Zitat von Gast am 14. November 2023, 09:59 Uhr
Sozialleistungen
Intransparenz beim Bürgergeld? Gutachten empfiehlt Reform
Jobcenter© Jens Kalaene/dpa
Das Bürgergeld steht unter starkem Beschuss. Nun empfiehlt ein neues Gutachten eine Reform des Bürgergelds – es bemängelt ungleiche und intransparente Arbeitsanreize.
Berlin – Das Bürgergeld, das zum Jahresbeginn das bisherige Hartz-IV-System ersetzt hat, ist heftigen Diskussionen ausgesetzt. So kommen aus CDU und FDP Forderungen, das Bürgergeld in der jetzigen Form abzuschaffen oder Mittel dafür einzusparen. Auch der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium empfiehlt eine Reform. In der Kritik stehen hohe Transferentzugsraten beim Hinzuverdienst und Intransparenz.
Gutachter bemängeln „Konstruktionsfehler“ beim Bürgergeld und Aufstockern
Die Gutachter bemängeln dabei in einer Analyse vor allem angebliche Konstruktionsfehler bei den Grundsicherungsleistungen für Aufstocker – also Menschen, die neben ihrem Einkommen auch Sozialleistungen beziehen, berichtet der MDR. Die Sozialleistungen in Deutschland sind grob in zwei Grundsicherungssysteme aufgeteilt: Auf der einen Seite gibt es das Bürgergeld, auf der anderen Wohngeld, Kindergeld und Kinderzuschlag.
Das Problem: Laut Gutachten gibt es „große Defizite“ bei der Abstimmung verschiedener Leistungen, insbesondere den Zuverdienstregeln. Denn für Betroffene lohnt es sich unter Umständen nicht, mehr zu arbeiten – sie könnten sogar Nettoeinbußen erleiden, so der Sender. Vor allem in Gegenden mit hohen Mieten, wie etwa München, lohne sich ein höheres Bruttoeinkommen in bestimmten Einkommensintervallen kaum. Denn dann werden die Sozialleistungen, wie etwa das Wohngeld, so stark gesenkt, dass den Betroffenen dann teilweise netto sogar weniger bleibt.
Kritik am Bürgergeld: Intransparenz der Leistungen
Die Gutachter schlagen deshalb vor, die zweigeteilten Grundsicherungssysteme zu vereinheitlichen. Dies könne bei der Einführung der geplanten Kindergrundsicherung 2025 geschehen. Dabei sollen unter anderem die Unterkunftskosten aus dem Bürgergeld und das Wohngeld zusammengefasst werden. Außerdem empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat niedrigere Transferentzugsraten für Aufstocker – also, dass die Sozialleistungen beim Hinzuverdienst nicht mehr so stark abgeschmolzen werden.
CDU stellt sich gegen das jetzige Bürgergeld
Auch bei der CDU sieht man das Bürgergeld kritisch. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte der Bild-Zeitung vom Montag, seine Partei wolle „das Bürgergeld in dieser Form wieder abschaffen und durch ein anderes Modell ersetzen“. Ziel müsse es sein, dass arbeitsfähige Menschen auch wirklich arbeiten müssten.
„Wir müssen die Anreize zur Jobaufnahme erhöhen“, sagte Linnemann weiter. „Jeder, der arbeiten kann und Sozialleistungen bezieht, muss nach spätestens sechs Monaten einen Job annehmen, ansonsten gemeinnützig arbeiten.“ Die Forderung, die bestehende Sozialleistung zu beenden und durch ein anderes Modell zu ersetzen, ist laut Bild auch im Entwurf für das neue CDU-Grundsatzprogramm enthalten. Dies soll demnach eines der zentralen Themen im nächsten Bundestagswahlkampf der CDU werden.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte Milliarden-Einsparungen beim Bürgergeld. Dies solle dadurch erreicht werden, dass nicht nur ukrainische Geflüchtete, sondern alle Asylbewerberinnen und -bewerber schneller in den Arbeitsmarkt integriert würden, sagte Dürr ebenfalls der Bild-Zeitung. Mit dem gesparten Geld könne der ermäßigte Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie dann bis 2024 verlängert werden, verlangte er weiter. Dies könne eine Win-Win-Situation sein, „denn gerade in der Gastronomie werden händeringend Mitarbeiter gesucht“.