Langsam reicht's ihm
Langsam reicht's ihm© T - Online
Die FDP zweifelt inzwischen ganz grundsätzlich am Heizungsgesetz. Die Grünen werden langsam, aber sicher wütend.
Robert Habeck ist nicht amüsiert. Er steht am Montagmittag im Wirtschaftsministerium auf der Bühne und will eigentlich über den Industriestrompreis sprechen. Ein Gewinnerthema, so sieht er das wohl. Habeck will mit seinem Vorschlag für vergünstigten Strom zeigen, dass sich auch ein Grüner pragmatisch für die energiefressende Stahl- und Chemieindustrie einsetzen kann. Und zwar stärker als SPD und FDP, die skeptisch sind.
Doch derzeit vergeht kein Tag, an dem Habeck nicht auch von den vielen Krisen eingeholt wird, die ihn seit Wochen verfolgen. Am Montag ist es das Heizungsgesetz. Die FDP spricht inzwischen nicht mehr nur davon, es im Bundestag grundlegend überarbeiten zu wollen. Sie bezweifelt sogar, dass das überhaupt funktioniert.
"Inhaltlich gibt es eine ganze Reihe von grundsätzlichen Änderungen, bei denen ich nicht sicher bin, ob das im parlamentarischen Verfahren so machbar ist", sagt FDP-Energiepolitiker Michael Kruse morgens im Deutschlandfunk. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wird wenig später noch deutlicher. Es brauche im Prinzip "ein neues Gesetz".
"Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen"
Als Habeck auf der Pressekonferenz nach den Heizungen und der FDP gefragt wird, wird er schnell grundsätzlich. Und seine Miene finster.
Es sei im 30-Stunden-Koalitionsausschuss vereinbart worden, das Heizungsgesetz vor den parlamentarischen Sommerferien zu verabschieden. Es sei "ein gutes Gesetz, das natürlich immer noch besser werden kann". Ein Gesetz allerdings, das auch im Bundeskabinett mit der Zustimmung der FDP-Ministerien verabschiedet worden sei.
"Und mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen."
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Nur sagt Habeck dann eben doch noch einiges mehr: "Wenn sich die politischen Führungen ihres Wortes erinnern, also wissen, was sie unterschrieben haben und auch vertragstreu sein wollen. Und wenn sie wissen, wie viel daran schon gearbeitet wurde, dann bleibt eigentlich nur noch die Frage: Was kann denn noch besser gemacht werden? Wo kann Gutes noch besser gemacht werden?"
Da falle einem einiges ein, sagt Habeck. Er finde, dass die Übergangsregeln, die Verhältnisse der Energieträger, die Härtefallregeln und die soziale Flankierung "gerne noch einmal durchleuchtet werden können". Sie könnten auch "großzügiger, weitreichender, flexibler gestaltet werden". Das berühre alles nicht den Kern des Gesetzes. "Aber der Einstieg in den Ausstieg aus der Verbrennung von Öl und Gas, der sollte jetzt gegangen werden."
Zum Schluss macht der Vizekanzler dann noch eine Ansage: "So wie von uns Vertragstreue erwartet wird, erwarte ich das natürlich auch von den Koalitionspartnern." Soll heißen: Es muss kommen, und zwar vor dem Sommer.
Bevor sich größere Fragen stellen …
Habeck und die Grünen wollen das Heizungsgesetz endlich beschließen. Weil sie es für wichtig halten und Sorgen haben, dass die FDP die sogenannte Wärmewende sonst komplett abbläst. Aber eben auch, weil sie die aufgeregte Debatte um das heikle Vorhaben endlich loswerden wollen.
Bei der wichtigen Landtagswahl am 8. Oktober in Hessen hatte man eigentlich gedacht, mit Tarek Al-Wazir um das Amt des Ministerpräsidenten konkurrieren zu können. Und in Bayern, wo ebenfalls am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt wird, wollten die Grünen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ärgern. Wenn die Koalition sich in Berlin zugleich über das Heizungsgesetz streitet, dürfte aus beidem nichts werden. Die Wahl in Bremen, bei der die Grünen um 5,5 Prozentpunkte absackten, war ein kleiner Vorgeschmack.
Bei den Grünen wird aber längst grundsätzlicher diskutiert. Nämlich über die Frage, wie eine Ampelregierung überhaupt noch funktionieren soll, wenn immer wieder neu über längst beschlossene Dinge verhandelt werden muss. Man sollte Habecks Verweis auf die Vertragstreue deshalb auch grundsätzlich verstehen: Wenn sich niemand mehr an Verträge gebunden fühlt, kann die Ampel nicht funktionieren.
Es ist ein unverblümter Aufruf an die Ampelpartner, zur Besinnung zu kommen – bevor sich größere Fragen stellen. Die nach der Zukunft der Koalition zum Beispiel.
Die FDP hat es nicht eilig
Vorerst verhaken sich die Koalitionspartner aber noch im Klein-Klein der Tagesordnungen. Die Grünen wollen die parlamentarischen Beratungen im Bundestag diese Woche beginnen. Mit einer ersten Lesung im Plenum und einer Expertenanhörung im Klimaausschuss soll das Verfahren starten. Denn im parlamentarischen Alltag, so die Hoffnung, finden dann alle schon irgendwie zusammen.
Die FDP aber hat sich nach t-online-Informationen noch nicht entschieden, ob sie da mitmachen will. Am heutigen Dienstagmittag müssten die Parlamentarischen Geschäftsführer beschließen, ob sich das Plenum diese Woche mit dem Gesetz in erster Lesung befasst. Und am Mittwoch stimmt der Klimaausschuss darüber ab, ob es am Freitagmorgen die Expertenanhörung geben wird.
Der Ausgang: offen. Eilig haben es die Liberalen jedenfalls nicht. Dabei beginnt die Sommerpause des Bundestags schon am 8. Juli. Klappt es diese Woche nicht, kommt der Bundestag nur noch zu drei weiteren Sitzungswochen zusammen.
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Viele Grüne sind wütend. Dass FDP-Energiepolitiker Kruse anzweifelt, dass das Heizungsgesetz im Bundestag überhaupt noch zu retten ist, quittieren sie mit einem Gegenangriff. "Die Strategie, Krawallmacher wie Michael Kruse vorzuschicken, ist sehr durchschaubar", sagt Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum t-online.
Die FDP-Minister hätten dem Gesetz im Kabinett zugestimmt, betont auch sie und kritisiert: "Das Hintergrundrauschen ändert nichts daran, dass inhaltlich bisher kein sinnvoller Vorschlag gekommen ist, was anstelle des Gesetzes die Wärmewende einleiten sollte." Die von der FDP geforderte Technologieoffenheit stehe längst im Gesetz. "Klar ist: Eine Verlängerung der Lebensdauer der Gasindustrie werden wir nicht mitmachen."
So richtig versöhnlich klingt das alles noch nicht.