Weil die Bundesregierung zu spät tragfähige Finanzierungen der Heizwende vorgestellt hat, verunsichern immer neue vermeintliche Wunderkonzepte nun die Menschen die Deutschland. IMAGO/imagebroker© IMAGO/imagebroker
Deutschland diskutiert die Heizwende wie ein Jahrtausendproblem. Dabei ist sie eine alltägliche, lösbare Politikherausforderung. Nichts verdeutlicht das besser als die Debatte um hochtrabende Förderkonzepte.
Seit sich Hausbesitzer in Deutschland vor den Heizwende-Kosten sorgen, erfinden Experten scheinbar vielversprechende Förderideen, die in Wahrheit niemandem helfen. Zeit, der Wahrheit ins Auge zu sehen: Die Heizwende kommt, trotz vorübergehendem Stopp durch das Bundesverfassungsgericht. Wir alle zahlen dafür. Das ist auch nicht schlimm. Die Bundesregierung hätte es nur früher klar regeln müssen.
Umstieg ohne Zusatzkosten? Verspricht viel, hält wenig
Jüngster Teilnehmer im Wettbewerb der Förderkonzepte ist Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in Düsseldorf. Dullien will Hausbesitzern den Wärmepumpenumstieg samt Sanierung ohne Zusatzkosten ermöglichen, indem er jeden Mehraufwand im Vergleich zu einer neuen Öl- oder Gasheizung mit staatlichen Krediten abfedert – unabhängig vom Einkommen der Hauseigentümer, wohlgemerkt.
Die Eigentümer zahlen monatlich den Betrag zurück, den sie im Vergleich zur Öl- oder Gasheizung sparen. Die Wärmepumpe kostet sie dadurch nicht mehr als eine neue Gasheizung.
Auch Dulliens Argument, die Kredite blieben für den Staat kostenneutral, zieht nicht: Bei einer geschätzten Laufzeit von zehn bis 20 Jahren, nimmt ein guter Teil der Eigentümer seine Finanzierung mit ins Grab. Andere können die stetig teureren Zahlungen ab Renteneintritt nicht mehr leisten oder ihnen geht schon vorher das Geld aus. In allen Fällen schultert der Steuerzahler die Restschuld.
Niemand braucht Wundermittel
Die Lücken im Konzept des Wirtschaftswissenschaftlers verdeutlichen die Tragik der Wärmewende: Weil niemand den Umstieg bezahlen will, sucht jeder die perfekte, nebenwirkungsfreie Lösung. Die gibt es aber nicht. Ideen, die sie dennoch versprechen, schaden mehr als sie nützen.
Dabei brauchen wir kein Wundermittel. Der Wärmepumpenumstieg kostet, was er kostet. Eigentümer ernten viele Vorteile: niedrigere Energieausgaben, wertgesteigerte Immobilien. Im Gegenzeug schultern sie viele der Nachteile: Kosten, Aufwand, Planung. Kein noch so virtuoses Finanzierungskonzept verhindert das.
Genauso wenig retten Finanzierungskonzepte den Staat vor einer Teil-Kostenübernahme. Viele Hausbesitzer können den Umstieg nicht selbst zahlen. Verlangt die Allgemeinheit von ihnen die Sanierung, muss sie sich gerechterweise daran beteiligen. Klimawandel-Bremsen kosten eben Geld.
So gesehen verkommt die hochstilisierte Finanzierungsfrage zur banalen Kostenaufteilung. Was trägt der Staat? Was plant der Eigentümer? Die Bundesregierung plant eine bis zu 70-prozentige Förderung. Damit ist fast alles geklärt.
Bundesregierung schuf unnötige Unsicherheit
Die Heizwende ist kein Jahrtausendereignis, das Deutschland nur mit Wunderideen überlebt. Sie ist eine schnöde Technologieumstellung, wie sie die Bundesrepublik immer wieder meistert. Ein Land, das alle Haushalte mit Wasser, Strom und Internet versorgt, Straßen bis ins letzte Dorf gelegt und die Ruinen eines Weltkriegs wieder aufgebaut hat, wird auch mit Wärmepumpen fertig.
Die wenigen offenen Fragen löst es mit bewährten Mitteln statt neu erfundenen Rädern. Dulliens Konzept liefert das beste Beispiel: Seiner extravaganten Auswüchse beraubt, ergänzt es bestehende Pläne. Finanzieren Hausbesitzer mittels KfW-Krediten den nicht geförderten Teil der Sanierung, tragen sie ihren Teil der Last und die Allgemeinheit hilft mit. Perfekt.
Hauseigentümer brauchen allerdings langweilige, planbare Fest-Raten. Anfangs zahlen sie damit drauf, später sparen sie. Das klingt weniger sexy als eine Einsparungs-Koppelung. Umsetzbarer bleibt es dennoch.
Das bringt uns zum eigentlichen Problem: Hochtrabende Finanzierungsideen schießen wie Pilze aus dem Boden, weil die Bundesregierung die Heizwende zunächst ohne solides Förderkonzept vorstellte. Habeck und Geywitz hätten die Förderungen mitdenken müssen, bevor sie die große Panik lostraten. Haben sie aber nicht.
Nun, da der Fehler lange passiert ist, wird es Zeit, darüber hinwegzukommen: Die Förderung steht fast. Wer weiter tut, als ringe Deutschland mit einem unlösbaren Problem, hilft niemandem.