„Ein Skandal“: Wohnungsexperte im Bundestag beschreibt das Chaos beim Heizungsgesetz© Bereitgestellt von Berliner Zeitung
Das umstrittene Gebäudeenergiegesetz von Robert Habeck wurde vom Bundesverfassungsgericht vorläufig gekippt und darf nicht schon an diesem Freitag im Bundestag verabschiedet werden.
Das Gesetz kommt aber später, und die Frage ist: In welcher Version? Der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko, ist einer der Sachverständigen, die an den Anhörungen zum Gesetz im Bundestag teilgenommen haben. In einem Interview erklärt er, welche Gefahren von den Eigentümern und Mietern vorerst abgewendet wurden – und welche noch bleiben.
Die Ampel-Regierung hat einen Entschließungsantrag zum GEG vorbereitet, mit einer Grenze von 30.000 Euro an Ausgaben für ein gefördertes Gebäude mit einer Wohneinheit.
Aber wie das Förderkonzept wirklich aussieht und wie die dauerhafte Finanzierung sichergestellt werden kann – das bleibt unklar. Wir halten es für einen Skandal, dass eine Anhörung im Bundestag stattfinden kann, ohne dass der Gesetzentwurf bereits vorliegt. Und als das Dokument mit 111 Seiten dann ankam, lag es nicht einmal in einer Lesefassung vor. So braucht es für jeden Leser Stunden, um es auch nur annähernd zu verstehen. Zeit war aber wegen des extrem knappen Zeitplans über ein einziges Wochenende kaum noch vorhanden. Das Verfahren verlief insgesamt mit maximaler Unklarheit und Unsicherheit. Die Anhörungen waren letztlich eine Farce, da der Gesetzentwurf im Prinzip nur so durchgewinkt wurde. Grundlage dafür war eine sehr kurzfristige Einigung der Ampel-Koalitionäre unter hohem politischen Stress quasi im letzten Moment. Der Gesetzentwurf enthält immer noch viele Unklarheiten und strittige Punkte. In seiner jetzigen Form kann er schlicht nicht umgesetzt werden, denn die Pläne funktionieren so in der Realität nicht. Deshalb werden wir alles dafür tun, die großen wirtschaftlichen und sozialen Mängel in diesem Entwurf weiterhin deutlich zu benennen, und uns mit Nachdruck dafür einsetzen, diese auszuräumen.
Der Ausschuss für Klima und Energie hat am Mittwoch schon die Gesetzespläne beschlossen. Unterstützen die Abgeordneten dabei den Parteifrieden bei den Grünen, auch mit Blick auf die Landtagswahlen im Herbst in Hessen und Bayern?
Das katastrophale bisherige Verfahren rund um das GEG hat eines deutlich gemacht: Den Akteuren ging es mehr um den Parteifrieden als um ein funktionierendes Gesetz. Bereits seit dem vergangenen Sommer haben wir der Regierung gesagt: Sorgt für die soziale Flankierung! Erst als die Stimmanteile bei der AfD über 20 Prozent lagen, haben einzelne Koalitionäre Forderungen in den Raum gestellt, aber nur für die Selbstnutzer. Ihnen werden jetzt bis zu 70 Prozent Förderung in Aussicht gestellt.
Bis zum Schluss war aber unklar: Was gibt es für diejenigen, die ihr Eigentum vermieten und ihre Investitionen in den Heizungstausch eins zu eins an die Mieter weitergeben müssen? Generell gilt: Was bezuschusst wird, darf kostenmäßig nicht beim Mieter ankommen. Wenn man es richtig macht, hat man dann eine Win-win-Position für Vermieter und Mieter. Ansonsten kommt es zu einer Lose-lose-Situation – und genau das hat die Bundesregierung geschafft: Die Förderung, die für den Eigentumsbereich gedacht ist, will sie nicht annähernd im vermieteten Bereich bereitstellen. Das bedeutet im Mieterland Deutschland, dass ausgerechnet bei den Mieterinnen und Mietern keinerlei finanzielle Unterstützung ankommt. Hinzu kommt, dass vielen Vermietern das Eigenkapital fehlt, sodass sie teure Kredite finanzieren müssen.
Die Ampelkoalition will nun entscheiden, was sie mit dem Gesetzentwurf weiter macht, vielleicht schon in der Sommerpause. Parallel fragen sich viele Eigentümer mit alten auslaufenden Gas- und Ölheizungen: Wie viel Zeit habe ich?
