Wie lange hält die Munition? Die Bundeswehr hat Nachschubprobleme.© Philipp Schulze/dpa
Defizite an der Nato-Ostflanke: Bundeswehr droht laut Bericht „qualifiziertes Fehl“ bei Luftabwehr
Ein Bericht des Bundesverteidigungsministeriums zeigt, dass die Bundeswehr ihre Aufgaben an der Nato-Ostflanke teilweise „nur mit Einschränkungen“ erfüllen kann.
München – Im Hintergrund des Ukraine-Krieges und der explosiven Situation mit Russland sorgen sich Nato-Länder neben der Unterstützung der Ukraine auch um die eigenen Streitkräfte. So auch die Deutschland. Die Defizite der Bundeswehr mit Blick auf etwa ausreichend Munition sorgten zuletzt für viel Aufregung.
Nun dürfte ein neuer Bericht des Bundesverteidigungsministeriums zu mehr Irritationen führen. Darin heißt es, die Bundeswehr könne die Aufgaben an der östlichen Grenze der Nato zwar erfüllen. Allerdings sei dies nur mit „Einschränkungen“ möglich, wie der Spiegel berichtet.
Nato-Ostflanke: Bundeswehr offenbar mit Lücken bei Battle-Group in Litauen
In einem Begleitbrief zum Bericht versichert Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), die Bundeswehr stehe „ohne Wenn und Aber“ zu ihren Bündnisaufgaben an der Ostflanke und erfülle alle Bündnisverpflichtungen „verlässlich“. Dem beigelegten Bericht zufolge herrschen allerdings wohl erhebliche Schwierigkeiten bei der Ausrüstung der entsprechenden Einheiten.
Bundeswehr wird Nato-VJTF aufstellen – doch „lediglich Minimalforderungen“ können erfüllt werden
Da man auf „die Einwerbung multinationaler Kräftebeiträge angewiesen“ sei, könne das deutsche Heer zurzeit keine Artilleriekräfte stellen. Hinzu kommt offenbar eine mangelhafte Luftverteidigung der Battle-Group. Der Grund: Die entsprechenden deutschen Patriot-Systeme sind für die VJTF, die schnelle Eingreiftruppe der Nato, reserviert. So prophezeit der Bericht ein „qualifiziertes Fehl“ ab 2023.
Die Bundeswehr wird im kommenden Jahr die VJTF aufstellen. Auch hier ergibt sich ein katastrophales Bild. Fehlendes Material - wie etwa abhörsichere Digitalfunkgeräte - führe zu einer „teilweise qualitativ eingeschränkten“ Einsatzbereitschaft. Grund seien „Verzögerungen wichtiger IT-Projekte“, die eine digitale Steuerung der VJTF nur „eingeschränkt“ sicherstelle. Die Erfüllung von „lediglich Minimalforderungen“ werden in Aussicht gestellt. Bei der Flugabwehr wird „erhebliches Fähigkeitsdefizit“ hervorgesagt.
Damit ist nicht Schluss: Nicht nur in Litauen, sondern in Deutschland selbst sieht es düster aus. Der Bericht warnt vor Problemen bei der militärischen Luftraumsicherung wegen erheblichen Alterserscheinungen bei Systemen am Boden. Dazu zählen Luftraum-Radarstationen, Flugfunkgeräte oder Software für Gefechtsstände. Und das ausgerechnet in einer Situation, in der Kreml-Propagandisten Berlin mit einem Angriff aus der Luft drohen.
Defizite der Bundeswehr: Lambrecht macht „Unterfinanzierung“ der letzten Jahre verantwortlich
Probleme bei der Aufstellung der wichtigsten Nato-Truppe inmitten einer brenzligen Lage könnte sich als durchaus peinlich für die Bundeswehr erweisen. Ministerin Lambrecht sieht für die Lücken offenbar die frühere Regierung mit der CDU/CSU in der Verantwortung. „Durch Jahrzehnte der strukturellen Unterfinanzierung gerissene Lücken im Personalkörper, der materiellen Ausstattung, der Infrastruktur sowie bei Ersatzteilen und Munition lassen sie sich nicht mit einem Federstrich schließen“, schreibt sie im Brief zum Bericht.
Generalinspekteur Eberhard Zorn fordert in dem Bericht eine generelle Einsatzbereitschaft der gesamten Bundeswehr. Immerhin erfordere die Landes- und Bündnisverteidigung „quantitativ und qualitativ einen grundlegenden Wandel der Anforderungen an die Einsatzbereitschaft der gesamten Bundeswehr“.