mit rund 12.000 Mitarbeitern und dem Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) in Bonn mit rund 3000 Mitarbeitern hat Pistorius bereits neue Präsidenten verpasst: Annette Lehnigk-Emden und Roland Börger.

Am Donnerstag nun besuchte der Minister das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) in Köln mit seinen mehr als 6800 Mitarbeitern. Dessen Präsidentin, Sabine Grohmann, ist bereits seit 2018 im Amt, eingesetzt noch von Ursula von der Leyen (CDU).

Austauschen will Pistorius sie aber nicht. „Sie sehen an dem Umstand, dass Frau Grohmann und ich hier heute stehen“, sagte Pistorius in Köln, „dass ich nicht die Absicht habe, einen Wechsel vorzunehmen.“ Er habe stattdessen seinen Staatssekretär Nils Hilmer gebeten, Grohmann zu unterstützen und „die Fäden zusammenzuhalten“.

Das ist insofern interessant, als Grohmann bislang nicht sonderlich erfolgreich war. Sie ist verantwortlich für die Sicherstellung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, also der Behebung des vielleicht schwerwiegendsten Mangels der Streitkräfte. Denn was nützen neue Waffensysteme ohne Soldaten, die damit kämpfen? In den Worten des Ministers: „Wir brauchen ausreichendes und ausreichend motiviertes Personal, weil nur mit Männern und Frauen unsere Flugzeuge fliegen, unsere Panzer und unsere Schiffe fahren.“

Das sei neben der Materialbeschaffung seine zweite große Priorität. Chef-Personalerin Grohmann aber ist bei der Aufstockung des Militärs nur schleppend vorangekommen. 2016 war die zu Zeiten des Kalten Krieges und der allgemeinen Wehrpflicht über eine halbe Million Soldaten starke Truppe mit 177.000 Soldaten so klein wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Seitdem gelang trotz großer Anstrengungen gerade einmal ein bescheidener Aufwuchs von rund 6000 Soldaten – das liegt weiter unter den Notwendigkeiten.

264.292 Menschen arbeiten derzeit bei der Bundeswehr, davon rund 183.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie freiwillig Wehrdienstleistende. Bis 2031 sollen es wieder rund 203.000 sein, wobei diese Zahl bereits 2018 festgelegt worden war, also lange vor Russlands Überfall auf die gesamte Ukraine. Seitdem sind zahlreiche neue Aufträge hinzugekommen. Doch selbst diese von der Realität längst überholte Zielmarke ist für die Armee der Freiwilligen kaum erreichbar.

Niemand weiß, wo die 20.000 zusätzlichen Soldaten angesichts des demografischen Wandels mit jährlich sinkenden Zahlen von Schulabgängern, des Fachkräftemangels, der Konkurrenz mit den Arbeitgebern in der Privatwirtschaft und der nachlassenden körperlichen Leistungsfähigkeit junger Menschen herkommen sollen. Denn die Streitkräfte haben zusätzlich einen jährlichen Regenerationsbedarf von noch einmal rund 20.000 Männern und Frauen – der in den kommenden Jahren aufgrund der Altersstruktur in der Truppe noch steigen wird.

Er wage noch keine Prognose, ob die Zielmarke von 203.000 realistisch zu erreichen sei, sagte Pistorius. „Wir tun alles dafür, aber vielleicht müssen wir die Zahl auch mal überprüfen – sowohl nach unten wie nach oben.“ Das sei bislang noch nicht geschehen. Für ihn sei es zunächst primär, die Bewerberzahlen zu steigern, frei werdende Stellen wieder zu besetzen und Zeitsoldaten, die länger bleiben wollten und gebraucht würden, zu halten. Die Bedingungen dafür seien schwierig und würden noch schwieriger.

Pistorius und die „praktische Begreifbarkeit“

Immerhin brachte Pistorius Ideen, wie es zu schaffen sein könnte, mit nach Köln: „Unser Ziel muss sein, die Bundeswehr öffentlich sichtbarer zu machen. Wir müssen dahin gehen, wo die Menschen sind, und nicht darauf warten, dass die Menschen zur Bundeswehr kommen.“ Es gehe „um praktische Begreifbarkeit, um Anfassen, um In-Berührung-Kommen mit denjenigen, die die Jobs schon machen“.

