Künftig finanziert der Lkw „etwa 80 Prozent aller Verkehrsinvestitionen des Bundes“, heißt es in einer Studie. Foto: imago images/Thomas Eisenhuthdata-portal-copyright=© Bereitgestellt von Handelsblatt
Transporteure sollen künftig eine Klima-Maut und eine CO2-Abgabe bezahlen. Damit wird der LKW bald 80 Prozent der Verkehrsinvestitionen finanzieren.
Die Transportbranche mobilisiert gegen die Pläne der Bundesregierung, den Güterverkehr auf der Straße deutlich zu verteuern. „Wir erwarten, dass sich die Regierung an den Koalitionsvertrag hält und die Transportbranche vor finanziellen Doppelbelastungen schützt“, forderte Frank Huster, Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) .
Dirk Engelhardt, Vorstandsprecher des Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung, erklärte: „Hier geht es nicht nur um die Glaubwürdigkeit der Politik, sondern zugleich um die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen.“
SPD, FDP und Grüne wollen ab Dezember einen neuen CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut erheben, mit dem sich die Mautkosten je gefahrenen Kilometer mit mehr als 30 Cent nahezu verdoppeln.
Ab Januar soll zudem die CO2-Abgabe auf fossile Energien weiter steigen, womit sie bei Diesel dann bei rund elf Cent je Liter liegen wird. Im Koalitionsvertrag hatten die Parteien zugesagt, den CO2-Zuschlag auf die Lkw-Maut einzuführen, „unter der Bedingung, eine Doppelbelastung durch den CO2-Preis auszuschließen“.
Ministerium will „unverhältnismäßige“ Anlastung vermeiden
Das Bundesverkehrsministerium wollte sich zu der Doppelbelastung nicht äußern. Eine Sprecherin erklärte, es komme darauf an, „eine insgesamt unverhältnismäßige Anlastung von CO2-Kosten zu vermeiden“.
Die Branche hält es für unverhältnismäßig, doppelt zur Kasse gebeten zu werden – zumal der CO2-Preis an der Zapfsäule weiter steigen soll: auf mehr als 14 Cent je Liter Diesel 2025 und auf mehr als 17 Cent 2026. Ab 2027 soll ein Zertifikatehandel das starre System ablösen und Benzin und Diesel weiter verteuern.
Hauptgeschäftsführer Huster forderte, der CO2-Preis auf Kraftstoffe müsse „auf dem Niveau von 2022 eingefroren werden“. Vorstand Engelhardt sagte: „Den CO2-Preis zahlen ausschließlich diejenigen, die in Deutschland tanken, also hauptsächlich deutsche Unternehmen.“ Sein Verband schlägt vor, den Aufschlag von circa elf Cent je Liter Diesel ab Januar den Transportunternehmen zu erstatten.
In einer Verbände-Allianz fordern sie zudem mit fünf weiteren Verbänden, mit Biokraftstoffen betriebene Lastwagen steuerlich zu entlasten. Dies sei für die Transporteure die einzige Möglichkeit, die drohenden Mehrkosten mit klimafreundlichen Lkw zu vermeiden. Die Gesetzespläne sehen vor, dass einzig batterie- oder wasserstoffbetriebene Schwerlaster bis Ende 2025 von der Lkw-Maut befreit sind – allerdings gibt es so gut wie keine Fahrzeuge auf dem Markt.
Angesichts dessen hatte die Branche bereits angeregt, die Maut erst ab 2025 und dann stufenweise einzuführen. Bis dahin wollen die Truckbauer vermehrt klimaneutrale Lastwagen auf den Markt bringen.
Mit den Gesetzesplänen wird laut Mautbetreiber Toll Collect hingegen für 90 Prozent aller Lastwagen die doppelt so hohe Maut fällig. Nur zehn Prozent könnten einen Abschlag beantragen, für den sie aber Emissionsdaten nachweisen müssen, die oftmals nicht einmal beim Hersteller vorliegen. Dies berichten Brancheninsider.
„Es ist offensichtlich, dass es zu diesem frühen Zeitpunkt bei der CO2-basierten Lkw-Maut allein um staatliche Einnahmen geht und nicht um Klimaschutz“, kritisierte DSLV-Hauptgeschäftsführer Huster. „Die Bundesregierung zockt den Straßengüterverkehr ordentlich ab.“
IW-Studie spricht von „Kostenschock“ für das Transportgewerbe
Eine Kurzstudie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) spricht von einem „Kostenschock“ für die Spediteure. Durch den „Mangel an Alternativen“ gebe es einen „sehr geringen“ Effekt fürs Klima. Den Spediteuren bleibe nur, „die Kosten an die Kunden weiterzugeben“, was gerade kleinen Unternehmen schwerfallen werde. Die Studie mit dem Titel: „Der Lkw bezahlt bald für alle“ liegt dem Handelsblatt vor.
Die IW-Studie bestärkt auch die Kritik der Branche. So sollen in Zukunft der Großteil der zusätzlichen Einnahmen aus der Klima-Maut ins Schienennetz fließen. Bislang galt die Regel: Straße finanziert Straße.
Künftig finanziert der Lkw „etwa 80 Prozent aller Verkehrsinvestitionen des Bundes“, heißt es in der Studie. Mit dem geplanten Mautgesetz entstehe „der Eindruck, dass der Bund nur dringend einen Co-Finanzier für die Bahn gesucht und gefunden hat“, resümiert IW-Forscher Thomas Puls.
Puls sieht dies angesichts des Zustands der Fernstraßen und Brücken kritisch. Laut IW deckten bis 2016 die Mauteinnahmen die Ausgaben in die Fernstraßen nur zu 80 Prozent. Daher sei zu wenig investiert, „um den Substanzerhalt zu sichern. Viele der heutigen Probleme mit der Verkehrsinfrastruktur haben in dieser Zeit ihren Ursprung.“
2019 entschloss sich der Bund, die Maut auch auf Bundesstraßen zu erheben und für Lastwagen ab 7,5 Tonnen Gewicht. So entsprachen die Einnahmen wieder 96 Prozent der Ausgaben.
Ab 2024 darf sich nun die Eisenbahn über Extra-Milliarden freuen. Die Spediteure würden „die mit Abstand größten Finanziers der Fernverkehrswege, heißt es in der IW-Studie. „Die CO2-Maut ist für die Bahn, was einst die Einführung der Sektsteuer zur Finanzierung der Kriegsflotte unter Kaiser Wilhelm war“, kritisierte Markus Olligschläger, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik.
Zunächst aber wird sich im Dezember Minister Volker Wissing (FDP) über die ersten Einnahmen freuen sein: Da das Gesetz erst noch beschlossen werden muss, das Geld somit im Etat für das laufende Jahr nicht eingeplant ist, kann er es anderweitig nutzen: um die Rechnung aus der verpatzten Einführung der Pkw-Maut zu begleichen. Ein Schiedsgericht hatte den Betreiberfirmen kürzlich Schadensersatz in Höhe von fast einer viertel Milliarde Euro zugesprochen.