In Deutschland wurden im ersten Halbjahr schon 155.000 Asylanträge gestellt – weit mehr als in jedem anderen EU-Staat. Wie die EU-Asylbehörde am Dienstag weiter mitteilte, waren dies 30 Prozent der 519.000 Anträge in der EU, Norwegen und der Schweiz. Auch die Gesamtzahl nähert sich den Rekordwerten während der Migrationskrise von 2015/16 an. Da erfahrungsgemäß die Zahl der Anträge im zweiten Halbjahr noch höher ist, könnten bis Ende des Jahres deutlich mehr als eine Million Anträge gestellt werden. Im Vorjahr waren es 996.000.
Angesichts dieser Zahlen und von vier Millionen Ukrainern, die sich mit einem besonderen Schutzstatus in der EU aufhalten, sprach die EU-Asylbehörde von einer „beträchtlichen Herausforderung“ der EU-Asylsysteme. Derzeit steht eine erstinstanzliche Entscheidung in 682.000 Verfahren aus, auch dies ist ein neuer Rekordwert.
Deutschland nahm bisher am meisten Ukrainer auf, die ihr Land wegen des russischen Angriffskrieges verlassen mussten. Ende August waren es laut der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen (UNHCR) 1,08 Millionen Menschen. Dagegen ist die Zahl der Ukrainer, die in Polen Zuflucht suchten, auf 968.000 gesunken. Das Center for Economic Strategy (CES) in Kiew, das die Fluchtbewegungen seit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine analysiert, machte als Grund dafür vor allem die in Deutschland gewährte großzügigere Unterstützung aus, wies aber auch auf die verschlechterte Stimmung gegenüber Ukrainern in Polen und der Tschechischen Republik hin.