Zitat von Gast am 9. November 2023, 10:14 Uhr
Hier Tabelle checken - Beitragsschock! So viel weniger Netto verdienen Sie 2030
Ab 1. September gibt es die Energiepreispauschale: Wie viel bleibt vom 300-Euro-Bonus übrig? Getty Images© Getty Images
Experten rechnen mit stark steigenden Beiträgen zur Sozialversicherung. Den Deutschen bleibt dadurch immer weniger von ihrem Bruttogehalt. Wie hoch die Beiträge steigen werden.
Deutschland leistet sich eines der stärksten Sozialsysteme der Welt. Doch vor allem Renten-, Pflege- und Krankenversicherung schlucken immer höhere Beträge - und damit auch Beiträge.
Rentenversicherung: 20 Prozent
Für die Rentenversicherung rechnet die Bundesregierung mit einem Anstieg des Beitrags von 18,6 Prozent auf mindestens 20 Prozent bis zum Jahr 2030, daran ändert auch das Versprechen einer „doppelten Haltelinie“ nichts. Diese begrenzt die Rentenbeiträge noch bis 2025 auf 20 Prozent des Bruttogehalts. Um die Renten der geburtenstarken Babyboomer zu zahlen, soll es ab 2025 nur noch eine Haltelinie geben: für das Rentenniveau von 48 Prozent. Den Beitrag zur Rentenversicherung teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gleichen Teilen.
Krankenkasse: 17 Prozent
Auch die Krankenkassen werden deutlich teurer. Professor Günter Neubauer vom Institut für Gesundheitsökonomik in München hat für die „Bild“-Zeitung ausgerechnet, dass der Kassenbeitrag im Schnitt auf 17 Prozent steigen werde. Dieses Jahr liegt er bei 16,2 Prozent. Im kommenden Jahr werden es 16,3 Prozent sein. Der Krankenkassenbeitrag setzt sich aus fixem Beitrag und dem individuellen Zusatzbeitrag der Krankenkasse zusammen. Den Fixbeitrag teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den Zusatzbeitrag zahlt jeder Arbeitnehmer selbst. Hier kann man also mit einer klugen Wahl der Krankenkasse zumindest ein paar Euro sparen.
Pflegeversicherung: 4,5 Prozent
Die Pflegeversicherung ist schon im Jahr 2023 zumindest für Kinderlose deutlich teurer geworden. Sie zahlen seitdem einen Beitragszuschlag von 0,6 Prozent. Ihr Gesamtbeitrag liegt damit bei vier Prozent. Beitragszahler mit einem Kind unter 25 Jahre kommen aktuell auf 3,4 Prozent. Bei mehr Kindern wird der Beitrag billiger. Bis zum Jahr 2030 könnte der Beitrag laut Neubauer auf durchschnittlich 4,5 Prozent steigen.
Arbeitslosenversicherung 2,6 Prozent
Der einzige Sozialversicherungsbeitrag, an dem bisher nur wenig verändert wurde, ist die Arbeitlosenversicherung. Sie liegt aktuell bei 2,6 Prozent - und das könnte auch bis 2030 so bleiben.
Gesamtabgeben zur Sozialversicherung: 41,4 Prozent
Die Gesamtabgaben zur Sozialversicherung liegen also pro Arbeitnehmer bei 41,4 Prozent. Das Gute: Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung werden circa zur Hälfte vom Arbeitgeber gestemmt. Nur den Zusatzbeitrag zur Krankenkasse übernimmt der Versicherte allein. Auch den Kinderlosenzuschlag zur Pflegeversicherung trägt jeder Arbeitnehmer selbst. Der Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung liegt damit also bei 21,6 Prozent. Mehr als jeder fünfte verdiente Euro fließt damit also ins Sozialsystem. Steuern kommen noch dazu.
Im Jahr 2030 rechnet Gesundheitsökonom Neubauer mit über 22 Prozent, wobei diese Zahl noch höher sein könnte, abhängig von den Zusatzbeiträgen. Er warnt: „Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist damit zu rechnen, dass die Sozialbeiträge in den Jahren nach 2030 sogar bis zu 30 Prozent vom Bruttolohn in Anspruch nehmen. Das wäre dann rund jeder dritte Euro.“
Und das ist nicht nur teuer für Arbeitnehmer, sondern auch für ganz Deutschland. Neubauer bezeichnet die Zahlen in der „Bild“-Zeitung als „ruinös“. Der Grund sind die stark steigenden Lohnkosten. „Arbeitnehmer werden verstärkt ersetzt werden durch Maschinen, Künstliche Intelligenz, Auslagerung ins Ausland", so Neubauer. Zudem würden Arbeitnehmer dazu ermutigt, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, wenn sich ihre Arbeit immer weniger lohne, sagt der Ökonom: „Die Anreize, regulär zu arbeiten, werden weniger.“ Arbeitnehmer könnten sich stattdessen eine Selbstständigkeit aufbauen oder einfach schwarz arbeiten. Der Fachkräftmangel könnte so weiter befeuert werden.
2024 zahlen vor allem Gutverdiener mehr
Für das kommende Jahr werden allerdings zuerst einmal die Gutverdiener zur Kasse gebeten. Die sogenannten Beitragsbemessungsgrenzen (BBG) für die Sozialversicherungen steigen 2024 erneut. Sie legen fest, bis zu welchem Einkommen Sozialbeiträge anfallen. Dabei gilt: Je höher die BBG, desto mehr Beiträge muss ein Beschäftigter in die Sozialkassen zahlen.
Die Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung steigt zum 1. Januar auf 5175 Euro pro Monat. Bisher lag sie bei 4987,50 Euro. Die Versicherungspflichtgrenze soll im kommenden Jahr von 66.600 auf 69.300 Euro Jahreseinkommen steigen. Nur wer mit seinem Einkommen über dieser Grenze liegt, kann sich bei einer privaten Krankenversicherung versichern.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ermittelte für unterschiedliche Einkommensgruppen, wie viel mehr Sozialabgaben sie im kommenden Jahr zahlen müssen. Dabei verzeichnen sie vor allem für Gutverdiener deutliche Kostensteigerungen: „Wer 70.000 Euro im Jahr verdient, zahlt im kommenden Jahr rund 20 Euro höhere Sozialabgaben pro Monat, bei 90.000 Euro sind es fast 50 Euro.“ Das sind im Gesamtjahr rund 600 Euro mehr. Diese Daten gelten für Singles mit gesetzlicher Krankenversicherung und einem Zusatzbeitrag von 1,6 Prozent.
Beispielrechnungen für ausgewählte Brutto-Jahreseinkommen
Annahmen: Anstieg des Krankenkassen-Zusatzbeitrags um 0,2 Prozentpunkte auf 1,8 Prozent, mit Pflegeversicherung, kinderlos. Werte für alte Bundesländer; Anstieg der Beitragsbemessungsgrenze wie beschlossen; enthält Kranken-, Pflege, Arbeitslosen-, Renten- und Unfallversicherung.
Die höheren Einkommensgrenzen, bis zu denen Sozialbeiträge anfallen, belasten die Verbraucher. Allerdings werden die Zusatzkosten zum Teil von Senkungen bei der Einkommenssteuer ausgeglichen. Die kommen unter anderem zustande, weil im Jahr 2024 der steuerfreie Grundfreibetrag von 10.908 Euro (2023) auf 11.604 Euro steigt. Für diese Beträge fallen keinerlei Einkommensteuern an. Dennoch zahlen viele Beschäftigte bereits 2024 drauf.