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Arbeitsmarkt

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Corona hat Jobsuche erschwert - aber Erwerbstätigkeit steigt

 

Der deutsche Arbeitsmarkt erholt sich nur langsam vom Corona-Schock. Die Zahl der Erwerbstätigen und das Arbeitsvolumen stiegen zwar im zweiten Quartal 2021, konnten das Vorkrisenniveau aber weiterhin nicht erreichen, wie das Statistische Bundesamt berichtete.

Erstmals seit der Finanzkrise 2008/2009 kommen wieder mehr Arbeitslose auf eine offene Stelle als zuvor, hat zudem das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Arbeitsagentur festgestellt.

Laut der amtlichen Statistik waren im Zeitraum April bis Juni rund 44,7 Millionen Menschen an einem Arbeitsort in Deutschland erwerbstätig. Das war im Vergleich zum Auftaktquartal ein saisonbereinigter Anstieg um 75.000 Personen oder 0,2 Prozent. Zu Jahresbeginn war die Zahl noch gesunken, sie liegt aber weiterhin eine runde halbe Million unter dem Vorkrisenniveau des vierten Quartals 2019. Vor allem die Zahl der Selbstständigen und ihrer mithelfenden Angehörigen ist in der Krise weiter gesunken.

Die geleistete Arbeitszeit steigt - auch pro Kopf

Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen - die von allen Arbeitnehmern und Selbstständigen geleistete Arbeitszeit - stieg nach vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gegenüber dem zweiten Quartal 2020 um 6,8 Prozent auf 14,1 Milliarden Stunden. Hauptgrund ist der Rückgang der Kurzarbeiterzahl von rund 6 Millionen auf aktuell noch rund 2 Millionen Menschen.

Im Schnitt entfielen auf jeden einzelnen Erwerbstätigen 316,2 Arbeitsstunden und damit 6,8 Prozent mehr als zum Höhepunkt der Corona-Krise ein Jahr zuvor. Zum Vergleich: Vor der Corona-Krise leisteten die Menschen im zweiten Quartal 2019 durchschnittlich 325,6 Stunden und im dritten Quartal 2019 sogar 354 Stunden.

Auf dem Arbeitsmarkt hat die Pandemie die Situation für die Bewerber verschärft. Laut IAB kamen im vierten Quartal 2020 auf eine offene Helfer-Stelle 6,5 Arbeitslose. Ein Jahr zuvor waren es nur 3,9 Arbeitslose pro Job. Bei den Fachkräften war die Relation mit 1,3 Arbeitslosen pro unbesetzte Stelle nur leicht ungünstiger als vor der Krise (1,0). Umgekehrt berichteten die Betriebe von weniger Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung, kürzeren ungeplanten Vakanzzeiten und weniger Kompromissen bei der Entlohnung.

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Die Zahl der zu besetzenden offenen Arbeitsplätze in der deutschen Industrie ist im zweiten Quartal stark gestiegen.

In der Industrie wurden im zweiten Quartel in Deutschland 26.000 weitere offene Stellen ausgeschrieben.© Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa In der Industrie wurden im zweiten Quartel in Deutschland 26.000 weitere offene Stellen ausgeschrieben.Im Vergleich zum ersten Quartal habe die Zahl offener Stellen im verarbeitenden Gewerbe um 21 Prozent zugenommen, teilte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf Grundlage seiner Stellenerhebung in Nürnberg mit. Über alle Branchen sei die Zahl um 3 Prozent oder insgesamt 38.000 Stellen nach oben gegangen - alleine 26.000 entfielen auf die Industrie.

«Insgesamt zeigt sich auf breiter Front ein Erholungseffekt am deutschen Arbeitsmarkt», sagte IAB-Arbeitsmarktforscher Alexander Kubis. Zahlreiche offene Stellen gebe es auch auf dem Dienstleistungssektor, etwa im Gastgewerbe, im Kulturbetrieb und im Gesundheitswesen. «Die Covid-19-Pandemie hat sehr deutliche Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen», sagte Kubis. Insofern sei der starke Anstieg der offenen Stellen in den von der Krise besonders betroffenen Branchen auch ein Ergebnis der Erholung.

