Christine Lambrecht; WELT-Autor Thorsten Jungholt Quelle: REUTERS/Lisi Niesner; Claudius Pflug© REUTERS/Lisi Niesner; Claudius Pflug
Natürlich war es die Aufgabe des Bundeskanzlers, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Grundzüge der deutschen Sicherheitspolitik neu zu definieren. Danach jedoch wäre es die Aufgabe der Verteidigungsministerin gewesen, die von Olaf Scholz ausgerufene „Zeitenwende“ zu operationalisieren.
Christine Lambrecht aber ist bislang den Nachweis schuldig geblieben, diese Aufgabe erfüllen zu können. Es war der Kanzler, der in den vergangenen Monaten die zentralen Weichenstellungen vornahm. Über Waffenabgaben der Bundeswehr an die Ukraine, deutsche Zusagen an die Nato, den 100-Milliarden-Euro-Schuldenfonds, den Kauf der F-35, die Initiative für eine europäische Flugabwehr und gemeinsame Rüstungsprojekte mit Frankreich wurde in der Regierungszentrale entschieden. Sogar in die Beratungen mit der Industrie über Munitionslieferungen musste sich Scholz einschalten.
Mehrfach hat der Kanzler deutlich gemacht, dass er vom Verteidigungsministerium „mehr Entscheidungsfreude, mehr Risikobereitschaft und effizientere Strukturen“ erwartet. Lambrecht aber zaudert, sucht Risiken zu delegieren und verweigert jene Strukturreformen, die nötig wären, um aus der auf Kriseninterventionseinsätze ausgerichteten Bundeswehr wieder eine Armee zur Landes- und Bündnisverteidigung zu machen.
Nicht einmal semiprofessionell
Produktiv war sie dagegen bei der Produktion von Pannen. Die Kommunikation zu halb privaten Hubschrauberflügen oder Patriot-Flugabwehrsystemen für Polen ist nicht einmal semiprofessionell. Wenn der Kanzler damit „zufrieden“ ist, wie es sein Sprecher behauptet, konterkariert er seine eigene Zeitenwende.