Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil fordert die Abschaffung des Ehegattensplittings. Aus der FDP hagelt es Kritik. Das von Christian Lindner geführte Finanzministerium spricht von einer „gigantischen Mehrbelastung“ für Paare und Familien.
„Ich bin dafür, dass höhere Einkommen mehr schultern und mehr Verantwortung tragen“, sagte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil dpa© Bereitgestellt von WELT
Mit strikter Ablehnung hat man im Finanzministerium von Christian Lindner auf den SPD-Vorstoß reagiert, statt beim Elterngeld zu kürzen, die Steuervorteile durch das Ehegattensplitting abzuschaffen. „Die Abschaffung des Ehegattensplittings wäre eine gigantische Mehrbelastung für die Mitte der Gesellschaft. Die Abschaffung würde Familien und Paare mit rund 25 Milliarden Euro zusätzlich im Jahr belasten“, hieß es aus dem Ministerium des FDP-Vorsitzenden. Eine solche Steuererhöhung sei durch den Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien ausgeschlossen. Dafür gebe es keine Mehrheiten.
Zuvor hatte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil die schnelle Abschaffung der Steuervorteile durch das Ehegattensplitting für alle neuen Ehen gefordert. „Ich bin dafür, dass höhere Einkommen mehr schultern und mehr Verantwortung tragen“, sagte der SPD-Vorsitzende dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Unterstützung bekam er dafür von einem der Koalitionspartner, den Grünen. Co-Vorsitzende Ricarda Lang verwies darauf, dass ihre Partei schon lange eine Abschaffung des Ehegattensplittings fordere. Wobei auch sie darauf verwies, dass sich SPD, Grüne und FDP im Rahmen des Koalitionsvertrags nicht habe darauf verständigen können.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zeigte sich dagegen verwundert, dass das Thema jetzt überhaupt aufkommt. „Angesichts des Erscheinungsbildes der Koalition ist der Vorstoß des SPD-Vorsitzenden ein Rätsel“, sagte er. „Wer immer neue Vorschläge macht, die dem Koalitionsvertrag widersprechen, der provoziert immer wieder neu Widerspruch und Streit“, warnte er.
Ähnlich argumentierte der Bund der Steuerzahler. „Das trägt mit dazu bei, dass Menschen verunsichert sind“, sagte Präsident Reiner Holznagel. Im Ehegattensplitting sehe er keinen besonders hohen Anreiz für Ehepartner, nicht zu arbeiten. Monetär entscheidender sei die beitragsfreie Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ändern wolle er aber auch diese nicht, sagte Präsident Holznagel.
„Es darf nicht ein Modell der Arbeitsteilung in der Familie oktroyiert werden“
Im Finanzministerium verwies man darauf, dass die Zahl der Ehepaare, die zusammenveranlagt werden, aktuell bei 13,5 Millionen liege. „Das Steuerrecht würdigt mit der Zusammenveranlagung die Tatsache, dass Menschen gegenseitig Verantwortung füreinander übernehmen. Diese Menschen, die häufig in Familien mit Kindern leben, erwarten in Zeiten hoher Belastungen und Unsicherheiten zu Recht Planungssicherheit und Verlässlichkeit vom Staat“, verlautete es aus dem Ministerium. Es sei nicht Aufgabe des Staates in die persönliche Lebensgestaltung von Familien und Paaren einzugreifen. „Es darf nicht ein Modell der Arbeitsteilung in der Familie oktroyiert werden.“
Vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bekam Klingbeil dagegen Zustimmung. „Wer die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern am Erwerbsleben und die partnerschaftliche Verteilung von Familienarbeit fördern will, kann das Ehegattensplitting nicht unangetastet lassen“, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack.
Der Aufschrei bei den geplanten Kürzungen des Elterngeldes liegt laut SPD-Chef Klingbeil weniger daran, dass es Paare mit 180.000 bis 190.000 Euro Bruttojahreseinkommen nicht mehr bekommen sollen. „Das Elterngeld ist keine Sozialleistung, es soll dazu motivieren, dass auch Männer mehr Verantwortung in der Familie übernehmen.“ Ohne Elterngeld werde wohl wieder die Frau zu Hause bleiben, weil der Mann häufig mehr Geld bekomme. „Das ist ein Rückschritt für die Gleichberechtigung“, sagte Klingbeil.
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will den Kreis der Elterngeldbezieher durch eine Senkung der Grenze des zu versteuernden Einkommens von 300.000 Euro auf 150.000 Euro für Paare verkleinern. Sie begründete dies damit, dass sie eine Sparvorgabe des Finanzministeriums umsetzen müsse. Die Absenkung würde ersten Erhebungen zufolge nicht einmal fünf Prozent der künftigen Eltern betreffen.