Das IAB untersucht mit seiner Stellenerhebung, einer Befragung von Betrieben, viermal jährlich das gesamte Stellenangebot in Deutschland. Im zweiten Quartal hatten 6500 Arbeitgeber auf die Fragen der Nürnberger Forscher geantwortet.

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Arbeitsmarkt legt keine Sommerpause ein

Die Corona-Krise ist noch nicht überwunden, aber der Arbeitsmarkt ist auf einem guten Weg: Im August ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland erneut gesunken, was wegen der Sommerpause in dem Monat eigentlich unüblich ist.

Bundesweit waren rund 2,58 Millionen Menschen ohne Job, etwa 12.000 weniger als im Juli und 377.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 5,6 Prozent.

«Der Arbeitsmarkt hat sich weiter positiv entwickelt», sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, am Dienstag in Nürnberg bei der Vorstellung der aktuellen Arbeitsmarktstatistik. «Das Beschäftigungswachstum gewinnt an Fahrt.»

Optimistischer Ausblick

Auch auf die kommenden Monate blickt die Bundesagentur optimistisch. Derzeit weise kein Indikator auf eine negative Entwicklung hin, sagte Scheele. Ähnlich sieht das KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib: Die Auftragslage in der Industrie und im Baugewerbe sei trotz der Lieferengpässe weiterhin sehr gut. Die Materialknappheit werde den Aufschwung am Arbeitsmarkt deshalb wenig beeinträchtigen.

Das größte Risiko sehen die Fachleute derzeit in den steigenden Infektionszahlen und der Impfbereitschaft der Menschen. Die Impfquote werde ausschlaggebend dafür sein, ob es im Herbst angesichts einer vierten Corona-Welle erneute Einschränkungen und damit Folgen für die Beschäftigung geben werde, sagte Scheele.

Bereits im Juli war die Arbeitslosigkeit bundesweit entgegen dem saisonüblichen Trend zurückgegangen. Normalerweise steigen die Arbeitslosenzahlen über den Sommer, weil Unternehmen vor den Ferien weniger einstellen und Ausbildungsverhältnisse enden.

Doch das wird in diesem Jahr von Nachholeffekten nach den Öffnungsschritten im Frühsommer überlagert: Nach dem monatelangen Lockdown suchen Betriebe in vielen Branchen wieder verstärkt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 779.000 offene Stellen verzeichnete die Bundesarbeitsagentur im August - 195.000 mehr als vor einem Jahr.

So sank nach Angaben der Bundesagentur zum ersten Mal seit 2010 die Zahl der Arbeitslosen im Monat August. Saisonbereinigt ging die Zahl der Menschen ohne Job sogar um 53 000 zurück. Stichtag für die aktuelle Arbeitsmarktstatistik war der 12. August.

Corona-Einfluss nimmt ab

«Der Einfluss der Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt wird kleiner, auch wenn er weiterhin sichtbar ist», teilte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mit. Nach Schätzung der Bundesagentur liegt das Niveau der Arbeitslosigkeit noch immer um 261.000 Menschen höher, als es ohne Pandemie der Fall gewesen wäre. Frühestens Ende 2023 werde der Corona-Effekt nicht mehr spürbar sein, sagte Scheele.

Auch die Anzeigen für Kurzarbeit gingen im August zurück. Vom 1. bis 25. August zeigten Unternehmen für 68.000 Menschen konjunkturelle Kurzarbeit an. Viele der Anzeigen sind jedoch nicht mehr auf die Corona-Krise zurückzuführen. Die davon besonders betroffenen Branchen kehrten zunehmend zum Alltag zurück, sagte Scheele. Etwa ein Drittel der Anzeigen stamme inzwischen aus der Automobilindustrie, ein weiteres Drittel aus der übrigen Industrie. «So dass wir das typische Kurzarbeit-Muster wieder haben», sagte Scheele.

Trend bei Kurzarbeit geht in richtige Richtung

Hochgerechnete Daten, wie viele Menschen in Deutschland tatsächlich Kurzarbeitergeld beziehen, liegen bis Juni vor. Danach wurde in dem Monat für 1,59 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld gezahlt - damit rutschte die Summe seit Beginn der Krise erstmals unter die Zwei-Millionen-Marke. «Der Trend geht also in die richtige Richtung», sagte Heil.

