Deutschland bereitet sich auf ein Ende der Erdgaslieferungen durch Russland vor. Wirtschaftsminister Habeck hat nach SPIEGEL-Informationen die Vorwarnstufe in einem Notfallplan für die Gasversorgung gestartet.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) richtet sich auf die Absperrung von Erdgaslieferungen durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin ein. Amn Mittwochmorgen hat er nach SPIEGEL-Informationen die Vorwarnstufe in einem Notfallplan ausgelöst, um die Versorgung mit Erdgas auch nach einem Lieferstopp zu gewährleisten. Aktuell gebe es keine Versorgungsengpässe, heißt es dazu aus dem Ministerium. Die Versorgungssicherheit sei gewährleistet.
Mit dem Ausrufen der Frühwarnstufe setzt Habeck auch ein Krisenteam ein, das die Versorgungslage fortlaufend analysiert und bewertet. Wenn nötig, kann diese Arbeitsgruppe auch bestimmte Verbraucher vom Netz nehmen. Dafür müsste allerdings die dritte Stufe des nationalen Notfallplans für Erdgas ausgerufen werden. Es sieht vor, dass Haushalte weiterhin mit Gas versorgt werden, einzelne Großkunden aus der Industrie allerdings keine Gaslieferungen oder reduzierte Mengen erhalten.
Hintergrund des radikalen Schrittes ist das Ultimatum des Kreml, dass Energielieferungen ab April ausschließlich in Rubel und nicht in Euro oder Dollar gezahlt werden. Habeck hatte dies nach einem Treffen mit den Energieministern der G7-Staaten am Montag abgelehnt. Ein russischer Regierungssprecher hatte postwendend erklärt, dass man dann die Lieferungen einstellen wolle. Ob Moskau diese Drohung wahr macht, ist unklar. Der Bundeswirtschaftsminister hat sich allerdings dazu entschlossen, mit der Frühwarnstufe alle Möglichkeiten zu schaffen, sich auf diese Lage einzustellen.
Hohe Schäden bei einem Lieferstopp erwartet
Deutschland müsse für »den Fall einer Eskalation seitens Russlands« gewappnet sein, so Habeck. Daher seien die Vorsorgemaßnahmen nötig, auch wenn es derzeit keine Engpässe in der Gasversorgung gebe. Er habe an diesem Mittwoch »nach Abstimmung innerhalb der Bundesregierung« die Europäische Kommission darüber informiert, »dass die Bundesregierung die erste Stufe des Notfallplans Gas, die sogenannte Frühwarnstufe, ausgerufen hat«.
Der »Notfallplan Gas« basiert auf einer EU-Verordnung von 2017, die Maßnahmen festlegt, um die Gasversorgung zu sichern. Darin sind drei Eskalationsstufen festgelegt: eine Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Die Frühwarnstufe kann ausgerufen werden, wenn es konkrete, ernst zu nehmende und zuverlässige Hinweise auf ein mögliches Ereignis gibt, welches wahrscheinlich zu einer erheblichen Verschlechterung der Gasversorgungslage führt.
Im Falle eines Lieferstopps drohen der deutschen Wirtschaft hohe Schäden. Deren Verbandsvertreter erwarten die stärksten Auswirkungen, die es jemals seit dem 2. Weltkrieg gegeben hat. Die Industrie braucht Gas für viele Prozesse, etwa in der Chemikalischen Industrie, der Aluminiumerzeugung oder Stahlwerken.
Zum neuen Krisenteam Gas gehören Mitarbeitende des Wirtschaftsministeriums sowie der Bundesnetzagentur, des Marktgebietsverantwortlichen Gas, der Fernleitungsnetzbetreiber sowie der Bundesländer. Es soll auf Basis der täglichen Meldungen der Fernleitungsnetzbetreiber und des Marktgebietsverantwortlichen die Entwicklung der weiteren Situation am Gasmarkt beobachten und das Ministerium beraten.
Auch wenn derzeit ausreichend Gas an den Märkten vorhanden sei – sowohl für Haushaltskunden und soziale Dienste wie Krankenhäuser als auch für Fernwärme, Stromerzeugung sowie die deutschen Wirtschaft – seien alle Gasverbraucher gehalten, den Verbrauch bestmöglich zu reduzieren, so das Ministerium.