Mit diesen Tricks umgehen Reiche die Erbschaft- und Schenkungsteuer
Schenkungen und Erbschaften können komplett von der Steuer befreit werden. Der Trend geht zu Familienstiftungen.
Berlin – In Deutschland ist die Steuer auf Einkommen viel höher, als Abgaben auf Vermögen. Laut einer Studie der Industrieländerorganisation OECD musste ein Single 2021 im Schnitt auf sein Gehalt 48,1 Prozent an Steuern und Sozialbeiträgen zahlen. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Steuersatz auf Erbschaften lag laut offizieller Statistik im selben Jahr bei gerade einmal 9,4 Prozent. „Wir haben eine sehr hohe Belastung von Arbeitseinkommen in Deutschland und gleichzeitig sehr niedrige Steuern auf Vermögen wie kaum ein anderes Industrieland“, sagt Julia Jirmann, Referentin für Steuerrecht und Steuerpolitik bei dem Netzwerk Steuergerechtigkeit der Frankfurter Rundschau.
Reiche und sehr wohlhabende Menschen können nämlich eine Fülle von Schlupflöchern ausnutzen, um keine Steuern an den Staat zu zahlen. Dieses Geld fehlt wiederum in der Infrastruktur, zum Beispiel im Straßenbau oder in Bürgerbüros. „Schenkungen und Erbschaften von Unternehmensvermögen werden bis zu 100 Prozent von der Steuer befreit“, sagt Jirmann. Bei einem Firmenübergang dürfe das Unternehmen dafür nicht verkauft werden. Und der gezahlte Lohn an die Angestellten müsse sieben Jahre konstant bleiben.
Erbschaftsteuer sparen: Reiche können sich „arm“ rechnen lassen
Auch Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender bei der Axel Springer SE, soll sich 2020 so „arm“ gerechnet haben. „Friede Springer hat Döpfner Springer-Aktien in Höhe von einer Milliarde geschenkt. Theoretisch hätte Döpfner 50 Prozent Erbschaftsteuer zahlen müssen, weil beide nicht miteinander verwandt sind“, sagt Jirmann. Grundsätzlich hätte Döpfner das also eine halbe Milliarde Euro gekostet. Doch er profitiere von einem weiteren Abschlag auf Unternehmensvermögen. Dadurch wären nur noch 30 Prozent, also 300 Millionen Euro, fällig gewesen. und hätte dadurch nur noch 30 Prozent, also 300 Millionen Euro, zahlen müssen.
Mit diesen Tricks umgehen Reiche die Erbschaft- und Schenkungsteuer© Bereitgestellt von Merkur
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Schenkung: Döpfner zahlte höchstwahrscheinlich keine Steuern
„Ungefähr für diesen Betrag hatte Mathias Döpfner kurz vor der Schenkung weitere Aktien am Axel Springer Konzern gekauft. Als es zur Schenkung kam, hatte er wahrscheinlich kein verfügbares Vermögen mehr. Döpfner musste mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit keine oder kaum Steuer auf die Schenkung zahlen“, sagt Jirmann. Und Döpfner selbst? Dessen Sprecher teilte dem Manager-Magazin mit, dass die Schenkung „selbstverständlich nach den Regelungen des geltenden Steuerrechts ordnungsgemäß versteuert“ werde. Um Steuervermeidung sei es nicht gegangen.
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Auch das ist nur ein Trick von vielen. Mit privaten Familienstiftungen lassen sich ebenfalls Abgaben in Millionenhöhe sparen. Das funktioniert mit mindestens einer Stiftung. „Eine gründe ich neu, die ist leer, also ohne verfügbares Vermögen und damit bedürftig. Auf diese Stiftung übertrage ich das steuerlich begünstigte Unternehmensvermögen. Die Steuer kann dann erlassen werden“, erklärt Jirmann.
Minderjährige sind in der Regel bedürftig
In der Regel habe die neu gegründete Stiftung nämlich keinerlei Vermögen und sei daher bedürftig. Ansonsten kann Geld auch an ein minderjähriges Kind übertragen werden. Kinder in diesem Alter sind oftmals ebenfalls mittellos. Bei der Übertragung an eine gemeinnützige Stiftung könnten ebenfalls Schenkung- und Erbschaftsteuern vermieden werden. Ein Beispiel hierfür sei der Fall Patagonia gewesen. „Philanthropie bedeutet dann, dass man selbst entscheiden will, wem man Gutes tut“, sagt Jirmann.