Auch am Ausbildungsmarkt sei mittlerweile eine Aufhellung sichtbar, sagte Scheele. Im Vergleich zum Vorjahr gebe es einen leicht positiven Trend, trotzdem sei dieser noch immer von der Corona-Krise geprägt, sagte Scheele. So sei vor allem die Zahl der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber von Oktober 2020 bis August 2021 mit 420 000 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum erneut zurückgegangen.

Dafür ist nach Ansicht der Bundesagentur-Fachleute nicht sinkendes Interesse an einer Ausbildung bei den jungen Leuten verantwortlich, sondern der erschwerte Zugang: Wegen der Pandemie fielen Praktika in Betrieben, Ausbildungsmessen und Besuche von Jobberatenden in Schulen aus.

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IAB: Arbeitslosigkeit geht weiter zurück - aber langsamer

 

Auf dem deutschen Arbeitsmarkt wird es zum Jahresende etwas frostiger - die Arbeitslosigkeit dürfte aber weiter sinken.

Das Arbeitsmarktbarometer des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gab im Oktober nach einem extrem starken Sommer zum zweiten Mal in Folge nach, wie das Institut am Dienstag mitteilte.

Mit 104,7 Punkten sank das Barometer im Oktober zwar um 1,5 Punkte und damit recht deutlich. Im Langzeit-Vergleich ist das aber noch immer ein guter Wert: Das Barometer pendelt zwischen 90 und 110 - der Wert 100 würde eine neutrale Situation auf dem Arbeitsmarkt widerspiegeln.

Der Indikator deute darauf hin, dass der Arbeitsmarkt sich weiterhin günstig entwickelt, wenngleich in einem gezügelten Tempo, teilte das IAB weiter mit. «Nach der furiosen Aufholjagd aus dem Sommer läuft die positive Arbeitsmarktentwicklung in gemäßigtere Bahnen», sagte Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen. Die Bundesagentur für Arbeit wird an diesem Donnerstag ihre Oktober-Statistik vorstellen.

Positiv bleibt die Beschäftigungskomponente des Barometers, die im Oktober nur unwesentlich nachgab. Dies zeigt, dass die Betriebe in Deutschland weiterhin einstellen wollen. «Die Beschäftigung dürfte durch den Wiedereintritt von Personen, die sich in der Krise vom Arbeitsmarkt zurückgezogen hatten, und durch kurzfristige Nachholeffekte bei der Migration gestützt werden», hieß es vom IAB.

Die Arbeitslosigkeitskomponente des IAB-Arbeitsmarktbarometers sank dagegen im Oktober um 3,0 Punkte stark auf 102,7 Punkte. Das signalisiert noch immer eine sinkende Arbeitslosigkeit, es geht aber deutlich langsamer nach unten als in der Phase unmittelbar nach dem Lockdown. «Der Arbeitskräftebedarf bleibt hoch. Dennoch wird die Arbeitslosigkeit nicht mehr so schnell sinken. Nach der 1,5 Jahre anhaltenden Krise zeigen sich Risiken einer Verfestigung in Form höherer Langzeitarbeitslosigkeit», sagte Weber.

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer misst seit November 2008 als Frühindikator die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Es basiert auf einer monatlichen Umfrage der Bundesagentur für Arbeit unter allen Arbeitsagenturen.

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Ausbildungskrise trübt Freude über Belebung am Arbeitsmarkt

 

Die Konjunktur ist vor allem bei den Dienstleistungen stark, die Herbstbelebung auf dem Arbeitsmarkt hält an, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist so hoch wie nie.

Trotz solch positiver Signale ist der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit nicht vollends zufrieden. «Es können nicht alle Menschen in gleicher Weise davon profitieren», beklagte Detlef Scheele am Donnerstag in Nürnberg.

Scheele meint Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung, die sich besonders schwer täten, nach der Corona-Krise in einen Job zurückzukehren. Und er meint Schulabgänger, die noch auf eine Ausbildung warten. Die Vermittler des Ausbildungsjahrganges 2021 lief schlecht: pandemiebedingt weniger Ausbildungsbörsen, schwieriger Zugang für Berufsberater zu Schulen, weniger Praktika.

