Für Olaf Gersemann, Ressortleiter der WELT-Wirtschaftsredaktion, sind bei der geplanten Strompreisbremse noch viele Fragen offen: „Wir wissen überhaupt nicht, wann, wie und ob sie kommt – selbst das würde ich infrage stellen“. Völlig unklar sei zudem, wie der Basisverbrauch an Strom und die Zufallsgewinne bemessen werden sollen.© Bereitgestellt von WELT
Wenn sich die Koalition aus SPD, Grünen und FDP nun auf ein 65 Milliarden Euro schweres drittes Entlastungspaket verständigt, dann mag das sozial- und konjunkturpolitisch geboten erscheinen. Auch das Volumen wirkt nicht völlig fehldimensioniert angesichts des heftigen Energiepreisschocks.
Diesen Punkt muss man der Ampel geben. Doch Geld mit vollen Händen auszugeben, ist noch den meisten Regierungen gelungen. Und auf der Soll-Seite stehen mindestens drei eklatante Mängel.
Das sind, erstens, die vielen Unwägbarkeiten. Was Bürger und Betriebe jetzt brauchen, ist so viel Planungssicherheit wie möglich in diesen so unsicheren Zeiten. Doch was macht die Ampel? Richtet erst einmal eine Expertenkommission ein, die über die Gasmarktregulierung beraten soll. Und verspricht eine Strompreisbremse als wesentliches Entlastungsinstrument.
Doch Preise und Mengen bleiben hier so unbestimmt wie die Finanzierung: „Zufallsgewinne“ besteuern zu wollen, mag als verlockende Idee erscheinen, doch ob das Projekt die europapolitischen und verfassungsrechtlichen Hürden nimmt, bleibt ungewiss.
Handwerklich saubere Gesetzeslösungen zu finden, dürfte zudem eine große Herausforderung sein – gerade auch für eine Bundesregierung, die schon mit der vergleichsweise simplen Gasumlage überfordert war.
Gerade weil es in dieser Krise noch enorm wichtig werden kann, innerhalb der Grenzen, die die Schuldenbremse setzt, finanzpolitisch handlungsfähig zu bleiben, wäre es wichtig, gezielt die wirklich Bedürftigen zu entlasten. Dazu zählen sicher viele Studenten und Rentner, Pendler und Midi-Jobber – aber eben längst nicht alle.
Drittens sollte der Staat alles unterlassen, was die Probleme, die man zu bekämpfen vorgibt, nur noch verschärft. Konkret wäre alles zu unterlassen, was nicht die Kaufkraft allgemein stützt, sondern konkret die Nachfrage nach Energie, ob direkt über Verbilligungen des Verbrauchs oder indirekt über die Subventionierung von Mobilität.
Man kann die erhöhte Pendlerpauschale, das neue Nahverkehrsticket und die Verschiebung der CO₂-Preiserhöhung samt und sonders begrüßen. Doch genau jetzt kommen sie zur Unzeit.