Der Bewerbungsprozess müsse schneller werden, es brauche neue Wege in der Werbung, die Personalbindung müsse effektiver und mehr Frauen sowie Staatsbürger mit Migrationsgeschichte müssten gewonnen werden. „Wir können noch mehr schaffen, es gibt einiges zu tun“, sagte Pistorius. Er sei „zuversichtlich, ohne euphorisch zu sein“.

Die Frage einer Journalistin, ob er aufgrund seiner großen Beliebtheit in der Bevölkerung nicht selbst als Rekrutierer tätig werden müsse, nahm der Minister als Scherz: „Interessanter Ansatz. Ich frage mal meine Experten, ob meine Popularität dafür ausreicht.“

Aber die Frage hat einen wahren Kern. Denn die Eigenschaften, die Pistorius so beliebt machen, sind im Personalwesen der Bundeswehr nicht überall verbreitet. Statt Mut zu Ehrlichkeit und Klartext, Entscheidungsfreude, Ahnung von der Sache und überdurchschnittlichem Engagement ist eher der Hang zu Schönfärberei verbreitet.

Deutlich wurde das erst vorige Woche, als das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) eine im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung erstellte und mit ihm abgestimmte „Bewerber-Studie 2022“ veröffentlichte. Darin wurde die These vertreten, dass es der Truppe nicht an Bewerbern mangele und die Personalrekrutierer sich den Luxus erlaubten, nur 30 Prozent davon einzustellen. Das entspreche nicht der Realität, sagte Generalarzt Lale Bartoschek, Abteilungsleiterin für Personalgewinnung im BAPersBw. So habe es im Jahr 2022 44.000 Bewerber gegeben, 36.000 von ihnen seien zum Auswahlverfahren erschienen und 18.600 eingestellt worden – also rund jeder Zweite. Zwar liege die Zahl der Interessenten deutlich höher, aber das seien eben keine Bewerber.

Auch im Wissenschaftsbetrieb wurde die Studie aufgrund ihrer mangelnden Repräsentativität mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. Das Ergebnis, dass es genügend Bewerber gebe und die auch noch überdurchschnittlich gebildet seien, fußt auf einer Online-Umfrage, an der sich im Zeitraum von Mai und Juli 1311 Interessenten beteiligten. Von denen, die das Bewerbungsverfahren tatsächlich absolvierten, meldeten sich nur 290 zurück. Aus dieser Datenbasis ließen sich kaum allgemeingültige Schlussfolgerungen ziehen, heißt es auch im BAPersBw, sie diene womöglich eher der „Innenkommunikation“, sprich: der Schönfärberei.

Die ist aber auch dem Personalamt nicht fremd. So behaupten die Chefrekrutierer, die bescheidene Ausrüstungslage spiele für die Attraktivität der Streitkräfte zumindest bei den Bewerbern keine größere Rolle. Denen gehe es eher um Coolness des Berufs, Kameradschaft und heimatnahe Verwendung. Und es gebe ja auch Material, nur eben nicht immer in ausreichender „Stückzahl und Einsatzbereitschaft“, so Bartoschek. Jene Rekruten, die in Truppenteile des Heeres kommen, die ihr Material gerade an die schnelle Einsatztruppe der Nato oder die im Aufbau befindliche Division 2025 abgeben und selbst nahezu blank dastehen, werden das anders sehen.

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Bundeswehr soll 60 Chinook-Hubschrauber erhalten

"Arbeitspferd" für den Lufttransport

Bundeswehr soll 60 Chinook-Hubschrauber erhalten

CH-47 Chinook Hubschrauber der Britischen Air Force (Symbolbild): Die Bundeswehr soll 60 der Transporthubschrauber erhalten. (Quelle: Sven Eckelkamp/imago images)

CH-47 Chinook Hubschrauber der Britischen Air Force (Symbolbild): Die Bundeswehr soll 60 der Transporthubschrauber erhalten. (Quelle: Sven Eckelkamp/imago images)© T - Online

Fahrzeuge, Material und Soldaten der Bundeswehr sollen künftig von Chinook-Hubschraubern transportiert werden. Die zuständigen Ausschüsse bewilligten den Kauf.

Der Verteidigungs- und der Haushaltsausschuss des Bundestages haben grünes Licht für den milliardenschweren Kauf von 60 schweren Transporthubschraubern für die Bundeswehr gegeben. Eine Mehrheit der Fachpolitiker votierte am Mittwoch in Berlin für die Beschaffung von 60 Boeing-Helikoptern des Typs CH-47F Chinook, wie Teilnehmer der Sitzungen erklärten.

