Gaspreise: Deutschland steht vor einer harten Landung© Bereitgestellt von Berliner Zeitung
Natürlich kann man die Finnen verstehen: Sie verlieren immer noch etwa 5,5 Milliarden Euro mit ihrem Engagement. Sie haben Habeck, der extrem unter Druck steht, eiskalt abgezockt. Der Börsenkurs von Fortum stieg nach Bekanntwerden der Verstaatlichung seit einigen Tagen stark an, am Mittwoch um 20 Prozent. Deutschland wird das gesamte Rettungspaket laut Bloomberg 30 Milliarden Euro kosten. Und es wird nicht das letzte Paket sein: Auch die beiden anderen großen deutschen Gasimporteure VNG und die frühere Gazprom Germania, die heute SEFE heißt, sind „systemrelevant“ und werden um eine Verstaatlichung nicht umhinkommen. Damit könnte Deutschland, wie vom Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel vorgeschlagen, in einem Dreischritt die Lage vorerst einmal stabilisieren. Hickel schlägt nach der Verstaatlichung aller Gaslieferanten die Einführung einer Gaspreisbremse und eine Sondersteuer auf Übergewinne vor. Eine Gasumlage, wie sie von Habeck geplant ist und nun von Finanzminister Christian Lindner vehement gefordert wird, ist dagegen in doppelter Hinsicht unsinnig: Die Bundesnetzagentur hat bekannt gegeben, dass zwölf Unternehmen diese Umlage haben wollen. Diese aber sind Teil eines Oligopols. Wenn verstaatlicht wird, macht eine solche Umverteilung keinen Sinn. Das zweite Problem ist die Höhe der Umlage: Sie soll laut Habeck 2,42 Cent pro Kilowattstunde für alle Gaskunden betragen. Doch durch die gestiegenen Gaspreise wäre ein Vielfaches nötig, um weitere Milliardenzahlungen an Uniper und die anderen zu vermeiden.
Die größte offene Frage ist allerdings, woher das Gas für die verstaatlichten Lieferanten kommen soll: Eine weitere Zusammenarbeit mit Russland wird derzeit politisch ausgeschlossen. Für Flüssiggas (LNG) muss die Infrastruktur erst errichtet werden. Es gibt nicht unbegrenzt Gasfelder, die erschlossen werden können. Die größten Gasfelder der Welt liegen in Russland, scheiden für Deutschland also aus. Die US-Importeure haben klargemacht, dass aktuell Lieferungen nicht zugestellt werden können. LNG ist außerdem sehr teuer. Wenn Russland als Lieferant ausfällt, sieht sich Deutschland der Preissetzungsmacht eines kleinen Oligopols gegenüber. Es gibt hier keinen Wettbewerb und auch kein Erbarmen: Warum sollten Katar, die USA, Norwegen oder Saudi-Arabien den Deutschen etwas schenken oder zum Freundschaftspreis abgeben? Norwegen hat bereits mitgeteilt, dass man einen Preisdeckel nicht akzeptieren werde.
Das Fehlen einer interessensgeleiteten, langfristigen Strategie für eine Industrie- und Wirtschaftspolitik wird dazu führen, dass der Wohlstand reduziert wird und der Sozialstaat daher massiv zurückgebaut werden muss. Die Idee, man könne das ganze System auf erneuerbare Energien umstellen und alles bleibt, wie es ist, ist eine Illusion. Deutschland steht vor einer harten Landung.