Umfrage zeigt: Deutsche nicht kriegsbereit! Jeder Vierte würde Land verlassen© Bereitgestellt von Berliner Zeitung
Bei einem militärischen Angriff auf Deutschland – ähnlich dem auf die Ukraine – wäre nur jeder zehnte Bundesbürger darauf eingestellt, sein Land mit der Waffe zu verteidigen, so lautet das Ergebnis. Freiwillig würden sich nur fünf Prozent melden. Weitere sechs Prozent erwarteten, dass sie in einem solchen Falle einberufen und ausgebildet würden. 24 Prozent der Befragten aber äußern die Absicht, im Kriegsfall möglichst schnell das Land zu verlassen – darunter viele Jüngere, die eher für Kampfeinsätze gebraucht würden als Ältere.
Leider zeigt die Geschichte: Große, sich wie ein Flächenbrand ausweitende Kriege entstehen, obwohl die Völker sie nicht gewollt haben. Und auch die deutschen Politiker tragen heute Mitverantwortung, diese Entwicklung aktuell zu verhindern. Manche müssen dafür ihre Tonlage verändern. Damit ist nicht gemeint, dass sie sich nicht mehr klar und eindeutig gegen Putins Krieg positionieren oder der Ukraine Hilfe leisten sollen.
Nein, gemeint sind zum Beispiel jene allzu grell-optimistischen Fanfaren der „Unterstützung der Ukraine bis zum Sieg“ – nach dem Motto: Koste es, was es wolle. So ähnlich hörte man es gerade wieder bei Selenskyjs Besuch in Paris. Das erzeugt Illusionen und nährt die Hoffnung, man könnte mit immer mehr Waffen Maximalziele erreichen, zum Beispiel die Rückeroberung aller Gebiete, einschließlich der Krim.
Führende US-Militärs haben schon vor einiger Zeit geäußert, dass in diesem Krieg niemand siegen kann: weder die Russen noch die Ukrainer. Und erst jüngst erschien die Analyse einer US-Denkfabrik – mit der Schlussfolgerung, dass es inzwischen am dringlichsten sei, eine direkte Russland-Nato-Konfrontation zu vermeiden.
Zu einer notwendigen sachlichen Bestandsaufnahme gehört, sich zu fragen: Wie weit wollen wir gehen in der Ukraine? Was können wir wirklich erreichen? Wollen wir dabei eine Eskalation riskieren? Und vor allem: Wären wir als Gesellschaft überhaupt bereit zu einer direkten Konfrontation? Wie die Umfrage unter den Deutschen zeigt, sind wir das nicht.
Am Ende bleibt nur der Kompromiss als Lösung für die Ukraine. Und für deutsche Politiker empfiehlt sich, wieder mehr verbale Zurückhaltungskultur zu pflegen, wie es ein Politologe nannte, und zu erkennen, was gegenwärtig angemessen ist und was nicht. Warum muss Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem Auftritt beim Karneval in Aachen sagen, dass sie „eigentlich als Leopard“ habe kommen wollen, dann aber „etwas Sorge“ gehabt habe, „dass mir das Kanzleramt wochenlang keine Reisegenehmigung erteilt“? Es gibt sicher viele Leute, die über so eine flapsigen Spruch zurzeit nicht lachen können.
Der als Zauderer gescholtene Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt, dass man die Sorgen um eine Eskalation auch ernst nehmen kann. Mit seiner Kritik am Waffen-Überbietungswettbewerb („Kampfpanzer, U-Boote, Flugzeuge – wer fordert noch mehr?“) spricht er wohl vielen Deutschen aus dem Herzen. Wäre seine Stimme doch nur nur lauter, sein Einfluss größer, seine Haltung klarer! Aber er ist wohl selbst zerrissen zwischen dem Drang, der Ukraine effektiv zu helfen, und der Angst vor einer Eskalation.
Zurzeit werde fast nur über das Militärische geredet, sagen Kritiker. Dabei müssten gerade jetzt jene Politiker an Einfluss gewinnen, die politisch offensiver in Richtung eines Waffenstillstands und eines Abkommens arbeiten. Doch wo sind diese? Gibt es überhaupt noch eine Chance für sie? Das fragen sich viele Leute in Deutschland. Hoffen wir, dass es nicht zu spät ist.