„Laufen Leistungen hinterher“: Griechischer Premier facht Asyl-Streit an – Faeser mit „Realititätsverlust“?
Flüchtlinge in Griechenland drängen weiter nach Deutschland – wegen „großzügigerer Leistungen“, wie Premier Mitsotakis jetzt sagte. Das liefert Zündstoff im Asyl-Streit.
Berlin – 80 Prozent mehr Asylanträge als im Vorjahr, hunderttausende Ukraine-Flüchtlinge, überfüllte Asylunterkünfte, mangelnder Wohnraum und völlig überforderte Kommunen und Städte: Braut sich in Deutschland eine neue Flüchtlingskrise zusammen? Die Union als größte Oppositionspartei sieht das Land schon in der „schwersten Migrationskrise seit Jahren“.
Jetzt gießt der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis Öl ins Feuer: In Europa ankommende Flüchtlinge würden den „großzügigeren Leistungen“ in Deutschland „hinterherlaufen“, sagte er. Der griechische Regierungschef führte in einem Interview mit Bild aus, dass zahlreiche Flüchtlinge, die bereits in Griechenland Asyl erhalten hätten, trotzdem weiter wollten nach Deutschland. Der Grund: Dort gebe es „großzügigere Leistungen“.
Flüchtlinge drängen laut Mitsotakis nach Deutschland – „Nicht in Lage, gleiche Leistungen zu bieten“
„Laufen Leistungen hinterher“: Griechischer Premier facht Asyl-Streit an – Faeser mit „Realititätsverlust“?© Bereitgestellt von Merkur
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Asyl in Deutschland: Zahl der Anträge stieg um 80 Prozent
Sätze wie diese könnten die aktuelle Debatte in Deutschland um die Asylpolitik noch weiter anheizen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte am Dienstag (11. April) neue Zahlen veröffentlicht. Demnach stellten allein im ersten Quartal 2023 80 Prozent mehr Menschen einen Asylantrag als im selben Zeitraum im Vorjahr. Ukraine-Flüchtlinge werden in dieser Statistik nicht mitgezählt.
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, warf der Ampel-Koalition vor, sie mache „nicht die geringsten Anstalten, um diese Krise endlich in den Griff zu bekommen“. Vor allem Bundesinnenministerin Nancy Faeser kritisiert er: Dass diese keinen Spielraum für eine zusätzliche Unterstützung der Kommunen sehe, zeuge „von einem erheblichen Realitätsverlust in der gesamten Regierung“.
„Seltsam“: Faeser erntet mit Aussagen zu Flüchtlingspolitik viel Kritik
Faeser hatte zuvor für viel Kritik mit einer Aussage zur Flüchtlingsunterbringung gesorgt: Sie sagte, sie finde es „seltsam“, dass die Kommunen „jetzt schon – Anfang April dieses Jahres“ behaupten würde, das Geld dafür reiche nicht aus. Der Bund habe den Ländern und Gemeinden bereits 2,75 Milliarden Euro zusätzlich zugesagt, betonte sie. Faser lehnt es gleichzeitig ab, die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen. Es könne „keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben“, so ihr Argument.
Asylpolitik in Deutschland: Kommunen sehen bei Faeser „Realitätsverweigerung“
CDU-Landrat Tino Schomann nannte dies gegenüber der Nachrichtenagentur dpa „Realitätsverweigerung“: „Humanität kennt keine Grenzen, aber Wohnflächen und die Ressourcen.“ Grünen-Landrat Marco Scherf reagierte ähnlich: Faeser „negiere die prekäre Situation vor Ort“. Es herrsche „Mangel bei Wohnraum, Kitas, Schulen, Sprach- und Integrationskursen - einfach alles ist knapp.“ Nach dem letzten Flüchtlingsgipfel, den Faeser im Februar einberufen hatte, blieben zahlreiche Fragen offen.
Der Vize-Chef der deutschen Polizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, nannte Faesers jüngste Aussagen sogar „skandalös“: „Keinen Grenzschutz, keine Obergrenze, kein Geld für die Kommunen. Das ist ein gefährlicher Cocktail, der die Stimmung im Land kippen lässt.“ Teggatz hatte bereits zuvor vor „Verhältnissen“ wie zur Flüchtlingskrise 2015 gewarnt (lesen Sie dazu auch einen Kommentar des Münchner Merkur).
Kanzler Scholz soll Machtwort sprechen – noch vor nächstem Asylgipfel der Ampel
Auch innerhalb der Regierungskoalition gibt es kritische Stimmen zur Asylpolitik unter Kanzler Olaf Scholz: Die Migrationsexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz Polat, forderte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland ein Signal des Kanzlers, und zwar noch vor dem nächsten Flüchtlingsgipfel am 10. Mai. Scholz solle sich zu einer „angemessenen finanziellen Unterstützung der Kommunen mit dem Ziel einer fairen Kostenteilung zwischen Bund und Ländern“ äußern, appelliert sie.
Auch andere Länder ächzen unter steigenden Flüchtlingszahlen: Italien hat jetzt unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni den nationalen Notstand beschlossen, da die Aufnahmelager für Migranten auf Lampedusa hoffnungslos überfüllt sind.