»Es geht für die Länder ans Eingemachte«: Hendrik Wüst sieht einen Vermittlungsausschuss auf das Entlastungspaket zukommen – sollte nicht noch nachgebessert werden. Die Bundesländer seien nicht gefragt worden.
Entlastungspaket: Hendrik Wüst droht mit Bundesrats-Nein und Vermittlungsausschuss© Revierfoto / imago images/Revierfoto
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst droht der Bundesregierung beim Entlastungspaket mit einem Vermittlungsverfahren, falls es nicht noch Änderungen gibt. »Hier geht es für die Länder ans Eingemachte«, sagte der CDU-Politiker, der derzeit der Ministerpräsidentenkonferenz vorsteht, am Mittwoch bei einer Veranstaltung des Nachrichtenportals »The Pioneer« in Düsseldorf. Es fehle eine Antwort zum Thema Mittelstand, Wirtschaft und Energiepreise. »Notfalls gehen wir in den Vermittlungsausschuss.«
Dieses Gremium von Bundestag und Bundesrat soll einen Konsens finden, wenn vom Bundestag beschlossene Gesetze in der Länderkammer keine Mehrheit finden. Das vom Koalitionsausschuss der Ampel-Parteien beschlossene Entlastungspaket soll vor allem Wenigverdienern helfen, die hohen Energiepreise zu stemmen.
Die Bundesregierung hatte am Wochenende ein drittes Entlastungspaket beschlossen,
es umfasst 65 Milliarden Euro. Die Ampelkoalition hat unter anderem eine Energiepauschale in Höhe von 300 Euro für Rentnerinnen und Rentner sowie Einmalhilfen für Studierende von 200 Euro verabschiedet. Auch steigt das Kindergeld ab 1. Januar um 18 Euro. Bezieher von Wohngeld erhalten für September bis Dezember einen Heizkostenzuschuss von 415 Euro im Einpersonenhaushalt. Die Energiekrise hängt direkt mit dem russischen Angriffskrieg auf die
Ukraine zusammen.
Ökonomen bezweifeln Wirksamkeit gegen Rezession
Doch nach Überzeugung von Ökonomen wird auch das kaum genügen und Deutschland einem Abschwung nicht mehr entkommen. »Das dritte Entlastungspaket ändert wenig daran, dass Deutschland im Herbst in eine Rezession abgleiten dürfte«, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. »Das Paket wird wahrscheinlich nicht ausreichen, um zu verhindern, dass die Gesamtwirtschaft in eine Rezession gerät«, sagte auch ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.
Die am Sonntag beschlossenen Maßnahmen machten weniger als zwei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus und reichten nicht an die fiskalischen Anreize wegen der Coronapandemie heran, die sich auf etwa 15 Prozent des BIP beliefen.
Die steigenden Energiepreise als Folge des russischen Krieges nagen an der Kaufkraft der Verbraucher und erhöhen die Kosten der Unternehmen. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs bereits von April bis Juni nur noch um 0,1 Prozent zum Vorquartal. Von Rezession wird gesprochen, wenn die Wirtschaftsleistung mindestens zwei Quartale in Folge schrumpft.