Bundeskanzler Olaf Scholz am 10. Mai im Kabinett© EPA
Die Ampelkoalition stellt nicht die erste Bundesregierung, die mit der Gestaltung und Verwaltung von Migration überfordert wäre. Das ist insofern sogar verständlich, weil es für das Phänomen in all seinen Schattierungen keine Patentlösungen gibt. Vorgeschichte, Verlauf und Folgen des „Migrationsgipfels“ im Kanzleramt zeigen aber, dass diese Regierung noch weniger als ihre Vorgänger in der Lage ist, sich auf die Wirklichkeit einzulassen.
Das Ergebnis, eine Milliarde Euro mehr für die Bedürfnisse von Ländern und Kommunen, ließe sich nur dann als ausreichend rechtfertigen, wenn die Regierung Scholz in der Lage wäre, das zu tun, wozu sich bislang alle Bundesregierungen seit mehr als dreißig Jahren veranlasst sahen, nämlich den Zuzug drastisch zu reduzieren. Dafür gibt es bislang viele Ankündigungen, aber keine Ergebnisse. Angesichts grüner Bedenken ist fraglich, ob es sie je geben wird.
Über solcher Trickserei geriet in Vergessenheit, dass die wahren Kosten einer versäumten seriösen Finanzierung deutscher Migrationspolitik woanders liegen. An Integration durch Sprache, Schulen, Wohnen oder Arbeit ist in vielen Gemeinden gar nicht mehr zu denken. All die Berliner Beschwörungsformeln in dieser Richtung liegen weitab alltäglicher Erfahrungen.
Es ist ja richtig, was Olaf Scholz zur Vertagung grundsätzlicher Entscheidungen in den Herbst (!) sagte: Die Zeiten sind andere. Die Zeitenwende hat in diesem Fall allerdings nicht erst vor einem Jahr stattgefunden, sondern vor Jahrzehnten.