Die Helikopter sollen in der Bundeswehr das "Arbeitspferd" für den schnellen Lufttransport von Fahrzeugen, Material und Soldaten werden. Sie sind für die Landes- und Bündnisverteidigung wichtig, aber auch bei Auslandseinsätzen. Das CH in der Modellbezeichnung steht für "cargo helicopter", zu Deutsch Transporthelikopter. Die ersten Hubschrauber sollen 2027 geliefert werden.

Der Gesamtfinanzbedarf des Projektes beträgt laut Entscheidungsvorlage rund 7,2 Milliarden Euro. Dazu kommen knapp 750 Millionen Euro, um die Infrastruktur für den Betrieb der Hubschrauber anzupassen. Genannt werden der Neubau von Gebäuden und Hallen, die Anpassung von Flugbetriebsflächen sowie die Erweiterung bestehender Tanklager. Noch am Vorabend hatte es wegen gestiegener Kosten neue Zweifel an dem Projekt gegeben.

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Ifo - Nur Hälfte des Sondervermögens für Kauf neuer Bundeswehr-Ausrüstung

ARCHIV: Eine deutsche Nationalflagge auf dem beleuchteten Reichstagsgebäude in Berlin, Deutschland

ARCHIV: Eine deutsche Nationalflagge auf dem beleuchteten Reichstagsgebäude in Berlin, Deutschland© Thomson Reuters

Berlin (Reuters) - Nur etwa die Hälfte des Sondervermögens von 100 Milliarden Euro kann dem Ifo-Institut zufolge für den Kauf zusätzlicher Ausrüstung für die Bundeswehr verwendet werden.

33 Prozent der Summe glichen lediglich Einsparungen beim Verteidigungsetat im Kernhaushalt aus, teilten die Münchner Forscher am Montag kurz vor dem Nato-Gipfel in Vilnius mit. Acht Prozent müssten für Zinsen aufgewendet werden. "Der Einsatz des Sondervermögens verfehlt damit die formulierten Ziele", sagte Ifo-Militärexperte Marcel Schlepper. Das Erreichen des Nato-Ziels, wonach jedes Land jährlich zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in den Verteidigungsetat stecken soll, sei auf Dauer gefährdet.

"Um dauerhaft zwei Prozent der Wirtschaftsleistung auszugeben, müsste der Verteidigungsetat schon jetzt sichtbar steigen", sagte Ifo-Forscher Florian Dorn. "Das wäre eine echte Zeitenwende, die auch mit Geld abgesichert würde." Aktuell finde das Gegenteil statt. Seit 2022 schrumpfe der Verteidigungsetat nach Abzug der Inflation. Im laufenden Jahr verfehle Deutschland damit das Zwei-Prozent-Ziel um einen zweistelligen Milliardenbetrag und gehöre zu den Mitgliedsstaaten mit dem größten Defizit. Geplante Investitionen werden demnach in das Sondervermögen verschoben. Waren im Verteidigungsetat selbst im vergangenen Jahr noch zehn Milliarden Euro für neue Ausrüstung vorgesehen, so seien 2024 weniger als drei Milliarden Euro geplant, so das Ifo-Institut.

Für die übrigen Ministerien aber weite sich der Spielraum als Folge der Einsparungen beim Verteidigungsetat aus. "Das Sondervermögen Bundeswehr ermöglicht durch Verschiebungen im Haushalt indirekt eine Umgehung der Schuldenbremse – auch für jene Ausgaben, die nicht Zweck des Sondervermögens sind", sagte Dorn. Die nächste Bundesregierung müsse mit Auslaufen des Sondervermögens eine noch größere Ausgabenlücke schließen. Die jährliche Lücke zu den zwei Prozent liegt demnach für die Jahre 2026 bis 2029 durchschnittlich bei 25 Milliarden Euro. Hinzu kämen etwa drei Milliarden Euro für die Zinslast der um 100 Milliarden Euro gestiegenen Schulden. "Die aktuellen Haushaltspläne säen Zweifel, ob Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel wirklich dauerhaft erfüllen will", sagte Ifo-Experte Schlepper. "Das erschwert die Planbarkeit bei den Streitkräften und in der Rüstungsindustrie."

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte das Sondervermögen im vergangenen Jahr als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine durchgesetzt.