Zitat von Gast am 11. Oktober 2023, 05:33 Uhr
Analyse von Ulrich Reitz - Sie wünschen sich eine neue Regierung? Warum Sie sich das abschminken können
Finanzminister Christian Lindner (FDP), Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) IMAGO/Chris Emil Janßen© IMAGO/Chris Emil Janßen
Mehr als die Hälfte der Bevölkerung wünscht sich Neuwahlen. Wie wahrscheinlich ist das? Jedenfalls: Gerade in ernster Zeit wäre eine starke Regierung wichtig. Und keine faktische Minderheitsregierung.
Käme es jetzt zu Neuwahlen, würde danach der Bundeskanzler Friedrich Merz mit dem Vizekanzler Olaf Scholz regieren. Und das ist der Grund, weshalb es nicht zu Neuwahlen kommt, mag sich die Bevölkerung das mit mehr als 50 Prozent auch noch so sehr wünschen.
Interesse an Neuwahlen können nur zwei Parteien haben: die AfD, die so stark dasteht wie nie und seit Monaten dafür trommelt. Und die Union, die davon aber im Moment nichts wissen will. „Wir sollten keine Debatten über Neuwahlen führen“, sagte am Mittag der kommende Mann der CDU, Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst. Wollte Wüst Kanzlerkandidat werden, käme eine vorgezogene Bundestagswahl auch für ihn persönlich zu früh.
Nach dem schlechten Abschneiden der CSU bei der bayerischen Landtagswahl könnte Markus Söder nur Kanzlerkandidat werden, falls Friedrich Merz für ihn darauf verzichtet. Diesen Gefallen hat Söder allerdings noch nicht einmal Armin Laschet getan – weshalb sollte Merz eine Ambition aufgeben, für die allein er nach 20 Jahren in der Wirtschaft in die Politik zurückgekehrt ist?
Ein Vertrauensfrage im Bundestag würde Scholz für sich entscheiden
Weshalb sollte Olaf Scholz zurücktreten, um Neuwahlen zu ermöglichen, an deren Ende sein ärgster Konkurrent auf seinem Stuhl säße? Der andere Weg zu Neuwahlen, eine fingierte Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag, kann man für den Moment auch ausschließen:
Die einzige Partei, die ein Motiv hätte, gegen Scholz zu stimmen, wäre die FDP. Damit könnte sie allerdings gleichzeitig ihr Ende besiegeln, denn ihre Wähler sind tief enttäuscht von den Liberalen, in den Umfragen kommt sie der Fünf-Prozent-Marke gerade gefährlich nahe. Darum spricht über diese Nicht-Option gerade auch niemand (laut) – nicht einmal Wolfgang Kubicki. Also ist die folgende Prognose keine Hexenwerk: Ein Vertrauensfrage im Bundestag würde Scholz für sich entscheiden.
Die wohl unbeliebteste deutsche Regierung seit 1949 wird weitermachen
Unterm Strich: Weder tritt der Kanzler zurück noch stellt er die Vertrauensfrage. So kommt es zu einer ambivalenten Situation: Die nach nur zwei Jahren im Amt wohl unbeliebteste deutsche Regierung seit 1949 wird weitermachen. Betrachtet man es nicht rechtlich, sondern politisch, dann haben wir es mit einer Minderheitsregierung zu tun. Sie wird zwar von einer Parlaments-Mehrheit getragen, nicht aber von einer Bevölkerungsmehrheit. Die hat sie verloren.
Für diesen besorgniserregenden Zustand hat nicht die AfD gesorgt, es ist genau umgekehrt: Die Bundesregierung hat für den besorgniserregenden Zustand der AfD gesorgt – deren Höhenflug. Die Ampelkoalition trägt für ihren Vertrauensverlust selbst Verantwortung – und die Auftritte von Nancy Faeser und Saskia Esken bestätigen nur den Befund.