Der Teufel steckt im Detail. Es ist im Gesetzentwurf vorgesehen, dass bis 2028 die kommunale Wärmeplanung vorliegen muss. Aber stellen wir uns vor: Eine Kommune schafft das nicht. Wir sind gespannt, ob es überhaupt genügend Planungskapazitäten für die Erstellung der Wärmepläne geben wird. Liegt im Jahre 2028 keine kommunale Wärmeplanung vor, soll der Einzelne nach dem Gesetzentwurf einfach so behandelt werden, als ob eine kommunale Planung vorliegt. Das ist kompletter Irrsinn. Das bedeutet, dass die Bürger in einer Situation kompletter Unklarheit über die konkreten Planungen ihrer Kommune gezwungen werden, trotzdem zu handeln und die 65-Prozent-EE-Vorgabe zu erfüllen. Die Bürger müssen also schon jetzt in eine teure Wärmepumpe investieren, obwohl ihre Kommune etwas später möglicherweise dann doch ein Wärmenetz errichtet. Diese riesige finanzielle und planerische Unsicherheit muss einfach nicht sein.
Ein anderes Beispiel: Der Speed-Bonus von 20 Prozent schmilzt alle drei Jahre mit drei Prozent ab. Das Abschmelzen beginnt bereits im Jahre 2028. Zu diesem Zeitpunkt sollen aber gerade die Wärmepläne vorliegen. Das bedeutet: Um wirklich vernünftig zu handeln, muss ich schnell einen Antrag stellen, der am Ende mindestens zwei Jahre dauert. Dann ist der Bonus abgeschmolzen. Auf diese Weise zwingt die Regierung ihre eigenen Bürger zu einem irrationalen Vorgehen. Deshalb ist es gut, dass das Gesetzesverfahren vorerst vom Bundesverfassungsgericht gestoppt wurde. Die verbleibende Zeit muss jetzt unbedingt als Chance genutzt werden, um ein wirtschaftlich und sozial gerechtes Gesetz daraus zu machen.
Ist die Fernwärme jedoch die Alternative Nummer eins für deutsche Wohnungs- und Immobilienunternehmen? Oder wollen sie auch Luft-Luft-Wärmepumpen, wie die LEG Immobilien?
Diese Frage kann niemals so pauschal für ein Unternehmen beantwortet werden. Jede Örtlichkeit, jede Situation ist anders, und es kommt auf die Typologie des Gebäudes an. Von unseren Unternehmen haben wir stichhaltige Daten zu den Kosten der Vorhaben im aktuellen Gesetzentwurf – im Gegensatz zur Regierung, die da offenkundig im Dunkeln tappt. Die Kosten im mittleren Bereich liegen für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe und die damit verbundenen weiteren Kosten bei 250 Euro pro Quadratmeter.
Das ist sehr teuer. Womit heizen Sie denn zu Hause und wie wird Ihre Wärmewende aussehen?
Ich habe ein altes Haus, Baujahr 1962, und heize seit einem Jahr mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Ich habe in den letzten Jahren allerdings ordentlich in das Haus investiert und größere Heizkörper installiert. Eine Wand wurde von außen, die anderen Wände wurden mit einem Spezialsystem von innen gedämmt. Das ist am Ende viel günstiger, als die Wände nur von außen zu dämmen. Auf diese Art und Weise muss die Wärmepumpe dann nur eine Vorlauftemperatur von 45 Grad erzeugen, selbst wenn es draußen minus 15 Grad kalt ist.
Sind Sie mit Ihren Stromkosten zufrieden?
Natürlich nicht. Die Wärmepumpen sind in den nordischen Ländern so beliebt, weil die Stromkosten dort so gering sind. Das ist in Deutschland anders. Natürlich habe ich in die Wärmepumpe aus Überzeugung investiert. Klar ist aber auch: Nach den aktuellen Plänen der Regierung können sich das viele Menschen in Deutschland nicht leisten.
Bisher haben wir gesehen, dass der grüne Strom nicht unbedingt günstiger wird. In Dänemark, dem Land der grünen Energie, war der Strompreis im letzten Jahr sogar am höchsten. Was muss sich ändern?
Die sogenannte Merit-Order, also dass der Strompreis sich an dem teuersten Energieträger orientiert, ist wenig hilfreich. Aus meiner Sicht bedarf das System einer Ergänzung, damit wir von diesem Höchstpreisgebot wegkommen können. Die meisten Sorgen macht uns aber der Netzausbau. Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Wärmepumpe anschließen. Dann sagt Ihnen Ihr Versorger: Das ist gut und schön, aber Sie müssen noch einen Transformator bauen. Das passiert bei unseren Unternehmen reihenweise.
Wenn Sie zusätzlich noch einen Transformator bauen müssen, laufen die Kosten komplett aus dem Ruder. Deshalb gibt es derzeit Konflikte mit den Versorgern um die Frage, wer für die Kosten des Transformators aufkommt. Auch diesen großen Streitpunkt haben wir beim Wirtschaftsministerium schon vor Monaten ganz klar adressiert. Die Stromnetze müssen dringend ausgebaut werden, ohne dass der Strompreis für alle weiter steigt. Die Verantwortung dafür auf die sozial orientierten Wohnungsunternehmen zu schieben, wie es von der Politik in dieser Sache und in vielen weiteren Punkten versucht wird, das geht gar nicht.