CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt fordert von der Ampelregierung zumindest übergangsweise eine rasche Rückkehr zur Atomkraft. Die Grünenspitze jedoch hält dagegen – und stichelt zurück.
© Chris Emil Janßen / IMAGODebatte über Atomkraftverlängerung: Habeck lässt CSU abblitzen
Sollen Atomkraftwerke in Deutschland angesichts der Energiekrise auch über das Jahresende hinaus weiterlaufen? Ja, sagen vor allem Politiker aus Bayern.
So fordert
CSU-Landesgruppenchef
Alexander Dobrindt von der Bundesregierung eine schnelle Entscheidung für eine Laufzeitverlängerung. »Statt weiter wertvolle Zeit zu vertrödeln, muss die Bundesregierung schnellstens den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke beschließen, die Brennstoffe bestellen und die zuletzt abgeschalteten Kraftwerke wieder betriebsfit machen«, sagte Dobrindt der Nachrichtenagentur
dpa.
Die Bundesregierung prüft derzeit in einem Stresstest mit Blick auf den kommenden Winter die Sicherheit der Stromversorgung. Auf dieser Grundlage will sie darüber entscheiden, ob die drei verbliebenen Atomkraftwerke, die eigentlich zum Jahresende abgeschaltet werden sollen, noch etwas länger laufen sollen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Sonntag beim Tag der offenen Tür in seinem Ministerium gesagt, das Ergebnis sei noch offen. »Es gibt keine Entscheidung in die eine oder andere Richtung.«
Der Grünen-Politiker machte zugleich deutlich, dass auch er in der Atomkraft auf Dauer keine Lösung für Deutschland sieht. »Das ist nicht die günstigste Technologie und auch nicht die sicherste Technologie zur Versorgung von Europa und der Welt für die Zukunft.«
Die Atomkraftwerke weiterlaufen zu lassen, um Gas einzusparen, sei »nicht die richtige Debatte«, argumentierte Habeck zudem. Durch längere Laufzeiten ließe sich seinen Angaben zufolge der deutsche Gasverbrauch um etwa zwei Prozent drücken, wahrscheinlich weniger. »Wir haben andere Möglichkeiten«, sagte er.
Im Schlagabtausch mit der CSU legte Habeck nach. Denn seiner Einschätzung zufolge wären eventuelle Engpässe bei der Stromversorgung im Winter auch ein Ergebnis politischer Fehlentscheidungen in Bayern. Im »südostdeutschen Raum« seien die erneuerbaren Energien nicht ausreichend ausgebaut worden, bemängelte Habeck.
»Habeck hat überhaupt keine Ahnung von Bayern«
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verweise stets auf die in seinem Land gut ausgebaut Solarenergie, sagte Habeck. »Das Problem ist nur, dass auch in Bayern nachts die Sonne nicht scheint und auch in Bayern im Januar die Tage kürzer sind. Das heißt, mit Solarenergie kannst du nachts im Januar exakt gar nichts anfangen in Bayern, du brauchst auch andere Formen. Die sind nicht ausgebaut worden.«
Das hätte man über Strom aus Norddeutschland ausgleichen können, wenn die Stromnetze ausgebaut worden wären – was aber auch nicht ausreichend passiert sei. Das könne unter bestimmten Voraussetzungen zu einem Problem werden.
CSU-Generalsekretär Martin Huber ließ daraufhin wissen: »Habeck hat überhaupt keine Ahnung von Bayern.«
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) trat Kritik an der Energiepolitik des Freistaats entgegen. Das »Märchen über die großen Stromtrassen« stimme nicht, sagte Aiwanger der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung. »Baden-Württemberg hat sich immer für diese Leitungen starkgemacht, trotzdem werden sie auch dort voraussichtlich erst Ende des Jahrzehnts fertig, genauso wie in anderen Bundesländern.«
Er betonte: »Die Bundesnetzagentur hat 2019 errechnet, dass Bayern nur dann aus der Atomenergie aussteigen kann, wenn wir eine sichere Gasversorgung für unsere Gaskraftwerke haben. Das ist nicht der Fall.«
Nouripour sieht Fehler der CSU
Dagegen unterstützte Grünen-Chef Nouripour seinen Parteifreund Habeck und stichelte ebenfalls gegen die CSU-Regierung im Süden: »Hätte Markus Söder konsequenter den Ausbau von Windenergie und Stromtrassen vorangetrieben, wäre die Stromversorgung in Bayern auch sicherer«, merkte er mit Blick auf den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef an.