Der vollkommen gescheiterten hessischen Spitzenkandidatin Faeser ist nach eigenem Bekunden kein Fehler anzulasten und die SPD-Vorsitzende Esken macht eine müde und veränderungs-averse Bevölkerung für die Vertrauenserosion der Bundesregierung verantwortlich. Es ist eine kaum kaschierte Form der Wählerbeschimpfung. Diese Arroganz erklärt, weshalb die Wähler sich von den Regierenden abwenden.
Ein starker Innenminister müsste sich jetzt der islamischen Bedrohung widmen
Die Tragik besteht darin, dass gerade jetzt ein starker, also vom Vertrauen der Mehrheit der Bevölkerung getragener Bundeskanzler so wichtig wäre wie ein starker Bundesinnenminister. Annalena Baerbock mag als deutsche Außenministerin noch so sehr die Herrschaft des Rechts beschwören: Russland als Angriffskrieger und der Iran als Terrorfinanzierer haben gerade die Herrschaft des Völkerrechts zur Illusion erklärt. Ebenso wie eine wertegeleitete Außenpolitik. Es regieren nicht Werte sondern Interessen, im Grunde war es auch nie anders.
Ein starker Innenminister müsste sich jetzt der islamischen Bedrohung widmen, die der Krieg im Nahen Osten in Deutschland wieder auf die Tagesordnung gesetzt hat. Die orthodoxen Islam-Verbände erweisen sich gerade als fünfte Kolonne der Hamas-Terroristen, und eine Innenministerin müsste jetzt durchsetzen, dass die Bundesregierung grundsätzlich nur noch mit Moslemvereinen spricht, die das Existenzrecht Israels offen anerkennen.
Mit der ungeordneten Einwanderung über die Asyl-Migration, kombiniert mit dem umfassenden Abschiebeschutz, hat sich Deutschland ein veritables Sicherheitsrisiko eingebrockt. Ein starker Innenminister müsste jetzt auch über die innere Struktur der Migration nachdenken – 70 bis 80 Prozent der Migranten kommen aus muslimischen Ländern, deren Bevölkerung anti-israelisch sozialisiert wurde. So etwas wie „Bataclan“, die islamistischen Anschläge in Frankreich, könne auch bei uns jederzeit passieren, sagt der langjährige Sicherheitsfachmann Wolfgang Ischinger. Sind wir überhaupt gewappnet?
Je stärker die Israelis zurückschlagen, desto unsicherer wird die Lage in Deutschland
Und auch der Zentralrat der Juden in Deutschland hat recht: Die Zahlungen an die Palästinenser, deren Struktur die Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze erst jetzt ermitteln will, müssten sofort eingestellt werden. Israel erhebt seit Jahren den Vorwurf, dass auch mit deutschem Steuergeld sogenannte „Märtyrer-Renten“ an palästinensische Attentäter-Familien gezahlt werden, was den Terror am Laufen hält.
Die Bundesregierung hat in Nahost so gut wie Null Einfluss, ebenso wie die Europäische Union, die auch noch tief zerstritten ist in der Israel-Palästina-Frage. Deshalb sollte die Bundesregierung wenigstens im Innern für Sicherheit sorgen, denn: Je stärker die Israelis zurückschlagen, desto unsicherer wird die Lage in Deutschland.
Der Bundesregierung könnte noch auf die Füße fallen, dass sie, genau wie ihre Vorgänger-Regierungen, das Problem des aus islamischen Ländern über die Migration importierten Antisemitismus seit Jahren lauthals beschweigt. Nach einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung aus diesem Sommer stimmen 16 Prozent der Muslime in Deutschland der Aussage zu, dass der Staat Israel nicht mehr existieren sollte. Also jeder sechste.
Und weshalb hat die Bundesinnenministerin die Organisation Samidoun noch nicht verboten, die diese Hamas-Solidaritätspartys organisierte, etwa in Neukölln. Samidoun wirbt für die „Befreiung Palästinas“, und zwar: „vom Fluss bis zum Meer“. Israel, dessen Existenzrecht angeblich deutsche Staatsräson ist, wäre dann Geschichte.