Ab 2024 sollen Deutschlands Kliniken neu organisiert werden, so will es der Gesundheitsminister. Eine Rechtseinschätzung der Bundesländer Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein weist nun auf Schwächen des Konzepts hin. Karl Lauterbach warnt vor einem „Gutachterstreit“.
Bekommt für seine Gesundheitsreform Gegenwind: Karl Lauterbach (SPD) dpa© Bereitgestellt von WELT
Ein von den unionsgeführten Bundesländern Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vorgelegtes Rechtsgutachten hält die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für eine Krankenhausreform für verfassungswidrig.
Vor allem werde die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie das Primat der Krankenhausplanung der Länder missachtet, erklärten die Gesundheitsminister der drei Länder am Donnerstag in Berlin. Gleichzeitig zeigten sie sich zu einer Verständigung bereit.
Lauterbach ließ von einer Regierungskommission Vorschläge für eine Krankenhausreform erarbeiten, die am 1. Januar in Kraft treten soll. Damit sollen die Kliniken in die drei verschiedenen Versorgungslevel Grundversorgung, Schwerpunktversorgung und Maximalversorgung aufgeteilt werden. Außerdem soll das Vergütungssystem verändert werden.
Wir sind schon weiter, erwidert Lauterbach (SPD)
„Die Diskussion ist inzwischen wesentlich weiter“, sagte der SPD-Politiker. Die dringend notwendige Reform werde gemeinsam mit den Ländern erarbeitet. „Der übliche Gutachterstreit darf und wird das Krankenhaussterben nicht verlängern.“
Der für das von den drei Ländern vorgelegte Gutachten verantwortliche Augsburger Rechtsexperte Ferdinand Wollenschläger erklärte, jede bundesrechtliche Regelung für die Krankenhausfinanzierung und -versorgung finde dort ihre Grenze, wo der Bund strukturrelevante Regelungen treffe.
Damit seien etwa Regelungen des Bundes, die schwerpunktmäßig die Versorgungsstrukturen der Krankenhäuser steuern oder die Planungsspielräume der Länder für die Krankenhausversorgung übermäßig beschneiden, unzulässig. Deshalb seien die derzeit vorliegenden Vorschläge nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Es gebe aber Reformoptionen innerhalb der Kompetenzordnung.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wies darauf hin, dass das derzeitige Reformkonzept einen erheblichen Eingriff in die Planungshoheit der Länder bedeute und deshalb korrigiert werden müsse. „Wir können keine zentral von Berlin aus gesteuerte Reform mit einer bundesrechtlichen Einführung von detaillierten mit Strukturvorgaben hinterlegten Leveln und einer vorgegebenen starren Zuordnung von festen Leistungsgruppen zu einzelnen Leveln mitgehen.“
NRW hofft nach Gesprächen auf Konsens bei Reform
Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) teilte mit, er sei froh, dass Lauterbach bereits angekündigt habe, keine unveränderte Umsetzung der Vorschläge der Regierungskommission anzustreben, sondern mit den Ländern einen gemeinsamen Gesetzentwurf zu erarbeiten. „Auf dieser Grundlage werden wir nun unsere Gespräche fortsetzen.“ Er sei „sehr zuversichtlich“, dass am Ende eine Reform stehe, die vieles zum Wohl der Patientinnen und Patienten verbessern könne.
Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) sagte, auch sie halte eine Reform der Krankenhausfinanzierung für wichtig – insbesondere um die notwendige Versorgung in der Fläche nachhaltig auf sichere Beine zu stellen.
Alle drei Länder erklärten sich bereit, ihre künftige Krankenhausplanung grundsätzlich an sogenannten Leistungsgruppen auszurichten. Holetschek erklärte, „die Strukturanforderungen für die Gruppen sollten dabei aber zwischen Bund und Ländern abgestimmt werden. Klar muss auch sein, dass die Letztverantwortung und die Entscheidung darüber, welchem Krankenhaus welche Leistungsgruppen zugewiesen werden, bei den Ländern liegt.“
Lob von Janosch Dahmen (Grüne) für Länderengagement
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte, es sei gut, dass die Länder mit Gutachten noch einmal ihre besondere Verantwortung und Zuständigkeit für die Kliniken untersuchen ließen. Viele Häuser seien inzwischen selbst krank, weil wirkungsvolle Vorsorge seitens der Länder in Vergangenheit leider ausgeblieben sei. Eine „kaputte Klinikinfrastruktur“ an zu vielen Standorten sei nicht mehr nur ein Problem für die Wirtschaftlichkeit, sagte der Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. „Sie führt auch dazu, dass die Qualität der Patientenversorgung immer mehr leidet.“
Die Reform werde den Ländern wirkungsvolle Steuerungsinstrumente geben. Dabei sei es originäre Aufgabe des Bundes, auf die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Sozialversicherungen zu achten, also auch der Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen zur Finanzierung der Klinikbehandlungen.
Kritiker der Reformpläne fürchten, dass dadurch die Notfallversorgung und die reguläre stationäre Versorgung in vielen Krankenhäusern nicht aufrechterhalten werden kann. Bayern präsentierte dazu schon im Februar eine Studie, wonach jedes achte Krankenhaus im Freistaat gefährdet sei. Auch seitens der Kommunen war wiederholt vor einem Kollaps in der Krankenhausversorgung gewarnt worden.