«Die Ergebnisse bleiben trotz einer Aufhellung noch sehr deutlich hinter denen vor der Pandemie zurück und wir stehen weiterhin vor großen Herausforderungen», sagte Scheele. In den vergangenen zwölf Monaten wurden den Jobcentern und den Arbeitsagenturen 511.300 Lehrstellen gemeldet, 19.000 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Demgegenüber haben den Angaben nach 433.500 Bewerber Beratungen der Jobcenter und Agenturen in Anspruch genommen - 39.400 weniger als im Vorjahreszeitraum. 5,7 Prozent der Bewerber waren am 30. September noch unversorgt - eine etwas günstigere Quote als im vergangenen Jahr. «Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir im Ergebnis nicht zufrieden sein können mit diesem Ausbildungsjahr», betonte Scheele.

«Der Rückgang liegt nicht an der Demografie, die Schülerzahlen sinken nicht, sie sind stabil», sagte Scheele. Die jungen Leute suchten sich Alternativen zur dualen Ausbildung - etwa in einem längeren Schulbesuch, einem Studium oder auch in ungelernter Erwerbstätigkeit. Auch Fachschulausbildungen, etwa für Erzieherinnen und Altenpflegerinnen, stünden in Konkurrenz zur klassischen Lehrstelle.

Insgesamt ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland dank einer anhaltenden Herbstbelebung im Oktober kräftig auf 2,377 Millionen gesunken. Das sind 88.000 weniger als im September und 383.000 weniger als im Oktober vergangenen Jahres, wie die Bundesagentur für Arbeit mitteilte. In den Jahren 2018 und 2019 - also vor der Pandemie - war die Arbeitslosigkeit im Oktober nur um jeweils etwa 50 000 zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote sank im Oktober um 0,2 Punkte auf 5,2 Prozent. Die Bundesagentur hat für ihre Statistik Datenmaterial berücksichtigt, das bis zum 12. Oktober eingegangen ist.

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland stieg im Oktober auf einen Rekordwert. Mit 33,97 Millionen ist deren Zahl so hoch wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen sei höher als vor der Pandemie, sagte Scheele. Das belege die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften, besonders Facharbeitern.

«Der Fachkräftemangel ist nach wie vor die Wachstumsbremse in Deutschland», sagte er. Es werde für die neue Bundesregierung eine der Herausforderungen sein, das inländische Potenzial zu heben und Zuzug aus dem Ausland so zu ermöglichen, dass auch das Problem der Anerkennung etwa von im Ausland erworbenen Handwerksausbildungen gelöst werden könne.

«Klar ist: Der wirtschaftliche Aufschwung kann nur mit den richtigen Fachkräften gelingen», sagte auch Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. «Wir Arbeitgeber halten mit aller Kraft an Ausbildung fest.» Auch im zweiten Corona-Jahr stünden deutlich mehr Ausbildungsplätze als Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung. «Wir müssen alles daransetzen, das Matching von Angebot und Nachfrage voranzubringen. Eine praxisorientierte Berufsorientierung ist dafür ein Muss», betonte Dulger.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erinnerte besonders an das Problem der Langzeitarbeitslosen, deren Zahl in der Pandemie deutlich zugenommen hat und immer noch jenseits der Grenze von einer Million liegt. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen - also der Menschen, die länger als zwölf Monate ohne Job sind - habe sich während der Pandemie seit März 2020 von 30,3 auf 42,4 Prozent erhöht, heißt es im Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur.

Zwischen dem 1. und dem 24. Oktober hatten Betriebe für 93.000 Personen Kurzarbeit angemeldet. Wie viel tatsächlich davon in Anspruch genommen wird, entscheidet sich aber erst später. Die neuesten Daten für die tatsächliche Inanspruchnahme stammen aus dem August. In diesem Monat zahlte die Bundesagentur für 760.000 Menschen Kurzarbeitergeld. Dies ist deutlich weniger als auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, als knapp sechs Millionen Menschen in Deutschland in Kurzarbeit waren.

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Viele offene Stellen: Fachkräftereport – wen die Unternehmen besonders händeringend suchen

Der Fachkräftemangel ist laut DIHK schlimmer als vor der Corona-Krise. Viele Unternehmen können ihre Stellen nicht besetzen – es fehlt vor allem an Bewerbern mit dualer Berufsausbildung.

