Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, will die Einbürgerung von Ausländern deutlich erleichtern.© dpa
An der Attraktivität Deutschlands besteht kein Zweifel. Ein fremdenfeindliches Land wäre wohl kaum Hauptfluchtpunkt in Europa. Obwohl die gesamte Europäische Union aus Rechtsstaaten besteht, wollen die allermeisten Flüchtlinge, die an den europäischen Außengrenzen ankommen, weiter – nach Deutschland. Es sind so viele wie seit Langem nicht.
Sie kommen aus verschiedensten Gründen in ein Land, das nicht allen alles bieten kann. Es genügt schon seinen eigenen Ansprüchen nicht. Hunderttausende befinden sich seit Jahren im Asylverfahren. Hunderttausende sind ausreisepflichtig. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr gut 244.000 Anträge auf Asyl gestellt. Zugleich beklagt Deutschland einen Fachkräftemangel.
In dieser Lage muss es eigentlich zunächst darum gehen, jene Überforderung zu vermeiden, die 2015 eingetreten war. Wir müssen wissen, wer ins Land kommt, müssen die Verfahren straffen und entscheiden, wer bleiben soll.
Stattdessen riskiert die Ampelregierung einen abermaligen Kontrollverlust. Sie will den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erleichtern und mehr Mehrfachstaatsangehörigkeiten zulassen.
Fatales Signal
Generell ist gegen Bürokratieabbau nichts zu sagen. Verfahren können vereinfacht und verkürzt werden. Doch sendet die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ein fatales Signal aus: Kommt alle, ihr werdet bald Deutsche sein. Das gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eingebürgert sollte nur werden, wer wirklich Deutscher werden will.
Mehrfachstaatsangehörigkeiten sind mitunter nicht zu vermeiden Aber sie bergen Loyalitätskonflikte. Der Staat als Bezugsgröße, die Aufteilung der Welt in Staaten ist ja keineswegs überholt. Eher im Gegenteil: So verteidigt die Ukraine ihre Nation, ihre Staatlichkeit mit allem, was sie hat.
In der Europäischen Union werden mehrere Staatsangehörigkeiten als unproblematisch angesehen. Dabei genießen alle europäischen Bürger ohnehin Freizügigkeit und weitgehende Grundfreiheiten im gemeinsamen Rechtsraum und Staatenverbund. Auch hier kann man freilich fragen, inwiefern mehrfaches Wahlrecht dem europäischen Projekt dienlich ist. Das ist das Ergebnis einer langen Entwicklung des Friedens und des gegenseitigen Vertrauens.
Wer aber als Einwanderer aus einem ganz anderen Land seine Bindungen im Grunde gar nicht aufgeben will, dem ist das völlig unbenommen. Ob er dann trotzdem loyal zu Deutschland steht, das ist doch die Frage. Er sollte sich entscheiden.
Das Verschleudern des deutschen Passes führt auch nicht automatisch zu besserer Eingliederung oder bewirkt gar eine Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung im Alltag: Der Pass steht schließlich niemandem ins Gesicht geschrieben. Diskriminiert wird – leider immer noch – vor allem wegen des Aussehens, des Namens, der Aussprache, der Kleidung. Ein deutscher Pass änderte daran nichts.
Weltoffenes Klima
Er führt aber – großzügig vergeben – dazu, dass Menschen eingebürgert werden, die aufgrund ihrer Einstellung und ihres Verhaltens nicht hierher gehören. Und die man nicht mehr loswird.
Es ist auch mehr als zweifelhaft, ob eine großzügigere Einbürgerung Fachkräfte anzieht. Solche Spezialisten streben doch zunächst einen guten Job an. Dafür müssen in der Tat die Bedingungen geschaffen werden. Wer unbedingt ins englischsprachige Ausland will, der wird für Deutschland kaum zu gewinnen sein. Wer sich aber hier verwirklichen kann, wer sich hier mit seiner Familie wohlfühlt, wer bleiben will, weil er unsere Werte teilt, dem sollte auch kein Stein in den Weg gelegt werden. Ganz unabhängig übrigens von Qualifikation und genauem Einwanderungsgrund. Aber das muss man eben auch unter Beweis stellen.
Deutschland kann und muss aber ein weltoffenes Klima bieten, ein für Unternehmer wie Arbeitnehmer freundliches Umfeld. Es muss aber auch sein eigenes Fundament und seine selbst gesetzten Regeln akzeptieren. Wer das eigene Land lächerlich macht, wie will der Einwanderer feierlich einbürgern?
Es geht beim rechtlichen Band der Staatsangehörigkeit um politische Mitgliedschaft und Zuordnung, um Pflichten, aber auch um Rechte und um Schutz. Deutschland hat schon jetzt ein großzügiges Einbürgerungsrecht. Das Lockern des Bandes der Staatsangehörigkeit verstärkt die Integrationsprobleme, weicht das Gemeinwesen auf und schadet Bürgern wie Einwanderern.