Die Corona-Krise hat die Nachfrage nach Fachkräften nur kurzzeitig gebremst, nun suchen Unternehmen wieder händeringend nach Personal. Laut einem Report des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ist der Fachkräftemangel schon jetzt gravierender als vor der Corona-Krise – und es droht noch deutlich heftiger zu werden.

Mehr als die Hälfte der 23.000 befragten Unternehmen kann laut dem DIHK-Fachkräftereport derzeit offene Stellen zumindest vorübergehend nicht besetzen. Vor einem Jahr hatte nur knapp jedes dritte Unternehmen (32 Prozent) von Personalengpässen berichtet. Vor zwei Jahren, also vor der Corona-Krise, hatten 47 Prozent der Firmen Schwierigkeiten bei der Fachkräftesuche gehabt – nun sind es 51 Prozent. "Der Fachkräftemangel in den Betrieben ist zurück: schneller und in größerem Umfang als von vielen erwartet", sagt der stellvertretende DIHK-Geschäftsführer Achim Dercks.

Besonders gravierend ist der Personalmangel in der Baubranche, wo zwei von drei Unternehmen keine passenden Arbeitskräfte finden. Ebenso händeringend suchen Gesundheits- und Sozialdienstleister wie Krankenhäuser und Arztpraxen, Kitas, Pflegeheime sowie ambulante Alten- und Pflegedienste. Und auch im Gastgewerbe haben zwei von drei Betrieben nach dem Corona-Einbruch nun Probleme neue Leute zu finden.

Menschen mit Berufsausbildung fehlen

Gefragt wurde auch, welches Qualifikationsniveau die Arbeitgeber vergeblich suchen. Besonders leergegrast ist der Arbeitsmarkt demnach bei den Menschen mit Berufsausbildung. Von allen Unternehmen, die Stellen nicht besetzen können, suchten 57 Prozent Arbeitskräfte mit dualer Berufsausbildung – vor allem im Handel, aber auch in Industrie und Bau.

36 Prozent suchten zudem vergeblich Mitarbeiter mit höherer Berufsbildung wie Fachwirt oder Meister, 35 Prozent suchten Ungelernte und 32 Prozent Bewerber mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Im Zeitverlauf fällt auf, dass der Mangel an Menschen mit Berufsausbildung und ungelernten Kräften seit 2018 deutlich zugenommen hat, während er für höhere Qualifikationen sogar leicht zurückging.

Fachkräftemangel nimmt zu

Für die kommenden Jahre erwartet der DIHK, dass die Engpässe bei Fachkräften weiter zunehmen werden, weil mehr Menschen in Rente gehen als junge nachkommen. Die Folgen spürten nicht nur einzelne Betriebe, sondern die Wirtschaft im Ganzen, sagt DIHK-Mann Dercks. "Fehlen beispielsweise IT-Experten, betrifft dies auch Mittelständler, die Geschäftsprozesse digitalisieren oder sich um eine bessere Cybersicherheit kümmern möchten. Fehlen Lkw-Fahrer, können industrielle Produktionsprozesse ins Stocken geraten, weil Vorprodukte nicht rechtzeitig geliefert werden, und fehlen Fachkräfte etwa zur Verlegung von Glasfaserkabeln, verlangsamt sich der dringend erforderliche Ausbau der Breitband-Infrastruktur."

Schon jetzt sei der Fachkräftemangel eine "enorme Wachstumsbremse", die geschätzte 90 Milliarden Euro Wertschöpfung koste, also etwa 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Insgesamt schätzt die DIHK die Zahl der offenen Stellen auf 1,7 bis 1,8 Millionen. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, sprach im Oktober von 1,2 Millionen fehlenden Arbeitskräften, darunter zwei Drittel Fachkräfte.

Auch eine Bertelsmann-Studie hatte kürzlich ergeben, dass der Fachkräftemangel größer als erwartet sei. Zwei Drittel der befragten Entscheider in Unternehmen berichteten dort von Personalengpässen, unter anderem im Pflege- und Gesundheitssektor, bei Erziehungsberufen und im Handwerk.

Der DIHK fordert neben einer Stärkung der dualen Ausbildung auch eine erleichterte Zuwanderung im Bereich der beruflich Qualifizierten sowie Anreize für berufliche Weiterbildung. Zudem sollte die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch gute Kinderbetreuungsangebote und flexible Arbeitsmodelle wie Teilzeit und Homeoffice verbessert werden.

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